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Turiner Grabtuch

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Turiner Grabtuch

Teilansicht des Turiner
Grabtuchs mit dem Gesicht

Das Turiner Grabtuch ist ein altes Leinentuch, 4,36 m lang und 1,10 m breit, das einen Ganzkörperabdruck der Vorder- und Rückseite eines Menschen zeigt.

Deutungen

  • Viele glauben, dies sei das Leichentuch Christi.
  • Andere behaupten, es gehöre dem 23. Großmeister der Tempelritter Jakob von Molay und der Abdruck stamme von Ausdünstungen während dessen Folter.
  • Auch vermuten einige, das Tuch sei das Werk eines mittelalterlichen Fälschers. Irgendein Künstler und Gelehrter ähnlich wie z.B. Leonardo da Vinci könnte die außergewöhnlichen Fähigkeiten und Kenntnisse zur Erstellung besessen haben. Zudem müsste ein bedeutendes Herrscherhaus dieses in Auftrag gegeben und bezahlt haben.

Nachweise

Im sechsten Jahrhundert wird erstmals konkret aus Edessa, in der heutigen Osttürkei, von einem Tuchbildnis mit einem Gesichtsabdruck berichtet, das nicht von Menschenhand geschaffen worden sei. Die ersten Nachweise des Tuches reichen ins Mittelalter zurück. 1203 erwähnt der Geschichtsschreiber Robert de Clari, er habe ein Tuch mit dem Abdruck des Herrn in Konstantinopel gesehen. Als während des 4. Kreuzzuges 1204 die Kreuzritter Konstantinopel plünderten, war es verschwunden. Im September 1241 soll es angeblich in die Sainte Chapelle von Paris überführt worden sein. 1353 erhält der französische Ritter Geoffroy de Charny vom König Johann dem Guten den Auftrag, eine Stiftskirche in Lirey bei Troyes in der Champagne zu bauen. Dort wurde das Grabtuch erstmals dokumentarisch durch ein Pilgermedaillon verbürgt 1357 der Öffentlichkeit präsentiert. Viele Historiker glauben, ein Vorfahre von Geoffroy, ein Ritter des Templerordens, habe das Tuch in Konstantinopel erworben. König Karl VI. von Frankreich erhob später vergeblich Anspruch darauf. 1390 anerkannte der Gegenpapst Clemens VII. das Grabtuch und forderte die Gläubigen auf, dieser Reliquie die gebührende Ehre zu erweisen, trotz des Widerstandes des amtierenden Bischofes von Troyes.


Fotonegativ der Aufnahme
mit dem Gesicht

1418 wurde das Tuch aus Lirey in eine Festung bei Monfort en Anoix gebracht, danach zu Saint-Hippolyte-sur-Doubs. 1453 erlangte es Ludwig, der Herzog von Savoyen. Am 14. September 1578 überführte man das Grabtuch nach Turin, wo es bis heute aufbewahrt wird. Es blieb im Besitz des Hauses Savoyen bis zum Ende ihres Königtums in Italien im Jahre 1946. Das Grabtuch wurde daraufhin 1983 dem Heiligen Stuhl vererbt. Das Tuch ist seit dem 15. Jahrhundert an vielen Orten aufbewahrt worden. Von Zeit zu Zeit wurde es auch öffentlich gezeigt. Seit 1506 wird am 4. Mai eine Messe und ein Ritual zu Ehren des Tuches abgehalten.

Eine Brandkatastrophe der Schlosskapelle von Chambéry im Jahre 1532 überstand das Tuch gefaltet in einer Silberkiste, was am Rand symmetrische Brandflecken und Löschwasserflecken hinterließ. Die Brandlöcher wurden zwei Jahre später von Nonnen vernäht. Diese 30 Flicken sind 2002 von einer Textilexpertin entfernt worden, so dass das Turiner Grabtuch ein anderes Aussehen am Rand besitzt, als noch auf sämtlichen älteren Fotos zu sehen. Bei einem weiterem Feuer in der Turiner Kathedrale am 12. April im Jahre 1997 wurde es durch den Feuerwehrmann Mario Trematore unversehrt gerettet, indem er in letzter Minute das die Reliquie umgebende Panzerglas zertrümmerte.

Wissenschaftliche Untersuchungen

Die Wissenschaft des Grabtuchs nennt sich Sindonologie (aus dem Griechischen sindón, das für Leichentuch und auch für eine Bekleidung im Markusevangelium verwendet wird).

