Geschichte Polens
Dieser Artikel behandelt die Geschichte Polens von der Urzeit bis heute.
Vor- und Frühgeschichte
Neolithikum
Die erste Besiedlung Polens ist im Paläolithikum nachgewiesen. Die ersten Ackerbauern in Polen gehörten zur Bandkeramischen Kultur, seit etwa 5500 v. Christus. Die Tiefebene wurde erst in der Trichterbecherkultur neolithisiert.
Bronzezeit
Die Kulturen der frühen Bronzezeit entwickelten sich aus der "Kugelamphorenkultur" und der "Schnurkeramik". Die wichtigste Kultur der Bronzezeit und der frühen Eisenzeit war die Lausitzer Kultur. Die Siedlung Biskupin wurde seit den 1920ern ausgegraben und die Rekonstruktion einer befestigten Siedlung der Lausitzer Kultur zieht heute zahlreiche Besucher an.

Eisenzeit und Antike
Zwischen 1000 und 750 v. Chr. wanderten in den Nordwesten des heutigen Polen germanische Stämme ein, die sich um 500 v. Chr. etwa bis zur Grenze des Riesengebirges nach Süden ausbreiteten. Publius Cornelius Tacitus bezeichnete um 75 die Weichsel als Ostgrenze des germanischen Siedlungsgebietes. Er lokalisierte die Rugier und Gepiden entlang der Ostsee, Burgunder und Goten auf mittlerer Höhe, sowie die Vandalen und Bastarnen im Süden. Die Goten begannen seit Ende des 2. Jahrhunderts in Richtung Süden und Osten zu wandern. Im 5. Jahrhundert endete die germanische Besiedelung. Ob und inwieweit dies mit dem großen Vorstoß der Hunnen nach Gallien im Jahre 451 zusammenhängt, ist historisch umstritten.
Spätantike und Frühmittelalter
Erst danach begannen slawische Stämme, wahrscheinlich auf Druck der Awaren, um 550 von Osteuropa kommend, sich in den fast menschenleeren Gebieten anzusiedeln. Wie einst seit 375 die Hunnen, hatten im 6. und 7. Jahrhundert die Awaren die Völker in Bewegung gesetzt und die politische Karte Europas verändert. Sie rissen die Slawen aus ihrer Heimat zwischen Karpaten und Don nach Westen und Süden mit sich fort und setzten sich, nachdem sie im Verbund mit den Langobarden das Gepidenreich im heutigen Rumänien 567 vernichtet hatten, gleich den Hunnen in der Donau-, Theiß-Ebene fest, von wo aus sie den Rest Europas bedrohten. Im Westen waren es vor allem die Reiche der Langobarden und der Franken und im Südosten das mächtige Oströmische Reich (Belagerung Konstantinopels 626) .
Die Westslawen hatten um 600 die Elbe-Saale-Linie überschritten. Es werden diverse westslawische Stämme erwähnt, wie die Abodrites, Veleti, Liutici, Sorben, wie auch der Stamm, aus dem sich die späteren Polen entwickeln sollten, die Polanen. In der althistorischen Forschung wird diskutiert, ob die slawischen Stämme zwischen der Weichsel und Elbe-Saale-Linie auf germanische Restbevölkerung trafen und wie ein möglicher erster Siedlungskontakt verlief. Der Umstand, dass Flussnamen wie z. B. Weichsel vermutlich germanischen Ursprungs sind, wird als Indiz gedeutet, dass Slawen Sprechkontakt mit verbliebenen germanischen Bewohnern hatten.

Die ersten Versuche einer Staatenbildung unter den Westslawen fanden südlich des heutigen Polen auf dem Gebiet Tschechiens und der Slowakei statt. Um 626 wurde im Kampf gegen das Awaren- und Frankenreich der erste slawische Staat gegründet, das Reich des Samo. Im Kampf gegen die Franken und nach der fehlgeschlagenen Belagerung der Wogastisburg durch den Frankenkönig Dagobert I., schloß sich Derwan, Herzog der Sorben (Dervanus dux gente Surborium que ... ad regnum Francorum iam olem aspecserant), Samo an. Er war der erste historisch fassbare Herrscher der Nordwestslawen, über den die Quellen zu 632 berichten. Nach dem wahrscheinlichen Auseinanderbrechen des Samo-Reiches gegen 660 verlieren sich jedoch die Spuren, da bis 800, der Zeit Karls des Großen, kaum schriftliche Quellen über die Westslawen verfügbar sind. Die schriftlichen Quellen setzen erst am Ende des 8. Jahrhunderts ein, im Zusammenhang mit dem Kampf der Franken gegen die Awaren zwischen 791 - 803. Um 805 wurde zur Sicherung der nördlichen Ostgrenze der Limes Sorabicus an der Elbe, die sorbische Grenzmark errichtet. In den Sachsenkriegen 772 - 804 unterwarf Karl der Große die heidnisch gebliebenen Sachsen (Heimatgebiet war das heutige Niedersachsen und Westfalen) und gab den östlichen Teil Sachsens den slawisch-heidnischen Polaben (siehe auch Wendland), welche mit ihm im Kampf gegen die Sachsen verbündet waren, zur Besiedlung frei. In den von Karl eroberten ehemaligen awarischen Gebieten (Pannonische Marken) entstanden lose dem Frankenreich angehörende slawische Fürstentümer. Bedeutende Rollen spielten vor allem das Mährische und das Nitraer Fürstentum, aus denen sich das spätere Reich der Großmährer um 830 herausbilden sollte. Unter Sventopluk gegen Ende des 9. Jahrhunderts erreichte dieses Reich seine größte Ausdehnung und dehnte sich auch auf die Gebiete des heutigen Polens Schlesien und Kleinpolen aus. Auch war Böhmen ein Teil dieses Reiches. Nach dem Zusammenbruch der Großmährer um 900 stand dann Böhmen bis 973 unter dem kirchlichen Einfluß des ostfränkischen Bistums in Regensburg. Nach der Gründung des einheimischen Bistums Prag wurde es der kirchlichen Administration des Erzbistums Mainz unterstellt.

