Pavee
Die Pavee (irische Traveller) sind eine nomadisch reisende ethnisch-soziale Gruppe irisch-keltischen Ursprungs, die vor allem in Irland (ca. 25.000), Großbritannien (ca. 15.000) und den USA (ca. 10.000) lebt. Ursprünglich waren sie, als fahrendes Volk, zumeist Wanderarbeiter und Pferdehändler.
Fremdbezeichnungen
Fremdbezeichnungen, zumeist perjorativer Art, sind Tinker , Pikeys, Knacker und auch Gypsies ("Zigeuner"), obwohl sie mit Roma-Gruppen ethnisch nicht verwandt sind.
Die sehr gebräuchliche Bezeichnung Tinker enstand aus dem Kontext des englischen Ausdrucks Tin, für Blech. Die Bezeichnung ähnelt dem deutschen Kesselflicker, eine Anspielung auf das reisende Gewerbe der Reparatur und Herstellung von Kochgeschirr. Tinker about ist im Englischen bedeutungsgleich mit herumbasteln und to tinker with something mit an etwas herumpfuschen. Die Ausdrücke Gyppo und Pikey (Schwein...) sind in Großbritannien weit verbreitet und eindeutig negativ.
Die Iren verwenden auch den Begriff Itinerants (dt. Umherziehende oder Wandernde) für die Traveller der Grünen Insel. In Australien benennt man sie mit der romantischen Umschreibung The Sundowners - wo die Sonne untergeht nehmen Sie Ihr Lager. Viele der Betroffenen legen heute jedoch Wert darauf, mit ihrer Eigenbezeichnung Pavee oder der weit verbreiteten neutralen Fremdbezeichnung Travellers benannt zu werden.
Die Pavee sind soziologisch mit den mitteleuropäischen Jenischen und spanischen Quinqui verwandt, alle diese Gruppen teilen einen keltischen Hintergrund und sind traditionelle Altwarensammler, Wanderhandwerker und Handelsnomaden. Auch ist Ihnen das Streben nach wirtschaflicher und sozialer Autonomität gemein. Auch der Überbegriff Travellers bzw. gens de Voyage findet für sie auf euroapolitscher Ebene Anwendung.
Geschichte und Verbreitung
Die Pavee sind eine erstaunliche Erscheinung in einer von sesshafter Kultur geprägten Umwelt, in der sie mit ihrer eigenen Sprache, Kultur und als selbstständig Gewerbetreibende leben. Über die historische Herkunft der Pavee ist man sich nicht einig. Eine Theorie über ihre Herkunft zielt auf die Abstammung von einer anderen nomadischen Gruppe, den so genannten Tarisch ab. Gesichert ist nur, dass die Pavee seit dem 13. Jahrhundert in Irland dokumentiert sind. Traditionell waren sie Wanderhandwerker (Blechschmiede, Kupferschmiede, Spengler, Scherenschleifer) und passionierte Pferdehändler. Sie treffen sich seit über hundert Jahren zum alljährlichen Pferdehandel auf der Appley Horse fair.
Großbritannien und Irland
Der nomadische Lebensstil und ihr Wunsch in Familien-Verbänden zu leben provoziert oft Konflikte zwischen den Pavee und der „Mainstream“-Gesellschaft, besonders in urbanen Zonen und aus raumplanerischen Gründen. Bewilligungen zum Erstellen von Wohnbaracken und Wohnwagen werden oftmals nicht eingeholt, da Travellers schon im Vorfeld davon ausgehen, dass diese nicht erteilt werden. Die Pavee berufen dann sich für die Legitimität ihrer Lager und Siedlungen auf Menschen-, Minderheiten-, Gewohnheits- und Grundrechte. Zwischenzeitlich hat man die Taktik der rückwirkenden Bewilligung verfolgt, die im britischen Wahlkampf 2005, durch Michael Howard von der konservativen Partei, nachteilig für die Traveller thematisiert wurde. So werden neuerdings verstärkt Traveller durch Zonenplanung und Bewilligungsverfahren an den Rand der Gesellschaft gedrängt, mit den entsprechenden negativen sozialen Folgen (Elendsquartiere etc.). Einer aktuellen Umfrage zufolge lehnen 75 % der englischen Bevölkerung ansässige Traveller in ihrer Nachbarschaft ab. Die Medien tun ihr Übriges, um das negative Bild der Traveller zu verankern, und die Boulevardpresse diskriminiert sie in der Öffentlichkeit, siehe: The Sun. Aktuell ist aber auch diese Verleumdung durch die Presse in den Medien zum öffentlichen Thema geworden, siehe: BBC.
