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Mao Zedong

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Familie 1919 (von links):
Mao Zetan, Mao Zemin, Wen Qimei, Mao Zedong

Máo Zédōng (Vorlage:Zh-vt oder Mao Tse-tung anhören/?, * 26. Dezember 1893 in Shaoshan9. September 1976 in Peking) war Mitbegründer der Volksrepublik China. Nach ihrer Ausrufung als unabhängiger und kommunistischer Staat am 1. Oktober 1949 durch Mao, bestimmte er in seiner Funktion als Vorsitzender der Kommunistischen Partei Chinas, während fast 30 Jahren diktatorisch die Geschicke des Landes. Von 1954 bis 1958 war er zugleich auch Staatspräsident. Bereits 1935 war er defacto Vorsitzender der Partei geworden. 1943 wurde er offiziell in dieser Rolle bestätigt. Während seiner Herrschaft starben über 70 Millionen Menschen an den Folgen seiner ausbeuterischen Wirtschaftspolitik und durch staatliche Verfolgung während der Kulturrevolution.

Die historische Beurteilung Maos außerhalb der Volksrepublik ist zunehmend davon geprägt, die Mythen um den Großen Vorsitzenden abzubauen und ein fundiertes Gesamtbild seines Wirkens zu erreichen. Neben den politischen Leistungen (die allerdings in die Anfangszeit der komunistischen Machtübernahme fielen) wie der Etablierung Chinas als von Kolonialmächten unabhängigen Staat und der Stabilisierung des Landes nach 30 Jahren kriegerischer Auseinandersetzungen werden die Schattenseiten seiner Diktatur deutlich. Die VR China war während der gesamten rund dreissigjährigen Herrschaft Maos ein wirtschaftlich darniederligendes, von politischen Verfolgungen gebeuteltes und, bis 1972, aussenpolitisch weitgehend isoliertes Land.

In China wurde sein Wirken nach seinem Tod offiziell durch seine Nachfolger in eine 70:30 Bewertung aufgeteilt (sogenannte "Deng - Formel"), wonach 70% seines Handelns gut und 30% nachteilig gewesen seien. Heute verschwimmt die öffentliche Wahrnehmung zunehmend. Insbesondere für die Jugend ist er, als Folge der fortbestehenden Alleinherrschaft der kommunistischen Partei, welche jede wissenschaftliche Aufarbeitung der Maodiktatur und ihrer Folgen für die Bevölkerung verbietet, häufig eine Mischung zwischen patriotischem Heiligen und Großvaterfigur. Aufgrund seiner radikalen Konzepte und dem vermeintlichen Anspruch, kommunistische Lebensformen in China erfolgreich umzusetzen, genoss Mao Zedong als kommunischtischer Staatsführer und Ideologe lange Zeit auch ausserhalb Chinas ein nicht unerhebliches Ansehen als anti-imperialistische und anti-kapitalistische Ikone.

Jugend

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als junger Mann

Mao Zedong wurde am 26. Dezember 1893 als ältester Sohn einer Bauernfamilie im zentralchinesischen Shaoshan, Provinz Hunan geboren. Seine Vorfahren lebten seit 500 Jahren in dieser Gegend. Politisch war die Zeit durch den Verfall der Mandschu-Dynastie geprägt. Doch wegen der Abgeschiedenheit des Dorfes, zu welchem weder Straßen noch schiffbare Flüsse führten, erfuhr die Bevölkerung erst zwei Jahre nach dem Tod des vorletzten Kaisers im Jahr 1908 von dessen Ableben. Aufgrund des bescheidenen Wohlstandes seiner Familie konnte Mao zunächst im Hause eines Privatlehrers eine einfache Schulausbildung geniessen, die vor allem noch durch das Auswendiglernen konfuzianischer Klassiker, die das Begriffsvermögen des Kindes überstiegen, bestand. Das Lesen wurde für Mao zur Leidenschaft, die er Zeit seines Lebens beibehielt. Mit seinen Lehrern geriet Mao häufig aneinander. Er flog von mindestens drei Schulen, weil er eigensinnig und ungehorsam war. 1911, am Vorabend der Republikanischen Revolution, trat er auf eigenen Wunsch in die Mittelschule in der Bezirkshauptstadt Changsha ein. Zu dieser Zeit begann sein politisches Interesse zu erwachen. Er informierte sich mit Hilfe von Zeitungen über die aktuellen Debatten und holte innerhalb kürzester Zeit nach, was er bisher versäumt hatte. Er schrieb seinen ersten, eher wirren, politischen Aufsatz, in dem er republikanische Positionen vertrat. Zusammen mit einem Kollegen lauerte er anderen Schülern auf und schnitt diesen gewaltsam die in der verhassten Mandschu-Dynastie gebräuchlichen Zöpfe ab.

