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Nationalsozialistische Filmpolitik

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Der Nationalsozialismus verdankte seine Massenpopularität den Schlagworten, mit denen er direkt aufs Gefühl der Bevölkerung zielte. Seine Führer und Vordenker haben das massenwirksame Medium Film darum von Anfang an als ein Propagandainstrument von ungeheurer Macht eingeschätzt.

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Leni Riefenstahl bei Dreharbeiten für den Propagandafilm „Triumph des Willens“

Nachdem die NSDAP bereits in der Stummfilmzeit Erfahrung mit der Produktion von Wahlkampffilmen gesammelt hatte, konzentrierte sich die nationalsozialistische Filmpolitik nach dem Regierungsantritt (1933) auf die Gleichschaltung und Indienstnahme der deutschen Filmindustrie. Dieser Gleichschaltungsprozess verlief beispiellos erfolgreich und erreichte seinen Abschluss mit der Gründung des staatsmonopolistischen Ufi-Konzerns im Jahre 1942. Über alle politischen Ziele hinaus waren Adolf Hitler und der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, Joseph Goebbels, vom Film auch persönlich fasziniert.

Ziele der nationalsozialistischen Filmpolitik

Goebbels ernannte sich selbst zum „Schirmherrn des deutschen Films“. Er ging zutreffend davon aus, dass ein unterhaltsames Filmmedium, das dem nationalsozialistischen Regime Glamour verlieh, das wirkungsvollste Werbemittel sein würde. Eine Filmlandschaft, in der die NSDAP und ihre Tagespolitik allgegenwärtig gewesen wäre, hätte dieses Ziel kaum erreicht. Die offene Propaganda fand ihren Platz in Wochenschauen, Lehr- und Dokumentarfilmen. Im Spielfilm erscheinen die NSDAP und ihre Symbole bzw. Organisationen - wie SA, Hitler-Jugend oder Reichsarbeitsdienst - nur vereinzelt. Selbst die so genannten Propagandafilme politisch linientreuer Regisseure wie Veit Harlan oder Karl Ritter bildeten gegenüber der Flut der mehr oder weniger leichten „Unterhaltungsfilme“ eine Minderheit von weniger als 20 Prozent.

Vorgeschichte

Bereits lange vor ihrem Regierungsantritt hatte die NSDAP begonnen, das Medium Film für ihre Zwecke zu nutzen. So besaß die im Juni 1926 eingerichtete Reichspropagandaleitung der NSDAP ein „Amt Film“, das den Einsatz von Propagandafilmen vorbereitete. 1927 wurde der erste parteiamtliche Film über einen Nürnberger Parteitag – „Eine Symphonie des Kampfwillens“ – produziert. Nachdem solche Filme anfangs nur für die interne Verwendung hergestellt wurden, übernahm im November 1930 die neu gegründete Reichsfilmstelle der NSDAP die Produktion und Verbreitung von Filmen, die nun auch zur Wahlkampfwerbung eingesetzt wurden.

Behörden und Dienststellen

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Joseph Goebbels, der selbsternannte „Schirmherr des deutschen Films“

Nach dem Regierungsantritt der NSDAP im Januar 1933 liefen die Fäden der nationalsozialistischen Filmpolitik vor allem in zwei Behörden zusammen: in der Abteilung Film des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda und in der Reichsfilmkammer. Einfluss nahmen jedoch auch die Reichskulturkammer und das Amt Film der Reichspropagandaleitung der NSDAP. Goebbels stand all diesen Behörden und Dienststellen vor. Daher konnte er – dem nationalsozialistischen Führerprinzip entsprechend – in einer Fülle filmischer und filmpolitischer Belange direkt entscheiden; die eigentlich zuständigen Stellen musste er nicht anhören. Einfluss nahm er überliefertermaßen auf die Rollenbesetzung mancher Filme; auch bei der Filmzensur und der Filmprädikatisierung hatte er das letzte Wort. In welchem Umfang Goebbels diese Sonderbefugnisse angesichts seiner Arbeitsbelastung tatsächlich in Anspruch nahm, ist heute jedoch umstritten.

Der einzige Bereich des Filmwesens, für das ein anderes Reichsministerium die Kompetenzen besaß, war der Unterrichtsfilm. Hier entschieden Kultusminister Bernhard Rust und die von ihm eingerichtete Reichsstelle für den Unterrichtsfilm.

