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Burschenschaft

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Eine Burschenschaft ist eine bestimmte Form des Zusammenschlusses von Studenten und ehemaligen Studenten. Burschenschaften sind eine Sonderform einer Studentenverbindung. Etwa 15% aller studentischen Verbindungen sind Burschenschaften. Fast alle Burschenschaften nehmen nur männliche Mitglieder auf.

Die Burschenschafts-Bewegung entstand in Deutschland seit 1815, griff dann aber weit über den deutschen Raum hinaus nach Mitteleuropa und zog Gründungen ähnlicher Studentengemeinschaften in Polen, Russland, Ungarn und im Baltikum nach sich. Alle heutigen deutschen Burschenschaftsverbände, besonders die Deutsche Burschenschaft, sehen sich in der Tradition der Urburschenschaft und fühlen sich dem Vaterlands-Prinzip verpflichtet.

Im Schriftverkehr wird „Burschenschaft“ oft mit "B!" abgekürzt.

Geschichte

Entstehung und Programm

Ausschnitt aus dem "Stamm-Buch" der Urburschenschaft in Jena, hier mit dem Eintrag von Heinrich von Gagern, dem späteren Präsidenten der Frankfurter Nationalversammlung

Die Burschenschaften entstanden nach den Befreiungskriegen gegen Napoleon. Dabei hatten viele Studenten u.a. im Lützowschen Freikorps mitgekämpft. Sie setzten sich danach in der Zeit des Vormärz für die Abschaffung der deutschen Kleinstaaterei, die Durchsetzung einer demokratischen Verfassung im Rahmen der Monarchie und die Schaffung eines großdeutschen Reiches zum Ziel.

Die 1815 in Jena gegründete Urburschenschaft bestand aus Gruppen mit nationalen, christlichen und freiheitlichen Ideen. Zu ihren geistigen Wegbereitern gehörten u.a. Ernst Moritz Arndt, "Turnvater" Friedrich Ludwig Jahn und Philosophen wie Johann Gottlieb Fichte.

Sie forderte mit den Werten "Ehre-Freiheit-Vaterland" staatsbürgerliche Verantwortung, ethnische Solidarität und individuelle Freiheitsrechte zugleich ein. Möglich war diese Synthese verschiedener Elemente durch den elitären Ansatz, der in erster Linie die Pflicht des Einzelnen, für das Ganze einzutreten, betonte.

Auszug aus der Verfassungsurkunde der Jenaischen Burschenschaft vom 12. Juni 1815:

Erhoben von dem Gedanken an ein gemeinsames Vaterland, durchdrungen von der heiligen Pflicht, die jedem Deutschen obliegt, auf Belebung deutscher Art und deutschen Sinnes hinzuwirken, hierdurch deutsche Kraft und Zucht zu erwecken, mithin die vorige Ehre und Herrlichkeit unsres Volkes wieder fest zu gründen und es für immer gegen die schrecklichste aller Gefahren, gegen fremde Unterjochung und Despotenzwang zu schützen, ist ein Teil der Studierenden in Jena zusammengetreten und hat sich beredet, eine Verbindung unter dem Namen einer Burschenschaft zu gründen.


Der vaterländische Gedanke war die wichtigste Idee, für die sich sehr viele Studenten begeistern konnten. Um diese Gesinnung der ganzen Welt mitzuteilen, wurde am 17. Oktober 1817 auf der Wartburg bei Eisenach ein Burschenfest gefeiert, an dem etwa 600 Burschen aus ganz Deutschland teilnahmen.

Das Festdatum war bewusst gewählt, um mit der Reformation Martin Luthers zugleich an den Sieg über Napoleon in der Völkerschlacht bei Leipzig zu erinnern. Nach emotionalisierenden Festreden kam es zu einer ungeplanten Bücherverbrennung von Schriften, die als "undeutsch" galten. Verbrannt wurden u.a. Symbole der französischen und der Fürstenherrschaft, der Code Napoleon, und das Buch "Germanomanie" des jüdischen Autors Saul Ascher. Dabei wurde dreifach "Wehe über die Juden!" gerufen.

Diese Bücherverbrennung wurde später unter anderen Vorzeichen von antisemitischen Gruppen und Parteien, vor allem durch die NSDAP kopiert. Vertreter aus der Deutschen Burschenschaft waren 1933 daran führend beteiligt.

