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Nikolaj Velimirović

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Am 19. Mai 2003 wurde der Bischof Nikolaj Velimirović, serb. Николај Велимировић (1861-1956) in den Kalender der Heiligen der serbisch-orthodoxen Kirche aufgenommen.

Obwohl er einen erheblichen Teil seines Lebens in westlichen Ländern verbrachte, sind sein Leben und Wirken, auch sein literarisches Schaffen hierzulande, vor allem in nicht-orthodoxen Kreisen wenig bekannt. Dabei ist Bischof Nikolaj einer der einflussreichsten Persönlichkeiten der neueren serbischen Geschichte. Nach seinen Gedanken und Geiste war er ein typischer Serbe. So gelten seine Ideen auch heute noch innerhalb der serbisch-orthodoxen Kirche und der serbischen Politik als sehr einflussreich. Velimirović genießt innerhalb Serbiens größte Anerkennung und gilt als die wichtigste religiöse Figur seit dem Mittelalter. Seine Bücher sind in serbische Buchläden weit verbreitet und wurden allein in den letzten zehn Jahren über eine Million mal verkauft. Der Großteil des politischen Establishments, als auch der populäre, jetzige serbische Präsident Koštunica verlautbarten öffentlich das sie eine positive Meinung von Velimirović' religiöser und politsicher Philosophie haben. Aufgrund dessen kann man behaupten, dass der Mainstream in Serbien prinzipiell hinter Velimirović' Philosophie steht.


In der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts war Nikolaj Velimirović, Bischof von Ohrid und Zica, einer der angesehensten serbischen Geistlichen, berühmt für seine nationalistische Glut, sein Charisma, Ausdrucksstärke und Begabung. In den 30er Jahren, auf dem Höhepunkt seiner Karriere als Priester, trat Velimirovic als die Hauptfigur und Stimme des christlichen Nationalismus in Serbien auf. Er war ein Verfechter einer Gesellschaft die auf orthodoxen christlichen Traditionen, einem einzigartigen serbischen Nationalismus und einer Monarchie gründet. Velimirovic propagierte ebenfalls die Ablehnung von allen ausländischen Bräuchen, oberflächlichen westlichen Traditionen einschließlich Individualismus, Gleichberechtigung, religiöser Toleranz, Demokratie und andere Werte der Moderne und Aufklärung.

Seine anti-westliche und anti-moderne Geisteshaltung die aus seinen Schriftwerken hervorgeht wurde dort mit starkem Antisemitismus durchflutet, welcher sein religiöses Denken in den 20er Jahre durchdrang. Die anti-jüdischen Bezugnahmen bestehen aus einer Mischung von religiösem Antisemitismus, der in der (orthodox)-christlichen Kirche eine lange Tradition hat, und Verschwörungstheorien bezüglich des Weltjudentums, deren Popularität in Europa in den Jahrzehnten vor dem zweiten Weltkrieg gipfelte. In Velimirović' Schriften werden Juden routinemäßig als Christusmörder, verfluchte Menschen und Verräter Gottes, als auch als eine starke Macht die sich gegen das christliche Europa verschwört bezeichnet.

In den 30er Jahren war Velimirović' Ideologie eine bedeutende Quelle der Inspiration für die serbischen Faschisten, verkörpert von der berüchtigten Bewegung Zbor, welche 1934 vom nazifreundlichen Politiker Dimitrije Ljotić gegründet wurde. Zbor war eine der enthusiastischsten und aktivsten Kollaborateurorganisationen während der Jahre der nationalsozialistischen Besetzung Serbiens. In einem seiner letzten Interviews, das in den 50er Jahren in den USA veröffentlicht wurde, bestätigte Velimirović, der geistige Führer des serbischen Populismus, veranschaulicht durch die Organisation Zbor, gewesen zu sein. Er gab bekannt das Ljotić sein Schüler war.

