Zum Inhalt springen

Atomprogramm des Iran

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 17. Juni 2006 um 23:10 Uhr durch 84.171.237.174 (Diskussion) (Natanz (33°43'29.00"" N 51°43'29.00" O)). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Vorlage:Neuigkeiten


Das Atomprogramm des Iran wurde bereits 1959 aufgenommen. Durch die Islamische Revolution und den Ersten Golfkrieg wurden die Arbeiten unterbrochen. Bis heute (Stand: Anfang 2006) ist kein einziger Kernreaktor zur Energieversorgung ans Netz gegangen - es existieren lediglich kleinere Forschungsreaktoren. Der Iran sieht sich seit geraumer Zeit dem Vorwurf ausgesetzt, die Entwicklung von Atomwaffen anzustreben, dies wird jedoch zurückgewiesen; man betont, die Kernenergie lediglich friedlich nutzen zu wollen.

Zur Geschichte

Obwohl der Iran über die weltweit zweitgrößten Vorkommen an fossilen Energiequellen verfügt (Erdöl und Erdgas zusammengenommen), wurde dort bereits in den 60er Jahren über deren Begrenztheit nachgedacht. Der damalige Schah Mohammad Reza Pahlavi selbst kam zu dem Schluss, dass Erdöl zu kostbar sei, um es zur Energiegewinnung zu verbrennen.

Diese Haltung war auch für die USA als größter Ölimporteur und als Exporteur von Nukleartechnologie von Vorteil. So wurde der Grundstein des iranischen Atomprogramms mit US-amerikanischer Hilfe gelegt. 1967 wurde aus den USA ein Forschungsreaktor mit einer Leistung von 5 Megawatt geliefert und im Tehran Nuclear Research Center (TNRC) von der Atomic Energy Organization of Iran (AEOI) in Betrieb genommen. Einen ersten Forschungsreaktor aus den USA erwarb der Iran bereits im Jahr 1959.

1975 unterzeichnete der amerikanische Außenminister Henry Kissinger das National Security Decision Memorandum 292 zur US-amerikanisch-iranischen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Nukleartechnologie. Es erläutert die Details des Verkaufs von Nukleartechnik im Wert von über 6 Milliarden US-Dollar an den Iran.

Es gab Pläne zum Bau von bis zu 23 Atomreaktoren bis zum Jahr 2000. Bis in die 1970er Jahre wurden zwischen den USA und dem Iran diesbezüglich zahlreiche Abkommen getroffen. 1976 wurde dem Iran sogar angeboten, eine Anlage zur Extraktion von Plutonium von den USA zu kaufen und zu betreiben. Die Vereinbarung bezog sich auf einen kompletten Nuklearkreislauf.

Trotz des amerikanischen Engagements waren es westdeutsche Konzerne, die 1974 einen Vertrag über den Bau des ersten iranischen Kernkraftwerks nahe der Stadt Buschehr abschlossen. Die Arbeiten wurden jedoch durch die Islamische Revolution und den Ersten Golfkrieg unterbrochen. 1990 begann der Iran, sich nach neuen ausländischen Partnern für sein Nuklearprogramm umzusehen. 1995 unterzeichnete Iran einen Vertrag mit Russland über die Fertigstellung des Reaktors von Buschehr, die bis heute andauert.

Bekannte Einrichtungen

Buschehr

Die im Bau befindliche Kernkraftanlage Buschehr (Buschir) befindet sich 17 Kilometer südlich der gleichnamigen Stadt am Persischen Golf. Sie soll vor allem die landeinwärts gelegene Großstadt Schiraz mit Energie versorgen.

Bereits 1974 schloss die westdeutsche Kraftwerk-Union AG, ein Joint Venture der Siemens AG und von AEG-Telefunken, einen Vertrag über den Bau im Umfang von vier bis sechs Milliarden US-Dollar ab. Mit dem Bau der zwei Reaktorkerne war die ThyssenKrupp AG beauftragt. Die Bauarbeiten sollten ursprünglich bis 1982 abgeschlossen sein.

Im Januar 1979 wurde der Bau unterbrochen, nachdem im Verlauf der Islamischen Revolution die Wirtschaft des Landes praktisch zum Stillstand gekommen war. Im Juli zog sich die Kraftwerk-Union aus dem Projekt zurück, da sich Iran im Zahlungsrückstand befand. Das Unternehmen hatte bis dahin 2,5 Milliarden Dollar erhalten. Zu diesem Zeitpunkt war der eine Reaktor zu ca. 85 Prozent, der andere zu 50 Prozent fertiggestellt. Zwischen 1984 und 1988 wurde ein Reaktor während des Ersten Golfkriegs durch mehrere irakische Luftangriffe beschädigt. Kurz nach der Invasion irakischer Truppen wurde das Programm bis zum Ende des Krieges offiziell unterbrochen.

1995 unterzeichnete Iran einen Vertrag mit Russland über die Fertigstellung des Reaktors von Buschehr. Die Verhandlungen hierzu begannen bereits 1990. Der Bau wird vom russischen Konzern Atomstroyexport durchgeführt, der dem Russischen Atomenergieministerium (Minatom) unterstellt ist. Die Anlage sollte ursprünglich im Laufe des Jahres 2005 in Betrieb gehen. Im Januar 2006 wurde seitens des russischen Konzerns angekündigt, die Arbeiten in Buschehr ungeachtet der aktuellen Zuspitzungen im Atomstreit fortsetzen zu wollen[1]. An dem Projekt sollen nach unterschiedlichen Angaben 3.000 bis 3.700 russische Techniker arbeiten.

Natanz (33°43'29.00" N 51°43'29.00" O)

Die durch Flugabwehrsysteme geschützte unterirdische Anlage von Natanz (Natans) liegt etwa 225 km südsüdöstlich von Teheran in der trockenenen Landesmitte. Hier betreibt der Iran ein Projekt zur Urananreicherung. Die Anlage kann nach Informationen der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) bis zu 50.000 Gaszentrifugen aufnehmen. Iranischen Aussagen zufolge soll Uran in Natanz nur bis zu einem Grad von 3,5 Prozent angereichert werden, was für Atomkraftwerk-Brennstoff reichen würde, nicht jedoch für eine militärische Nutzung. Für den Bau einer Atombombe ist ein Anreicherungsgrad von über 90 Prozent notwendig. Nach Angaben der IAEO hat sich Iran aber bereits in den 1980er Jahren aus Pakistan Anleitungen zum Bau von Zentrifugen besorgt, mit denen das Uran bis zur Waffenfähigkeit angereichert werden kann. Daran beteiligt war u. a. der Ingenieur Abdul Kadir Khan, der für die Entwicklung des pakistanischen Atomwaffenprogramms und deren Weitergabe an andere Länder verantwortlich ist.

2003 wurde ein vertraulicher IAEO-Bericht bekannt, in dem es hieß, dass man Proben aus waffentauglichen Uran, das aus Natans stammt, gefunden habe. Der Iran machte damals kontaminierte eingeführte Ausrüstungen dafür verantwortlich. Diese Rechtfertigung wurde später durch unabhängige Untersuchungen bestätigt [2].

Isfahan

Die Universitätsstadt Isfahan gilt als Zentrum der iranischen Kernforschung; dort befindet sich eine Anlage zur Produktion von Brennstäben. In den Anlagen von Isfahan kann Uran auch in das gasförmige Uranhexafluorid umgewandelt werden - ein notwendiger Ausgangsstoff für angereichertes Uran. Der Sprecher des iranischen Außenministeriums Resa-Hamid Assefi betonte jedoch noch Ende Juli 2005: "Die Anlage von Isfahan dient nicht der Urananreicherung. Wir bleiben der Aussetzung (der Urananreicherung) verpflichtet und werden die Aktivitäten in Natans nicht wieder aufnehmen."

Nach Informationen von GlobalSecurity.org werden Gaszentrifugen zur Urananreicherung teils importiert, teils in einer Fabrik in Isfahan gebaut[3]. Getestet werden sie demnach in der Kalaje-Anlage in Ab-Ali, ums sie abschließend in Natans fertig zu stellen.

Arak

In Arak wird Schweres Wasser zur Moderation von Brennelementen in Reaktoren hergestellt.

In Schwerwasserreaktoren fällt Plutonium an, das ebenfalls als Material für Kernwaffen dienen kann. Die Existenz der Anlage in der Nähe Araks wurde erstmals im Dezember 2002 durch Satellitenaufnahmen bekannt, die vom Institute for Science and International Security (ISIS) veröffentlicht wurden.

Karaj

In Karaj (ca. 40 Kilometer nordwestlich von Teheran) befindet sich ein Nuklearforschungszentrum für Landwirtschaft und Medizin, das seit 1995 über ein von Belgien geliefertes 30-MeV-Zyklotron und eine von China gekaufte Isotopentrennanlage verfügen soll. Ende der 1990er Jahre meldeten Vertreter des Nationalen Widerstandsrat Iran, dass bei Karaj ein Reaktor gebaut werde. Russische und chinesische Experten unterstützen die Projekte in Karaj angeblich. Die Stadt gilt auch als Zentrum der iranischen Raketenindustrie.

In Laschgarabad und Ramandeh, zwei Dörfern bei Karaj, soll es Urananreicherungsanlagen geben, die hinter Bäumen eines Obstgartens versteckt sind und von Wachpersonal abgeschirmt werden. Die Analysten von GlobalSecurity.org gehen davon aus, dass diese Anlagen den Fortgang der Urananreicherung sichern sollen, falls Natans bombardiert wird.

Uranerz-Minen

Bei Yazd befindet sich eine der bedeutendsten Uran-Minen des Landes: die Talmesi-Mine in Anarak. Bei Saghand gibt es weitere größere Vorkommen von Uranerz, wie auch in Gchine. Die Uran-Mühle in Gchine (in der Nähe von Bandar-e Abbas am Persischen Golf) ist nach Schätzungen für die Produktion von 21 Tonnen Uran jährlich ausgelegt. Gleichwohl wurde das für den Brennstoffkreislauf erforderliche Uranoxid bisher überwiegend importiert. Ende 2005 erklärten iranische Chemiker, man habe erstmals eine Anlage zur Gewinnung von größeren Mengen Uranoxid aus Roh-Uran gebaut. Eine Versuchsanlage zur Produktion von Yellowcake (Uranoxid) befindet sich seit 2003, möglicherweise auch erst seit 2004, in Erdekan.

Damit könnte der Iran nunmehr auf seine - nicht unbeträchtlichen - Uranvorkommen zurückgreifen und wäre zumindest mittelfristig von Zulieferungen unabhängig.

