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Rosenkreuzer

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Unter den Rosenkreuzern fasst man heute mehrere Geheimgesellschaften zusammen, die sich auf eine alte Tradition gleichen Namens berufen. Diese geht zurück auf einen Mythos, der Anfang des 17. Jahrhunderts in Deutschland entstand. Er hat die Existenz einer Geheimgesellschaft zum Inhalt, die Ende des 15. Jahrhunderts von einem gewissen Christian Rosencreutz gegründet worden sein soll. Absicht der Rosenkreuzer, die im Besitz eines ungeheuren Schatzes und geheimen Wissens seien, sei es, die menschliche Wohlfahrt durch den Aufbau eines von ihnen gelenkten Regimes in Europa zu sichern, bevor die Welt schließlich ihr Ende finde.

Am Anfang des Rosencreutzer-Mythos stehen drei im Druck erschienene Texte, die sogenannte Fama Fraternitatis, die Confessio Fraternitatis und die chymische Hochzeit. Sie sind die ersten historisch nachweisbaren Dokumente, die vom angeblichen Bestehen der geheimen Rosenkreuzer-Bruderschaft berichten.

Johann Valentin Andreae und Beginn der Rosenkreuzer-Bewegung

Theophilus Schweighart - Speculum sophicum Rhodostauroticum - 1604

Urheber der chymischen Hochzeit ist aller Wahrscheinlichkeit nach der evangelische Theologe Johann Valentin Andreae (15861654). Die Urheberschaft von Fama Fraternitatis und Confessio Fraternitatis ist unklar, es steht jedoch zu vermuten, dass sie von Autoren in Andreaes Umfeld stammen. Eine andere Theorie besagt, dass er daran mitgewirkt habe.

In Andreaes Umfeld wurde der Gedanke einer „Generalreformation“ der ganzen Welt entwickelt, die eine Erneuerung des (100 Jahre nach dem Beginn der Reformation in Deutschland) ins Stocken gekommenen reformatorischen Gedankens anstrebte.

Fama Fraternitatis

Die Fama Fraternitatis erschien 1614 ohne Autorenangabe. Sie ist ein kurzer Abriss der Lebensgeschichte eines Christian Rosencreutz, der versucht, sein im Nahen Osten und in Afrika gesammeltes Wissen in Europa weiterzugeben, aber an der Borniertheit der europäischen Gelehrten scheitert. Er gründet daraufhin eine eigene Bruderschaft, um die besonderen Kenntnisse zu bewahren, bis die Zeit reif dafür ist. Die Mitglieder der Bruderschaft verteilen sich in Europa. In der Zentrale dieser Gesellschaft findet die dritte Generation nach Rosencreutz im Jahre 1604 den Leichnam des Gründers. In der Fama heißt es, „[e]s soll unser Gebäude [...] der gottlosen Welt unzugänglich bleiben“. Sie publizieren dies nun, um Kontakt zu Wissenschaftlern und Interessierten in Europa zu bekommen, die sie auffordern, sich zu melden.

Die Fama Fraternitatis ist eingebettet in eine anonyme Schrift mit dem Titel Allgemeine und General Reformation der ganzen weiten Welt. Beneben der Fama Fraternitatis. Der erste Teil, die Reformation, ist eine satirische Fabel, die die Generalreformation, wie sie im Umkreis von Johann Valentin Andreae behandelt wurde, zum Thema hat. Sie wurde bereits selbst unverändert von der bereits 1612 erschienenen Ragguagli di Parnasso des Traiano Boccalini übernommen. Trotzdem lässt sich nach aktueller Forschung belegen, dass die Autorenschaft bzw. auch der Tübinger Kreis um Andreae ebenso um den Universtitätsprofessor Christoph Besold ergänzt werden muss. Bereits um 1604 war eine vorgefertigte Handschrift zur Fama Fraternitatis im Umlauf. Andreae war zu diesem Zeitpunkt seit 1601 Student an der Universität Tübingen. Die Rolle Besolds in dem Freundeskreis bestand in dem Einfluss auf Andreae. Manche behaupten, Besold habe auch Kontakte zu Anhängern Simon Studions gepflegt. Simon Studion war selbst ehemaliger Absolvent der Universität Tübingen und verfasste in dieser Zeit unter anderem die Naometria, die 1604 veröffentlicht wurde – Zeitgleich mit der in der Fama beschriebenen Graböffnung. In ihr wurden ebenfalls Ideen einer angestrebten geistigen Reformation und Umwälzung der Gesellschaft dargelegt. Studion nutzte in der Naometria außerdem die Symbole Kreuz und Rose und erwähnt eine Gesellschaft mit Namen Militia Crucifera Evangelica. Darum wird von manchen diese Gesellschaft als Vorläufer der späteren Rosenkreuzerbruderschaft angesehen. Um die Entstehung der Fama zu verstehen, muss man erkennen, dass zur damaligen Zeit ein ungeheures Begehren der Bevölkerung nach einer Reformation existierte. Außerdem richtete man sich klar gegen die katholische Societas Jesu, auch Jesuiten-Orden genannt.

Confessio Fraternitatis

Die Confessio Fraternitatis erschien 1615 ohne Autorenangabe. (Der volle lateinische Titel war Confessio Fraternitatis R. C. Ad Eruditos Europae, der volle deutsche Titel Confession oder Bekandnuß der Societet und Brüderschaft R. C. An die Gelehrten Europae.)

In dieser erst auf Latein, kurz darauf auch auf Deutsch erschienenen Schrift meldet sich die Gesellschaft des Rosenkreuzes nun – nach der Fama – erneut zu Wort. Im Grunde wird der erste Aufruf an die europäische Geisteswelt, die Verfasser zu kontaktieren, wiederholt. Die Confessio ist einerseits stark von protestantischem Geist durchweht: Der Papst wird angegriffen, und das Bibellesen als wesentlicher Zugang zur rosenkreuzerischen Gesellschaft propagiert. In der Confessio werden auch zum ersten Mal die Geburts- und Sterbensdaten des angeblichen Gründers, 13781484, erwähnt. Andererseits kann die Schrift aber auch satirisch interpretiert werden: Sie ergeht sich über drei Viertel der Länge in Andeutungen über das geheime Wissen der Gesellschaft, um dann gegen Ende zu warnen vor den „meisten Bücher der falschen Alchimisten, die es für einen Scherz und eine Kurzweil halten, wenn sie […] mit wunder-seltsamen Figuren und dunklen, verborgenen Reden die Leute betrügen und die Einfältigen um ihr Geld bringen“, nicht ohne dann noch einmal festzustellen: „Meidet und fliehet solche Bücher, die ihr gewitzt seid, und wendet euch zu uns, die wir nicht euer Geld suchen, sondern unsere großen Schätze euch gutwillig anbieten.“

Die Fama und die Confessio verursachten in Europa ein gewaltiges Echo: Zwischen 1614 und 1625 erschienen mehr als vierhundert Drucke zum Thema. Die jeweiligen Verfasser wollten mit der Bruderschaft Kontakt aufnehmen, Kritik oder Zustimmung äußern oder feststellen, dass ihrer Meinung nach die Gesellschaft nicht existiere.