Möglichkeiten zur Entstehung des Bildes

Wie das Bild auf dem Tuch entstanden ist, ist bis heute ungeklärt. Als 1898 die erste Fotografie gemacht wurde, sah man, dass es im Fotonegativ wesentlich besser erkennbar ist. Eine Fälschung eines mittelalterlichen Künstlers hätte aufgrund der Qualität der Abbildung und ihrer Eigenschaften unglaubliche Kunstfertigkeiten verlangt. Während der Wissenschaftler Walter C. McCrone als einziger Pigmente von Ockerfarbe auf Teilen des Tuches entdeckt haben will, verneinen andere Wissenschaftler diese Deutung als Farbpigmente und halten diese Partikel für Blutrückstände. Farbe wäre zudem in die Tiefe des Gewebes eingedrungen, das Bild befindet sich merkwürdigerweise aber nur auf der Faseroberfläche. Eine von Dutzenden von Erklärungsversuchen ist diejenige von Dr. Nicolas Allen. In einer Testreihe mit einem lichtdichten Raum (eine Art Camera Obscura - nach der die heutigen Kameras benannt sind - wobei in der Apertur in dem Experiment eine einfache neuzeitliche Linse aus Quarz optischer Qualität angebracht war) und mit Silbernitrat-Lösung getränkten Leintüchern konnte er bei mehrtägiger Belichtungszeit Bilder von Statuen auf Leintüchern erzeugen, die dem Bildnis auf dem Turiner Grabtuch ähneln und wie bei diesem durch Ausbleichung der äusseren Faserschichten zustandekommt. Sowohl das Prinzip der Camera Obscura war zu dieser Zeit längst bekannt als auch Silbernitrat (früher oft Höllenstein genannt und medizinisch verwendet) war erhältlich. So wurde genau im 14. Jahrhundert eine Methode entwickelt, um Glas mittels Silbernitrat gelb zu färben. Spätestens den damaligen "Experimentatoren" müsste eigentlich aufgefallen sein, dass sich Silbernitratlösung bei Sonnenbestrahlung verfärbt. Quarz (wird benötigt, da Silbernitrat für UV empfindlich und Glas im diesem Bereich nicht transparent ist) kommt in ausreichender Qualität als Bergkristall, der noch heute zur Herstellung optischer Bauteile verwendet wird, in der Natur vor. Aus Bergkristall geschliffene "Linsen" wurden zu dieser Zeit z.B. als Lesesteine verwendet, und das Prinzip der Linse wurde auch spätestens seit dem 13. Jahrhunderts für Brillen benutzt. Da das Turiner Grabtuch aber aus zwei Abdruckschichten (eine Blut- oder Farbschicht und eine Körperabbildung, welche nach heutigem Stand der Forschung durch Ausbleichung der äusseren Faserschichten verursacht wird) bestehen, müsste ein Fälscher eventuell zuerst die Farb- bzw. Blutschichten, die sich angeblich im tieferen Teil des Gewebes befinden, und dann erst in einem zweiten Arbeitsschritt die Körperabbildung darüber aufgebracht haben, was aber sehr schwierig wäre. Da nach bereits oben erwähnten Argument Farbe auch in die Tiefe des Gewebes eindringt, könnte dies auch nachher aufgebracht worden sein. Auch eine 2004 wiederentdeckte, mit der Vorderabbildung deckungsgleiche schwache Abbildung auf der Rückseite des Grabtuches wäre mit dieser photographischen Methode vereinbar und sogar zu erwarten, wenn das Tuch während der Belichtung wie anzunehmen direkt auf oder vor einer ebenen Fläche aufgespannt war. Da kein reines Leinentuch absolut Lichtdicht ist und immer etwas Licht durch die Poren eines Leinentuches dringen kann, würde Licht von der ebenen Fläche reflektiert und auf das Tuch von hinten an derselben Stelle an der es das Tuch durchdrungen hat zurückgeworfen. Je nachdem wie weit das Tuch von der Wand entfernt war, muss nach den Gesetzen der Optik eine mehr oder weniger scharfe und mit der Abbildung auf der Vorderseite deckungsgleiche Abbildung auf der Rückseite entstehen, was der Fall ist. Auch wurden bei dem Experiment Statuen verwendet da die Experimentatoren vermuten, dass für eine eventuelle Fälschung des Turiner Grabtuches Statuen verwendet wurden. Tote Körper würden sich bei einwöchiger Belichtungszeit unter der Hitze der Sonne verändern. Sonst existieren keine anderen "Fotos" aus dem Mittelalter, allerdings dürften andere eventuell entstandene Abbildungen auch nicht so "behütet" worden sein wie das Turiner Grabtuch, das selbst dreimal beinahe zerstört worden wäre, und sind eventuell verlorengegangen.

