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Tschetnik

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Das Wort Tschetnik (serbisch: четник (četnik), Mehrzahl: четници (četnici)) hat seinen Ursprung im serbischen Wort чета (četa), das Kompanie (mil.), Truppe (mil.), Schar (mil.) oder Rotte (mil.) bedeutet.

Tschetniks im 19. Jahrhundert

Datei:Tschetniks 19. Jhd.jpg
Tschetniks im 19. Jhd.

Im 19. Jahrhundert organisierten sich serbische Freiwilligenverbände, die Tschetniks genannt wurden, zu aufständischen Aktionen gegen das Osmanische Reich. Tschetniks entstanden aus der Tradition der Hajduken und kämpften überwiegend in kleinen beweglichen Einheiten, wobei sie den Frontalangriff meist mieden. Sie ähnelten den bulgarischen Komitadji sowie den griechischen Andartes.

1849 proklamierte der Österreichisch-Ungarische Kaiser Franz Joseph I. die „Großwojwodschaft Serbien“ und führte bis 1916 u. a. den Titel „Großwojwode der Wojwodschaft Serbien“.

1886 anerkannte der serbische König Milan Obrenović die Tschetniks als Miliz.

Tschetniks in den Balkankriegen

Während der Balkankriege kämpften serbische Tschetniks erfolgreich gegen die Türken und Bulgaren.

Tschetniks im Ersten Weltkrieg

Im Ersten Weltkrieg bildeten Tschetniks Aufklärungs- und Guerillatruppen im von den Mittelmächten besetzten Serbien. Nach dem Ersten Weltkrieg blieben sie als Miliz im neu gegründeten Königreichs Jugoslawien aktiv und pflegten ihre Traditionen in der königlichen jugoslawischen Armee.

Tschetniks im Zweiten Weltkrieg

Gründung der Ravna-Gora-Bewegung

Am 13. Mai 1941 gründeten königstreue jugoslawische Offiziere, die der Kapitulation Jugoslawiens an Deutschland 1941 ablehnend gegenüber standen, die monarchistische „Jugoslawische Armee im Vaterland“ (Jugoslovenska vojska u otadžbini - JVUO) unter der Führung von General Dragoljub Draža Mihailović. Die erste Versammlung der JVUO fand auf dem Gebirgsplateau Ravna Gora in Zentralserbien statt, was der Ravna-Gora-Bewegung ihren Namen gab.

Nach einem serbisch-orthodoxen Brauch sollten sich männliche Familienmitglieder nach dem Tod eines Angehörigen 40 Tage lang nicht rasieren. In Anlehnung daran trugen Tschetniks lange Bärte und drückten damit ihre Trauer um das verlorene und besetzte serbische Königreich aus. Im Kampf führten Tschetnik-Verbände eine Totenkopf-Fahne, die den Feind abschrecken sollte.

Mihailović dachte, dass sich das serbische Volk ihm anschließen würde und kämpfte zunächst gegen die nationalsozialistischen Besatzer, konnte aber keine wesentlichen militärischen Erfolge erzielen, wie aus einem Bericht der deutschen „Abwehr“ vom Oktober 1941 hervorgeht.

Tschetniks anderer Nationalitäten

Den Tschetniks gehörten auch Slowenen, und in geringer Zahl Bosniaken und Kroaten an, die für ein monarchistisches Jugoslawien kämpften. Beispielsweise waren der aus einer slowenischen Familie stammende Uroš Šušterič und seine Verwandten in der Führungsriege der JVUO. Šušterič schrieb darüber das Buch „Von Ljubljana bis nach Ravna Gora“.

Auch der jugoslawische und slowenische Ökonom Dr. Aleksander Bajt gestand 1999 in seinem Buch „Bermans Dossier“, während des Zweiten Weltkrieges Tschetnik-Sympathisant gewesen zu sein, er habe in Rom unter dem Decknamen „Berman“ als Geheimdienstler für Mihailovićs JVUO gearbeitet. Bajts Darstellung der Tschetniks wurde von Kritikern als verherrlichend empfunden und sorgte in Slowenien für große öffentliche Empörung, weil sie die herrschende Meinung, dass die großserbische Tschetnik-Ideologie die wahre Ursache für den Balkankonflikt sei, in Frage stellte.

Die Zusammenarbeit mit den Besatzern

Mihailović fürchtete den zunehmenden Einfluss der Kommunisten und sah in der teilweisen Zusammenarbeit mit den Besatzern das geringere Übel. Während die Tschetniks für die Vorkriegsordnung und die Kontinuität des Königreichs Jugoslawien in Anlehnung an den Westen standen, traten die jugoslawischen Kommunisten für grundlegende Umwälzungen in der Gesellschaft nach dem Vorbild der Sowjetunion ein. Die Kommunisten waren mit der Propaganda erfolgreich, dass Mihailović sich bloß für einen Widerstandskämpfer ausgebe, während die kommunistischen jugoslawischen Partisanen die Hauptlast des Kampfes gegen die Besatzungsmächte trugen. Zudem errichteten die Partisanen in den befreiten Gebieten nationale Befreiungsräte.

Hinzu kam, dass Mihailović von den Alliierten meist nur symbolisch unterstützt und später fallen gelassen wurde. Während Großbritannien anfangs die Exilregierung des nach London geflohenen serbisch-jugoslawischen Königs Petar II. Karađorđević unterstützte, schwenkte es im Laufe des Krieges um, und versorgte die kommunistischen Tito-Partisanen mit Waffen. Dieser Umstand spielte der deutschen Propaganda in die Hände, die behauptete, dass Churchill Serbien den Bolschewiken zum Fraß vorgeworfen habe. Folglich könne nur der Sieg Deutschlands die Unabhängigkeit Serbiens garantieren.

Während eine seiner Formationen mit den Partisanen kämpfte, unterhielt Mihailović Beziehungen zum Statthalter Hitlers in Serbien, General Milan Nedić, und wurde von ihm mit Geld und Waffen versorgt. Gleichzeitig versuchte Mihailović, mit dem berüchtigten Wehrmacht-General Böhme in Verbindung zu treten. Böhme lehnte sein Bündnisangebot jedoch ab (siehe OKW Südost Lageberichte September-Oktober 1941).

Dagegen entschloss sich ein Teil der Miliz unter Kosta Milovanović Pećanac sofort für die Zusammenarbeit mit den Besatzern. Pećanac war im Königreich Jugoslawien seit 1932 Präsident des streng nationalen ultra-konservativen Tschetnik-Veteranenvereins, der 1938 über etwa 1.000 Sektionen mit insgesamt 500.000 Mitgliedern verfügte. Er zeichnete sich durch eine große Feindseligkeit gegenüber den Kommunisten aus und schlug Kampfmaßnahmen vor, die sogar den deutschen Besatzern zu weit gingen. Wegen Unzuverlässigkeit wurde seine rund 8.000 Mann starke Einheit jedoch von den Deutschen aufgelöst, er selbst wurde schließlich 1944 von der JVUO gefangen genommen, wegen Hochverrats zum Tode verurteilt und in Soko Banja hingerichtet.

Die größten Unterstützer und bereitwilligsten Kollaborateure der Besatzer in Serbien stellte jedoch die faschistische „Zbor-Bewegung“ unter der Führung des Krankenpflegers Dimitrije Ljotić. Die Bewegung wurde vor dem Krieg in Anlehnung an die NSDAP gegründet. Ihr Parteiprogramm ähnelte dem von Mussolinis Nationaler Faschistischer Partei, ihre Anhänger forderten die Abschaffung der parlamentarischen Demokratie und die Errichtung eines autoritären Ständestaates. Während sie vor dem Krieg keine nennenswerte politische Mehrheit im jugoslawischen Parlament errang, stieg ihr Einfluss nach der deutschen Besatzung beträchtlich. Sie verschrieb sich dem Kampf gegen Juden, Freimaurer, Kommunisten und den westlichen Kapitalismus und unterstellte sich dem Kommando der Wehrmacht. Die militärischen Truppen der Zbor-Bewegung hatten eine Stärke von rund 3.000 Mann und wurden vom ehemaligen jugoslawischen und österreich-ungarischen Offizier Kosta Mušicki kommandiert. Aufgrund ihrer relativ geringen Zahl betätigten sich Mitglieder der Bewegung vorwiegend als Übersetzer, Informanten und Berater der Besatzungsmacht. Militärisch waren sie weniger bedeutend, sie kämpften sporadisch mit Wehrmacht-Verbänden gegen andere Tschetnik-Gruppen und seltener gegen serbische Kommunisten. Die Zbor-Bewegung blieb der Idee des Nationalsozialismus bis zum Kriegsende treu und forderte darüber hinaus die Fortführung des Kampfes in Form eines Guerilla-Krieges.

Da die Wehrmacht 1941 in Russland stark gefordert war, setzte die Naziführung wie in Kroatien auf kollaborationsbereite örtliche Bewegungen und Strukturen.

Der Kampf gegen die jugoslawischen Partisanen

Die jugoslawischen Kommunisten konnten den Widerstand von Anfang an weit erfolgreicher aufbauen. Im September 1941 hatten die Partisanen in Serbien eine große Basis und ihre militärischen Formationen fügten den deutschen Besatzern empfindliche Niederlagen zu. Die kommunistischen Partisanen verübten allein im August 1941 242 Attentate und töteten dabei 22 Wehrmachtssoldaten. Sie erkämpften bereits am 24. September 1941 ein befreites Gebiet, die Republik von Užice.

Zu Beginn des Krieges arbeiteten Tschetniks und Kommunisten noch teilweise zusammen, aber die Lage änderte sich als bekannt wurde, dass die Tschetniks ein geheimes Abkommen mit der Wehrmacht geschlossen hätten, das für alle Tschetniks, einschließlich der Truppen von Pećanac und der montenegrinischen Verbände unter Pavle Đurišić, gelte. Als Gegenleistung für die Unterstützung beim Kampf gegen die kommunistischen Jugoslawischen Partisanen sollten die Tschetniks von den Deutschen Waffen, Verpflegung, Logistik und Sold erhalten.

Der massivste militärische Kampf fand im Oktober 1941 um Kraljevo statt. Um den Rückhalt der Partisanen im Volk zu brechen, befahl Hitler am 16. September 1941, für jeden in Serbien getöteten deutschen Soldaten 100 serbische Zivilisten zu erschießen. In Folge führte die Wehrmacht im Oktober 1941 mehrere Massaker unter den Einwohnern von Kragujevac, Kraljevo und Šabac durch, die mehrere Tausend Opfer forderten.

Am 2. November 1941 führten Verbände von Mihailović einen Angriff gegen die Partisanenhochburg Užice durch. Der Angriff wurde zurückgeschlagen und Mihailović entging nur knapp einem militärischen Desaster. Über den Verrat von Draža Mihailović schrieb der Stab der Volksbefreiungs-Partisanenabteilung für den Kreis Čačak am 3. November 1941: „Die Fünfte Kolonne ist wieder auferstanden. Die deutschen Agenten, Draža Mihailović, Oberstleutnant Pavlović, Dragiša Vasić, sind in letzter Stunde Hitler, Nedić und Ljotić zu Hilfe geeilt.“

General Böhme verstand es, die Situation zu nutzen und drängte die Partisanen in die Defensive. Am 20. November 1941 einigten sich Tito und Mihailović auf englischen Druck hin auf einen Waffenstillstand. In Erwartung eines deutschen Angriffes auf den Hauptstützpunkt der Partisanen in Užice forderte Tito Mihailović am 28. November 1941 noch einmal zu einer gemeinsamen bewaffneten Aktion gegen die Besatzer auf. Mihailović antwortete dass er nicht daran denke, sondern bessere Bedingungen für einen Kampf abwarte.

Zur selben Zeit hatten einige Tschetnik-Kommandanten ihre Truppen, etwa 2.000 Mann, mit Zustimmung von Mihailović dem Befehl von General Nedić unterstellt. Diese Truppen kämpften wenige Tage später auf der Seite der Deutschen gegen die Partisanen. Ende November gelang es General Böhme, verstärkt durch eine deutsche Division und begünstigt durch die Haltung von Mihailović, den militärischen Widerstand der Partisanen zu brechen. Die Partisanen flüchteten im Dezember 1941 über den einzigen noch offenen Rückzugsweg, in das von Italien besetzte Montenegro, das offiziell zu Kroatien gehörte. Mit dem Rückzug aus Serbien nach Montenegro, später nach Bosnien, war die Partisanenarmee für Jahre aus Serbien vertrieben. Erst im Sommer 1944 gelang es ihr wieder, in Serbien Fuß zu fassen und es gemeinsam mit der Roten Armee im Herbst/Winter 1944 zu befreien.

Der Schulterschluss von Tschetniks, Ustašas, italienischen und deutschen Verbänden trug somit wesentlich zum Fall der Republik von Užice am 29. November 1941 bei und beeinträchtigte die militärischen Bestrebungen der jugoslawischen Partisanen bis 1944 schwer.

Während des Krieges verübten mehrere Tschetnik-Verbände zahlreiche Kriegsverbrechen an serbischen, kroatischen und muslimisch-bosnischen Zivilisten. Aus Briefen und Dokumenten verschiedener Tschetnik-Anführer geht hervor, dass sie unter anderem betrunken Dörfer angezündet und zahlreiche Sympathisanten und Unterstützer der Partisanen erschossen und zu Tode geprügelt haben. Gefangene Partisanen und übergelaufene Tschetniks wurden üblicherweise auf der Stelle getötet. Viele von ihnen wurden regelrecht geschlachtet, indem man ihnen die Kehlen durchschnitt Vorlage:Lit.

Tschetniks in Kroatien und Bosnien-Herzegowina

In Bosnien-Herzegowina und im dalmatinischen Hinterland kooperierten die Tschetniks zunächst mit den Partisanen und kämpften gegen die kroatischen Ustascha, die zahlreiche Massaker an der dort lebenden serbischen Bevölkerung verübten. Das Reichssicherheitshauptamt schilderte die Lage in einem Bericht an den Reichsführer-SS vom 9. September 1942 wie folgt:

„Ohne den Zuzug der von der Ustascha terrorisierten serbischen Bevölkerung wäre jedoch dieser Heckenschützenkrieg (der Cetniks) im Keime erstickt worden. Daß es zu ausgesprochenen Aufständen kam, ist zu einem erheblichen Teil auf den Terror der Ustascha zurückzuführen.“ Vorlage:Lit

Der Blutrausch der Ustascha nahm solche Ausmaße an, dass sich die deutsche Militärverwaltung sogar veranlasst sah, etwas dagegen zu unternehmen, weil die Grausamkeiten den deutschen Plänen letztlich mehr schadeten als nutzten. So schildert der Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD in Belgrad am 12. Juni 1942 die Verhaftung von zwei Ustascha-Kompanien und eines Bataillons des Regiments Jure Francetić wie folgt:

„Die Gründe waren folgende: 1.) Mehrfache Plünderung ... bei Bauern. 2. Eigenmächtige Erschießung von 3 Cetniks. 3.) Mord und Verstümmelung von 2 Männern und 2 Frauen. Die Morde erfolgten durch Halsabschneiden. Den Frauen, einer 50-jährigen und einer 37-jährigen Schwangeren, waren Holzstücke in die Geschlechtsteile getrieben. 4.) Mord und Verstümmelung eines Greises. 5.) Zahlreiche weitere Plünderungen und Diebstähle.“ Vorlage:Lit

In diesen Gegenden wurden mehrere Tschetnik-Verbände gegründet, von denen einige mit Massakern an der nichtserbischen Bevölkerung Rache übten. Ein deutscher Bericht vom 10. Februar 1943 beschreibt die Vernichtung eines muslimisch-bosnischen Dorfes durch Tschetniks wie folgt:

„Am 5.2. des Jahres haben Cetnici die Gemeinde Bukovica angegriffen ... und etwa 500 Männer, Frauen und Kinder verbrannt ... Es wurden Mädchen gefunden, die man nach erfolgter Vergewaltigung gepfählt hatte ... Im Dorfe Strazice wurde die Leiche des Hadschi Tahirovic gefunden, dem man die Haut von den Kniekehlen über den Rücken und Kopf auf die Brust gezogen hatte.“ Vorlage:Lit

Der bekannteste Verband aus diesen Gegenden war die „Dinarische Tschetnik-Division“ unter dem Befehl des serbisch-orthodoxen Priesters und Woiwoden Momčilo Đujić. Đujić konnte sich gegen Kriegsende nach Italien absetzen, von sechs Tschetnik-Woiwoden überlebte nur er den Krieg. Er wanderte in die USA aus und gründete in Chicago die serbisch-nationalistische Organisation „Ravna Gora“. Von Jugoslawien und Kroatien wurden ihm und seinen Einheiten zahlreiche Kriegsverbrechen wie Folter, Mord, Vergewaltigung, Raub, Brandstiftung, Sachbeschädigung und Landfriedensbruch zur Last gelegt. Jugoslawien erklärte ihn 1947 zum Kriegsverbrecher und stellte gegen ihn einen Auslieferungsantrag, dem die USA jedoch nicht nachkamen. Auch die kroatische HDZ-Regierung unter Franjo Tuđman stellte 1998 im Zuge des Prozesses gegen Dinko Šakić, einen ehemaligen Kommandeur des KZ Jasenovac, einen Auslieferungsantrag gegen Đujić, der jedoch von den USA mit der Begründung abgewiesen wurde, dass keine ausreichenden Beweise gegen ihn vorlägen. Đujić starb am 11. September 1999.

Beginnend mit Mai 1942 schloss die Regierung des Ustascha-Marionettenstaates NDH mit den Tschetniks mehrere Abkommen, in denen sie den Kampf gegen den gemeinsamen kommunistischen Feind besiegelte und den Tschetniks Rechte, logistische Unterstützung und eine Autonomie bei den Kampfhandlungen gegen die kommunistischen Partisanen gewährte.

Zwischen dem deutschen und italienischen Oberkommando gab es heftige Meinungsverschiedenheiten über den Umgang mit Tschetniks in Bosnien und Kroatien. Italien betrachtete die Tschetniks als potenzielle Verbündete, die im Kampf gegen die kommunistischen Partisanen wertvolle Dienste leisteten, und versorgte sie insgeheim mit Waffen und Munition. Gleichzeitig war es daran interessiert, in der Region ein von Italien beeinflusstes Gegengewicht zu dem von Deutschland beherrschten Ustascha-Staat aufzubauen. Hitler und die deutschen Militärs betrachteten die Tschetniks dagegen als „großserbische Kampfeinheiten“, die sich bei einem alliierten Angriff auf den Balkan auf die feindliche Seite schlagen werden, und drängten auf ihre Entwaffnung. Schließlich einigte man sich darauf, die Tschetniks im Rahmen der bevorstehenden Militäroperation „Weiß“ zu entwaffnen, bei der die kommunistischen Partisanen Anfang 1943 vernichtet werden sollten. Da der Kampf gegen die Partisanen jedoch schwieriger als erwartet verlief, behielten Tschetniks in Bosnien und Kroatien ihre Waffen bis zum Kriegsende.

Die Partisanen hatten sich nach ihrer militärischen Niederlage und ihrem Rückzug aus Serbien im bosnisch-kroatischen Grenzgebiet festgesetzt und hielten in der Stadt Bihać den ersten Kongress der Kommunistischen Partei Jugoslawiens ab, an dem laut Sitzungsprotokoll alle Völker des künftigen Jugoslawien teilnahmen und ihren Willen zum Kampf gegen die Besatzer bekundeten.


Der Niedergang der Tschetniks

Die Alliierten entsandten militärische und nachrichtendienstliche Beobachter, um die Lage in Jugoslawien zu erkunden und sich von der Kollaboration der Tschetniks mit den Achsenmächten zu überzeugen. Hinzu kamen der politische Druck der Sowjetunion und Erfolge der Kommunisten in Jugoslawien, so dass die Alliierten 1943 auf der Konferenz von Teheran den Tschetniks die Unterstützung entzogen und die jugoslawischen Partisanen unter der Führung von Tito als Verbündete akzeptierten. Die Gesamtstärke der JVUO in Serbien betrug zu diesem Zeitpunkt offiziell 12.000 bis 15.000 Mann. Angesichts der politischen und militärischen Entwicklung wurden die Tschetniks bis 1944 dezimiert, viele konnten die Seite wechseln und liefen zu den Partisanen über.

1945 sagten sich einige Anführer der JVUO von Mihailović los und gründeten in Istrien, gemeinsam mit den slowenischen Domobranci, unter deutscher Protektion die „Jugoslawische Nationalarmee“ (nicht zu verwechseln mit der Jugoslawischen Volksarmee der Tito-Partisanen), die aber nie zum Einsatz kam. Die Soldaten der Nationalarmee wurden nach dem Kriegsende von den Briten entgegen anderer Zusage an die Tito-Partisanen ausgeliefert, die meisten wurden anschließend in den Wäldern um Bleiburg getötet bzw. laut offiziellem Sprachgebrauch „liquidiert“.

Der Prozess um Mihailović

Dragoljub Draža Mihailović konnte sich zunächst noch einige Zeit in Bosnien verstecken, schließlich wurde er 1946 vom kommunistischen Geheimdienst OZNA festgenommen. Er wurde in einem 5tägigen Schauprozess wegen Kollaboration mit den Besatzern zum Tode verurteilt und am 17. Juli 1946 in Belgrad durch Erschießung hingerichtet. Seine Leiche wurde an einem geheimen Ort vergraben.

Tschetniks im Jugoslawienkrieg 1991-1995

Unter dem Namen „Tschetniks“ kämpften 1991 einige serbische Freischärler in Kroatien und von 1992 bis 1995 in Bosnien, wofür sich einige vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal verantworten müssen.

Vojislav Šešelj, der vom ICTY in Den Haag inhaftierte Führer der Serbischen Radikalen Partei, führte den Titel „Tschetnik-Woiwode“, der ihm 1989 in den USA von Momčilo Đujić, einem Tschetnik-Führer aus dem Zweiten Weltkrieg, verliehen wurde. Der Titel wurde Šešelj jedoch am 9. Dezember 1998, anlässlich der Bildung einer Koalitionsregierung aus Šešeljs Radikalen und Miloševićs Sozialisten, entzogen. Bei dieser Gelegenheit bat Đujić das „serbische Volk um Vergebung“ dafür, dass er mit der Ernennung Šešeljs einen Fehler gemacht habe, Šešelj habe sich „zum Glaubensbruder und Mitarbeiter Miloševićs“ entwickelt.

Rehabilitierung und Gedenken an die Tschetnik-Bewegung in Serbien

Jährliche Kundgebungen auf Ravna Gora

Der Parteigründer der Serbischen Erneuerungsbewegung (Srpski Pokret Obnove) und heutige (2005) serbische Außenminister Vuk Drašković und seine Frau Danica versuchten am Jahrestag der Gründung der Ravna-Gora-Bewegung, den 13. Mai 1990, zu Ehren von Draža Mihailović einen medienwirksamen Besuch auf Ravna Gora zu veranstalten. Sie wurden jedoch von Einheiten des Innenministeriums mit Gewalt daran gehindert. Motiviert durch diesen Vorfall findet seither auf Ravna Gora jährlich im Mai ein Aufmarsch von Tschetnik-Anhängern, Monarchisten und proserbischen Nationalisten aller Länder statt, der in einer Abschlusskundgebung endet. Dabei wird in Reden der antifaschistische Kampf von Tschetniks beschworen und das kommunistisch-sozialistische Regime angeprangert. Drašković, der sich erfolgreich für die Legalisierung der Tschetnik-Bewegung einsetzt, besuchte die Kundgebungen häufig und hielt dort auch mehrere Reden. Die jährlichen Aufmärsche wurden von den Behörden zunächst widerwillig und später immer offener toleriert. 1992 wurde auf Ravna Gora eine Statue Draža Mihailovićs errichtet, 1996 wurde dort eine Kirche gebaut, später auch ein Museum.

Auch sonst lässt sich seit den 1990ern in Serbien ein Trend zur Rehabilitierung von Tschetniks feststellen, der in Schulbüchern wie in Medien betrieben wird. Nach Jahrzehnten der offiziellen Dämonisierung und Unterdrückung von Tschetniks durch das sozialistische System Jugoslawiens erwachte eine Gegenbewegung, die Tschetniks als antifaschistische Opfer der Kriegswirren darstellt, die aus strategischen Gründen von den Briten verraten und von den Sowjets militärisch überrollt wurden. In diesem Zusammenhang wird auch die US-amerikanische Auszeichnung Mihailovićs mit dem Orden „Legion of Merit“, der ihm 1948 posthum für die Rettung von 500 US-amerikanischen Piloten verliehen wurde, betont.

Rechtliche Gleichstellung mit Tito-Partisanen

Am 21. Dezember 2004 beschloss das serbische Parlament auf Antrag der Serbischen Erneuerungsbewegung Draškovićs in einer dringenden Sitzung eine Gesetzesänderung, mit der Tschetniks den Tito-Partisanen rechtlich gleichgestellt wurden. Der Beschluss erfolgte mit 176 Stimmen bei 24 Gegenstimmen und 13 Enthaltungen. Tschetniks und ihre Angehörigen erhielten dadurch das Recht auf eine Kriegspension und andere Vergünstigungen. Der Grund für diesen Vorstoß sei der Wunsch nach der „Gleichstellung aller antifaschistischen Bewegungen“. Da viele Kriegsteilnehmer bereits tot sind, habe der Beschluss vor allem einen symbolischen Wert, so Vojislav Mihailović, Vizepräsident des Parlaments und Enkel von Draža Mihailović.

Der serbische Vereinsbund der Kämpfer des Volksbefreiungskrieges (SUBNOR, Savez udruženja boraca Narodnooslobodilačkog rata) und die Menschenrechtsorganisation „Helsinki Committee for Human Rights in Serbia“ haben die Gesetzesänderung empört aufgenommen. Aus Ihrer Sicht wurden die Tschetniks damit trotz zahlreicher Morde an Partisanen und ihren Sympathisanten für die Kollaboration mit Hitler belohnt. Es sei ein Mythos, dass Tschetniks im Zweiten Weltkrieg bloß glücklose Antifaschisten und Widerstandskämpfer gewesen wären.

Auch in Kroatien und im muslimischen Teil Bosniens war der Beschluss Anlass für scharfe Kritik. Von serbischer Seite wird darauf oft erwidert, dass Kroatien die Ustascha-Bewegung schon 15 Jahre davor legalisiert habe. Nur in Slowenien sind die faschistischen „Domobranci“ nicht mit Tito-Partisanen gleichgestellt.

Literatur

  • Jovan Radovanović: Dragoljub Draža Mihajlović u ogledalu istorijskih dokumenata. 2. Auflage. Sventovid, Beograd 2003, ISBN 86-84117-24-7
  • Miroslav Samardžić: General Draža Mihailović i opšta istorija četničkog pokreta, tom I i II. 4. Auflage. Novi pogledi, Kragujevac 2005, ISBN 86-82235-43-9
  • Kosta Nikolić: Nemački ratni plakat u Srbiji 1941-1944. 1. Auflage. Bonart, Nova Pazova 2001, ISBN 86-503-0003-0
  • Thomas Casagrande: Die volksdeutsche SS-Division »Prinz Eugen«. 1. Auflage. Campus Verlag, Frankfurt 2003, ISBN 3-593-37234-7
  • Klaus Schmider: Partisanenkrieg in Jugoslawien 1941-1944. 1. Auflage. Mittler Verlag, Hamburg 2002. ISBN 3-8132-0794-3
  • Matteo J. Milazzo: The Chetnik Movement and the Yugoslav Resistance. John Hopkins University Press, Baltimore 1975. ISBN 0-8018-1589-4
  • Simon Trew: Britain, Mihailovic and the Chetniks, 1941-42. (Studies in Military and Strategic History) Palgrave Macmillan, Basingstoke, Hampshire 1998. ISBN 0-333-69589-5
  • Lucien Karchmar: Draža Mihailović and the Rise of the Cetnik Movement, 1941-1942. Garland Publishing Inc., New York & London 1987. ISBN 0-8240-8027-0
  • Jozo Tomasevich: The Chetniks: War and Revolution in Yugoslavia, 1941-1945. Stanford University Press, Stanford 1975. ISBN 0-8047-0857-6

Siehe auch: Geschichte Serbiens, Jugoslawischer Bürgerkrieg, Balkankonflikt, Kosaken

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