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Geschichte Osttimors

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Die Geschichte Osttimors ist geprägt von einer langen Zeit der Fremdherrschaft. Nach 450 Jahren portugiesischer Kolonialzeit besetzte Indonesien für 24 Jahre das Land. Während der Okkupation kamen fast 200.000 Menschen ums Leben. Nach drei Jahren Verwaltung durch die Vereinten Nationen wurde Osttimor 2002 in die Unabhängigkeit entlassen.

Flagge von Osttimor
Flagge von Osttimor
Die Lage Osttimors
Die Lage Osttimors

Mythischer Ursprung Timors

Das Leistenkrokodil ist in Timor heimisch
Das Leistenkrokodil ist in Timor heimisch

Der Legende nach hat ein kleiner Junge einem Krokodilbaby geholfen den Weg ins Meer zu finden. Zum Dank dafür nahm das Krokodil den Jungen mit auf lange Reisen über das Meer. Als das Krokodil starb, wurde aus seinem Körper die Insel Timor, die von den Nachkommen des Jungen besiedelt wurde. Noch heute hat das Krokodil in Osttimor große symbolische Bedeutung. Traditionell wird es als „Großvater“ bezeichnet und es gibt den Brauch, beim Überqueren von Flüssen „Krokodil, ich bin Dein Enkel – friss mich nicht“ zu rufen.

Siehe: „Lafaek Diak“ („Das gute Krokodil“) - Die Krokodillegende aus Osttimor

Vor der Kolonialzeit

Die Bevölkerung Timors kam im Rahmen der allgemeinen Besiedelung der Region auf die Insel. Anthropologen gehen davon aus, dass die Nachkommen dreier Einwanderungswellen hier leben. Man vermutet, dass vedo-austronesische Völker ca. 40.000 bis 20.000 v. Chr. vom Norden und Westen her Timor erreichten. Sie waren vergleichbar mit den Veddah im heutigen Sri Lanka. Um 3000 v. Chr. kamen Melanesier mit einer zweiten Einwanderungswelle. Um diese Zeit lassen sich auch erstmals landwirtschaftliche Spuren nachweisen. Die Vedo-Austronesen zogen sich ins bergige Landesinnere zurück. Schließlich kamen Proto-Malaien aus Südchina und dem nördlichen Indochina. Gruppe.[1]

Satellitenbild von Timor

Seit dem 13. Jahrhundert kamen chinesische und malaische Händler nach Timor um Sandelholz, Sklaven, Honig und Wachs zu kaufen, die sie über Java und Sulawesi bis nach China und Indien exportierten. Mit dem Aufblühen des örtlichen Handels entstanden lokale königliche Familien, wodurch auch die ethnisch-kulturelle Vielfalt Timors zu erklären ist. Seit dem 14. Jahrhundert gehörte Timor (v. indon. timur „Osten“) zu dem hinduistisch geprägten altindonesischen Majapahit-Königreich. Im frühen 16. Jahrhundert berichteten europäische Entdecker von einer Anzahl von kleinen Stammesgebieten und Fürstentümern. Die Beziehungen zwischen diesen Herrschaftsgebieten waren durch Rituale, Heirat und Handel äußerst komplex. Der Legende nach stammen alle Völker von einem Urahn ab, der die Insel zwischen seinen drei Nachkommen in einen West-, einen Ost- und einem zentralen Bereich aufteilte. Das Zentrum beherrschte das Wehale (Wehali) Königreich mit seinen Verbündeten unter den Stämmen der Ethnien der Tetum, Bunak und Kemak. Dessen Hauptstadt Laran auf dem Gebiet des heutigen Westtimors bildete das spirituelle Zentrum der gesamten Insel. Die Stämme am Westrand des Einflußgebietes von Wehale hatten gleichzeitig Bündnisse mit dem westlichen Timor und Oecussi, die Stämme im Osten mit dem östlichen Timor und seinen Zentren Atsabe und Lospalos. Auf diese Weise bildete die Insel aus Sicht vieler Timoresen eine Einheit, die erst durch die koloniale Spaltung durch Niederländer und Portugiesen zerstört wurde. Mündliche Überlieferungen von den Atsabe Kemak aus dem Ermera Distrikt, berichten aber auch von Fehden, Kriegen, Eroberungen und Kopfjägern. Solche Ausbrüche von Gewalt entstanden aus unterschiedlichsten Gründen, wie dem Streit um fruchtbares Land, Grenzen, Hochzeitsvereinbarungen oder einfach nur empfundene Missachtungen. [2]

Portugiesische Kolonialzeit

Wettlauf um Timor

Portugiesische Karavelle 16. Jahrhundert.

1512 entdeckte der portugiesische Seefahrer António de Abreu als erster Europäer die Insel Timor auf der Suche nach den Gewürzinseln. Bereits 1515 kamen dann die ersten Dominikaner als Missionare nach Timor. Im Gebiet der damaligen Königreiche Oecussi und Ambeno (heute der osttimores. Distrikt Oecussi-Ambeno) setzten sich die Portugiesen das erste Mal auf Timor fest. 1556 gründeten die Dominikaner zur Sicherung des Sandelholzhandels den Ort Lifau (Lifao), 6 km westlich des heutigen Pante Macassar, und bauten 1566 eine Festung auf der Insel Solor, nördlich von Timor. Über Solor wurde dann jährlich das Sandelholz aus Timor exportiert. Zur selben Zeit trieb der Dominikaner António Taveira die Missionierung Timors voran. Man konzentrierte sich dabei im späten 16. Jahrhundert auf die Königreiche an der Nord- und Südküste. Um 1640 hatten eine Handvoll Priester schon 10 Missionen und 22 Kirchen auf Timor gegründet. 1586 wurden große Teile Timors portugiesische Kolonie (Portugiesisch-Timor). Portugal nutzte die Kolonie auch als Verbannungsort für politische Gefangene und einfache Kriminelle.

Portugiesische Verwaltung, Militärgarnisonen und Handelsposten waren anfangs auf Timor nicht vorhanden. Sie wurden erst schrittweise als Reaktion auf die Bedrohung durch die Niederländer aufgebaut, die ihren Einfluss in der Region immer mehr vergrößerten. Bereits 1613 eroberten die Niederländer die Festung aus Solor. Die Portugiesen verlagerten ihre Basis nach Larantuka, im Osten von Flores. Von Larantuka aus kontrollierten die Topasse das Handelsnetz in der Region, vor allem den lukrativen Sandelholzhandel. Die Topasse waren Nachfahren von portugieschen Soldaten, Seeleuten und Händlern, die Frauen von Solor heirateten. Sie bestimmten maßgeblich die Entwicklungen auf Timor im 17. und 18. Jahrhundert. Unterstützt wurden sie dabei von den Dominikanern. Um 1642 lebte bereits eine große Anzahl von Topasse auf Timor.

Mit der Ankunft der Niederländer auf Timor um 1640 begann die politische Teilung der Insel. Die Portugiesen versuchten nun mit einer groß angelegten Invasion im Jahre 1642 ihre Kontrolle auch auf das Inselinnere auszuweiten. Begründet wurde dieses Vorgehen aber mit dem Schutz der christianisierten Herrscher der Küstenregion. Die vorangegangene Christianisierung unterstützte die Portugiesen bei ihrem schnellen und brutalen Sieg, da ihr Einfluss auf die Timoresen den Widerstand bereits geschwächt hatte. Die Portugiesen eroberten schnell das Königreich Wehale, das als religiöses und politisches Zentrum der Insel galt. Nach dem Sieg nahm die Einwanderung der Topasses weiter zu. Zentrum der Topasse wurde Lifau, die Hauptbasis der Portugiesen auf Timor.

Die Topasse sahen sich aber von mehreren Seiten bedroht. Einmal durch portugiesische Händler, die durch die Krone eine Erlaubnis erhielten die Kontrolle über den Sandelholzhandel zu übernehmen, dann durch die Dominikaner, die versuchten eine eigene unabhängige Machtbasis auf Timor aufzubauen und auch die die einheimischen Kleinkönige rebellierten regelmäßig sowohl gegen Topasse, als auch Portugiesen. Jedoch einigte alle der Kampf gegen die Expansion der Niederländer.

Im späten 17. Jahrhundert wurden mehrere Versuche der portugiesischen Krone die gesamte Kontrolle über Timor von Goa aus zu gewinnen vereitelt. 1701 entsandte Portugal mit António Coelho Guerreiro erstmals einen Gouverneur nach Timor. Er machte Lifau 1702 zur Hauptstadt der Kolonie. Zwei Jahre hielt er durch, bevor er vertrieben wurde. 1722 wurde António de Albuquerque Coelho zum Gouverneur ernannt, dann aber lange Zeit bedrängt, während die Topasse weiterhin den Handel mit Sandelholz im Inselinneren kontrollierten. Dreimal versuchten die Topasse auch die Niederländer von Timor zu vertreiben. Manchmal arbeiteten Portugiesen und Niederländer sogar zusammen um Topasse und Einheimische wieder unter Kontrolle zu bringen. Am 11. August 1769 wurde der portugiesische Gouverneur António José de Menezes durch die Topasse gezwungen Lifau zu verlassen. Neue Hauptstadt der Portugiesen auf Timor wurde Dili

Das Ringen um die endgültige Grenze

  Gouverneure von Portugiesisch-Timor  
Siehe Liste der Gouverneure von Portugiesisch-Timor

1653 vernichteten die Niederländer den portugiesischen Militärposten in Kupang und eroberten es schließlich mit einer starken Streitmacht 1656. Die niederländische Einflusssphäre blieb aber vorläufig auf diese Region Timors beschränkt. Portugiesen und Topasse kontrollierten weiterhin den Sandelholzhandel durch ihre lokalen Verbündeten, die sich den Niederländern widersetzten.