Wer oder was ist ein Rosenkreuzer?

Wenn man die europäische Geschichte der Logen, Orden, Freimaurern und Geheimgesellschaften durchleuchtet, ist es schwierig, Rosenkreuzer exakt zu definieren. Der Name ist nicht geschützt, und es gibt in Europa und Amerika zwischen hundert und zweihundert größere und kleinere Gesellschaften, die den Namen Rosenkreuz oder Rosenkreuzer im Bezug auf ihre Mitglieder oder den Organisationsnamen, ständig oder sporadisch, verwenden. Daneben werden von den Anhängern solcher Gemeinschaften gern berühmte Namen der Geistesgeschichte postum zu Rosenkreuzern (bevorzugt der eigenen Traditionslinie) erklärt. Der Begriff „Rosenkreuzer“ kann folglich bezeichnen:

  • die in der Fama beziehungsweise Confessio Fraternitatis bezeichnete (literarisch-fiktive) Bruderschaft;
  • als Fremdbezeichnung: Anhänger bzw. Vertreter des dort formulierten pansophisch-hermetischen Gedankengutes wie zum Beispiel Michael Maier und Robert Fludd – auch wenn diese erklärtermaßen selbst nie Mitglied einer solchen Organisation waren;
  • als Eigenbezeichnung: die Mitglieder einer Organisation, die auf die Tradition der in der Fama beschriebenen Bruderschaft Bezug nimmt (so zum Beispiel im AMORC oder überwiegend auf geistige Traditionen im Lectorium Rosicrucianum);
  • höhere Eingeweihte und Geistwesenheiten, welche an der spirituellen Führung der Menschheit beteiligt sein sollen (so zum Beispiel in der Rosicrucian Fellowship, zum Teil auch bei den Anthroposophen und im Lectorium Rosicrucianum).

Wolfram Frietsch nennt in seinem Buch Die Geheimnisse der Rosenkreuzer folgende Stichpunkte als historisch überlieferte Kennzeichen rosenkreuzerischer Lehre:

  • Alchemie geistiger Natur (in älteren Schriften auch Alchimie genannt). Es geht nicht um materielle Umwandlung der Metalle oder Herstellung metallischen Goldes, wie häufig in der Trivial-Literatur erwähnt. Dieser Bezug wird lediglich als Symbol für geistige Umwandlung und den inneren Weg dorthin, auf dem die Läuterung stattfindet, benutzt.
  • Hermetik, die Lehre des vermutlich fiktiven Weisen und Eingeweihten Hermes Trismegistos. Die uns vorliegenden Quellen (wie auch im Falle der Bibel: Abschriften, keine Originale) entstanden vermutlich im Ägypten der Römerzeit. Sie bilden Grundlage fast sämtlicher europäischer Mystik, Magie und zum Teil des Rosenkreuzertums. Bekanntestes Axiom: „Wie oben, so unten.“ – der Mikrokosmos im Kleinen soll also eine Entsprechung des Makrokosmos im Grossem sein.
  • Neoplatonismus, vertreten vor allem durch Plotin; eine Lehre, die das Göttliche als das „große Eine“ betrachtet, aus dem die Emanationen der Schöpfung hervorgehen. Wichtig für die christliche Rezeption ist auch die deutliche Unterscheidung und Trennung von „böser“, diesseitiger Sinnenwelt und „guter“, göttlicher Welt, in der die Einheit im Göttlichen herrscht (Dualismus).
  • Kabbala, die jüdische Mystik; die Lehre vom Baum des Lebens und den Sefiroth. Ein bekannterer Teil dieser Lehre ist die Numerologie, die mit Hilfe des hebräischen Alphabets Wort- und Namensbedeutungen berechnet und letztlich auf der Suche ist nach dem „Namen Gottes“, dem „verlorenen Wort“, auch nach einer überzeitlichen Ursprache, der „Engelssprache“.
  • Philosophie, eine systematisch und nachvollziehbar erklärte, in sich schlüssige, weitgehend logische, Weltanschauung, die zumindest die spirituell relevanten Zusammenhänge des Erdenlebens und die über dieses Leben hinaus gehenden feinstofflichen und geistigen Aspekte hinreichend erklärt.

Frietsch erwähnt in dieser Aufzählung einen Punkt nicht, der vor allem für das Lectorium Rosicrucianum bedeutsam ist. Es handelt sich um:

  • Die Gnosis (griech.: „Erkenntnis“) als religiöse Vorstellung, derzufolge das Heil nur durch die Verbindung mit der göttlichen Lichtwelt zu finden und die Erkenntnis dieses Sachverhaltes der Ausgangspunkt auf dem Weg zum Erlangen des Heils sei.

Rosenkreuzerisch und gnostisch beeinflusst sind viele heutige okkult-philosophische, magische, mystisch-spirituell orientierte oder auch rein spirituelle westliche Gesellschaften. Manche haben in ihren Satzungen sogar konkrete Bezüge dieser Art wiedergegeben. Als kleine Auswahl wären hier u. a. zu nennen: Golden Dawn, O.T.O., Theosophische Gesellschaft, Anthroposophie, AMORC, Lectorium Rosicrucianum.

Kreuz und Rose

Das Rosenkreuz – Kreuz und Rose in vereinter Darstellung

Zentrale Symbole des Rosenkreuzertums sind das goldene Kreuz und die aufblühende rote Rose. Die Deutung und Interpretation dieser Symbolik variiert je nach Rosenkreuzerorganisation zum Teil stark.

Aus der Sicht des AMORC kann davon gesprochen werden, dass die Synthese aus beiden Symbolen den Gesamtcharakter des Rosenkreuzertums wiedergibt. In erster Linie symbolisiert das Kreuz den Menschen. Er ist dazu aufgerufen, sich charakterlich und innerlich soweit zu prüfen und selbst zu hinterfragen, dass er seinem Wesen nach sich von einem unedlen zu einem aufrechten, edlen Menschen wandeln soll. Dies wird durch das goldene Kreuz symbolisiert, das durch Phasen der geistigen Reinigung zu einem Edelmetall transformiert werde. Die Rose symbolisiert vorrangig die Bedeutung der Seelenessenz, die zu Tage tritt, wenn alle vier Elemente (Feuer, Erde, Wasser und Luft) in Einklang zueinander stehen. Die Assoziation liegt nahe, dass man hier das fünfte Element, die Quintessenz, vermuten kann. Gleichbedeutend für die Quintessenz sah und sieht man auch im Rosenkreuzertum den Stein der Weisen. Der Weg dazu führe über die Liebe, symbolisiert durch eine aufblühende rote Rose. Dies lässt einen enormen Raum an unterschiedlicher Interpretation offen und soll dem Betrachter die archaischen Wurzeln seines persönlichen Wesens vor Augen führen.

