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Arbeitslosigkeit

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Als Arbeitslosigkeit, korrekter Erwerbslosigkeit, bezeichnet man das Fehlen einer bezahlten Tätigkeit obwohl diese angestrebt oder gewünscht wird. Grob gesprochen ist jemand arbeitslos (oder in Arbeitslosigkeit), wenn er keine regelmäßigen Einkünfte aufgrund regelmäßiger Arbeit hat, die auf einem Arbeitsverhältnis beruht, ein solches Einkommen aber anstrebt.

Dimensionen der Arbeitslosigkeit

Die Arbeitslosigkeit hat für den Betroffenen zum einen eine politisch-gesellschaftliche Dimension (Politik). Er weist der Regierung die Schuld für seine Situation zu, was oft (durch empirische Untersuchungen bestätigt) dazu führt, dass der Betroffene sich der Wahl enthält oder gar mit rechtsradikalen Parteien sympatisiert. Desweiteren hat ein Arbeitsloser nur eine geringe politische Interessenvertretung (siehe auch: Disparitätenthese).

Weiterhin gibt es die sozial-psychologische Dimension der Arbeitslosigkeit. Man kann bei den Betroffenen vier Phasen beobachten. Als erstes setzt der Schock ein. Er kann nicht fassen, dass ihn das Problem Arbeitslosigkeit unmittelbar betrifft. Nach ca. einer Woche folgt dann der Optimismus. Der Betroffene macht sich Mut. Er glaubt schnell wieder Arbeit zu finden, weil er schließlich auch vorher angesehen im Berufsleben stand. Nach einigen Absagen und schlechten Vorstellungsgesprächen folgt dann die Phase des Pessimismus. Der Arbeitslose stellt fest, dass er keine Stelle finden; zweifelt an sich selbst. Die letzte Phase, die bei Langzeitsarbeitslosen zu beobachten ist, ist die Resignation. Der Betroffene gibt auf, weil er keine Aussicht mehr auf Arbeit hat. Denn umso länger er arbeitslos ist, desto weniger wird er überhaupt zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.

Die dritte ist die finanzielle Dimension. Der Betroffene muss extreme Einschränkungen in Kauf nehmen, was ihm oft auch peinlich ist, da in einer Leistungsgesellschaft immernoch Leistung an Einkommen und Reichtum gemessen wird. Erhält man nur ein steuerfreies Existenzminimun, so kann man auch soziale Kontakte nur bedingt pflegen. Als Beispiel sei ein Geburtstag genannt, auf dem der Arbeitslose nicht mehr so viele Freunde einladen kann. Oft vereinsamen Arbeitslose auch durch ihre Situation, da sie keine Arbeitskollegen mehr haben.

Eine andere Dimension der Arbeitslosigkeit ist diejenige der Gesamtkosten für den Staat. Die Bundesagentur für Arbeit zahlt Arbeitslosengeld/Beiträge. Die Länder tragen Wohngeld etc. Hinzu kommen erhebliche Verluste in der Güterproduktion und den Dienstleistungen.

Arten der Arbeitslosigkeit

Die Arbeitslosigkeit lässt sich unterscheiden in:

  • Punktuelle Arbeitslosigkeit (auch friktionelle Arbeitslosigkeit): Sie entsteht bei Schließung von Abteilungen oder auch schlechten Qualifikationen. Zusammen mit der saisonellen Arbeitslosigkeit sind 2% - 3% bei diesen beiden Arten der Arbeitslosigkeit normal.
  • Strukturelle Arbeitslosigkeit: Sie tritt auf, wenn Branchen zusammenbrechen oder verschwinden. Schuld können technologische Entwicklungen, Abwanderung von Branchen aber auch wesentlich übergeordnete Faktoren wie historische Entwicklungen sein (z.B. Wegfall der Agrarbranche aus technologischen, weltmarktlichen und nachfragebedingten Gründen). Man unterscheidet hierbei noch strukturell im engeren und im weiteren Sinne. Mit engerem Sinne ist gemeint, dass einfach zu wenig Arbeitsplätze insgesamt vorhanden sind und dadurch eine hohe Arbeitslosenquote entsteht. Unter weiterem Sinne versteht man, dass zwar genug Arbeitsplätze vorhanden sind, aber trotzdem eine hohe Arbeitslosenquote existiert, weil z. B. zu wenig qualifizierte Arbeitskräfte vorhanden sind oder diese durch mangelnde Mobilität nicht in der Lage sind die zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze auch zu besetzen.
  • Saisonelle Arbeitslosigkeit: Sie ergibt sich aus den Klimabedingungen und Produktionsbedingungen.
  • Konjunkturelle Arbeitslosigkeit: Sie entsteht durch Wirschaftsschwankungen. Schuld ist hier nicht nur schlechte Wirtschaftspolitik. Geht man von den keynsianistischen Grundannahmen aus, welche besagen, dass eine abgeschlossene Volkswirtschaft inhärent instabil ist, so ist konjunkturelle Arbeitslosigkeit ein unvermeidbares, in Zyklen auftretendes Phänomen.