Die direkte Grenze mit christlichen Mährern forcierte die politische Vereinigung polanischer Kräfte in der Hand einer Zentralgewalt. Das Reich der Polanen wurde nach großmährischem Muster aufgebaut. Im 9. Jahrhundert berichtete ein Bayerischer Geograph erstmalig über die slawischen Stammesstrukturen im heutigen Polen. Der Slawenapostel Methodius sprach von einem mächtigen Staat der Wislanen, der bereits nach slawisch-griechischem Ritus christianisiert gewesen sein soll. Der weitere Weg zu einer eigenständigen staatlichen Entwicklung wurde aber wahrscheinlich durch ungarische Raubzüge zu Beginn des 10. Jahrhunderts unterbunden. Unter ihrem Fürst Arpad drangen die Magyaren nach Mitteleuropa vor und wüteten dort länger als ein halbes Jahrhundert. Erst deren vernichtende Niederlage, die sie 955 in der Schlacht auf dem Lechfeld bei Augsburg gegen den deutschen König Otto I. hinnehmen mussten und die zum vollständigen Rückzug ins ungarische Stammland führte, öffnete den Weg zur Konsolidierung des Staatsgefüges unter den ersten Piasten.
Die Zeit war günstig dazu, denn auch die deutschen Könige und Kaiser machten keine Anstalten, ihr eigenes Reich gen Osten auszuweiten (siehe Deutsche Ostsiedlung). Es wurden in karolingischer Tradition Grenzmarken errichtet, die anfangs dem Schutz des Heiligen Römischen Reiches vor den heidnischen Slawen dienen sollten. Die deutschen Könige schickten sich an, auch Könige der Langobarden im alten römischen Kernland Italien zu werden (siehe auch Lombardei, Land der Langobarden) - eine Voraussetzung, um die Kaiserwürde zu erhalten und damit die Führungsrolle und das Primat in der abendländischen Christenheit.
Staatsgründung und die ersten Piasten 960 - 1138
Mieszko I. und die Christianisierung Polens

Um 960 trat Polen aktiv auf die politische Bühne Europas. Das Land, dessen Name sich vom westslawischen Stamm der Polanen ableitet (siehe auch Slawen), ist als Herzogtum im frühen 10. Jahrhundert von Posen und Gnesen aus gegründet worden. Es wurde von 960 bis 992 vom Herzog Mieszko I. aus der Dynastie der Piasten regiert. Das weiß markierte Gebiet auf der Karte repräsentiert die ungefähre Größe des polnisches Staates um das Jahr 960 zu Beginn der Herrschaft Mieszkos. Da es sich um eine recht alte Karte handelt (19 Jh.?), ist das dort erwähnte Datum 992 falsch.
963 - 967 wurde das junge Staatswesen und Mieszko selbst das erste Mal schriftlich erwähnt, daher gilt dieses Datum oft als das erste in der polnischen Geschichtsschreibung. Der Anlass sind die Einfälle des Grafen Wichmanns des Jüngeren, eines abgefallenen sächsischen Vasalls des deutschen Königs Otto I. und seines Verbündeten im heidnischen Wendland, des mächtigen Markgrafen Gero aus der Ostmark. Im Zuge dieser Kämpfe wurde Mieszko vom Markgraf Gero und seinem Verbündeten Wichmann besiegt und für einen Teil seines Herrschaftsgebietes (Region um Lebus), dem Heiligen Römischen Reich tributpflichtig gemacht.
965 kam es zu einem Bündnis mit den bereits christlichen Tschechen. Mieszko I. ließ sich römisch-katholisch taufen und heiratete die böhmische Herzogstochter Dubrawka, aus dem Geschlecht der Przemysliden. Damit hoffte er zu verhindern, dass Polen zwischen missionseifrigen Nationen aus dem Westen aufgerieben wurde und konnte zum anderen, unter dem Vorwand der Heidenmission, die eigenen Grenzen ausweiten. Es wurde ein unabhängiges Missionsbistum in Posen gegründet. Die Annahme des Christentums war zweifelsfrei eine rein politische Entscheidung, bedingt durch den Druck des Heiligen Römischen Reiches.

967 zahlte sich das Bündnis mit Böhmen das erste Mal aus. Mit Hilfe przemyslidischer Reitertruppen schlug Mieszko I. den Grafen Wichmann, den militärischen Anführer des slawischen Wolinerbundes, der seinen Vorstoß gen Pommern mit Hilfe der Woliner verhindern wollte, in die Flucht. Sein Schwert lieferte Mieszko, als amicus imperatoris ("Freund des Kaisers", so wurde er seit seiner Taufe genannt), dem Kaiser aus. Wichmann selbst starb auf der Flucht.
Auf der Grundlage eines im Innern gefestigten Staatswesens wurden in den Jahren 967 - 979 ganz Hinterpommern mit Stettin und Pommerellen mit Danzig (Gründung einer Festung bei Danzig 979) unterworfen. Ein Zugang zur Ostsee bedeutete unmittelbaren Kontakt mit Skandinavien. Mieszkos Tochter aus der Ehe mit Dobrawa, Swietoslawa, heiratete König Sven von Dänemark und wurde die Mutter Knuts des Großen.
972 wurden die Truppen des Markgrafen Odo (Hodon) an der unteren Oder in der Nähe von Zehden besiegt und in die Flucht geschlagen, Tod des einzigen bei Namen bekannten Bruders von Mieszko, Czcibor. Der Sieg über Odo bedeutete die Sicherung der Westgrenze. 973 kam es dann zu einem Verständigungsfrieden mit dem Heiligen Römischen Reich bzw. Odo, auf dem Quedlinburger Hoftag, wo Mieszko als "Freund des Kaisers" (amicus imperatoris) seinen persönlichen Treueeid leistete. Inwieweit und ob überhaupt damit Polen in ein Lehnsverhältnis zum Heiligen Römischen Reich eintrat, ist historisch umstritten.

