Nachhaltige Entwicklung
Nachhaltige Entwicklung (engl. Sustainable Development) bezeichnet eine Entwicklung, welche den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen (Verkürzte Definition Brundtland-Bericht).
Leitprinzip des 21. Jahrhunderts (Vereinte Nationen)
Mit dem Erdgipfel (UNCED) vom 3. bis 14. Juni 1992 in Rio de Janeiro wurde Nachhaltigkeit bzw. nachhaltige Entwicklung als normatives, internationales Leitprinzip der Staatengemeinschaft, der Weltwirtschaft, der Weltzivilgesellschaft sowie der Politik anerkannt und als Grundprinzip der Rio Deklaration und der Agenda 21 verankert. Im Zentrum des Erdgipfels standen im Prinzip alle Lebensbereiche, insbesondere die Neuausrichtung von Produktion und Konsum in Richtung Nachhaltigkeit in den Industrieländern, sowie die Bekämpfung der Armut in den Entwicklungsländern.
Konkretisiert wurde der Begriff Nachhaltigkeit in den Dokumenten des Rio-Johannesburg Prozesses wie zum Beispiel der Agenda 21, der Klimarahmen-Konvention, des Kyoto-Protokoll und des Aktionsplan von Johannesburg. Auf der örtlichen Ebene ist der Begriff durch die Lokale Agenda 21 Bewegung bekannt geworden. Wissenschaftlich beschäftigt sich die Nachhaltigkeitswissenschaft mit dem Gesamtkomplex Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung.
Grob betrachtet, steht Nachhaltigkeit im Gegensatz zur Verschwendung und kurzfristigen Plünderung von Ressourcen, und bezeichnet einen schonenden, verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen, der auch an zukünftigen Entwicklungen und Generationen orientiert ist. Wegweisend für diese Denkweise war der Text Die Grenzen des Wachstums der internationalen wissenschaftlichen Institution Club of Rome.
Neuere Entwicklungen
Seit dem Weltgipfel zur nachhaltigen Entwicklung (Johannesburg 2002) wurde ein Paradigmenwechsel zur Nachhaltigkeitsstrategie vollzogen, das heißt der Schwerpunkt liegt bei Konzepten und Methoden zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele. Außerdem wurden die Millenniumsziele der Vereinten Nationen fester Bestandteil der Umsetzung. Die Kluft zwischen Wort und Tat liegt insbesondere an fehlenden Finanzierungsmitteln, denn zur Realisierung dieser Ziele müssten bis 2015 980 Mrd.US$ zusätzlich bereitgestellt werden. Diese Mittel zu aktivieren hat sich die Global Marshall Plan Initiative verschrieben.
In Johannesburg wurde auch beschlossen, die Bildungsanstrengungen zur Umsetzung von Nachhaltigkeitskonzepten zu verstärken. Seit dem 1. Januar 2005 gibt es daher eine „UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung“. Umweltbildung und Globales Lernen sollen dazu beitragen, Gedanken und Strategien nachhaltiger Entwicklung besser als bisher in der Gesellschaft zu verankern.
Die Drei Säulen der nachhaltigen Entwicklung werden dabei vielfach um eine vierte - die der politischen Umsetzungsebene - erweitert. In der deutschen Politik wird die Bildungsperspektive besonders betont ([1]). Hierbei wird auch das informelle Alltagslernen einbezogen. Ein Bundestagsantrag aller Parteien unterstreicht die Priorität von Bildung in diesem Kontext ([2]).
Ebenfalls hält das Thema der nachhaltigen Entwicklung verstärkten Einfluss in neue Wissenschaften außerhalb der klassischen Gebiete wie zum Beispiel den Geowissenschaften. Hier ist beispielsweise die Forschungsstelle für das Recht der Nachhaltigen Entwicklung ([3]) an der Universität Bayreuth zu nennen. Die Vielfalt der Initiativen ist dabei sehr hoch, wobei man Methoden mit dem Ziel einer Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele als Nachhaltigkeitsstrategien bezeichnet.
Nachhaltigkeit versus nachhaltige Entwicklung?