Filmpolitische Maßnahmen (Übersicht)

Die wichtigste Maßnahme zur politischen Indienstnahme und Gleichschaltung des Films im nationalsozialistischen Deutschland war die Unterstellung des gesamten Filmwesens unter das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda. Das Propagandaministerium war dadurch vom März 1933 an mit einem Kompetenzmonopol ausgestattet. Es musste keine Einmischungen aus anderen Ministerien erdulden und konnte eine hocheffiziente Filmpolitik verwirklichen.

Ein großer Teil der filmpolitischen Maßnahmen der NSDAP zielte auf eine Umstrukturierung der Filmwirtschaft ab, die sich Mitte der 1930er Jahre in einer schweren Krise befand. Durch staatliche Eingriffe konnte die Branche nach und nach vollständig saniert und damit zu einer schlagkräftigen Propagandaindustrie ausgebaut werden. Der erste Schritt bestand in der Gründung einer Filmkreditbank GmbH, mit deren Hilfe politisch linientreuen Produktionsgesellschaften finanzielle Aufbauhilfen zugeschoben wurden. Da eine zusammengefasste Filmindustrie nicht nur effizienter funktionieren würde als eine unübersichtliche Landschaft aus Hunderten von Kleinunternehmen, sondern auch leichter zu kontrollieren und zu steuern wäre, folgte dann die radikale Konzentration des gesamten Produktions- und Verleihsektors. Von über 100 Produktionsgesellschaften, die zwischen 1930 und 1932 in Deutschland aktiv gewesen waren, blieb 1942 nur noch ein einziges Unternehmen – der staatseigene Ufi-Konzerns – übrig. Über die Zwangskonzentration hinaus hatte die nationalsozialistiche Politik von vornherein im Sinn, der deutschen Filmwirtschaft die europäischen Absatzmärkte zu sichern und sie von der existenzbedrohenden amerikanischen Konkurrenz zu befreien. Diesem Ziel diente 1935 die Gründung einer Internationalen Filmkammer. Auch der deutsche Invasionskrieg war für die deutsche Filmindustrie – wirtschaftlich gesehen – ein Glücksfall. Denn in den besetzten Ländern wurde nicht nur deutsche Filme mit Profit vermarktet, sondern auch die Produktionseinrichtungen geraubt und der deutschen Filmindustrie einverleibt. Diese protektionistische Politik dankte die „gesund“ geschrumpfte deutsche Filmbranche dem nationalsozialistischem Regime mit bedingungsloser Loyalität.

Über die Förderung der Filmindustrie hinaus kam es auch zu direkten Gleichschaltungsmaßnahmen. So wurde ein Reichsfilmdramaturg eingesetzt, der sämtliche Drehbücher, Manuskripte und Filmentwürfe noch vor Produktionsbeginn zu prüfen hatte. Die Filmzensur, die bereits in der Weimarer Republik bestanden hatte, wurde fortgeführt und verschärft. Sogar die Filmkritik wurde schließlich verboten. Die Produktion politisch erwünschter Filme sollte durch die Einführung neuer Filmprädikate und die Vergabe eines nationalen Filmpreises („Deutscher Staatspreis“) gefördert werden. Auf eine personelle Gleichschaltung zielte die Zwangserfassung der in der Filmbranche Tätigen in nationalsozialistischen Berufsverbänden (Reichsfachschaft Film) und die Einrichtung einer staatlichen Ausbildungseinrichtung für linientreue Filmkünstler (Deutsche Filmakademie Babelsberg) ab.

Filmproduktion

Die deutsche Filmindustrie geriet Mitte der 1930er Jahre in ihre bis dahin schwerste Krise. Das hatte mehrere Ursachen. Erstens hatten viele der besten Filmkünstler Deutschland nach Machtantritt der Nationalsozialisten verlassen; andere waren von der Reichsfilmkammer unter Berufsverbot gestellt worden. Ersatz war nicht leicht zu beschaffen. Zweitens stiegen die Gagen der verbliebenen Filmkünstler und damit die Filmherstellungskosten, und zwar (von 1933 bis 1936) um 95%. Häufig gelang es nicht, die hohen Produktionskosten in den Kinos wieder einzuspielen. Drittens wurden deutsche Filme im Ausland zunehmend boykottiert, sodass die Exportzahlen dramatisch sanken. Hatte der Export im Jahre 1933 noch 44% der Herstellungskosten gedeckt, so waren es 1935 noch 12% und 1937 nur noch 7%.