In der Mitte des 18. Jahrhunderts war Timor aus portugiesischer Sicht in zwei Hälften geteilt. Der kleinere Westteil bestand aus der Provinz Servião mit 16 lokalen Königreichen und wurde von den Topasse kontrolliert. Die Osthälfte war die Provinz Bellum und bestand aus 46 Königreichen. Die Portugiesen hatten ihre Basis mit Dili im Ostteil. Die Niederländer beanspruchten ihrerseits weite Teile Portugiesisch-Timors aufgrund eines dubiosen Dokuments, dem Vertrag von Paravinci, der angeblich vom König von Wehale im Namen aller Herrscher Timors unterzeichnet worden 1756 war.

1846 begannen die Niederlande mit Portugal Gespräche über die Übernahme portugiesischer Territorien, aber Portugal lehnte zunächst jedes Angebot ab. 1851 kam der portugiesische Gouverneur Lima de Lopes mit den Niederländern zu einer Vereinbarung über die kolonialen Grenzen in Timor, allerdings ohne Autorisation von Lissabon. Darin wurde der Westteil außer der Exklave Oecussi-Ambeno an die Niederländer abgetreten. Außerdem wurden gleichzeitig der Ostteil Flores und weitere kleinere Inseln an die Niederländer verkauft. Unnötig zu sagen, dass der Gouverneur in Ungnade fiel und abgesetzt wurde, als Lissabon von dem Vertrag erfuhr. Doch die Vereinbarungen konnten nicht mehr rückgängig gemacht werden, auch wenn der Vertrag über die Grenzen 1854 neu verhandelt wurde und erst 1859 als Vertrag von Lissabon ratifiziert wurde. Die verschiedenen kleinen Königreiche Timors wurden unter niederländischer und portugiesischer Autorität aufgeteilt. Der Vertrag hatte aber einige Schwachpunkte. Je eine Enklave ohne Meereszugang verblieb jeweils im Territorium der anderen Seite. Zudem waren die ungenauen Grenzen der timoresischen Reiche und ihre traditionellen Ansprüche Grundlage für die koloniale Grenzziehung.

Es benötigte drei weitere Verhandlungen (1893, 1904 und 1913) zwischen den beiden Kolonialmächten um das Problem der endgültigen Grenzen zu lösen. Am 17. August 1916 kommt es in Den Haag zur Unterzeichnung des Vertrages, der die heute noch bestehende Grenze zwischen Ost- und Westtimor festlegte.

Das Gerangel um diese Grenze zwischen Portugal und den Niederlande und die Ansichten Zugehörigkeit der einheimischen Bevölkerung zum Westen oder Osten hat bis in die heutige Zeit reichende Folgen. Verschiedene Ethnien die Teil des Wehale Königreichs oder enge von ihm Verbündete waren wurden durch die Grenze geteilt. So leben heute nördliche Tetum, Bunak und Kemak sowohl im indonesischen Westtimor, als auch im unabhängigen Osttimor. Traditionell macht man sich unter diesen Völkern noch immer Gedanken über ein vereintes Timor.

Die Festigung der kolonialen Macht

Weder Niederländer, noch Portugiesen konnten bis ins 19. Jahrhundert hinein einen wirklichen kolonialen Einfluss auf Timor aufbauen. Ständig musste mit starken Streitkräften eingegriffen werden. Nachdem die Portugiesen das Inselinnere erreicht hatten, regierten sie indirekt über das Gebiet über die Liurai, die einheimischen Kleinkönige. Die Timoresen waren aber nicht sehr angetan von der portugiesischen Präsenz und ihrer militärischen Strenge. Es kam zu mehreren Revolten. Die Atsabe-Herrscher (im heutigen Distrikt Ermera) waren besonders geneigt gegen die Portugiesen und ihre Anwesenheit aufzubegehren. Auch lokale Machtkämpfe spielten hier eine Rolle. Zwischen 1847 und 1913 mussten die Portugiesen mehr als 60 bewaffnete Expeditionen entsenden, um die Timoresen im Inselinneren zu bändigen. Interessanterweise hatten viele dieser Revolten ihren Ursprung im Westen von Osttimor.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts gelang es Portugal immer mehr seine koloniale Kontrolle auszubreiten. Man erkannte, dass immer noch ein großer Teil der Macht unter einheimischer Kontrolle stand und somit Einfluss nahm auf innerpolitische, wirtschaftliche und rituelle Allianzen der Königreiche und Stammesgebiete. Solche Allianzen wurden durch Hochzeiten geknüpft. In diesem Umstand sahen die Portugiesen das größte Hindernis für ihre Kontrolle über Osttimor. Zwischen dem späten 19. Jahrhundert und dem frühen 20. Jahrhundert entwickelten die Portugiesen ein neues politisches System und setzten sie gegen das Monopol des alten lokalen Systems durch. Zum einen mit wirtschaftlichen Mitteln. Die Osttimoresen wurden zur Arbeit beim Straßenbau und in Plantagen gedrängt (z.B. auf Kaffeeplantagen in Ermera ab 1899 und Copra zwischen 1911 und 1917). 1908 wurde die Kopfsteuer zwischen dem 18. und 60.Lebensjahr eingeführt. Zum anderen wurde die Verwaltung ausgebaut. Die lokalen Königreiche wurden abgeschafft und die Liurai abgesetzt. Die neue portugiesische Administration baute auf der einheimischen Ebene unterhalb der Liurai auf, dem Suco. Die Wahl (oder besser gesagt, die Bestätigung) der Führer der Suco war abhängig von der Genehmigung durch die Portugiesen. Aus einer Gruppe von Sucos wurde ein Posto bestimmt und diese Postos wurden in einem Concelho (Rat) versammelt. Dieser Concelho überwachte die Postos durch die portugiesische Verwaltung. Diese Umorganisation sollte die traditionellen Strukturen zerbrechen und den Einfluss der Familienbanden zerstören.

Die Wirkung der Maßnahmen war sehr unterschiedlich. Die Plantagen mit ihrem Anbau von Handelsgütern statt Nahrungsmitteln für den täglichen Bedarf veränderten nicht viel. Die erzwungene Arbeit im Straßenbau jedoch war ein Grund für wiederholte Rebellionen gegen die Portugiesen. Eine der großen Aufstände, von denen noch heute gesprochen wird, wurde von Bonaventura, dem König von Manufahi geführt, der mehrere Königreiche vereinigte. Die Rebellion dauerte 16 Jahre an und wurde erst mit portugiesischen Truppen aus Mosambik und teils sogar aus Angola 1912 niedergeschlagen. Osttimoresische Quellen schätzen, dass über 3.000 Menschen getötet und viele Tausend mehr gefangen genommen und eingekerkert wurden.

Die politische und administrative Neustrukturierung veränderte lokale Ideologie und Alltag ebenfalls nicht. Die Führer der Sucos brauchten immer noch die Unterstützung und das Wissen der Liurai und ihrer verwandtschaftlichen Verbindungen. Traditionelle Hierarchien blieben bestehen, unterstützt durch lokale Traditionen und Weltanschauungen. So entstand ein System auf zwei Ebenen – einer kolonialen und einer einheimischen traditionellen.

Ab dem frühen 20. Jahrhundert begann man einige Osttimoresen in die Verwaltung aufzunehmen. Das Kolonialgesetz von 1930 stellte alle Kolonien unter direkte Kontrolle von Lissabon. Legislative Räte wurden aus den kolonialen Eliten aufgestellt: Die Verwaltung, die Kirche, portugiesischen Plantagenbesitzern und die Armee. In dieser Zeit, während der portugiesischen Diktatur, wurde die Bevölkerung in zwei Gruppen geteilt: Einheimisch und nicht einheimisch. Letztere beinhaltete auch die Mestiços und assimilierte Einheimische. Die portugiesische Staatsbürgerschaft war der Gruppe der Nicht-Einheimischen offen und sie hatten das Wahlrecht für die portugiesische Nationalversammlung und die lokalen legislativen Räte. Sie sprachen Portugiesisch und hatten ein meistens ausreichendes Einkommen. Sie bildeten die Administration, beherrschten den Handel und bildeten die lokale politische Elite. Ab 1940 verfügte die Katholische Kirche durch ein Konkordat über das Erziehungsmonopol in Osttimor. Die Kirche war mit der lokalen portugiesischen Administration verbunden und finanzierte das Bildungssystem ab 1941. Sie vermittelte sowohl katholische, als auch portugiesische kulturelle Werte.

Der Zweite Weltkrieg und die letzten Jahre der Kolonie

Militärkommandanten Timors während des zweiten Weltkriegs
  Niederlande: Nico Leonard Willem van Straten 17. Dezember 1941 - 1942
 Australien: William Watt Leggatt 17. Dezember 1941 - 1942
 Japan: Sadashichi Doi 1942 – 194?