Nachhaltigkeit ist das Ziel nachhaltiger Entwicklung. Nachhaltige Entwicklung dagegen der Prozess, welcher zu diesem Ziel führt. Vereinfacht und konkret ausgedrückt: Die dauerhafte Existenzfähigkeit der Erde und Ökosysteme ohne Grenzüberziehung ist zusammen mit der Erfüllung der Grundbedürfnisse aller Menschen und zukünftiger Generationen das eigentliche Ziel von Nachhaltigkeit. Der Weg hierhin ist die nachhaltige Entwicklung aller Bereiche.
Eine Unterscheidung und Abgrenzung von Nachhaltigkeit und nachhaltiger Entwicklung ist in Theorie und Praxis schwierig. Nachhaltige Entwicklung (engl.: sustainable development) wird meist synonym mit Nachhaltigkeit (engl.: sustainability) verwendet. In der Praxis gibt es daher sehr unterschiedliche Interpretationen von nachhaltiger Entwicklung und Nachhaltigkeit. Hinzu kommt noch, dass der Begriff Nachhaltigkeit schon lange in der Forstwirtschaft Verwendung findet, jedoch mit anderem Begriffsinhalt als die Brundtlanddefinition (siehe auch Nachhaltigkeit (Forstwirtschaft)).
Übersetzungsvarianten von "sustainable development"
Eine andere stark gebräuchliche Übersetzungsvariante des von der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung geprägten Begriffs sustainable development ist auch zukunftsfähige Entwicklung bzw. Zukunftsfähigkeit für sustainability. Dieser Begriff wurde 1995 mit der Studie "Zukunftsfähiges Deutschland" des Wuppertal Instituts eingeführt.
Weitere Übersetzungsvarianten (weit seltener im Gebrauch) sind: dauerhafte Entwicklung (Brundtland-Kommission), zukunftsbeständige Entwicklung (ICLEI,[5]), zukunftsverträgliche Entwicklung (Bundestag Enquete-Kommission) und aufrechterhaltbare Entwicklung (Meadows / Systemforschung).
Für ein besseres Verständnis von "Nachhaltiger Entwicklung" bietet sich das Schlüsselwort "Rücksichtnahme" an. Würden alle Menschen nach dem Prinzip der Rücksichtnahme leben - also die Bedürfnisse der Mitmenschen, der Gesellschaft allgemein und zukünftiger Generationen bei all ihrem Tun und Handeln berücksichtigen - so würde sich zwangsläufig das Ziel der Nachhaltigkeit einstellen und damit würden auch soziale oder ökologische Grenzüberschreitungen vermieden.
Zur Begriffsgenese
Nach den verheerenden Waldzerstörungen im ausgehenden Mittelalter, verankerte 1592 der Fürstbischof von Eichstätt das Nachhaltigkeitsprinzip der Waldbewirtschaftung in ein Gesetz mit 48 Artikeln. Im Jahr 1713 wird es von Carlowitz in Bezug auf Waldbewirtschaftung erwähnt (von Carlowitz (1645-1714)).
Die erste Verwendung des Begriffs sustainable development im neuen Sinn war in der Studie Global 2000 (1981, Time to Act S.137 ff), und 1980 in der World Conservation Stratety. Wissenschaftlich liegen seine Ursprünge in den Forschungen von Meadows und Jay W. Forrester (1972).
Die Brundtlanddefinition wurde 1987 als Terminus eingeführt. Sie stellt im gewissen Sinne eine diplomatische Kompromiss- bzw. Konsensformel dar, um die unüberwindbaren Gegensätze von Umwelt (Umweltschutz) und Entwicklung (Wirtschaftswachstum), von Nord und Süd, von Arm und Reich, in Einklang zu bringen. Dies ist bis heute noch nicht gelungen. Faktisch haben wir global eine rasante Beschleunigung von nicht-nachhaltiger Entwicklung z.B. beim Klimawandel. Auch wenn Nachhaltigkeit als globaler Transformations- und Verhaltensänderungsprozess nur langfristig erreicht werden kann, wird die Gefahr einer globalen Grenzüberschreitung immer wahrscheinlicher. Aus diesem Grunde hat das Leitprinzip Nachhaltigkeit existenzielle Bedeutung für das Überleben von Menschheit und Erde.
Verwendungen von nachhaltig als adjektiv
Oft finden wir auch Begriffe wie nachhaltige Stadtentwicklung,nachhaltige Landwirtschaft, nachhaltiger Tourismus, nachhaltiges Wachstum. Damit ist gemeint, dass das Objekt wie z.B. Stadtentwicklung im Sinne der Brundtland-Definition und des Rio-Johannesburg Prozess verstanden wird.