Bereits Martin Luther benutzte in seinem Wappen Kreuz und Rose und sagte dazu folgendes in einem Brief vom 8. Juli 1530:

Das erste sollte ein Kreuz sein – schwarz – im Herzen, das seine natürliche Farbe hätte. Denn so man von Herzen glaubt, wird man gerecht [...] Solch Herz soll mitten in einer weißen Rose stehen, anzeigen, dass der Glaube Freude, Trost und Friede gibt [...] darum soll die Rose weiß und nicht rot sein; denn weiße Farbe ist der Geister und aller Engel Farbe. Solche Rose steht im himmelfarbenen Feld, dass solche Freude im Geist und Glauben ein Anfang ist der himmlische Freude zukünftig [...] Und um solch ein Feld einen goldenen Ring, dass solche Seligkeit im Himmel ewig währt und kein Ende hat und auch köstlich über alle Freude und Güter, wie das Gold das edelste köstlichste Erz ist.

Die sogenannte Lutherrose hat allerdings nicht direkt etwas mit den Symbolen der Rosenkreuzer zu tun!

Die historisch wahrscheinlichste Herleitung führt die Symbolik auf das Familienwappen von Johann Valentin Andreae zurück, das vier Rosen in einem Andreaskreuz zeigte. Andreae selbst beschreibt diese Kombination in der „Chymischen Hochzeit Christiani Rosencreutz“ als Kleidung des Christian Rosenkreuz:

Darauff rüstet ich mich auff den weg, zog meinen weisen Leinen Rock an, umbgürtet meine lenden mit einem Blutrothen Bendel kreutzweiß uber die Achslen gebunden. Auff meinen Hut steckt ich vier rother Rosen: damit ich under dem Hauffen durch solche Zeichen könte desto eh gemerkt werden. (Chymische Hochzeit, Ausgabe Richard van Dülmen, Stuttgart 1994, S. 51)

Geschichte der Rosenkreuzer

Anfang des 17. Jahrhundert

Die Ursprünge der Idee des Rosenkreuzertums liegen in einer komplexen Stimmungslage am Ende des 16. bzw. Anfang des 17. Jahrhunderts verborgen. Paracelsisten, Alchemisten, Chiliasten und Pansophen suchten an der Schwelle zur Neuzeit nach neuen Wegen der Naturbetrachtung und der Gottesbegegnung. Sie bildeten im Großen und Ganzen eine Opposition gegen die herrschenden Strömungen innerhalb der christlichen Theologie. Es gab den Ruf nach einer erneuten Reformation, die nach der (von diesen Kräften durchaus anerkannten) Reformation der Lehre nun auch die Reformation des Lebens bringen sollte. Schwankungen und Veränderungen dieser Art begegnete die lutherische Orthodoxie mit großer Skepsis. Dieses besondere Klima verstärkter Unruhe und Aufbrüche erklärt das enorme Echo, das die Grundschriften der Rosenkreuzerbewegung (Fama und Confessio Fraternitatis) hervorgerufen hatten.

Innerhalb des 17. Jahrhunderts unterlag das Rosenkreuzertum mehreren Wandlungsprozessen, die sich von christlicher Mystik bis hin zum Pietismus entwickelten. Innerhalb dieser Entwicklung sind unter anderem Anhänger Jakob Böhmes zu nennen und weiterhin die sogenannten Weigelianer. Die Zentren dieser Entwicklung fand man vorwiegend in verschiedenen Buchdruckerzentren und insbesondere in theosophisch-pansophisch geprägten Städten wie Danzig, Frankfurt am Main, Kassel, Köln, Prag, Straßburg und vielen weiteren Städten. Ausschlaggebend für die Wandlung zur Spekulation im alchemistisch-kabbalistischen Bereich der Rosenkreuzer waren unter anderem Michael Maier und Robert Fludd. Insbesondere stand Robert Fludd in engem Kontakt und geistigem Austausch mit Johannes Kepler.

In Städten wie Prag, Ausgangspunkt enormer Umwälzungen und des zweiten Prager Fenstersturzes, wurde das rosenkreuzerische Gedankengut schnell aufgenommen. Am Kaiserhof waren ebenso Alchimisten wie Paracelsisten häufige und gern gesehene Gäste. Bereits unter dem Habsburger Rudolf II. soll das Rosenkreuzertum, neben den Künsten und Wissenschaften, einen geheimen Förderer gefunden haben. Michael Maier war unter anderem Berater und gelernter Alchemist am Hofe Rudolfs bis zu seinem Tode. Neben ihm war ebenso Johannes Kepler Hofastronom und kaiserlicher Mathematikus. Es war außerdem Tycho Brahe, der Kepler an den kaiserlichen Hof lud und dessen Ämter auf ihn übertrug. Trotzdem wird Kepler immer noch vorgeworfen, er hätte gezielt Brahe vergiftet, um dessen Forschungsergebnisse für sich zu vereinnahmen. Um 1584 war John Dee Gast am kaiserlichen Hofe Rudolfs II. Vielen dieser hier genannten Wissenschaftler, die am Hofe Kaiser Rudolfs II. arbeiteten, wird nachgesagt, dass sie dem Rosenkreuzertum sehr nahe standen. Kaiser Rudolf II. starb 1612 und erlebte die aufbruchartigen Veränderungen durch protestantische Adlige, denen er 1609 die Religionsfreiheit zusicherte, nicht mehr. Sein Bruder schränkte diese wiederum ein, was letztendlich zum Dreißigjährigen Krieg führte. Festzuhalten bleibt aber, dass es im 17. Jahrhundert kein organisiertes Rosenkreuzertum wie in heutiger Form oder wie ab 1717 bei den Freimaurern gab. Für die gelegentlich zu findende Behauptung, es existierten bereits zu dieser Zeit vereinzelte Zirkel, die größtenteils auch in Kontakt miteinander gestanden hätten, gibt es derzeitig keine historischen Belege.

Rosenkreuzertum in England

Das ungewöhnlich große Aufsehen, das die drei Manifeste der Rosenkreuzer Anfang des 17. Jahrhunderts erregten, hat die Geschichte der europäischen Mystik und Spiritualität in den nachfolgenden Jahrhunderten stark beeinflusst. Nachdem nie nachgewiesen werden konnte, ob der in der Fama und der Confessio beschriebene Orden überhaupt jemals existiert hatte, bildete sich ein ungeheurer Mythos um diesen Namen. Der Traum vieler Mystiker war es, endlich in diesen Orden eingeladen zu werden. Über die angeblichen Geheimnisse der Rosenkreuzer gab es die verschiedensten, teils sehr ausufernden Spekulationen. Hinweise aber auf eine tatsächliche Existenz damaliger Rosenkreuzer finden sich bereits auch in England. Selbst Robert Fludd war ein eifriger Verteidiger der Fama Fraternitatis, die nach ihrer Veröffentlichung mehr und mehr von ihren Kritikern in der Luft zerrissen wurde. Eine Existenz der Rosenkreuzer kann in England bereits um und vor 1632 vermutet werden, da hier einige Schriftzeugnisse wie die des Schriftstellers Henry Adamson existieren. In einem seiner Gedichte, Muses Threnodie, taucht folgende Stelle auf:

For we be Brethren of the Rosy Cross, We have the Mason's Word and second sight

Bemerkenswert ist dabei die Erwähnung der Brüder des Rosenkreuzes in Zusammenhang mit dem Maurerwort. Die Rosenkreuzerbewegung kann also nun nicht mehr als eine ausschließlich deutsche Bewegung verstanden werden, auch wenn sie hier ihren offiziellen Anfang nahm. Immerhin war es auch ein englischer Schriftsteller namens John Donne, der in seiner Weihnachtspredigt von 1624 den deutschen Theologen Daniel Cramer zitierte, der unter anderem 1617 das Werk der Wahren Gesellschaft von Jesus und dem Rosenkreuz verfasste. John Donnes Clubs der Meerjungfrauen galt zur damaligen Zeit als besonders konspirativ, da man hinter ihm eine rosenkreuzerische Geheimgesellschaft vermutete, die aus drei Graden (Kandidat, Bruder und Gefährte) bestand. Damaliges Zentrum sämtlicher rosenkreuzerischer Aktivitäten war neben Prag auch Kassel. Der Landgraf Moritz von Hessen-Kassel duldete unter seiner Amtszeit den Druck und die Verbreitung der Fama Fraternitatis um 1614. Des Weiteren war sein Hof Versammlungsort der europäischen Rosenkreuzerbewegung. So fand hier bspw. ein reger Austausch zwischen englischen und deutschen Rosenkreuzern statt. Zu erwähnen wären dabei John Dowland und auch der bereits erwähnte Londoner Arzt Robert Fludd, der eng mit dem Leibarzt von Landgraf Moritz Johann Daniel Mylius zusammenarbeitete. Letzterer war ebenso Rosenkreuzer. Die enge Zusammenarbeit zwischen protestantischen Fürsten in Deutschland und britischer Monarchie, kann letztendlich darauf zurück geführt werden, dass man sich bewusst gegen die katholischen Habsburger verbünden wollte.

Verfolgung der Rosenkreuzer

Ein Streitpunkt zwischen Gegner und Befürwortern eines durch die Fama Fraternitatis historisch begründeten Rosenkreuztertums des 17. Jahrhunderts, führte bereits unter heutigen und damaligen Zeitgenossen zu heftigen Spekulationen, wer möglicherweise ein Mitglied dieses Ordens gewesen sein könnte. Die genannten Namen gehen in die Hunderte; hier seien nur einige bekanntere aufgezählt: Francis Bacon, Jakob Böhme, Giordano Bruno, Johann Amos Comenius, John Dee, René Descartes, Robert Fludd, Johannes Kepler, Heinrich Khunrath, Michael Maier und Baruch Spinoza. Auffallend ist, dass ein Großteil dieser hier genannten Personen dem antiklerikalen Lager zuzuordnen sind. Im Geiste waren sie allesamt gesellschaftliche Reformatoren und frühe Aufklärer. Einige der genannten Personen haben sich, wie bereits erwähnt, tatsächlich mit Alchemie oder Magie beziehungsweise mit der Gnosis (christlich beeinflußte Mystik) beschäftigt. Man kann nicht mit Sicherheit sagen, welche der genannten Personen auch tatsächlich Rosenkreuzer waren. Es ist aber eine Tatsache, dass ihr Handeln und Streben, dem rosenkreuzerischen Geiste sehr nahe stand.

Auch wenn sich für den Kritiker keine eindeutige Beweislage zu den sogenannten „echten“ Rosenkreuzern ergeben mag, erscheint eine voreilige Postulierung ihrer Nichtexistenz oberflächlich. Die Quellenlage ist auf Seiten der Gegner, wie auch auf Seiten der Befürworter für eine historisch nachweisbare Rosenkreuzerbruderschaft ausgeglichen. Vieles bleibt im Raum der Andeutungen und Symbole dieser Zeit stecken, da es im 17. Jahrhundert für den Angehörigen einer rosenkreuzerischen Geheimgesellschaft verheerende Auswirkungen haben konnte, seine Gesinnung offenzulegen. Ohne tiefgründigere Recherche erscheint dies für die meisten Kritiker schwammig und unglaubwürdig. Trotzdem berufen sich viele Befürworter auf die bspw. in der eingangs erwähnte Widmung, an einen gewissen Herrn Haselmeyer in der Fama Fraternitatis, der zu einer Haftstrafe auf einer Galeere verbannt wurde. Mit Sicherheit stellt dies aber nur einen kleinen Ausschnitt aus der endlosen Debatte um die wahre Existenz und Verfolgung der Rosenkreuzer dar.

Aufgrund des allgemeinen Interesses schossen in dieser Zeit angebliche Rosenkreuzer-Gruppen wie Pilze aus dem Boden. Die meisten sind klar zu den Scharlatanen zu rechnen. Auch tauchten auf Jahrmärkten unzählige Quacksalber auf, die unter Verweis auf ihr angeblich von den Rosenkreuzern stammendes Wissen alles Mögliche verkauften, von gesundheitlichen Wundermitteln über Liebestränke bis hin zu Zaubertinkturen und -sprüchen.