Obwohl Portugal neutral war, besetzten 1941 während des Zweiten Weltkriegs 400 niederländische und australische Soldaten Osttimor, um einer japanischen Invasion zuvor zu kommen. Timor sollte als Puffer für Australien dienen. Nach Protesten des portugiesischen Gouverneurs verließen die Niederländer wieder die Kolonie. Die Australier blieben. So besetzten im Februar 1942 die Japaner mit 20.000 Mann Osttimor. Das kleine australische Kontingent wurde schnell aus Dili vertrieben. In den Bergen kam es zu Guerillaaktionen, die als Schlacht von Timor bekannt wurde. Hier kämpften alliierte Truppen mit timoresischen Freiwilligen gegen die Japaner. Insgesamt verloren im Zweiten Weltkrieg zwischen 40.000 und 70.000 Timoresen ihr Leben. Auch durch Bombardements von beiden Seiten. So wurde etwa Lautém von der australischen Luftwaffe 1944 bombardiert. Die Brutalität mit der japanische Soldaten gegen Unterstützer der Australier vorgingen ist den Osttimoresen noch immer in Erinnerung. Von Folter, Hinrichtungen, systematische Vergewaltigungen, Prügelstrafen und Zwangsarbeit durch die Japaner wird berichtet. Mit Ende des Krieges übernahm Portugal 1945 wieder die Kontrolle über seine Kolonie. Während Westtimor mit Indonesien 1949 seine Unabhängigkeit von der Kolonialmacht erhielt, wurde Osttimor 1951 der Status eines portugiesischen Überseegebietes zugesprochen.

In der Nachkriegszeit wurde die Zwangsarbeit durch die Portugiesen wieder vorangetrieben um die Kriegsschäden zu beseitigen. Jeder Suco musste Arbeiter für jeweils einen Monat zur Verfügung stellen und die Führer der Sucos erhielten ausgeweitete Rechte um genügend Zwangsarbeiter auszuheben. Die Zwangsarbeit führte zu Widerständen und schließlich brach in Viqueque 1959 eine Rebellion aus. Der Aufstand wurde aber von außen beeinflusst. Man nimmt an, dass indonesische Agenten hier ihre Hände im Spiel hatten, die einen schnellen Abzug der Portugiesen anstrebten und Osttimor in Indonesien integrieren wollten. Die Portugiesen schlugen die Revolte mit äußerster Brutalität nieder. Etwa 1.000 Menschen wurden getötet und die Rädelsführer ins Exil in Gefängnisse in Angola und Mosambik geschickt. Ein Priester namens Martinho da Costa Lopes war als Gesandter der portugiesischen Regierung Augenzeuge, wie viele Menschen öffentlich hingerichtet wurden. Da Costa Lopes wurde später der erste Bischof Osttimors. Indonesien zeigte zu dieser Zeit, ungeachtet antikolonialer Polemik seiner Regierung, kein Interesse an Portugiesisch-Timor. Grund dafür war die Bindung der indonesischen Kräfte durch West-Neuguinea, wo man versuchte die Kontrolle zu gewinnen. West-Neuguinea war bei der indonesischen Unabhängigkeit bei den Niederlanden verblieben. 1962 versuchte Indonesien dann das Gebiet zu besetzen um eine Unabhängigkeit zu verhindern. Schließlich wurde eine Übergabe an Indonesien vereinbart. Indonesische Diplomaten erklärten vor den Vereinten Nationen, dass ihr Land kein Interesse an Gebieten außerhalb des ehemaligen Niederländisch Ostindien habe. Portugiesisch-Timor wurde hier explizit genannt.

1963 wird von der Existenz eines Büros für die Befreiung von der Republik Timor mit Sitz in Jakarta berichtet. Dieses Büro gab an, dass es eine timoresische Regierung mit zwölf Ministern im Grenzort Batugade gegründet habe. 1969 wurden Stimmen im Indonesischen Militär laut, die eine Integration Osttimors in Indonesien für entscheidend für die Sicherheit ansahen, falls die portugiesische Macht instabil werden sollte. Die Möglichkeit einer Annexion wurde ein wichtiger Punkt in der Arbeit der Geheimdienste Indonesiens, Australiens und der USA in den frühen 1970ern.

1972 wurde Osttimor zur autonomen Region der Republik Portugal, womit die Einwohner eine eingeschränkte portugiesische Staatsbürgerschaft erhielten.

Eine Maßnahme Portugiesen um Einfluß auf die timoresische Gesellschaft zu bekommen war im Gegensatz zu den anderen erfolgreich. Die Familiensippen der Liurai und Sucos wurden in die koloniale Zivilverwaltung als Verwalter, Lehrer und im Militär eingebunden. Außerdem wurden Kinder der Nachkriegsgeneration, zumeist jene aus Liurai-Familien zur Katholischen Schule der Jesuiten geschickt. Einige bekamen auch die Möglichkeit zu einem Studium auf der Universität in Lissabon. So wurden die Sprößlinge der lokalen herrschenden Familien zu Führern mit festen Werten ausgebildet, die Bildung Nationalstolz und auch Gleichheit befürworteten. Diese Privilegierten trafen sich im Geheimen um ihre Ideen zu Themen von Bildung, über Landwirtschaft, bis hin zu traditionellen Hochzeiten zu diskutieren. Die katholischen Zeitungen, wie etwa SEARA, waren ebenfalls ein Sprachrohr für ihre Ideen. Politisch waren sie jedoch unerfahren und daher trotz ihres Ehrgeizes sehr naiv. So baten sie 1973 die indonesische Regierung um Unterstützung gegen die Portugiesen. Diese Osttimoresen waren die Gründer der ersten politischen Parteien, als die Unabhängigkeit mit der Nelkenrevolution im April 1974 in Portugal in den Bereich des Möglichen rückte. Die neue Regierung in Portugal kehrte zurück zur Demokratie und versprach die Entkolonisierung aller Überseegebiete.

Entkolonisierung

Die neuen Parteien

Wandbild von Ché Guevara in Osttimor

Nachdem die Nelkenrevolution die faschistische Diktatur in Portugal beendete, bildeten sich in Osttimor bereits im Mai 1974 drei große Parteien.

Von den traditionellen Eliten (Liurai und Sucos) wurde die erste Partei Osttimors, die União Democrática Timorense (UDT) (Demokratische Union Timor) unterstützt. Die am 11. Mai 1974 gegründete Partei befürwortete eine enge Bindung an die frühere Kolonialmacht Portugal oder wie sie in Tetum sagte: „mate bandera hum“ – im Schatten der portugiesischen Flagge. Schließlich unterstützte sie aber eine schrittweise Heranführung an die Unabhängigkeit. Einer ihrer Führer, Mário Viegas Carrascalão, war einer der wenigen Timoresen, die an einer Universität in Portugal studiert hatten. Obwohl er auch später eine osttimoresische Unabhängigkeit befürwortete, wurde er während der indonesischen Besatzungszeit Gouverneur Osttimors (1983-1992).

Die am 20. Mai 1974 gegründete Associação Social Democrática Timorese (ASDT) (Timoresische Sozialdemokratische Assoziation, nicht identisch mit der 2001 gegründeten Partei Associaçao Social-Democrata de Timor) unterstützte eine schnelle Unabhängigkeit. Im September änderte sie ihren Namen in Frente Revolucionaria de Timor Leste Independente (FRETILIN) (Revolutionäre Front für die Unabhängigkeit Osttimor). Viele der Parteigründer waren die Söhne von Liurai und waren als Lehrer oder in der Verwaltung tätig. Ihre Unterstützer fand die FRETILIN nicht nur unter vielen prominenten Liurai, sondern auch in den Dörfern. Der FRETILIN wurde von Australien und Indonesien vorgeworfen marxistisch zu sein. Ihr Name klang nämlich ähnlich der marxistischen FRELIMO in Mosambik. Sie war aber mehr durch afrikanische Nationalisten, wie Amílcar Cabral in Portugiesisch-Guinea (heute: Guinea-Bissau) und den Kapverdischen Inseln beeinflusst.

Die Associação Popular Democrática Timorese (APODETI) (Timoresische Volksdemokratische Assoziation), eine von Jakarta finanzierte Tarnorganisation, strebte den Anschluss an Indonesien als autonome Provinz an. Einer ihrer Führer, José Abílio Osório Soares war später Bürgermeister von Dili und der letzte von Indonesien entsandte Gouverneur Timor Timurs. Die APODETI fand nur Unterstützung bei einigen Liurai in der Grenzregion. Einige von ihnen hatten während des Zweiten Weltkrieges mit den Japanern kollaboriert. Auch die kleine muslimische Minderheit unterstützte die APODETI. Trotzdem wurde Marí Alkatiri, ein Muslim, später ein bekannter FRETILIN-Führer und 2002 Premierminister.

Weitere kleinere Parteien waren die Klibur Oan Timur Asuwain (KOTA), deren Name auf Tetum „Söhne der Bergkrieger“ bedeutete, die eine Monarchie unter einem lokalen Liurai anstrebte und die Partido Trabalhista (Arbeiterpartei). Sie fanden aber keine nennenswerte Unterstützung. Die Associação Democratica para a Integração de Timor Leste na Austrália (ADITLA) schlug einen Anschluss an Australien vor, fiel aber zusammen, als die australische Regierung mit Nachdruck die Idee ablehnte.

