Informationsdienst gegen Rechtsextremismus
Der Informationsdienst gegen Rechtsextremismus (abgekürzt IDGR) ist ein privater Online-Service, der sich die Erforschung und Aufklärung des Rechtsextremismus, Neonazismus und Antisemitismus zum Ziel gesetzt hat. Dazu sammelt und bietet er von ihm ausgewählte Informationen aus frei zugänglichen Medien. Herausgeberin und Redakteurin ist die Politikwissenschaftlerin Margret Chatwin, die die Website privat finanziert. Der IDGR hat keinen institutionellen Träger und erhält keine Spenden- oder Fördermittel für seine Arbeit.
Web-Angebot
Die IDGR-Website bietet ein alphabetisch geordnetes Lexikon mit bisher 300 Einzelartikeln, einen Themenkatalog, aktuelle Nachrichten, eine Rubrik für neue Artikel und eine interne Suchfunktion. Die Artikel werden von knapp 40 weiteren Autoren unentgeltlich erstellt, darunter Mitarbeitern von Holocaustgedenkstätten, Studenten, Journalisten, Fachbuch-Autoren und Rechtsextremismus-Experten. Sie sammeln aktuelle Informationen über Rechtsextremismus aus der allgemein zugänglichen Tagespresse und Publikationen aus allen politischen Lagern, darunter auch aus staatlichen Quellen wie z.B. Verfassungsschutzberichten. Sie werten diese Informationen aus und bewerten sie.
Die Redaktion betont, dass nur erwiesene Verbindungen von Personen der Zeitgeschichte zu rechtsextremen Tendenzen dargestellt werden, und gibt den Hinweis:
- Bitte beachten Sie, dass nicht jede Person oder Gruppe mit Kontakten zum organisierten Rechtsextremismus selbst als rechtsextrem einzustufen ist.
Die Kriterien der Einstufung werden in den Einzelartikeln erklärt. Diese sind untereinander verlinkt, so dass man sich etwa zum Thema Holocaustleugnung ein umfassendes Bild machen kann: sowohl von den damit verbundenen oder verwandten Themen und Veröffentlichungen als auch von den Vertretern, ihren Biografien und Organisationen. Auf rechtsextreme Webseiten wird jedoch ausdrücklich nicht verlinkt.
Die Autoren der Einzelartikel geben Quellenangaben jeweils als Fußnoten an, die ihrerseits zur Überprüfung querverlinkt sind. Für deren sachliche Richtigkeit zeichnen die jeweiligen Verfasser und die Herausgeberin verantwortlich. Der IDGR betont, dass die Informationen laufend geprüft und gegebenenfalls korrigiert werden; er fordert seine Leser dazu auf, gefundene Fehlinformationen mitzuteilen. Viele Artikel sind in den Jahren 2000 bis 2003 entstanden; bisher wurden noch nicht alle davon aktualisiert.
Ein Hauptanliegen des IDGR ist die Aufklärung von Aktivitäten von Holocaustleugnern und ihren Organisationen. Ein besonderes Anliegen ist auch das Erforschen von Berührungspunkten zwischen Rechtskonservatismus und Rechtsextremismus, etwa in der Grauzone der sogenannten "Neuen Rechten". Die politischen Positionen dieses Spektrums werden von Fachbuch-Autoren wie Ralph Kummer nach sozialwissenschaftlichen Kriterien untersucht.
Ein Sonderteil „Dokumente“ bietet Originaldokumente von Verfahren gegen NS-Verbrecher, Positionspapiere von rechtsextremen Gruppen und Verbotsverfahren gegen sie an. Eine nach Themen geordnete Bibliografie bietet Standardwerke von Holocaustexperten und Historikern, die sich mit dem Thema befassen. Eine weitere Rubrik bietet Rezensionen von aktuellen Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt, sowohl von Rechtsextremen selbst als auch von Autoren, die sich ihnen widmen. Die Mitarbeiter des IDGR greifen auch in aktuelle Diskussionen ein, indem sie Zeitungskommentare zu Rechtsextremismus ihrerseits dokumentieren und kommentieren.
Eine Seite unter dem Titel „Ermutigungen von Rechtsaußen“ dokumentiert eine Auswahl der Hassbriefe, die den IDGR nach eigener Aussage fast täglich erreichen. Die Herausgeberin betont, dass sie Post mit strafrechtlich relevanten Inhalten nicht dokumentiert, sondern der Staatsanwaltschaft übergibt. Dennoch sind bereits in den dokumentierten Briefen Morddrohungen enthalten.
Resonanz
Die Website hat einen großen Leserkreis, in dem das Angebot verschieden und oft konträr bewertet wird. Die vom IDGR erklärte Zielsetzung, Informationen gegen Rechtsextremismus zu sammeln, wirkt polarisierend.
Positiv äußern sich inzwischen eine Reihe von Medien, die auf Informationen über Rechtsextremismus angewiesen sind. Dazu gehört z.B. H-Soz-u-Kult, eine Mailingliste für die Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität Berlin. Eine Rezension von Andreas Klärner, Mitarbeiter des Hamburger Instituts für Sozialforschung, zieht folgendes Fazit:
- "Der IDGR ist die erste Adresse im WWW, wenn man sich über den deutschen und internationalen Rechtsextremismus informieren will. Dies gilt sowohl für ein wissenschaftliches als auch für ein allgemein interessiertes Publikum."
Mehrere Bundesministerien und weitere öffentliche Stellen, darunter der Verfassungsschutz von Nordrhein-Westfalen, haben den IDGR als solide Informationsquelle für Rechtsextremismus empfohlen. Vom Bündnis für "Demokratie und Toleranz" wurde das Projekt 2003 mit einem Hauptpreis ausgezeichnet. Das Bundesamt für Verfassungsschutz zieht den IDGR öfter als Quelle heran.
Negativ, nämlich als unzulässige Vermischung von Konservatismus und Rechtsextremismus, werten einige den Anspruch des IDGR, Kontakte, Vernetzungen und ideologische Berührungspunkte zwischen rechtskonservativen Personen und Organisationen mit rechtsextremen Gruppen aufzudecken. Betroffen sind davon neben Vertretern der deutschen Neuen Rechten vor allem Gruppen, die dem rechten Rand der Unionsparteien zugerechnet werden, etwa das Institut für Staatspolitik oder das Studienzentrum Weikersheim. Deren Anhänger werten die Darstellung des IDGR als Versuch, auch demokratisch gesinnte Personen und Gruppen in die Nähe rechtsextremistischer Bestrebungen zu rücken und halten ihn daher für ideologisch befangen. - Claus Wolfschlag, unter anderem Autor der vom IDGR als rechtsextrem eingestuften Wochenzeitung Junge Freiheit, kritisiert, die Website diene vor allem der Diffamierung rechtsstehender Persönlichkeiten.
Literatur
- Albrecht Kolthoff (Mitarbeiter des IDGR): Der Informationsdienst gegen Rechtsextremismus (IDGR) In: Stephan Braun, Daniel Hörsch (Hrsg.): Rechte Netzwerke - eine Gefahr. VS - Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, 2004. ISBN 3-8100-4153-X
Weblinks
- Webpräsenz des IDGR
- Preis vom Bündnis für Demokratie und Toleranz
- Kampf gegen Rechtsextremismus. Bericht in der ARD-Sendung Panorama vom 25. November 2004. RealVideo (2:30 Minuten) und PDF
- Andreas Klärner: Rezension über den IDGR für Clio-online und H-Soz-u-Kult, 23. Januar 2004
- Kritik am IDGR von Claus Wolfschlag