Während der Chinesischen Revolution von 1911 wurde er Mitglied der anti-kaiserlichen Armee von Hunan, kehrte danach aber wieder in die Schule zurück.

1918 folgte er seinem Lehrer Yang Changji nach Beijing. Durch Vermittlung dieses Lehrers fand er eine Anstellung als Hilfsbibliothekar an der Peking-Universität, und bekam unter anderem Kontakt zu Li Dazhao, einem der wichtigsten frühen chinesischen Marxisten und Mitbegründer der Kommunistischen Partei Chinas. Er erlebte die Vierte-Mai-Bewegung mit. Außerdem lernte er in Beijing seine spätere zweite Ehefrau Yang Kaihui, die Tochter seines Lehrers, kennen. Liebesheiraten waren damals noch alles andere als der Normalfall, dementsprechend wurde die Verbindung von den jungen Intellektuellen in Changsha als Zeichen gesellschaftlichen Fortschritts gefeiert.

Anders als viele andere spätere Führungskräfte des chinesischen Kommunismus verbrachte Mao die frühen 1920er Jahre nicht im Ausland, sondern mit ausgedehnten Reisen durch Hunan und andere chinesische Provinzen.

Entgegen der offiziellen chinesischen Darstellung war Mao keiner der Teilnehmer bei der Gründung der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) 1920 in Shanghai, sondern lebte zu dieser Zeit bereits wieder in Changsha. Die Gründung wurde angeregt durch die von Lenin einberufenen Dritte Kommunistische Internationale. Später wurde dieses Treffen als die "Neue Internationale", kurz: Komintern, bezeichnet. Erst 1921 nahm Mao an dem durch die 2. Komintern organisierten Ersten Kongress der kommunistischen Partei Chinas als einer der 13 chinesischen Delegierten teil. 1923 wurde er auf dem zweiten Parteikongress ins Zentralkomitee gewählt. Während der Ersten Einheitsfront zwischen der KPCh und der Guomindang (GMD) war er Direktor eines GMD-Instituts zur Revolutionären Erziehung der Bauern in Guangzhou.

Im Bürgerkrieg

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mit Chiang Kai-shek, 1945
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mit Familie, ca. 1946 - 1949

Nach dem Bruch zwischen GMD und KPCh 1927 startete Mao den Herbsternte-Aufstand in Changsha, der aber schnell niedergeschlagen wurde. Mit einigen anderen Überlebenden zog sich Mao in das Jinggang-Gebirge zurück, wo er seine Truppen mit denen von Zhu De, Chen Yi und Zhou Enlai vereinigte, die sich nach dem Nanchang-Aufstand ebenfalls hierhin zurückgezogen hatten. Schon in dieser Zeit begann Mao seine Gegner und die lokale Bevölkerung durch sog. "Säuberungen" umzubringen und einzuschüchtern.

Die Guerillabasis vergrößerte sich schnell; 1928 beherrschte sie bereits ein Gebiet mit über 500.000 Einwohnern. Unter dem Druck der Guomindang wurde das Zentrum 1931 etwas nach Süden verlagert, und die Jiangxi-Sowjetrepublik wurde gegründet. Die Zeit war allerdings auch geprägt von andauernden Machtkämpfen zwischen Mao, der die Revolution durch Guerillakrieg (d.h. mit Unterstützung der Bauern) erreichen wollte, und an der Komintern orientierten Gruppen, die auf eine Revolution des Proletariats (d.h. durch die Industriearbeiter in den Städten) setzten (der sogenannte Kampf der zwei Linien).