Mehr und mehr Filmproduktionsfirmen gingen in Konkurs. Von den 114 deutschen Produktionsgesellschaften, die in den Jahren 1933-1935 Spielfilme hervorgebracht haben, arbeiteten in den Jahren 1936-38 noch 79. 1939 traten noch 32 Firmen, 1940 25 Firmen und 1941 16 Firmen in Erscheinung. Die Gesamtzahl der produzierten Filme sank dadurch keineswegs, denn den wenigen verbliebenen Unternehmen ging es immer besser und sie produzierten immer mehr Filme.

Goebbels ging noch weiter und ließ durch eine private Holdinggesellschaft, die Cautio Treuhand GmbH, die Aktienmehrheiten aller verbliebenen Filmproduktionsgesellschaften aufkaufen. 1937 erwarb die Cautio die größte deutsche Filmgesellschaft, die Ufa-Film GmbH, die 1942 mit den fünf daneben noch verbliebenen Firmen - Terra Film, Tobis, Bavaria, Wien-Film und Berlin-Film - zum Ufi-Konzern zusammengeschlossen wurde.

Die Filmproduktion war damit praktisch verstaatlicht, behielt – anders als z. B. unter dem Stalinismus – aber ihre privatwirtschaftliche Struktur. Zwar wurde zur Unterstützung der Filmindustrie eine Filmkreditbank GmbH eingerichtet, diese trieb ihre Geldmittel jedoch bei privaten Investoren auf. Eine staatliche Bezuschussung der Filmindustrie gab es im Nationalsozialismus nicht. Die Filmindustrie blieb damit nicht nur zur Rentabilität gezwungen, sondern auch dazu, mit ihren Erzeugnissen die Erwartungen des Publikums zufriedenzustellen. Kassenergebnisse spielten selbst dann eine vorrangige Rolle, wenn der NSDAP an Filmprojekten besonders gelegen war.

In den Produktionsgesellschaften wurde unter dem Nationalsozialismus das Führerprinzip eingeführt. Während der Regisseur für die künstlerische Gestaltung des Filmvorhabens verantwortlich war, kümmerte der Herstellungsgruppenleiter sich um alle nicht-künstlerischen Belange. Beiden übergeordnet war der Produktionschef, der das Jahresprogramm der Filmgesellschaft ausarbeitete und die Stoffe vorgab. Von 1942 an war den Produktionschefs wiederum ein Reichsfilmintendant übergeordnet.

Filmverleih und Bildstellen

Eine Konzentration wurde auch im Verleihsektor herbeigeführt. Die Deutsche Filmvertriebs GmbH (DFV), eine Tochtergesellschaft der verstaatlichten Ufa mit Sitz in Berlin, löste 1942 alle bis dahin noch bestehenden Verleihfirmen ab.

Das Bildstellenwesen, das bereits in der Weimarer Republik bestanden hatte, wurde der Reichsstelle für den Unterrichtsfilm unterstellt und weiter ausgebaut. 1943 gab es im Reichsgebiet 37 Landesbildstellen, zu denen ein Subsystem von 12.042 Stadtbildstellen gehörte. Parallel bestand das Bildstellennetz der Reichspropagandaleitung, die bereits 1936 über 32 Gau-, 171 Kreis- und 22.357 Ortsgruppenfilmstellen verfügte. Diese Bildstellen hatten gut sortierte Filmlager und verliehen auch transportable Projektoren für 16mm-Filme, mit denen in Schulräumen, in den Seminarräumen der Universitäten und bei Heimabenden Filme vorgeführt werden konnten.

Kinowesen und Publikum

Anders als im Produktions- und Verleihsektor fand bei den Lichtspielhäusern keine Verstaatlichung statt. Abgesehen von der Ufa-Kino-Kette waren die meisten der 5.506 Lichtspieltheater, die 1939 im sog. Altreich (ohne Österreich und Sudetenland) existierten, Kleinunternehmen in privater Hand.