Keine dieser kleinen Parteien fand nennenswerte Unterstützung. Wenn man sich diese frühen Parteien und ihre Führer ansieht, wird man unter den jungen (zumeist zwischen 27 und 37 Jahre alt) enthusiastischen Parteigründern aus der einheimischen Elite viele der heutigen Politiker des unabhängigen Staates Osttimor finden.

Die neue, demokratische Regierung in Lissabon entsandte am 18. November 1974 Mário Lemos Pires als neuen Gouverneur nach Osttimor - er sollte der der letzte Gouverneur Portugiesisch-Timors sein und das Land auf seine Unabhängigkeit und Demokratie so schnell wie möglich vorbereiten. Eine seiner ersten Anordnungen betraf die Legalisierung der politischen Parteien als Vorbereitung für freie Wahlen zu einer verfassungsgebenden Versammlung.

Pires ermutigte die drei großen Parteien zu einer Koalition. Während die APODETI solche Treffen boykottierte, griffen FRETILIN und UDT diese Idee nun auf, zumal die FRETILIN dies schon zuvor der UDT angeboten hatte. Mitte Januar 1975 wurde die Koalition geschlossen und Mitte März bildeten UDT, FRETILIN und die portugiesische Regierung eine Übergangsregierung für Osttimor. Dabei sollten alle drei vertretenen Parteien zu gleichen Teilen beteiligt sein. Diese Übergangsregierung sollte drei Jahre im Amt bleiben bis dann durch Wahlen eine verfassungsgebende Versammlung bestimmt werden sollte. Die Integration sollte beendet werden und verschiedene Sozialprogramme wurden geplant. Hauptsächlich aus FRETILIN Programmen mit Unterstützung durch die UDT. In ländlichen Gebieten hatte die Koalition große Unterstützung und es sah so aus, als ob der Weg zur Unabhängigkeit geebnet worden sei.

Reaktionen des Auslands

Indonesien und Australien beobachteten die Entwicklung in Portugiesisch-Timor 1974/1975 außerordentlich genau. Die Regierung Suharto befürchtete, dass die linksgerichtete FRETILIN die Regierung übernehmen könnte und dass ein kleiner Staat inmitten des Indonesischen Archipels ein Vorbild für die nach Unabhängigkeit strebenden Provinzen, wie Aceh, West-Neuguinea und die Südlichen Molukken werden könnte.

Australiens Premierminister Gough Whitlam (Labour Party) arbeitete eng mit Suharto zusammen und verfolgte die Ereignisse ebenfalls mit Besorgnis. Während eines Treffens 1974 in Wonosobo auf Java erklärte Whitlam, Osttimor würde „ein überlebensunfähiger Staat und eine potentielle Bedrohung für die Stabilität in der Region“ sein. Obwohl er den Wunsch nach Selbstbestimmung anerkannte, hielt er im Interesse Osttimors einen Anschluss an Indonesien für das Beste.

Die USA hatten mitten im Kalten Krieg und nach dem verlorenen Krieg in Vietnam Bedenken wegen einer Unabhängigkeit Portugiesisch-Timors. Nachdem man Indonesien als Verbündeten gewonnen hatte, wollte man nicht mitten im großen Archipel ein destabilisierendes, linksgerichtetes Regime.

Eskalation und Ausrufung der Unabhängigkeit

 Präsident der Demokratische Republik Timor-Leste 
Francisco Xavier do Amaral 28. November 1975 - September 1978
Nicolau dos Reis Lobato September 1978 - 31. Dezember 1978
  Präsident der provisorischen Regierung 
Arnaldo dos Reis Araújo 17. Dezember 1975 - 17. Juli 1976

Im Frühjahr 1975 konnte die FRETILIN sich auf eine Mehrheit der Bevölkerung in ganz Osttimor stützen. Am vom 13. März 1975 wurden im Rahmen des Dekolonisationsprogramms Wahlen im Distrikt Lautém durchgeführt. Ziel war es, die traditionellen Herrschersysteme zu ersetzen. Bei diesem Pilotprojekt für Lokalwahlen gab es keine Parteilisten oder –kandidaten. Die Wähler warfen einfach Kieselsteine in Körbe der Kandidaten um ihre Stimme abzugeben. FRETILIN-nahe Kandidaten konnten sich hier vor UDT-Kandidaten durchsetzen.

1975 wurde Portugal immer mehr durch zivile Unruhen und politische Krisen von den politischen Entwicklungen in seiner Kolonie abgelenkt. Vor allem beschäftigte es die Entkolonisation von Angola und Mosambik. Viele portugiesische Politiker sahen eine Unabhängigkeit Osttimors immer mehr als unrealistisch und Diskussionen über einen Anschluss Portugiesisch-Timors an Indonesien kamen auf.

Während Anfang des Sommers die afrikanischen Kolonien Mosambik, Kap Verde und São Tomé und Príncipe die Unabhängigkeit von Portugal erlangten, brachen nach Intrigen des indonesischen Militärgeheimdienstes BAKIN Kämpfe um die Macht aus. Seit Mitte 1974 hatte der BAKIN in der „Operasi Komodo“ (Operation Komodo nach dem Komodowaran) mit Osttimoresen, die den Anschluß an Indonesien favorisierten zusammengearbeitet. Zumeist mit der APODETI, aber ab Mitte März 1975 auch mit einigen UDT-Mitgliedern, deren Angst vor kommunistischen Elementen in der FRETILIN geschürt wurde. Jakarta machte in Treffen den UDT-Führern klar, dass es niemals ein unabhängiges, von der FRETILIN geführtes Osttimor akzeptieren würde. Die vermeintliche kommunistische Bedrohung in der Zeit des Kalten Krieges und kurz nach dem Vietnamkrieg, wurde für jene UDT-Führer, die ohnehin mit dem Bündnis mit der FRETILIN unzufrieden waren, zur Begründung die Koalition am 27. Mai 1975 zu verlassen.

Am 10. August 1975 versuchte die UDT einen Putsch, um der wachsende Popularität der FRETILIN etwas entgegen zu stellen. In Dili kam es zu Straßenkämpfen. Gouverneur Pires floh auf die vorgelagerte Insel Atauro und versuchte von dort ein Abkommen zwischen den beiden Parteien auszuhandeln. Von der FRETILIN wurde er gedrängt, zurückzukehren, und die Entkolonialisierung voranzutreiben, aber Pires bestand darauf, auf Anweisungen aus Lissabon zu warten. Osttimoresen, die bisher in der portugiesischen Armee dienten, unterstützten die FRETILIN im Kampf und bildeten den Kern der später gegründeten Forças Armadas de Libertação Nacional de Timor Leste FALINTIL (Bewaffnete Kräfte zur nationalen Befreiung Osttimors). Am 27. August konnte sich die besser bewaffnete und von der Bevölkerung breiter unterstützte FRETILIN endgültig durchsetzen und die Kontrolle in Dili übernehmen. 500 Kämpfer der UDT und 2.500 Zivilisten flohen in das indonesische Westtimor. Hier wurden sie gezwungen nun den Anschluss Osttimors an Indonesien zu unterstützen.

Indonesien stellte den Konflikt als Bürgerkrieg dar, der Portugiesisch-Timor in Anarchie und Chaos gestürzt habe, aber nur einen Monat später besuchten Hilfsorganisationen aus Australien und anderen Ländern die Kolonie und bezeichneten die Situation als stabil. Die FRETILIN hatte durch die große Unterstützung in der Bevölkerung schnell wieder für Ruhe und Ordnung gesorgt. Auch ehemalige UDT-Anhänger, die geblieben waren arbeiteten mit ihr zusammen.

Am 8. Oktober 1975 besetzten indonesische Truppen, getarnt als UDT-Kämpfer, den Grenzort Batugade und vertrieben die dortigen FALINTIL-Einheiten. Hier wurde das Hauptquartier der Operation Komodo aufgebaut. Bis zum 16. Oktober 1975 waren die Grenzdistrikte Bobonaro und Cova Lima in indonesischer Hand. An diesem Tag wurden in der osttimoresischen Grenzstadt Balibo zwei britische und drei australische Fernsehjournalisten von indonesischen Soldaten getötet, die Zeuge der Invasion geworden waren.

Xanana Gusmão 2002

Während die FRETILIN weiter versuchte den portugiesischen Gouverneur zur Rückkehr zu bewegen und die portugiesische Flagge vereinzelt von Regierungsgebäuden wehte, zeigte sich, dass internationale Unterstützung, unabhängig von Portugal, immer nötiger wurde. Die FRETILIN startete einen Appell an den Weltsicherheitsrat den Rückzug der indonesischen Truppen zu erzwingen. Am 28. November 1975 rief die FRETILIN die Unabhängigkeit der Demokratischen Republik Osttimor (port. República Democrática de Timor-Leste, tetum Repúblika Demokrátika Timor Lorosa'e) aus, weil man als unabhängige Nation sich mehr Unterstützung durch die UN erhoffte. Von zwölf Staaten wurde Timor-Leste anerkannt, nicht jedoch von Portugal, Indonesien, Australien und den USA.

