Jörg-Werner Schmidt

Jörg-Werner Schmidt (* 1941 in Schneidemühl; † 2010) war ein deutscher Installationskünstler und Maler. Er unterhielt Ateliers in Mittelhof und im Camp Reinsehlen.
Leben und Wirken


Der Vater von Jörg-Werner Schmidt verstarb infolge des Zweiten Weltkriegs. Durch den frühen Verlust seiner Heimat Pommern infolge des Krieges sah Schmidt sich selbst als seelisch und räumlich entwurzelt an. Als Kind lebte er mit seiner Familie eine Zeitlang in Unterlüß. Später war er beruflich im kaufmännischem Bereich tätig. Er war zweimal verheiratet und hat drei Töchter. Nach langjähriger Berufstätigkeit veräußerte Jörg-Werner Schmidt sein Unternehmen, um ab 1990 seinen künstlerischen Neigungen nachzugehen. Zunächst eröffnete er in seinem Wohnort Tutzing eine Galerie, widmete sich aber zunehmend eigenen künstlerischen Vorhaben. In seinem Wohnhaus schuf er 1991 als erste Plastik einen Lattenmenschen. In dieser Zeit setzte eine Phase mit intensiver künstlerischer Arbeit ein. Sie umfasste Malerei, die Herstellung von Plastiken aus Holz sowie Installationen in der Landschaft und Land Art.
In Jesteburg, das Schmidt durch eine Urlaubsreise kennengelernt hatte, bekam er 1991 eine Werkstatt zur Verfügung gestellt. 1991 richtete er sich in Mittelhof ein Atelier ein. 2001 absolvierte Schmidt ein Arbeitsstipendium in der Kartause Ittingen in der Schweiz. 2004 bezog er ein Atelier auf dem ehemaligen britischen Militärgelände des Camp Reinsehlen in der Lüneburger Heide, das er sich in einem früheren Pferdestall einrichtete. Auf dem großflächigen und bereits vom Militär verlassenen Gelände erschloss er sich einen Kunstraum durch das Aufstellen seiner Werke.
Material
Jörg-Werner Schmidt's bevorzugtes Material war Holz, dabei vor allem unbehandelte Dachlatten von Kiefer, Fichte oder Lärche im Format 2,5 x 5 cm. Das Holz das aus der jeweiligen Region ließ er sich in Sägewerken für seine Zwecke zurecht sägen. Die intensive Beziehung zum Werkstoff Holz erhielt er, da er als Kind auf dem Sägewerksgelände seines Großvaters in Pommern gespielt hat.
Werke
Lattenmensch

Zu Beginn seines künstlerischen Schaffens entwickelte Jörg-Werner Schmidt die Figur des Lattenmenschen. Dabei handelt es sich um flache Figuren mit menschlichen Konturen in Lebensgröße. Schmidt verwendete dafür, wie bei den meisten seiner Werke, Dachlatten aus unbehandeltem Nadelholz. Die einzelnen Latten sind durch Nägel, Schrauben und Leim miteinander verbunden.
Den ersten Lattenmensch schuf Jörg-Werner Schmidt 1991 im Keller seines Wohnhauses in Tutzing. Kurze Zeit später entstanden sechs weitere Plastiken dieser Art. Die Gruppe von sieben Lattenmenschen stellte er in Tutzing und München öffentlich aus. 1997 vergrößerte er die Gruppe der Lattenmenschen auf über 100 Holzplastiken, die bis zum Jahre 2009 an 22 Orten zu sehen waren. Laut Schmidt entfalten die Figuren erst in der Vielzahl als Gesellschaft ihre stärkste künstlerische Wirkung. Im Laufe der Ausstellungsjahre reduzierte sich die Zahl der Figuren dadurch, dass einige an Aufstellungsorten verblieben oder zerstört wurden.
Ausstellungsorte der Lattenmenschen
Installationen mit der Holzplastik des Lattenmenschen in unterschiedlicher Anzahl fanden statt in:
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Stuhlreihen

Ein weiteres Hauptthema von Jörg-Werner Schmidt waren Stuhlreihen. Dabei handelt es sich um Installationen mit aneinander gefügten oder einzel stehenden Stühlen aus Holzlatten mit hoher Rückenlehne, die an einen Thron erinnern. Der Künstler reflektierte mit dem Gegenstand die abendländische Kulturgeschichte des Stuhls. Er bietet Menschen Halt und Stütze bei verschiedenen Tätigkeiten, wie Warten, Regieren, Essen, Schreiben, Lesen. Im mecklenburgischen Dorf Mittelhof stellte er einen Stuhlkreis mit 12 einzelnen Stühlen auf, in deren Zentrum eine Linde gepflanzt wurde. Im Park von Schloss Blücher in Göhren-Lebbin plazierte Schmidt 1996 einen Stuhlkreis mit 117 Stühlen. Die Installation wurde 1998 wegen der Entstehung touristischen Anlage Land Fleesensee abgebaut und zum Teil nach Schloss Wrodow und Camp Reinsehlen verlagert.
Knickpyramide