Die unternehmerische Freiheit dieser Kinos war durch Gesetze und durch Anordnungen der Reichsfilmkammer allerdings stark eingeschränkt. Vorgeschrieben war z. B. ein Beiprogramm aus Kultur- bzw. Dokumentarfilm und Wochenschau. Festgelegt war auch, dass an bestimmten Feiertagen ernste Filme gezeigt werden mussten.

Mit dem Gesetz über die Vorführung ausländischer Bildstreifen vom 23. Juni 1933 war die Reichsregierung auch ermächtigt, die Vorführung ausländischer Filme zu verbieten. Bereits aus der Weimarer Republik stammte eine Kontingentregelung, die festlegte, wieviele ausländische Filme importiert werden durften. Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde der Import von Filmen aus bestimmten Ländern erstmals ganz verboten. Ab 1941 z. B. durften in deutschen Kinos keine amerikanischen Filme mehr gezeigt werden.

Die nationalsozialistische Medienpolitik setzte ganz auf die emotionale Wirkung, die das Ansehen von Spielfilmen und Wochenschauen in großen, vollbesetzten Kinosälen auf den einzelnen Menschen ausübte. Auch in Kasernen und Betrieben wurden daher Filmprogramme veranstaltet. Das Massenerlebnis verstärkte die Effekte der Propaganda, besonders beim jugendlichen Publikum. Um alle Altersgruppen mit der Filmpropaganda erreichen zu können, wurde mit dem Lichtspielgesetz vom 16. Februar 1934 die bis dahin noch bestehende Altersgrenze von 6 Jahren für Kinobesuche aufgehoben. Der Hitler-Jugend wurden Kinosäle für die so genannten Jugendfilmstunden zur Verfügung gestellt. Um auch ländliche Gegenden mit Filmprogrammen versorgen zu können, stellte die Reichspropagandaleitung Tonfilmwagen zur Verfügung, die alles Gerät enthielten, das gebraucht wurde, um Filmveranstaltungen z. B. in Sälen von Gastwirtschaften durchzuführen. Dann fand nachmittags eine Filmveranstaltung für die Hitler-Jugend statt und abends ein normales Kinoprogramm für die Erwachsenen.

Durch den Rückgang der Arbeitslosigkeit und die damit verbundene Verbesserung des Lebensstandards stieg der Kinobesuch in Deutschland von Jahr zu Jahr. 1939 wurden in Deutschland 624 Millionen Kinokarten verkauft, 1944 waren es 1,1 Milliarden. Von den USA abgesehen, hatte kein Land der Erde mehr Kinositzplätze als Deutschland. Während Schulen und Theater ihre Tore schlossen, wurde der Kinobetrieb trotz schwierigster Bedingungen bis zum Kriegsende aufrechterhalten. In Berlin z. B. wurden noch 1944 Flak-Truppen zum Schutz von Kinos abgestellt. Sogar der dringend erforderliche Umbau von Kinos in Hospitäler wurde von der Politik verhindert.

Starsystem

In Deutschland hatte es vor 1933 zwar Filmstars gegeben, das Starsystem jedoch steckte – vor allem im Vergleich zu Hollywood – noch in den Kinderschuhen. Um das Image des nationalsozialistischen Deutschland aufzubessern, trieb Goebbels die Entwicklung des Starsystems massiv voran. Nachdem Marlene Dietrich das Land verlassen hatte und auch Greta Garbo sich dem nationalsozialistischen Kino nicht als Galionsfigur vorspannen ließ, wurden neue Stars aufgebaut.

Das bekannteste Beispiel ist die Schwedin Zarah Leander, die 1937 von der Ufa verpflichtet wurde und sich innerhalb weniger Jahre zur prominentesten und bestbezahlten deutschen Filmschauspielerin entwickelte. Den Werbefeldzug für Zarah Leander führte die Pressestelle der Ufa. Ihre früheren, in Schweden produzierten Filme wurden verschwiegen und gleich auf ihren Nimbus als Gesangsstar gesetzt. Die Presse wurde durch vorverfasste Personenbeschreibungen darüber informiert, wie der neue Star zu präsentieren sei. Zarah Leander wurde detailliert angewiesen, wie sie in der Öffentlichkeit aufzutreten habe.