Francisco Xavier do Amaral wurde erster Präsident, Nicolau dos Reis Lobato Ministerpräsident, beide führende Mitglieder der FRETILIN. Indonesien reagierte mit der Meldung, die Führer von UDT, APODETI, KOTA und die Arbeiterpartei hätten die sogenannte Balibo Deklaration unterzeichnet. In ihr wurde zum Anschluss Osttimors an Indonesien aufgerufen. Die Deklaration wurde vom indonesischen Geheimdienst ausgearbeitet und auf Bali, nicht in Balibo unterzeichnet. Xanana Gusmão, der spätere erste Präsident des Landes nach der indonesischen Besetzung, nannte sie die Balibohong Declaration, ein Wortspiel mit dem indonesischen Wort für Lüge.

Indonesische Besatzungszeit

Invasion durch Indonesien

Schon einen Tag nach der Unabhängigkeitserklärung, zog am 29. November 1975 die fünfte Kolonne des indonesischen Militärs in der osttimoresischen Exklave Oecussi-Ambeno ihre Flagge auf.

Ab dem 7. Dezember 1975 („Operasi Seroja“ - Operation Lotus) besetzten indonesische Truppen, mit Hilfe starker Luftlandeverbände und Seestreitkräfte, das restliche Gebiet von Timor-Leste. Dabei hatte Indonesien die politische Unterstützung der Regierung der USA. Dies belegen Geheimpapiere, die im Dezember 2001 von dem US-amerikanischen National Security Archive (NSA) freigegeben wurden. Nur einen Tag vor der Besetzung Ost-Timors trafen sich US-Präsidenten Gerald Ford und US-Außenminister Henry Kissinger in der indonesischen Hauptstadt Jakarta mit Präsident General Suharto [3]. Bereits ein Jahr zuvor hatte Indonesien Kissinger gefragt, wie die USA zu einer indonesischen Invasion stehen würde [4]. Im März 1975 empfahl der US-Botschafter in Indonesien David Newson eine Politik des Stillschweigens und unterstützte dabei Kissingers Auffassung [5]. Am 8. Oktober 1975 teilte Philip Habib, Mitglied des Nationalen Sicherheitsrats, den anderen Teilnehmern mit, dass es so aussehe, als ob Indonesien nun begonnen hätte Osttimor anzugreifen. Kissinger antwortete Habib, er hoffe Habib würde seinen Mund über diese Sache halten [6]. Die USA befürchteten, dass Osttimor zu einem zweiten Kuba werden könne, da die FRETILIN, die Kontakte zur Volksrepublik China hatte, als kommunistisch galt. Gerade in dieser Zeit, kurz nach dem Ende des Vietnamkrieges, wollte man nicht einen kommunistischen Dominoeffekt in Südostasien riskieren, weswegen die USA und Australien die Aktionen des pro-westlichen Indonesiens tolerierten, obwohl Portugal NATO-Mitglied war und versuchte, seine ehemalige Kolonie zu unterstützen, hatte aber gegen die Interessen der beteiligten Staaten nur diplomatische Möglichkeiten. [7]; [8]

Australien, das zum Ende der Amtszeit von Premierminister Gough Whitlam unter einer innenpolitischen Krise litt und schon 1972 mit dem Vielvölkerstaat Indonesien den Grenzverlauf von Westtimor in der Timorsee festgelegt hatte, hatte so die Möglichkeit, auch im Osten von Timor eine Seegrenze günstig festzulegen, mit dann erheblichen Anteilen der Erdölvorräte im so genannten Timorgraben auf seiner Seite. Zwar protestierte Australiens Regierung öffentlich lautstark nachdem die Besetzung schon nahezu vollzogen war, aber man hatte bereits im Geheimen zugesichert nicht aktiv einzugreifen. Diese Politik war in der australischen Öffentlichkeit nicht populär, da man sich an den heldenhaften Kampf der Timoresen während des Zweiten Weltkrieges erinnerte. Es kam zu heftigen Protesten, die aber keine Beachtung fanden.

 Gouverneure der Provinz Timor Timur 
Arnaldo dos Reis Araújo 1976 - 1978
Guilherme Maria Gonçalves 1978 - 1982
Mário Viegas Carrascalão 18. September 1982 - 11. September 1992
José Abílio Osório Soares 11. September 1992 - Oktober 1999

Während der Invasion kam es zu Massenmorden und -vergewaltigungen. Mitte Februar waren bereits 60.000 Timoresen getötet worden. Mitte Dezember wurde eine Marionettenregierung aufgestellt, bestehend aus APODETI- und UDT-Führern. Versuche Vittorio Winspeare Guicciardis, des Sondergesandten des UN-Generalsekretärs, Gebiete, die noch von der FRETILIN gehalten wurden von Darwin aus zu besuchen, wurden vom indonesischen Militär durch eine Blockade Osttimors verhindert. Am 31. Mai 1976 verabschiedete eine vom indonesischen Geheimdienst ausgewählte Volksversammlung einstimmig den Anschluss an Indonesien. Am 17. Juli wurde Timor Timur (indonesisch für Osttimor) offiziell die 27. Provinz der Republik Indonesien. KOPASSUS und KOSTRAD-Einheiten bauten eine militärische Kommandostruktur auf. Korem 164/Wira Dharma wurde offiziell am 26. März 1979 unter dem Hardliner Colonel Adolf Sahala Rajagukguk als Kommander etabliert. Die Militärführung der ABRI in Jakarta hatte im selben Jahr die Spezialeinheit Kohankam, ab 1989 Kolakops, für Osttimor geschaffen.

José Ramos-Horta, der als möglicher Außenminister eines unabhängigen Staates Timor-Leste drei Tage nach der Invasion nach New York geflohen war, sollte den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen über das Vorgehen des indonesischen Militärs informieren. Auch wenn die UN bei der Annexion West-Neuguineas einige Jahre zuvor ein Auge zugedrückt hat, blieb die Besetzung Osttimors weiterhin im Interesse mehrerer Staaten, vor allem Portugals. Die UN erkannten die Besetzung nicht an. Am 12. Dezember 1975 verabschiedete die UN-Generalversammlung eine Resolution, in der bestätigt wurde, dass „die Stellungsnahme des Vertreters Portugals als verwaltende Macht betreffs der Entwicklungen in Portugiesisch-Timor gehört wurden...“. Die Generalversammlung „beklagt die militärische Intervention durch Streitkräfte Indonesiens in Portugiesisch-Timor und ruft die Regierung von Indonesien dazu auf, unverzüglich seine Truppen aus dem Territorium zurückzuziehen...“ und „fordert den Weltsicherheitsrat auf dringendste in Aktion zu treten um die territoriale Integrität von Portugiesisch-Timor und das unveräußerliche Recht seiner Bewohner auf Selbstbestimmung zu schützen.“ International galt Osttimor weiterhin als „abhängiges Territorium unter portugiesischer Verwaltung“.

Der Kampf um die Unabhängigkeit

Es folgte eine Zeit, geprägt von Terror und der Umsiedlung der Zivilbevölkerung, Verfolgung von Anhängern der Unabhängigkeitsbewegung durch pro-indonesische Milizen und Armee. War der Guerillakrieg durch die FRETILIN bis zum Tod Nicolau dos Reis Lobatos 1979 nicht die Regel, begann Xanana Gusmão gezielt mit dieser Taktik für die Unabhängigkeit zu kämpfen. Verschiedene timoresische Gruppierungen bekämpften die Besatzer mit Unterstützung aus der Bevölkerung vom Gebirge aus. Bei den Auseinandersetzungen verübte das indonesische Militär massive Menschenrechtsverletzungen und Gräueltaten (u.a. Mord und Vergewaltigungen). Von April 1981 bis September des Jahres startete das Militär die „Operasi Keamanan“ (Operation Sicherheit). Amnesty International veröffentlichte geheime Dokumente vom Juli 1982, nach denen Rajagukguk, der Befehlshaber des Wehrbereichs für Osttimor, schriftlich seine Einwilligung für Anwendung von Folter gegenüber Verdächtigen Personen mit angeblichen Rebellenverbindungen gegeben hatte.

Der stellvertretende Verantwortliche Colonel Purwanto, begann geheime Verhandlungen mit dem Rebellenführer Xanana Gusmão, die im März 1982 Waffenstillstand endeten. Die bewaffneten Kämpfer der FALINTIL, verübten am 8. August 1983 in Kraras (Viqueque Distrikt) einen Überfall auf eine Einheit der indonesischen Armee, bei dem 16 Soldaten ums Leben kamen. Bei der Vergeltungsaktion des Militärs starben über 200 Angehörige des Dorfes, zahlreiche wurden verhaftet, andere konnten in die Berge fliehen. Dies war der Anlass für die großangelegt Operation Reiner Tisch „Operasi Sapu Bersih“ im August des Jahres. HRW [9] (PDF)

Im Ausland lebende Osttimoresen der FRETILIN und UDT gründeten Anfang Januar 1988 einen nationalen Rat des Widerstandes mit Xanana Gusmão an der Spitze (CNRM National Council of Maubere Resistance, ab 1998 CNRT Timorese National Resistance Council). Der Rat diente als Dachorganisation, um den Freiheitskampf besser zu koordinieren. Die UN-Generalversammlung verabschiedete immer wieder Resolutionen, die die unrechtmäßige Besetzung verurteilte. Doch der Osttimor-Konflikt bekam wenig Aufmerksamkeit durch die internationale Gemeinschaft. Im Dezember 1988 unterzeichnete Präsident Suharto einen Erlass, mit dem das besetzte Gebiet einen gleichwertigen Status zu den 26 anderen Provinzen Indonesiens erhielt. Damit wurde die Reisebeschränkung für indonesische Staatsangehörige aufgehoben und ausländische Touristen und Journalisten durften nach Einholung einer offiziellen Genemigung in die Provinz einreisen.