Die im Camp Reinsehlen im Jahre 2007 aufgestellte Knickpyramide entstand nach dem Vorbild der Knickpyramide von Dahschur. Sie besteht aus Holzlatten, für die 50 Baumstämme von Douglasien und Lärchen aus dem Bereich des Forstamtes Sellhorn bei Bispingen gefällt wurden. [1] Die quadratische Grundfläche der Pyramide hat eine Seitenlänge von 10,8 Meter. In 2,2 Meter Höhe knickt die 5,2 Meter hohe Pyramide nach innen ab. Ursprünglich drang durch die Lattenzwischenräume der Pyramide ein warmer Lichtschein und eine Klanginstallation gab einen unterschiedlich starken Klang ab. [2] 2011 waren diese Funktionen nicht mehr in Betrieb. Ursprünglich plante Schmidt eine unterirdisch begehbare Kunstgalerie unter der Pyramide, was aus Kostengründen nicht umgesetzt wurde.
Zwischenräume

Die erste öffentliche Arbeit Jörg-Werner Schmidt im Camp Reinsehlen war das Bild Zwischenräume auf dem Transformatorengebäude. Da es sich etwa in der Mitte des großen Freigeländes befindet, ist es von weit her sichtbar. Das Bild besteht aus 13 cm breiten, roten und 7 cm breiten weißen Streifen auf der 6 Meter hohen und 9 Meter breiten Gebäudefassade. Die Zwischenräume zwischen den Streifen sollen symbolisch für Lebensabschnitte stehen, wie Arbeit und Urlaub, Gesundheit und Krankheit. Aus der Entfernung sorgen die Streifen für optischen Täuschungen, so das sie gleich breit erscheinen. Bei Sonnenschein und Wärme flimmert die Fläche aus der Distanz und erscheint als eine einheitlich Fläche in rosa Farbe.
Ausstellungen
- 1997 Jesteburg: Kunstwoche zum Thema Luxus, Installation von 25 offenen Kästen aus Dachlatten und zu einem Gehweg zusammengefügte Dachlatten sowie Masken in Form von 6 Plastiken aus Dachlatten
- 1998 Schwerin: Installation Eine Gesellschaft mit 80 Lattenmenschen vor der Nord/LB
- 2000 Jesteburg: Kunstwoche zum Thema Romantik, Installation Romantische Gesellschaft mit 28 Lattenmenschen, die vom Dach des Gebäudes auf die Straße kommen.
- 2002 Hessiale in Gießen: "Die Kraft von Symbolen"
- 2003 Internationale Gartenbauausstellung in Rostock: Land Art-Projekt "Don Quijote"
- 2005 Camp Reinsehlen: "Zwischenräume" als Bild am Trafohaus
- 2005 St. Pauli Elbtunnel in Hamburg: Kunstinstallation "meinungsbild - Ich vermisse in Deutschland...“ mit 101 Lattenmenschen
- 2006 3. Schweizerische Triennale der Skulptur in Bad Ragaz und Vaduz: Eine Stuhlreihe
- 2007 Camp Reinsehlen: "Knickpyramide"
- 2008 Internationale Skulpturen-Ausstellung in Cottesloe/West-Australien: Kunstinstallation "Gesellschaft" mit Lattenmenschen
- 2009 Internationale Skulpturen-Ausstellung am Strand von Aarhus mit Kunstinstallation "Gesellschaft" mit 77 Lattenmenschen[3]
Literatur
- Jörg-Werner Schmidt: Reisen durch die Kunst des Jörg-Werner Schmidt, Teil eins, Arbeiten zur Kunstwoche Jesteburg, 2001, Altenburg
- Werner Köster: Die Geschichte des "Camp Reinsehlen", Von der Fintauquelle zum Magerrasen, 2002, Schneverdingen
- Jörg-Werner Schmidt: Reisen durch die Kunst des Jörg-Werner Schmidt, Teil zwei, Fünf Stationen, 2003, Altenburg
Weblinks
- Website des Künstlers
- Website des Künstlers zum Lattenmenschen
- Foto von Jörg-Werner Schmidt mit Lattenmenschen
- Foto einer Gruppe von Lattenmenschen auf der Freifläche von Camp Reinsehlen
Einzelnachweise
- ↑ Heidekurier vom 18. April 2007 (pdf, 9 MB)
- ↑ Einweihung der Knickpyramide
- ↑ Von Sydney nach Aarhus - Kunst am Strand
Personendaten | |
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NAME | Schmidt, Jörg-Werner |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Installationskünstler und Maler |
GEBURTSDATUM | 1941 |
GEBURTSORT | Schneidemühl |
STERBEDATUM | 2010 |