In Jinggangshan lernte Mao auch seine dritte Partnerin He Zizhen kennen. Yang Kaihui hatte Mao in Changsha zurückgelassen, wo sie von der Guomindang verhaftet und 1930 hingerichtet wurde. Ihre Kinder mit Mao mussten sich eine Zeitlang als Straßenkinder in Shanghai durchschlagen, bevor sie von Kommunisten gefunden und außer Landes gebracht werden konnten. Maos Sohn Mao Anying fiel später im Koreakrieg bei einem Luftangriff.

1934 wurde der Druck der Guomindang schließlich so stark, dass die Jiangxi-Sowjetrepublik aufgegeben werden musste. Die Kommunistischen Truppen zogen im Langen Marsch nach Yan'an, in der Provinz Shaanxi, zurück, ständig auf der Flucht vor Truppen der GMD oder feindlicher lokaler Warlords. Die Verluste entstanden aber nicht unbedingt durch Kämpfe mit feindlichen Truppen, sondern durchs Maos militärische Unfähigkeit und sie wurden von ihm zum Teil einkalkuliert um sie dann seinen innerparteilichen Gegnern anzulasten. Mao selbst legte den größten Teil des Weges in einer eigens für ihn konstruierten Sänfte zurück. Unter den Opfern waren wahrscheinlich auch mehrere Kinder von ihm und He Zizhen, die bei Bauern untergebracht, aber nach 1949 nicht mehr aufgefunden werden konnten. He Zizhen selbst überlebte zwar, aber war gesundheitlich angeschlagen. Sie wurde 1937 in die Sowjetunion geschickt, um sich zu kurieren, aber auch, um Mao nicht bei dessen Affäre mit seiner späteren vierten Ehefrau, der Schauspielerin und Politikerin Jiang Qing, im Wege zu stehen.

Es war während des Langen Marsches, dass sich Mao auf der Konferenz von Zunyi mit Hilfe von Zhou Enlai als Anführer der KPCh durchsetzen konnte.

In Yan'an konnte sich die KPCh erneut stabilisieren, da das Gebiet abgelegen genug war, um erfolgreiche Angriffe der GMD zu verhindern, und außerdem der Chinesisch-Japanische Krieg 1937 zur Zweiten Einheitsfront führte. Diese Einheitsfront entstand im wesentlichen durch Vermittlung Stanlins, der durch ein starkes China Japan von einem direkten Angriff auf die Sowjetunion abhalten wollte. Maos Strategie lautete in den folgenden Jahren nach eigenen Angaben: 10% Kampf gegen Japan, 40% Kampf gegen die chinesischen politischen Gegner, 50% Kampf zur Vergrößerung der eigenen Machtbasis.

Maos Sieg gegen Chiang Kai-Shek

Porträt am Eingang zur Verbotenen Stadt
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1. Oktober 1949
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Mao spricht zu seinen Anhängern (1944)

Nach der Kapitulation Japans und dem Rückzug der japanischen Truppen aus China flammte der Bürgerkrieg 1946 erneut mit voller Härte auf. Die GMD hatte jedoch während des Krieges an Stärke verloren, während die Kommunisten enorm an Stärke gewonnen hatten. Nach der Ausrufung der Volksrepublik China am 1. Oktober 1949 zog sich die GMD nach Taiwan zurück, wo sie die Republik China fortführte.



Die Profilierung Chinas in Korea gegen die USA

Das war allerdings noch nicht das Ende von Maos Feldzügen. Aufgrund der außenpolitischen Probleme mit den Vereinigten Staaten und der Unzufriedenheit über ein vereinigtes Korea unter US-amerikanischer Führung, griff die Volksrepublik China am 1. Januar 1951 in einer Offensive die UNO & Südkoreanischen Truppenverbände an. Der Angriff war die sogenannte Menschenwelle, die mit 1 Mio. Mann in einer kalten Nacht unter widrigsten Umständen durchgeführt wurde. In dieser blutigen Sturmeroberung, die hauptsächlich von chinesischen "Freiwilligenverbänden" ("Volksfreiwillige") ausgeführt wurde, wurde die Truppenkoalition der Koreaner bis zum 38. Breitengrad zurückgeschlagen. Dieser militärische Erfolg nach 100 Jahren der Machtlosigkeit gegenüber ausländischen Invasoren galt als einer der wichtigsten Erfolge Maos. Allerdings muss man bei diesem Sieg bedenken, dass Mao in diesem Krieg die "Taktik der Menschenwelle" anwendete: Enorm viele Soldaten mit mangelhafter Bewaffnung und quasi ohne Ausbildung rannten so lange gegen die feindlichen Linien an, bis dem Gegner die Munition ausging. Dabei zählte nur die Schützenhilfe für Kim Il Sung. Die eigenen chinesischen Verluste zählten nicht, weshalb es auch fragwürdig ist, ob man diesen Prestigeerfolg wirklich als eine hervorragende Leistung Maos ansehen kann. Historiker sprechen von fast 500'000 chinesischen Toten.