981 Verlust der wichtigen Tscherwenischen Burgen (Galizien) und somit die Kontrolle über die West-Osthandelspassage zu Gunsten des Kiewer Großfürsten Wladimir I., der die schwierige militärische Lage der Piasten im Westen für sich selbst auszunutzen wusste.
986 bestätigte Mieszko seinen Vasallenstatus (Tributpflicht) abermals, indem er dem noch minderjährigen Kaiser des Heiligen Römischen Reiches - Otto III. - wiederum in Quedlinburg huldigte. Er führte in seinem Namen einen Heidenfeldzug gegen die Elbslawen an. Bei den Rechtsvertretern des kindlichen Kaisers konnte er hierdurch auch auf Hilfe bei der Eroberung Kleinpolens und Schlesiens setzen.
Nach dem Tod von Mieszkos erster christlichen Frau Dubrawka 977 und seiner Heirat mit der Sächsin Oda von Haldensleben erfolgte ein Bruch zwischen Polen und Böhmen. Es kam zur Entfremdung zwischen den Staaten, was schließlich 989 - 999 zum Krieg führte. In diesem Konflikt wurden Schlesien, Kleinpolen, Mähren und die Slowakei erobert.
Im Jahr vor seinem Tod stellte der erste historisch belegte Herrscher Polens sein gesamtes Land unter den Schutz des Papstes (politischer Gegenspieler des Kaisers im Mittelalter). Polen wurde päpstliches Lehen (siehe auch Peterspfennig). Er verstarb im Jahr 992 und liegt in der Kathedrale zu Posen begraben. Sein Nachfolger wurde sein Sohn aus der Ehe mit Dubrawka Bolesław der Tapfere.
Boleslaw der Tapfere und der erste Aufstieg zur Großmacht

992 teilte Mieszko I. sein Reich in altslawischer Tradition unter seinen Söhnen Boleslaw (aus der Ehe mit Dubrava) und Swietopelk, Lambert, Mieszko (jun.) aus der Ehe mit Oda auf. Boleslaw brach jedoch mit dem Willen des Vaters, indem er, sicherlich unterstützt durch eine starke Gruppe einflussreicher Magnaten, seine Stiefmutter und seine Halbbrüder in das Heilige Römische Reich vertrieb. Die Reichseinheit wurde wiederhergestellt. Boleslaw schloß an die Politik seines Vaters "Bündnis mit dem Reich" als Tributpflichtiger (keine Lehnspflicht) an und unterstützte995 den für volljährig erklärten Kaiser Otto III. bei der Verteidigung des christlichen Glaubens, indem er sich, gemäß der Quedlinburger Absprache von 991, an dessen Kampf gegen die heidnischen Elbslawen beteiligte, der jedoch weitgehend erfolglos blieb. Der östliche Teil der Nordmark (Brandenburg) blieb bis ins 12. Jahrhundert unter polnischem Einfluß, der sein Zentrum in der Region um Lebus hatte.
Im Rahmen der Christianisierung der baltisch-pruzzischen Stämme an der Ostsee kam der Bischof Adalbert von Prag 997 nach Polen, von wo er mit polnischer Unterstützung in das Pruzzenland gelangte. Dort wurde er jedoch bei Fischhausen ermordet. Boleslaw löste den Leichnam Adalberts aus und setzte diesen in der Kathedrale zu Gnesen bei. Allerdings wurde dieser schon 1038, nach dem polnisch-böhmischen Krieg, nach Prag entwendet. Adalbert wurde bereits 999 von Papst Silvester II. heilig gesprochen. Dies erleichterte das Bestreben des Herzogs um die Errichtung einer unabhängigen Kirchenprovinz in Rom ungemein, sodass schließlich Kaiser Otto III. und Papst Silvester II. diesem Wunsch entsprachen.

Im Jahre 1000 pilgerte der römisch-deutsche Kaiser Otto III., zu dem Boleslaw ein freundschaftliches Verhältnis hatte, an das Grab seines Freundes, des Märtyrers Adalbert in Gnesen, um als Staatsakt sein Reichskonzept von der »Renovatio Imperii Romanorum« zu verkünden. Ein Konzept, in dem Polen, als Slawenland, eine gleichrangige Stütze am Gebäude des "Imperiums" war, genauso wie Gallia oder Germania.
Es wurde für die slawischen Provinzen das Erzbistum Gnesen errichtet, mit Adalberts Bruder Gaudentius als erstem Erzbischof von Gnesen, dem die neugegründeten Bistümer Kolberg, Krakau und Breslau unterstanden. Die Errichtung einer unabhängigen Kirchenprovinz war ein erster Grundpfeiler der Emanzipation Polens vom Heiligen Römischen Reich. Während dieses Besuches erkannte Otto III. offiziell die Souveränität des piastisch-polnischen Herrschers an (keine Tributflicht mehr, die seit 963 bestanden hatte).
Der junge Kaiser wollte unter Einbindung der inzwischen christianisierten Völker des Ostens ein neues christliches Weltreich unter der Führung des Kaisers als weltliches Oberhaupts der Christenheit über Königtümer wieder erstehen lassen. Dabei sollte Polen ein führender Platz innerhalb der "Sclavinia" zukommen. Otto begünstigte die Konsolidierung und Machtausweitung der Piasten gegenüber den tschechischen Premysliden, die mit den Interessen des Heiligen Römischen Reiches weit weniger in Einklang standen.
Boleslaw soll von Otto in Gnesen in den Stand der Könige erhoben worden sein. Das ist jedoch umstritten. Es gibt aber deutliche Hinweise, die die Königsthese stützen. Auf jeden Fall wurde die Krönungszeromonie nicht vollendet. Es fehlte die Erlaubnis des Papstes. Diese konnte aber wegen des frühen Tods Ottos III. und des vehementen politischen Widerstands des neuen deutschen Königs und späteren römisch-deutschen Kaisers Heinrichs II. fast zwei Jahrzehnte lang nicht eingeholt werden.

Der frühe Tod Ottos III. im Jahre 1002 und die Thronbesteigung Heinrichs II., mit engen Verbindungen zu den Böhmen (Przemysliden), der dem Polenkönig nicht wohlgesonnen war, änderte die Beziehungen des Königreichs Polen zum Heiligen Römischen Reich diametral. Boleslaw trat in Opposition zum Reich und verfolgte nunmehr eigene Ziele der Expansion. Dies führte zu einem mehrjährigen Krieg Polens mit dem römisch-deutschen Kaiser, an dessen Ende sich Polen dank seiner in Ansätzen bereits gefestigten Staatlichkeit behaupten konnte und einen Ausgleichsfrieden (siehe: Frieden von Bautzen) mit dem Deutschen Reich schloss. Dies verdankte Boleslaw auch seinen Verbündeten, wie seinem Neffen Knut von Dänemark.
Die in Gnesen getroffene Absprache zwischen Polen und dem Reich wurde widerwillig von Heinrich bestätigt, auch verlangte Boleslaw vom deutschen Kaiser militärische Unterstützung für seinen lange geplanten Zug nach Kiew (gegen Jaroslaw von Kiew), die er auch ohne weiteres bekam. Er konnte dem Kaiser zwar die Mark Meißen nicht abtrotzen, jedoch behielt er seine Erwerbungen im Westen, das Milzener Land und die Mark Lausitz lehnsfrei, die dann auch bis 1031 bei Polen blieben.
Für Boleslaw Chrobry führte dieser Krieg zwar zu einem Substanzverlust des Landes. Er griff dennoch in die Streitigkeiten der slawischen Stämme in der Nordmark (Brandenburg) ein und legte in Berlin-Köpenick eine Burg auf der heutigen Schlossinsel an. Für fast 120 Jahre, bis Mitte des 12. Jahrhunderts, war Köpenick der Sitz eines piastischen Vasalls.

