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Nepenthes rajah

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Nepenthes rajah
Nepenthes rajah
Vorlage:Taxonomy
Vorlage:Classis: Dreifurchenpollen-Zweikeimblättrige
(Rosopsida)
Vorlage:Subclassis: Nelkenähnliche (Caryophyllidae)
Vorlage:Ordo: Nelkenartige (Caryophyllales)
Vorlage:Familia: Kannenpflanzengewächse
(Nepenthaceae)
Vorlage:Genus: Kannenpflanzen (Nepenthes)
Vorlage:Species: Nepenthes rajah
Wissenschaftlicher Name
Nepenthes rajah
Hooker fil.

Nepenthes rajah ist eine Kannenpflanzenart aus der Familie der Kannenpflanzengewächse (Nepenthaceae). Sie kommt nur in einem kleinen Gebiet der Insel Borneo vor. Ihre Kannen gelten als die größten aller Kannenpflanzen, wodurch sie nicht nur Insekten, sondern auch größere Tiere fangen und verdauen kann.

Beschreibung

Habitus

Nepenthes rajah ist ein Halbstrauch, der, einer Winde vergleichbar, am Boden entlangwächst, aber zu klettern beginnt, sobald er mit einem Objekt in Kontakt kommt, an dem die Pflanze sich hochranken kann. Der Stängel ist bis zu drei Zentimeter dick und wird in der Regel bis zu drei Meter lang, große Exemplare können jedoch auch bis zu sechs Meter Länge erreichen. Nepenthes rajah bildet – anders als andere Arten der Gattung – keine Ausläufer, ältere Pflanzen bilden jedoch Sprösslinge an der Stängelbasis.

Es handelt sich, bedingt durch ihr Habitat, um eine sehr langsam wachsende Pflanzenart. Bis zur ersten Blüte vergehen mindestens zehn Jahre und bis die Pflanze ihre volle Größe erreicht hat, rund einhundert Jahre. Alle Teile junger Pflanzen sind mit langen, weiss-braunen Haaren bewachsen, ausgewachsene Pflanzen sind jedoch unbehaart.

Blatt von Nepenthes rajah

Blätter

Die lederigen Blätter werden in gleichmäßigen Abständen von ungefähr zwanzig Zentimetern entlang der Sprossachse gebildet. An den Knoten stehen bis zu fünfzehn Zentimeter lange, längsgerillte Blattstiele, die in eine bis zu achtzig Zentimeter lange und fünfzehn Zentimeter breite, oblong-lanzettliche Blattspreite übergehen. Diese wird geteilt von einer starken Mittelrippe, die rund drei Zentimeter vor dem stumpf abgerundeten Ende der Blattspreite unterhalb aus dieser heraustritt und in eine bis zu fünfzig Zentimeter lange und bis zu drei Zentimeter dicke Ranke übergeht, die im Grund der Kanne endet. Entlang der Blattspreite verlaufen vom Grund der Mittelrippe aus sechs bis zehn Seitenrippen, von diesen aus laufen verzweigte Adern schräg zum Blattrand.

Im streng morphologischen Sinn stellt die Blattspreite, wie bei allen Kannenpflanzen, nur einen umgebildeten Blattgrund dar, erst die Kanne selbst ist dann die eigentliche Blattspreite.

Bodenkanne von Nepenthes rajah

Kannen

Die Kannen von Nepenthes rajah gelten gemeinhin als die größten aller Kannenpflanzen, obgleich auch die Kannen der weniger bekannten Arten Nepenthes merrilliana und Nepenthes truncata ähnlich groß werden.

Wie fast alle Kannenpflanzen bildet Nepenthes rajah zwei verschiedene Kannenarten aus (Kannendimorphismus), nämlich Boden- und Luftkannen. Luftkannen, die sich im Gegensatz zu den am Boden liegenden Kannen frei hängend in den oberen Regionen der Pflanzen finden, sind bei Nepenthes rajah allerdings sehr selten.

Die urnen- bis eiförmigen Bodenkannen sind außen rostrot und innen hellgrün bis rot. Sie werden bis zu 35 Zentimeter hoch und erreichen einen Durchmesser von bis zu 18 Zentimetern. Vom Rankenansatz an aufwärts bis zum Peristom (dem Rand der Kannenöffnung) verlaufen zwei im Abstand von rund zwei Millimetern von Fransen gesäumte, bis zu 25 Millimeter breite Flügel. Die Kannenöffnung ist elliptisch, abgeflacht und um 45° von außen nach innen geneigt. Das Peristom ist bis zu vier Zentimeter breit und auf jeder Seite fünf- bis sechsmal bogig eingedreht. Die sich so bildenden Zähne stehen von oben nach unten in abnehmender Distanz zueinander. Das Peristom wird aus zahlreichen feinen, querstehenden Rippen gebildet, die im Abstand von 0,5 bis 2 Millimeter voneinander stehen und sich als Zähne über das Peristom hinaus bis zu 5 Millimeter in das Innere der Kanne biegen.