Der Vorschlag der römisch-katholischen Kirche, einen Volksentscheid über die Unabhängigkeit oder den Verbleib als Provinz Indonesiens durchführen zu lassen, initiierte erneute Diskussionen über die Zukunft der Krisenregion. Carlos Filipe Ximenes Belo, der 1988 zum Bischof geweiht wurde, versuchte mit dem Einfluss der Kirche das Leid zu mindern. Der Besuch des Papstes Johannes Paul II. am 12. Oktober 1989 in Osttimor stärkte den Mut der Bevölkerung und rückte den Konflikt für kurze Zeit in das Bewusstsein der Weltöffentlichkeit. Verschiedene Menschenrechtsorganisationen, etwa Human Rights Watch, kritisierten jahrelang das brutale Vorgehen indonesischer Behörden in Osttimor und anderen Unruheherden wie West-Neuguinea oder Aceh, im nördlichen Sumatra.

Am 12. November 1991 kam es in der Hauptstadt Dili zum Santa-Cruz-Massaker (auch Dili-Massaker). Nach einer Demonstration gab es über 200 Tote durch eine blutige Aktion des indonesischen Militärs. Journalisten konnten das Geschehen aufzeichnen und es veröffentlichen, was weltweit zu großer Empörung führte. Heute ist der 12. November zu Gedenken der Opfer nationaler Feiertag in Osttimor.

Das Santa-Cruz-Massaker war der Wendepunkt in den Sympathien der westlichen Welt hin zu den Timoresen. Zudem war die Sowjetunion im selben Jahr von der Weltbühne verschwunden, so dass Indonesien nicht mehr vor einem marxistischen Schreckgespenst warnen konnte. Eine Bewegung, die sich mit Osttimor solidarisierte entstand und wuchs in Portugal, Australien und den USA. Das Massaker hatte besonders einen profunden Effekt auf die öffentliche Meinung in Portugal, vor allem nachdem im Fernsehen Osttimoresen auf Portugiesisch betend gezeigt wurden. In Australien war ebenfalls ein Großteil der Bevölkerung empört und kritisierte Canberras engen Beziehungen zum Suhartoregime und die Anerkennung Jakartas Souveränität über Osttimor. Dies brachte die australische Regierung zwar in Verlegenheit, aber Außenminister Gareth Evans spielte die Morde als Fehltritt herunter.

Mit der Verhaftung des Anführers der Rebellenbewegung Xanana Gusmão am 20. November 1992 und der Weigerung von indonesischer Seite, Verwandte und Mitarbeiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz zu den Gefangenen zu lassen, verschärfte sich der Konflikt noch weiter. Gusmão erhielt 1993 die höchste Auszeichnung Portugals als Zeichen des Respekts der Portugiesen.

Portugal versuchte erfolglos die internationale Gemeinschaft dazu zu bewegen Druck auf Indonesien auszuüben. Portugal brachte regelmäßig den Fall bei der Europäischen Union zur Sprache. Allerdings sahen andere EU-Mitglieder, wie zum Beispiel Großbritannien, die engen wirtschaftliche Beziehungen mit Indonesien hatten (inklusive Waffenlieferungen) keine Vorteile darin, wenn man sich mehr mit Osttimor beschäftigen würde.

1993 wurden die Kolakops-Sondereinheiten des indonesischen Militärs in Osttimor aufgelöst und das Gebiet verlor seinen Status als Sonderzone. Der Militärbezirk Korem 164/Wira Dharma stand dann bis zu dessen Auflösung direkt unter der Führung des Bereichskommandos Kodam IX/Udayana auf Bali.

Als Präsident Suharto 1995 die Hannover-Messe und andere Städte in Deutschland besuchte, wurde er von kleineren Protesten, u.a. von amnesty international begleitet. Der Stadtrat von Weimar erklärte Suharto zur unerwünschten Person. In Dresden verwehrte man ihm einen Eintrag in das Goldene Buch der Stadt, bewarf ihn mit Flugblättern und hinderte sein Fahrzeug an der Weiterfahrt. Suharto bevollmächtigte Angehörige des indonesischen Geheimdienstes in Deutschland zu ermitteln, wer für diese Demonstrationen verantwortlich gemacht werden könnte. Diese Ermittlungen zielten hauptsächlich auf Osttimoresen, die in Deutschland lebten, aber auch auf Sri-Bintang Pamungkas, Mitglied der PPP und des indonesischen Parlamentes, der sich zur selben Zeit in Deutschland aufhielt. Auch wenn die damalige deutsche Bundesregierung unter Helmut Kohl die Menschenrechtsverletzungen bei ihren Treffen mit Suharto ansprach, war sie doch ein Befürworter der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Indonesien und Deutschland. Menschenrechtsorganisationen kritisierten vor allem den Export von deutschen U-Booten und Hubschraubern vom Typ Bo 105 nach Indonesien. [10]; [11]

Mitte der Neunziger Jahre rief die indonesische Demokratische Volkspartei (PRD) zum Rückzug aus Osttimor auf. Die Parteiführung wurde daraufhin im Juli 1996 verhaftet. [12]

Im selben Jahr erhielten die beiden Friedens- und Unabhängigkeitsaktivisten Bischof Carlos Filipe Ximenes Belo und José Ramos-Horta den Friedensnobelpreis, was der Bevölkerung Mut gab, weiter für ihre Freiheit einzustehen und dem Konflikt das Interesse der Weltöffentlichkeit. Mit Beginn der Asienkrise ein Jahr später und den damit verbundenen Problemen für die Stabilität Indonesiens änderten sich langsam die Umstände. Die USA versagten der Regierung in Jakarta weitere Unterstützung und Australien drängte zu mehr Zugeständnissen.

Demonstration für die Unabhängigkeit Osttimors in Australien

Im Juli 1997 besuchte Südafrikas Präsident Nelson Mandela Indonesien und traf sowohl mit Suharto, als auch mit dem im Gefängnis sitzenden Xanana Gusmão zusammen. Mandela drängte in einer schriftlichen Erklärung auf die Freilassung aller osttimoresischen, politischen Führer. „Wir können die Situation in Osttimor niemals normalisieren, wenn nicht alle politischen Führer, inklusive Herrn Gusmão, freigelassen sind. Sie sind es, die eine Lösung bringen müssen “. Die indonesische Regierung lehnte die Forderung ab, aber verkündete, dass die Haftstrafe Gusmãos um drei Monate gekürzt wird, von insgesamt 20 Jahren. [13]

Im Mai 1998 trat der langjährige Machthaber Suharto nach Studentenprotesten ab und sein Nachfolger Bacharuddin Jusuf Habibie begann Jakarta Osttimor Autonomie innerhalb des indonesischen Staates anzubieten, wobei er eine völlige Unabhängigkeit ausschloss und erklärte, Portugal und die Vereinten Nationen müssten die indonesische Souveränität über Osttimor anerkennen.

Das Unabhängigkeitsreferendum von 1999

1999 hatte Portugal einige Verbündete, erst in der EU, später auch in anderen Teilen der Welt gewonnen, die Indonesien zu einer Lösung des Konfliktes drängten. So entschloss sich die indonesische Regierung unter dem starken internationalen Druck ein Referendum über die Zukunft Osttimors abzuhalten. Mit massiver Einschüchterung und Bedrohung der Bevölkerung reagierten die pro-indonesischen Kräfte auf diese Ankündigung. Am 6. April 1999 verübten pro-indonesische Milizen (u.a. Besi Merah Putih und Aitarak), zusammen mit indonesischem Militär das Kirchenmassaker von Liquiçá, bei dem zwischen 61 und über 200 Menschen starben. Menschrechtskommissarin Mary Robinson äußerte große Besorgnis über die angespannte Lage HRW[14]. Zehntausende, die vorher in den Westteil der Insel geflohen waren um der Gewalt zu entgehen, waren dort den indonesischen Einheiten ausgeliefert.

Die durchgeführte Volksabstimmung vom 30. August 1999 brachte eine eindeutige Mehrheit (78, 5 %), bei einer Beteiligung von über 98 %, gegen die Autonomie und für die Unabhängigkeit Osttimors. Der Vorschlag Osttimor in eine autonome Provinz Indonesiens zu verwandeln (Special Autonomous Region of East Timor SARET) wurde abgelehnt.