Die Versammlung formulierte und beschloss dann gemeinsame Grundsätze und Ziele, um allen deutschen Burschenschaften ein gemeinsames politisches Programm zu geben:

  • politische, religiöse und wirtschaftliche Einheit Deutschlands
  • Aufhebung der Zollschranken
  • Ausbau der Wehrkraft
  • Entwicklung der konstitutionellen Monarchie mit vaterländischer Verfassung
  • Gleichheit vor dem Gesetz,
  • Einführung des Prinzips nulla poene sine lege (Latein: keine Strafe ohne Gesetz)
  • Schutz von Freiheit und Eigentum
  • Rede- und Pressefreiheit, Freizügigkeit

Das Programm griff also wesentliche liberale Ideen der französischen Revolution auf, obwohl die Burschenschafter diese ablehnten. Sie betteten sie in eine "vaterländische" und "wehrhafte" Monarchie ein.

Die bürgerlichen Rechte finden sich heute in allen europäischen Verfassungen, auch dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, während die Monarchien fast überall abgeschafft wurden.

Im folgenden Jahr kam es an vielen Universitäten zur Gründung von Burschenschaften, die diese Grundsätze vertraten. Diese verstanden sich anfangs nicht als Vielzahl unabhängiger Burschenschaften, sondern als Teil einer einzigen großen Burschenschaft, die die gesamte Studentenschaft umfassen und alle bisher bestehenden Studentenverbindungen ablösen sollte: der "Allgemeinen deutschen Burschenschaft".

Die Vereinigung wurde letztlich nicht erreicht, da einige Verbindungen ihre alten Traditionen festhielten. Die Corps und Landsmannschaften alten Typs bestanden weiter.

Vom Wartburgfest bis zur Paulskirchenversammlung

Datei:Hoffmann von Fallersleben in altdeutscher Tracht 1828.jpg
Der Burschenschafter Hoffmann von Fallersleben in altdeutscher Tracht, Gemälde von 1828

1819 kam es in vielen deutschen und europäischen Großstädten zu Ausschreitungen von Kleinbürgern und Studenten gegen jüdische Geschäfte und Häuser. Diese sogenannten Hep-Hep-Unruhen reagierten auf die schlechte Wirtschaftslage infolge der raschen Industrialisierung und wurden von vielen Burschenschaftern mitgemacht (siehe auch: Antisemitismus).

Im selben Jahr ermordete der Burschenschafter Karl Ludwig Sand den Schriftsteller und angeblichen russischen Agenten August von Kotzebue, dessen Werk "Geschichte des deutschen Reichs" beim Wartburgfest auch verbrannt worden war. Daraufhin erließen die im Deutschen Bund versammelten Regierungen strenge Verbote jeder studentischen Organisierung an Hochschulen und anderswo. Diese - nach dem Tagungsort des Bundestages benannten - Karlsbader Beschlüsse gingen maßgeblich auf den Einfluss des österreichischen Staatskanzlers Fürst Metternich zurück. Ihretwegen waren viele Burschenschafter in den nächsten Jahren staatlicher Beobachtung und Verfolgung ausgesetzt.

Auf dem Hambacher Fest 1832 wurden erstmals die Burschenschaftsfarben Schwarz-Rot-Gold (Couleur) verwendet. Sie wurden zum Symbol der Demokratiebewegung in Deutschland und darum später zur Staatsflagge der Weimarer Republik, der Bundesrepublik Deutschland und auch der DDR.

Nach dieser Zusammenkunft wurden die Staatsverbote komplettiert: Alle politischen Vereine und Versammlungen, Fahnen und Abzeichen, Feste und Reden wurden verboten. Ein Spitzelsystem sorgte für Überwachung aller studentischen Aktivitäten.

Nach der Julirevolution in Paris nahm die deutsche Demokratiebewegung wieder zu. Nach und nach wurden die Verbote wieder gelockert. Viele Burschenschafter waren eine treibende Kraft der Revolution von 1848. Infolge der Einrichtung einer Nationalversammlung in der Frankfurter_Paulskirche wurden die Karlsbader Verbote endlich aufgehoben.

1859 kam es beim 100. Geburtstag von Friedrich Schiller zu ersten offiziellen Gründungen von Burschenschaften auf dem Gebiet von Österreich-Ungarn. Zuvor hatte Metternich dort ein Koalitionsverbot mit effizienten Unterdrückungsmethoden durchsetzen können.