Ein wichtiger Einwand gegen eine Abbildung (in sämtlichen Details) eines realen menschlichen Körpers durch direkten Kontakt ist die Tatsache, dass das Abbild in keiner Weise verzerrt ist, obwohl eine Verzerrung aufgrund der Topologie eines menschlichen Kopfes in jedem Fall zu erwarten wäre; ähnlich wie eine zweidimensionale Karte auch nur ein verzerrtes Bild der Erde liefert. Vielmehr stellt die Abbildung eine Projektion dar, was die These einer künstlerischen Fälschung mittels photographischer Techniken eindeutig stärkt. Ein "Lichtblitz" bei der Auferstehung kann die unverzerrte und scharfe Projektion nur schwer oder überhaupt nicht erklären. Je nachdem, ob man sich den Lichtblitz von einer Punktquelle innerhalb des Körpers oder ausgedehnt diffus von der Körperoberfläche ausgehend vorstellt, sollten entweder weiter von der Punktquelle wegliegenden Körperteile verzerrt sein oder, bei ausgedehnter Quelle, die Abbildung eher unscharf und verschwommen sein.

Details des Bildes

Art der Kreuzigung

Oft wird argumentiert, dass die auf dem Grabtuch auftretenden vielen akkuraten Details einer Kreuzigung einem Künstler des Mittelalters absolut unbekannt waren. So wurden nicht wie in fast sämtlichen bildlichen Darstellungen zu sehen die Handflächen durchschlagen, sondern vermutlich die Handgelenke. Diese Erkenntnis geht auf den französischen Mediziner Pierre Barbet zurück, welcher in den 1930er Jahren entsprechende Versuche mit Leichen und Berechnungen durchgeführt hat. Der Pathologe F. T. Zugibe publizierte allerdings 1995 eine Arbeit, in der er einige Irrtümer in P. Barbets Arbeit aufzeigte, und zu dem Schluss kam, dass die Nägel wahrscheinlich doch durch die obere Hälfte der Handfläche getrieben wurden, und nicht durch den Destot-Raum in der Handwurzel, wie von Barbet behauptet. Die Daumenseite der Handwurzel kann nach Zugibe aber nicht ganz ausgeschlossen werden. In einer archäologischen Ausgrabung in Jerusalem wurde 1968 das Grab eines Gekreuzigten gefunden, in dessen Fussknochen noch ein Nagel steckte. In der Handwurzel wurde kein Nagel, sondern Kratzer gefunden, die darauf hindeuten, dass der Nagel an dieser Stelle durch die Handwurzel getrieben worden war. Da Konstantin der Große die Kreuzigung im Jahre 314 verboten hatte, sollten solche Kenntisse im Mittelalter nicht mehr vorhanden gewesen sein. Es gibt jedoch schon vor den neuzeitlichen Erkenntnissen durch P.Barbet und anderen vereinzelt frühe Darstellungen der Kreuzigung, bei denen die Nägel durch die Handwurzeln getrieben dargestellt sind. So etwa bei einigen vom deutschen Künstler Georg Petel anfangs des 17. Jahrhundert gefertigten Kruzifixe in jansenistischer Darstellung.


Bild auf der Rückseite

Im April 2004 verkündeten Forscher von der Universität Padua die neue Entdeckung eines sehr schwachen und viel weniger ausführlich dargestellten Bildes auf der Rückseite des Turiner Grabtuches, bestehend nur aus dem Gesicht und den Händen. Keine anderen Details sind sichtbar. Wie das Bild auf der Vorderseite, ist das eben entdeckte Bild gleichfalls das Resultat der Einfärbung nur der äußersten Fasern des Gewebes, und seine Darstellung ist akkurat mit der vorderen Seite abgeglichen. Die Entdeckung kam als Resultat der Auswertung von Fotografien ans Licht, die 2002 aufgenommen wurden, als bei der Restauration des Turiner Grabtuches nicht nur die 30 Stoffflicken, welche die Brandlöcher überdeckten, sondern auch das die Rückseite bedeckende aufgenähte sogenannte Holland-Leinentuch nach fast 500 Jahren entfernt wurde.