Der Orden der Gold- und Rosenkreuzer

Das öffentliche Wirken wurde zunächst durch die Wirren des Dreißigjährigen Krieges unterbunden, konnte aber danach wieder fortgesetzt werden. Eine Verbindung zwischen den Begründern der Idee der Rosenkreuzer, speziell dem Tübinger Kreis, und den Rosenkreuzern des 18. Jahrhunderts wird aber trotzdem vermutet. Einen Hinweis darauf soll der wenig bekannte pansophische „Orden der Unzertrennlichen“ geben, der sich angeblich auf Alchemie spezialisierte. Der Orden soll unter verschiedenen Synonymen wie bspw. „Alchemistenloge“, „Kreuzorden“ oder auch „Gesellschaft der Philosophen und Naturforscher“ gewirkt haben. Seine Entstehung geht vermutlich bis auf das Jahr 1580 zurück. Ebenso wird vermutet, dass dieser Orden den inneren Kreis der späteren Fruchtbringenden Gesellschaft bzw. Palmenorden bildete. Ursprünglich fand man bei den Unzertrennlichen nur Bergleute sowie deren Bergbaubesitzer vor, die im späteren Verlauf des 17. und 18. Jahrhunderts ebenso in Logen organisiert waren. Der Wandel vollzog sich aber vor allem durch die Zusammenführung mit dem bereits erwähnten Palmenorden, der zum Beitritt des deutschen Adels führte. Mitglieder dieser Gesellschaft sind unter anderem die bereits erwähnten Johann Valentin Andreae und Landgraf Moritz von Hessen-Kassel gewesen. Ein gewisser Pfarrer, namens Samuel Richter, soll dabei unter dem Ordensnamen Sincerus Renatus Mitglied einer Loge der Unzertrennlichen in Halle gewesen sein, die 1680 unter dem Namen „Sincera Confoederatio“ in Erscheinung trat. Unter seinem Pseudonym bzw. Ordensnamen sind Anfang des 18. Jahrhunderts verschiedene alchemistisch-rosenkreuzerische Schriften veröffentlicht worden. Doch zunächst ist aber vor allem häufig vom „Orden der Gold- und Rosenkreuzer“ die Rede, wobei aus der Quellenlage nicht ganz klar wird, ob es einen oder mehrere Orden dieses Namens gab. Fakt ist, dass dieser Orden um etwa 1756 in Erscheinung trat und die Schriften des Samuel Richter eine entscheidende Rolle spielten. Zu den Gründungsmitgliedern zählt man insbesondere Baron Prugg von Pruggenheim (aus Innsbruck) und einen geheimnisvollen Fictuld, dessen Identität bislang nicht eindeutig bestimmt werden konnte. Ordensreformen innerhalb der Gold- und Rosenkreuzer fanden in einem Zyklus von zehn Jahren statt. Die anfänglichen Aktivitäten dieses Ordens sind dabei größtenteils im Süden des damaligen deutschen Sprachraumes auszumachen. Erstmals etablierte sich aber dieser Orden innerhalb der Freimaurerei und der Strikten Observanz. Der politische Einfluss dieser Gruppe soll groß gewesen sein, ihre Machenschaften werden von ihren Kritikern als eher betrügerisch dargestellt. Als Gegner des Ordens der Gold- und Rosenkreuzer ist Adolph Freiherr Knigge zu erwähnen, der zusammen mit Adam Weishaupt den Orden der Illuminaten gründete. Mit der Zeit kristallisierte sich ein ständiger Wettstreit zwischen beiden Orden heraus, in dem vor allem Knigge federführend war. Beispielhaft dafür ist sein veröffentlichter Traktat „Ueber Jesuiten, Freymaurer und deutsche Rosencreutzer“, worin er scharf die Gold- und Rosenkreuzer angreift.

Ansonsten treten mehrere kleinere Bruderschaften in Erscheinung, die sich in der Nachfolge der „echten“ Rosenkreuzer sehen und meist behaupten, deren originale Geheimlehren zu besitzen. Über ihre innere Arbeit ist wenig bekannt; allein ihr Auftreten – verglichen mit den Grundsätzen aus Fama und Confessio – lässt es aber als unwahrscheinlich erscheinen, dass tatsächlich Verbindungen zu den „echten“ Rosenkreuzern bestanden – falls diese überhaupt jemals existierten. Es besteht dabei die Schwierigkeit, dem roten Faden dieser verschwiegenen Geheimgesellschaft folgen zu können. Archive des „Ordens der Unzertrennlichen“ und damit die Spuren der Rosenkreuzer wurden im Laufe der Jahrhunderte teilweise vernichtet, was dem Skeptiker nahe legt, ihre Existenz anzuzweifeln.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts und anfangs des 20. Jahrhunderts entstanden viele Rosenkreuzer-Organisationen. Die prominenteste war der Esoteric Order of the Golden Dawn dessen innerer Orden sich "Orden der Roten Rose und des Goldenen Kreuzes (Ordo Rosæ Rubeæ et Aureæ Crucis, kurz: R.R. et A.C.) nannte. Jede dieser Gesellschaften beruft sich auf das Original. Der Name „Rosenkreuzer“ ist nicht geschützt und somit frei für jede Neugründung. Nachstehend sind die wichtigsten Rosenkreuzer-Gruppierungen kurz dargestellt. Die Beschränkung liegt auf solchen Organisationen, welche auch im 21. Jahrhundert noch mehr oder weniger aktiv sind.

Societas Rosicruciana in Anglia (SRIA)

Dieser Orden wurde im Jahre 1866 durch Robert Wentworth Little (1840–1878), einen freimaurerischen Forscher, in England gegründet. Er nimmt nur reguläre Freimaurer auf, welche den 3. Grad, den Meistergrad erreicht haben. Er ist in drei Abteilungen eingeteilt:

  1. Orden (Lehrlinge) mit den 4 Graden: Zelator, Theoricus, Practicus und Philosophus
  2. Orden (Lehrer oder Adepten) mit den 3 Graden: Adeptus Minor, Adeptus Major und Adeptus Exemptus
  3. Orden (Herrscher oder Magi) mit den 2 Graden: Magister und Magus (Inhaber der höchsten Führerschaft)

Er hat die ursprünglichen Grade der Gold- und Rosenkreuzer übernommen. Voraussetzung für eine Mitgliedschaft ist der Glaube an die christliche Dreieinigkeit. Die Tätigkeit der SRIA umfasst das Studium der Kabbalah, der Astrologie, der Alchemie, der Theosophie, der Talismane und mystischen Zeichen. Der Orden behauptet, eine direkte Verbindung zur ursprünglichen Rosenkreuzer-Bruderschaft des 17. Jahrhunderts zu haben. Seine Tätigkeit ist auf den englischen Sprachraum beschränkt. Verwandt mit der SRIA ist die 1880 in den USA gegründete SRICF (Societas Rosicruciana in Civitatibus Foederatis). Sie nimmt ebenfalls nur Freimaurer auf.

Zur SRiA gehören 50 Colleges mit ca. 2000 Mitgliedern, hinzu kommen noch 5 Colleges mit ca. 300 Mitgliedern der Societas Rosicruciana in Scotia. Zur SRICF gehören 32 Colleges mit ca. 1400 Mitgliedern. (Weblink: Societas Rosicruciana in Anglia)

In den USA ist noch eine 1908 entstandene Abspaltung zu erwähnen, die als Societas Rosicruciana in Amerika (irreführenderweise ebenfalls SRIA abgekürzt) aktiv ist. (Weblink: Societas Rosicruciana in Amerika)

Ordre Kabbalistique de la Rose Croix (KRC bzw. OKR+C)

Der Kabbalistische Orden vom Rosenkreuz wurde 1888 in Paris gegründet. Unter seine Gründungsmitgliedern zählen unter anderem der Graf Stanislas de Guaita, der auch erster Großmeister dieses Ordens war. Der Kabbalistische Orden entwickelte dabei eine einzigartige Sogwirkung innerhalb der damaligen Okkultszene, was durch Mitglieder wie Jollivet-Castelot, Victor Blanchard, H. Spencer Lewis und Pierre Augustin Chaboseau gekennzeichnet ist. Früher wie auch später waren diese Personen bekannte Größen innerhalb der Martinisten- und Rosenkreuzer-Bewegung. Unter anderem ist H. Spencer Lewis späterer Gründer des Alten mystischen Orden vom Rosenkreuz in Nordamerika, was wohl mit großer Sicherheit durch tatkräftige Unterstützung seitens des KRC gewährleistet wurde. Der Ordre Kabbalistique arbeitet in drei Graden und einem weiteren, geheimen vierten Grad. Daneben wird man, wie der Name schon ausdrücklich sagt, in die Lehren der Mystik und Kabbalah unter rosenkreuzerischen Gesichtspunkten eingewiesen. Der Orden ist auch heute noch aktiv und setzt seine mystische Arbeit weiterhin ungestört fort.