Ein typisches Merkmal der Kannen ist der große, gewölbte Deckel. Er ist eiförmig bis oblong geformt, herzförmig am Ansatz und stumpf abgerundet an der Spitze. Er wird bis zu 20 Zentimeter lang und 13 Zentimeter breit und hat einen tief eingesenkten, kielartigen Mittelrippe. Am Ansatz des Deckels steht ein zwei Zentimeter langer Sporn, auf seiner Unterseite finden sich mit bloßem Auge sichtbare Nektardrüsen eingelassen. Das Innere der Kannen ist vollständig mit 300 bis 800 Drüsen pro cm² bedeckt, die der zum Fang ausgerüsteten oberen Hälfte sind dabei ausgesprochen klein, die der unteren, verdauenden Hälfte bedeutend größer. Die Kannen enthalten bis zu einem Liter Flüssigkeit.

Die erheblich kleineren Luftkannen der Pflanzen sind trichterförmig, ihre Flügel zu Rippen reduziert und weniger intensiv eingefärbt, ansonsten sind sie aber den Bodenkannen gleich.

Berüchtigt ist die Pflanze wegen ihres Beutespektrums. Obwohl sich die Beute in der Regel aus Insekten zusammensetzt, sind in den Kannen von Nepenthes rajah gelegentlich Reste sowohl von Ratten als auch Fröschen und Eidechsen gefunden worden. Damit ist sie die einzige Karnivore, die zumindest gelegentlich Nicht-Insekten bis hin zu Säugetieren fängt.

Blühende Nepenthes rajah

Blüten

Nepenthes rajah kann zu jeder Zeit des Jahr blühen. Wie alle Kannenpflanzen ist auch sie zweihäusig, das heißt, eine Pflanze ist entweder weiblich oder männlich, nie aber zwittrig. Die am Ansatz zehn Millimeter und an der Spitze bis zu sieben Millimeter dicken Blütenstiele sind bis zu achtzig Zentimeter lang, die Blütentrauben bis zu vierzig Zentimeter. Der Blütenstand ist im Anfangsstadium dicht behaart, mit zunehmender Reife verringert sich die Behaarung vor allem im unteren Bereich, bleibt aber dicht im oberen Bereich, am Blütenstiel und dem Perigon sowie den Fruchtknoten.

Fruchtstand von Nepenthes rajah

Die zahlreichen Blüten sind innen grünlich weiss, aussen braun und riechen stark süßlich. Im unteren Bereich des Blütenstands stehen je zwei Blüten an einem der bis zu 25 Millimeter langen Blütenstiele, die zum oberen Bereich hin zunehmend kürzer werden und dort nur noch eine Einzelblüte tragen. Die bis zu acht Millimeter langen Kelchblätter sind elliptisch bis oblong, die Kronblätter elliptisch bis oblong und stumpf gerundet. Die Staubfäden sind drei bis vier Millimeter, die Staubbeutel bis zu einem Millimeter lang. Bei der weiblichen Blüte sind die Kronblätter schmaler als bei der männlichen.

Die gelbbraunen Früchte sind ein bis zwei Zentimeter lang, verdickt und leicht behaart.

Infauna

Die Kannen aller Kannenpflanzenarten sind nicht nur Fallen, die zum Fang und der Verdauung von Tieren dienen. Sie bieten auch vielen, teils spezialisierten, Tier- und Insektenarten Unterschlupf oder gar einen Lebensraum. Da Gestalt und Größe der Kannen ebenso stark differieren wie die Areale der Arten, gibt es zahlreiche Organismen, die auf einzelne Arten spezialisiert sind, so auch bei Nepenthes rajah. Die Kannenflüssigkeit ist die Heimat der Larven zweier, nach ihr benannter Stechmückenarten, nämlich Culex rajah und Toxorhynchites rajah, neben diesen finden sich aber auch unspezialisierte Larven der Arten Culex jenseni, Uranotaenia moultoni und einer noch unbeschriebenen Art der Gattung Tripteroides.

Von einigen Affenarten, darunter Koboldmakis, ist bekannt, daß sie die Kannen seitlich aufschlitzen und sich am Inhalt der Kannen gütlich tun.

