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ß

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ß – das Eszett oder scharfe S (gelegentlich auch als Straßen-S, Buckel-S, Ringel-S, Rucksack-S oder Dreierles-S bezeichnet) ist ein Konsonantenbuchstabe, der zur Wiedergabe der Fortis /s/ dient. Es gibt Regeln zur Verwendung von ß und ss (mehr dazu unten). Das ß wird heute ausschließlich in der deutschen Sprache verwendet, nicht jedoch in der Schweiz und in Liechtenstein. Der Buchstabe ß hat in deutschen Texten eine durchschnittliche Häufigkeit von 0,32%. Er ist damit der 25.-häufigste Buchstabe in deutschen Texten.

ß in einem alten italienischen Text

Entstehungsweisen

Antiqua-ß ggü. Textura-ß und Fraktur-ß

Es gibt zwei verschiedene Ursprünge des ß:

  • Ligatur ſs, aus dem so genannten langen s (ſ, sieht aus wie ein f ohne Querstrich) und dem (normalen) runden s.
  • Ligatur ſz, aus ſ und z.

Die Ligatur aus langem ſ und rundem s war zum Beispiel in englischen oder französischen Antiquaschriften zu finden, bevor das lange ſ im Laufe des 18. Jahrhunderts außer Gebrauch geriet (siehe nebenstehendes Bild). In deutschen Texten, die damals überwiegend in gebrochener Schrift gesetzt wurden, findet sie sich nur in Ausnahmen, zum Beispiel auf einigen Antiqua gesetzten Titelblättern zu Johannes Keplers Werken, um 1620. Sie wird dort für jedes ss verwendet, wohingegen das Fraktursatz-ß im selben Text nur am Wortende auftritt.

Die Ligatur aus langem ſ und z ist seit dem Mittelalter fürs Deutsche verwendet worden. Im Zuge der 2. Lautverschiebung waren aus germanischem /t/ und // zwei verschiedene Laute entstanden, die zunächst beide mit zz wiedergegeben wurden. Zur besseren Unterscheidung schrieb man den einen schon bald als sz, den anderen als tz. Der mit ss geschriebene Laut unterschied sich ursprünglich von dem mit sz geschriebenen; das ss war nämlich eher "sch-artig". Auch als diese zwei Laute zusammenfielen, behielt man beide Schreibungen bei. Man brachte sie aber durcheinander, weil niemand mehr wusste, wo ursprünglich ein sz gestanden hatte und wo ein ss. Im Laufe der Jahrhunderte bildete sich die heute bekannte Verteilung von ss und ß heraus, die mit der ursprünglichen Verteilung der zwei verschiedenen Laute nichts zu tun hat. Eine Vereinheitlichung für das gesamte deutsche Sprachgebiet gelang erst mit der Reform der deutschen Rechtschreibung von 1901.

Als im späten 18. und im 19. Jahrhundert deutsche Texte vermehrt in Antiqua gesetzt wurden statt in gebrochener Schrift, suchte man eine Antiqua-Entsprechung für die in der gebrochenen Schrift üblich gewordene Ligatur ß, um die Unterscheidung von ss und ß auch in der Antiqua bezeichnen zu können.

Ligatur aus langem ſ und s sowie aus ſ und z

Für die Form des Antiqua-ß hat es vier verschiedene schriftgestalterische Ansätze gegeben:

  1. Buchstabenkombination ſs (nicht als Ligatur),
  2. Ligatur aus ſ und s,
  3. Ligatur aus ſ und einem z, das wie in der Fraktur von der Form her wie eine 3 aussieht,
  4. eine Art Ligatur aus ſ und einer Art 3, so dass ein Zeichen entsteht, das einem griechischen kleinen Beta β ähnelt (eine Art Kompromiss aus 2. und 3.).

