Imervard-Kreuz

Das im Braunschweiger Dom befindliche und nach seinem Erschaffer, dem unbekannten Meister Imervard, benannte Imervard-Kreuz, gilt als eine der kunsthistorisch bedeutendsten romanischen Skulpturen auf deutschem Boden.
Beschreibung
Die Holzskulptur wird auf die Mitte des 12. Jahrhunderts datiert. Sie ist aus Eichenholz gefertigt und misst 2,77 m x 2,66 m, verfügt somit über eine ausgeprägte, da fast quadratische, Kreuzform.
Insgesamt wirkt die Kreuzigungsszene stark stilisiert, wodurch das Werk eine markante Ausdruckstärke erhielt. Wie in der Romanik üblich, ist Christus mit vier Nägeln ans Kreuz geschlagen. Kopf, Hände und Füße des sind disproportional gestreckt. Die Arme wurden angesetzt. Die Figur ist noch heute schwach bemalt. Untersuchungen haben ergeben, dass die farbige Fassung früher sehr viel kräftiger gewesen sein muss und über die Jahrhunderte hinweg verändert wurde. So war das Untergewand ursprünglich grün, die Ärmeltunika purpurn. Später war sie jedoch blau-schwarz in der Grundfarbe und mit goldfarbenen Sternen oder Punkten verziert. Gegen Ende des Mittelalters war sie höchstwahrscheinlich braun gehalten.
Im Hinterkopf des Gekreuzigten befindet sich ein kleiner Schiebedeckel, hinter dem sich ein „Reliquiendepositorium“ befindet. Die darin enthaltenen 30 Reliquien wurden 1881 entnommen und in das Reliquiengefäß einer Säule des Marienaltars verbracht, wo sie noch heute sind.
Die 850 Jahre seit seiner Entstehung hat das Imervard-Kreuz nicht unbeschadet überstanden. So weist es heute einige (ältere) Beschädigungen, u. a. in Form fehlender Teile auf. Das Kreuz an sich könnte an den Seiten evtl. länger gewesen sein – wahrscheinlich wurde es gekürzt. Wie bereits beschrieben, ist die farbige Fassung größtenteils verblichen. Einige der Bartsträhnen, der Finger und der Zehen sind abgebrochen und verloren. Die Füllungen der gebohrten Pupillen und der Goldblechbeschlag des Gürtels (der ursprünglich die Signatur Imverards [s. u.] verbarg) fehlen heute ebenfalls.
Meister Imervard

Der unbekannte „Meister Imervard“, der das nach ihm benannte Kreuz wahrscheinlich um 1150 geschaffen hat, hat sein Werk auf den Enden des Gürtels Christi mit der Inschrift „IMERVARD ME FECIT“ („Imervard hat mich geschaffen“) gekennzeichnet. Diese Kennzeichnung war dem Betrachter ursprünglich durch eine Abdeckung des Gürtels aus Goldblech verborgen gewesen.
Es existiert bis heute kein weiterer Hinweis auf Namen und Wirkungskreis dieses Meisters der romanischen bildenden Kunst. Sein Name, der nordeuropäischen Ursprungs sein dürfte, also evtl. niederdeutsch, angelsächsisch oder skandinavisch, ist ansonsten nirgendwo in der Kunstgeschichte belegt.
Aufstellungsort

Aus alten Unterlagen geht hervor, dass sich das Kreuz noch Mitte des 17. Jahrhunderts in der Krypta des Domes befand. Etliche Jahrzehnte später, nämlich 1861, wurde es im Turmgewölbe „aufgefunden“ und anschließend in der Apsis des nördlichen Querarms aufgehängt.
Heute befindet es sich an dem Ort, an dem es 1956 aufgehängt wurde – der Ostwand des äußeren Nordseitenschiffes.
Literatur
- Jochen Luckhardt und Franz Niehoff (Hrsg.): Heinrich der Löwe und seine Zeit. Herrschaft und Repräsentation der Welfen 1125-1235. Ausstellungskatalog, 3 Bde., München 1995
- Cord Meckseper (Hrsg.): Stadt im Wandel. Kunst und Kultur des Bürgertums in Norddeutschland 1150 – 1650. Ausstellungskatalog, 4 Bde., Stuttgart 1985
- A. Quast: Der Sankt-Blasius-Dom zu Braunschweig, seine Geschichte und seine Kunstwerke. Braunschweig 1975