Maos Kampagnen

"Hundert-Blumen-Bewegung" (1956 - 1957)

Im Mai 1956 initiierte Mao die Hundert-Blumen-Bewegung. Er liess die Zensur für die Intellektuellen lockern, um neue Anregungen zu erhalten, wobei er meinte, er habe nur ca. 3% der Intellektuellen gegen sich. Aus Angst vor dem Regime setzte die Kritik der Intellektuellen aber erst ein Jahr später im Mai 1957 im Zuge einer weiteren Kampagne ein. Da auch Maos Politik heftig kritisiert wurde, liess Mao durch Deng Xiaoping die Hundert-Blumen-Bewegung stoppen, diffamierte die Intellektuellen in einem neuen Klassenkampf "Kampagne gegen Rechts" und liess 300'000 Intellektuelle inhaftieren. Insgesamt wurden 400'000 bis 700'000 ihm als "Volksfeinde" erscheinende qualifizierte Angestellte entlassen und durch neue kommunistische Kader aus den Bauernschichten ersetzt. Damit stand China unter bäuerlicher, unqualifizierter Führung, die ihrerseits - nach der jahrtausendelangen Unterdrückung - eine Rache gegen die Intellektuellen hegte und sich von wissenschaftlicher Seite nichts mehr sagen liess.

Der "Grosse Sprung nach vorn" (1958 - 1961)

1958 lancierte Mao (im Rahmen des zweiten 5-Jahresplanes) eine Kampagne mit dem Ziel, den Aufbau der bis dahin fast vollständig fehlenden Leichtindustrie zu forcieren und die Produktivität der Landwirtschaft massiv zu steigern. Mit dieser schlecht geplanten, und auf der rücksichtslosen Ausbeutung der Leistungskraft der Bevölkerung basierenden Kampagne, wollte Mao die wirtschaftlichen Voraussetzungen schaffen um sich vom Einfluss der Sowjetunion unter dem ideologisch kompromissbereiten Chruschtschow lösen zu können sowie um die militärische Aufrüstung voranzutreiben und die weltweite Verbreitung des Mao Kommunismus zu finanzieren. Das Programm lief unter dem Schlagwort Der grosse Sprung nach vorn. Der damals einzige nennenswerte Wirtschaftsfaktor des Landes, die Landwirtschaft, wurde mit brutalsten Mitteln zu Höchstleistungen gezwungen. Die Ernte wurde der Bauernschaft jedoch über Jahre hinweg praktisch vollständig abgenommen, um sie gegen Devisen ins Ausland, vor allem nach Russland, zu verkaufen. Die Bauernschaft im ganzen Lande wurde dabei derart ausgepresst und ausgehungert, dass bis zu 70 Millionen Menschen an den Folgen dieser Kampagne starben. Mit den Erlösen wurden die Aufrüstung des Landes, insbesondere der Bau der Atombombe forciert, aber auch Länder in der ganzen Welt, wie Albanien, Mozambique, Indonesien, usw. finanziell unterstützt. Um die angebliche Leistungskraft Chinas und des Mao Kommunismus zu demonstrieren, ging das sogar soweit, dass selbst weniger Not leidende Länder als China finanziell unterstützt wurden. Das Resultat des ideologischen Ehrgeizes war der grösste Holocaust der Weltgeschichte mit Massenhungertod, Anarchie und Elend. Mao lässt dabei sogar das nationale statistische Amt abschaffen und durch ein Amt für gute Nachrichten ersetzen. Bis 1981 wurde dieser Krieg gegen die eigene Bevölkerung geheim gehalten.

