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Karl Popper

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Sir Karl Raimund Popper (* 28. Juli 1902 in Wien; † 17. September 1994 in London) war ein österreichischer und britischer Philosoph, Soziologe und Wissenschaftstheoretiker.

Leben

Karl Popper wurde in Wien am 28. Juli 1902 als Sohn des jüdischen Rechtsanwalts Simon Siegmund Carl Popper und Jenny, geborene Schiff, geboren. Simon Siegmund stammte aus Prag, die Vorfahren seiner Mutter kamen aus Schlesien und Ungarn. Der Familie Schiff entstammten viele bedeutende Persönlichkeiten des 19. und 20. Jahrhunderts: Wissenschaftler, Ärzte und Musiker. Der Dirigent Bruno Walter gehörte zu ihnen.

Die Situation der Juden zu dieser Zeit in Wien war schwierig. Zum einen nahmen sie wichtige Positionen ein; Poppers wohlhabender Vater beispielsweise arbeitete eng mit dem damaligen liberalen Bürgermeister der Stadt Raimund Grübl zusammen. Zum anderen waren völkisch-antisemitische Vorurteile alltäglich.

Popper trat aus der sechsten Klasse der Realschule aus und legte sein Abitur als Auswärtiger erst im zweiten Anlauf ab. Im Jahr zuvor scheiterte er ausgerechnet an den Fächern Latein und Logik. Weiterhin absolvierte Popper eine Gesellenprüfung als Tischler.

Als Popper in den 1920-er Jahren sein Studium begann, dominierte für eine kurze Zeit die politische Linke. Das so genannte Rote Wien erlebte seine Blüte. Popper engagierte sich dort - zunächst vor allem an pädagogischen Fragen interessiert - auch in der sozialistischen Jugendbewegung. Für kurze Zeit war er sogar kommunistisch organisiert. Nachdem er miterlebt hatte, wie bei einer gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Kommunisten und der Wiener Polizei acht Menschen ums Leben kamen, wandte er sich aber schnell wieder von der Bewegung ab. Er begegnete jedoch in der damals einzigartigen Wiener Atmosphäre Menschen wie Ruth Fischer, Hanns Eisler, Paul Lazarsfeld, Oskar Kokoschka, Adolf Loos, Arnold Schönberg und Rudolf Serkin.

Nach der Promotion mit einem mathematischen Thema bei dem Psychologen und Sprachtheoretiker Karl Bühler im Jahre 1928 erwarb Popper 1929 die Lehrberechtigung für die Hauptschule in den Fächern Mathematik und Physik. Popper nahm Kontakt zum Wiener Kreis auf. Da er viele wichtige Ansätze des Kreises kritisierte, gestaltete sich dies zunächst als schwierig. Allerdings fühlten sich die Wiener gezwungen, auf seine begründeten Vorwürfe einzugehen. Sein wissenschaftstheoretisches Hauptwerk „Logik der Forschung“ erschien schließlich, obwohl Popper darin ihren Positivismus kritisiert, toleranterweise bei einer Schriftreihe des Wiener Kreises (was Popper fälschlich den Ruf eines Positivisten einbrachte). Es wurde vom Wiener Kreis als ein ihren Diskussionen entsprungenes Werk gewürdigt. Die darin beschriebene Forderung nach Falsifizierbarkeit von Aussagen gilt heute als Grundlage der modernen wissenschaftlichen Arbeit.

Der Wiener Kreis, vielleicht die wichtigste philosophische Gruppe des frühen 20. Jahrhunderts, wurde an der Wiener Universität immer mehr angefeindet; der Inspirator Moritz Schlick 1936 von einem Studenten erschossen - zum Jubel der deutschnationalen Presse jener Zeit.

1937 wanderte Popper nach Neuseeland aus, um der Machtübernahme der Nazis in Österreich zu entgehen. Versuche, in die USA oder nach Großbritannien zu entkommen zerschlugen sich. Popper musste seine Familie, die damals kranke Mutter, seine Schwester, Onkel, Tanten und Nichten zurücklassen. Von ihnen wurden 16 bis 1945 von den Nazis ermordet.