Rauch über der Hauptstadt Dili am 8. September 1999

Nach der Bekanntgabe des Ergebnisses eskalierte die Gewalt am 4. September unter den Augen der Angehörigen der UN-Wahlkommission UNAMET. Die enttäuschten Gegner der Unabhängigkeitsbewegung, pro-indonesische Milizen und die indonesische Armee massakrierten in vielen Landesteilen Menschen und hinterließen nach ihrem Abzug verbrannte Erde. Noam Chomsky schreibt dazu in Radical Priorities: „In einem Monat wurden bei dieser massive Militäroperation etwa 2.000 Menschen ermordet, hunderte Frauen und Mädchen vergewaltigt, drei Viertel der Bevölkerung vertrieben und 75% der Infrastruktur des Landes zerstört.“

Menschenrechtler in Portugal, Australien, den USA und anderen Ländern der Welt drängten ihre Regierungen einzugreifen. Die indonesische Regierung und einer multinationalen Eingreiftruppe zu gestatten in Osttimor die Ordnung wieder herzustellen. Am 9. September wurden Kredite des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank auf Eis gelegt. Drei Tage später willigte Habibie ein, seine Streitkräfte zurückzuziehen und stimmte einer internationalen Eingreiftruppe zu. Am 15. September wurde mit der UN-Resolution 1264 die Friedenstruppe INTERFET (International Force for East Timor) legitimiert, die die Ordnung wieder herstellen sollte. 17 Länder stellten insgesamt 9.900 Soldaten. 4.400 kamen aus Australien [15], die anderen zumeist aus Südostasien. Die Streitkräfte standen unter der Führung von Major-General Peter Cosgrove [16] der australischen Luftwaffe

  UN-Verwalter Osttimor  
Sérgio Vieira de Mello 25. Oktober 1999 - 19. Mai 2002

Am 20. September 1999 landeten die ersten australischen Einheiten auf dem Flughafen Dili und kontrollierten, nach kleineren Zusammenstößen mit den pro-indonesischen Milizen, die Region. Viele Bevölkerungsangehörige, aber auch viele Mitglieder der Miliz, flohen in die Berge oder den Westteil der Insel. Von dort führten die Milizen sporadisch Überfälle durch, hauptsächlich auf den südlichen Teil der Grenze, der von der neuseeländischen Armee kontrolliert wurde. Als diese Überfälle abgewehrt wurden und die indonesische Unterstützung aufgrund internationalen Drucks beendet wurde, zerstreuten sich die Milizen. Bei ihrem Abzug fackelten sie noch viele Häuser ab. Die Exklave Oecussi wurde im Oktober befreit. Ende Oktober erklärte Indonesien die Besetzung für ungültig und mit dem UN-Beschluss 1272 wurde die UN-Übergangsverwaltung UNTAET (United Nations Transitional Administration in East Timor[17]) am 25. Oktober bemächtigt, ab den 14. Februar 2000 den Wiederaufbau des Landes zu organisieren und INTERFET abzulösen[18]. Doch die Flüchtlinge in Westtimor wurden noch Monate nach der offiziellen Übergabe an die Friedensmission der UN in Lagern festgehalten und ermordet[19]. Auf einer Konferenz am 17. Dezember 1999 im japanischen Tokio wurden Finanzhilfen in Höhe von über 417 Millionen Euro zugesagt.

Am 30. August 2001 wurden Wahlen für eine verfassungsgebende Versammlung abgehalten, die ihre Aufgabe im Februar 2002 beendete. Mit der Resolution 1410 vom 17. Mai 2002 wurde, drei Tage vor der formalen Unabhängigkeit, ein dreijähriges Mandat für die Nachfolge der UNTAET-Mission vereinbart. Die UNMISET-Friedensmission überwacht den dortigen Demokratieprozess seit 2002.

Offiziell wurde die Demokratische Republik Timor-Leste am 20. Mai 2002 unabhängig und der frühere Rebellenführer Xanana Gusmão zum Präsidenten gewählt. Am 27. September 2002 wurde Osttimor UN-Mitglied.

Das unabhängige Osttimor

Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen

  Präsident der Demokratische Republik Timor-Leste  
Xanana Gusmão seit 20. Mai 2002

Der Menschenrechtsgerichtshof in Jakarta, der sich mit den Verbrechen der indonesischen Armee während des Unabhängigkeitsprozesses Osttimors beschäftigt, verurteilte am 27. November 2002 den Führer der Aitarak-Miliz Eurico Guterres zu zehn Jahren Haft. Seiner Miliz wird die Beteiligung an mehreren Massakern angelastet, so unter anderem das Kirchenmassaker von Liquiçá und das Kirchenmassaker von Suai. Ein Berufungsgericht senkte 2004 die Strafe auf 5 Jahre. Guterres war aber dann bis zu einer weiteren Verhandlung am Obersten Gerichtshof Indonesiens auf freiem Fuß. Am 13. März 2006 bestätigte das Oberste Gericht in Jakarta die zehnjährige Haftstrafe wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit gegen Guterres. Vier der fünf Richter sahen als erwiesen an, dass er im April 1999 seine Anhänger nicht abgehalten hat das mit Flüchtlingen gefüllte Haus von Manuel Carrascalão anzugreifen. Guterres, der jetzt die indonesische Staatsangehörigkeit besitzt, bezeichnete sich als unschuldig. Im Mai 2006 wurde er in Kupang verhaftet und zur Verbüßung seiner zehnjährige Haftstrafe in Jakartas Hochsicherheitsgefängnis Cipinang gebracht. Ironischerweise wurde hier zuvor der ehemalige Freiheitskämpfer und jetztige Präsident Osttimors Xanana Gusmão gefangen gehalten.

Am 12. März 2003 wurde Brigadegeneral Noer Moeis zu fünf Jahren Haft verurteilt. Er war der Befehlshaber der Truppen in Osttimor im Sommer 1999 und wurde für schuldig befunden, die Gräueltaten der pro-indonesischen Milizen geduldet zu haben. Ähnlich begründet wurden die drei Jahre Haft, zu die General Adam Damiri am 5. August verurteilt wurde. Der letzte Gouverneur Timor Timurs José Abílio Osório Soares wurde zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt. Das Oberste Gericht in Jakarta bestätigte den Schuldspruch des Menschenrechtsgerichtshofs am 12. April 2004. Insgesamt hat das Tribunal gegen 18 Angeklagte verhandelt. Für die relativ milden Urteile und zwölf Freisprüche wurde es von Menschenrechtsorganisationen kritisiert.

Gleichzeitig mit dem Abzug der letzten UN-Blauhelmsoldaten, stellten am 20. Mai 2005 die von den Vereinten Nationen eingerichtete Anklagebehörde (Serious Crimes Unit) und die Sonderkammer (Special Panels for Serious Crimes SPSC) beim Distriktgericht Dili ihre Arbeit ein. Hunderte ungelöste Fälle von schweren Menschenrechtsverletzungen wurden der vollkommen überforderten nationalen Justiz überlassen. Bis dahin hatte die UN-gestützte Justiz 74 Angeklagte, meist Mitläufer in pro-indonesischen Milizen, zu Haftstrafen verurteilt. So zum Beispiel am 9. Dezember 2003 das ehemalige Milizenmitglied Salvador Soares, der wegen der Ermordung zweier UNTAET-Mitarbeiter 1999 zu zehneinhalb Jahren Haft verurteilt wurde. Am 10. Mai 2004 erließ das SPSC einen Haftbefehl gegen den früheren indonesischen Armeechef Wiranto. Weil aber die Regierungen in Jakarta und Dili mit dem Gericht nicht zusammenarbeiten bzw. das beiderseitige Verhältnis nicht belasten wollten, sind indonesische Verantwortliche aus Verwaltung und Militär bisher nicht mehr zur Rechenschaft gezogen worden. Als Alternative zum Strafverfolgungsprozess in beiden Ländern soll sich die Wahrheits- und Freundschaftskommission (Truth and Friendship Commission TFC), nach südafrikanischem Vorbild, mit der Aufarbeitung der Verbrechen von 1999 beschäftigen. Am 9. März 2005 unterzeichneten die Präsidenten Gusmão und Yudhoyono in Jakarta ein entsprechendes Abkommen. Menschenrechts- und Nichtregierungsorganisationen kritisieren in einer Erklärung das Abkommen als Versuch, einen Schlussstrich unter der Vergangenheit zu ziehen, ohne die Täter zu bestrafen. Unabhängig von der TFC gründete UN-Generalsekretär Kofi Annan eine unabhängige internationale Expertenkommission im Februar 2005.

Der Markt von Baucau war 2002 immer noch verwüstet.

Im Oktober 2005 hat die der Empfangs-, Wahrheits- und Versöhnungskommission (Comissão de Acolhimento, Verdade e Reconciliacão de Timor-Leste CAVR) einen über 2.000 Seiten starken Bericht über die Auswirkungen der Indonesischen Besetzung Präsident Xanana Gusmão übergeben. Im November wurde eine Kopie dem Parlament und im Januar 2006 der UN ausgehändigt. [20] Die australische Zeitung The Australian, die singapurer The Straits Times und andere Zeitungen veröffentlichten Inhalte aus dem Bericht schon zuvor, nachdem er ihnen zugespielt wurde. Die Veröffentlichung des Berichts führte zu Verstimmungen in der osttimoresischen Regierung, die dadurch die Beziehungen zu Indonesien weiter belastet sehen, zumal die indonesische Regierung vorher nicht die Gelegenheit hatte den Bericht genauer zu studieren.