Burschenschaften im Kaiserreich

Nach der Einigung des Reiches 1871 sahen die Burschenschaften ihr wichtigstes Ziel, den Zusammenschluss der deutschen Länder und Staaten, als erreicht an und zogen sich allmählich aus dem politischen Leben zurück. Aus der revolutionären Bewegung wurde eine staatstragende Organisation, das politische Spektrum blieb aber sehr breit und reichte von radikal-demokratischen Gruppen bis zu national-konservativen.

Burschenschaften in der Weimarer Republik

In der Zeit der Weimarer Republik befand sich der größte und wichtigste Dachverband von Burschenschaften - die Deutsche Burschenschaft im Lager der nationalistischen Republikgegner. Auch der Antisemitismus setzte sich bei der Deutschen Burschenschaft fort und führte zu Beschlüssen, jüdische Mitglieder auszuschließen. (siehe Artikel Deutsche Burschenschaft)

Die Geschichte anderer Burschenschaften, insbesondere die der konfessionellen Burschenschaften, muss noch nachgetragen werden.

Burschenschaften im Dritten Reich

Adolf Hitlers Machtergreifung wurde von einer Mehrheit der im DB organisierten Burschenschaften begeistert begrüßt. Bald darauf initiierten einige seiner Führer zusammen mit der Hitler-Jugend und SA eine öffentliche Bücherverbrennung.

Seit 1934 setzten sie sie im Rahmen der Gleichschaltung immer stärker unter Druck, um sie wie alle übrigen Studentenverbände dem NS-Studentenbund (NSDStB) einzugliedern. Viele Burschenschaften entzogen sich dem, indem sie sich vorher selbst auflösten. Andere führten ihre Traditionen verdeckt innerhalb der NS-Kameradschaften fort.

Burschenschaften heute

Nach 1945 kam es zu Wiedergründungen. Der größte Teil der Burschenschaften ist heute in den Korporationsverbänden Deutsche Burschenschaft (DB, gegründet 1881/wiedergegründet 1948) und Neue Deutsche Burschenschaft (Neue DB, gegründet 1996) organisiert. Viele Burschenschschaften in Österreich gehören den Dachverbänden (zusätzlich zur DB oder nur) Verband der Akademischen Burschenschaften in Österreich (DBÖ, 1907/1952) oder Conservativer Delegierten Convent der fachstudentischen Burschenschaften in Österreich (CDC, 1909/1952) an. Diese sind im Gegensatz zur DB allerdings pflichtschlagend.

Die Deutsche Burschenschaft sieht sich in der patriotischen Traditionslinie und vereint Verbindungen aus der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Österreich und der Schweiz; Burschenschaften aus Chile haben ein Assoziationsverhältnis mit ihr.

Die heutige DB hat zu ihrer teilweise dunklen Vergangenheit trotz positiver Ansätze und offizieller Verfassungstreue bisher keine überzeugende Abgrenzung vollzogen. Das hat auch die Erneuerung ihres Programms verhindert. Nach wie vor werden Relikte wie ein "Vaterland", das Teile Österreichs und die ehemaligen Ostgebiete umfassen soll, ein "deutsches Volkstum" und andere Positionen vertreten. Von manchen Mitgliedsbünden wird teilweise offen Geschichtsrevisionismus und eine konservativer Neo-Nationalsozialismus propagiert. Dem wird zwar von Mitgliedsburschenschaften der DB widersprochen, diese können sich zur Zeit aber nicht gegen die Gesamtlinie des Verbands durchsetzen.