Am Canterbury College in Christchurch, Neuseeland, fühlte Popper sich vereinsamt und von der Welt abgeschnitten. Trotzdem publizierte er weiter.

1946 nahm Popper einen Lehrauftrag für Philosophie an der London School of Economics and Political Science in England an. Vor allem Friedrich August von Hayek (siehe auch dort) unterstützte ihn beim Erreichen dieser Stellung. Poppers Haltung zum ausgeprägt liberalen Hayek ist nicht völlig klar. Obwohl sie sich methodologisch nahe standen und er grundlegende Konzepte von Hayek übernahm (z.B. das Prinzip der spontanen Ordnung), misstraute Popper den reinen Marktmechanismen. Die Armut und Verzweiflung, die er in seiner Wiener Jugend erlebte, formten sein Weltbild. Popper propagierte eine sozial orientierte Reformpolitik, die jedoch nicht in Staatsgehorsam enden dürfe.

1965 wurde Popper von Queen Elisabeth II. für sein Lebenswerk zum Ritter geschlagen. 1969 emeritierte er, publizierte aber stetig weiter. Er war Mitglied der von Hayek gegründeten neoliberalen Denkfabrik Mont Pelerin Society, der Royal Society (London) und der International Academy of Science. Befreundet war er u.a. mit dem deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt. Bedeutende Schüler Poppers waren Hans Albert und Paul Feyerabend, letztgenannter wurde später sein Kritiker.

Popper starb am 17. September 1994 in East Croydon (London).

Werk

Wissenschaftstheorie

siehe hierzu auch den Hauptartikel: Kritischer Rationalismus

Popper legte seine Ansichten zur Wissenschaftstheorie im Werk Logik der Forschung dar, das 1934 zuerst auf Deutsch erschien und in nachfolgenden englischen und deutschen Ausgaben stetig erweitert und verbessert wurde (wenige Monate vor seinem Tod 1994 fügte Popper noch einen neuen Anhang hinzu)

Popper behauptet darin, dass wissenschaftlicher Fortschritt dadurch geschehe, dass bestimmte Theorien durch Experimente widerlegt ("falsifiziert") werden. In einem evolutionsartigen Selektionsprozess setzen sich so diejenigen Theorien durch, die "wahrheitsnäher" sind. Sicheres Wissen kann dabei allerdings nie erreicht werden; alles Wissen ist vorläufig.

Da wissenschaftliche Sätze niemals bewiesen werden können, ist das einzige Kriterium für die Wissenschaftlichkeit eines Satzes seine (prinzipielle) Falsifizierbarkeit. Ein Satz, der etwas über die Realität aussagt, muss widerlegt werden können; Sätze, die nicht widerlegt werden können (etwa „Morgen regnet es oder auch nicht“), sagen nichts über die Realität aus und liefern keinen Erkenntnisgewinn.

So können wir zwar nicht sicher wissen, ob eine Theorie wahr ist, aber sehr wohl, dass eine bestimmte Theorie falsch ist: nämlich wenn ein Experiment sie widerlegt. Durch dieses "Aussieben" falscher Theorien kommen wir, so Popper, der Wahrheit immer näher, ohne sie jemals zu erreichen. Durch diese Umkehrung des klassischen Versuchs, Theorien zu "beweisen", kommt Popper zur ungewohnten Forderung: Wissenschaftler sollten versuchen, ihre Theorien zu widerlegen bzw. mit entscheidenden Experimenten (experimentum crucis) Theorien auszusieben. Er betont zwar auch die Notwendigkeit der Kreativität beim Aufstellen einer Theorie; wichtig für den Fortschritt sei allerdings vor allem die kritische Überprüfung, die nur von den "wahrheitsnächsten" Theorien bestanden wird (siehe auch: Falsifikationsethos).

