Stadtbad Oderberger Straße

Das Stadtbad Oderberger Straße (auch Stadtbad Prenzlauer Berg genannt) ist eine bis Ende 1986 genutzte Badeanstalt in der Oderberger Straße im Berliner Ortsteil Prenzlauer Berg. In den letzten Jahren wurde sie vor allem als Veranstaltungsort genutzt, bevor sie nach Sanierungsarbeiten wieder ihrem ursprünglichen Zweck zugeführt werden soll.
Geschichte
Vom Bau des Bades bis zur Schließung
Nachdem das Gebiet des Prenzlauer Bergs schon bis zum Beginn der Gründerzeit rasant bebaut wurde und dabei öffentliche Bauten vernachlässigt wurden, besann sich die Stadt Ende der 1870er und begann mit dem Bau öffentlicher Einrichtungen. Nachdem der Central-Vieh- und Schlachthof, eine Markthalle und ein Hospital in den 1870ern und 1880ern errichtet wurden, errichtete man Ende der 1890er eine Volksbadeanstalt.
Die Pläne des damaligen Stadtbaurats Ludwig Hoffmann entstanden 1897, 1899 begannen die Bauarbeiten. Das Gebäude im Stil der deutschen Renaissance konnte am 1. Februar 1902 eröffnet werden. Sämtliche Verzierungen und Skulpturen wurden nach Vorlagen des Bildhauers Otto Lessing angefertigt.
1936 erfolgten einige bauliche Veränderungen: die von Hoffmann konzipierten Lichthöfe wurden nun aus Platzmangel überbaut. Den Krieg überstand das Gebäude ohne große Schäden. Auch in der DDR wurde es weiterhin als Stadtbad genutzt und erhielt 1977 zusätzlich eine Sauna. Das Bad war ein bedeutender sozialer Bezugspunkt für die Menschen in der Umgebung – viele hatten hier schwimmen gelernt und in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts waren die öffentlichen Duschen auch für die Hygiene immens wichtig.
Um die Heizanlage zu effektivieren, fügte man 1985 dem Gebäude einen zusätzlichen Beton-Schornstein an. Danach traten Risse im Beckenboden und in den Deckengewölben auf, weswegen das Bad zum 11. Dezember 1986 geschlossen werden musste. Die nun entwickelten Sanierungs- und Umbaupläne konnten jedoch bis zur Wende nicht mehr realisiert werden. Die Wannen- und Duschbäder und die Sauna wurden noch einige Zeit weiterbetrieben, jedoch 1994 bzw. 1997 ebenfalls geschlossen.
Planungen nach der Schließung und Eigentümerwechsel
1990 bis 2002
Die Planungen der DDR für eine Sanierung waren nun Geschichte. 1990 gründete sich eine Bürgerinitiative, die die Sanierung und die erneute Nutzung als Badeanstalt forderte. 1991 nahm der Senat von Berlin das Stadtbad in seine Sanierungsliste auf und plante 45 Millionen DM dafür ein, 1994 wurde dieses Projekt aufgegeben. In den Folgejahren organisierte die Bürgerinitiative verstärkt kulturelle Veranstaltungen im Becken. Im Jahr 2000 ging aus der Bürgerinitiative die Genossenschaft Stadtbad Oderberger Straße mit 20 Gründungsmitgliedern hervor. Ziel dieser Genossenschaft war der Erwerb und der Betrieb des Bades. Im Jahr 2002 konnte das unter Denkmalschutz stehende Gebäude von den inzwischen 1000 Mitgliedern erworben werden.
2002 bis 2006
Das Schwimmbad sollte umgebaut und durch eine Saunalandschaft im Obergeschoss ergänzt werden. Die Sanierungssumme wurde auf mindestens 16,5 Millionen Euro geschätzt. Während des Wahlkampfs für den Bundestag wurde dem Projekt im August 2005 ein Senats-Zuschuss in Höhe von 5,1 Millionen Euro in Aussicht gestellt, auch der damalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse engagierte sich. 6 Millionen Euro sollten über Kredite finanziert werden, das restliche Geld über einen geschlossenen Immobilienfonds. Der von der Genossenschaft schon im August als zu eng kritisierte Zeitrahmen zur Erarbeitung eines Finanzierungsplans reichte jedoch nicht aus und die Förderung wurde im November 2005 nicht erteilt.