Obwohl Traveller auch ein Synonym für Gauner ist, haben die Pavee keine signifikant höhere Kriminalitätsrate. Anders sieht es dagegen bei Übertretungen und Vergehen gegenüber Behörden und landschaftlichen Hoheitsrechten aus.
USA
Die Traveller in den USA gliedern sich in eine nördliche, südliche und westliche Gruppe auf. Von denen jede wiederum ihre eigenen Untergruppen hat.
Ehen werden früh arrangiert und jung geschlossen. Innerhalb der Gruppen zu heiraten, auch aus wirtschaftlichen Gründen (Mitgift etc.), spielt ein wichtige Rolle und untersteht internen Regeln.
Man wohnt im Winter in Wohnwagen auf gekauften oder gemieteten Standplätzen und fährt im Sommer auf die Handelsschaft und Arbeit durch die Regionen. Da Pavee eine verordnete, formale und staatliche Bildung meist ablehnen und ihr Wissen kollektiv, organisch tradiert wird, sind sie oftmals einer Kulturüberheblichkeit und Diskriminierungen ausgesetzt – gelten doch Menschen ohne festen Wohnsitz in der westlichen Welt als suspekt.
Tinkerpferde
Als Tinker bezeichnet man auch die Pferde der Tinker.
- Deutsche Tinkerpferdeseite
- Webseite der Sektion Irish Tinker/Tinkerpony im Österreichischen Zuchtverband für Ponies, Kleinpferde und Spezialrassen (ÖZP)
Politische Bewegungen
Organisationen wie das Irish Travellers' Movement oder Pavee Point Travellers Centre setzte sich in Irland und Großbritannienein für eine Anerkennung als gleichberechtigte ethnische Minderheit ein, die sie sowogk mit der Jahrhunderte alten Geschichte, mit Traditionen, Überlieferungen, eigener Sprache und Kultur als auch mit der wieder erstarkenden Diskriminierung und Ausgrenzung begründen. Sie senden auch Funktionäre zum, vom Europa Rat finanzierten, European Roma and Traveller Forum in Strassburg, das Interessen auf transnationaler und nationaler Ebene, koordiniert und vertritt. Auch werden sie in der Antiziganismus Forschung als Opfer anerkannt und einbezogen.
Idiom, Ethnolekt oder Gaunersprache?
Die Traveller haben eine eigenständige Sprache, das Shelta, die einen prägenden irisch-keltischen Grundwortschatz hat und der englischen Syntax und Grammatik folgt. Mit Lehnworten aus dem Romani, die aber nicht sehr zahlreich sind. Populärwissenschaftlich nennt man so was eine Mischsprache. In der Linguistik gilt Shelta als ein Ethnolekt der goidelischen Sprachen. Der Sprachforscher Kuno Meyer (1858-1919) meinte das Shelta bis in das 13.Jahrhundert zurückreicht. Es wird von ca. 6.000 Traveller in Irland und von 86.000 weltweit gesprochen.Sie sprechen auch Englisch mit eindeutigem Akzent.
Shelta wird von der Mehrheitsgesellschaft als Cant bezeichnet. Unter Cant versteht man umgangssprachlich eine Gaunersprache(n). Dieses diskreditiert und reduziert die Pavee aus ihrer Sicht als eine "Kriminelle Vereinigung mit sozialen Strukturen" und wird deswegen kategorisch von ihnen abgelehnt.
Die Bedeutung von Cant nach [Webster-Dictionary] ist
a.4.Vulgärer Jargon, Slang, eine Geheimsprache gesprochen von Zigeunern, Dieben, Heimatlosen und Bettlern a.1. Die Natur des Cant ist affektiert und vulgär etc.
Links zu den Bedeutungsfeldern der Fremdbezeichnungen
Filme und Dokumentationen
- Snatch, Brad Pitt spielt einen sterotypischen Traveller
- Traveller
- The Francis Barrett Story
- the Sundownersmit Robert Mitchum
- Das weiße Zauberpferd
- Pavee Lackeen:The Traveller Girl
Weblinks
- Irish Traveller Movement (ITM) (engl.)
- Pavee Point Travellers Centre (engl.)
- Infos zu den Travellers (engl.)