Besonderen Wert legt Popper darauf, dass der wissenschaftliche Fortschritt nicht durch logische Induktion erfolge und nicht mit der Wahrscheinlichkeitsrechnung beschreibbar sei. Diese Ansichten hatten von Aristoteles ausgehend die meisten Wissenschafttheoretiker vertreten, auch Mitglieder des Wiener Kreises. Zur Frage der Induktion beharrt Popper darauf, dass man aus Einzelfällen kein allgemeines Gesetz ableiten, sondern nur allgemeine Sätze widerlegen könne. Auch die Versuche, aus Einzelfällen wenigstens Wahrscheinlichkeiten von Theorien abzuleiten, hält er für verfehlt und liefert in seinem Buch mehrere mathematische und philosophische Argumente, um die Unsinnigkeit von Sätzen wie „Theorie A ist mit 80%iger Wahrscheinlichkeit wahr“ zu zeigen.

Popper betont, dass sein Ansatz allein methodologischer Art sei und keineswegs metaphysische Aussagen treffe. Die metaphysische Frage, ob es überhaupt "Naturgesetze" gibt, lässt er bewusst offen, auch wenn er persönlich die Argumente dafür für überzeugender hält.

Mit seiner Arbeit sah sich Popper im Gegensatz zu den Neopositivisten des Wiener Kreises und insbesondere den Lehren von Ludwig Wittgenstein.

Außer in der Logik der Forschung legte Popper diese Ansichten in den Schriften Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie, Die Quantentheorie und das Schisma der Physik und Objektive Erkenntnis. Ein evolutionärer Entwurf dar. In Vermutungen und Widerlegungen (englisch Conjectures and Refutations) wandte er die Methode, wie im Titel angedeutet, auch praktisch an.

Poppers Ansatz wurde in philosophischen Kreisen vielfach und mit unterschiedlichen Argumenten kritisiert, insbesondere durch die relativistischen Positionen von Thomas Kuhn oder Paul Feyerabend, letzterer zweifelte sogar den Nutzen eines Faches wie der Wissenschaftstheorie überhaupt an. Imre Lakatos versuchte aufgrund der Kuhnschen Kritik eine Reformulierung des Falsifikationimus.

Ob sich Poppers Position unter Wissenschaftlern selbst durchgesetzt (siehe Wissenschaft) und damit in seinem Sinne "bewährt" hat, ist umstritten. Vor allem viele Physiker (darunter etwa Albert Einstein) teilten jedoch schon früh seine Position. Umstritten war die Anwendung der Popperschen Theorien, die er hauptsächlich an den Naturwissenschaften gewonnen hatte, auf dem Gebiet der Gesellschaftswissenschaften (siehe Abschnitt Positivismusstreit).

Neben dem "Falsifikationismus" ist ein starker "Indeterminismus" der wichtigste Bestandteil von Poppers Weltsicht. Er sah sich hierin vor allem von der Quantenmechanik bestätigt. Metaphorisch behauptete er einmal, bisher habe man sich auch Wolken wie sehr komplexe Uhrwerke vorgestellt; tatsächlich seien aber eher Uhrwerke nur scheinbar sehr geordnete Wolken. Diesen Indeterminismus übertrug er auch auf gesellschaftliche Zustände (Die Zukunft ist offen). Im Gegensatz zum Falsifikationismus wurde Poppers Indeterminismus auch unter Wissenschaftlern nicht allgemein anerkannt.

Gesellschaftstheorie

Poppers in der Öffentlichkeit bekanntestes Werk ist das in alle Weltsprachen (und laut Popper leider schlecht ins Deutsche) übersetzte „The Open Society and Its Enemies“ (dt. „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“) 1945. Darin rechnet er detailliert mit den Gedankenmodellen von Platon, Hegel und Marx ab, die seiner Meinung nach totalitäre Systeme befördert haben. Als Gegenbild dieser "geschlossenen Gesellschaften" entwirft er eine "Offene Gesellschaft", die nicht am Reißbrett geplant, sondern pluralistisch ist und sich in einem endlosen Prozess von Kritik und Verbesserungen fortentwickelt. Der Begriff Offene Gesellschaft ist in die politische Sprache eingegangen.