Hiernach wandte er sich nach Kiew, um dort seinen Schwiegersohn, den Kiewer Großfürsten Swietopelk, gegen desssen Bruder Jaroslaw zu unterstützen. Nach erfolgreicher Wiedereinsetzung Swietopelks erwarb er noch 1018 die tscherwenischen Burgen für Polen zurück.
1024 verstarb Heinrich II. Nun stand der endgültigen Königskrönung Boleslaws nichts mehr im Weg. Das deutsche Interregnum ausnutzend, setzte er sich 1025 ein zweites Mal die Krone aufs Haupt, wodurch er der erste König von Polen wurde. Dies stieß im Reich zwar auf ein negatives Echo, war aber zweifellos ein großer Prestigegewinn für Polen. Allerdings sollte sich das Königtum zunächst nicht als dauerhaft erweisen.
Boleslaw förderte den christlichen Glauben in Polen, wissend, dass der Papst im 11. Jahrhundert einer der bedeutendsten machtpolitischen Konkurrenten des deutschen Kaisers war. Durch die erfolgreiche Gründung einer unabhängigen polnischen Kirchenprovinz mit dem Erzbistum Gnesen und seiner Krönung zum ersten polnischen König begründete er die polnische Emanzipation vom Heiligen Römischen Reich. Er war auch der Begründer der polnischen Kastellanverfassungsordnung. Er hat aus dem relativ kleinen, unbedeutenden Herzogtum seines Vaters einen in der ganzen Region bedeutsamen Staat gemacht. In Polen gilt er bis heute als eine der wichtigsten historischen Persönlichkeiten. Er liegt neben seinem Vater Mieszko I. in der Kathedrale von Posen begraben.
Die Wirren unter Mieszko II.
1025 Nach dem Tod Boleslaws übernahm sein für die damalige Zeit äußerst gebildeter Sohn Mieszko Lambert, er beherrschte neben seiner Muttersprache Polnisch, auch Latein und Griechisch, die Herrschaft und erhob sich und seine deutsche Frau Richeza in den Stand der Könige, um seine Souveränität vor der Lehnsherrschaft der römisch-deutschen Kaiser zu sichern. Jedoch gelang es ihm nicht, die von seinem Vater eroberten Gebiete lange zu halten. Nach nur fünf Jahren der Herrschaft begann sein Reich, bedingt durch diverse militärisch-ökonomische, aber auch soziale Umstände in Form von Kriegen, Aufbau der jungen Monarchie und der Kirche, die riesige Kosten verursachten, und nun mehr dem einfachen Volk auferlegt wurden (siehe auch Kirchenzehnt) und von außen erzeugte Instabilitäten, ins Ausland geflüchtete (Halb-)brüder Mieszkos, Otto und Bezprym, die mit dem Willen des Vaters Boleslaw brachen, zu erodieren.
In väterlicher Tradition unternahm der neue Herrscher in den Jahren 1028 und 1030 präventive Kriegszüge gegen östliche Teile des Heiligen Römischen Reiches, vor allem Thüringen und Sachsen (Einnahme und Zerstörung von Hamburg), da der neue Kaiser im Reich, Konrad II., ihn als König nicht anerkennen wollte und zu seinen Intimfeinden gehörte. Dies brachte ihm im Reich der Salier und im restlichen Europa (Kiewer Rus, Ungarn, Böhmen) viele Feinde ein und überforderte am Ende den immer noch jungen Staat. Außerdem provozierte es mehrere gleichzeitige militärische Reaktionen Konrads und des Großfürsten von Kiew, Jaroslaws des Weisen, der zu den Feinden seines Vaters gehörte. Dieser mächtigen Allianz konnte Mieszko nicht mehr gerecht werden und am Ende überforderte sie ihn schlicht. Dies führte zum Verlust einiger Gebiete (Mähren, Slowakei, Tscherwenische Burgen und Mark Lausitz) und zur Stärkung der inneren Opposition, da sich Mieszkos Brüder jetzt mit den Gegnern des Herrschers verbünden konnten. Schließlich wurde Mieszko 1031 sogar gestürzt und musste fliehen und das Land seinen (Halb-)brüdern Bezprym und Otto überlassen.
Bezpryms Herrschaft dauerte nicht lange. Es kam zum Aufstand gegen den neuen Herrscher. Kurz darauf wurde Bezprym 1032 ermordet. Der Tod Bezpryms eröffnete für Mieszko die Möglichkeit der Rückkehr in die Heimat. Er verständigte sich mit seinem jüngeren Bruder Otto und kam aus Böhmen nach Polen zurück. Auch mit Kaiser Konrad, nachdem dieser mit einer weiteren militärischen Intervention in Polen drohte, einigte sich Mieszko im Rahmen des Hoftags von Merseburg 1033 bald. Mieszko verzichtete auf Druck des Kaisers auf die Königskrone, und teilte sein Reich zunächst mit seinem Bruder Otto und einem gewissen Dietrich. 1033 verstarb bereits Mieszkos Bruder Otto und Dietrich verlor aus nicht bekannten Gründen seinen ihm zugewiesenen polnischen Machtbereich und so konnte Mieszko noch kurz vor seinem Tod am 10. Mai 1034 die Hauptprovinzen Polens an seine Herrschaft binden.
Die boleslawischen Erwerbungen, sowohl im Osten als auch im Westen, waren jedoch verloren. Polen beschränkte sich auf die Hauptprovinzen Groß-/Kleinpolen, Masowien, Pommerellen und Schlesien und entsprach um 1034 somit ungefähr den heutigen Grenzen, doch hinterließ er nach seinem Tod ein von Aufständen und heidnischer Reaktion zerrüttetes Land. Mit dem Verzicht auf die Königswürde stand Polen ab 1033 für Jahrzehnte wieder in formeller Abhängigkeit zu römisch-deutschen Kaisern.
Staatskrise und Erneuerung