Am äußersten rechten Rand der Korporiertenszene ist die Burschenschaftliche Gemeinschaft (BG) angesiedelt. Ihr gehören heute 46 Burschenschaften aus der DB, aus der DBÖ und aus dem CDC an. Sie wurde 1961 auf dem Hause der Burschenschaft Danubia München von einigen Verbindungen gegründet, um auch österreichische Bünde aufnehmen zu können, nachdem die DB zuvor eine Aufnahme österreichischer Burschenschaften bis dahin abgelehnt hatte. Somit sind in der BG Burschenschaften mit einer vermuteten Nähe zur Neonaziszene vertreten: Olympia Wien, Danubia München, ABB der Ratzeks zu Bonn und weitere. Diese hatten bisweilen auch mehrmals den Vorsitz in der DB inne. Der BG gelingt es, über die drei wesentlichen führenden Organe der DB Einfluss auf die gesamte Organisation zu nehmen, da zum Teil Zwei-Drittel-Mehrheiten benötigt werden (z.B. bei Neuaufnahmen) hat sie eine Art Vetofunktion und somit recht großen Einfluss. Die BG tritt dafür ein, dass alle Bünde pflichtschlagend sein sollten und vertritt noch immer die Ansicht, dass keine Abtretung der Ostgebiete stattgefunden habe, sondern dass sich diese Gebiete im Schwebezustand befänden, da keine Abstimmung darüber unter den Vertriebenen durchgeführt wurde. Dies wirkt allerdings auch umgekehrt, so dass die "gemäßigten" Burschenschaften, die etwa 40% aller DB Burschenschaften ausmachen Verschärfungen des Volkstumsbegriffes oder der Mensurverpflichtungen immer ablehnen konnte. "[1]. Diese Haltung führt manchmal zu Kritik innerhalb der DB, die aber bisher ohne Konsequenzen blieb. Im selben Atemzug sind die weißen Burschenschaften zu erkennen, die als konservativ-national gelten müssen. Sie bilden, ähnlich der BG, ein Kartell in der DB und sind alle Pflichtschlagend. Wenn sie auch weit weniger von der Idiologie des Nationalsozialismus beeinflußt sind als die BG-Burschenschaften, so haben sie doch zu diesen eine inhaltliche Nähe.

Bayerns Innenminister Günther Beckstein, selbst Alter Herr einer musischen Studentenverbindung, warnte 2001, "Rechtsextremisten versuchten in akademischen Burschenschaften und über diese an den Hochschulen Einfluss zu gewinnen. Bayern sehe daher nicht weg, wenn Rechtsextremisten Kontakte mit Burschenschaften pflegten oder gar versuchten, akademische Verbindungen zu unterwandern."

Der Verfassungsschutz überwacht gegenwärtig die Burschenschaften Danubia München, Teutonia Regensburg und Frankonia Erlangen und außerhalb Bayerns Germania Hamburg und Dresdensia-Rugia Gießen (des Weiteren noch zwei andere vom Verfassungsschutz Hessen nicht weiter benannte Burschenschaften). In Österreich wird keine Burschenschaft vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) überwacht.

Lutz Irrgang, Chef des hessischen Verfassungschutzes, erklärte in einem Interview mit der Frankfurter Neuen Presse vom 20. Dezember 2004, dass es vereinzelte Fälle gäbe, "bei denen wir eine gewisse Affinität zu Rechtsextremen feststellen". Sein Amt beschäftige sich mit der Burschenschaft Germania Kassel und mit zwei weiteren hessischen Burschenschaften. Diese seien aber keine "Beobachtungsobjekte". Die Mehrzahl der gut 1000 studentischen Verbindungen in Deutschland hätte nichts mit Neo-Nazis oder rechtem Denken zu tun, so Irrgang laut Frankfurter Neue Presse.

So vertreten Burschenschaften, die anderen Dachverbänden angehören oder dachverbandsfrei sind, zu meist liberalere Programme. Die Neue Deutsche Burschenschaft betont vor allem ihre Verbundenheit mit dem politischen System der Bundesrepublik Deutschland. Sie wurde durch einige Burschenschaften, die sich nach internen Meinungsverschiedenheiten von der Deutschen Burschenschaft abgespalten haben, gegründet. Auch das Süddeutsche Kartell ein Zusammenschluss von mehreren ehemaligen DB-Burschenschaften, die sich als ein Bund verstehen haben eine wesentlich liberalere Ausrichtung, als die meisten Burschenschaften in der Deutschen Burschenschaft.

Außerhalb der bisher genannten Dachverbände existieren weitere Studentenverbindungen, die sich Burschenschaft nennen: z.B. im Schwarzburgbund, der nur nicht-schlagende, christliche Verbindungen aufnimmt, im Ring katholischer Deutscher Burschenschaften (RKDB), sowie, Burschenschaften an Fachhochschulen, im Bund Deutscher Ingenieur-Corporationen (BDIC). Daneben gibt es auch dachverbandsfreie Burschenschaften, die zB aus einem Dachverband ausgetreten sind. Sie sind oft weltanschaulich unabhängig und daher mit den Mitgliedsbünden der DB oder NDB nicht zu vergleichen. Die in diesen Verbänden zu findenden Burschenschaften sind im Vergleich zu den Verbindungen in der DB meist wesentlich liberaler. Die von einigen Kritikern vertretene Ansicht, Burschenschaften seien grundsätzlich rechtsradikal, ist daher falsch.