Dem „göttlichen Philosophen“ Platon wirft Popper vor, insbesondere mit seinen späteren Werken Politeia (Der Staat) und Nomoi (Die Gesetze) das Grundmodell des totalitären Staates ausgearbeitet und propagiert zu haben. Damit habe er auch Verrat an seinem Lehrer Sokrates begangen, der, wie Popper darlegt, in Platons "idealem Staat" als Aufrührer hingerichtet worden wäre. Platons Ablehnung der attischen Demokratie und seine Bevorzugung eines autoritären Regimes sogenannter "Philosophenkönige", die nichts mehr mit dem sokratischen Philosophen zu tun haben und explizit Lügenpropaganda verwenden dürfen, versucht Popper mit vielen Textstellen zu belegen. Platon sei damit der erste und wichtigste Propagandist einer geschlossenen Gesellschaft gewesen, in der es keine Veränderung gibt und Eliten diktatorisch herrschen. Auch sei Platon ein Verbreiter der Verfallstheorie der Gesellschaft, nach der die Gesellschaft ursprünglich in einem "guten" (geschlossenen) Naturzustand ("Mythos von der Horde") war und jede Öffnung, Liberalisierung und Emanzipation Zeichen von Dekadenz und Verfall sind. Diese Lehre sei wichtiger Bestandteil der Propaganda aller Diktaturen geworden. Ähnliche, aber weniger umfangreiche Kritik übt Popper an Aristoteles.
Popper gesteht ein, dass Platon (und Aristoteles) ein großes, bedeutendes Werk geleistet haben und für die abendländische Philosophie und Wissenschaft von überragender Bedeutung sind. Aber "große Männer begehen große Fehler", und es sei nötig, die totalitären Tendenzen in ihren Werken zu kritisieren.

Der zweite Band des Werkes gilt der Kritik der „orakelnden Philosophen“ des 19. Jahrhunderts, insbesondere G.W.F. Hegel und Karl Marx. Hegel hält Popper neben Fichte in erster Linie für einen Betrüger, in zweiter Linie für einen Apologeten der Staatsmacht, dessen Philosophie ebenfalls totalitäre Systeme begünstigt habe. Den Vorwurf des Betrugs - der übrigens von Arthur Schopenhauer und anderen, gegen Fichte auch von Immanuel Kant geteilt wurde - erhebt Popper mit Hinweis auf die dialektischen Methoden der Hegelschen Philosophie. Diese seien - soweit sie überhaupt verständlich sind - allein postuliert, um die Regeln der Logik auszuhebeln und etwa das autoritäre Preußen als Verwirklichung der Freiheit glorifizieren zu können. Hegel sei ein offizieller Staatsphilosoph gewesen, der mit seinem Rechtspositivismus ("Was wirklich ist, ist vernünftig") die bestehende Staatsmacht hofiert habe. Ein größerer Teil der Hegelschen Schriften sei des weiteren absichtlich unverständlich formuliert, um Kritik unmöglich zu machen. Popper versucht auch Verbindungen dieses Denkens zu Zentralismus, Etatismus und Nationalismus nachzuweisen.

Der im Band ebenfalls kritisierte, „vielgescholtene“ Karl Marx kommt etwas besser weg. Popper bezeichnet Marx als bedeutenden Ökonomen und Soziologen und räumt ein, dass Marx nicht ausgeschlossen habe, dass der Weg zum Kommunismus auch auf nicht-revolutionäre Weise erreichbar wäre. Vehement kritisiert er jedoch Marx' von Hegel übernommene dialektische und historizistische Methode, die letztlich zu einem geschlossenen Weltbild führe. Auch große Teile der marxistischen Kapitalismustheorie seien verfehlt. Ihm zugute hält er ein ehrliches Mitgefühl an den Leiden der sozial Schwachen und echtes Interesse an einer Verbesserung der Welt; in einer später zugefügten Anmerkung revidiert Popper diese Meinung allerdings: Marx sei offenbar "weit weniger menschlich und freiheitsliebend gewesen", als er es angenommen hatte; er verweist hierzu auf Leopold Schwarzschilds Buch "Der rote Preuße".