Spielfilme dienten fast immer auch als Werbemaßnahmen für neue Schlager. Nicht nur Zarah Leander, auch andere populäre Filmstars – wie Hans Albers, Marika Rökk, Johannes Heesters, Ilse Werner, sogar Heinz Rühmann – bescherten der Schallplattenindustrie Rekordumsätze. Die Filmstars nahmen durch Platteneinspielungen oft mehr Geld ein als mit ihren Filmgagen.

Ein Novum in der Selbstdarstellung von Politik war auch, dass hochrangige Politiker wie Hitler, Goebbels und Göring sich in der Öffentlichkeit mit Filmstars präsentierten. Besonders die weiblichen Stars sollten dem männerbündischen Charakter der nationalsozialistischen Veranstaltungen Glamour verleihen. Zu Hitlers bevorzugten Tischdamen gehörten Olga Tschechowa und Lil Dagover. Hermann Göring heiratete 1935 die beliebte Schauspielerin Emmy Sonnemann. Auch über Joseph Goebbels' Beziehungen zu prominenten Filmschauspielerinnen sind zahlreiche Einzelheiten überliefert.

Die persönliche Nähe zur politischen Führung bestimmte oftmals darüber, ob Karrieren gefördert oder gebremst wurden. Renate Müller zum Beispiel machte sich Goebbels zum persönlichen Feind. Es gab Listen, die darüber entschieden, wie häufig ein Darsteller eingesetzt wurde. Es gab fünf Kategorien. Diese reichten von „Unter allen Umständen ohne Vakanz zu besetzen“ (z. B. Zarah Leander, Lil Dagover, Heinz Rühmann) bis zu „Einsatz unter keinen Umständen mehr erwünscht“.

Wie wichtig die Filmstars für das Image des nationalsozialistischen Regimes waren, wird auch daraus ersichtlich, dass Hitler 1938 Steuererleichterungen für prominente Künstler (Filmschauspieler und Regisseure) erließ, die von da an 40 Prozent ihrer Einnahmen als Werbungskosten absetzen konnten.

Der Krieg bewirkte eine Profanierung des Images der Stars. Sie tingelten zur Truppenbetreuung an die Front und sammelten auf der Straße fürs Winterhilfswerk. Obwohl die meisten männlichen Filmstars unabkömmlich gestellt waren, gab es auch Schauspieler wie z. B. Heinz Rühmann – von Drehteams der Wochenschau begleitet – an militärischen Lehrgängen teilnahmen. An die Front geschickt wurden Filmkünstler nur, wenn sie sich missliebig gemacht hatten.

Personalpolitik

Die politische Aufgabe, jüdische und andere missliebige Filmkünstler aus der deutschen Filmindustrie auszuschließen, erfüllte seit 1933 die Reichsfachschaft Film in der Reichsfilmkammer. Da jede Tätigkeit in den Bereichen Filmproduktion, Verleih und Kinowesen die Mitgliedschaft in dieser Fachschaft voraussetzte, kam die Nichtaufnahme einem Berufsverbot gleich. Hiervon waren schätzungsweise 3.000 Filmkünstler betroffen, von denen viele ins Ausland gingen. Bei sehr wichtigen und populären Filmkünstlern wurde in Einzelfällen über einen jüdischen Hintergrund hinweggesehen. Eine Sondererlaubnis erhielten von Goebbels z. B. die Regisseure Kurt Bernhardt und Reinhold Schünzel, der Schauspieler Horst Caspar und der Sänger Jan Kiepura. Wegen ihrer jüdischen Ehefrauen waren auch die Schauspieler Paul Bildt, Karl Ettlinger, Paul Henckels, Hans Moser, Heinz Rühmann, Wolf Trutz und Erich Ziegel und der Regisseur Frank Wysbar auf eine Sondererlaubnis angewiesen. Wie der Fall von Gustaf Gründgens zeigt, wurde gelegentlich auch über Homosexualität hinweggesehen. Andere Filmkünstler wurden, wenn sie gegen die Regeln verstießen, trotz ihrer Popularität wenig milde behandelt. Joachim Gottschalk z. B. ging 1941 mit seiner jüdischen Frau, der Schauspielerin Meta Wolff, gemeinsam in den Freitod; der Drehbuchautor Walter Supper und seine Frau erlitten ein ähnliches Schicksal. Um einer drohenden Deportation ins Konzentrationslager zuvorkommen, begingen auch zwei weitere Schauspieler – Paul Otto und Hans Henninger – Selbstmord. Otto drohte wegen seiner in Augen der Nazis jüdischen Abstammung die Deportation, Henninger wurde wegen Homosexualität verfolgt. Der Schauspieler Theodor Danegger saß wegen homosexueller Handlungen zeitweilig in Haft. Im KZ bzw. auf dem Weg dorthin starben die Schauspieler Ernst Arndt, Eugen Burg, Max Ehrlich, Maria Forescu, Kurt Gerron, Fritz Grünbaum, Kurt Lilien, Paul Morgan und Otto Wallburg und der Regisseur Hans Behrendt. Hingerichtet bzw. von Nationalsozialisten ermordet wurden die Schauspieler Horst Birr, Robert Dorsay, Hans Meyer-Hanno und Hans Otto.