Fraternity of the Esoteric Order of the Golden Dawn

Ordo Templi Orientis – OTO

Rosicrucian Fellowship (Rosenkreuzer-Gemeinschaft) (auch Heindel-Bewegung genannt)

Dieser Orden wurde im Jahre 1909/11 von Carl Louis Fredrik Graßhoff, bekannt als Max Heindel in den USA gegründet. Ihr Untertitel lautet: „Verband Christlicher Mystik“. Es handelt sich um einen amerikanischen Ableger der Anthroposophie, die ebenfalls stark der Theosophie geprägt ist. Max Heindel hat 1907 in Deutschland Rudolf Steiners esoterische Vorträge u. a. über das Rosenkreuzertum gehört. Nach seiner Rückkehr nach Kalifornien verfasste er das für seine Bewegung grundlegende Buch The Rosicrucian Cosmo Conception (deutsch: „Die Weltanschauung der Rosenkreuzer“), in welchem er den anthroposophischen Lehren eine systematisierte Gestalt unter der Überschrift des Rosenkreuzertums gibt. (Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass Steiner selbst es nie zu einer solchen Systematisierung seiner Gedanken gebracht hat.)

Dieser rosenkreuzerische Orden lehrt eine theosophisch geprägte Philosophie mit christlichem Anspruch sowie geistiges Heilen. Er verbreitet seine Lehren in esoterischem Christentum und Philosophie durch Fernkurse. Das Hauptquartier des Ordens befindet sich in Mount Ecclesia, Oceanside, Kalifornien (USA). Anhänger sind in der ganzen Welt zu finden. Sie gruppieren sich in Zentren und Studiengruppen.

Antiquus Mysticusque Ordo Rosæ Crucis (AMORC) (Alter mystischer Orden vom Rosenkreuz)

Dieser Orden wurde im Februar 1915 in New York durch Dr. Harvey Spencer Lewis (1883–1939) gegründet. Die traditionelle und authentische Bezeichnungsform lautet im Lateinischen Antiquus Arcanus Ordo Rosæ Rubæa et Auræa Crucis – AAORRAC, was soviel wie „Alter mystischer Orden von der roten Rose und dem goldenen Kreuz“ bedeutet. Er hat seinen derzeitigen Sitz in Château d'Omonville, Le Tremblay (Frankreich). Ab 1933 war AMORC Mitglied in der bis zum 14. August 1951 wieder aufgelösten FUDOSIFédération Universelle des Ordres et Sociétés Initiatiques. Dies war ein Internationaler Verband von Initiatenorden und Gesellschaften mit dem Zweck, den beteiligten Gesellschaften gegenseitig eine authentische Initiationskette zu bescheinigen. Dies fand durch die europäischen Mitglieder der FUDOSI statt, die nicht nur aus Rosenkreuzern, sondern ebenso aus Martinisten, Freimaurern und Pythagoräern bestanden. Von Gegnern und Kritikern, die sich wiederum in der FUDOFSIFédération Universelle des Ordres Sociétés et Fraternités des Initiés organisierten, wird dieser Verband jedoch als scheinheiliges Bündnis angeblicher Initiatienorden verschrien. Des Weiteren waren unter den damaligen Mitgliedern der FUDOSI auch einige Freimaurer des Memphis-Misraim-Ritus anwesend. Es verwaltete und koordinierte Émile Dantinne (Sâr Hiéronymus) die rosenkreuzerischen Ordensstrukturen in Europa und H. Spencer Lewis (Sâr Alden) den nordamerikanischen Bereich, durch den Alten mystischen Orden vom Rosenkreuz. Weiterhin bestand auch ein zeitweiliger Kontakt zwischen dem OTO unter Theodor Reuss (ab 1906) und Heinrich Tränkers Pansophia. Interessant wären dabei vielleicht noch die Verknüpfungen zwischen AMORC und dem französischen Ordre Kabbalistique de la Rose Croix (KRC) zu nennen. H. Spencer Lewis Sohn, Dr. Ralph M. Lewis (1904–1987), der die Koordination und Leitung des AMORC nach dem Tod seines Vaters übernahm, war ebenso Mitglied im Obersten Rat des KRC. Einigen Theorien zufolge soll im KRC womöglich auch Dr. Harvey Spencer Lewis um 1909 seine Einweihung in das Rosenkreuzertum in Frankreich bekommen haben, obwohl auch stellenweise von einem ominösen R+C Orden in Toulouse die Rede war. Es wird also klar, dass der AMORC aus einer französischen Rosenkreuzertradtion entstammt. Dies wird auch heute noch deutlich, da dieser noch sehr eng mit dem französischen Martinismus verknüpft ist. Damit grenzt sich dieser Orden eindeutig gegen englisch geprägte Rosenkreuzertraditionen wie den Golden Dawn und seine Nachfolgeorganisationen ab.

Nach dem Zweiten Weltkrieg unterstützte AMORC den Aufbau rosenkreuzerischer Ordenstrukturen in Europa, die durch den Krieg in Mitleidenschaft gezogen worden waren. Die „Gustav Meyrink“-Loge zu München war bereits durch die Unterstützung AMORCs ab dem 6. Dezember 1949 wieder aktiv. Der Anschluss an die damalige Oberste Großloge AMORCs in San José erfolgte um 1952. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten und der Abspaltung des Ordo Rosae Aurae unter Martin Erler, bildete sich im Laufe der Jahre daraus die deutschprachige AMORC-Jurisdiktion heraus. AMORC gibt desweiteren einige Bücher und Zeitschriften heraus. Unter anderem wäre dabei das „AMORC-Forum“ zu nennen, was auch für Nichtmitglieder erhältlich ist. Es werden weltweite Konferenzen durchgeführt und regelmäßig findet ein Weltkonvent statt. AMORC wird geleitet von der Obersten Großloge mit derzeitigem Sitz in Frankreich. Diese wiederum gründet Großlogen, normalerweise nach Sprachräumen bzw. auch Jurisdiktionen genannt. Innerhalb der deutschsprachigen Jurisdiktion, die Deutschland, Österreich, Liechtenstein und die Schweiz umfasst, hat die Großloge ihren Sitz seit 1964 von München nach Baden-Baden verlegt.

