Soziale Bewegung
Eine soziale Bewegung ist eine um eine Problemlage (vgl. Soziale Frage) konzentrierte und einen besonderen Aspekt fokussierende, viele Menschen ergreifende und vernetzende Gruppierung.
Sie kann sich zu einem oder mehreren kollektiven Akteuren verdichten ("Massenbewegung"), um ein von ihr als solches wahrgenommenes gesellschaftlichen Problem im Rahmen bestimmtern gesellschaftlicher Konflikte in ihrem Sinne zu 'lösen'. Die einzelnen Akteure sind dabei nicht zwangsläufig in nur einer Organisation organisiert, obwohl Organisationen sehr wohl Teil der Bewegung sein können; z. B. organisierte die klassische deutsche Arbeiterbewegung sowohl eine Partei (die SPD) als auch Gewerkschaften, Konsumgenossenschaften und ein ausgedehntes Arbeiterbildungswerk, den Arbeitersport, eigene Formen der Jugendbewegung (Die Falken) u. a. m. Typisch für soziale Bewegungen sind (im heutigen Sinne) Nichtregierungsorganisationen. Es geht sozialen Bewegungen primär um grundlegenden sozialen Wandel, insbesondere in den von ihnen thematisierten Politikfeldern (vgl. dazu: One-Issue-Movements).
Soziale Bewegungen können an Hand ihres Organisationsgrades, ihrer Größe, der von ihnen gewählten Strategien etc. unterschieden werden. Sie durchlaufen idealtypisch mehrere Phasen, die von der ersten Auseinandersetzungen mit dem Problem, der Thematisierung (meistens vor allem Ablehnung des Bestehenden), der Kürung charismatischer Anführer/innen, über die Entwicklung von Alternativen und eine veralltäglichende Etablierung bis hin zur langsamen Auflösung der sozialen Bewegung führt, weil entweder das Problem zufriedenstellend gelöst wurde oder zumindest allgemein als wichtiges Problem gesellschaftlich anerkannt wurde, oder weil eine andere Problemdeutung dominant wurde.
Historische Beispiele für soziale Bewegungen sind alt, z. B. das Christentum im Römischen Reich ab dem 2. nachchristlichen Jahrhundert, die "Geißlerbewegung" nach der großen Pest (dem "Schwarzen Tod") von 1349 ff., die Hexen- und Judenverfolgungen; eine Bauernbewegung war z. B. der deutsche Bauernkrieg von 1525. Im 19. Jahrhundert wären zu nennen z. B. die Sklavenbefreiungsbewegung in den USA, Lateinamerika und Großbritannien, die Genossenschaftsbewegung in England und Deutschland, die Arbeiterbewegung in Europa, die Bürgerrechtsbewegung in den USA, die frühe Frauenbewegung, die Jugendbewegung (in Deutschland), die "68er-Bewegung" in Europa und den USA. Als neuere soziale Bewegungen kennt man vor allem die Bewegungen seit Ende der 1970er Jahre, vor allem die Ökologiebewegung bzw. auch Anti-Atomkraftbewegung, die (neue) Friedensbewegung und die (neue) Frauenbewegung. Ganz aktuell sind die globalisierungskritische Bewegung und die "digital rights"-Bewegung zu nennen.
Siehe auch: Liste sozialer und politischer Bewegungen, Portal Soziologie