Im Juli 2003 berichtete der Nationale Widerstandsrat von einer Nuklearanlage in Erdekan (Ardekan) im Zentraliran. Mohammad Ghannadi-Maragheh von der iranischen Atombehörde bestätigte im September 2003 den Bau einer Uranmühle 35 Kilometer nördlich der Stadt. Seinen Angaben zufolge hat sie eine Kapazität von 120 000 Tonnen Uranerz, woraus jährlich 50 Tonnen Uran gewonnen werden sollen.

Weitere Anlagen

Die Militäranlage in Parschin gilt als möglicher Standort für Atomexperimente. In Teheran, Ramsar und Bonab werden Forschungsreaktoren betrieben.

In der Anlage von Lavizan wurden mehrere Gebäude abgerissen und planiert, bevor sie von Inspektoren der IAEO begutachtet werden konnten. Die iranischen Behörden verweigerten Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde die Entnahme von Bodenproben.

Unter anderem in Anarak und Ghom gibt es Lager für Nuklearabfälle.

1992 hatten Iran und China ein Abkommen über den Bau zweier 950-Megawatt-Reaktoren in Darchowin (in der Nähe von Ahwas, Provinz Chuzestan im West-Iran an der Grenze zum Irak) unterzeichnet. Mit dem Bau dieser Großkraftwerke wurde jedoch bis heute noch nicht begonnen. Nach Angaben von Gholamresa Aghasadeh, dem Leiter der Atomenergie-Kommission des Iran, vom Dezember 2005 wird dort an einem 360-MW-Reaktor gearbeitet, der im Inland hergestellten Brennstoff nutzen werde[4].

Bei Chalus soll es in einem Berg südlich der Küstenstadt eine Anlage zur Entwicklung von Nuklearwaffen geben. Nach unterschiedlichen Berichten sollen sich dort Experten aus Russland, China und Nordkorea aufhalten oder aufgehalten haben. Bei GlobalSecurity.org heißt es, dass jedenfalls bis zum Jahr 2000 Satellitenfotos dieses mutmaßlichen Standorts nicht verfügbar waren.

Nicht offenbarte Einrichtungen

Zudem werden im Iran zahlreiche weitere verborgene Einrichtungen vermutet - nach Erkenntnissen des deutschen Bundesnachrichtendienstes mindestens 20 (Stand: Mitte Januar 2006). Von diesen soll es auch verifizierte Satellitenaufnahmen geben. US-amerikanische Geheimdienste vermuteten schon vor Jahren, es könnte noch wesentlich mehr, meist in Bunkern und Kellern versteckte Anlagen geben. In Planungen des US-Militärs soll stellenweise von bis zu 300 potentiellen Angriffszielen die Rede sein. Allerdings zeigen die Erfahrungen des Irakkriegs, dass die US-Aufklärung auch vermeintliche Ziele erfasst, von denen mitnichten eine Gefahr ausgeht - etwa Düngemittelfabriken, die sich nach der Vernichtung tatsächlich nur als Düngemittelfabriken erweisen.

Das Wisconsin Project on Nuclear Arms Control (Washington, D.C., USA) führt auf seiner Website Iran Watch eine Liste aller ihr „verdächtig“ erscheinenden Einrichtungen im Iran[5], die so umfangreich ist, dass deren Abbau oder die Einstellung aller genannten Aktivitäten dieser suspect entities wohl einer Deindustrialisierung und vollständigen Demilitarisierung des Iran gleichkämen.

Die Kontroverse und ihre Hintergründe

Iran unterzeichnete bereits 1968 den Atomwaffensperrvertrag und ratifizierte ihn 1970. Signatarstaaten haben dem Vertrag zufolge das Recht, Kernenergie ausschließlich für zivile Zwecke einzusetzen. Jedwede militärische Nutzung ist untersagt und mit Sanktionen bedroht.

Der Iran hält diese Position für „scheinheilig“ und „doppelzüngig“ und verweist einerseits auf das ursprüngliche Ziel des Vertrags, nämlich die globale nukleare Abrüstung voranzutreiben, andererseits auf das Verhalten der drei Atommächte Israel, Indien und Pakistan, die den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet haben. Diese drei Staaten eigneten sich Atomwaffen in Geheimprojekten an (Israel 1968, Indien 1974, Pakistan 1990[6]).

Im Dezember 2003 unterzeichnete der Iran nach einem Ultimatum der IAEO zwar das Zusatzprotokoll zum Nichtverbreitungsvertrag, ratifizierte es bislang aber nicht. Das 1997 von der IAEO beschlossene Zusatzprotokoll ergänzt den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen von 1968. Es gestattet z.B. unangemeldete Kontrollen durchzuführen, die auf Grund der Erfahrungen mit den Atomrüstungsplänen des Iraks nach dem Zweiten Golfkrieg für notwendig erachtet wurden.

Im Jahr 2002 wurde bekannt, dass der Iran Atomanlagen unterhielt, die der IAEO verheimlicht worden waren, unter anderem in Natans und Arak. Dabei spielten Geheimdienstkontakte des Journalisten Seymour Hersh, Aussagen iranischer Dissidenten sowie die militärische Aufklärung mittels Satellitenfotografie eine Rolle.

Doch dies ist nicht der einzige Anlass, der das Misstrauen der IAEO und zahlreicher Staaten gegenüber den Absichten des Regimes in Teheran verstärkte. So handelt es sich insbesondere bei der Urananreicherung um eine so genannte Dual-Use-Technologie, also ein Verfahren, das sowohl zu zivilen als auch militärischen Zwecken, wie z.B. zur Herstellung von Atomwaffen, verwendet werden kann. Jedoch ist für den gegenwärtigen Stand iranischer Atomstromgewinnung nach Ansicht von Experten kein angereichertes Uran erforderlich. Sollte das ein Einwand sein, so entkräftet ihn allerdings - rein rechtlich gesehen - der Atomwaffensperrvertrag selbst: Unterzeichner dieses Abkommens haben sogar Anspruch auf Unterstützung bei der Urananreicherung.

Die Regierung in Teheran erlaubte zunächst Inspektionen der IAEO und stellte die Urananreicherung vorübergehend sogar ein. Nach wie vor wird vehement jegliches Streben nach Atomwaffen bestritten. Man frage sich, warum es dem Land nicht erlaubt sein sollte, seine Energieversorgung zu diversifizieren, besonders vor dem Hintergrund der Verdopplung der iranischen Bevölkerung in den vergangenen 20 Jahren und der weltweiten Sorge um eine Erschöpfung der Ölvorräte. Angesichts steigender Ölpreise ist es für Iran auch wirtschaftlich von Interesse, mehr Öl zum Export zur Verfügung zu haben und Strom im Inland mit Atomkraft zu produzieren. Derzeit verbraucht der Iran ca. 40 Prozent seiner Ölförderung selbst.

Insbesondere die USA halten dagegen, dass der Iran kein Atomprogramm brauche, da das Land über umfangreiche Öl- und Erdgasreserven verfüge und deren Ausbeutung billiger sei als die Bemühungen zur Gewinnung nuklearer Energie. Der Iran bezichtigt die USA im Gegenzug, lediglich das seiner Meinung nach illegale Atommonopol Israels im Nahen Osten aufrechterhalten zu wollen.

Einer der weltweit anerkannten Hauptgründe, die gegen ein iranisches Atomprogramm sprechen, sind die Instabilität der Region sowie die agressive Rhetorik der iranischen Regierung. Hinzu kommen die z.T. stark ausgeprägten fundamentalistischen Strukturen oder die Unterstützung militanter Gruppierungen wie die libanesische Hisbollah. Waffenfähiges Uran wäre somit für solche Organisationen in greifbarer Nähe.

Verschiedene Kompromissvorschläge der EU und Russlands sahen Lieferungen von nicht waffenfähiger Nukleartechnologie an den Iran vor (darunter auch Leichtwasserreaktoren). Die Bedingung ist, dass jene Komponenten des Atomkreislaufs, die auch zu militärischen Zwecken eingesetzt werden können, ans Ausland abgegeben oder liquidiert werden. Ein russischer Vorschlag, die Urananreicherung in Russland vorzunehmen, wurde von Teheran im Spätherbst 2005 - wie die vorgenannten auch - bis Anfang 2006 zurückgewiesen. Am 16. Januar hingegen begrüßte der iranische Botschafter in Moskau, Gholam-Reza Ansari, die Vorschläge des russischen Präsidenten Wladimir Putin, Uran in Russland anzureichern, ausdrücklich. Die Initiative könne internationale Besorgnisse über die Nuklearambitionen Teherans dämpfen. Tags zuvor noch hatte der iranische Außenminister Manuchehr Mottaki die EU-3 zwar der „Überreaktion“ bezichtigt, gleichwohl aber auf deren Rückkehr an den Verhandlungstisch gedrängt. Unklar bleibt für zahlreiche Beobachter, ob die widersprüchlichen Signale von Seiten Irans Teil einer vielfach unterstellten Hinhaltestrategie sind.

Ob die Europäer unser Recht zur Wiederaufnahme der Arbeiten in (der Urananreicherungs-Anlage in) Isfahan erwähnen oder nicht - wir werden auf jeden Fall damit fortfahren“, erklärte etwa der vormalige iranische Präsident Mohammad Chātemī (dessen Amtszeit am 2. August endete) am 27. Juli 2005 nachdrücklich. Bereits 2004 hatte er erklärt: „Ob wir unter Verdacht stehen oder nicht - wir werden keinesfalls versuchen, Atomwaffen zu erwerben, weil das unserer Religion und Kultur widerspricht und weil wir diese Waffen als eine große Gefahr für die Menschheit betrachten.“

Ahmadī-Nežād's Konkurrent im Präsidentschaftswahlkampf Haschemi Rafsandschani, nun oberster „Sittenwächter“ des Iran, prangerte in einer vom iranischen Staatsfernsehen übertragenen Rede zum Feiertag Eid al-Adha 2005 gleichfalls die „Kolonialpolitik“ des Westens an und betonte: „Wenn sie irgendwelche Störungen verursachen, werden sie es letztendlich bedauern.“ - und weiter: „Selbst wenn (der Westen) unsere Wissenschaftler vernichtet, werden deren Nachfolger mit den Arbeiten fortfahren.“ Die westlichen Politiker behaupteten fälschlicherweise, sie seien gegen Nuklearwaffen: „Sie wollen das Monopol auf Atomtechnologie retten, diese tröpfchenweise zu einem teuren Preis verkaufen und es als Mittel der Vorherrschaft über die Staaten der Welt gebrauchen.