1034 ging die Herrschaft auf Mieszkos Sohn Kasimir über, der aus der Heimat seiner deutschen Mutter kommend, die Gewalt im Staate übernahm. Er hielt sich jedoch nicht lange an der Macht und musste bereits 1037, auf Druck der Opposition, Polen Richtung Ungarn verlassen. Eventuell kam er überhaupt erst 1039 das erste mal nach Polen. Von 1037 bis 1039 fand ein Auflösungsprozess des polnischen Staates statt. Es kam vor allem in der Region Großpolen zu Aufständen gegen die Kirche und das Magnatentum, den eigentlichen Profiteuren des sozio-politischen Umbruchs der ersten Piasten - die Einführung eines dem "Zehnten" ähnlichen Systems für die Kirche und den Adel - die Bauern waren bis dato frei -, verbunden mit einem starken Rückfall ins Heidentum. Einzelne Regionen verselbständigten sich, zum Beispiel Masowien und Pommern.
Den Niedergang der piastischen Zentralgewalt ausnutzend, unternahm der böhmische Herzog einen Kriegszug in das polnische Vakuum, bei dem er die Gebeine des Hl. Adalbert erbeutete, das Land (v.a. Großpolen), fast ohne Widerstand, verwüstete und Schlesien eroberte. Hinzu kamen noch Plünderungszüge der heidnischen Pruzzen und Pomoranen.
Der neue Kaiser im Reich, Heinrich III., befürchtete nun ein politisches Erstarken Böhmens unter Břetislav I. und erteilte dem jungen Herzog Kasimir 1039, nachdem dieser zuerst sein Vasall geworden war, militärische Hilfe. Mit dieser gelangte der Herzog in den Besitz Großpolens und 1040 Kleinpolens mit Krakau zurück. Sogleich machte er Krakau zur neuen Hauptstadt Polens, weil Großpolen durch die vielen Aufstände und den böhmisch-polnischen Krieg zu verwüstet war.
1041 zwang der Kaiser den böhmischen Herrscher zum Verzicht auf Ansprüche gegenüber Polen, gab jedoch Schlesien nicht an Polen zurück. Um die Grenze im Osten abzusichern, schloß Kasimir im gleichen Jahr ein Bündnis mit Jaroslaw von Kiew und heiratete wenig später dessen Schwester, Fürstin Dobroniega-Maria. Jaroslaw gewährte ihm daraufhin militärische Hilfe bei der Rückeroberung Masowiens und Pommerellens mit Danzig 1047.
Vor seinem Tod 1058 erwarb er um 1046, gegen den Willen des Kaisers, Schlesien - Restauration des Bischofssitzes in Breslau - von den Böhmen zurück. Erst nachdem Břetislav I. 1053 - 1055 die "bayrische Rebellion" gegen den Kaiser unterstützte und hierdurch bei ihm in Ungnade fiel, musste er auf Drängen des deutschen Souveräns 1054 in Quedlinburg auf Schlesien endgültig verzichten, gegen jährliche Tributzahlungen aus Polen, was zum Anlaß für weitere böhmisch-polnische Auseinandersetzungen wurde. Die beiden gleichstarken slawischen Staaten wurden so für Jahrzehnte politisch-militärisch geschwächt.
Kasimir der Erneuerer gilt als derjenige polnische Herrscher, der den christlichen Staat der Piasten nach der letzten größeren heidnischen Reaktion wiederaufgebaut hat und zudem durch seine Landvergabe an Krieger zu deren Versorgung das Rittertum in Polen eingeführt hatte.
Nach dem Tod von Kasimir 1058 folgte ihm sein Sohn Boleslaw der Kühne nach. Dieser betrieb eine sehr erfolgreiche Außenpolitik. So entledigte er sich der Tributpflicht für Schlesien an Böhmen. Auch gelang es ihm 1077 mit Erlaubnis des Papstes Gregors VII. die Königswürde wiederherzustellen. Er setzte, vor allem im Bereich der kirchlichen Strukturen, die Wiederaufbauarbeit seines Vaters fort. Einen Schatten auf seine Herrschaft wirft die Verurteilung und Tötung - unter unklaren Umständen - des Bischofs Stanislaus von Krakau, welche einen Aufstand gegen Boleslaw auslösten, der schließlich zu seiner Flucht nach Ungarn führte, wo er auch 1082 starb.
Boleslaw II. folgte dessen jüngerer Bruder Wladyslaw Herman. Bereits wenige Jahre nach seiner Thronbesteigung versöhnte er sich mit dem Sohn seines vertriebenen Bruders, gestattete ihm zurückzukehren und stattete ihn mit einer eigenen Provinz aus. Für einige Jahre zahlte er wieder Tribut für den Besitz Schlesiens. Zum Ende seiner Herrschaft geriet er in Konflikt mit seinen Söhnen, Boleslaw III. und Zbigniew, und musste ihnen 1098 auf Druck der Adelsopposition, sein Neffe war inzwischen verstorben, eigene Provinzen zuteilen, behielt aber noch die Oberherrschaft. Er starb schließlich 1102.

Boleslaw Schiefmund und sein Testament
Boleslaw gelang es 1108 seinen Halbbruder Zbigniew zu unterwerfen und 1109 einen Invasionsversuch Kaisers Heinrich V., der damit nicht einverstanden war, erfolgreich abzuwehren, sodass Polen bereits nach wenigen Jahren geeinigt war.
Unter Boleslaw III. dehnte Polen 1121, bis zur Intervention Heinrichs des Löwen um 1164, seinen Machtbereich auf Pommern aus, durch die Unterwerfung der heidnischen Pomoranen, damit der letzten freien heidnischen Slawengebiete, die er von Otto von Bamberg christianisieren ließ. In Ottos Geleit kamen unter anderem die ersten deutschen Siedler als Mönche nach Pommern. Auch erstreckte sich Boleslaws Einflußbereich bis ins heutige Brandenburg hinein - Gründung des Bistums Lebus -, womit Brandenburg bis 1424 kirchlich mit dem polnischen Erzbistum Gnesen verbunden war.
Da er viele männliche Nachkommen hatte und er Kämpfe unter seinen Söhnen vermeiden wollte, wie damals die seinen mit Zbigniew, teilte er sein Reich - nach slawischem Brauch - unter seinen Söhnen auf, indem nur der älteste des Piastengeschlechts im Rahmen des Senioratsprinzips das Land nach außen repräsentieren sollte.
Die Zeit der Zersplitterung: Der Partikularismus 1138 - 1295
Das Scheitern des Senioratsprinzips und die deutsche Ostkolonisation