Auf der anderen Seite wurden politisch linientreue Filmkünstler gelegentlich mit hohen Posten in der Filmbürokratie belohnt. Zu höchsten Ehren gelangte auf diese Weise z. B. der Regisseur Carl Froelich, der seit 1937 den Kunstausschuss der Ufa leitete und seit 1939 als Präsident der Reichsfilmkammer vorstand. Der Schauspieler und Regisseur Wolfgang Liebeneiner durfte nicht nur die Reichsfachschaft Film, sondern auch die künstlerische Fakultät der Deutschen Filmakademie Babelsberg leiten. Auch die Regisseure Fritz Hippler und Willi Krause und der Schauspieler Carl Auen nahmen zeitweilig hohe Ämter ein. Andere Filmkünstler, wie der Regisseur Karl Ritter und die Schauspieler Eugen Klöpfer, Paul Hartmann und Mathias Wieman, wurden in den Aufsichtsrat der Ufa berufen. Wenn die Zahl der vakanten Posten nicht ausreichte, konnte – wie im Falle von Veit Harlan – auch ein Professorentitel verliehen werden.

Viele Propagandafilme wurden als Staatsauftragsfilme produziert und Joseph Goebbels hat sich sich in praktische Produktionsfragen wie z. B. die Rollenbesetzung häufig direkt eingeschaltet. Dennoch ist der Druck, der insbesondere auf die Regisseure ausgeübt wurde, Propagandafilme zu drehen, wohl von vielen überschätzt worden. Vor allem die gelegentlich geäußerte Behauptung, junge Regisseure hätten, um eigene Spielfilme produzieren zu dürfen, als Vorbedingung zunächst einen Propagandafilm drehen müssen, lässt sich an den Filmografien der Regiedebütanten kaum belegen. Nicht unterschätzen darf man allerdings den indirekten Anpassungsdruck, der sich aus der besonderen beruflichen Situation der Filmkünstler ergab. Anders als Schriftsteller, Maler und andere Kreative können Filmkünstler nicht „für die Schublade“ schreiben oder abgelehnte Bilder unter dem Bett stapeln; ähnlich wie Architekten brauchen sie zur Verwirklichung ihrer künstlerischen Ideen Geldgeber und einen umfangreichen Mitarbeiterstab. Mut zum künstlerischen Wagnis ist unter solchen Bedingungen naturgemäß selten. Wie die überaus interessanten und ehrgeizigen Filme von Helmut Käutner beweisen, hatten Filmkünstler jedoch auch innerhalb der Vorgaben weitaus mehr Freiheit, als die Mehrzahl der Regisseure in Anspruch zu nehmen gewagt hat.

Filmpropaganda

Offen wurde die nationalsozialistische Ideologie in den nicht-fiktionalen Genres propagiert: in den Wochenschauen, in Unterrichts-, Kultur- und Dokumentarfilmen. Die Wochenschauen wurden von einer Unterabteilung der Abteilung Film im Reichspropagandaministerium produziert und von Goebbels in jeder Phase der Herstellung überwacht. Bis zum Winter 1942/43 übernahm Hitler die Kontrolle oft sogar selbst. Unterrichtsfilme, die an Universitäten und Schulen eingesetzt wurden, dienten in vielen Fällen der direkten Verbreitung zentraler Elemente der nationalsozialistischen Ideologie wie Sozialdarwinismus, Rassenlehre und Antisemitismus. Kulturfilme, die in den Kinos ein breites Publikum fanden, erfüllten häufig denselben Zweck. Raum zur Selbstdarstellung fand die NSDAP auch in Dokumentarfilmen wie Leni Riefenstahls Parteitagsfilm „Triumph des Willens“ (1935) oder Hanns Springers Blut-und-Boden-Epos „Ewiger Wald“ (1936).