5 Ursachen der Arbeitslosigkeit

1. jobless growth + lean production: Jobless Growth bezeichnet ein Wachstum mit weniger Arbeitsplätzen, da gesteigerte Produktivität erst ab 2,5 Prozent erst auch neue Arbeitsplätze schafft. Lean Production bezeichnet das Einsparen von Personalkosten für Wettbewerbsvorteile.

2. keine ausreichende Kompensation durch Dienstleistungssektor: bedingt durch steigende Kosten im Gesundheitssektor, was weniger Nachfrage mit sich zieht oder Rationalisierung und Wettbewerb.

3. weltweiter Wettbewerb zwischen Arbeitskräften: globale Neutralisierung von Raum und Zeit setzt inländische Arbeitskräfte unter Druck, was Lohnsenkungen zur Folge hat. (siehe auch Outsourcing,Globalisierung)

4. steigende Arbeitskosten: höhere Lohnnebenkosten durch steigende Arbeitslosigkeit und sinkende Erwerbstätigkeit.

5. Beschränkung der privaten Nachfrage auf Ersatzbedarf: durch eine weitgehende Sättigung des Marktes herscht weniger Nachfrage.

Arbeitslosenquoten

Aktuelle Zahlen: Arbeitslosenquote in Deutschland für Mai 2004

Bundesland               Erwerbslose    Erwerbslosenquote    Erfolgsrate zur Wiederbeschäftigung
Sachsen-Anhalt             259.627        20,1               4.293.146 Arbeitslose
Mecklenburg-Vorpommern     177.765        19,9               319,000   offende Stellen
Brandenburg                248.631        18,6               _________
Sachsen                    393.391        17,8               7,43% durchschnittliche Erfolgschance
Berlin                     299.727        17,7               auf einen Arbeitsplatz
Thüringen                  204.351        16,6                
Bremen                      42.156        13,2               (von etwas mehr als 13 Arbeitslosen
Nordrhein-Westfalen        892.020        10,2               haben derzeit 12 absolut keine
Hamburg                     83.970         9,7               Chance auf eine neue Stelle
Schleswig-Holstein         131.684         9,4               bzw. von 13 Arbeitslosen sind minimal
Niedersachsen              362.076         9,2               12 unverschuldet arbeitslos)
Saarland                    44.992         9,0
Hessen                     246.697         8,0
Rheinland-Pfalz            150.021         7,4
Bayern                     423.665         6,5
Baden-Württemberg          332.373         6,1
______________________________________________
Westdeutschland          2.709.654         8,2
Ostdeutschland           1.583.492        18,3
Deutschland gesamt       4.293.146        10,3%


Quelle: Bundesagentur für Arbeit,Statistisches Bundesamt Deutschland

Arbeitslosenquote nach Kantonen der Schweiz, Jahresdurchschnitt

                       1990   1991   1992   1993   1994   1995   1996   1997   1998   1999   2000   2001   2002   2003 
Total                  0,5    1,1    2,5    4,5    4,7    4,2    4,7    5,2    3,9    2,7    1,8    1,7    2,5    3,7
Zürich                 0,3    0,7    2,1    4,1    4,5    4      4,3    5,2    4,2    2,9    1,8    1,7    3      4,5 
Bern                   0,3    0,6    2      3,9    4,1    3,5    3,9    4,4    2,9    1,9    1,3    1,2    1,8    2,8 
Luzern                 0,3    0,7    1,9    3,6    3,6    3,2    4      4,3    2,9    1,9    1,3    1,2    2      3,1
Uri                    0      0,2    0,8    1,6    1,6    1,6    2,3    2,4    1,5    1      0,5    0,4    0,7    1,1 
Schwyz                 0,1    0,4    1,2    2,4    2,3    2      2,9    2,8    2,1    1,5    0,7    0,6    1,2    2,1 
Obwalden               0,1    0,3    0,8    2      2      1,7    2,1    2,3    1,4    0,6    0,4    0,5    1      1,6 	 
Nidwalden              0,2    0,4    1,8    3,1    2,7    2,1    2,5    2,6    1,5    0,6    0,4    0,6    1,1    1,9 
Glarus                 0,1    0,4    1,3    2,3    2      2      3,3    2,9    2      1,5    0,9    0,7    1,6    2,3 
Zug                    0,3    0,7    2      3,8    3,5    2,8    3,4    3,9    3,1	  2,3    1,1    1,4    2,7    3,6 
Freiburg               0,5    1,1    2,6    5      5,9    5,2    4,8    4,7    3,7    2,5    1,5    1,3    1,8    2,7 	
Solothurn              0,2    0,7    2,5    4,6    4,4    3,5    4,6    6      3,7    2,5    1,6    1,4    2,3    3,3 
Basel-Stadt            1,2    1,9    3,6    5,5    5,7    4,9    4,7    4,9    3,7    2,5    2,1    2,2    3      4,3
Basel-Landschaft       0,7    1      2 	  3,4    3,6    3      3,4    3,7    2,6    1,8    1,4    1,4    1,9    2,9 
Schaffhausen           0,6    1,3    2,5    4,3    4,2    3,8    4,5    5,3    4,1    2,8    1,7    1,6    2,3    3,1 
Appenzell Ausserrhoden 0,2    0,5    1,5    2,8    2,6    1,9    2,3    2,5    1,4    0,9    0,8    0,9    1,6    2,1
Appenzell Innerrhoden  0      0,3    0,9    1,6    1,2    0,8    1,5    1,9    0,8    0,5    0,3    0,3    0,8    1,4 	
St. Gallen             0,3    0,8    2      3,4    3,3    2,8    3,5    4      2,8    2,2    1,4    1,3    2,1    3
Graubünden             0,3    0,4    0,9    1,8    1,9    2      2,6    3,2    2,5	  1,6    1      1      1,4    2 
Aargau                 0,2    0,5    1,6    3,4    3,3    2,9    3,8    4,7    3      2,1    1,4    1,2    2,1    3,3
Thurgau                0,2    0,5    1,5    2,9    3      2,6    3,5    4,3    3,2    2      1,2    1,2    2      2,9 
Tessin                 1,5    2,4    4,4    6,3    6,5    6,7    7,6    7,8    6,3    4,4    3,1    2,6    3,5    4,2 
Waadt                  0,7    1,8    4      6,9    7,5    7      7,3    7,2    5,6    4,1    2,9    2,7    3,3    4,6 
Wallis                 0,9    1,7    3,6    6,5    7,4    7      6,7    6,9    4,7    3,5    2,2    2,1    2,6    3,4 
Neuenburg              1,1    2,4    4,6    6,3    6,5    5,8    5,5    6,3    5,3    3,9    2,3    2,1    3,3    4,4 
Genf                   1,2    2,7    4,7    7,2    7,6    6,9    6,8    7,8    6,1    5,1    4,1    4      5,1    6,5 
Jura                   0,7    1,9    3,6    5,9    6,4    5,4    6,2    6,6    3,9    2,8    1,9    2      3,6    4,8 

Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft (http://www.seco-admin.ch)

Bedeutung der Arbeitslosigkeit

Nicht nur der Einzelne ist zur Deckung seiner Lebensverhältnisse auf Arbeit angewiesen, auch die Gesellschaft, die duch die feingliedrige Arbeitsteilung ihren kulturellen Stand erhalten und verbessern kann, braucht den Beitrag der Arbeit aller seiner Glieder.

Die Organisation der Arbeit prägt die gesamten Lebensverhältnisse der Gesellschaft. Nur ein sehr geringer Teil der Bevölkerung verfügt über die ausreichenden Mittel, seinen eigenen Lebensunterhalt dauerhaft zu sichern. Aus diesem Grund ist für die meisten Menschen ein Leben ohne Arbeit nicht zu realisieren, denn die Sicherung der eigenen Existenz und ggf. auch die der unterhaltspflichtigen Angehörigen setzt Erwerbsarbeit voraus.

In der deutschen Philosophie (Hegel, Kant, Herder, Johann Gottlieb Fichte) wird Arbeit zur Existenzbedingung und sittlichen Pflicht erklärt. "Arbeite um zu leben" oder "Lebe um zu arbeiten" ?

Verwandte Themen: Arbeitsmarkt, Sozialrecht, Hartz-Konzept, Agenda 2010, Armut, Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, New Work, Minijob; Midijob