Namhafte Burschenschafter

Wissenschaft und Wirtschaft

Kunst, Literatur, Musik

Politik und Gesellschaft

Beurteilungen von Zeitzeugen

Heine studierte zwischen 1819 und 1825 Jura in Bonn, Göttingen und Berlin. In seiner Göttinger Studienzeit war er Mitglied einer Studentenverbindung, die sich später zum Corps Hildeso-Guestphalia formierte, also einer anderen Form der Studentenverbindung. Schon 1820 äußerte er sich sehr kritisch über das Wartburgfest und seine Göttinger Erfahrungen (Werke Band 4, Ausgabe Insel-Verlag, S. 415f)

Auf der Wartburg hingegen herrschte jener unbeschränkte Teutomanismus, der viel von Liebe und Glaube greinte, dessen Liebe aber nichts anderes war als Hass des Fremden und dessen Glaube nur in der Unvernunft bestand, und der in seiner Unwissenheit nichts Besseres zu erfinden wußte, als Bücher zu verbrennen! … Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende Menschen.
Im Bierkeller zu Göttingen musste ich einst bewundern, mit welcher Gründlichkeit meine altdeutschen Freunde die Proskriptionslisten anfertigten, für den Tag, wo sie zur Herrschaft gelangen würden. Wer nur im 7. Glied von einem Franzosen, Juden oder Slawen abstammte, ward zum Exil verurteilt. Wer nur im mindesten etwas gegen Jahn oder überhaupt gegen altdeutsche Lächerlichkeiten geschrieben hatte, konnte sich auf den Tod gefasst machen…

Heine beobachtete also schon wenige Jahre nach der Gründung der Urburschenschaft Einstellungen, deren mörderische Konsequenzen er ahnte: darunter eine durch Vernunft nicht begrenzte Deutschtums-Manie, Fremdenhass und gnadenlosen Antisemitismus, der sich gezielt gegen Personen richtete, die man später vertreiben oder töten wollte.

Die Revolutionen von 1848 begrüßte Heine als überzeugter Demokrat. Doch schon bald erkannte er ihr Scheitern. Seine Enttäuschung darüber bringt das Gedicht „Michel nach dem März“ zum Ausdruck:

Doch als die schwarz-rot-goldene Fahn,
Der altgermanische Plunder,
Aufs neue erschien, da schwand mein Wahn
Und die süßen Märchenwunder.
Ich kannte die Farben in diesem Panier
Und ihre Vorbedeutung:
Von deutscher Freiheit brachten sie mir
Die schlimmste Hiobszeitung.
Schon sah ich den Arndt, den Vater Jahn
Die Helden aus anderen Zeiten
Aus ihren Gräbern wieder nahn
Und für den Kaiser streiten.
Die Burschenschaftler allesamt
Aus meinen Jünglingsjahren,
Die für den Kaiser sich entflammt,
Wenn sie betrunken waren (…)

Kritik

Kritik an Burschenschaften wird vor allem von sozialdemokratischen, grünen, anarchistischen und kommunistischen Parteien und Organisationen geäußert. Teilweise kommt die Kritik auch aus dem liberalen Lager. Häufig wird von Burschenschaften und studentischen Verbindungen behauptet, dass sie einen elitären Zugang zur Gesellschaft haben. Bei Veranstaltungen und Demonstrationen der radikalen Linken werden Burschenschaften und Verbindungen meist undifferenziert als faschistische Organistationen bezeichnet, während in der theoretischen/historischen Auseinandersetzung meist eine differenziertere Darstellung erfolgt.

Von feministischer Seite werden Burschenschaften oft als männliche Seilschaften bezeichnet, die im universitären und wirtschaftlichen Bereich Postenschacher betreiben und damit Frauen explizit aus wichtigen Positionen ausschließen.

Allgemein wird den Burschenschaften ein starker Bezug zum deutschnationalen Lager vorgeworfen.