Heutzutage sind die meisten ß entweder nach 2. oder nach 4. geformt, doch bisweilen findet sich auch eines nach 3. (heute noch auf Straßennamenschildern z.B. in den deutschen Städten Berlin und Bonn). Die Variante nach 1. wird nur sehr selten verwendet.

Die Ansicht des Typografen Jan Tschichold, dass das deutsche ß auf eine ſs-Ligatur zurückgehe, hat sich weit verbreitet, obwohl sie aus Sicht der historischen Sprachwissenschaft nicht haltbar ist.

"Claßen": langes und rundes s in lateinischer Schreibschrift anstelle von ß, Köln Juli 2005
Beispiel für ein ß in der 3. Form (Ligatur aus ſ und einem z) auf einem Berliner Straßenschild
langes und rundes s statt ß in Pirna 2004


Verwendung

Das ß dient der Wiedergabe des stimmlosen s-Lautes /s/. Dieser Laut wird entweder mit s, mit ß oder mit ss geschrieben. Eindeutig formulierte Regeln gab es im Duden bis zur 1996er Reform allerdings nur für die Verwendung von ß und ss; es wurden keine Regeln formuliert, in welchen Fällen ein einfaches s geschrieben wird, und nicht ß oder ss. Nach alter wie nach neuer Rechtschreibung ist diese Frage auch weniger eindeutig zu beantworten, da es für das Deutsche charakteristisch ist, dass in bestimmten Umgebungen b, d, g, s u.a. anstelle von p, t, k, ß u.a. stehen können, auch wenn es dafür synchron keine Erklärung (mehr) gibt (z.B. das, es, bis, ab, ob, und, jeglich, hübsch).

In der gesprochenen Standardsprache ist die Aussprache der s-Laute und der vorangehenden Vokale in Fällen wie dass - das, Grieß - Gries(gram), fasst - fast oder biss - bis vollkommen identisch. Der Reformtext von 1996 versucht hier erstmals eine umfassende Beschreibung der Verteilung von s, ß und ss, und zwar in engerem Zusammenhang mit den Regeln für die übrigen Laut-Buchstaben-Beziehungen als meist üblich. (Es gab übrigens auch schon im Reformtext von 1901 eine relativ ausführliche Beschreibung der Schreibung der s-Laute, die aber in die offiziellen Duden-Regeln keinen Eingang gefunden hat.) Dabei wird die Verwendung von ß nicht mehr wie in früheren Darstellungen primär im Verhältnis zu ss beschrieben, die beide dem Gebrauch von s gegenüberstehen. Vielmehr gilt hier nun ß als besondere Schreibung anstelle von s (für [s], §25), während ss ganz in Parallele zu den anderen doppelt dargestellten Konsonanten der Markierung des vorhergehenden Kurzvokals (als "Kürzezeichen") dient, damit also nichts anderes als die verdoppelte Form von s/ß darstellt.