Trotz der beachtlichen ideologischen Verbindungen von Zbor und Velimirovic, verweigerte dieser-anders als Ljotić - die Zusammenarbeit mit den Nazis. Es gibt Hinweise das die Nazis - die Velimirović, aufgrund seiner antikommunistischen Haltung und seines Antisemitismus schätzten - in ihm einen möglichen Kandidaten für die Kollaboration sahen. Nichtsdestotrotz verweigerte er die Zusammenarbeit mit den Nazis. Im Juli 1941 wurde der Bischof aufgrund von angeblichen Beziehungen zu Widerstandskämpfer von den Nazis festgenommen und in verschiedenen Klostern unter Hausarrest gehalten. Als die Nazis 1944 im Kampf gegen die Partisanen schließlich immer mehr an Boden verloren, wurde Velimirović zusammen mit dem serbischen Patriarchen Gavrilo Dozić außer Landes geschafft. Eventuell kamen die beiden Geistlichen über Österreich nach Deutschland ins berühmte Konzentrationslager Dachau, wo sie drei Monate als Ehrenhäftlinge gehalten wurden. Velimirović' und Dozić' Freilassung scheint Teil eines politischen Handels zwischen dem Premierminister des serbischen Kollaborationsregime Milan Nedić und dem deutschen Gesandten für den Balkan Hermann Neubacher gewesen zu sein.

In den nachfolgenden Jahrzehnten wurde der kurze Aufenthalt im KZ Dachau von seinen Unterstützern benutzt, um das Bild eines Märtyrers und Opfers der brutalen Naziverfolgung zu konstruieren. Dies ist angesichts der Tatsache das Velimirović und Dozić, als Ehrenhäftlinge nie schrecklichen Folterungen und Torturen ausgesetzt waren, wie es in zeitgenössischen Biografien beschrieben wird, Geschichtsverfälschung der beschämendsten Sorte. Die Fokussierung auf den Aufenthalt des Bischofs im KZ Dachau dient dem Zweck seine Werke zu popularisieren. Die allgegenwärtige Schilderung des Märtyrers Velimirović soll von einer kontroversen Periode im Leben des Bischofs ablenken. Es unterdrückt die Tatsache das er während seines Aufenthalts in Dachau einige seiner antisemitischsten Schriften erstellte.

Seine Schriftdokumente aus Dachau, wurden einzig von seinem Neffen dem Bischof Jovan Velimirović in den 80er Jahren gesammelt und bearbeitet. 1985 wurde das Buch Worte an das serbische Volk durch das Kerkerfenster veröffentlicht. Der Grundtenor des Buches ist: Der zweite Weltkrieg war eine vermeidbare Konsequenz der Säkularisierung des gottlosen Europas.

Für die säkularen entchristlichten europäischen Werte zieht Velimirović in seinem Buch jüdischen Einfluss zur Verantwortung. Er behauptet das alle moderne Ideen inklusive Demokratie, Streiks, Atheismus, Sozialismus, religiöse Toleranz, Pazifismus, Kapitalismus und Kommunismus Erfindungen der Juden oder eher noch ihres Vaters, dem Teufel sind. In dem Buch verantwortlicht er die Juden für den zweiten Weltkrieg, als auch für die Ermordung Christus:

"Sie erwiesen sich als schlimmere Feinde Gottes, als der gottlose Pilatus, weil sie in der Hitze der Schlacht diese schrecklichen Worte aussprachen: "Sein Blut komme über unsere Kinder". Das war der Grund warum das unschuldige Blut zur Peitsche wurde, das sie wie Vieh durch die Jahrhundert und von Land zu Land trieb. Das ist es, was ihr Vater, der Teufel für sie vorgesehen hat." (Velimirović, 1985, S.194)


Nach dem zweiten Weltkrieg immigrierte Velimirović in die Vereinigten Staaten und starb dort 1956.

Anmerkung: Die serbisch-orthodoxe Kirche bezeichnet die Worte an das serbische Volk durch das Kerkerfenster offiziell als Fälschung, und hat lediglich die ersten 77 Seiten für authentisch erklärt. In den meisten Ausgaben, die in Serbien frei erhältlich sind, sind deshalb auch nur diese ersten 77 Seiten enthalten.

Zu weiteren Artikeln zum Thema Südosteuropa siehe auch Portal Südosteuropa