Computeranalysen

1997 wurde durch die Wissenschaftler André Marion und Anne-Laure Courage mit modernen Methoden der Computeranalyse wie z.B. einer digitalen Verstärkung von Farbvariationen auf der Grabtuchoberfläche angeblich Inschriften neben dem Antlitz sichtbar gemacht. Es handelt sich hierbei um ca. 1 cm große griechische und lateinische Buchstaben aus den ersten Jahrhunderten nach Christus. An der rechten Kopfhälfte steht PS KIA (skia = Schatten), an der linken INSCE (inscendat = er mag hinaufgestiegen sein) und NAZARENUS, an der unteren HSOY (=Jesou): des Jesus.

Münzen auf den Augen?

Eine der Münzen, die dem Toten nach Ansicht des Sindonologen Alan Wanger auf die Augen gelegt waren, identifizierte dieser als römische Bronzemünze, die in den Jahren 29 und 30 in Jerusalem unter Pontius Pilatus geprägt wurde. Allerdings ist die Münzen mit bloßem Auge auf den Fotographien praktisch nicht zu erkennen, und deshalb wurde von A. Wanger auf eine Technik zurückgegriffen, in der das Bild der angeblichen Münze mit Vorlagen zur Übereinstimmung gebracht werden, um diese zu vergleichen. Fraglich ist hier aber, wie so feine Details wie die Münzbeschriftung bei dem grobem Webmuster des Grabtuches erkennbar sein sollen, technisch ausgedrückt widerspricht das dem Nyquist-Shannon Abtasttheorem. Auch wird eingewendet, dass Gegentests mit anderen Vorlagen nicht gemacht wurden, um auszuschließen, dass andere oder gar jede beliebige Vorlage mit dieser Methode zu einem positiven Ergebnis führt. Prinzipiell ist bei Techniken der Bildverarbeitung zu beachten, dass keine heutige Technik annähernd in der Lage ist, das menschliche Auge und die "Bildverarbeitung" des menschlichen Gehirns zu übertreffen. Bestenfalls können solche Techniken das menschliche visuelle System unterstützen, wobei sich aber umso mehr die Frage stellt, warum mit dem Auge die Münze nicht eindeutig zu erkennen ist. Es fällt aber trotzdem auf, dass bei dieser seltenen Fehlprägung - ein Buchstabe ist falsch geschrieben - erst Jahre später entsprechende Exemplare mit derselben Fehlprägung gefunden wurden.

Auch war es im 1. Jahrhundert kein jüdischer Brauch, Münzen in den Augen der Toten zu plazieren. Nach L.Y. Rahamni wurden angeblich bisher keine Münzen in einem Grab dieser Zeit in einem jüdischen Grab gefunden.