Wegen der wachsenden Opposition höchster Parteikader gegen das halsbrecherische Programm des Grossen Sprungs nach vorn verlor Mao 1958 gegenüber den besonneneren Reformern um Deng Xiaoping vorübergehend an Macht. Im gleichen Jahr trat er von seinem Amt als Staatspräsident zurück, behielt jedoch im Hintergrund weiterhin die Zügel in der Hand. Deng Xiaoping, Liu Shaoqi und Chen Yun u.a. gewannen vorübergehend an Einfluss. Bereits an der Konferenz von Lushan am 1. Juli 1959 initierte Mao jedoch eine Kampagne gegen die sogenannten "Rechtsabweichler", womit es ihm gelang alle Politiker, die seinem Programm mit zweifelhafter Einstellung gegenüberstanden, einzuschüchtern. Auf Geheiss Maos wurde der "grosse Sprung nach vorne" bis 1961 weitergeführt. Da die katastrophalen Folgen der Kampagne gegenüber der Bevölkerung verschwiegen werden mussten, blieb der Nimbus Maos intakt und nach der Zündung der ersten chinesischen Atombombe im Jahre 1964 sowie nach der Veröffentlichung des "Kleinen Roten Buches" mit den angeblichen "Zitaten des grossen Vorsitzenden Mao" im selben Jahr wuchs sein Einfluss und seine Stellung als Alleinherrscher wurde mit Hilfe der fanatisierten Massen unanfechtbar. Die Atombombe erwirkte für Peking-China die schrittweise internationale diplomatische Anerkennung und liess die Ein-China-Politik zur Isolierung Taiwans zu. Die Plakatkünstler zeigten den Kopf Maos weiterhin in einer roten, strahlenden Sonne, und bei Massendemonstrationen trugen die Massen fortan das "Kleine Rote Buch" zur Schau...

Die Kulturrevolution (1966 - 1976)

1966 konnte Mao so die große proletarische Kulturrevolution starten. Vordergründig sollten mit ihr die reaktionären Tendenzen, die sich gemäss Mao, insbesondere unter den Parteikadern und der Intelligenz breitgemacht hatten, und den Erfolg der kommunistischen Bewegung zu vereiteln drohten, niedergeschlagen werden. Effektiv lieferte das brutale Vorgehen gegen die angeblichen Rechtsabweichler Mao jedoch den Vorwand um seine innerparteilichen Konkurrenten auszuschalten. Die von Mao gegen die Rechtsabweichler aufgehetzten Jugendlichen, die sogenannten Roten Garden, waren zu Beginn der Kulturrevolution vor allem die Kinder von Parteikadern und der Intelligenz (Hochschuldozenten,Lehrern, Höhere Beamten, Akademikern), die ihre Eltern und Lehrer überwachen und denuzieren mussten. Das Vorgehen gegen die angeblichen Rechtsabweichler war äusserst brutal. Zahllose bisherige Stützen des Staates wurden von fanatisierten Massen ermordet oder schwer verletzt und demütigenden Behandlungen ausgesetzt. Während der rund zehn Jahre dauernden bürgerkriegsähnlichen Kulturrevolution starben Tausende von Menschen, darunter auch alte Weggefährten Maos, die von ihm als Konkurrenten empfunden wurden. Zu den Opfern gehörte auch Deng Xiaoping, welcher jedoch überlebte und nach dem Tode Maos dessen Nachfolger als Parteivorsitzender wurde. Andere Konkurrenten, wie der designierte Mao-Nachfolger Lin Biao kamen aus ungeklärten Gründen ums Leben.

Die Kulturrevolution führte auch zur organisierten Zerstörung von Kulturgütern. So wurden Tausende von Tempeln niedergemacht, Bibliotheken verwüstet und Bücher öffentlich verbrannt. Bis auf zehn, von Frau Mao persönlich ausgelesenen Opern, wurde die Aufführung von Opern im ganzen Land verboten. Die Bevölkerung musste ihrer privaten Kunstgegenstände, wie Bilder, Schmuck, Bücher, usw. den Garden abliefern.