In den Kurz- und Spielfilmen hingegen lassen sich politisch-propagandistische Inhalte weitaus seltener nachweisen. 47% der Spielfilme waren Komödien, Verwechslungslustspiele und Schwänke, 36% waren Liebes-, Ehe- und Frauenfilme, der Anteil der Kriminal- und Abenteuerfilme betrug 20% (Mehrfachnennungen möglich). Die größten kommerziellen Erfolge des NS-Kinos waren Musikfilme wie Eduard von Borsodys „Wunschkonzert“ (1940) – mit der populären Ilse Werner – und Rolf Hansens Zarah Leander-Film „Die große Liebe“ (1942). Noch heute finden Heinz Rühmann-Filme wie „Die Feuerzangenbowle“ (1944) ihr Publikum. Der hohe Anteil der scheinbar unpolitischen Spielfilme ist nur dann überraschend, wenn man nicht in Rechnung stellt, dass Spielfilme im Kino immer mit einem Beiprogramm aus Wochenschau und Dokumentarfilm gezeigt wurden. Die Zuschauer bekamen ihr Pensum an Propaganda auf jeden Fall.

Die politische Propaganda im nationalsozialistischen Spielfilm konzentrierte sich weitgehend auf die Themen Opfer, Gefolgschaft, Verherrlichung Deutschlands, Kriegswerbung und Feindbilder (Engländer, Kommunisten, Juden). Über den genauen Anteil der Propagandafilme an der gesamten Spielfilmproduktion besteht wenig Einigkeit. Von der nationalsozialistischen Filmprüfstelle erhielten 7% aller vorgelegten Spielfilme das Prädikat „staatspolitisch wertvoll“ bzw. „staatspolitisch besonders wertvoll“; am höchsten ausgezeichnet wurden die Filme „Ohm Krüger“, „Heimkehr“, der Bismarck-Film „Die Entlassung“ und zwei Filme von Veit Harlan: der Fridericus-Rex-Film „Der große König“ und der Durchhaltefilm Kolberg. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges unterzog das Oberkommando der alliierten Siegermächte alle deutschen Filme einer Zensur und zog dabei 19% der Spielfilme ein, weil ihre Prüfungskommission diese als NS-Propaganda einstufte. Der Filmhistoriker Gerd Albrecht, der in den späten 1960er Jahren die erste umfangreiche Datenerhebung zum NS-Spielfilm durchführte, kam auf einen Anteil von 12%. Die meisten dieser Filme erhielten in der BRD eine FSK-Freigabe. Nur eine kleine Zahl so genannter Vorbehaltsfilme – darunter die antisemitischen Propagandafilme – ist der Allgemeinheit weiterhin nur eingeschränkt zugänglich.

Siehe auch

Literatur

  • Joseph Wulf, Theater und Film im Dritten Reich, Reinbek (rororo) 1966
  • Gerd Albrecht, Nationalsozialistische Filmpolitik, München (Hanser) 1969
  • Wolfgang Becker, Film und Herrschaft. Organisationsprinzipien und Organisationsstrukturen der nationalsozialistischen Filmpropaganda, Berlin (Volker Spiess) 1973
  • Jürgen Spiker, Film und Kapital. Der Weg der deutschen Filmwirtschaft zum nationalsozialistischen Einheitskonzern, Berlin (Volker Spiess) 1975
  • Thomas Hanna-Daoud, Die NSDAP und der Film bis zur Machtergreifung, Köln, Weimar und Wien (Böhlau) 1996
  • Felix Moeller, Der Filmminister. Goebbels und der Film im Dritten Reich, Berlin (Henschel) 1998
  • Constanze Quanz, Der Film als Propagandainstrument Joseph Goebbels', Köln (Teiresias) 2000
  • Bernd Kleinhans, Ein Volk, ein Reich ein Kino. Lichtspiel in der braunen Provinz, Köln (Papyrossa) 2003

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