Jahreswende 2005/2006

Militärstützpunkte im Iran

Seit der Ernennung des derzeitigen iranischen Präsidenten Mahmūd Ahmadī-Nežād hat sich die Konfrontation erneut zugespitzt. Insbesondere die Ausfälle Ahmadī-Nežād's gegen Israel, die er seit November 2005 mehrfach wiederholte, wurden in diesem Zusammenhang mit großer Besorgnis aufgenommen.

Mitte Dezember 2005 billigte Präsident Ahmadī-Nežād ein Gesetz, dem zufolge das Land die internationale Kontrolle seiner Atomanlagen jederzeit aussetzen darf. Unangemeldete Kontrollen der IAEO können demnach untersagt werden, sollte diese den UN-Sicherheitsrat einschalten. Auch dies wäre rechtlich mehr oder weniger gedeckt, denn der Iran hat das entsprechende Zusatzprotokoll (s.o.) bislang nicht ratifiziert. Die Hardliner in der Teheraner Führung fordern zudem schon seit geraumer Zeit die gänzliche Aufkündigung des Atomwaffensperrvertrags.

EU-3: „Toter Punkt“

Als vorläufiger Höhepunkt des Streits wurden im Januar 2006 von der IAEO versiegelte Anlagen zur Urananreicherung vom Iran wieder in Betrieb genommen. Für den Fall der Anrufung des UN-Sicherheitsrats, wie nun auch von der EU angekündigt, drohte das Land mit dem Abbruch aller Verhandlungen. Die mit der Vermittlung im dem Streit befasste „EU-Troika“ (auch: EU-3) der Außenminister Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands sah die Verhandlungen mit Teheran „an einem toten Punkt angekommen“. Unklar ist weiterhin die Haltung der ständigen Sicherheitsratsmitglieder Russland und China (knapp 15 Prozent der chinesischen Rohölimporte kommen derzeit aus dem Iran) hinsichtlich möglicher Sanktionen gegen den Iran[7]. Beide Länder haben dort enge wirtschaftliche Bindungen und Interessen. Nicht zuletzt deshalb warnten u.a. führende deutsche Politiker vor einem vorschnellen Drängen auf Strafmaßnahmen. Andere hingegen befürworteten eine rasche Überweisung der Angelegenheit an den Sicherheitsrat und betonten die Wichtigkeit, Druck auf den Iran auszuüben[8].

Bis dato hat die IAEO keine Beweise für die Existenz eines iranischen Atomwaffenprogramms gefunden. Jedoch bemerkte der Chef der IAEO, Mohammed el-Baradei, Iran habe in den vergangenen drei Jahren nicht glaubwürdig belegen können, dass sein Atomprogramm ausschließlich friedfertigen Zwecken diene. Man werde nun entsprechende Untersuchungen erzwingen. El-Baradei schloss dabei den Einsatz von Gewalt nicht aus.

Ajatollah Chamenei, als Oberster Rechtsgelehrter das Staatsoberhaupt und der geistliche Führer des Iran und als solcher vor dem iranischen Präsidenten rangierend, bekräftigte am 18. Januar 2006 im iranischen Staatsfernsehen, sein Land werde sich durch internationalen Druck vom Ausbau seines Nuklearprogramms nicht abhalten lassen.

Frankreich: Kehrtwende in der Nukleardoktrin?

Frankreich lehnte eine Wiederaufnahme von Verhandlungen mit dem Iran ab, solange das Land sein umstrittenes Atomprogramm nicht „vollständig aussetzt“. Ein militärisches Eingreifen in dem Land hingegen bezeichnete der französische Generalstabschef Henri Bentégeat als einen schweren Fehler: „Das wäre aus heutiger Sicht vollkommen verrückt“, so Bentégeat in einem Hörfunkinterview. Er warnte für einen solchen Fall vor einem „entsetzlichen Drama“ im Nahen Osten, nannte jedoch zugleich die Vorstellung, das Regime in Teheran könnte sich in den Besitz von Atomwaffen bringen, einen „echten Albtraum“.

Eine Kehrtwende in der bisherigen Nuklear-Doktrin Frankreichs bedeuteten - allerdings nur in Teilen der unzureichend informierten Öffentlichkeit - Äußerungen des französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac, der jene Staaten mehr oder weniger unverhohlen mit Vergeltung in Form von Atomschlägen drohte, sollten diese Frankreich mit terroristischen Methoden angreifen. Ohne den Iran direkt anzusprechen, kündigte er am 19. Januar bei einem Besuch des Marinestützpunkts Ile Longue (Bretagne) „Anführern“ solcher Staaten Vergeltung in „nicht konventioneller“ Weise an. Ausdrücklich spielte Chirac jedoch auf „die Versuchung gewisser Staaten“ an, „sich unter Bruch der Verträge mit Atomwaffen auszustatten“. Neu daran waren weder der Vorbehalt noch die Terminologie; neu war die berechnend auf den Termin - und den offenkundigen Adressaten - gesetzte Ausdrucksweise. Dennoch stießen die Äußerungen Chiracs gerade auch in Deutschland auf teilweise scharfe Kritik, die Linkspartei forderte sogar eine Diskussion im Bundestag zu diesem Thema[9]. Unter anderem wurde er des Verstoßes gegen das Völkerrecht bezichtigt.

US-Präsident George W. Bush behält sich schon seit Januar 2005 einen Militärschlag gegen den Iran dezidiert vor. Er werde „niemals irgendeine Option vom Tisch nehmen“, erklärte Bush seinerzeit[10]. Damals war von verschiedener Seite u. a. behauptet worden, US-amerikanische Spezialeinheiten hätten bereits rund drei Dutzend Ziele im Iran für mögliche Bomben- und Raketenangriffe ausgekundschaftet und US-Flugzeuge seien gezielt in den Luftraum Irans eingedrungen, um Abwehrstellungen über deren Radar ausfindig zu machen[11]. Andere US-amerikanische Kommentatoren halten die Streitkräfte der USA hingegen für so ausgelastet (Thomas L. Friedman: „maxed out“), dass ein umfassender Schlag gegen den Iran jedenfalls im Alleingang und mit dem Ziel eines Regimewechsels schon aus Kapazitätsgründen ausscheide[12]. Noch im Januar 2006 unterstrich Richard Clarke, Terror-Experte der US-Regierung bereits unter Bill Clinton und bis 2003 auch unter George W. Bush, diese Einsicht.

Die Spannungen mit dem Iran schlugen sich auch an den Börsen nieder: Die Ölpreise zogen an, der Goldpreis stieg gar auf den höchsten Stand seit 25 Jahren (am 17. Januar 2006 wurde die Feinunze mit 564 US-Dollar gehandelt).

Der deutsche Bundesnachrichtendienst hat Politiker in Berlin am 19. Januar 2006 davon unterrichtet, Iran könne innerhalb weniger Monate eine Atombombe bauen. Schon im September 2005 hatte der israelische Außenminister Silwan Schalom davor gewarnt, Iran könne sich binnen eines halben Jahres das Wissen zum Bau einer Kernwaffe aneignen - eine Einschätzung, die IAEO-Chef el-Baradei offensichtlich teilt. BND-Chef Ernst Uhrlau zufolge verfügten die - in Medienberichten nicht näher spezifizierten - Geheimdienste über Erkenntnisse, wonach der Iran versuche, Lasertechnologie auf dem internationalen Markt zu erwerben, die auch beim Bau moderner Raketen zu Einsatz kommen kann. Allerdings ist dem Iran der Erwerb derartiger Technologie durch keinerlei Vertrag oder Übereinkunft untersagt.

Beschwichtigungen und Warnungen

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier warnte am 22. Januar indes vor „einer Militarisierung des Denkens“ in der Auseinandersetzung um die iranische Atompolitik. „Wir sollten sehen, dass wir die diplomatischen Lösungen, die immer noch zur Verfügung stehen, nach Kräften nutzen und ausschöpfen“, erklärte der SPD-Politiker im Fernsehen. „Die Deutschen gehen den richtigen Weg, und das ist gut so und zeigt deren korrekte Einschätzung der heiklen Lage“, verlautbarte der iranische Regierungssprecher Gholam-Hussein Elham dazu. Der ehemalige US-Präsident Bill Clinton mahnte, der Iran sei „ein ganz anderer Fall als der Irak“. Er sei dreimal so groß und verfüge über wesentlich mehr Unterstützung in der islamischen Welt.

Der deutsche Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) plädierte allerdings für die Beibehaltung einer militärischen Drohkulisse. Er sei jedoch „guten Mutes, dass es im Falle Iran zu einer diplomatischen Lösung kommt“. Jung wandte sich zugleich gegen die als dezidierte Drohung gegen den Iran interpretierten Äußerungen des französischen Präsidenten Jacques Chirac: „Wir sollten die Diskussion nicht in diese Richtung führen“, meinte Jung gegenüber der Bild am Sonntag. Der iranische Parlamentspräsident Gholam-Ali Hadad-Adel verurteilte Chiracs Äußerungen als „Schande für die französische Nation“.

Der israelische Verteidigungsminister Schaul Mofas hatte den Iran zuvor nachdrücklich gewarnt: „Israel wird iranische Nuklearwaffen nicht akzeptieren.“ Auch wenn Israel mit den augenblicklichen diplomatischen Bemühungen zufrieden sei, müsse das Land jedoch darauf vorbereitet sein, sich selbst zu verteidigen. Den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadī-Nežād nannte Mofas „einen Unterdrücker“. „Sie führen ihr Land mit einer Ideologie aus Hass, Schrecken und Antisemitismus“. Ahmadī-Nežād's Ideologie werde von einer großen Zahl Iraner nicht unterstützt: „Sie haben nur Zerstörung über ihr eigenes Volk gebracht.“ Der Sprecher des iranischen Außenministeriums Hamid-Reza Assefi bezeichnete Mofas' Drohung als „kindisch“. Israel wisse genau, welche Konsequenzen eine Militäroperation hätte[13].

Eine Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Forsa für die Welt am Sonntag in Deutschland ergab am 23. Januar 2006, dass drei Viertel der befragten Deutschen einen Militärschlag gegen Iran ablehnen. Auf die Frage, ob Iran notfalls auch mit militärischen Mitteln zur Aufgabe seines Atomprogramms gebracht werden sollte, antworteten demnach 72 Prozent mit „Nein“. Die Äußerungen des französischen Präsidenten Jacques Chirac im Hinblick auf einen möglichen Atomschlag gegen Terrorstaaten habe bei 46 Prozent der Befragten die Sorge ausgelöst, der Iran-Konflikt könne zu einer nuklearen Auseinandersetzung führen, hieß es. Nach einer Umfrage im Auftrag der Los Angeles Times und Bloomberg befürworteten hingegen Ende Januar 57 Prozent der befragten US-Bürger Militärinterventionen im Iran, falls dessen Nuklearprogramm den Bau von Atomwaffen ermöglichen sollte.