Pro Land ist die Organisation gegliedert in Logen, Kapitel, Pronaoi und Atrien, welche die Mitglieder in verschiedenen Graden unterrichten. Bis 1930 hatte AMORC nur 3 Grade. Ab diesem Jahre wurden die 9 Grade der sog. Gold- und Rosenkreuzer des 18. Jahrhunderts dazugefügt. Nach der Gründung des FUDOSI wurde die Zahl der Grade auf 16 erhöht, wobei die 3 letzten Grade sehr selten sind. Bis der 16. Grad erreicht werden kann, bedarf es einer Mitgliedsdauer von mindestens 16 Jahren. Der oberste Leiter heißt Imperator. Francis Bacon (1561–1626) wird als Alt-Imperator bezeichnet. Jede Großloge kennt einen Großmeister. AMORC ist der einzige Rosenkreuzerorden, der Initiationen in seinen Tempeln und Logen durchführt. Das Studium des Lehrmaterials bewältigt der Neophyt zu Hause in seinem Heimsanktuarium. Für gewöhnlich studiert er monatlich drei Monografien (Lehrbriefe). Neben den Lehrbriefen gibt es Conclaven zu den einzelnen Graden, in denen das Gelernte vertieft wird. Hier werden auch zusätzliche Informationen zu den Übungen aus den Lehrbriefen übermittelt, die nur für die Übermittlung von Mund zu Ohr vorgesehen und nicht in den Lehrbriefen selbst enthalten sind. Zu den Initationen meldet sich der Neophyt (Schüler der Rosenkreuzerlehren) bei den Logen. Logen, Kapitel, Pronai und Atrien dienen der Abhaltung von Konvokationen und Vertiefungen von mystisch-philosophischen Themen. Jeder Städtegruppe ist auch ein Gäste-Forum angegliedert, wobei sich der Suchende problemlos und ohne Verpflichtungen über AMORC informieren kann.

Die Lehre des AMORC umfasst: Metaphysik (Ursprung, Grund und Ziel allen Seins), Mystik (Die Suche nach der Wahrheit, Selbsterkenntnis, woher komme ich, warum bin ich hier, wohin gehe ich?), Ägyptologie (Geschichte und Herkunft der Rosenkreuzerlehren) und den menschlichen Körper und seine Psyche aus wissenschaftlich-mystischer Betrachtung. Die Lehren stellen also eine Synthese aus wissenschaftlichen und mystischen Standpunkten dar, da der Orden beide Dinge zu verbinden sucht und sie nicht getrennt betrachten möchte. Dies macht ihn gerade auch im Bereich vieler alternativ denkender Akademiker im Bereich Medizin und Psychologie so attraktiv. Mitglieder des Ordens können volljährige Männer und Frauen werden, welche die Prinzipien der kosmischen, der natürlichen und der zivilen Ordnung bejahen. Die Organisation ist weder konfessionell noch politisch gebunden. Der Orden darf nicht als religiöse Bewegung oder als Religionsgemeinschaft angesehen werden.

AMORC sieht seine traditionellen Wurzeln im Alten Ägypten. Es beruft sich auf die Lehren der Alt-ägyptischen Mysterienschulen, auf deren Glauben, Weisheit und Praktiken. Diese alte Schule wurde im 15. Jahrhundert vor Chr. gegründet und hat eine Beziehung zu Thutmosis III. Der König Akenaten/Echnaton spielt ebenfalls eine wichtige Rolle.

Lectorium Rosicrucianum (Internationale Schule des Goldenen Rosenkreuzes)

Der Hauptsitz und Entstehungsort des Lectorium Rosicrucianum oder der Internationalen Schule des Goldenen Rosenkreuzes befindet sich in Haarlem, Niederlande. 1924 traten die Brüder Z.W. Leene (1892–1938) und J. Leene (1896–1968) in Het Rozekruisers Genootschap ein, die einige Jahre zuvor gebildete niederländische Abteilung der 1909 von Max Heindel gegründeten Rosicrucian Fellowship zu Oceanside, Kalifornien, USA. Schon bald nahmen sie in Het Rozekruisers Genootschap einen hervorragenden Platz ein und wurden 1929 mit der Leitung betraut. Im Jahr 1930 schloss sich Frau H. Stok-Huizer (1902–1990) den Brüdern Leene an. Zusammen begannen sie eine spirituelle Suche, die dazu führte, dass sie im Jahr 1935 unabhängig von der Rosicrucian Fellowship weitergingen. Z.W. Leene verstarb 1938, J. Leene und H. Stok-Huizer setzten jedoch die begonnene Arbeit gemeinsam fort. Sie schrieben eine Anzahl Werke, die unter ihren Autorennamen J. van Rijckenborgh resp. Catharose de Petri erschienen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Aktivitäten der Gemeinschaft (die während der Kriegsjahre von den Besatzern verboten worden waren) wieder aufgenommen werden konnten, schlugen die genannten geistigen Leiter einen neuen Weg ein, wobei der Begriff „Gnosis“ stets mehr im Zentrum stand. Buchstäblich bedeutet „Gnosis“ Kenntnis, im christozentrischen Sinn die unmittelbare Gotteserkenntnis, die das Resultat eines spirituellen Entwicklungsweges ist, der „Geburt aus Wasser und Geist“ (Joh. 3:5). Dieser Prozess der geistigen Entwicklung wird auf andere Weise durch die „Alchimische Hochzeit des Christian Rosenkreuz“ symbolisiert. Der Name Christian Rosenkreuz ist eine Andeutung, die von den klassischen Rosenkreuzern des 17. Jahrhunderts als Prototyp für den in Christus wiedergeborenen, also völlig erneuerten Menschen benutzt wurde, welcher der Menschheit bei der Verwirklichung der wahrhaften spirituellen Erneuerung mit Herz und Seele dient.

Im weiteren Sinn ist der Begriff „Gnosis“ eine Andeutung für die universelle Berührung des Christus und Seiner Bruderschaft sowie ihrer zeitlosen Rettungsarbeit während der gesamten (auch vor-christlichen) Geschichte.

1945 nahm die Gemeinschaft den Namen Lectorium Rosicrucianum an und trat nach außen als „gnostische Geistesschule“ auf. Es entfalteten sich immer mehr Aktivitäten außerhalb der Niederlande, und gegenwärtig hat das Lectorium Rosicrucianum Schüler in vielen Ländern Europas, sowie in Südamerika, Nordamerika, Afrika, Australien und Neuseeland. Seit dem Tod von J. van Rijckenborgh und Catharose de Petri wird das Lectorium Rosicrucianum von einer Internationalen Spirituellen Leitung geführt, die von Landesleitungen und Arbeitsgruppen unterstützt wird.

Das Lectorium Rosicrucianum geht von der Idee aus, dass es zwei Naturordnungen gibt: Erstens die uns bekannte Naturordnung, die nicht mehr als eine Notordnung, ein Durchgangshaus ist. Diese Natur umfasst sowohl die Lebenden als auch die Toten. Alles in ihr ist dem Kreislauf Geburt, Leben, Sterben und Wiedergeborenwerden unterworfen. Zweitens ist da die ursprüngliche, göttliche Ordnung. Die erste ist die Welt der Vergänglichkeit: Entstehen, Blühen und Vergehen oder auch „Dialektik“; die zweite ist die Welt der Unvergänglichkeit oder „Statica“. Von der zuletzt genannten, die in der Bibel „Das Himmelreich“ genannt wird, befindet sich im Herzen des Menschen noch ein letzter, latenter Rest, ein Gottesfunke oder „Geistfunkenatom“. Dieses Prinzip verursacht in vielen suchenden Menschen ein unbestimmtes Heimweh, eine vage Erinnerung an den ursprünglichen Zustand beim Vater – das unsterbliche Einssein mit Gott.