Maos Aussenpolitik

Aussenpolitisch war die Aufnahme Peking-Chinas in die UNO 1971 Maos grösster Erfolg. Taiwan wurde gleichzeitig aus der UNO ausgeschlossen. Mit dem Besuch von US-Präsident Nixon 1972 trat auch der Mao-Mitläufer Zhou Enlai (Chou En-Lai) ins Rampenlicht. Der "Bambusvorhang" fiel damit immer mehr, während Mao 1972 einen ersten Schlaganfall erlitt und Deng Xiaoping wieder aus der Verbannung geholt wurde. Als Deng eine Amnestie durchführte, wurde er aber von der "Viererbande" gleich ideologisch angegriffen und wieder als "Kapitalistenfreund" verbannt. Und als Deng Xiaoping nach Zhou Enlais Tod Anfang 1976 die Gedenkdemonstrationen am Tiananmen-Platz organisierte, wurde auch mit Kritik an der "Viererbande" nicht gespart, so dass Deng Xiaoping wiederum von der "Viererbande" in die Verbannung geschickt wurde. Mao, der über jede Leiche ging, liess dies alles zu, bis er schliesslich am 9.September 1976 selbst verstarb und die bis dahin in Zensur gehaltenen Massen an seiner Leiche Schlange standen. Gleichzeitig hatte das Universitätssystem unsägliche Probleme wegen Lehrermangel, und das Land kam ökonomisch kaum vom Fleck.

Mao-Kult ohne Mao - zögernde Aufarbeitung der Vergangenheit

Der Massenmörder Mao wird für seine Verbrechen und seine Unfähigkeiten weder zu seinen Lebenszeiten noch posthum je verurteilt, sondern die Denkmäler stehen nach wie vor alle aufrecht. Die Armut in China blieb ihrerseits riesengross, und die Masse der Bauern war 1976 erst zu ca. 50-60% alphabetisiert (Schätzung der Weltbank für 1978: 60%). Nach Maos Tod wurde eine neue Verfassung eingeführt und die "Viererbande" sofort verhaftet. Die Mao-Witwe Jiang Qing wurde zum Tode verurteilt, später aber begnadigt.

Nach der endgültigen Rehabilitierung von Deng Xiaoping 1977 und nach der diplomatischen Anerkennung durch die "USA" am 1.1.1979 öffnete China die Grenzen und rehabilitierte die überlebenden Mao-Opfer. Der Inhalt der Mao-Bibel (das "Kleine Rote Buch") wird 1980 als Weisheit der gesamten Mao-Führung definiert.

1981 gesteht die KPCh schliesslich erstmals offiziell die Misserfolge ihrer Revolutionen ein, schützt Mao aber weiterhin: Die "Kulturrevolution" sei ein "grober Fehler" gewesen. Maos Wirken sei in der Endabrechnung aber zu "70 Prozent positiv" zu bewerten, denn die Leistungen würden die Irrtümer mehr als ausgleichen. Schätzungen kritischer Historiker sehen dies z.T. grundlegend anders.

Die Historiker diskutieren seither, ob ein China ohne Mao eine schnellere und menschlichere ökonomische Entwicklung genommen hätte. Mao wird im Wirtschaftsaufschwung seit den 1980er Jahren weiterhin kultisch als Maskottchen oder als Anhänger etc. verehrt (wie Stalin in Russland seit der Perestroika). Der letzte Schritt zu Demokratie und zu Menschenrechten ohne Mao-Ideal scheint China nur schwer vorstellbar und ist bisher nicht verwirklicht. Die "Kulturrevolution" ist bis heute kaum aufgearbeitet.


Literatur zur Aufarbeitung des Mao-Holocaust

  • Harry Wu: "Laogai: Der chinesische Gulag" (Laogai: The Chinese Gulag; 1992)
  • Zhengyuan Fu: Autokratische Tradition und chinesische Politik (Autocratic Tradition and Chinese Politics; 1993)


Literatur über Maos Kriegsführung

In der deutschen Ausgabe der ausgewählten Werke zitiert Mao das Fangen gegnerischer Steine im Rahmen seiner Überlegungen zur Kriegführung (Mao Tse-Tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, ohne ISBN).

Bei der Entwicklung seiner Kriegsstrategien, besonders seinen Theorien zum Guerillakrieg, soll Mao von Sunzi beeinflusst worden sein.