Die CAVR sprach mit 8.000 Zeugen und kam zu dem Schluß, dass zwischen 1975 und 1999 bis zu 183.000 osttimoresische Zivilisten umkamen - von insgesamt 800.000 Einwohnern. 18.600 seien ermordet worden, weitere 84.200 verhungerten oder starben an Krankheiten. 8.500 Folterfälle habe es gegeben. 70 % aller Morde hätten indonesische Sicherheitskräfte begangen. Der Rest geht aufs Konto osttimoresischer Kollaborateure, aber auch Freiheitskämpfer haben getötet. The Australian zitiert weiter, die Besatzer hätten „beschlossen, Verhungernlassen als Kriegswaffe einzusetzen“. Außerdem würde im Bericht vom Verbrennen oder Vergraben von lebenden Menschen, Abschneiden von Ohren und Genitalien und vom Einsatz von Napalm berichtet. „Systematische Exekutionen, Folter, Vergewaltigungen und sexuelle Sklaverei waren offiziell von Indonesien akzeptiert“, so die CAVR. Die CAVR wirft Regierungsbeamten und indonesischen Ministern vor von den geplanten Einschüchterungen und die Strategie der verbrannten Erde gewußt zu haben. Anstatt sie aufzuhalten, unterstützten sie sie direkt, heißt es im Bericht. Die CAVR empfiehlt, die Täter vor Gericht zu stellen und Entschädigungen von Indonesien zu fordern. Ebenso von Staaten, die das Suhartoregime militärisch unterstützten, wie die USA und Großbritannien.

Der ehemalige Oberbefehlshaber des indonesischen Militärs General Endriartono Sutarto erklärte, er könne sich nicht vorstellen, dass Militär und Polizei so viele Tote zu verantworten haben. Auch eine absichtlich verursachte Hungersnot bestreitet er. Indonesiens Verteidigungsminister Juwono Sudarsono nannte den Bericht „einen Statistikkrieg über Sachen, die nie geschehen sind.“

Präsident Xanana Gusmão sagt über die CAVR, sie hätten „grandiosen Idealismus, der weit über konventionelle politische Grenzen geht“. Gusmão wirbt für ein gutes Verhältnis mit dem inzwischen demokratischen Indonesien. Er hält an der TFC und ihrem Ziel „Aufarbeitung ohne Strafverfolgung“ fest.

Weitere Entwicklungen seit der Unabhängigkeit

Premierminister Marí Alkatiri

Am 4. Dezember 2002 kam es zu Unruhen in Dili und anderen Orten Osttimors, nachdem am Vortag ein Student verhaftet worden war. Das Haus von Premierminister Marí Alkatiri und Regierungsfahrzeuge wurden angezündet. Als die Randalierer zu der Polizeistation gingen, eröffnete die Polizei das Feuer und ein Student wurde getötet. Seinen Körper trugen andere Studenten zum Parlamentsgebäude, wo es dann zu Kämpfen mit der Polizei kam. Es kam auch zu Plünderungen von Geschäften, die zumeist chinesischen Händlern gehörten. Der Supermarkt Hello Mister wurde angezündet. Wieder schoss die Polizei auf die Randalierer und vier weitere Studenten wurden getötet. Alkatiri leitete eine Untersuchung ein und machte ausländischen Einfluss für die Vorfälle verantwortlich.

Am 20. Mai 2005 verließen die letzten UN-Blauhelmsoldaten der UNMISET Osttimor. Zurzeit hat das UN Office in Timor-Leste (UNOTIL) noch 45 Mitarbeiter, die am 19. Mai abgezogen werden sollen. Am 23. Januar 2006 forderte Präsident Gusmão aber eine weitere Präsenz der UN in Osttimor. So würden noch UN-Kräfte zur Ausbildung von Polizisten und als Unterstützung für die kommenden Wahlen 2007 benötigt. Für diese Aufgaben sollen, laut Gusmão, 15-20 militärische Verbindungsleute in einem Special Political Office weiter arbeiten.

Am 6. Januar 2006 wurden drei Indonesier an der Grenze bei Turiskain auf dem Malibacafluß von osttimoresischen Polizisten erschossen. Laut indonesischen Militärquellen waren die drei Opfer beim Fischen, als ohne Vorwarnung auf sie das Feuer eröffnet wurde. Jakarta protestierte heftig. Nach dem Vorfall kam es zu Vergewaltigungen von osttimoresischen Frauen.

Karte der Demokratischen Republik Timor-Leste

Laut der osttimoresischen Regierung ist im Januar 2006 der Grenzverlauf zu Lande mit Indonesien zu 99% geregelt. Einigung über das letzte Prozent sollte in den folgenden Wochen folgen.

Das Verhältnis zu Australien war durch die Debatten über die Seegrenze zwischen den beiden Ländern gespannt. Canberra beanspruchte Erdöl- und Erdgasfelder im Timorgraben, den Osttimor als innerhalb seiner Seegrenzen liegend betrachtet. Während Osttimor, nach der UN-Seerechtsübereinkommen, die Festlegung der Grenze in der Mitte zwischen den Ländern forderte, bestand Canberra auf einer Orientierung nach dem Verlauf des Randes der australischen Kontinentalplatte. In der indonesischen Besatzungszeit wurde das Ölfeld in der Timorsee zwischen Timor und Australien entdeckt und am 11. Dezember 1989 ein Vertrag zwischen den Regierungen Indonesiens und Australiens geschlossen. Erst im Mai 2004 bestätigte die australische Regierung erneut die Gültigkeit des Vertrages in dieser Form, der die Seegrenze, und damit auch die Rohstoffe, zu Gunsten Australiens verschiebt [21]. Osttimor warf Australien daraufhin vor, durch seine Grenzziehung Osttimor täglich eine Million US-Dollar an Lizenzeinnahmen vorzuenthalten. Am 12. Januar 2006 einigten sich die beiden Länder den Gewinn aus dem Öl- und Gasvorkommen der Greater Sun Rise Area 50:50 zu teilen. Diese Vorkommen gehören zu den reichsten im Asiatisch-Pazifischen Raum. Ein 50-Jahre-Moratorium bezüglich der Seegrenze wurde vereinbart, ohne dass Osttimor auf seine Ansprüche verzichtet.

Anfang 2006 desertierten im Laufe weniger Wochen 600 der 1.600 Soldaten der Verteidigungskräfte Osttimors aus Protest über die schlechten Arbeitsbedingungen und Beförderungsregelungen. Die meisten von ihnen sind ehemalige Kämpfer der Rebellengruppe FALINTIL, die Widerstand gegen die Indonesier geleistet hatten. Ende April protestierten 3.000 Menschen auf einer Demonstration in Dili, die von den ehemaligen Soldaten organisiert wurde. Dabei drohten deren Sprecher mit einem neuen Guerillakrieg, sollten keine Verbesserungen erzielt werden. Vier Menschen verloren bei den Protesten das Leben, viele wurden verletzt und Dutzende Häuser wurden verwüstet. Die internationale Presse beschrieb die Unruhen als die schlimmsten seit dem Abzug des indonesischen Militärs 1999. Anfang Mai kam es zu einer Panik unter den Bewohnern von Dili. 75 % der Bevölkerung floh in die nahen Berge, als sich Gerüchte von neuen Kämpfen verbreiteten. Diese blieben jedoch aus. Die Flüchtlinge begannen einige Tage später wieder in die Stadt zurück zu kehren. Die Polizei hat die Situation zwar wieder unter Kontrolle, doch die Bevölkerung hat nun Angst vor Vergeltungsmaßnahmen. Ausländische Botschaften hatten Sicherheitswarnungen herausgegeben und zogen sogar ihr Personal ab. Premierminister Marí Alkatiri kündigte Untersuchungen der Vorwürfe der Desertierten an und bot ihnen an ab März rückwirkend wieder Gehälter an sie auzuzahlen, wenn sie einlenken würden.

In der Bevölkerung macht sich immer mehr der Unmut über die fehlenden Verbesserungen der Situation breit. Osttimor ist das ärmste Land Asiens und vollständig abhängig von ausländischer Hilfe. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, das Wirtschaftswachstum niedrig und die regierenden Politker stehen in der Kritik. Die Reichtümer aus den Gas- und Erdölvorräten konnten bisher noch nicht ausgebeutet werden um die leeren Staatskassen zu füllen. Die Regionen im Westen des Landes fühlen sich bei der Verteilung von Ämtern gegenüber den östlichen Landesteilen benachteiligt. Hier spielen anscheinend die traditionellen Netzwerke wieder eine Rolle.

Literatur

  • Monika Schlicher: Portugal in Ost-Timor. Eine kritische Untersuchung zur portugiesischen Kolonialgeschichte in Ost-Timor 1850 bis 1912. Hamburg 1996. ISBN 3-931567-08-7
  • Jörg Meier: Der Osttimor-Konflikt (1998 - 2002). Gründe und Folgen einer gescheiterten Integration. (=Bewaffnete Konflikte nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes. 17). Berlin 2005. ISBN 3-89574-560-X
  • Oliver Franz: Osttimor und das Recht auf Selbstbestimmung. Eine Untersuchung zur Anwendung des Selbstbestimmungsrechts der Völker am Beispiel Osttimors. (=Schriften zum internationalen und zum öffentlichen Recht. 59). Frankfurt am Main u.a. 2005. ISBN 3-631-53178-8
  • Monika Schlicher: Osttimor stellt sich seiner Vergangenheit. Die Arbeit der Empfangs-, Wahrheits- und Versöhnungskommission, hrsg. v. Missio, Internationales Katholisches Missionswerk e.V., Fachstelle Menschenrechte. Aachen 2005.
  • ‘Died in the service of Portugal’: legitimacy of authority and dynamics of group identity among the Atsabe Kemak in East Timor, Journal of Southeast Asian Studies, Singapore. 2005.

In englischer Sprache:

In portugiesischer Sprache:

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