Im Jahre 1138 trat die neue Verfassung in Kraft und der älteste Vorsteher des Piastengeschlechts, Wladyslaw der Vertriebene, wurde Seniorherzog von Polen mit Sitz in Krakau, die jüngeren Brüder, die Juniorherzöge, herrschten in den ihnen zugewiesenen Regionen.
Bereits 1146 kam es zum Bruch und Boleslaws Ältester, Wladyslaw, wurde mit Hilfe des Adels von seinen Brüdern aus Polen vertrieben. Die erhoffte Stärkung der Einheit blieb aus. Vielmehr entbrannten dauerhafte Kämpfe um die Führungsrolle und die Macht in Krakau in den nächsten 150 Jahren. Das Land zerbrach in mehrere de facto unabhängige piastische Herzogtümer -Partikularismus -, wodurch die politische Stellung und Autorität Polens im Europa des 13. Jahrhunderts beträchtlich geschwächt wurde. Die Idee der polnischen Einheit, des Regnum Poloniae, lebte weiter in der einheitlichen Kirchenorganisation und der Tradition der großen Adelsgeschlechter, sowie in der dynastischen Verbundenheit (Verwandtschaft) aller Herrscher.
Bei der Vertreibung von Mieszko III. 1177, setzten sich die jüngeren Vertreter der Dynastie im ganzen Land durch. Zwar blieb eine gewisse Oberhoheit des Herzogs von Krakau - princeps - erhalten, aber das Seniorat, als Herrschaft des Ältesten, wurde endgültig abgeschafft und 1182 hob die Versammlung der polnischen Herzöge und Bischöfe in Łęczyca das Senioratsprinzip formell auf und verbriefte Vorrechte der Geistlichkeit. Die Einheit Polens wurde nicht erreicht. Die Fürstentümer der Piasten bestanden weiterhin als souveräne Regionen nebeneinander.

1202 fiel die Senioratsprovinz Kleinpolen mit Krakau an Leszek den Weißen, Sohn Kasimir des Gerechten und durch den Tod seines Onkels Mieszko des Alten brach das Senioratsprinzip de facto und endgültig in Polen zusammen. Seit jener Zeit galt die Herrschaft über Krakau für die jeweiligen Piastenherzöge als Legitimation für Maßnahmen zur Vereinigung des Landes. In seiner Titulatur erhob Leszek als letzter Herzog Ansprüche auf die Oberhoheit in ganz Polen und versuchte diese ab 1217 auch in Pommerellen durchzusetzen. 1227 trafen sich die polnische Fürsten in Gasawa, um sich gegen den Herzog Swantopolk von Pommerellen und ihren Vetter Herzog Wladyslaw Odonic von Großpolen zu beraten, wo Leszek bei einem plötzlichen Überfall des Swantopolk den Tod fand.
In diese Zeit fiel eine verstärkte deutsche Ostkolonisation. Bereits zwischen 1200 - 1250 waren große Teile Pommerns und Schlesiens mit Deutschen und Flamen besiedelt, die durch die einheimischen slawischen Herren, wie die Greifen in Pommern und die schlesischen Piasten ins Land geholt wurden. Die pommerschen Adeligen, ebenso die schlesischen Fürsten versprachen sich eine höhere wirtschaftliche Prosperität und Entwicklung ihrer Ländereien. Aufgrund der Anzahl der Neusiedler und durch den persönlichen Einsatz und Förderung der Ostsiedlung durch die polnischen Dynasten, wurden weite Teile des mittelalterlichen Polens ein Teil des deutschen Sprachraums und verloren im Laufe der Zeit ihren slawisch-polnischen Charakter. Auch öffneten sich einige Regenten, wie zum Beispiel die schlesischen Piasten, freiwillig dem Deutschtum - deutscher Klerus, Heirat mit deutschen Prinzessinen, Verwandtschaft zum deutschen Hochadel -, was die deutsche Ostkolonisation und das Deutschtum in Schlesien und über die Grenzen Schlesiens hinaus - deutsches Patriziat in polnischen Städten z. B. in Posen, Danzig oder Krakau -, zusätzlich begünstigte, waren sie in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts nicht nur polnische Seniorherzöge, sondern auch die mächtigsten Landesfürsten des sich im Partikularismus befindenen Polens überhaupt. Die Entslawisierung und die entsprechende Germanisierung vollzog sich, zumindest auf die Gebiete Pommerns und Schlesiens beschränkt, relativ friedlich und war keine brutale deutsche Landnahme polnischer Gebiete. Dieses Faktum wurde und wird historisch jedoch kaum wahrgenommen.
Äußere Eingriffe und teritoriale Verluste
Entwicklung Schlesiens im 12. und 13. Jahrhundert
Der in das Reich geflohene Wladyslaw der Vertriebene gewann die Gunst des Kaisers, welcher für ihn in Polen 1157 militärisch intervenierte. Friedrich Barbarossa zwang den polnischen Seniorherzog Boleslaw IV. zur Herausgabe Schlesiens an die Söhne des geschassten Souveräns und machte ihn für einen Teil seines Reiches lehnspflichtig. Jedoch zögerte Boleslaw einige Jahre der staufischen Forderung nachzukommen und erst im Jahre 1163, unter der Drohung einer neuen kaiserlichen Intervention, händigte er Schlesien an die Söhne Wladyslaws, Boleslaw den Langen und Mieszko Kreuzbein aus. Mit der Aushändigung dieser Provinz an die Nachkommen Wladyslaws, entstand die langlebige Linie der schlesischen Piasten, die erst Anfang des 18. Jahrhunderts im Mannesstamm ausstarb.
Die einsetzende Einigung Polens durch die schlesische Linie der Piasten, nahm mit dem Tod Heinrichs des Frommen ein jähes Ende. Der Herzog verlor im Kampf gegen die mongolischen Horden in der Schlacht bei Liegnitz sein Leben und Schlesien zerfiel in eine Vielzahl feudalistischer Fürstentümer, die nach dem Mongolensturm 1241, nach und nach vom Königreich Böhmen absorbiert wurden. Obwohl die Reiterhorden des Großkhans Ugedai, eines Sohnes Dschingis Khans, siegreich blieben, zogen sie sich in die von ihnen eroberten russischen Fürstentümer zurück und wurden für über 250 Jahre die neuen Herren des zerfallenden Reiches der Kiewer Rus und ihrer juristischen Nachfolgerin Moskowien. In den folgenden Jahrzehnten unternahmen sie jedoch weitere Raubzüge Richtung Westen, die das politisch zersplitterte Polen miltärisch immer schwächer werden ließen, sodass die Landesfürsten der Nachbarvölker, wie der Litauer vorallem aber der Böhmen und der Deutschen - Brandenburg/Deutscher Orden -, begannen ihre eigenen Territorien auf Kosten Polens zu erweitern.