2007 bis 2008
Im Januar 2007 kaufte die Stiftung Denkmalschutz Berlin das Gebäude für 100.000 Euro. Das Stadtbad Oderberger Straße sollte baulich saniert und anschließend an die Schweizer Firma Kannewischer übergeben werden, die das Bad betreiben und zu diesem Zweck in die Ausstattung investieren wollte. Die geschätzten Gesamtkosten waren inzwischen auf 17 Millionen Euro gestiegen. Im Juni 2008 wurde bekannt, dass die Stadtentwicklungsverwaltung in Aussicht gestellte Fördermittel in Höhe von 2,5 Millionen Euro nicht bereitstellen wird, wodurch sich die Sanierung erneut verzögerte. Das Bad wurde nun zunächst wieder für kulturelle Zwecke zwischengenutzt, um die laufenden Kosten des Gebäudes zu decken.[1]
Seit 2009
Im Juli 2008 wurde bekannt, dass eine angrenzende Sprachschule (GLS Sprachenzentrum) Interesse hat, das Gebäude zu übernehmen. Zunächst soll die Schwimmhalle saniert und in den Freizeitbereich der Schule integriert werden, jedoch teilweise auch öffentlich zugängig sein.[2] Das Konzept der Sprachschule sieht im Rest des Gebäudes Hotelzimmer vor.[3] Bei einer Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung im September 2011 sprachen sich die Abgeordneten für das Konzept der Sprachschule und gegen zwei konkurrierende Konzepte aus.[4] Die Stiftung Denkmalschutz Berlin hat sich an diese Empfehlung gehalten und das Bad im Dezember 2011 an die GLS Sprachenschule verkauft, die 12 Millionen Euro in die denkmalgerechte Sanierung stecken will.[5][6][7]
Im Jahr 2011 begannen erste exakte Untersuchungen an verschiedenen Gebäudeteilen, um den baulichen Zustand, die Materialien und die Reihenfolge der Arbeiten bestimmen zu können. Es wurde festgelegt, im Herbst 2012 als erste Maßnahme den (zweiten) Betonschornstein sprengen zu lassen. Parallel dazu wird die Technik geprüft, teilweise überarbeitet oder ganz erneuert. Der eigentliche Schwimmbadbereich wird bis zum tatsächlichen Start der Sanierungsarbeiten weiterhin kulturell zwischengenutzt: Vermietung des Beckens für Events, Installation von Ausstellungen (beispielsweise „Fräulein Brehms Tierleben“). Am Tag der offenen Tür am 22. März 2012 (dem Weltwassertag) konnte sich jedermann ein eigenes Bild vom Zustand des Bades machen und sich über die Pläne informieren. [8]
Bauwerksbeschreibung

Es handelt sich um einen rechteckigen verputzten Ziegelbau in den äußeren Abmessungen (etwa) 61 Meter lang und 43 Meter breit, dessen nordöstliche Schmalseite die Hauptfassade bildet und in den Verlauf der Oderberger Straße integriert ist. Das viergeschossige Eingangsgebäude beherbergte in den oberen Etagen zunächst Dienstwohnungen für Rektoren und Lehrer der benachbarten früheren Gemeindedoppelschule. Die unteren Etagen enthielten einen Wartebereich und Wannenbäder in einzelnen Räumen. Zahlreicher Bauschmuck zur Bade-Thematik ziert das Gebäude, unter anderem findet sich am Portal die Relief-Darstellung eines Bären, der von Wassernixen gebadet wird. Beidseitig an das Stadtbadgebäude schließen sich rundbogige Durchgänge,getrennt für Knaben und Mädchen, zum Schulhaus in der Kastanienallee an. Der hintere Gebäudeteil enthält die eigentliche Schwimmhalle in Nordost-Südwest-Ausrichtung mit einem 50 Meter langen Becken. Einem umlaufenden mit Fliesen belegten Barfußgang schließen sich an den Längswänden hinter durchbrochenen Zwischenwänden die zweistöckigen Umkleidekabinen an. In der oberen Etage befindet sich eine umlaufende Zuschauerempore. Der gesamte Raum wird mit einem vierteiligen Kreuzgratgewölbe abgeschlossen. Die aus Sandstein gefertigten Brüstungen und Pfeiler sind reich ornamentiert.[9][10]
Literatur
- Volksbad in der Oderberger Straße, Berlin. In: „Neubauten der Stadt Berlin“, Bd. 2, 1903. (Im Online-Archiv des Architekturmuseums der TU Berlin, enthält Innen-, Außen- und Detailansichten, Grundrisse und Schnittzeichnungen.)
- Institut für Denkmalpflege (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmale der DDR. Hauptstadt Berlin-II. Henschelverlag, Berlin 1984, S. 373 ff.
Weblinks
- Eintrag 09065159 in der Berliner Landesdenkmalliste
- Webseite der Genossenschaft Stadtbad Oderberger Straße
- Stiftung Denkmalschutz Berlin
- 360 Grad Panoramen
Einzelnachweise
- ↑ Berlin Online vom 17. Juni 2008: Sanierung von Stadtbad Oderberger Straße wieder ungewiss
- ↑ Berliner Morgenpost vom 22. Juli 2008: Sprachschule will Stadtbad Oderberger Straße kaufen
- ↑ GLS Sprachenzentrum: Konzept Oderberger Stadtbad
- ↑ Prenzlauer Berg Nachrichten: BVV-Ausschüsse: GLS soll das Stadtbad kriegen
- ↑ Prenzlberger Stimme: Stadtbad Oderberger: Ausschüsse stimmen für GLS-Schule
- ↑ Prenzlauer Berg Nachrichten: Verhandlung beendet: Sprachenschule kauft Stadtbad
- ↑ Berliner Morgenpost: Sprachenschule kauft Stadtbad Oderberger Straße
- ↑ Stadtbad-baublog mit Fotos und Texten zum Zustand und den begonnenen Arbeiten, Zugriff am 11. Mai 2012
- ↑ Die Bau- und Kunstdenkmale..., S. 374
- ↑ Ein von Architekturstudenten erstelltes Modell des Stadtbades Oderberger Straße, Zugriff am 11. Mai 2012
Koordinaten: 52° 32′ 17″ N, 13° 24′ 38″ O