Pollenuntersuchungen

Die Pollenuntersuchungen wurden erstmals durchgeführt durch Dr.Max Frei-Sulzer. Er war Gründer und von 1950 bis zum seinem Rücktritt 1971, welcher im Zusammenhang mit zweifelhaften Gutachten stand, an denen er mitwirkte, Leiter des des ansonsten europaweit angesehenen Wissenschaftlichen Dienstes der Stadtpolizei Zürich, und danach als freiberuflicher Gutachter tätig. Später wurden weitere Arbeiten hauptsächlich durch Avinoam Danin und Uri Baruch durchgeführt. Dr.Max Frei-Sulzer, Avinoam Danin und Uri Baruch schlossen, dass auf dem Tuch u.a. Pflanzenspuren vorkommen, die aus Palästina ihrer Meinung nach eindeutig aus der Gegend bei Jerusalem stammen, von Pflanzen, die dort im Frühjahr blühen. Die Arbeiten beruhen auf Pollenproben, welche M.Frei-Sulzer in den 1970ern mittels Klebebändern vom Grabtuch genommen hatte und von angeblichen Abbildungen von Blütenblättern und anderen Pflanzenteilen auf dem Tuch. Diese kontroversen botanischen Untersuchungen sollen Hinweise auf den Ursprungsort und die Jahreszeit der Entstehung des Bildes geben. Sie beantworten aber nicht direkt die Frage der Entstehungszeit (Mittelalter oder 1. Jahrhundert n. Ch.) und der Authenzität des Tuches. Da das Grabtuch erstmals im Mittelalter - möglicherweise im Umfeld des in Jerusalem entstandenen Templerordens - auftauchte, wäre es z.B. auch denkbar, dass das Tuch zu dieser Zeit in Jerusalem entstanden ist und durch die Tempelritter nach Europa gebracht wurde. Aber das von den Skeptikern oft vorgebrachte Argument, eine spätere Kontamination des Tuches durch Pollen aus Jerusalem wäre möglich etwa durch Reisende aus dieser Gegend, ist nach Meinung von Authentizitätsbefürwortern genauso abwegig wie jenes, ein starker Wind hätte Pollen von Jerusalem nach Lirey herübergeweht, da bei monatelangen Reisen nur wenig Pollen haften bleiben würden. Im Widerspruch dazu müssten die Pollen im Grabtuch mehrere Jahrhunderte oder, bei Authenzität, sogar zwei Jahrtausende haften geblieben sein. Zudem bleiben Pollen an Kleidung sehr gut haften, was z.B. oftmals ein zusätzliches Problem für Pollenallergiker bedeutet. Bei grösseren Stürmen wird auch öfters Saharasand über das Mittelmeer nach Europa geweht und Satellitenaufnahmen zeigen sogar, dass gelegentlich grosse Mengen Sandkörner über den Atlantik nach Südamerika transportiert werden. Da Pflanzenpollen leichter vom Wind mittransportiert werden als Sandkörner, ist ein Transport durch Winde über solche Entfernungen nicht auszuschliessen. Problematisch wäre wohl eher das Häufigkeitsverhältnis von Pollen nahöstlicher Herkunft zu Pollen aus Europa, so wie sie von M. Frei-Sulzer angeblich gefunden wurden.

Die botanischen Untersuchungen werden vielfach sehr stark angezweifelt. Speziell an der Seriosität der Arbeiten Dr. Max Freis-Sulzers entzündete sich Kritik. Dies beruht darauf, dass Frei-Sulzer Anfangs der 1970er in Zusammenhang mit dem Ergebnis eines Untersuchungskommission, welche die Züricher Regierung 1971 einsetze um die Tätigkeit Frei-Sulzers zu prüfen, von seinem Posten als Leiter des Wissenschaftlichen Dienstes der Stadtpolizei zurücktrat. Grund waren zahlreiche fehlerhafte Gutachen, an denen Frei-Sulzer mitwirkte und die teilweise zur Verurteilung von Personen führte. Die Untersuchungkommission bemängelte schwerwiegende Fehler und kam z.B. in einem Fall zu dem Schluss: "Dr. Frei-Sulzer war in der Bewertung der Ergebnisse seiner Untersuchungen und in den daraus gezogenen Schlüssen zu wenig kritisch. Das Gutachten könnte den Eindruck erwecken, es habe unbedingt jemand der Tat überführt werden sollen.". Später war Frei-Sulzer verantwortlich für das Gutachten, das Anfang der 1980er auch die angeblichen Hitler-Tagebücher fälschlich für echt befunden hatte, was seinem Ansehen weiteren Schaden hinzufügte. So vermutete etwa Stephen Schafersman öffentlich eine Fälschung der Untersuchungen durch M. Frei-Sulzer, indem die Proben z.B. durch Pollen künstlich angereichert worden sein sollen. Da auch die späteren Pollenuntersuchungen durch A. Danin auf den Proben von M. Frei-Sulzer basieren, wären somit auch diese betroffen. Genährt wurde der Verdacht dadurch, dass Pflanzenpollen durch M. Frei-Sulzer einzelnenen Arten anstelle von Gattungen zugewiesen wurden. Jedoch sind Pollen verwandter Arten oft schwer zu unterscheiden. Dass die Pollen an Frei-Sulzers Proben hauptsächlich aus den Gebieten der Türkei und von Palästina stammen, aber nur sehr wenige aus Frankreich oder Italien, zog den Verdacht von Skeptikern auf sich, könnte aber eventuell auch damit erklärt werde, dass das Grabtuch dokumentarisch gesichert die letzten Jahrhunderte in geschlossenen Räumen sowie in einem Schrein verbrachte. Der Mikrobiologe Joe Nickell vermutete eine Kontamination durch fehlerhafte Probenentnahme mit Hilfe der Klebebänder, da die Klebebänder nur sehr wenig Pollen enthalten und nur ein Klebeband sehr viel Pollen enthält, diese aber einer Stelle, welche mit dem Tuch nicht in Berührung gekommen ist. Auch die angeblichen Abbildungen von Pflanzenteilen auf dem Tuch wurden kritisiert. Sie sind, wenn überhaupt, nur schwer zu erkennen, und dann vermutlich eher eine Illusion, ähnlich z.B. den früher oft behaupteten Marskanälen, welche durch die Wahrnehmungspsychologie erklärt werden kann. Universitätsprofessoren aber, die sich jahrelang mit dieser Problematik beschäftigt haben, bewerten dies anders.