Der französische Staatspräsident Jacques Chirac hat nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel versucht, die Deutschen wegen seiner umstrittenen Äußerungen zum Einsatz von Atomwaffen zu beruhigen. Er erklärte am 24. Januar in Versailles, die Schwelle für den Einsatz der Force de frappe werde nicht herabgesetzt. Die französischen Atomwaffen seien weiter ein Mittel der Abschreckung und nicht der Kriegsführung. Merkel sagte, sie sehe keinen Anlass zur Kritik: Die Äußerungen Chiracs stünden in der „vollen Kontinuität der französischen Nuklearpolitik“. Die deutschen Oppositionsparteien hatten die Kanzlerin vor ihrem Besuch aufgefordert, sich von den Äußerungen Chiracs klar zu distanzieren. Merkel müsse dem französischen Staatschef klarmachen, dass die Atomdrohung in Deutschland nicht gebilligt werde, hieß es z.B. bei den Grünen und der Linkspartei. - Im Hinblick auf die Iran-Krise wandte sich die Kanzlerin in Versailles noch gegen vorschnelle Entscheidungen und forderte, „Schritt für Schritt“ die verfügbaren diplomatischen Mittel auszuschöpfen.

Irans Unterhändler bei den Atomgesprächen, Ali Laridschani, war gleichzeitig zu Gesprächen in der chinesischen Hauptstadt Peking eingetroffen. Sein Anliegen war vornehmlich, vom Weltsicherheitsratsmitglied China Unterstützung zu bekommen. Nach Angaben Laridschanis ist der Iran noch nicht gänzlich einverstanden mit dem russischen Vorschlag, iranisches Uran in russischen Atomanlagen anreichern zu lassen. Nach seiner Rückkehr aus China sagte Laridschani, es werde aber weitere Verhandlungen darüber geben. Dadurch könnte eine friedliche Verwendung sichergestellt werden. US-Präsident George W. Bush hatte sich am 26. Januar hinter den russischen Kompromissvorschlag gestellt. Der Iran habe, so Bush, ein Recht auf die zivile Nutzung der Atomenergie. Die Volksrepublik China begrüßte die russische Initiative ebenfalls. Die USA hatten jedoch noch tags zuvor bekräftigt, sie hielten an ihrem Vorhaben fest, den Konflikt vor den Weltsicherheitsrat zu bringen. Die neuerliche Bekundung des Iran, sein Uran künftig in Russland anreichern zu lassen, sei nur eine Verzögerungstaktik. US-Außenministerin Condoleezza Rice hatte diese Haltung im Januar 2006 bei mehreren Gelegenheiten unterstrichen. Im Deutschen Bundestag gab sich dagegen der Staatsminister im Auswärtigen Amt Gernot Erler noch zuversichtlich, die offenbar geänderte Position Teherans eröffne neue Kompromisschancen.

Einem Ende Januar 2006 bekannt gewordenen vertraulichen Bericht des Bundeskriminalamts (BKA) und des Zollkriminalamts (ZKA) zufolge soll der Iran derzeit intensiv am Bau von ABC-Waffen arbeiten. Laut dem Nachrichtenmagazin Focus ist in dem Bericht auch von illegalen Rüstungstransfers deutscher Unternehmen die Rede. Wie es heißt, „verdichten sich Hinweise auf ein geheimes militärisches Nuklearprogramm“ des Iran. Zollfahnder ermitteln demnach gegen sechs deutsche Firmen: Sie sollen via Russland Teile geliefert haben, die für den Bau des AKW Buschher verwendet würden. Das ZKA bestätigte Ermittlungen, wollte aber zu Einzelheiten keine Stellung nehmen. Für das Nuklear- und Trägersystem-Programm versuche die Islamische Republik jedoch, Material in Deutschland, Frankreich und Großbritannien zu beschaffen. Die Beschaffungsorganisationen seien dabei nicht leicht zu enttarnen. Dem Focus zufolge lagert der Iran auch chemische Kampfstoffe wie Tabun, Senfgas und Sarin. Nach Schätzungen sollen pro Jahr etwa 1.000 Tonnen tödlicher Kampfstoffe produziert werden.

Einschaltung des Weltsicherheitsrats

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hatte mit dem IAEO-Generaldirektor Mohammed el-Baradei, den Atomstreit mit dem Iran erörtert. In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" drohte Steinmeier dem Iran erstmals offen mit Wirtschaftssanktionen: Teheran sollte nicht unterschätzen, in welchem Maße es auf technische und wirtschaftliche Kooperation mit den westlichen Ländern angewiesen sei.

Derweil hatten sich China, Russland, Frankreich, Großbritannien und die USA auf eine Einschaltung des UN-Sicherheitsrats geeinigt. Damit wenden sich nun alle Veto-Mächte dieses Gremiums gegen den Iran. Bevor das höchste Gremium der UN über konkrete Maßnahmen entscheide, werde man aber den Bericht vom 6. März abwarten, erklärten die Außenminister der fünf Veto-Mächte am 31. Januar in London. US-Diplomaten sprachen von der "mächtigsten Botschaft an den Iran", auf die man habe hoffen können. Ob Russland und China allerdings auch Sanktionen unterstützen würden, bleibt ungewiss. Steinmeier meinte, der Beschluss zeige, dass sich die internationale Staatengemeinschaft nicht spalten lasse. Der Minister betonte, alle sechs Länder seien weiter auf der Suche nach einer diplomatischen Lösung.

El-Baradei nannte den Moskauer Vorschlag eine Chance für den Iran, den Konflikt zu lösen. Bei dem Atomstreit handele es sich im Übrigen um eine "kritische Situation" und "noch keine Krise", erklärte er Anfang Februar. Nach Einschätzung des stellvertretenden Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Hans-Ulrich Klose, ist eine politische Lösung in dem Streit noch möglich. Wenn der Iran tatsächlich nur eine zivile Nutzung anstrebe, könne er das Angebot Russlands zur Uran-Anreicherung annehmen, so der SPD-Politiker in einem Hörfunk-Interview.

US-Präsident Bush bekräftigte unterdessen in seiner Rede zur Lage der Nation am 31. Januar[14] den globalen Führungsanspruch der USA. Dies sei der einzige Weg, Amerika zu schützen und den Frieden weltweit zu sichern, sagte Bush vor dem Kongress in Washington und kündigte an, dass sich die US-Regierung weiter für die Verbreitung der Demokratie im Nahen Osten einsetzen werde, um den Einfluss von Terroristen zurückzudrängen. Die oppositionellen Demokraten kritisierten, mit seinen Äußerungen zu Außenpolitik und Terrorabwehr schüre Bush Ängste (vgl. Pax Americana).

Der US-Präsident und Russlands Staatschef Wladimir Putin hatten sich am 1. Februar telefonisch auf Initiative Bushs abgestimmt. Die beiden Präsidenten hätten vereinbart, in der Angelegenheit "in engem Kontakt" zu bleiben. Bush unterstützte dabei den russischen Kompromissvorschlag. "Beide Staatsmänner teilen die Sorge darüber, dass der Iran Atomwaffen unter dem Deckmantel eines zivilen Programms entwickelt", sagte US-Präsidentensprecher Scott McClellan und fügte hinzu, Teheran müsse "unmissverständlich" klar gemacht werden, dass es "den Bogen überspannt" habe. Bush erwartet im Streit über das iranische Atomprogramm indes einen harten Schlagabtausch mit der Regierung in Teheran: "Wir wollen, dass sie Atomenergie haben, aber zu den von uns formulierten Bedingungen", insistierte er in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP.

Der Iran ist nach Einschätzung der US-Geheimdienste derzeit nicht im Besitz von Atomwaffen, wie es in Meldungen Anfang Februar hieß. Der Iran habe wahrscheinlich auch noch kein für die Atomwaffenproduktion notwendiges spaltbares Nuklearmaterial produziert oder erworben, sagte der US-Geheimdienstdirektor John Negroponte. Dennoch sei die Möglichkeit, dass der Iran Atomwaffen herstelle und Raketen damit ausstatte ein "Grund zur äußersten Besorgnis". Das größte Problem stellt seinen Worten zufolge aber weiter das Terrornetzwerk El-Kaida dar.

Iran soll im Januar einen geheimen Raketentest unternommen haben. Die getestete neue Boden-Boden-Rakete könne bis zu drei nukleare Gefechtsköpfe tragen, berichtet die Tageszeitung "Die Welt" unter Berufung auf westliche Geheimdienstkreise.

Der Atomstreit mit dem Iran gefährdet nach Einschätzung von NATO-Offizieren den Einsatz der ISAF-Friedenstruppe in Afghanistan. Sie fürchten, dass die iranische Luftabwehr ISAF-Maschinen mit Raketen beschießen könnte. Vom iranischen Radar seien NATO-Flugzeuge bereits erfasst worden. Deutschland wird in Kürze den für die ISAF-Luftoperationen zuständigen General stellen. Die Lage am Hindukusch stand auch auf der Tagesordnung des informellen Treffens der NATO-Verteidigungsminister am 9. und 10. Februar im sizilianischen Taormina.

Die IAEO-Resolution vom 4. Februar 2006

Bundeskanzlerin Merkel hat den Iran auf der 42. Münchner Sicherheitskonferenz am 4. Februar nachdrücklich zum Einlenken im Atomstreit aufgefordert. "Der Iran hat mutwillig die roten Linien überschritten", warf Merkel Teheran vor. Es gebe die "berechtigte Befürchtung", dass sein Atomprogramm nicht der friedlichen Nutzung, sondern militärischen Optionen diene: "Wir wollen und müssen die Entwicklung iranischer Nuklearwaffen verhindern." Das Land dürfe eine mögliche Überweisung des Konflikts in den UNO-Sicherheitsrat nicht zum Anlass nehmen, die Beziehungen zur internationalen Gemeinschaft abzubrechen. Es handele sich nicht um eine Provokation - vielmehr sei der Sicherheitsrat der legitime Ort zur Lösung des Konflikts. Merkel unterstrich auch die Bedeutung der Rolle Russlands. Je breiter die internationale Übereinstimmung sei, desto eher sei ein Einlenken des Irans möglich. An die Adresse des bei der Konferenz anwesenden iranischen Vize-Außenministers Abbas Araghtschi sagte Frau Merkel, es fehle auch eine klare Stellungnahme zu den Äußerungen von Präsident Mahmud Ahmadinedschad zum Existenzrecht Israels. Gerade von Deutschland könne der Iran in dieser Frage "nicht die geringste Toleranz erwarten"[15]. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld nannte Teheran einen der "wichtigsten Förderer des internationalen Terrorismus". "Die Welt will das nicht und muss zusammenarbeiten, um das zu verhindern"[16], so Rumsfeld. Araghtschi erwiderte, er sei überrascht, dass Merkel "kleinere Aktivitäten in unseren Laboratorien als Überschreiten der roten Linie betrachtet". "Wenn der Fall vor den Sicherheitsrat kommt, müssen wir unsere Aktivitäten wieder aufnehmen." Dann komme es zu einer "Eskalation". Er hoffe, dass die Europäer nicht den Weg der Konfrontation gehen würden. Der Iran habe seinerseits die Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, die Verhandlungen über den heiklen Teil seines Atomprogramms fortzusetzen. Araghtschi warf dem Westen neuerlich auch Doppelmoral vor, weil er die Bedrohungen ignoriere, denen Teheran selbst ausgesetzt sei. Der Organisator der internationalen Konferenz für Sicherheitspolitik, der Boeing-Rüstungslobbyist Horst Teltschik, bewertete die Teilnahme einer iranischen Delegation an der Tagung zuvor noch als "positives Signal".