Umgangssprache
Die Eigenschaft nachhaltig ist seit längerem im allgemeinen Sprachgebrauch verankert, z.B. als nachhaltige Besserung. Bedingt durch seine Popularität hat die Aussagekraft des Begriffes stark abgenommen. Der Begriff wird häufig ohne ein tatsächliches Verständnis seiner Hintergründe benutzt ("nachhaltige Kursentwicklung von Aktien"). Oft ist eigentlich dauerhaft oder anhaltend gemeint. Dies gilt sogar für den politischen Bereich, z.B. der Nachhaltigkeitsfaktor in der Rentenformel.
Konzepte der Nachhaltigkeit
Schlüsselbegriffe der Nachhaltigkeit
Zwei Schlüsselbegriffe sind für die Umsetzung und das richtige Verständnis nachhaltiger Entwicklung / Nachhaltigkeit von zentraler Bedeutung. Das Konzept der Grundbedürfnisse (aller Menschen) und die Idee der Grenzen, insbesondere der Tragfähigkeit des globalen Ökosystems.
Definition nachhaltiger Entwicklung
Die Brundtland-Definition ist mit folgenden zwei Schlüsselbegriffen verbunden, die erst die verkürzte Definition verständlich und vollständig machen:
1. „Entwicklung zukunftsfähig zu machen, heißt, dass die gegenwärtige Generation ihre Bedürfnisse befriedigt, ohne die Fähigkeit der zukünftigen Generation zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen zu können“.
Diese Definition der intergenerativen ökologischen Gerechtigkeit ist Bestandteil aller danach vereinbarten internationalen Umweltabkommen.
2. „Eine zukunftsfähige Entwicklung beinhaltet die Idee der Begrenzung und ist ein Prozess der Veränderung, in dem die Nutzung der Ressourcen, die Struktur der Investitionen, die Orientierung des technischen Fortschrittes und die institutionellen Strukturen konsistent gemacht werden mit den zukünftigen und den gegenwärtigen Bedürfnissen."
Diese zweite Definition wird seltener zitiert. Sie verdeutlicht die Forderung einer Verhaltensänderung, die deshalb politisch weniger konsensuale Anerkennung findet.
Englisches Original:
"Sustainable development is development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs. It contains within it two key concepts: 1. The concept of “needs”, in particular the essential needs of the world`s poor, to wich overriding priority should be given; and 2. The idea of limitations imposed by the state of technology and social organization on the environment ability to meet present and future needs (Brundtland)".
Auf die fundamentale „Idee der Begrenzung“ der Brundtlanddefinition von nachhaltiger Entwicklung wird selbst in Fachkreisen bisher kaum direkten Bezug genommen, da die Brundtlanddefinition meist nur in verkürzter Form zitiert wird. Sie hat ihren Ursprung in dem berühmten Bericht an den Club of Rom "Grenzen des Wachstums".
Die „Idee der Begrenzung“ der Brundtlanddefinition (s.o.) verweist auch auf den wissenschaftlichen (Systemforschung) Terminus der Nachhaltigkeit im Sinne von aufrechterhaltbar, Aufrechterhaltbarkeit:
„Zustand eines Systems, das sich so verhält, dass es über unbeschränkte Zeiträume ohne grundsätzliche oder unsteuerbare Veränderungen (Zusammenbruch) [...] existenzfähig bleibt und vor allem nicht in den Zustand der Grenzüberziehung gerät“ (vgl. Meadows: Die neuen Grenzen des Wachstums. 1992: S. 298).
Die dauerhafte Existenzfähigkeit der Erde und Ökosysteme ohne Grenzüberziehung ist zusammen mit der Erfüllung der Grundbedürfnisse aller Menschen und zukünftiger Generationen, das eigentliche Ziel von Nachhaltigkeit. Der Weg hierhin ist die nachhaltige Entwicklung aller Bereiche.