Webart des Tuches

Die Webmethode des 4,36x1,10 m großen Tuches war Fischgrätmuster und zur Zeit Christi im syrischen Raum üblich, obwohl einfachere preiswertere Webtechniken damals verbreiteter waren. Seine Webart und die fein gearbeiteten Nähte entsprechen der Qualität anderer Textilien, die auf der antiken Festung Masada im südöstlichen Israel gefunden wurden und auf das Jahr 73 n. Chr. datiert werden. Die Schweizer Spezialistin Mechthild Flury-Lemberg, die im Sommer 2002 Konservierungsarbeiten an dem Tuch durchführte, meint, dass auch andere, in der Region am Roten Meer gefundene Stoffe aus dem ersten Jahrhundert dem Turiner Grabtuch ähnliche Webmuster aufwiesen.
Ein ähnliches Fischgrätmuster, aber nicht diese Technik aus der Antike, war aber auch zur Wikingerzeit im frühen Mittelalter sehr verbreitet wie z.B. Funde in Haithabu, die im Wikinger-Museum-Haithabu ausgestellt sind, zeigen. Die Fäden des Grabtuches sind handgesponnen, was bis zur Erfindung der Spinnmaschine im Jahre 1764 durch James Hargraves die übliche Methode war. Sogar die Zusammensetzung des Leinentuches ist schon lange untersucht worden. Eine Reihe von Entdeckungen basiert auf zwei kleinen Gewebefragmenten und einigen Fasern, die 1973 dem Tuch entnommen und einem international bekannten Textilexperten, Professor Gilbert Raes von der Universität Gent in Belgien, übermittelt worden waren. Prof. Raes fand in dem hauptsächlich aus Leinen bestehenden Tuch Spuren von Baumwolle einer nahöstlichen Sorte.

Untersuchungen von Blutspuren

Zudem bewies eine Untersuchung der Blutspuren auf dem Grabtuch, dass sie aus der seltenen Blutgruppe AB bestehen. Es existiert nicht der geringste Zweifel darüber, dass es heutezutage technisch möglich ist, anorganisches Material wie Farbe von organischem wie Blut zu unterscheiden. Die Schwierigkeit scheint aber darin zu liegen, dass es sich hier nicht um eingetrocknetes Blut, sondern nur um Blutbestandteile handelt. Neue Probeentnahmen zwecks weiterer Untersuchungen wären deshalb angebracht.

Vergleich mit dem Schweißtuch von Oviedo

Ein Vergleich mit dem Schweißtuch von Oviedo zeigt, dass die Tücher denselben Kopf bedeckten. Die zahlreichen punktförmigen Wunden werden der Dornenkrone beim Tod Christi zugeschrieben. Auch die anderen sichtbaren Verletzungen am Körper lassen sich der Folter und Kreuzigung Christi zuordnen, wie der Abdruck eines Querbalkens. Der Rücken ist mit Folterspuren überdeckt, die Handgelenke sind eindeutig durchbohrt und an der Körperseite befindet sich ebenfalls ein größerer Blutfleck.

Das Abbild auf dem Tuch ist anatomisch perfekt. Der Mann ist ziemlich groß, sowohl für die Zeit um Christi Geburt als auch für das Mittelalter. Die Gesichtsstruktur ist in Einzelheiten eher außergewöhnlich.