Im Einzelnen gilt:
Nach den "grundlegenden Laut-Buchstaben-Zuordnungen" bei den Konsonanten (§22) gilt s als die grundlegende Zuordnung sowohl für den stimmhaften als auch den stimmlosen s-Laut. Damit sind dann für den stimmlosen s-Laut Schreibungen wie fast, knuspern, Skat, kosmisch, hopsen, Psalm abgedeckt (also die Position vor Konsonanten und nach stimmlosen Konsonanten). Im Abschnitt "Besondere Kennzeichnung der kurzen Vokale" wird in §2 ss als verdoppelte Form von s zur Kennzeichnung von kurzen Vokalen (ganz in Parallele zu den anderen verdoppelten Konsonantenbuchstaben) erklärt (Hass, bisschen, wessen, dass wie Bann, Männchen, nennen, dann). Dass die doppelten Konsonantenbuchstaben auch in Ableitungen erhalten bleiben (fasst, fallt), ist in den "Vorbemerkungen" unter Punkt (2.2) als allgemeines Phänomen des Deutschen beschrieben worden (weitgehende Konstantschreibung der Morpheme). Im genannten Abschnitt zur Verdopplung finden sich auch (§5) die Regeln für den Wechsel Zeugnis - Zeugnisse, Kürbis - Kürbisse, der in Parallele mit dem Wechsel Ärztin - Ärztinnen gesehen wird, und die Verwendung von ss in Fremdwörtern. Im selben Abschnitt wird in §4 außerdem beschrieben, in welchen Fällen die Verdopplung unterbleiben kann: u.a. bei "eine[r] Reihe einsilbiger Wörter mit grammatischer Funktion". So wird deutlich, dass das, ab, an, um, mit, es usw. ausnahmsweise nicht mit ss, bb, nn, mm usw. geschrieben werden (das ist in der Tat keine eindeutige Regel, da es daneben auch "einsilbige Wörter mit grammatischer Funktion" wie dann, wann und nach neuer Rechtschreibung auch dass gibt). In §25 ("Besonderheiten bei [s]") wird ß als besondere Schreibung (anstelle von s) in bestimmter Umgebung eingeführt: "nach langem Vokal oder Diphthong", "wenn im Wortstamm kein weiterer Konsonant folgt" (so ist also geregelt, dass Straße, Grieß, außer, Strauß usw. mit ß geschrieben wird, aber fast, knuspern, Skat, kosmisch, hopsen, Psalm eben nicht). Unter dem Abschnitt zur "Auslautverhärtung" (§23) werden die Schreibungen mit s anstelle von ß abgehandelt, die sich (wie auch bei b, d, g, v anstelle von p, t, k, f) aufgrund der im Deutschen üblichen Auslautverhärtung erklären lassen. Im selben Abschnitt (§23, E2) findet man außerdem noch Beispiele, wo ausnahmsweise b, d, g, s, v zu finden sind, obwohl nach den im Reformtext formulierten Regeln eigentlich p, t, k, ß, f zu erwarten wären (das deckt dann besondere s-Schreibungen wie Gries(gram) ab). Dass manchmal orthographische Ausnahmeschreibungen auch zur Unterscheidung von Bedeutungen verwendet werden können (das vs. dass, Gries- vs. Grieß), ist ebenfalls in den "Vorbemerkungen" abgehandelt.

Dass ß/ss im Gegensatz zu s nur in diesem begrenzten Umfange verwendet wird (begrenzter als beispielsweise p/pp oder k/ck in Bezug auf b und g), ist wie so vieles in der Schreibung reine Konvention, historisch gewachsen und bisher von einer Reform nicht grundsätzlich angetastet worden.

Vor und nach der Reform von 1996 ist die Setzung von ss oder ß (vergleichbar mit der Setzung anderer Doppelkonsonantenbuchstaben und ihrer einfachen Pendants) dem Wechsel der Vokalquantität untergeordnet. Dies bedeutet, dass der so genannte paradigmatische Zusammenhang (also die Konstantschreibung von Morphemen) an Ausspracheunterschieden und den Regeln für deren Darstellung seine Grenzen hat.

Vergleiche die verschiedenen Formen von essen:

  • nach der alten und neuen Schreibung: wir essen (kurzes "e"), aber ich aß (langes "a"),
  • nach der alten Schreibung iß! und er ißt (kurzes "i", ß aber einfach, weil kein Vokal folgt),
  • nach der neuen Schreibung iss! und er isst (kurzes "i").

Vergleiche die verschiedenen Formen von treffen:

  • wir treffen (kurzes "e"), aber ich traf (langes "a"),
  • triff! und er trifft (kurzes "i").

Das für die Rechtschreibregeln zur Schreibung von doppelten Konsonantenbuchstaben zentrale Kriterium der Vokallänge ist vor allem in der Diskussion um die Darstellung der ß-Regeln immer wieder als problematisch bezeichnet worden, da die Vokallänge in verschiedenen Teilen des deutschen Sprachgebiets nicht mit den Verhältnissen in der Standardsprache übereinstimmt (z.B. bayrisch "gspassig" = spaßig, "miaßen" = müssen, "kaffa" = kaufen, norddt. "Trabb, Badd, Grass").