Außerordentliche Sitzung des Gouverneursrats der IAEO in Wien (2. Februar 2006)

Am 3. Februar hatte der Hashemi Rafsandschani während einer Freitagspredigt auf dem Campus der Teheraner Universität gewarnt, die Europäer würden "einen großen Fehler begehen", sollten sie den "iranischen Nuklearfall" an den Sicherheitsrat überweisen. Der iranische Präsident Mahmud Ahmadī-Nežād wiederholte am gleichen Tag ebenfalls in Teheran eines seiner Argumente: "Einige wenige Länder, die mit Waffen unterschiedlichster Art ausgerüstet sind, sind darauf aus, der Welt so etwas wie eine wissenschaftliche Apartheid und ein Nuklearmonopol aufzuoktroyieren." Er fügte hinzu: "Die Haltungen des Iran hinsichtlich seiner friedlichen Nuklearaktivitäten sind ganz klar und sie sind im Rahmen internationaler Regeln und Vorschriften - deshalb sind wir zur Sicherung unserer nationalen Rechte bereit, diesen Weg bis zum Ende zu gehen." Vorher hatte Ahmadī-Nežād vor tausenden seiner Anhänger in Buschehr unterstrichen: "Ich sage den so genannten Supermächten, dass die iranische Nation vor 27 Jahren unabhängig wurde." Der britische Außenminister Jack Straw erklärte anlässlich eines Treffens mit seinem iranischen Kollegen in London, die Islamische Republik Iran solle die gemeinsame Haltung der internationalen Gemeinschaft nicht als Drohung verstehen, "sondern als letzte Gelegenheit, den Iran wieder auf Kurs zu bringen". In einem Interview hatte er wenige Tage zuvor noch eingeräumt, dass der Iran in der Vergangenheit oft "ungerecht behandelt" worden sei.

Datei:040206 Javad Vaidi, Deputy Secretary, Supreme National Security Council addressing the media at a press conference (Photo Credit D. Calma - IAEA).jpg
Dschawad Waidi vor der Presse in Wien (4. Februar 2006)

Der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde hat am 4. Februar mit 27 von 35 Stimmen (bei drei Gegenstimmen von Kuba, Venezuela und Syrien; Algerien, Weißrussland, Indonesien, Libyen und Südafrika enthielten sich) beschlossen, den Streit vor das UN-Gremium zu bringen. Die iranische Führung ließ postwendend erklären, künftig wieder in industriellem Umfang Uran anzureichern und die freiwillige Kooperation mit der IAEO zu beenden. Das im Oktober 2003 eingefrorene Programm zur Urananreicherung werde "unverzüglich" neu gestartet, teilte der stellvertretende Chef des iranischen Sicherheitsrats, Dschawed Waidi, mit.

Die Resolution[17] drängt den Iran, "vertrauensbildende Maßnahmen" zu ergreifen und "hält es für notwendig", dass der Iran u.a.

  1. die "vollständige und anhaltende Aussetzung aller Aktivitäten auf dem Gebiet der Anreicherung und der Wiederaufarbeitung inklusive der Forschung und Entwicklung hierzu" zusichert und dies von der IAEO kontrollieren lässt
  2. "den Bau eines mittels Schwerem Wasser moderierten Reaktors überdenkt"
  3. "das Zusatzprotokoll [zum Atomwaffensperrvertrag] unverzüglich ratifiziert und voll umsetzt"
  4. "bis zur Ratifikation fortfährt, in Übereinstimmung mit den Vorgaben des vom Iran am 18. Dezember 2003 unterzeichneten Zusatzprotokolls zu handeln"

Zudem wird der Generaldirektor der IAEO mit der Resolution angewiesen, über die Umsetzung dieser und über die vorangegangener Beschlüsse Anfang März Bericht zu erstatten und "unmittelbar darauf" seinen Bericht - zusammen mit eventuellen Resolutionen der Tagung am 6. März 2006 - an den UN-Sicherheitsrat weiterzuleiten[18].

Dschawed Waidi unterstrich in Wien auch, der Iran erkenne die Resolution nicht als Ausdruck des Willens der internationalen Gemeinschaft an: "Mehr als 100 Länder unterstützen das iranische Atomprogramm, das in Übereinstimmung mit dem Atomwaffensperrvertrag ist und das positive Votum von 27 Staaten kann nicht als repräsentativ für die internationale Gemeinschaft angesehen werden".

Wenn die IAEO den Streit vor den UN-Sicherheitsrat trage, sei der russische Vorschlag zur Gründung eines Uran-Joint-Ventures mit Iran "tot", hatte Waidi schon vor der Verkündung der IAEO-Entscheidung betont. Der russische IAEO-Unterhändler Gregori Berdennikow widersprach dem: Der russische Vorschlag bleibe auch für den Fall der Einschaltung des Sicherheitsrats "auf dem Tisch". Für Mitte Februar waren ursprünglich neue Gespräche hierzu anberaumt; ob der Iran an weiteren Verhandlungen interessiert ist, gilt indes als zweifelhaft[19].

Der US-Botschafter bei der IAEO Gregory Shulte (links) im Gespräch mit einem Kollegen (4. Februar 2006)

US-Präsident Bush sagte, mit ihrem Versuch, auf Drohungen, Verheimlichungen und das Brechen von Vereinbarungen zu setzen, werde die iranische Regierung keinen Erfolg haben.

"Wir hoffen, der Iran wird diese klare Botschaft befolgen", erklärte Condoleezza Rice. "Die Welt wird nicht tatenlos zusehen, wenn der Iran auf seinem Weg zur Fähigkeit, sich Nuklearwaffen anzueignen, weitergeht." Teheran veranlasste aber genau das, was die Resolution (angeblich) zu vermeiden trachtete.

"Von Sonntag an muss die freiwillige Anwendung des Zusatzprotokolls und anderer Zusammenarbeit über den Atomwaffensperrvertrag dem [Mitte Dezember verabschiedeten; s.o.] Gesetz gemäß ausgesetzt werden", schrieb Ahmadi-Nedschad dem iranischen Fernsehen zufolge in einem Brief an den iranischen Vizepräsidenten Gholamresa Aghasadeh, der auch Chef der iranischen Atombehörde ist. IRNA zufolge bezeichnete der iranische Verteidigungsminister Mostafa Mohammad Nadschjar die US-Führung als "Terroristen und die Hauptachse des Bösen in der Welt" - eine Retourkutsche zu Rumsfelds Einlassungen auf der Münchner Sicherheitskonferenz, die dieser ganz ähnlich vor dem Irak-Krieg äußerte.

Der Iran erwägt nach Meldungen vom 4. Februar offenbar auch, die Wirtschaftsbeziehungen zu europäischen Staaten abzubrechen oder einzuschränken, in deren Medien die heftig umstrittenen Karikaturen des Propheten Mohammed der dänischen Zeitung "Jyllands-Posten" erschienen sind. Die staatliche iranische Nachrichtenagentur IRNA berichtete, Präsident Mahmud Ahmadi-Nedschad habe das Handelsministerium seines Landes angewiesen, Verträge mit den betreffenden Ländern zu überprüfen und gegebenenfalls zu kündigen. Das würde auch Deutschland betreffen. Die Veröffentlichungen beweisen laut Ahmadi-Nedschad die "die Vermessenheit und Unhöflichkeit" westlicher Zeitungen, heißt es (Hauptartikel: Das Gesicht Mohammeds). Der Iran hat unterdessen alle Handelsbeziehungen mit Dänemark abgebrochen, wie Handelsminister Masud Mir-Kasemi in Teheran bekanntgab.

"Atomwaffenfreie Zone Nahost": Auch Israel betroffen

Ursprünglich war die Entscheidung des Gouverneursrats bereits am 2. Februar erwartet worden. Für die Verzögerung hatten die blockfreien Länder gesorgt - sie stellen 16 der 35 Ländervertreter im IAEO-Vorstand. Die Staaten dieser Gruppe – darunter z.B. Kuba, Malaysia, Brasilien, Südafrika – sorgen sich, das Vorgehen gegen den Iran könne zu einem Präzedenzfall werden. El-Baradei strebt wie die US-Regierung an, allen Staaten die Urananreicherung zur Gewinnung von Nuklearbrennstoff für Atomkraftwerke zu untersagen, die diese Technik noch nicht beherrschen. Die Blockfreien bestehen allerdings auf dem Recht aller Staaten auf zivile Nutzung der Atomenergie ohne jedwede diskriminierende Einschränkung. Sie hatten darauf bestanden, die Forderung nach einer atomwaffenfreien Zone im Nahen Osten in die Resolution aufzunehmen, wovon auch das auf 100 bis 200 Sprengköpfe geschätzte Nukleararsenal Israels betroffen ist. Die Forderung ist nun, ohne Israel direkt anzusprechen, in der IAEO-Resolution enthalten. Allerdings ist bereits in vielen UN-Resolutionen von der Schaffung einer atomwaffenfreien Zone im Nahen Osten die Rede; diese Forderung wurde den Vereinigten Staaten jedoch stets vehement abgelehnt. In Israel ist man hinter vorgehaltener Hand von der Resolution weniger angetan als offiziell verlautbart wurde [20].

Letzter Ausweg Moskau?