Die Veröffentlichung wirkte 1945 als politisches Signal. Sie greift geschlossene Denkstrukturen und Ideologiekonstruktionen an. Obwohl weder der Nationalsozialismus noch der stalinistische Sozialismus explizit genannt werden, wird deutlich, dass sich die Kritik gegen sie richtet. Popper entwirft das Modell einer offenen und pluralistischen Gesellschaft, in der sich Fortschritt langsam einstellt.

Ein weiteres Werk aus diesem Themengebiet ist „What is Dialectic“; in diesem kritisiert er die Marxsche und Hegelsche Dialektik nach den Begriffen der formalen Logik. Das 1957 schließlich als Buch erschienene „The Poverty of Historicism“ (dt: „Das Elend des Historizismus“) greift wieder vor allem Marx und Hegel aufgrund ihrer Methodik an. Im Historizismus, dem Glauben, die Geschichte verlaufe gesetzmäßig und Gesellschaften ließen sich planen, sieht Popper ein Grundübel der Gesellschaftstheorie.

Kritik

Kritiker werfen Popper vor, er äußere sich in seiner Dialektik-Kritik nicht dazu, ob sich Hegels und Marx' Dialektik überhaupt in formale Sätze fassen lässt. Popper und seine Anhänger wiederum sahen in dieser Kritik eine Bankrotterklärung und den Versuch, die "Dialektik" gegen jede Kritik zu immunisieren, indem man sie unfassbar macht und ihr höhere Wahrheit als der Logik zuschreibt. Auch inhaltlich hat Popper Kritik erfahren: die Kritik Platons aus der Perspektive des 20. Jahrhunderts mit Begriffen des 20. Jahrhunderts werde einem Werk der athenischen Demokratie und Polis kaum gerecht. Auch seien Poppers eigene Übersetzungen aus dem Altgriechischen tendenziös und verfälschend. Die Hegel-Kritik wiederum beruhe, so die Kritiker, auf keiner tieferen Kenntnis des Werks, ignoriere wichtige Abschnitte und gebe andere falsch wieder; sie diene in Poppers Buch auch eher dazu, die Marx-Kritik vorzubereiten.

Popper glaubte an die eine Vernunft des Menschen. Aber auch er musste während der Konfrontation mit Marcuse einsehen, dass er durch die eben genannte Annahme seine Erkenntnistheorie widerlegen würde. Denn dadurch lässt er den Menschen in einem vor-vernünftigen Akt von sich aus die Vernunft wählen. Und dieses ist nicht beweisbar, sondern nur eine Theorie. Popper gab aber zu, dass der Glaube an die Vernunft ein irrationales Moment in seinem Denken ist. Ob jeder das Ideal der offenen Gesellschaft anstrebt ist fraglich, und ob die Erkenntnis und Politik einen evolutionären Gang geht, was er annimmt, lässt ihn nicht nur sehr fortschrittsgläubig erscheinen, sondern auch realitätsblind. Zu belegen in einem Interview, welches mit ihm von Volker Friedrich 1987 geführt wurde: Zitat Sir Karl Raimund Popper: „Diese ganze Rederei über Kapitalismus und dergleichen ist ja vollkommener Unsinn. Es gab natürlich Ausbeuterer und so weiter. Aber wenn man die Geschichte ansieht, wird man sehen, wie selten das ist und wie sehr sich das dauernd verbessert hat. Die gegenwärtige Situation ist genau umgekehrt: Die Gewerkschaften sind das größte Hindernis für die Freiheit der Arbeiter und für die Freiheit überhaupt.“ Hieran kann man sehen, dass der Wunsch einer offenen Gesellschaft nur Vater des Gedankens ist. Dabei wollte er eben keine Utopie darstellen, sondern genau dagegen ankämpfen, dass das Jetzt mehr an Bedeutung gewinnt, und sich der Mensch nicht in Utopien verrennt.