Im Telex-Verkehr der bundesdeutschen Sicherheitsbehörden ist auch heute noch die Verwendung "sz" anstelle von ß amtlich vorgeschrieben. Dies dient zwar dazu, das fehlende ß auf der Tastatur zu ersetzen, aber auch, um Verwechslungen mit "ss" zu vermeiden.

Vor der Reform von 1996

Die vor der Rechtschreibreform von 1996 geltende ß-Regelung geht auf den Orthografen Johann Christoph Adelung zurück und wurde durch die Rechtschreibreform von 1901 Grundlage der für Schulen und Ämter in deutschsprachigen Staaten verbindlichen Rechtschreibung. Der Adelungschen Rechtschreibung gemäß wird in den folgenden Fällen ß geschrieben:

  • Am Wortende: muß, , Kuß, daß
  • vor der Kompositionsfuge (mithin ebenfalls am Wortende eines Kompositionsgliedes): kußecht, Schlußstrich, Paßbild
  • vor einem Konsonantenbuchstaben: müßt, paßt, grüßt, wäßrig, unvergeßne, Rößl
  • nach einem betonten langen Vokal: Straße, , aßen, Buße, grüßt (unverändert)
  • nach einem (gleichermaßen als lang geltenden) Diphthong: heißen, außen (unverändert).

ss dagegen nur:

  • zwischen Vokalbuchstaben, von denen der erste als Kurzvokal gesprochen wird: müssen, Wasser, Küsse, Busse, Rüssel.

Ein durch Fortlassung ans Wortende gerutschtes ss bleibt nach den offiziellen Duden-Regeln nur erhalten, wenn die Auslassung durch ein Apostroph gekennzeichnet wird: (ich) lass', aber: laß! (Imperativ). Allerdings wurde diese Regelung auch in offiziellen und öffentlichen Texten nicht immer beachtet, z.B. Freßgass (Frankfurt am Main). Davon abgesehen kommt ss am Wortende nur in Eigennamen vor (Grass; Günter Grass zählt allerdings zu den entschiedenen Gegnern der Reform).

In der alten Rechtschreibung richtet sich somit die Verteilung von ß und ss teils nach graphotaktischen Kriterien (Berücksichtigung der grafischen Umgebung: Wortende oder folgender Konsonantenbuchstabe) und teils nach dem Kriterium der Aussprache (Berücksichtigung der Länge des vorangehenden Vokals bzw. der damit in Verbindung stehenden Ambisyllabizität des Konsonanten selbst).

Seit der Reform von 1996 (aktuell)

Die Handhabung des ß gemäß der Rechtschreibreform von 1996 (ausführliche Beschreibung siehe oben) folgt der sogenannten Heyseschen s-Schreibung, die auf den Orthografen Johann Christian August Heyse zurückgeht. Ihre Erfindung wird auf das Jahr 1829 datiert. Von 1879 an galt sie in Österreich, bis sie im Rahmen der Vereinheitlichung der deutschen Orthografie (Rechtschreibreform von 1901) abgeschafft wurde, da ohnehin die meisten Österreicher nach Verlassen der Schule zur Adelungschen Regelung übergingen. Danach stand die Regel bereits einmal im Dritten Reich kurz vor ihrer Wiedereinführung: Die 1941 unter Reichserziehungsminister Bernhard Rust herausgebrachten "Vorschläge zur Vereinfachung der deutschen Rechtschreibung" sahen ebenfalls das Doppel-s nach kurzem Vokal vor (vgl. Reform der deutschen Rechtschreibung von 1944).

In der Heyseschen s-Schreibung wird in folgenden Fällen ß geschrieben und nicht ss:

  • nach einem langen Vokal: Straße, Fuß, Füße, grüßt
  • nach einem Diphthong: heißen, heißt

ss dagegen generell:

  • nach einem kurzen Vokal: müssen, Fluss, Pass, kussecht, passt, dass, Rössl.