Der Sprecher des iranischen Außenministeriums Hamid-Resa Assefi kommentierte die Äußerungen Merkels auf der Münchner Sicherheitskonferenz am 5. Februar mit ironischen Belehrungen: "Eine Politikerin sollte nicht die Augen schließen und dann einfach den Mund aufmachen, sondern erst die Augen und dann langsam den Mund", zitiert ihn die Nachrichtenagentur iranischer Studenten ISNA. Die Bemerkungen der deutschen Bundeskanzlerin seien "irrelevant für die derzeitige Lage", Merkel sei "selbstverliebt". "Man sollte in der Tat vorsichtiger sein, damit dann nicht solche Bemerkungen herauskommen". Assefi betonte bei einer Pressekonferenz in Teheran: "Wir fürchten den Sicherheitsrat nicht. Das ist nicht das Ende der Welt." Vorsichtig rückte er von der schroffen Haltung ab, die der iranische Atomunterhändler Waidi noch tags zuvor eingenommen hatte: "Den Iran vor den Sicherheitsrat zu bringen, wird der anderen Partei definitiv mehr schaden als dem Iran." Allerdings: "Die Tür für Verhandlungen ist noch offen." Teheran werde mit der IAEO weiterhin auf Grundlage des Atomwaffensperrvertrags zusammenarbeiten. Das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag, das unangekündigte Kontrollen ermöglicht, bleibt jedoch ausgesetzt, hieß es von iranischer Seite. Das Kompromissangebot, die iranische Urananreicherung in Russland vorzunehmen, wird Vizeministerpräsident Sergej Iwanow zufolge aufrecht erhalten: "Ich bin sicher, dass sich die iranische Führung mit allem Ernst mit Russlands Vorschlag befassen wird, ein gemeinsames Projekt zur Urananreicherung ins Leben zu rufen", sagte er am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. "Dieser Vorschlag ist der beste Weg aus der Krise." Russlands Kompromissvorschlag soll jedoch nur dann gelten, wenn Teheran das Moratorium für die Urananreicherung im eigenen Land wieder in Kraft setzt, "wie es in der vom Vorstand der Internationalen Atomenergiebehörde verabschiedeten Resolution vorgesehen ist", erklärte der russische Vize-Außenminister Sergej Kisljak der Nachrichtenagentur Interfax zufolge am 6. Februar.

Nachdem Präsident Ahmadi-Nedschad erneut Äußerungen tätigte, die in den westlichen Medien überwiegend als Drohung mit dem Ausstieg aus dem Atomwaffensperrvertrag gedeutet worden waren, wiederholte der Sprecher des Teheraner Außenministeriums, Hamid-Resa Asefi, am 12. Februar Irans Gebundenheit an den Vertrag: "Was für den Iran wichtig ist, ist, dass wir es nicht akzeptieren können, dass der Vertrag als Werkzeug für politische Zwecke gebraucht wird". Seit geraumer Zeit schon wird z. B. in Sibirien Brennstoff für das AKW Bushehr hergestellt [21].

Die iranischen Behörden haben der russischen Botschaft in Teheran am 15. Februar 2006 eine offizielle Benachrichtigung über ihre Absicht übergeben, am 20. Februar eine Delegation zu Verhandlungen u. a. über die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens für die Urananreicherung nach Moskau zu entsenden. Der Iran hatte die ursprünglich für den 16. Februar angesetzten Gespräche vorübergehend ausgesetzt.

Konstantin Kosatschew, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses der Duma, des russischen Parlaments in Moskau, fasste in einem Interview mit der "Berliner Zeitung" wesentliche russische Positionen zusammen:

"Das Treffen von Iran und Russland am 16. Februar in Moskau ist sehr wichtig. Ich hoffe, dass der Iran am russischen Vorschlag doch noch etwas Akzeptables findet. Vielleicht wird es ja kein Projekt allein mit Russland, sondern ein multilaterales Projekt, mit China und anderen Ländern, denen der Iran vertraut. Alles ist möglich. Aber den Vorschlag einfach abzulehnen, bedeutet dass der Iran sich selbst isoliert. Vielleicht ist das allerdings auch die Absicht des Iran. [...] Das ist nicht auszuschließen. Jede Diktatur ist interessiert daran, ihr Land so stark wie möglich zu isolieren. Wenn das Land von Feinden umgeben ist, ist das Regime nach innen um so mächtiger. Das hat schon oft funktioniert, zum Beispiel in Nord-Korea oder Kuba. Wenn die internationale Gemeinschaft in die Isolations-Falle tappt, die Teheran da jetzt aufstellt, wird es die selbe Entwicklung geben wie mit Nord-Korea. Das heißt: Abbruch des Kontakts zur IAEO, Austritt aus dem Atomwaffensperrvertrag. Das wäre die schlechteste und gefährlichste aller Entwicklungen. [...] Der erste Schlag gegen den Atomwaffensperrvertrag war, dass der so genannte Westen, vor allem die USA, nie darauf reagiert hat, dass Israel, aber auch Pakistan oder Indien, sich um Nuklearwaffen bemüht haben. Es waren Demokratien oder Verbündete der USA, also hat man ihnen dieses Recht zugestanden. Sie galten als die Guten. Wenn man den Atomwaffensperrvertrag durchsetzen will, muss man aber konsequent sein. Man kann keine Ausnahmen machen, je nachdem ob man das betroffene Land mag oder nicht."

Kann ein Krieg noch vermieden werden?

Iran hat nach den Worten des britischen Außenministers Jack Straw jetzt noch einige Wochen Zeit, die Urananreicherung zu stoppen. Ansonsten seien Maßnahmen, die Sanktionen einschließen könnten, "so gut wie unvermeidlich".

Zahlreiche Beobachter geben sich indes schon seit teilweise über einem Jahr gewiss, dass ein militärischer Angriff auf den Iran bereits so gut wie feststeht und halten dabei auch den Einsatz von Nuklearwaffen durch Israel oder die USA für möglich[22] [23]. Die meisten erwarteten die Attacke für Mitte März bis Anfang April 2006. Auch der Grünen-Abgeordnete und stellvertretende Fraktionschef im Deutschen Bundestag Hans-Christian Ströbele zeigte sich in der ARD abermals überzeugt, dass die USA seit langem einen Krieg gegen den Iran vorbereiten. "Die USA haben gesagt, dass dort Atomwaffen gebaut werden. Aber von denen bin ich es gewohnt, dass sie – um einen Krieg zu führen – auch lügen", was sie schließlich schon im Irak-Krieg bewiesen hätten.

Der iranische Präsident Mahmud Ahmadi-Nedschad hat die IAEO-Resolution unterdessen mit höhnischen Worten kommentiert: "Ihr könnt noch so viele Resolutionen dieser Art verabschieden und weiterträumen, aber ihr könnt den Fortschritt im Iran nicht verhindern", wird Ahmadi-Nedschad in einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA zitiert. "Ihr, die ihr Atomwaffen habt, seid es, die die Atmosphäre weltweit vergiftet habt, und [ihr] solltet entwaffnet werden. Wir brauchen keine Atomwaffen. - Das iranische Volk ist zivilisiert und zeigt altruistisches Verhalten. Wir vertrauen auf unsere unangefochtenen revolutionären Gedanken und [deren] Logik, um unsere Rolle auf der internationalen Szene zu spielen." Er warnte die Feinde Irans: "Ihr wisst, dass ihr damit nicht durchkommt. Das Zeitalter der Hegemonie ist zu Ende und ihr müsst die Realitäten akzeptieren."[24]. Der Beschluss des IAEO-Gouverneursrats zur Überweisung des Atomstreits an den UN-Sicherheitsrat sei die "seltsamste" Entscheidung, die ihm je untergekommen sei, erklärte Ahmadi-Nedschad einem Bericht der "Welt" zufolge.

Der Streit mit dem Iran lässt den Ölpreis weiter steigen. Im asiatischen Handel verteuerte sich ein Barrel leichten US-Öls am 6. Februar um knapp einen Dollar auf 66,34 Dollar. Iran ist der viertgrößte Rohöl-Exporteur der Welt und der zweitgrößte der OPEC. 2004 wurden rund 200 Millionen Tonnen Öl gefördert, was in etwa dem Jahresverbrauch von Deutschland und Großbritannien zusammengenommen entspricht. Deutschland bezieht allerdings nur wenig Erdöl aus dem Iran - es wird vor allem nach Indien, Japan und Malaysia exportiert.

Am 13. Februar hatte der Iran seine Ankündigung in die Tat umgesetzt, die Urananreicherung im industriellen Maßstab wiederaufzunehmen. Teheran werde die nächste Sitzung des IAEO-Gouverneursrats am 6. März nicht mehr abwarten, kündigte der Sprecher von Mahmud Ahmadi-Nedschad, Gholamhossein Elham, an.

Politiker in Deutschland sprachen sich unterdessen vermehrt für eine harte Haltung gegenüber dem Iran aus. Auch SPD-Bundestagsabgeordnete wollen eine militärische Option inzwischen nicht mehr ausschließen und schließen sich damit der Position von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an. Zuvor noch hatten einige SPD-Politiker die Rhetorik Merkels kritisiert und sich für Zurückhaltung etwa bei Gleichsetzungen des Regimes in Teheran mit dem Aufstieg Hitlers in den 30-er Jahren ausgesprochen (s. Appeasement). Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff stellte sich nachdrücklich hinter die Kanzlerin: "Nur die klare Merkel-Linie"[25] verhindere, dass der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad "weiter Druck" mache. Der damalige Vize-Vorsitzende der SPD Kurt Beck erklärte dagegen: "Das eine oder andere, was die Bundeskanzlerin gesagt hat, war zumindest missverständlich." Er hoffe, dass es keinen Unterschied zwischen Union und SPD in dieser Frage gebe. Für Beck besteht weiterhin eine Chance, den Atomstreit auf dem Verhandlungsweg zu lösen: "Die muss genutzt werden, alles andere dreht die Eskalationsschraube nach oben." Hans-Ulrich Klose (SPD), stellvertretender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, meinte gegenüber der "Bild": "Ich halte eine militärische Lösung nicht für wünschenswert. Aber es ist richtig, keine Option vom Tisch zu nehmen." Eckart von Klaeden (CDU) erklärte: "Es muss auch zur Strategie der internationalen Gemeinschaft gehören, den Iran über die Folgen unkooperativen Verhaltens in einem gewissen Maße im Unklaren zu lassen." SPD-Chef Matthias Platzeck hatte zuvor betont: "Militärische Optionen gehören vom Tisch."

Wie bedroht ist Israel?