Radiokarbondatierung

Die Radiokarbonmethode wurde 1988 zur Ermittlung des Alters herangezogen. Am häufig angefassten und nachweisbar etwas verfärbten linken Eckrand des Grabtuches in unmittelbarer Nähe von einem 7,50 cm breiten angenähten Seitenstreifen wurde eine 10 mm x 70 mm kleine Probe entnommen. Die geteilte Probe wurde von drei unabhängigen Instituten mit 95% Konfidenz auf ein Alter zwischen 1260 und 1390 n.Chr. datiert, wobei der Mittelwert 1325 n.Chr. als wahrscheinlichster Wert angegeben wurde. In diesen Zeitbereich fällt die erstmalige gesicherte Erwähnung des Grabtuches im Jahr 1357.

Einige Befürworter der Christusthese behaupten, dass das Feuer von 1532 die Ergebnisse der Datierung verfälscht hat. Demnach könnten unerforschte Stoffe beim Brand oder bei der Reinigung in das Tuch eingedrungen sein. Laut einer im Jahr 2002 vebreiteten Meldung fanden russische Forscher um A.V.Gelyakov angeblich heraus, dass dass in die Fasern des Stoffes evtl. eingedrungene Pflanzenreinigungsöl das Tuch bei den Messungen der drei Institute um 1300 Jahre jünger habe erscheinen lassen. Allerdings ist keine Quelle in einem reviewten wissenschaftlichen Journal, in dem diese Forschung von Gelyakov detailiert beschrieben wird, bekannt. Zudem sind diese Behauptungen praktisch identisch mit früheren Behauptungen in Artikeln des angeblichen russischen Forschers D. Kouznetsov dessen Forschungsarbeiten sich inzwischen als Fälschungen erwiesen haben. So fand M. Polidoro bei Nachforschungen in den Arbeiten Kouznetsovs ein grosse Anzahl von Zitaten auf wissenschaftliche Artikel welche nicht existieren, zusätzlich existieren Museen nicht von denen Kouznetsov die angeblichen Proben für seine Forschungen erhalten haben will, und vieles mehr. Selbst das Forschunginstitut, dessen Direktor Kouznetsov angibt zu sein, existiert nicht und seine Forschungen sind vermutlich frei erfunden zumindest aber sicher verfälscht.