Operationalisierung der Nachhaltigkeitsdefinition
Angewandt operationalisiert wurde die „Idee der Grenzen“ zum Beispiel durch die bekannten Managementregeln der Nachhaltigkeit, die Faktor 4 undFaktor 10 Konzepte, sowie durch die Zero-Emission Philosophie. Wissenschaftlich gibt es verschiedene Ansätze Nachhaltigkeit bzw. nachhaltige Entwicklung zu operationalisieren, das heißt messbar zu machen. Ein bekannter Ansatz ist hier der ökologische Fußabdruck oder auch das Umweltraum-Konzept der Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“.
Drei-Säulen-Modell
Das Drei-Säulen-Modell geht von der Vorstellung aus, dass Nachhaltigkeit durch das gleichzeitige und gleichberechtigte Umsetzen von umweltbezogenen, sozialen und wirtschaftlichen Zielen, die den oben genannten Nachhaltigkeitsprinzipien entsprechen, erreicht werden können. Dabei können diese drei Dimensionen unterschiedlich gewichtet werden. Kritisch betrachtet ist das Drei-Säulen-Modell nicht mit den Schlüsselprinzipen der Brundtland-Definition kompatibel.
Vor allem im Hinblick auf gleichzeitiges Wirtschaftswachstum kann laut Kritikern nicht von einer nachhaltigen Entwicklung gesprochen werden. Der Begriff Nachhaltiges Wachstum im Sinne von Wirtschaftswachstum gilt als Oxymoron. Der Grund hierfür ist die Tatsache, dass wirtschaftliches Wachstum nur durch eine stetig steigende Produktion von Konsumgütern einhergehend mit einem ständig steigenden Verbrauch von natürlichen Ressourcen gelingt. Das Adjektiv nachhaltig legitimiert laut den Kritikern das Ausbeuten der Natur. In der Tat wird die Formel nachhaltige Entwicklung oder nachhaltiges Wachstum mittlerweile von den weltgrößten Verschmutzern von Monsanto bis zu sämtlichen Autoherstellern und Ölkonzernen als heeres Ziel im Munde geführt. Als Ausweg aus diesem Widerspruch wird das Modell der nachhaltigen Wachstumsrücknahme angesehen ([4]).
Starke und schwache Nachhaltigkeit
Man unterscheidet zwischen „schwacher“ und „starker“ Nachhaltigkeit:
- Von schwacher Nachhaltigkeit redet man, wenn man davon ausgeht, dass es egal ist, in welcher Dimension Kapital erhalten bleibt bzw. geschaffen wird. So wäre es im Rahmen schwacher Nachhaltigkeit zum Beispiel akzeptabel, wenn Naturressourcen und damit Naturkapital erschöpft würden, wenn dem dafür angemessene Mengen geschaffenes Humankapital oder Sachkapital gegenübersteht.
- Starke Nachhaltigkeit bedeutet, dass Naturkapital nur sehr beschränkt bzw. gar nicht ersetzbar durch Human- oder Sachkapital ist. Ein Beispiel dafür ist das „Leitplankenmodell“. Ihm zufolge bilden die ökologischen Parameter, die langfristig stabile Lebensbedingungen auf der Welt sichern, einen Entwicklungskorridor, der unbedingt zu beachten sei. Nur innerhalb dieses Korridors bestehe ein Spielraum zur Umsetzung wirtschaftlicher und sozialer Ziele.
Ein wichtiges Instrument für die nachhaltige Produktentwicklung ist die Ökoeffizienz.
Nachhaltigkeit in der Praxis
Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft
Hauptartikel: Nachhaltigkeit (Forstwirtschaft)
Der ursprünglich aus der Forstwirtschaft stammende Begriff der Nachhaltigkeit wurde nach der deutschen Veröffentlichung des Brundtland-Berichts als eine Übersetzungsvariante für engl. Sustainability bzw. sustainable development verwendet. Mit der Übersetzung hat der „neue Nachhaltigkeitsbegriff“ einen neuen Inhalt bekommen, wobei es hier unzählige Interpretationen und auch kontextspezifische Neudefinitionen gibt.
„Der neue Begriffsinhalt der Brundtlanddefinition unterscheidet sich von der ursprünglichen forstwirtschaftlichen Konzeption aber auch von der umgangssprachlichen Verwendung. Wobei meist die Zeitdimension Langfristigkeit bzw. zukünftige Generationen die Schnittmenge ist.“
Von Bedeutung sind auch Maßnahmen im Nürnberger Reichswald zur langfristigen Holzversorgung. Diese geschahen bereits im 15. Jahrhundert.