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier gab sich weiter diplomatisch: Er werde keine Frage beantworten, die sich nicht stelle, sagte er vor Antritt eines Besuchs im Nahen Osten[26]. Bei seinem Besuch in Jerusalem hat Steinmeier die israelische Regierung der Solidarität Deutschlands versichert. "Es ist wichtig, dass Israel weiß, dass Deutschland gerade in schwierigen Zeiten an seiner Seite steht", erklärte Frank-Walter Steinmeier nach einem Treffen mit dem amtierenden Ministerpräsidenten Ehud Olmert. Diese Solidarität sei "unaufkündbar", so Steinmeier. Gespräche mit der palästinensischen Hamas schloss er hingegen aus: "Hamas ist weiter auf der europäischen Terrorliste und insofern kommen für uns Gespräche nicht in Betracht." - Russland hingegen schließt Verhandlungen mit der Hamas, die bei den letzten Wahlen in Palästina als Siegerin hervorging, nicht aus und betrachtet diese Organisation nicht als terroristisch. Dies führte bereits zu Vorwürfen, Präsident Putin verfolge mit seiner Einladung von Hamas-Vertretern doppelte Standards in seiner Haltung gegenüber dem "internationalen Terrorismus". (Die russische Seite konterte den Vorwurf stets mit ganz ähnlichen Argumenten im Hinblick der Haltung des Westens zur Lage in Tschetschenien[27]. So hat der ehemalige israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, das Gesprächsangebot Russlands an die Hamas kritisiert. So lange die Organisation ihre Vernichtungs-Ideologie gegenüber Israel nicht aufgebe, müsse sie isoliert bleiben, sagte Primor im Deutschlandfunk. Die "schwierige Lage mit der Hamas ist unsere unmittelbare Situation, mit der wir uns unmittelbar auseinandersetzen müssen. Um den Iran - das ist die ganz große Drohung, die auch auf uns eine große Wirkung hat - kann nur die gesamte Welt sich kümmern. Wir können da kaum etwas machen, abgesehen davon, dass wir die Welt dazu mahnen können, etwas zu unternehmen. Das ist ein Weltproblem." Auf die Frage, was militärische Schläge gegen den Iran ausrichten könnten, meinte Primor: "Wissen Sie, 1981 haben wir anhand unserer Luftwaffe die Anlagen der Atomkraft im Irak vernichtet. Das kann man. Es gibt militärische Methoden, um die Atomanlagen anzugreifen. In Iran können wir das nicht alleine machen. Das ist viel zu weit von uns entfernt. Außerdem sind die Anlagen auch verstreut im Iran und auch unterirdisch. Die Amerikaner, die Europäer haben aber die technischen Mittel dazu zur Verfügung. Es ist möglich! Ich sage nicht, dass man sie anwenden soll, aber zumindest müssten die Iraner wissen, dass diese Möglichkeit besteht." Wenn man im Voraus auf die militärische "Trumpfkarte" verzichte, sei man in den Verhandlungen erheblich schwächer[28].

Hamas-Sprecher hatten mehrfach betont, man werde vom Ziel der Eliminierung des "zionistischen Gebildes" Israel nicht abrücken. Der Hamas-Spitzenpolitiker Chaled Maschaal hat allerdings gegenüber der russischen Zeitung "Nesavisimaja Gaseta" das Ende des bewaffneten Kampfs gegen Israel für den Fall angekündigt, dass Israel sich aus allen besetzten Palästinensergebieten zurückzieht. Als engste Verbündete des Iran in der Region gelten die vorwiegend vom Libanon aus operierenden militanten Organisationen Hisbollah und die Dschihadisten in Syrien[29]. Diese sollen vom Iran auch finanziell (laut Schätzungen bis zu 50 Mio. US-$) und logistisch unterstützt werden. Man kann daraus schließen, dass der Iran dahingehend seinen Einfluss geltend macht in dem die Hisbollah noch zurückgehalten wird um vorerst weitere Konflikte zu vermeiden. Jedoch könnte dieser Status Quo durch einen Krieg nicht beibehalten werden. Folgen könnten vermehrt terroristische Anschläge sein, welche sich gegen Israel richten werden.

Vermehrt werden auch wieder schon öfter ins Gespräch gebrachte Pläne diskutiert, Israel formell in die NATO zu integrieren, mit der das Land ohnehin schon eng kooperiert [30]. Nach einem Bericht der "Sunday Times" (London) vom 5. März 2006 operieren israelische Spezialeinheiten bereits im Iran; sie sollen demnach vor allem versteckte Anlagen für die Zielplanungen eines möglichen Angriffs ausmachen[31].

Forcierte militärische Planungen

Am 12. Februar hatte der britische "Sunday Telegraph" über detaillierte US-Pläne für einen Angriff auf den Iran berichtet. Bei den Planungen zur Zerstörung der iranischen Atomanlagen gehe es um weit mehr als die "übliche Risikobewertung", zitierte die Zeitung einen Berater des US-Verteidigungsministeriums: Logistik, Ziele und Bombenladungen würden bereits detailliert berechnet. Es handele sich um weit mehr als um die "Standardeinschätzung der militärischen Eventualitäten". Militärplaner des Central Command und des Strategic Command im Pentagon sollen mit der Ausarbeitung beauftragt worden seien. Geplant seien massive Bombenangriffe aus der Luft und gleichzeitige seegestützte Raketenangriffe. Nicht vorgesehen sei eine Beteiligung von Alliierten. Weil sie eine Eskalation der Gewalt im Nahen Osten fürchte, stehe die britische Regierung einem Militärschlag gegen den Iran dagegen sehr skeptisch gegenüber, berichtet die Zeitung weiter.

Britische Studie: "extrem gefährlicher Konflikt"

Der Experte für globale Sicherheit der Oxford Reseach Group, Paul Rogers, glaubt in einem im Februar 2006 erschienenen Bericht, dass Großbritannien sehr wohl in einen Konflikt hineingezogen werden könnte, insbesondere dann, falls Premierminister Tony Blair erlaubt, dass US-B2-Bomber - wie schon im Irak-Krieg - von den britischen Stützpunkten Fairford und Diego Garcia im Indischen Ozean aus starten dürfen. Rogers Einschätzungen zufolge würde ein US-Militärschlag das iranische Atomprogramm um fünf bis zehn Jahre zurückwerfen, innerhalb eines Monats jedoch würde daraus ein "extrem gefährlicher Konflikt": Der Angriff würde in eine "verlängerte militärische Konfrontation" münden, in die Israel, der Libanon und einige Golfstaaten hineingezogen würden. Eine Bodenoffensive der USA im Iran hält Rogers für nicht machbar. Rogers geht bei Angriffen auf die Atomanlagen Irans von mehreren tausend Toten aus. Sie würden nicht nur auf die "systematische Zerstörung der Forschungs-, Entwicklungs-, Unterstützungs- und Ausbildungszentren der Atom- und Raketenprogramme und die Tötung von möglichst vielen technisch kompetenten Menschen" zielen; auch Radar- und Luftabwehrstellungen, Einrichtungen der iranischen Luftwaffe und der Revolutionären Garde bzw. der iranischen Marine seien im Visier. Iran würde Rogers zufolge wahrscheinlich aus dem Atomwaffensperrvertrag austreten und sein Nuklearprogramm beschleunigen. Die iranischen Reaktionen würden "umfassend" ausfallen. Schon vor dem Irak-Krieg hatte Rogers in einer Studie vorausgesagt, dass es leicht sein werde, das Regime Saddam Husseins zu stürzen, dass das besetzte Land jedoch von Aufständen und Instabilität geprägt sein werde [32].

Der Geschäftsträger Irans im Irak, Hassan Kasemi Qomi, hatte erklärt, der Iran habe nicht noch werde er je die irakische Frage zur Lösung seiner Probleme mit dem Westen benutzen. "Die islamische Republik legt besonderen Wert auf die Wiederherstellung von Sicherheit und Stabilität im Irak." Ein unsicherer Irak könne zu einer "bequemen Arena" für den Terrorismus werden, der in die Nachbarländer exportiert werden könne, was der Iran nicht wolle[33], erklärte Qomi in Bagdad.

In den USA warnten selbst Kommentatoren, die den Irak-Krieg nicht nur vehement unterstützt, sondern sogar nachdrücklich gefordert hatten wie Robert Kagan, man könne "am Ende schlechter dastehen als zuvor, wenn wir nicht auf eine Eskalation vorbereitet sind, letztendlich bis zu dem Punkt, das Regime zu stürzen"[34].

"Ein militärischer Angriff ist keine Lösung für dieses Problem", wurde Mohammad Mohaddessin, Vorsitzender des Komitees für auswärtige Angelegenheiten des Nationalen Widerstandsrat Iran vom "Boston Globe" zitiert. "Das Regime konzentriert sich absolut auf konventionelle Reaktionen. Raketen und terroristische Anschläge sind die wichtigsten Punkte."

Der Iran hat sich in den vergangenen Monaten auf dem Weltmarkt offenbar verstärkt moderne Militärtechnologie beschafft. Von Russland erwarb das Land Mitte Januar 2006 für 700 Millionen Dollar 29 moderne SA-15 Gauntlet Mittelstrecken-Flugabwehrraketen-Systeme zur Bekämpfung von Kampfflugzeugen und Lenkwaffen, nachdem ein Kauf der Langstrecken-Systeme SA-10 nach US-Protesten abgesagt wurde.

Die USA wiederum sollen sich verstärkt um die Akquirierung des ehemals sowjetischen Luftwaffenstützpunkts Mary-2 in Turkmenistan bemüht haben, der nur 150 Kilometer von der iranischen Grenze entfernt liegt[35]. Im November 2005 hatte Usbekistan die militärische Zusammenarbeit mit den USA weitestgehend beendet, nachdem es zuvor einen umfassenden Beistandspakt mit Russland geschlossen hatte. Dadurch ging für die USA der Luftwaffenstützpunkt Chanabad bei Karschi verloren, dessen strategische Bedeutung für ganz Zentralasien als sehr hoch eingeschätzt wird.

Kriegsgegner pessimistisch

Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag Oskar Lafontaine schätzte die Möglichkeiten zur Verhinderung von Militäraktionen pessimistisch ein. Man könne "nur darauf hoffen, dass die USA ihre eigenen Streitkräfte mit ihren jetzigen Kriegen überfordert haben und daher keine neuen anzetteln können", so Lafontaine in der Tageszeitung "Neues Deutschland". Notwendig sei "eine atomwaffenfreie Zone im Nahen und Mittleren Osten und Nichtangriffsgarantien für alle Länder, auch für den Iran". Dem Bericht zufolge nannte es der Politiker "bedrohlich, wenn auch der Iran sein Atomprogramm ausbaut". Frieden entstehe aber "nicht dadurch, dass man einem Land die Rechte verweigert, die man sich selbst nimmt". Für die USA gehe es im gesamten Vorderen Orient von Irak bis Afghanistan "um eine große geostrategische Zone von Öl- und Gasvorkommen, die sie unter ihrer Kontrolle haben wollen". Dieser "Rohstoff-Imperialismus" werde "auch von Deutschland unterstützt". Wenn die Bundesregierung zum Frieden beitragen wolle, "dann geht das nur, wenn die Außenpolitik sich wieder an das Völkerrecht hält". Das Völkerrecht sei von der ehemaligen rot-grünen Regierung durch ihre Teilnahme am Afghanistan-Krieg "enttabuisiert" worden, sagte Lafontaine und fasste damit wichtige Einwände zahlreicher Kriegsgegner zusammen[36].