Pommern unter den Greifen
Das Land, das sich mit Zentrum Stettin über die beiden Seiten der Oder ausbreitet, wurde anfang des 7. Jahrhunderts von den slawischen Pomoranen besiedelt. Seit dem 10. Jahrhundert gerieten die Pomoranen in den Einflußbereich ihrer christlichen Nachbarn. Aus dem Westen drohten Ihnen die deutschen Landesfürsten. Es waren die Sachsen mit der Mark der Billunger und die ostmärkischen Markgrafen aus Brandenburg - beide Teil des Heiligen Römischen Reiches. Aus dem Südosten kamen die Fürsten der Polanen, die Piasten, die die Pomoranen politisch enger an ihre Exekutive binden konnten. Um die pommersche Provinz nicht ganz den Deutschen und den Polen zu überlassen, versuchten in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts auch die Dänen, unter ihrem König Knuth VI., Pommern unter ihre Lehnsherrschaft zu bringen, was ihnen erst 1185 erfolgreich gelang. Pommern war bis zur Schlacht bei Bornhöved unter dänischer Vorherrschaft.
Die Pomoranen leisteten vehement Widerstand gegen Unterwerfungs- und Christianisierungsbestrebungen ihrer Nachbarn. Nach mehreren erfolgreichen Volksaufständen, in denen sie sich ihre Freiheit kurzzeitig erkämpft hatten, wurden sie schließlich von Boleslaw Schiefmund in drei Feldzügen zwischen 1116 - 1121 unterworfen. Dieser ließ die Pomoranen durch den Deutschen Otto von Bamberg christianisieren. Auch setzte der polnische Souverän den Pommernfürsten Wartislaw I. als seinen Vasallen in Stettin ein. Er stammte aus der Greifen-Dynastie, die sich bis zum Aussterben in männlicher Linie in Pommern bis 1637 behaupten konnte. Durch die Erfolge des polnischen Fürsten in Mecklenburg und Vorpommern ermutigt und um seinen Einfluß bei den Elbslawen fürchtend, zwang Kaiser Lothar III. 1135 Boleslaw seine kaiserliche Lehnsherrschaft über Pommern anzuerkennen und vergab dieses mit der Insel Rügen bis 1137 zu Lehen.

Während der Wendenkreuzzüge unterwarf Heinrich der Löwe, der Herzog von Sachsen, 1164 die Fürsten von Stettin und wurde Lehnsherr Pommerns. 1181 unterwarf er sich nach einem verlorenen Krieg seinem Vetter, Kaiser Friedrich Barbarossa, damit verlor er seine Macht im Reich und alle seine slawischen Lehnsherrschaften und ging einige Jahre ins Exil nach England, der Heimat seiner Ehefrau. Der pommersche Herzog Bogislaw I., vom Dänen Waldemar I. bedrängt, und da er von Polen keine Hilfe erwarten konnte, 1177 Treffen mit dem Seniorherzog Mieszko III. von Polen in Gnesen, stellte sich 1181 unter den Schutz des Kaisers als reichsunmittelbarer Herzog Pommerns. Pommern wurde Reichslehen, die pommerschen Herzöge in den Rang deutscher Reichsfürsten erhoben.
Pommerellen unter den Samboriden
Pommerellen stand seit 1138 nominell unter dem Einfluss des polnischen Senior-Herzogs und seit 1269 auch Brandenburgs. Am Ende des 12. Jahrhunderts entstand die slawische Samboriden-Dynastie, die bis 1294 über Pommerellen herrschte. Mit dem Tod Leszeks des Weißen, Seniorherzog von Polen, wurden die pommerellischen Herzöge 1227 de facto von Krakau unabhängig. Der letzte unabhängige Herrscher Pommerellens, Herzog Mestwin II., schloß 1282 mit dem großpolnischen Herzog und späteren König von Polen, Przemyslaw, in Kempen (Kępno) einen Vertrag, auf dessen Grundlage dieser nach seinem Tod, am 25. Dezember 1294, sein Erbe in Pommerellen und Danzig antrat. Schließlich wurde das Land 1308 vom Deutschen Orden erobert und war damit für Polen bis 1466 verloren. Um der Okkupation den Anschein der Legalität zu verleihen, kaufte der Orden 1309 den Brandenburgern ihre Ansprüche - Vertrag von Arnswalde - an Pommerellen ab, die jedoch umstritten waren. Die Annexion vergiftete für fast zwei Jahrhunderte das deutsch-polnische Verhältnis in dieser Region, und führte zu juristischen, aber auch kriegerischen Auseinandersetzungen Polens mit den Deutsch-Ordens-Rittern.
Lebus und Entstehung der Neumark
Die Expansion der Mark Brandenburg nach Osten, auf polnisch-piastische Gebiete, führte 1250 zum Verlust von Lebus und 1252 - 1271 zur Entstehung der Neumark, als Gegenstück zur Altmark. Polen wurde um 1250 für Jahrhunderte von der heutigen Odergrenze abgedrängt, trotz Rückeroberungsversuchen unter König Wladyslaw Ellenlang Anfang des 14. Jahrhunderts.
Konrad von Masowien und der Deutsche Orden
Der polnische Herzog Konrad von Masowien begann seinen Machtbereich auf eigene Hand zu erweitern. Das pruzzische Gebiet um Kulm war sein Kriegsziel. Die Expansion auf Kosten seiner heidnischen Nachbarn wurde jedoch zu einem Fiasko. Er verlor seine Eroberungen wieder und wurde nun seinerseits vom erwachten Nachbarn bedroht. Da er zudem in Konflikte mit den anderen Piastenherrschaften verwickelt war, richtete er den Blick auf den Deutschen Orden, der 1225 aus Ungarn vertrieben wurde, weil er in Siebenbürgen im Kampf gegen heidnische Steppenvölker, Kumanen, einen eigenen Staat gründen wollte. Im Jahre 1226 bat Konrad von Masowien den Deutschen Orden um Hilfe und versprach ihm das Kulmer Land als herzögliches Lehen, als Gegenleistung und Ausgangsbasis für ihren Kampf gegen die Heiden. Ob und inwieweit die zu erobernden Gebiete gemäß der Vereinbarung dem Orden zustanden, ist bis heute unklar und hat in der Vergangenheit zu großen Streitigkeiten zwischen deutschen und polnischen Historikern geführt. Um sich gegen eine ähnliche Entwicklung wie in Ungarn abzusichern, ließ sich der Hochmeister des Deutschen Ordens, Hermann von Salza, von Kaiser Friedrich II. im März 1226 den Besitz des Kulmer Landes und aller zu erobernden Gebiete mit der Goldenen Bulle von Rimini bestätigen. Zusätzlich schloß der Orden mit dem Herzog am 16. Juni 1230 den Vertrag von Kruschwitz, der ihm das Land zur freien Verfügung stellte. Mit dem Auftauchen des Deutschen Ritterordens im Pruzzenland, entwickelten sich im Mittelalter aus den Mönchsrittern die "Erzfeinde" Polens, später auch Litauens.
Wiedervereinigung, die letzten Piasten und das Haus Anjou 1295 - 1386
Vereinigungsversuche und die böhmischen Přemysliden