Distanzierung von seiten der SPD

In einem Brief an Egon Bahr kritisierten die Jusos "Burschenschaften behandeln Menschen ungleich, Frauen werden oft wegen ihres Geschlechts strukturell benachteiligt. Für viele Burschenschaften sind rassische Kriterien, Nationalität, sexuelle Orientierung, Religion oder die Wehrdienstverweigerung Ausschlusskriterien für eine Aufnahme. (...) Wir halten es für nicht akzeptabel, wenn Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten durch Reden vor Burschenschaften daran mitwirken, dass Burschenschaften an Einfluss gewinnen und ihr elitäres und undemokratisches Weltbild salonfähig wird."

Die Sozialdemokraten arbeiten im Moment an einem Unvereinbarkeitsbeschluß, in welchem Parteimitgliedern die Mitgliedschaft aufgekündigt wird, wenn sie Mitglied einer Verbindung sind, welche der Dachorganisationen Deutsche Burschenschaften, Coburger Convent, Neue Deutsche Burschenschaft oder Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen zugeordnet sind. Ausschluß droht auch Mitgliedern aus Verbindungen, welche sich nicht "klar von geschichtsrevisionistischen Meinungen abgrenzen", "Ungleichbehandlung von Mann und Frau" betreiben oder Randgruppen diskriminieren (Ausländer, Homosexuelle, Wehrdienstverweigerer usw.).

Nach Protesten verschiedener studentischer Verbände und dem Convent Deutscher Akademikerverbände (CDA) gegen diesen Antrag stellte die Projektgruppe "Rechtsextremismus", die vom SPD-Parteivorstand mit der Vorbereitung des Beschlusses "Burschenschaften und SPD" beauftragt worden war, im November 2005 klar, dass sich der zu fassende Beschluss ausscchließlich auf Burschenschaften beziehen soll, die Mitglied des Dachverbandes Deutsche Burschenschaft (DB) seien. Der Parteivorstand der SPD wird demnach im Februar 2006 über folgenden Antragstext entscheiden:

Der Parteivorstand beschließt: Die Mitgliedschaft in einer Burschenschaft, die Mitglied im Dachverband Deutsche Burschenschaft (DB) ist, ist mit der Mitgliedschaft in der SPD unvereinbar.

Zur Konkretisierung des Beschlusses sollen in einem Anhang alle betroffenen Burschenschaften aufgelistet werden. Mitglieder, die sich ausdrücklich von rechtsextremistischen Tendenzen distanzieren, sollen von dem Beschluss ausgenommen werden. Die Projektgruppe betonte, es bestehe bei diesem Vorhaben "nicht die geringste Absicht, die Korporations- und Akademikerverbände insgesamt zu diskreditieren".

In früheren Jahrzehnten hatte es bei der SPD bereits einen ähnlichen Unvereinbarkeitsbeschluss gegeben, der aber nach Gesprächen mit den studentischen Verbänden in den 1960er Jahren aufgegeben wurde, da sich sich SPD im Rahmen ihres Godesberger Programms mehr der politischen Mitte hin öffnen wollte.

Siehe auch

Portal: Studentenverbindung – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Studentenverbindung

Literatur

  • Diana Auth, Alexandra Kurth: "Männerbündische Burschenherrlichkeit. Forschungslage und historischer Rückblick", in: Christoph Butterwegge / Gudrun Hentges (Hrsg.), Alte und Neue Rechte an den Hochschulen, Agenda-Verlag, Münster, 1999, ISBN 3896880608
  • Ludwig Elm, Dietrich Heither, Gerhard Schäfer (Hg.): Füxe Burschen Alte, Herren - Studentische Korporationen vom Wartburgfest bis heute, Papyrossa-Verlag, Köln, 1993, ISBN 3-89438-050-0
  • Dietrich Heither, Gerhard Schäfer: Studentenverbindungen zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus, in: Jens Mecklenburg (Hrsg.), Handbuch Deutscher Rechtsextremismus, Berlin, 1996, ISBN 3885205858
  • Dietrich Heither, Michael Gehler, Alexandra Kurth: "Blut und Paukboden". Fischer (Tb.), Frankfurt, 2001 ISBN 3596133785
  • Horst Grimm/Leo Besser-Walzel: "Die Corporationen". Umschau Verlag Breidenstein GmbH, Frankfurt am Main, 1986.