Verbreitung und Habitat

Nepenthes rajah ist in Borneo im Nordwesten des Landes endemisch in den Regenwaldgebieten des Kinabalu und des benachbarten Tambuyukon.

Kinabalu, Borneo

Nepenthes rajah ist ein Spezialist, sie siedelt ausschließlich auf dünnen, nährstoffarmen Böden auf ultrabasischem Gestein mit einem hohem Gehalt an Magnesium sowie Nickel und Chrom. Die beiden letzten Metalle sind für die meisten Pflanzen giftig, Nepenthes rajah ist diesen gegenüber jedoch resistent und kann so konkurrenzarm diese ökologische Nische besetzen. Die Pflanzen wachsen auf offenen, losen Grasböden, die starken Regenfällen ausgesetzt sind, die jedoch wegen der mangelnden Fähigkeit des Bodens zur Wasserspeicherung extrem schnell wieder ablaufen. Sie finden sich häufig begleitet von Seggen (Carex).

Nepenthes rajah ist eine sogenannte Hochlandart, da sie sich nur in Höhe von 1500 bis 2650 m NN findet. In diesen Höhen können die Temperaturen nachts bis auf den Gefrierpunkt fallen, tagsüber erreichen die Temperaturen nur selten mehr als 25 °C. Die relative Luftfeuchtigkeit schwankt dabei von 65% am Tage auf bis zu 95% in der Nacht. Auch tagsüber können diese Faktoren stark schwanken, da hohe Temperaturen und, abhängig von diesen, niedrigere Luftfeuchtigkeit nur durch die intensive Sonneneinstrahlung entstehen, durch die häufig auftretende Bewölkung fällt die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit steigt wieder rapide, ein Effekt, der durch die offene Vegetation und zunehmende Höhe begünstigt wird. Zusätzlich sind die Habitate heftigen Winden und starken Regenfällen ausgesetzt, die durchschnittlichen jährlichen Niederschlagswerte liegen bei 3000 mm.

Status

Nepenthes rajah ist von der IUCN auf ihrer Roten Liste als bedrohte Art (EN – B1+2e) eingestuft worden und seit 1981 auf Anhang 1 des Washingtoner Artenschutzabkommens gelistet, der höchsten CITES-Schutzstufe überhaupt, die jedweden Handel mit Wildpflanzen untersagt. Dies war notwendig geworden, weil durch ihre Beliebtheit bei Sammlern ihre Bestände insbesondere in den siebziger Jahren stark übersammelt wurden. Durch diese Unterschutzstellung, kommerzielle Nachzuchten, das gestiegene Umweltbewußtsein bei Sammlern und aufgrund der Tatsache, daß ein Großteil der Vorkommen im Kinabalu Nationalpark liegen, haben sich die Bestände inzwischen wieder erholt, so daß eine Abstufung auf Gefährdet (VU) als gerechtfertigt erscheint.

Systematik

Nepenthes rajah ist als Art ist nur wenig variabel, daher existieren weder Unterarten, Varietäten noch Formen, wegen seiner Unverkennbarkeit kam es auch nie zu Synonymien. Die Art stand in der Gattung bisher isoliert ohne engere Verwandte, vor wenigen Jahren jedoch kam es auf den Philippinen durch Andreas Wistuba zur Entdeckung einer neuen Art, die nach kannenmorphologischen Gesichtspunkten mit Nepenthes rajah verwandt sein könnte. Die Beschreibung der Art ist bisher noch nicht abgeschlossen, vorläufig wird sie als Nepenthes spec. Palawan 1 geführt. Da eine molekulargenetische Untersuchung der Gattung noch aussteht, konnte auch diese Methode noch keinen näheren Aufschluss über die genaue Position von Nepenthes rajah innerhalb der Gattung geben.

Natürliche Hybriden

Nepenthes rajah hybridisiert mit einigen anderen Kannenpflanzenarten, begünstigt wird dies durch das relativ weite Verwehen der Pollen (bis zu zehn Kilometer weit) und die ganzjährige Blütezeit. Nachgewiesen sind unter anderem Hybriden mit allen anderen am Kinabalu vorkommenden Kannenpflanzenarten (mit der Ausnahme von Nepenthes lowii).

Derzeit sind folgende natürlichen Hybriden bekannt:

Die beiden letzten Hybriden sind formal beschrieben worden und haben eigene Namen bekommen. Beide sind auch fähig zur sexuellen Vermehrung, sie sind daher als bereits "stabilisierte Hybriden" bezeichnet worden, die möglicherweise Vorstufen zu neuen Arten darstellen. Dieser Rang wurde für sie bereits auch diskutiert, hat sich aber nicht durchgesetzt.