Aus der Grundgleichung der Radiokarbonmethode - dem radioaktiven Zerfallsgesetz - kann leicht hergeleitet werden, dass eine Verfälschung um 1300 Jahre durch eine Verschmutzung aus dem Jahr 1532 eine Kontamination zu 88% mit Kohlenstoff, der aus Verunreinigungen wie Ruß, Pflanzenöl oder ähnlichem stammt, benötigen wurde. Der Kohlenstoff der Proben müssten also zu 9 Anteilen aus dem Kohlenstoff der Verunreinigungen und nur zu 1 Teil aus dem Kohlenstoff des Grabtuches bestanden haben, was wohl mit Sicherheit bei der Probenpräparation aufgefallen wäre. Da die Leinenfasern bereits zu einem Grossteil aus Kohlenstoff bestehen, müsste das Tuch durch eine so starke Verschmutzung mindestens ein Vielfaches an Gewicht zugenommen haben. Die einzelnen Proben sind von den drei Instituten auf Verschmutzungen inspiziert und verschiedenen chemischen und mechanischen Reinigungsprozeduren unterworfen worden. Wenn durch die eine oder andere Prozedur eine Verschmutzung nicht oder nur unvollständig gereinigt wird, würde sich das sehr wahrscheinlich in unterschiedlichen Radiokarbonaltern für die Proben bemerkbar machen, was nicht der Fall ist. Andere behaupten, dass die Auferstehung eine große Zahl von Neutronen erzeugt hätte, die den C-14 Anteil im Tuch erhöht hätten. Hier muss allerdings eingewendet werden, dass hier ein Wunder vorausgesetzt wird und die Theorie damit nicht mehr wissenschaftlich ist. Trotzdem wären die Konsequenzen interessant, da dann auch andere Radionuklide im Tuch entstanden sein müssten, welche heute noch nachweisbar wären. Wieder andere glauben, dass Bakterien und Pilze, die z.B. laut L. A. Garza-Valdes durch eine Schutzschicht den Verfall des Tuches verhindern, die Verteilung der Isotope beeinflusst hätten. Gemäss Garza-Valdes wurde dies bei Einwicklungsbändern von ägyptischen Mumien nachgewiesen, deren durch die Radiokarbonmethode ermitteltes angebliches Alter Jahrhunderte von der der Mumie abwich. Jedoch liegt auch hier die benötigte Kontamination, um einen so grossen Fehler von 1300 Jahren zu erzeugen, selbst im günstigsten Fall, wenn die Kontamination durch Mikroorganismen erst im 20. Jahrhundert entstanden wäre und nur aus phototrophen Bakterien bestehen würde (also Bakterien, die ihren Kohlenstoffbedarf durch Photosynthese aus dem Kohlendioxid der Luft decken würden), bei 66% und ist damit wohl unwahrscheinlich. Nach L. A. Garza-Valdes sind die Bakterien und Pilze aber auch für das Zustandekommen des Bildes verantwortlich, demnach müssen diese schon im 14 Jahrhundert vorhanden gewesen sein, und die benötigte Kontamination müsste dementsprechen viel höher sein. Wichtig wäre hier auch der Stoffwechsel der Mikroorganismen. Nur wenn diese Photosynthese betreiben (z.B. phototrophe Bakterien) - wozu aber Licht nötig ist und was damit nicht möglich war, solange das Tuch in einem Behälter aufbewahrt wurde - nehmen sie Kohlendioxid aus der Luft auf und verfälschen das Radikarbonalter des Tuches. Die meisten Bakterien und alle Pilze sind allerdings chemotroph; deswegen ist es wahrscheinlicher, dass sich die Mikroorganismen von ihrem Substrat ernähren, also dem Grabtuch selbst. In diesem Fall ist der Kohlenstoff der Mikroorganismen mit dem Kohlenstoff des Tuches identisch und das Radiokarbonalter wird überhaupt nicht verfälscht. Hinzu kommt, dass auch eine absichtliche Vertauschung der Proben vor der Datierung durch interessierte Kreise von einigen für möglich gehalten wird, was aber schwierig gewesen sein dürfte, da die Probenentnahme u.a. durch Videoaufnahmen dokumentiert wurde, die Verteilung der Proben aber nicht. Ebenso könnte der 7,50 cm breite Seitenstreifen am Längsrand nahe der Probenentnahmestelle erst 1389 aufgenäht worden sein, als Schutz vor Beschädigungen beim Hochhalten: "Das Tuch wird nämlich durch zwei Priester gezeigt, mit brennenden Fackeln auf einer erhöhten Bühne..." (Brief des Bischofs von Troyes, Pierre d'Arcis, an den Papst Ende 1389 ). Teile dieses Seitenstreifens sind evtl. mit in die Radiokarbonuntersuchung eingeflossen. Um einen Fehler des Radiocarbonalters um 1300 Jahre zu bewirken, müssten allerdings die Proben zu mindestens 96% mit dem Material aus dem Seitenstreifen bestehen. Es sollten also nicht nur einige Teile eingeflossen sein, sondern die Proben müssten komplett aus dem Seitenstreifen bestehen, was sehr unwahrscheinlich ist. Der Vatikan hat aber bis heute keine Erlaubnis zur neuerlichen Überprüfung erteilt.

Ist ein Leichnam oder ein lebender Mensch abgebildet?

Seit etwa 1950 gibt es Stimmen, die behaupten, dass der Mensch unter dem Grabtuch noch gelebt haben musste. Grund für diese Annahme ist die viele blutähnliche Flüssigkeit auf dem Tuch, insbesondere aus der Seitenwunde (Leichen bluten nicht), keine sichtbare Leichenstarre (der Körper scheint völlig entspannt in dem Tuch gelegen zu haben) sowie die Entstehung des Bildes selbst (Körperwärme ist die einzige natürliche Energiequelle, die das Abbild verursacht haben könnte, die Gleichmäßigkeit des Abbildes setzt gleiche Körpertemperatur voraus, was nur bei einem Lebenden möglich ist. Ein Abdruck durch Dämpfe wäre aber nachweisbar verschwommen und nicht gestochen scharf wie bei einem Foto (siehe oben)). Diese Aussagen entbehren nicht einer gewissen Brisanz, legen sie doch nahe, dass, falls das Grabtuch tatsächlich vom historischen Jesus stammen sollte, dieser nicht übernatürlich auferstanden ist, sondern möglicherweise die Kreuzigung überlebt hat, was die dogmatischen Grundlagen der traditionellen christlichen Religion in Frage stellen würde.

Weblinks