Die Verteilung von ß und ss richtet sich in diesem System somit nur noch nach dem Kriterium der Standardaussprache (vgl. oben). Somit gilt für ß/ss die Regel, dass der auf einen kurzen Vokal folgende Konsonant immer als Doppelbuchstabe geschrieben wird (vgl. Gasse mit kurzem a wie Gatte, Halle, Karre, Knappe), wie bei den anderen Konsonanten unabhängig davon, ob dieser Konsonant ambisyllabisch ist (zwischen zwei Vokalen steht und zu beiden Silben gehört) oder ob er vor einem anderen Konsonantenbuchstaben oder am Wortende steht (vgl. die oben unter Verwendung genannten Formen von essen und treffen). Die undifferenzierte, ausnahmslose Anwendung der Regel und die ausschließliche Kopplung an die Vokalquantität im Wortlaut des Reformtextes hebt sie aber von der Regelung für die anderen Konsonanten wieder ab (ß kommt dadurch im Gegensatz zu anderen Konsonanten z.B. nicht ausnahmsweise am Wortende nach Kurzvokal vor: weiterhin ab, un-, in, aber nicht mehr daß, miß-; Schreibungen von geografischen Namen wie Darß, Börßum werden von der Regelung nicht erfasst, obwohl sie die einzig möglichen regelmäßigen Schreibungen für diese Namen darstellen). Außerdem erklärt die Reform-Regel für die ß-Verwendung die Schreibung dreißig nicht, da nach dem Wortlaut der Regel ß nur nach Vokalen innerhalb des Wortstammes stehen darf.

Die Gegner der Rechtschreibreform führen als ärgerlich vor allem das veränderte Schriftbild an, das in bestimmten Fällen auch die Leserlichkeit verschlechtere, nämlich:

  • da, wo nach der nicht mehr durch das ß gekennzeichneten Wortfuge ein Vokal (Messergebnis) oder ch folgt (bisschen);
  • da, wo wegen der ebenfalls durch die Reform veränderte Dreikonsonantenregel drei s - oft mit unterschiedlichem Lautwert - aufeinandertreffen, wie bei: Schlussstrich, Missstimmung, Nussschokolade, Basssolo, Verschlusssache.

Die betroffenen Wörter dürfen daher gemäß § 45 des reformierten Regelwerks mit Bindestrich geschrieben werden: Mess-Ergebnis, Schluss-Strich, Miss-Stimmung, Nuss-Schokolade, Bass-Solo, Verschluss-Sache, auch wenn das nur wie eine Verlegenheitslösung für ein Problem erscheint, das es vor der Reform nur in viel geringerem Maße gab (SCHLOSSSTRASSE/SCHLOSS-STRASSE, Tee-Ei, Großerzeuger/Groß-Erzeuger, Druckerzeugnis/Druck-Erzeugnis/Drucker-Zeugnis); manche empfinden den Bindestrich als aufdringlich und daher als Lesestörung. Ein ch kann auch auf ein einfaches s folgen: Häschen; dieses Problem existierte bereits vor der Rechtschreibreform, seit man das lange ſ aufgegeben hat.

Es ist umstritten, ob die Veränderung der ß-Schreibung wirklich die angestrebte Lernerleichterung bringen kann. Eine Studie des Leipziger Lernpsychologen Prof. Harald Marx, die die entsprechenden Rechtschreibleistungen von Grundschulkindern vor und nach der Reform vergleicht, gibt keinen Aufschluss darüber. Zwar hätten die Fehler im Bereichs s-Laut-Schreibung seit der Reform deutlich zugenommen, doch dies könne daran liegen, dass die Schüler außerhalb der Schule oft in Kontakt mit der alten Rechtschreibung kamen.

Zur ausführlicheren Diskussion siehe auch die Kritik und Apologetik.