Nachhaltigkeit im Bauwesen
Trotz des immensen Resourcenverbrauches der Bauwirtschaft an Rohstoffen, Grünflächen, Energie, Wasser und Flächen im generellen (zum Beispiel durch Sonderdeponien) wird das Thema „Nachhaltigkeit im Bauwesen“ nur sehr zögerlich angegangen. Grund hierfür ist eine einflussreiche Industrielobby, welche in vielen Fällen gegen nachhaltigen Einzelmaßnahmen agiert.
Nur schrittweise finden sich beispielsweise Firmen, die bereit und vor allem inhaltlich überhaupt in der Lage sind, das derzeit anspruchsvollste Qualitätszeichen in diesem Bereich zu erwerben. Es handelt sich dabei um natureplus, welches von einem internationalen Trägerverein mit Umweltverbänden und Verbraucherorganisationen betreut, sowie von führende Prüfinstitute aus zahlreichen Ländern überwacht wird.
Zunehmende Allergien, steigendes Gesundheitsbewußtsein sollte den Verbraucher auch im Bereich Bauen und Wohnen veranlassen, Produkte nach Emissionen, Inhaltsstoffen, Schadstoffen mehr zu hinterfragen. Hersteller, die eine umfassende Volldeklaration ihrer Produkte verweigern, gelten ohnedies a priori suspekt.
Für die praktische Umsetzung bedarf es einer engen Kooperation zwischen Forschung, Planer bzw. Architekten, ausführenden Handwerkern, Baubetrieben und Baustoffherstellern und dies wenn möglich in internationaler Zusammenarbeit.
Die Koordination dieser Akteure im Bau gelingt punktuell an manchen Stellen, so im Baufairbund Ahlen (NRW) und auch flächendeckend arbeiten vereinzelte Kompetenznetzwerke (beispielsweise Q3-Lebensqualität) an Hand von Pilotprojekten, sowohl hinsichtlich neuer Aus- und Weiterbildungskonzepte, als auch praktischer Bauobjekte, an der stärkeren Durchdringung des Marktes mit der Idee des „zukunftsfähigen, nachhaltigen Bauens“.
Dabei gilt es den Vorbehalten der Akteure zu begegnen, vor allem auch gegenüber sogenannten „Naturbaustoffen“, wobei beispielsweise im Förderprogramm der Bundesregierung „Markteinführungsprogramm für nachwachsende Dämmstoffe“ nur Produkte hoher Qualität mit entsprechenden bauaufsichtlichen Zulassungen gefördert werden. Auch in regionalen Bauordnungen werden teilweise noch sehr umfangreich konventionelle Produkte den nachhaltigen Bauprodukten vorgezogen.
"Ökologische Gebäudepässe" mit umfangreichen Produkt- Volldeklarationen und umfassender Gebäudedokumentationen ( "Bauhausuniversität Weimar" ) stellen dagegen zwischenzeitlich auch für Investoren und Banken ein wertvolles "Bewertungsinstrument" dar und sorgen dafür, dass durch bewusstere Planung, sorgfältige Ausführung mit strenger Baustellenkontrolle und der damit verbundenen Dokumentation zukunftsfähige, nachhaltige Bauwerke entstehen .
So unterstützt derzeit die Bundesstiftung Umwelt ein Forschungsprojekt "gesundheitsbewußter Holzhausbau" mit Projekten in Freiburg und Hamburg des Kompetenznetzwerkes Q3-Lebensqualität. Ziel ist die Erstellung von allgemein zugänglichen Handlungsanweisungen für Planer, Holzhausbauer und Verarbeiter für Planung, Produktauswahl, Haustechnik und Umsetzung "wohngesunder Häuser" mit zusätzlichem Schwerpunkt Wohnraum für Allergiker. ([1])
Nachhaltigkeit in der Wissensgesellschaft
Im Kontext der Diskussionen rund um den World Summit on the Information Society wird die Dimension Nachhaltigkeit zunehmend auch in der Auseinandersetzung mit dem Aspekt der Wissensgesellschaft berücksichtigt. Konkretes Ergebnis der Diskussionen deutschsprachiger zivilgesellschaftlicher Organisationen ist die Charta der Bürgerrechte für eine nachhaltige Wissensgesellschaft.