Botanische Geschichte

Nepenthes rajah wurde 1851 von Hugh Low während seiner ersten Besteigung des Kinabalu entdeckt und 1859 von Joseph Dalton Hooker beschrieben. 1862 wurde von Spencer St. John erstmals eine Ratte und damit ein Säugetier in einer der Kannen gefunden. 1878 sammelte Frederick William Burbidge erstmals ein Exemplar für die britische Firma Veitch Nurseries und wurde ab 1881 interessierten (Privat-) Gärtnern angeboten. Im Folgejahr wurde sie erstmals auf der Jahresausstellung der Royal Horticultural Society öffentlich präsentiert. Da die Kulturbedingungen jedoch sehr anspruchsvoll waren, das sehr modische Interesse an den Kannenpflanzen allgemein sich wieder verlor und weil mit dem Niedergang der Firma Veitch ab 1905 auch keine Nachzuchten mehr kamen, verschwanden die Pflanzen allmählich wieder aus menschlicher Kultur, die letzte bekannte Pflanze dieser Zeit war die des Irish National Botanic Gardens in Glasnevin, Irland, aber auch sie überlebte nicht.

Erst ab den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts erwachte das Interesse der Öffentlichkeit an den Kannenpflanzen wieder, insbesondere aufgrund der allgemein stärker werdenden Beliebtheit fleischfressender Pflanzen. Insbesondere das Buch Nepenthes of Mount Kinabalu von Shigeo Kurata rückte dabei im angloamerikanischen Raum den Fokus wieder auf die Arten des Kinabalu, darunter auch Nepenthes rajah.

In ihrer Heimat werden Abbildungen der Pflanze häufig als Postkartenmotiv und zu Werbezwecken für entsprechende Touristenziele, insbesondere den Kinabalu National Park, verwandt. 1996 veröffentlichte Malaysia eine vierteilige Briefmarkenserie mit Motiven zum Thema Kannenpflanzen, eine der Marken stellt Nepenthes rajah dar.

Etymologie

Der Name "rajah" stammt aus dem malayischen und bedeutet "König". Der Name wurde zu Ehren des Abenteurers James Brooke gewählt, dem ersten Weissen Raja von Sarawak, daher findet sich im Englischen auch gelegentlich der Name "Rajah Brooke's Pitcher Plant".

Literatur

  • — 1883. Nepenthes Rajah J. D. Hooker, in: Gartenflora, XXXII, p. 213.
  • — 1905. Nepenthes Rajah, in: Curtis's Botanical Magazine, CXXXI (4th series, I) t. 8017.
  • Cheek, M. & Jebb, M.: Nepenthaceae, in: Flora Malesiana 15: 1-164, 2001, ISBN 90-71236-49-8
  • Clarke, C.: Nepenthes of Borneo, 1997, Natural History Publications (Borneo), Kota Kinabalu, ISBN 983-812-015-4
  • Danser, B. H. 1928, The Nepenthaceae of the Netherlands Indies, in: Bulletin de Jardin de Botanique, Buitenzorg, Série III, 9 (3-4):249-438. (N. rajah-Text online)
  • Ellis, R. 2000. Carnivores on Stamps and Currency, in: Carnivorous Plant Newsletter 29(3):90-92. Volltext Online
  • Kurata, S. 1976. Nepenthes of Mount Kinabalu. Sabah National Parks Trustees, Kota Kinabalu.
  • Macfarlane, J. H. 1914. Nepenthes sp., in: Biological Journal of the Linnean Society, XLII.
  • Masters, M. T. 1881. Nepenthes Rajah Hook. f., in: The Gardeners' Chronicle (2nd series, XVI), 1881, 2, p. 492, ic. 91.
  • Phillipps, A. 1988. A Second Record of Rats as Prey in Nepenthes rajah, in: Carnivorous Plant Newsletter 17(2):55.
  • Phillipps, A. & Lamb, A. 1996. Pitcher Plants of Borneo, Kota Kinabalu, ISBN 983-812-009-X
  • Steiner, H. 2002. Borneo: Its Mountains and Lowlands with their Pitcher Plants, Kota Kinabalu, ISBN 983-40421-1-6
  • Tsukamoto, M. 1989. Two New Mosquito Species from a Pitcher Plant of Mt. Kinabalu, Sabah, Malaysia: Culex rajah and Toxorhynchites rajah (Diptera: Culicidae), in: Japanese Journal of Tropical Medicine and Hygiene, Vol. 17, No. 3, pp. 215-228, (Volltext online)