In der Schweiz und in Liechtenstein

In der Schweiz und in Liechtenstein ist das ß seit den 1930er Jahren stufenweise außer Gebrauch geraten, obwohl es nie offiziell abgeschafft oder gar verboten wurde. So entschied die Erziehungsdirektion des Kantons Zürich, das ß vom 1. Januar 1938 an in den kantonalen Volksschulen nicht mehr zu lehren. Andere Kantone folgten. Mitauslöser dieser Entwicklung dürfte die zunehmende Verbreitung der Schreibmaschine gewesen sein. Da mit der Schweizer Einheitstastatur auch französische und italienische Texte geschrieben werden, wurden die Tasten für ß und die großen Umlaute mit französischen Buchstaben (ç,à,é und è) belegt.

Als letzte schweizerische Tageszeitung entschied die Neue Zürcher Zeitung, ab dem 4. November 1974 auf das ß zu verzichten. Buchverlage, die für den gesamten deutschsprachigen Markt produzieren, verwenden das ß nach wie vor.

Anstelle von ß wird ss geschrieben. ss steht damit - anders als andere Doppelkonsonantenbuchstaben - nicht nur nach Kurzvokalen. Somit hat ss in der Schweizer Orthografie eine andere Funktion als in den übrigen deutschsprachigen Ländern. ss dient hier nicht der Markierung eines Kurzvokals, sondern übernimmt die Rolle von ß und repräsentiert grundsätzlich den ß-Laut. Wie bei anderen Digrafen (z. B. ch) ist die Länge oder Kürze des vorangehenden Vokals nicht erkennbar (Russ vs. Russland, vgl. hoch vs. Hochzeit).

Bei der Silbentrennung wird in der Schweiz (bzw. im Versalsatz oder wenn kein ß zur Verfügung steht) seit der Regelung von 1996 ein ss in s-s aufgelöst. Vorher wurde z. B. das Wort Blösse als Blö-sse getrennt (in Analogie zu Blö-ße), seither aber als Blös-se. Tatsächlich haben wohl die meisten Schweizer diese Regel schon angewendet, bevor sie eingeführt war.

In letzter Zeit ist ein vermehrter Gebrauch des ß in der privaten SMS-Kommunikation zu beobachten, also gerade in einer Kommunikationsform, die unter den jüngeren Teilnehmern fast ausschließlich im schweizerdeutschen Dialekt abgewickelt wird. Dieser Gebrauch dient allein der Platzersparnis und dazu, weniger tippen zu müssen: ß steht für jegliches Doppel-s, also auch dort, wo es weder nach alter noch nach neuer Rechtschreibung stehen dürfte, vgl. beßer, cha di nid vergäße "kann dich nicht vergessen" oder sogar Hopp Suiße! (Suisse: frz. für Schweiz). Aus gleichem Grund wird bei ungarischen SMS das sz durch ß ersetzt.

Einordnung

In der alphabetischen Sortierung (DIN 5007) wird das ß wie ein ss behandelt. Bei Wörtern, die sich nur durch ss bzw. ß unterscheiden, kommt das Wort mit ss zuerst, z. B. Masse vor Maße (DIN 5007, Abschnitt 6.1); der Duden weicht in dieser Hinsicht von der Norm ab: hier kommt das Wort mit ß zuerst, z. B. boßeln vor bosseln.


Darstellung in Computersystemen und Ersetzung

Im Computerbereich wird das ß oft als Umlaut bezeichnet, da es die gleiche Art von Problemen hervorruft wie die echten Umlaute: es ist vor allem nicht in ASCII enthalten, dem "kleinsten gemeinsamen Nenner" so gut wie aller Zeichensätze. Daher wird es in verschiedenen Fällen verschieden codiert.