Nachhaltigkeit in der Berufsbildung
Unternehmen investieren jedes Jahr Millionenbeträge in die Entwicklung ihrer Abläufe und in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter um nachhaltiges Wirtschaften zu ermöglichen. Die Idee der Nachhaltigkeit in diesem Sektor ist es einen wesentlichen Teil dieser Investitionen zu reduzieren, indem ein Grundverständnis für nachhaltiges Wirtschaften bereits als integraler Bestandteil der Berufsausbildung vermittelt wird.
Ein wesentliches Problem der Durchsetzung von Nachhaltigkeit ist es, dass sie in der Managementebene mehr oder weniger verstanden wird, die Facharbeiterebene jedoch nicht genug einbezogen wird. Ohne diese Ebene ist Nachhaltigkeit jedoch nicht machbar. Entsprechend wird angestrebt, zur Umsetzung der Agenda 21 und zur weiteren Verbesserung der Qualität von Aus- und Weiterbildung das Thema Nachhaltigkeit verständlich zu machen und als Kompetenz in der Ausbildung zu etablieren.
Nachhaltigkeit in den Kirchen
Bereits 1989 ist das Konzept der nachhaltigen Entwicklung in der ersten Europäischen Ökumenischen Versammlung aller Kirchen Europas diskutiert worden. 1995 fand in Kreta die erste ökumenische Nachhaltigkeitskonsultation (Kreta-Konferenz) der Europäischen Bischofskonferenz und der Konferenz Europäischer Kirchen statt. 1996 wurde von der Franz von Assisi Akademie in Eichstätt (2. Ökumenische Konsultation „Christentum und nachhaltiges Europa“) die zweite Europäische Ökumenischen Versammlung vorbereitet. Von großer Bedeutung für die Nachhaltigkeitdiskussion war die Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“ die das Wuppertal Institut im Auftrag von Misereor und dem BUND 1995 durchführte.
1997 wurde auf der 2. Europäischen Ökumenischen Versammlung der Nachhaltigkeitskurs der europäischen Kirchen festgelegt, insbesondere wurde das Europäische Christliche Umweltnetz gegründet. In den folgenden Jahren fanden eine Reihe von Konferenzen statt.
Die kirchliche Nachhaltigkeitsarbeit ist sehr vielfältig und konkretisiert sich in der Praxis zum Beispiel in der
- Durchführung von Kirchlichen Umweltmanagement (nach EMAS II) und Nachhaltigkeitsmangement in Pfarreien und kirchliche Einrichtungen.
- Mitarbeit in Lokalen Agenda 21 Initiativen (in der Frühzeit von 1994 bis 1998 wurden viele Initiativen der Lokalen Agenda 21 von kirchlicher Seite angestossen).
- Unterstützung des Global Marshall Plans.
- Förderung ökologischer Landwirtschaft und regionaler Wirtschaftskreisläufe (Abtei Plankstetten).
- Förderung von Photovoltaik auf Kirchendächer.
- Förderung kirchlicher Windkraftanlagen.
Nachhaltigkeit in der Elektronischen Datenverarbeitung
Hauptartikel: Nachhaltigkeit (EDV)
Das Konzept der Nachhaltigkeit innerhalb der Elektronischen Datenverarbeitung umfasst drei Dimensionen:
- Aus umweltpolitischer Sicht ist das wachsende Aufkommen von Sondermüll in Form von Altgeräten äußerst bedenklich.
- Aus betriebswirtschaftlicher Sicht führen die wachsenden Hardwareanforderungen, die sich aus dem Erscheinen neuer Betriebssystem-Versionen ergeben, zu immer kürzeren Produktlebenszyklen. Die EDV-Abteilung muss die Anschaffungskosten von PCs teilweise innerhalb von 2-3 Jahren abschreiben.
- Aus Sicht des Systemadministrators besteht der Wunsch nach Sicherheit, Kontinuität und geringem Wartungsaufwand.
Der private Endnutzer wird alle drei Dimensionen gleichermaßen betrachten.
Stoffstrommanagement
Das Stoffstrommanagement (SSM) ist ein Tool der nachhaltigen Entwicklung und zielt auf die ökologisch und ökonomisch effiziente Beeinflussung von Stoffströmen unter Berücksichtigung sozialer Aspekte. Hauptziele sind dabei die die Ressourceneffizienz und das Schaffen nachhaltiger Kreisläufe. Dabei sollen keine „End-of-pipe“-Technologien verwendet werden. Im Unterschied zu vielen aktuell verwendeten Kreislaufkonzepten hat der soziale Aspekt im SSM ebenfalls einen gleich hohen Stellenwert, wie die ökologischen und ökonomischen Ziele.
Nachhaltigkeit in der deutschen Diskussion
Bis 1995 gab es wenige Zentren der Nachhaltigkeitsdiskussion in Deutschland. Wichtigste Zentren waren in der Frühzeit unter anderem das Wuppertal-Institut unter Leitung von Ernst Ulrich von Weizsäcker, das Forum Umwelt und Entwicklung in Bonn (NGO), sowie in Bayern die Franz von Assisi Akademie zum Schutz der Erde. Erst 1994 wurden die Dokumente des Rio-Erdgipfels wie zum Beispiel die Agenda 21 in deutscher Sprache verfügbar und damit setze auch eine breitere Umsetzungsdiskussion ein. Einen bis heute nachwirkenden Diskussionbeitrag leistete die Studie Zukunftsfähiges Deutschland .
Erste Umsetzung der Nachhaltigkeit
Das erste große Modellprojekt zur Umsetzung der Nachhaltigkeit und der Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“ war das vom Bundespräsident Roman Herzog ausgezeichnete Nationalprojekt, das Altmühltal-Agenda 21 Projekt (1995-1998) der Franz von Assisi Akademie zum Schutz der Erde und der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, wo in 25 Projektbereichen über 100 Maßnahmen durchgeführt wurden. Auch starteten die ersten Lokale Agenda 21 Prozesse.
Siehe auch: Nachhaltigkeitsstrategie
Aktuelle politische Diskussion
In der Folge wurde die politische Diskussion durch mehrere Enquête-Kommissionen des Deutschen Bundestages geführt. Am 21. Februar 2001 wurde der Rat für Nachhaltige Entwicklung berufen, welcher jährlich Jahreskongresse durchführt. Eine Art „Stimmungsbarometer“ der aktuellen Diskussion über Nachhaltigkeit in Deutschland sind die jeweiligen „Jahresreden“ des Kongresses vom Vorsitzenden Volker Hauff und von Bundeskanzler Gerhard Schröder. Die Vereinten Nationen haben die Dekade 2005 - 2015 zur 'UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung' erklärt.
Wissenschaftliche Diskussion
In der Wissenschaft entwickelten sich nach einer längeren Anlaufphase (ab 1997) eine Vielzahl von Arbeitsschwerpunkten. Sie reichen heute von der einzelwirtschaftlichen Betrachtung des „Betrieblichen Umweltschutzes“ über Funktionszusammenhänge wie „Nachhaltige Mobilität“, „Nachhaltigen Konsum“ oder „Nachhaltige Investition“ bis hin zu Betrachtungen weltweiter Zusammenhänge wie „Globale Nachhaltigkeit und WTO“ und ähnlicher Entwicklungspolitik.
Seit 2001 gibt es auch eine Nachhaltigkeitswissenschaft (Sustainability Science).
Siehe auch
- Agenda 21, Lokale Agenda 21,
- Entwicklungspolitik
- Rat für Nachhaltige Entwicklung, Lokale Nachhaltigkeitsstrategie,
- Responsible care, Stadtentwicklung, Nachhaltigkeitsbeihilfe, Aldo Leopold,
- Technikfolgenabschätzung
- World Summit on Sustainable Development,
- Ökosiedlung, Quartiarisierung,
- Nachhaltigkeit (Forstwirtschaft),
- Ökologischer Fußabdruck, Sanfter Tourismus
- Globales Lernen, Umweltbildung
- ökologieorientierte Betriebswirtschaftslehre, Umweltmanagement
- Integriertes Küstenzonenmanagement
- Imperialismustheorie, Entwicklungspolitik
- Werterhaltungssatz
Literatur
- Praxishandbuch Stoffstrommanagement Gebundene Ausgabe - Deutscher Wirtschaftsdienst Erscheinungsdatum: Juli 2002 ISBN 3871564818
- Balzer, Ingrid; Monika Wächter: Sozial-ökologische Forschung. Ergebnisse der Sondierungsprojekte aus dem BMBF-Förderschwerpunkt. München 2002.
- Bundesregierung: Perspektiven für Deutschland. Nachhaltigkeitsstrategie für Deutschland. Berlin 2002.
- BUND u. MISEREOR: Zukunftsfähiges Deutschland. Ein Beitrag zu einer global nachhaltigen Entwicklung. 1996.
- BUND u. MISEREOR: Wegweiser für ein zukunftsfähiges Deutschland. München 2002
- Deutscher Bundestag: Konzept Nachhaltigkeit. Vom Leitbild zur Umsetzung. Bonn 1998.
- Daly, Herman E.: Sustainable Development, Grundzüge einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung. In: Oikos 1992, 1-4.
- Eisermann, Daniel: Die Politik nachhaltiger Entwicklung. Der Rio-Johannesburg-Prozess. Bonn 2003.
- Eblinghaus, Helga/Stickler, Armin: Nachhaltigkeit und Macht. Zur Kritik von Sustainable Development. Frankfurt 1996
- FEST (Hrsg.): Indikatoren nachhaltiger Entwicklung in Deutschland - Ein alternatives Indikatorensystem zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Heidelberg 2004.
- Gege, Maximilian: Die Zukunftsanleihe. Wie Deutschland ein Modell für nachhaltiges Wachstum und Wohlstand werden kann. München 2004.
- OECD: Sustainable Development. Critical Issues. Paris 2001.
- Harborth, Hans-Jürgen: Dauerhafte Entwicklung statt globaler Selbstzerstörung - eine Einführung in das Konzept des „sustainable development“. Berlin.
- Radermacher, Franz Josef: Der Global Marshall Plan. Für eine weltweite ökosoziale Marktwirtschaft. 2004.
- Rogall, Holger: Akteure der nachhaltigen Entwicklung. München 2003.
- Scherhorn, Gerhard / Christoph Weber (Hrsg.): Nachhaltiger Konsum. Auf dem Weg zur gesellschaftlichen Verankerung. München 2002.
- Spangenberg, Joachim H.(Hrsg.): Vision 2020. Arbeit, Umwelt, Gerechtigkeit - Strategien für ein zukunftsfähiges Deutschland. München 2003.
- Stappen, Ralf Klemens: Die Global Marshall Plan Initiative und der Rio-Johannesburg Prozess. Strategische Optionen für die Umsetzung. Franz von Assisi Akademie 2004.
- Voigt, Beatrice (Hrsg.): Wasser. Schatz der Zukunft. Impulse für eine nachhaltige Wasser-Kultur. München 2004.
- Wallner, Dr. Heinz Peter und Michael Narodoslawsky: Die Inseln der Nachhaltigkeit. Verlag NP, Österreich.
- Weizsäcker, E.U.: Erdpolitik. Ökologische Realpolitik an der Schwelle zum Jahrhundert der Umwelt. Darmstadt 1992.
- Gerd Ketteler: Der Begriff der Nachhaltigkeit im Umwelt- und Planungsrecht. Natur und Recht 24(9), S. 513 - 522 (2002). ISSN 0172-1631
- Dietrich Murswiek: „Nachhaltigkeit“ - Probleme der rechtlichen Umsetzung eines umweltpolitischen Leitbildes. Natur und Recht 24(11), S. 641 - 648 (2002). ISSN 0172-1631
- Worldwatch Institute (Hg.): Zur Lage der Welt 2003. Münster 2003. ISBN 3-89691-537-1
Weblinks
Referenzen
- [1] Bericht der Bundesregierung zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung
- [2] Bundestag: Aktionsplan zur UN-Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“
- [3] Forschungsstelle für das Recht der Nachhaltigen Entwicklung - Universität Bayreuth
- [4] Le Monde Diplomatique: Das Gerede von der Nachhaltigkeit
Seiten mit weiterführenden Erläuterungen
- Was bedeutet eigentlich Nachhaltigkeit / Informationen von verbraucherbildung.de (Bildungsportal des Verbraucherzentrale Bundesverbandes e.V.)
- Nachhaltigkeit: Begriffserklärung, Hintergrund und aktuelle Informationen / Agenda 21 Treffpunkt / Bildungsserver learn:line NRW
- Lexikon der Nachhaltigkeit, Aachener Stiftung Kathy Beys
- Nachhaltigkeitsseite aus Österreich
- Forum on Science and Technology for Sustainability (engl.)