Das Lectorium Rosicrucianum strebt danach, die Menschen mit der Notwendigkeit der Rückkehr zur göttlichen Ordnung zu konfrontieren, und zwar durch den Prozess der „Geburt aus dem Geist“ (Joh. 3:8), der von Jesus unter anderem Nikodemus verkündet wurde. Diese Wiedergeburt oder Transfiguration ist gleichsam ein Prozess des „täglichen Sterbens“, wie Paulus es nennt (1.Kor. 15:31). Es stirbt die alte Natur, das Ichbewusstsein, und erwachen muss die Gottesnatur, der Christus im Menschen. In diesem Prozess werden die Schüler des Lectorium Rosicrucianum unterwiesen, und sie bemühen sich, ihn in ihrem Leben zu verwirklichen.

Die transfiguristische Weisheitslehre, die das Lectorium Rosicrucianum austrägt, ist in der Botschaft aller großen Religionen enthalten. So sind in der Bibel die Begriffe zwei Naturordnungen, das göttliche Prinzip im menschlichen Herzen und der Weg der Transfiguration unter anderen in folgenden Aussprüchen zu finden: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“ (Joh. 18:36), „Das Reich Gottes ist inwendig in euch“ (Luk. 17:21) und „Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen“ (Joh. 3:30).

Wesentlich ist, dass der Mensch als eine sichtbare und unsichtbare Körperlichkeit innerhalb des ihn umringenden Mikrokosmos gesehen wird, als eine Welt im Kleinen, übereinstimmend mit dem hermetischen Axiom: „Wie oben, so unten“.

Auf dem Pfad der Transfiguration sind fünf Stadien besonders wichtig:

1. Einsicht in die Art dieses irdischen Lebensfeldes und die Erfahrung, innerlich zur Rückkehr in die göttliche Ordnung gerufen zu werden.
2. Das wahre Heilbegehren.
3. Die Übergabe der Persönlichkeit an die Verwirklichung des Heils.
4. Die daraus spontan entstehende neue Lebenshaltung unter der Leitung des Geistfunkens, die in der Bergpredigt angedeutet wird.
5. Die Vollendung dieses Weges: Das Erwachen (die Auferstehung) im ursprünglichen Lebensfeld.

Was bedeutet es in der Praxis, Schüler des Rosenkreuzes zu sein?

Die transfiguristische Lehre ist nicht nur ein philosophisches System, sondern sie muss „gelebt“ werden. Das streben die Schüler der Geistesschule an. Neben dem Schülertum ist auch für jene, die den Bedingungen für das Schülertum (noch) nicht entsprechen wollen oder können, aber doch in ein Verhältnis zur Schule treten möchten, eine Mitgliedschaft möglich. Für beide Formen der Beziehung ist ein fester monatlicher Beitrag erforderlich.

Bevor sich jemand freiwillig dazu entschließt, in die Schule einzutreten, kann er viele, natürlich unverbindliche Möglichkeiten zur Orientierung nutzen. Ebenso kann man zu jedem gewünschten Zeitpunkt den Kontakt mit der Schule wieder abbrechen. Persönliche Freiheit wird für die einzig richtige Basis gehalten für das, was jeder Mensch selbst als seine Berufung erkennt.

In vielen Ländern besitzt das Lectorium Rosicrucianum Tempel und Konferenzorte. Dort treffen sich die Schüler regelmäßig zu Tempeldiensten und anderen Zusammenkünften, in denen sie die transfiguristische Weisheitslehre studieren und sich darauf besinnen, wie sie diese in ihr Leben integrieren können. Ca. 160 kleinere Zentren dienen dem gleichen Ziel sowie öffentliche Lesungen und Kurse für Interessenten. Außerdem nutzen noch ungefähr 3000 Mitglieder die Möglichkeiten zur Orientierung. Die Schüler werden ab einer bestimmten Zugehörigkeitsstufe angehalten, eine grundlegende Lebensreform zu beachten, wie Vegetarismus, Enthaltsamkeit von Nikotin, Alkohol und Drogen. Natürlich wird eine hohe Moral erwartet. Männer und Frauen haben gleichen Anteil an inneren Entwicklungen und äußeren Aktivitäten. Es gibt weltweit ungefähr 15000 Schüler. Es nehmen auffallend viele junge Menschen aktiv am Werk des Lectorium Rosicrucianum teil. Ab 18 Jahre kann man Schüler werden.

Der Erziehung der Kinder wird viel Aufmerksamkeit gewidmet. Es gibt ein aktives Jugendwerk mit einem eigenen internationalen Zentrum „Noverosa“ in einem zentral liegenden Teil der Niederlande. Den Kindern werden die grundlegenden Begriffe der gnostischen Lehre aller Zeiten durch Märchen und Geschichten nahe gebracht. Den älteren Kindern werden diese Begriffe auch rational erklärt. Außerdem gibt es in den Niederlanden drei besondere Grundschulen, die „Jan van Rijckenborgh-Schulen“.

Weitere

Weitere rosenkreuzerische Organisationen sind zum Teil nur lokal, regional oder national tätig und der Öffentlichkeit kaum bekannt, da relativ klein:

  • Ordo Rosæ Aureæ (ORA)
  • Ordre Kabbalistique de la Rose Croix (KRC)
  • Internationale Weltloge der Bruderschaft vom Rosenkreuz
  • Fraternitas Rosæ Crucis
  • Alter Geheimer Orden vom Kreuz der roten und goldenen Rose (AAORRAC) (Abspaltung von AMORC in Österreich)
  • Aeth Priesthood Fraternitas Rosae Crucis

Musik

Literatur

Quellen

(Quellenschriften sind neben den Grundschriften zur Idee der Rosenkreuzer vor allem Schriften von Mitgliedern rosenkreuzerischer Gemeinschaften)

Wissenschaft

  • Roland Edighoffer: Die Rosenkreuzer. ISBN 3406398235
  • Karl R. H. Frick: Die Erleuchteten. ISBN 3865390064
  • Harald Lamprecht: Neue Rosenkreuzer. Ein Handbuch. ISBN 3525565496
  • Gerhard Steiner: Freimaurer und Rosenkreuzer – Georg Forsters Weg durch Geheimbünde. ISBN 3050004487
  • Das Erbe des Christian Rosenkreuz, Vorträge gehalten anläßlich des Amsterdamer Symposiums 18.–20. November 1986, ISBN 3776202793
  • Bibliotheca Philosophica Hermetica Amsterdam (Hrsg.): Rosenkreuz als europäisches Phänomen im 17. Jahrhundert. ISBN 3772822061

Belletristik

Siehe auch