Kodierung

Das ›ß‹ wird folgendermaßen definiert und kodiert:


Internationaler Zeichenkodierungsstandard Unicode
und Kodierung im Internet-Dokumentenformat HTML
Zeichen Unicode
Position
Unicode
Bezeichnung
Bezeichnung HTML
hexadezimal
HTML
dezimal
HTML
benannt
ß U+00DF Latin small letter sharp s Lateinischer Kleinbuchstabe Eszett ß ß ß


Im veralteten ASCII-Zeichensatz aus dem Jahr 1963 ist das Zeichen nicht enthalten, weshalb viele ältere Computersysteme es nicht darstellen konnten. Allerdings enthielt bereits die ASCII-Erweiterung ISO 8859-1 (auch als Latin-1 bekannt) 1986 das Eszett. Fast alle modernen Computer verwenden den im Jahr 1991 eingeführten Unicode-Standard und können das Eszett daher problemlos verarbeiten und darstellen. Eine wichtige Ausnahme stellt weiterhin das Eingabeaufforderungs-Fenster von Microsoft Windows dar; dort wird aus Kompatibilitätsgründen immer noch der alte IBM-PC-Zeichensatz verwendet, sodass Umlaute und ß andere Codenummern erhalten.

TeX und LaTeX

In TeX und LaTeX2.09 wird das scharfe s durch \ss dargestellt. Mit german.sty gilt auch die vereinfachte Darstellung "s.

In LaTeX2e gibt es auch ein großes scharfes s, das als doppeltes großes S gedruckt wird. Der zugehörige Eingabebefehl ist \SS. Das große scharfe s ist auch in der Cork-Kodierung enthalten. Der Grund hierfür ist, daß TeX Wörter wie Maße und Buße auch dann richtig trennen kann, wenn sie komplett in Großbuchstaben geschrieben sind.

Mit dem "inputenc"-Paket kann das ß auch direkt in den Quelltext geschrieben werden, wenn dieser (wie heute üblich) in ISO-8859-1 codiert gespeichert wird.

Tastatur

Auf der deutschen Tastatur liegt die Eszett-Taste in der oberen Tastenreihe zwischen der Taste für die Ziffer null und der Taste für den Akutakzent. Die schweizerische Tastatur verfügt über kein (sichtbar gekennzeichnetes) Eszett, es kann aber meist über die Tastenkombination AltGr + s erreicht werden.

Auch auf der britischen und der amerikanischen Tastatur fehlt das Zeichen.

Ersetzung und ähnliche Zeichen

Kann das Zeichen nicht dargestellt werden, weil es in der verwendeten Schriftart oder dem Zeichensatz fehlt, so sollte es durch die Buchstaben ›ss‹ ersetzt werden (aus Straße wird Strasse).

Da allerdings nahezu alle modernen Computersysteme und -schriften auf Unicode basieren, kann das Eszett heutzutage theoretisch weltweit dargestellt, verarbeitet, übertragen und archiviert werden. Eine Ersetzung aus technischen Gründen ist deshalb nur noch selten nötig. Auch wenn die verwendete Tastatur das Zeichen nicht aufweist, kann es meistens über eine entsprechende Funktion des Betriebssystems oder des jeweiligen Texteditors eingefügt werden (Windows: Alt + 0223 oder Alt + 225 auf dem Ziffernblock; Macintosh: Alt + s; Unix/X11: Alt Gr + s, Alt 223 oder Compose, s, s).


Ähnliche und verwandte Zeichen –
mit folgenden Zeichen besteht zum Teil Verwechslungsgefahr
Zeichen Unicode
Position
Unicode
Bezeichnung
Bezeichnung
B U+0042 Latin capital letter B Lateinischer Großbuchstabe B
β U+03B2 Greek small letter beta Griechischer Kleinbuchstabe Beta

Eszett im Versalsatz (Großschrift)

Versales Eszett auf dem Titelblatt des Duden, Leipzig 1957

Da ß am Wortanfang nicht auftreten kann, hat sich nie ein entsprechender Großbuchstabe entwickelt. Deshalb wird es im Versalsatz immer durch SS ersetzt (Straße → STRASSE).