Bedeutung Maos

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1972: Mao Zedong trifft sich in Peking mit Richard M. Nixon

Sein Ausspruch bei der Gründung der VR 1949 - "China ist wieder auferstanden" - gibt vielleicht am ehesten seine geschichtliche Bedeutung wieder. Ihm ist es zuzuschreiben, dass die Chinesen nach einem Jahrhundert ausländischer Gängelung ihren Nationalstolz wieder erlangten. Außenpolitisch band er China zunächst eng an die Sowjetunion ("nach einer Seite lehnen" "yibian dao"); die Zweifel an der Angemessenheit des sowjetischen Modells für die Entwicklung Chinas ließen ihn aber nach dem Tode Stalins den allmählichen Bruch mit der UdSSR vorantreiben, der er eine Revision von Theorie und Praxis der Kommunistischen Weltanschauung vorwarf. Somit führte er China insbesondere während der Kulturrevolution zunächst in die außenpolitische Isolierung, die mit der Annäherung an die USA (Pingpong-Diplomatie) ein Ende fand. Innenpolitisch ist die Mao-Zeit geprägt von einer Reihe von Kampagnen, die nicht erst mit der 100-Blumen-Bewegung 1956/7 (siehe oben) begannen. Ihre Gemeinsamkeit liegt unter anderem darin, dass durch sie Spaltkeile in die traditionelle Gesellschaftsstruktur getrieben werden sollten. Einfache Bauern und Arbeiter kritisierten (demütigten) die traditionell hoch angesehenen Intellektuellen in der Anti-Rechts-Kampagne 1958, in der Kulturrevolution wurden Jugendliche gegen ihre Eltern und andere Autoritäten aufgehetzt. In der Kulturrevolution schließlich zerstörte Mao willentlich die Legitimität seines eigenen Geschöpfes, die der KPCh. Mao verfolgte bis zu seinem Tod das Herzensziel China militärisch unaufhaltsam zu modernisieren. Dabei nahm er nicht nur den Tod vieler Millionen Menschen in Kauf, seine Methoden selbst waren mit der Konzentration auf die Führerfigur Mao ironischerweise zutiefst traditionell. Schätzungen zufolge war Mao wegen extrem hoher Lebensmittelexporte während seiner Herrschaftszeit, die er überwiegend in die Sowjetunion liefern ließ, um seine Militärprogramme zu finanzieren, für den Tod von rund 70 Millionen Menschen verantwortlich. Diese Zahl ergibt sich, wenn man die erhöhte Todesrate von fast 5% in extremen Zeiten der Lebensmittelknappheit (vor allem Ende der 50er) mit der normalen Sterberate von ca 1% vergleicht und die Differenz als Opfer von Hunger ansieht. Hinzu kommen etliche Todesopfer aus "Säuberungen" in denen viele Menschen, die nicht Maos Ansichten teilten, festgenommen, gefoltert und oftmals auch getötet wurden.

Familie

Frauen

  1. Luo (Individualname unbekannt), (1889 - 1910) aus der Provinz Hunan: geheiratet 1907 - 1910 (verstorben)
  2. Yang Kaihui (杨开慧, 1901 - 1930) aus Changsha: geheiratet 1921 - 1927, (1930 von der Kuomintang hingerichtet)
  3. He Zizhen (贺子珍, 1910-1984) aus Jiangxi: geheiratet 1928; geschieden 1939
  4. Jiang Qing (江青, 1914-1991), geheiratet 1939

Vorfahren

  • Wen Qimei (文七妹, 1867-1919), Mutter
  • Mao Yichang (毛贻昌, 1870-1920), Vater
  • Mao Enpu (毛恩普), Großvater väterlicherseits

Geschwister

  • Mao Zemin (毛泽民, 1895-1943), jüngerer Bruder
  • Mao Zetan (毛泽覃, 1905-1935), jüngerer Bruder
  • Mao Zehong, Schwester (1930 von der Kuomintang getötet)

Mao Zedongs Eltern hatten insgesamt sechs Söhne und zwei Töchter. Von diesen acht Kindern starben vier bereits als Kinder.

Kinder

Siehe auch

Literatur

Commons: Mao Zedong – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien