Motorrad

Das Motorrad, auch Krad (Kurzwort für Kraftrad) genannt, ist ein motorisiertes, nicht an Schienen gebundenes, einspuriges Landfahrzeug mit Verbrennungsmotor.
Sonderformen mit drei Rädern (Gespanne) werden trotz manchmal unterschiedlichem Aussehen den Motorrädern zugeordnet, da sie in der klassischen Form Motorräder mit Beiwagen sind und auch getrennt werden können. Im klassischen Sinne ist ein Motorrad ein einspuriges Fahrzeug, das im Stand umkippt, wenn man es nicht festhält.
Mofas (Motorfahrrad), Mopeds (Motorpedalfahrzeug), Mokicks, und Leichtkrafträder sind motorisierte Zweiräder, die eine geringe Leistung haben (ab 1 kW) und deshalb auch mit anderen Führerscheinen als dem Motorrad-Führerschein Klasse A (oder 1 bzw. 1a) gefahren werden dürfen.
Geschichte


Motorrad und Fahrrad beruhen beide auf dem Zweirad-Prinzip, welches Karl Drais, damals noch Freiherr, 1817 in Form seiner Laufmaschine als Ersatz für verhungerte Pferde erfunden hat. Schon 1820 schrieb er, dass er sich diese "durch die Dampfmaschine selbst noch mehr zu übertreffen getraue", wanderte dann aber aus politischen Gründen für fünf Jahre nach Brasilien aus.
Beim nächsten Entwicklungsschub der Kurbelvelozipede gab es dann erste Dampfmotorräder in Frankreich und den USA. Louis Perreaux's Dampfveloziped als Zweirad 1871 (patentiert seit 1868) ist erhalten, für das Dreirad gab es 1878 einen Verkaufskatalog. Wie viel verkauft wurden, ist nicht bekannt. In Roxbury, Massachusetss, baute um 1870 Sylvester Roper mehrere Dampfvelozipede und stellte sie gegen Eintritt aus.
Als erstes Serien-Benzinmotorrad bezeichnet man die Hildebrand und Wolfmüller von 1894. Zwar gab es von Gottlieb Daimler bereits 1885 den sog. Reitwagen, doch dieser blieb als Versuchsträger nur ein Einzelstück. Der weltweit erste Hersteller von Serien-Motorrädern in industriellem Maßstab war die Firma Indian.
Erst mit weiteren Erfindungen im Motorenbereich:
- Spritzdüsenvergaser von Wilhelm Maybach (Patent von 1893), und der
- Magnetzündung (Patent von Robert Bosch 1901),
war das Motorrad wirklich fahrbar.
Wesentliche Entwicklungen gingen aus von
- Frankreich - durch den Motoreinbau im Rahmen durch die Gebrüder Werner (1899),
- Belgien - durch das Vierzylindermotorrad und die Kardanwelle der Firma F.N. von 1904,
- England - durch den Kickstarter, Bremse sowie Zweitaktmotor von Scott (1908),
- USA - durch den elektrischen Anlasser und die elektrische Beleuchtung von Indian (1914) und
- Deutschland (NSU, BMW).
- Italien - (Aprilia, Ducati)
Bis zum Ersten Weltkrieg war Indian die größte Motorradfabrik weltweit. Danach wurde dieser Titel weitergegeben an Harley Davidson, ab 1928 an DKW und nach dem Zweiten Weltkrieg an NSU. Anfang der 1970er Jahre kam dann mit Honda ein japanischer Hersteller zu diesen Ehren (bis heute).
Honda stellte 1969 mit der CB 750 Four ein richtungsweisendes Motorrad mit einem quer eingebauten Vierzylinder-Viertaktmotor vor, nachdem bereits Gilera seit den 1930er Jahren mit einer Rennmaschine dieses Konzept sehr erfolgreich einführte. Auch MV Agusta stellte seit 1966 Motorräder dieser Bauweise her, konnte sich jedoch nie am Massenmarkt durchsetzen und blieb ein Kleinserienanbieter auf hohem Preisniveau.
Als mächtigste der in Serie gefertigten Motorräder können die U.S. amerikanischen Boss Hoss Modelle gelten, mit V-8 Automotoren, über 5 Litern Hubraum und mehr als 225 kW Leistung, als längstes die Böhmerland.
Nach den schlechten Verkaufszahlen von Motorrädern als Folge der steigenden Popularität des Automobils in den 1960ern wurde Motorradfahren erst in den 1980ern als Freizeittrend wiederentdeckt. Motorradhersteller wie Triumph und MV Agusta erlebten ihre Wiederauferstehung.
Technik


Der Antriebsmotor ist den meisten Fällen ein Viertakt-Ottomotor, seltener ein Zweitaktmotor. Zweitaktmotoren werden zunehmend seltener, weil sie Geräusch- und Abgasregelungen nur schwer erfüllen können. Motorräder haben typischerweise einen bis vier Zylinder; Zweizylindermotoren sind als Reihenmotoren, Boxermotoren oder V-Motoren angeordnet, Drei- und Vierzylindermotoren sind praktisch immer Reihenmotoren.
Maschinen mit untypischen Motoren sind die Honda PanEuropean mit 4-Zylinder V-Motor und einzelne Modelle von Honda und Benelli mit 6 Zylindern. Weiterhin wurden auch Wankelmotoren (Hercules W 2000, Suzuki RE 5, Van Veen OCR, Norton Commander und TT) und Dieselmotoren (Taurus 325/Centaurus 851, Enfield Diesel (Indien), Sommer-Hatz-Diesel (Deutschland)) eingesetzt.
In den meisten Fällen wird die Motorleistung mittels einer Kette auf das Hinterrad übertragen. Daneben werden als wartungsärmere Alternativen Kardanwellen oder Zahnriemen benutzt. Das Vorderrad wird nur bei sehr wenigen Modellen zusätzlich hydraulisch angetrieben.
Ein Motorrad zeichnet sich durch ein im Verhältnis zum PKW niedrigeres Leistungsgewicht aus, das heißt die Motorleistung muss weniger Masse beschleunigen. Diese Tatsache ermöglicht relativ hohe Beschleunigungswerte (z.B.: 0-100 km/h < 3 Sekunden), die mehr als bei PKWs durch die Fähigkeit des Fahrers begrenzt werden.
Die leistungsstärksten serienmäßigen Straßenmotorräder können bedingt durch den gegenüber Pkw geringeren Luftwiderstand (das Produkt aus Luftwiderstandsbeiwert (cw-Wert) und der Stirnfläche (m²)) höhere Geschwindigkeiten als PKWs von über 300 km/h erreichen. (In Europa haben sich die Importeure und Hersteller 2002 eine freiwillige Geschwindigkeitsobergrenze von 299 km/h auferlegt, um dem Entstehen einer gesetzlichen Regelung entgegenzuwirken.)
Typen


Entsprechend ihres Einsatzes und ihrer Charakteristik werden Motorräder in Typen unterteilt:
- Motorroller (sog. Scooter)
- Straßenmotorräder
- Sonderformen
- Gespann
- Dragster
- Lastenmotorrad
- Steherrennen-Motorrad
- Steilwand-Motorrad
- Pocket Bike
Motorradfahren
siehe auch: Artikel Motorradfahren
Nach dem Zweiten Weltkrieg heimkehrende amerikanische Flugzeugbesatzungen, Bomber und Piloten, die keine Arbeitsplätze und oft auch ihre Frauen nicht mehr hatten, schlossen sich zu Motorradgangs zusammen (in Kalifornien die Hells Angels), um gegen die etablierte Gesellschaft zu protestieren. (vgl. Rocker) Im Film Easy Rider von 1969 schließlich wird dieses gesellschaftliche Aussenseitertum romantisch verklärt.
Motorradfahrer schließen sich häufig in losen oder organisierten Gruppen (Clubs) zusammen.
Motorradreisen (Touren) sind eine beliebte Tätigkeit der Motorradfahrer. Weit verbreitet sind Motorradreisen mit mehreren Fahrzeugen (auch mit Sozius/Sozia). Sie werden meistens selbst organisiert; typischerweise wird dabei das Gepäck selbst mitgeführt. Es werden aber auch organisierte Motorradreisen angeboten, bei denen häufig das Gepäck auf Begleitfahrzeugen mitgeführt wird. Für Motorradreisen wurden spezielle Motorradarten entwickelt: der Tourer (Tourenmaschine) und der Cruiser.
Im Jargon wird Motorradfahren zuweilen als Ausritt bezeichnet.
Es gibt Cruiser (Genußfahrer), Tourenfahrer, Sportfahrer und den harten Kern, der jeden Weg mit dem Motorrad bei jedem Wetter zurücklegt.
Seit den 1980er Jahren finden in vielen Städten auch große Motorradgottesdienste (MOGO) statt, die mit einer gemeinsamen Konvoifahrt ins Umland endet.
Motorradfahrer grüßen sich häufig auf Landstraßen mit Handzeichen; diese Geste ist in den siebziger Jahren entstanden. In Ländern mit Linksverkehr erfolgt der Gruß üblicherweise durch Kopfnicken, da hier sonst die rechte Hand vom Gasgriff genommen werden müsste.
Zum Motorradfahren auf öffentlichen Straßen, Plätzen und Wegen ist eine ausreichende Fahrerlaubnis (je nach Motorleistung) erforderlich. In Deutschland sind es die Klassen A (offen, ab dem 25. Lebensjahr oder nach 2 Jahren, wenn dieser als A (begrenzt) erworben wird), A (begrenzt, ab dem 18. Lebensjahr; max. 25 kW und nicht mehr als 0,16 kW/kg Leergewicht) oder A1 (ab dem 16. Lebensjahr; max. 11 kW und 80 km/h), oder die (weiterhin gültigen) Klassen 1 oder 1a. Motorradfahren lernt man zwar in den Grundzügen in einer Fahrschule - richtiges Beherrschen des Fahrzeuges aber erst durch genügend Fahrpraxis unter Anleitung von erfahrenen Fahrern. Der Besuch eines Fahrtrainings ist wegen der erhöhten Gefährdung noch mehr als bei PKWs empfehlenswert.
Die Motorradindustrie klagt in Deutschland und Europa heute über rückläufige Absatzzahlen. Gründe liegen in den hohen Anschaffungskosten, die Motorradfahren für junge Fahrer oft unerschwinglich machen. Auch die gestiegenen Freizeitangebote führen nicht mehr automatisch zum Motorrad. Viele junge Menschen werden durch die Eltern zurückgehalten, die das Motorradfahren als zu riskant ansehen. Positiver Nebeneffekt der reiferen Fahrer und der sicheren und gut gewarteten Maschinen sind stark rückgängige Unfallzahlen, was sich auch durch rückläufige Versicherungsprämien bemerkbar macht. Die Zahl der bei Verkehrsunfällen ums Leben gekommenen Motorradfahrer sank von 946 im Jahre 2003 auf 858 im Jahre 2004.
Das Durchschnittsalter der deutschen Motorradfahrer liegt zwischen 35 und 40 Jahren. Das erklärt den Trend sowohl zu hochpreisigen Maschinen als auch zu sogenannten Sofa-Rollern mit großvolumigen Motoren (z.B. Suzuki Burgman 650 mit 41 kW).
Sonstiges
Im Amtdeutsch (Zulassungsstelle etc.) gilt die Bezeichnung Kraftrad, in der Zeitungslandschaft und im militärischen Sprachgebrauch hat sich bis heute die Kurzform Krad gehalten.
Literatur
- Bernt Spiegel: Die obere Hälfte des Motorrads. Motorbuch Verlag, München 2002 ISBN 3-613022-68-0. (Wichtig für den mentalen Hintergrund - hier erklärt ein Verhaltensforscher, Motorradfahrer und Instruktor die Grundlagen, Hilfen und Techniken des Fahrens)
- Harry Niemann: "Der Kniff mit dem Knie" Motorbuch Verlag, ISBN 3-613-01737-7.
- Keith Code: Der richtige Dreh II. 1. Aufl. California Superbike Verlag, Schuld 1995 (Band 2) ISBN 3-924662-01-0. (Standardwerk zu den Grundlagen des Motorradfahrens); Amerikanische Originalausgabe: A Twist of the Wrist II. Acrobat Books, Venice 1993 ISBN 0-918226-31-7.
- Jürgen Stoffregen: Motorradtechnik. Vieweg Verlag, Braunschweig 2004 ISBN 3-528449-40-3. (Technisches Fachbuch auf dem neuesten Stand)
- Nepomuck/Janneck: "Das Schrauberhandbuch" Moby Dick Verlag ISBN 3-89595-101-3. (laienverständliche Darstellung von Technik, Wartung, Instandsetzung)
- Hugo Wilson: Das Lexikon vom Motorrad. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2001 ISBN 3-613017-19-9. (Gute Übersicht)
- Thomas Krens and Matthew Drutt (Hrsg.): The Art of the Motorcycle. 2003 ISBN 0-810991-06-3 (Kompendium der Motorradgeschichte, -kultur, und -technik, und des Designs)
- Erwin Tragatsch: Motorräder - Deutschland, Österreich, Tschechoslowakei 1894 - 1976 Motorbuch Verlag, Stuttgart 1985 ISBN 3-87943-213-9 (Das Buch stellt nahezu 500 Firmen vor, die Deutschland Motorräder gebaut haben)
- Alan Dowds: Motorräder Verlag EDITION XXL, 2005. (100 der weltbesten Superbikes) ISBN 3-89736-329-1
Siehe auch
- Fahrtechnik
- Motorradhersteller
- Themenliste Straßenverkehr
- Motorradsport
- Schutzausrüstung (Motorradsport)
- Motorradfahrerjargon
- Motorrad fahren
- Allrounder (Motorrad)
- Gelber Schal (Erkennungszeichen für einen M.-Fahrer, der Hilfe benötigt)
Weblinks
- http://www.bvdm.de/ - Bundesverband der Motorradfahrer e.V.
- http://dmoz.org/World/Deutsch/Freizeit/Motorrad/Zeitschriften_und_Online-Magazine/ - umfassende Linksammlung deutschsprachiger Motorrad-Zeitschriften und Online-Magazine
- http://www.ifz.de/ - Institut für Zweiradsicherheit