"Positivismusstreit"

Mit seiner Grundsatzdiskussion über die „Logik der Sozialwissenschaften“ auf der Tübinger Arbeitstagung 1961 entfachte Popper den irrtümlich so genannten Positivismusstreit in der deutschen Soziologie. Ihm und seinem Schüler Hans Albert, die ausgehend vom Kritischen Rationalismus die Falsifizierbarkeit einer Theorie mit wissenschaftlichem Anspruch forderten, wurde dort von den Dialektikern der Frankfurter Schule, Theodor Adorno und dessen Schüler Jürgen Habermas, widersprochen. Einen Mittelweg suchte dabei Ralf Dahrendorf. Bekannt geworden ist in diesem Zusammenhang auch ein Brief Poppers, der (ohne dessen Einwilligung) 1970 in der Wochenzeitung Die Zeit unter dem Titel „Gegen die großen Worte“ veröffentlicht wurde; u.a. "übersetzt" Popper darin Texte Adornos und Habermas' in allgemeinverständliche Sprache, um deren mageren Informationsgehalt aufzuzeigen.

Popper prägte den Begriff vom liberalen Rasiermesser, selbst bezeichnete er sich als „nichtrevolutionären Liberalen“.

"Drei-Welten-Theorie"

In der Philosophie des Geistes wehrte sich Popper sowohl gegen den klassischen Körper-Geist-Dualismus als auch gegen alle neueren monistischen Theorien. Er schlug eine pluralistische Position vor, welche drei „Welten“ voneinander unterscheidet: nämlich Welt 1, das ist die physikalische Welt; Welt 2, die Welt des Bewusstseins; und Welt 3, die Welt der geistigen Gehalte. Popper zufolge hat die klassisch duale Trennung den Unterschied zwischen einem Bewusstseinserlebnis und beispielsweise dem logischen Gehalt einer Theorie ignoriert. Beides werde dort undifferenziert dem Mentalen zugeordnet.

Popper behauptet zudem, dass diese Welten insofern real sind, als sie kausal in Wechselbeziehung stehen, wobei Welt 2 als Mittler zwischen Welt 3 und Welt 1 auftritt. Ein Beispiel wäre ein Bauplan (Bewohner der Welt 3), welcher von einem Menschen erfasst wird (Welt 2: Ereignis) und dann physikalisch umgesetzt wird (Welt 1). Obwohl Popper Welt 3 für ein Erzeugnis der Menschen hält (im Gegensatz etwa zu Platons und Hegels Vorstellungen) glaubt Popper an eine Unabhängigkeit und Objektivität der Welt 3. Sein eigenes Beispiel ist die Erfindung der Zahlen, und das darauf folgende, „ungeplante“ Auffinden der Primzahlen unabhängig von menschlichem Zutun.

Eine ähnliche Trennung in drei Welten kann man im klassischen Griechenland als Logos, Psyche und Physis finden, bei den Römern als Ratio, Intellectus, und Materia, und nicht zuletzt bei Kant als Vernunft, Verstand und Außenwelt.

Werke

(Die Jahreszahlen beziehen sich auf das Ersterscheinungsjahr in deutscher Sprache.)

Literatur

  • Wilhelm Baum und Kay E. Gonzalez: Karl R. Popper. Morgenbuch-Verlag, Berlin 1994. ISBN 3-371-00393-0
  • Malachi Haim Hacohen:Karl Popper - the formative years. Politics and Philosophy in Interwar Vienna. Cambridge: University Press 2000. ISBN 0-521-47053-6
  • Martin Morgenstern und Robert Zimmer: Karl Popper. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2002. ISBN 3-423-31060-X

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