Eindringliche Appelle und diplomatischer Großeinsatz

US-Außenministerin Condoleezza Rice mit ihrem ägyptischen Amtskollegen Ahmed Abul Gheit am 21. Februar 2006 in Kairo

Der russische Außenminister Sergei Lawrow hat das Angebot allerdings an Bedingungen geknüpft und erklärte am 13. Februar in Wien, der Iran müsse zunächst einmal die Urananreicherung im eigenen Land unbefristet einfrieren. Erst wenn Iran wieder Vertrauen geschaffen habe, könne es Gespräche darüber geben, ob und wie das Land ein umfassendes Atomenergie-Programm aufbauen könne. Aus iranischen Kreisen verlautete, man wolle ein Eingreifen des UN-Sicherheitsrates verhindern. Der iranische Regierungssprecher Gholam-Hussein Elham hatte zuvor in Teheran unterstrichen, dass der russische Vorschlag überhaupt nur als Ergänzung zur Urananreicherung im Iran selbst angesehen werden könne. Der russische Präsident Wladimir Putin hat am Mittwoch mit dem Sonderbeauftragten des so genannten Nahostquartetts (USA, EU, UNO und Russland), James Wolfensohn, gesprochen. Am 14. Februar hatte UN-Generalsekretär Kofi Annan den Iran und die Weltgemeinschaft aufgefordert, die Auseinandersetzung nicht eskalieren zu lassen: "Ich hoffe, dass die iranische Seite vor dem nächsten Bericht der (Internationalen) Atomenergie-Organisation Schritte macht, die zeigen, dass die Verhandlungen nicht in einer Sackgasse sind", sagte Annan nach einem Gespräch mit US-Präsident George W. Bush in Washington. Am gleichen Tag hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Wladimir Putin wegen der Krise um das iranische Atomprogramm und der Lage im Nahen Osten auf deutsche Initiative telefoniert. Beide Seiten seien ob des gegenseitigen Verständnisses "zufrieden" gewesen, erklärte der Kreml. Merkel und Putin erklärten zudem die Absicht, ihre enge Zusammenarbeit fortzusetzen und sprachen demnach auch über "ranghoch" besetzte deutsch-russische Konsultationen im April, zu denen der Kreml jedoch keine weiteren Angaben machte. Zuvor hatten Putin und der französische Premierminister Dominique de Villepin in einer gemeinsamen Erklärung den Iran aufgefordert, sich an seine Verpflichtungen zu halten, "einschließlich aller Aktivitäten, die zur Wiederaufbereitung und Anreicherung von Uran führen". Die EU-Kommissarin Benita Ferrero-Waldner betonte in einem am 14. Februar in der "Rossijskaja Gaseta" veröffentlichten Interview, die Beziehungen der Europäischen Union mit Russland und den anderen Nachbarn im Osten seien heute "wichtig wie nie zuvor". Ferrero-Waldner widersprach der Meinung, dass die EU-Außenpolitik mit der Aufnahme neuer Mitglieder aus Osteuropa und dem Baltikum einen "antirussischen Charakter" angenommen habe. Für das Scheitern der Nuklearverhandlungen zwischen dem EU-Troika und Teheran machte die Diplomatin den Iran verantwortlich. Das Beste, was Teheran derzeit tun könne, sei die Wiederherstellung des internationalen Vertrauens.

Quellen

  1. russland.ru: Russland baut iranisches Atomkraftwerk weiter, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 18 Uhr
  2. Dafna Linzer: No Proof Found of Iran Arms Program, Washington Post, 23. August, 2005 (englisch)
  3. GlobalSecurity.org: Weapons of Mass Destruction (WMD), Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 18.30 Uhr
  4. Auswärtiger Ausschuss des Nationalen Widerstandsrates Irans: Aghazadeh beharrt auf der Anreicherung und der Vollendung des Brennstoffkreislaufes im Iran, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 18.30 Uhr
  5. http://www.iranwatch.org/suspect/enduser-list.asp, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 18.30 Uhr
  6. http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21849/1.html, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 19 Uhr
  7. http://news.bbc.co.uk/1/hi/world/middle_east/4621182.stm, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 19.30 Uhr
  8. http://morgenpost.berlin1.de/content/2006/01/12/politik/803749.html, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 19.30 Uhr
  9. http://www.netzeitung.de/deutschland/378313.html, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 19.30 Uhr
  10. http://www.faz.net/s/Rub28FC768942F34C5B8297CC6E16FFC8B4/Doc~E5E2F40DDAB0447D580B0304E2EA5F7F5~ATpl~Ecommon~Scontent.html, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 19.30 Uhr
  11. http://www.globalsecurity.org/org/news/2005/050215-iran-luftabwehr.htm, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 19.30 Uhr
  12. http://www.sipotec.net/Neu_SiPo/Start_2/US-Trp_Irak.html, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 19.30 Uhr
  13. http://www.sueddeutsche.de/,tt1m2/ausland/artikel/684/68616/, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 19.30 Uhr
  14. http://www.whitehouse.gov/news/releases/2006/01/20060131-10.html, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 20 Uhr
  15. http://www.securityconference.de/konferenzen/rede.php?menu_2006=&menu_konferenzen=&sprache=de&id=170&, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 20.30 Uhr
  16. http://www.securityconference.de/konferenzen/rede.php?menu_2006=&menu_konferenzen=&sprache=de&id=164&, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 20.30 Uhr
  17. http://www.iaea.org/Publications/Documents/Board/2006/gov2006-14.pdf, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 20.30 Uhr
  18. http://www.wams.de/data/2006/02/05/841397.html, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 20.30 Uhr
  19. http://www.zeit.de/online/2006/06/iran_sicherheitsrat, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 20.30 Uhr
  20. http://web.israelinsider.com/Articles/Security/7736.htm, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 20.30 Uhr
  21. http://www.fas.org/nuke/guide/iran/nuke/bushehr-fuel.html, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 21 Uhr
  22. http://kurtnimmo.com/?p=202, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 21 Uhr
  23. http://www.tmcnet.com/usubmit/2006/jan/1288617.htm, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 21 Uhr
  24. http://www.irna.ir/en/news/view/line-24/0602056652152250.htm, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 21 Uhr
  25. http://www.angela-merkel.de/pdf/051221_interview_merkel_faz.pdf, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 21 Uhr
  26. http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/1/0,3672,3895681,00.html, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 21 Uhr
  27. http://de.rian.ru/world/20060216/43576852.html, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 21.30 Uhr
  28. http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/468344/, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 21.30 Uhr
  29. http://www.pinr.com/report.php?ac=view_report&report_id=447&language_id=1, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 21.30 Uhr
  30. http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2006/02/20/AR2006022001121_pf.html, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 21.30 Uhr
  31. http://www.timesonline.co.uk/article/0,,2089-2070420,00.html, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 21.30 Uhr
  32. http://www.tagesspiegel.de/politik/archiv/18.02.2006/2361612.asp, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 21.30 Uhr
  33. http://www.irna.ir/en/news/view/line-22/0602133224111525.htm, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 21.30 Uhr
  34. http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2006/01/27/AR2006012701231.html, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 21.30 Uhr
  35. http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Turkmenistan/usa.html, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 21.30 Uhr
  36. http://www.neues-deutschland.de/artikel.asp?AID=85673&IDC=2, Abrufzeitpunkt 02.05.2006, 21.30 Uhr

Literatur

  • James Risen: State of War. Die geheime Geschichte der CIA und der Bush-Administration. Hamburg: Hoffmann & Campe, Januar 2006. - ISBN 3-45509-522-4 (vgl. [1], [2], [3])
  • Henry D. Sokolski, Patrick Clawson (Editors): Getting Ready for a Nuclear-Ready Iran - (Strategic Studies Institute, US Army, Oktober 2005 - 320 S., Info, PDF-Download, 1,14 MB)
  • Kenneth R. Timmerman: Countdown to Crisis: The Coming Nuclear Showdown with Iran. Crown Forum, 2005. - ISBN 1-40005-368-4 (über den Autor: [4], [5], Interview mit Arutz Sheva Israel Broadcasting Network (MP3) [6])
  • Al J. Venter: Iran's Nuclear Option: Tehran's Quest for the Bomb. New York: Casemate, 2004. - ISBN 1-93203-333-5
  • Kenneth Pollack: The Persian Puzzle: The Conflict Between Iran and America. New York: Random House, 2004. - ISBN 1-40006-315-9
  • Alexander T. J. Lennon, Camille Eiss (Editors): Reshaping Rogue States : Preemption, Regime Change, and US Policy toward Iran, Iraq, and North Korea. - (Reihe: Washington Quarterly Readers). Massachussets: The MIT Press, 2004. - ISBN 0-26262-190-8
  • Christin Marschall: Iran's Persian Gulf Policy: From Khomeni to Khatami. RoutledgeCurzon, 2003. - ISBN 0-41529-780-X
  • George S. Amland: Globalization and US foreign policy with Iran. (USAWC strategy research project). US Army War College, 2003.
  • Anthony Christopher Cain: Iran's strategic culture and weapons of mass destruction: Implications for US policy. - (Reihe: Maxwell Paper). - Air War College, 2002 (s. auch: Bibliographie).
  • Navid Kermani: Iran. Die Revolution der Kinder. München: C.H. Beck Verlag, 2002. - 1. Auflage. - ISBN 3-40647-625-2
  • P. Minnerop: Paria-Staaten im Völkerrecht? Berlin: Springer, 2004. - 1. Auflage. - ISBN 3-54023-448-9
  • Tariq Ali: Fundamentalismus im Kampf um die Weltordnung. München: Heyne, 2003. - 1. Auflage. - ISBN 3-45386-910-9
  • Katajun Amirpur, Reinhard Witzke: Schauplatz Iran. Ein Report. Freiburg: Herder, 2004. - 2. Auflage. - ISBN 3-45105-535-X
  • Reza Hajatpour: Der brennende Geschmack der Freiheit. Mein Leben als junger Mullah im Iran. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 2005. - ISBN 3-51812-409-9
  • Nasrin Alavi: Wir sind der Iran. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 2005. - ISBN 3-46203-651-3

Portalseiten

(Über)Staatliches

Politische Kampagnen / Reaktion / Forderungen ....

Ökonomische Hintergründe

Militärische Aspekte

Politische Prognosen / Kommentare / Analysen