Probleme mit dem Eszett im Versalsatz und bei Kapitälchen treten bei Eigennamen auf, da die zugrundeliegende Schreibweise nicht erkennbar bleibt (WEISS = Weiß oder Weiss). Als einzig zulässige Ausnahme behilft man sich hier bei Personaldokumenten mit der Verwendung des ß (WEIß), eine Praxis, die durch eine versale Form für das Eszett aus typografischer Sicht weniger unangenehm ins Auge stechen würde. Kapitälchen bieten ebenfalls einen recht befremdlichen Anblick. Oftmals führt allein der Verzicht auf Großschreibung und Kapitälchen zu einem befriedigenden Schriftbild.

Vor der Rechtschreibreform von 1996 war (nach dem Vorbild der Brüder Grimm) die Schreibung SZ bei Verwechslungsmöglichkeit zulässig (z. B. Maße: MASSE – MASZE), nach dem Reformtext von 1901 sogar die einzig zulässige Möglichkeit (z.B. PREUSZEN, RUSZLAND usw.). Von dieser Möglichkeit wurde anscheinend in den Jahren nach 1901 immer seltener Gebrauch gemacht, so dass sie sich nicht einbürgern konnte. Für die Schreibung des Deutschen hat der Ersatz von ß durch SZ zwar eine größere Eindeutigkeit, da SZ im Gegensatz zu SS nicht oder nur sehr selten in gleicher Umgebung wie ß vorkommen kann (nur Wörter wie FASZINIEREND, ASZENDENT bergen eine gewisse Doppeldeutigkeit). Doch gerade bei der Wiedergabe von Familiennamen gibt es auch bei der Verwendung von SZ Uneindeutigkeit, da hier auch sz neben ß des Öfteren (vor allem in Namen slawischen oder ungarischen Ursprungs, z.B. Sudaszewski, Liszt) gebraucht wird.

Ältere Textverarbeitungs- und Schriftsatzprogramme lassen das Eszett bei der Wandlung von Texten in Großbuchstaben unberücksichtigt. So schleichen sich bei unbedarften und unaufmerksamen Anwendern gelegentlich entsprechende Fehler ein.

Es hat immer wieder ernsthafte Bemühungen gegeben, ein versales Eszett einzuführen, besonders zu Anfang des 20. Jahrhunderts und später in der jungen DDR (so wurde z.B. die Schaffung eines versalen Eszetts in den ersten Duden-Ausgaben nach 1901 immer wieder gefordert und im DDR-Duden von 1957/1965 auf den Titelseiten auch realisiert). All diese Bestrebungen sind bislang erfolglos geblieben. Ein Vorschlag zur Aufnahme eines versalen ß in Unicode (siehe Weblink) ist 2005 abgelehnt worden. Die versalen Formen des ß in der Abbildung sind von der im genannten Unicode-Vorschlag abgeleitet.


Links zulässige Schreibweisen, rechts unzulässige


Siehe auch

Literatur

  • Maas, Utz: Grundzüge der deutschen Orthographie, Tübingen, Niemeyer 1992, S. 310-317, ISBN 3484311207.
  • Poschenrieder, Thorwald: S-Schreibung - Überlieferung oder Reform? In: Eroms, Hans-Werner/Munske, Horst H.: Die Rechtschreibreform, Pro und Kontra, Berlin, Erich Schmidt 1997, ISBN 3503037861.
  • Wolf-Dieter Michel: Die graphische Entwicklung der s-Laute im Deutschen, Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur Bd. 81 (1959), S. 456–480.
  • Gallmann, Peter: Warum die Schweizer weiterhin kein Eszett schreiben. Sprachspiegel 4/1996, Luzern, S. 124-130. Neuabdruck in Augst, Gerhard et al. (Hrsg.): Zur Neuregelung der deutschen Orthographie, Tübingen, Niemeyer 1997.

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