Erneuerte Wiedervereinigunsversuche wurden aus Posen und Gnesen unternommen. Herzog Przemyslaw II. von Großpolen übernahm Ende des 13. Jahrhunderts die Führungsrolle bei der Vereinigung piastisch-polnischer Herzogtümer. Er gelangte zwar nie in den dauerhaften Besitz von Kleinpolen, regierte dort etwa ein Jahr und mußte es auf Druck der Böhmen 1291 Richtung Posen verlassen, jedoch im Besitz der Krakauer Königsinsignien und der polnischen Provinzen Großpolen und seit 1294 auch von Pommerellen, wurde er vom polnischen Erzbischof Jakub Swinka 1295 in Gnesen zum vierten polnischen König seit Boleslaw dem Kühnen gekrönt. Mit diesem symbolischen Akt beendete er den polnischen Partikularismus und fokussierte mit seiner Krönung die Kräfte des polnischen Adels und der Kirche zur Wiedererlangung der staatlichen Einheit im Kampf des bedrängten Polen gegen die deutschen und böhmischen Landesfürsten.
Von dieser neuen Machtpräsenz bedroht, wurde er jedoch bereits 1296 im Auftrag des Markgrafen von Brandenburg und seiner polnischen Helfer ermordet - brandenburgische Erwerbungen ehemaliger piastisch-polnischer Gebiete: Lebus, die Neumark, Streitobjekt Pommerellen -. Im Rahmen des Bündnisvertrages von 1293, gegen Wenzel II., vermachte Przemyslaw Großpolen und Pommerellen seinem Vetter, Wladyslaw Ellenlang, den Herzog von Kujawien, der diese beiden Provinzen bis 1300 gegen Böhmen behaupten konnte. Sofort nach dem Tod des Königs eigneten sich die Brandenburger im Verbund mit dem Fürsten von Glogau, Heinrich III., einige Warthe- und Netzedistrikte Großpolens an.
Nach Przemyslaws gewaltsamen Tod gelangten die böhmischen Könige mit Hilfe der Kirche und des in Polen ansässigen deutschen Bürgertums in den Besitz der polnischen Krone. Es waren Wenzel II. und in der Nachfolge sein leiblicher Sohn Wenzel III.. Bereits 1291 wurden sie die neuen Herren von Kleinpolen, um neun Jahre später im Jahr 1300, durch militärischen Druck, zu Königen von Polen gekrönt zu werden. Um seiner Herrschaft in Polen legalen Eindruck zu verleihen, heiratete Wenzel Przemyslaws Tochter, Elisabeth Richza von Polen, auch zwang er im gleichen Jahr seinen polnischen Rivalen, den Piasten Wladyslaw Ellenlang, ins Exil.
Der Besitz Polens, wie auch der polnischen Krone, wurde jedoch durch Papst Bonifatius VIII. für illegal erklärt. Mit dem Tod Wenzels III. im Jahr 1306 - er wurde ermordet - erloschen die Přemysliden im Mannesstamm und die erste deutsche Dynastie, nämlich die der Luxemburger, kam in Böhmen an die Macht. Erst nach der Ermordung des böhmischen Herrschers war die Herrschaft der Piasten vorerst gesichert und Wladyslaw Ellenlang wurde als Herrscher anerkannt. Unter seiner Ägide wurde Polen, in einer etwas verkleinerten Form, wiedervereinigt.
Wladyslaw Ellenlang

1304 kehrte Wladyslaw mit ungarischer Hilfe aus dem Exil nach Polen zurück und übernahm zwischen 1305 - 1306 die Herrschaft in Kleinpolen, über das Land von Sieradz-Łęczyca, Pommerellen und Kujawien.
Gegen seinen Willen und infolge des offenen Bruchs der vorher getroffenen Absprache - Vertreibung der Brandenburger aus Danzig - erfolgte 1308 die gewaltsame Annexion ganz Pommerellens mit Danzig durch den Deutschen Ritterorden. Die Sicherung der Weichselmündung erlaubte die Verlegung der Ordenshauptstadt von Venedig nach Marienburg. Mit diesem aggressiven Akt, der gegen einen christlichen Staat gerichtet war, verlor der Orden faktisch seine Heidenmission und wurde nun mehr zu einer Territorialmacht. Polen wurde der Zugang zur Ostsee verbaut. Entstehung der Korridorfrage - polnischer Korridor - sowie einer jahrhundertelangen Feindschaft zwischen dem Königreich Polen und dem Deutschen Ritterorden, die erst1466 mit dem Zweiten Thorner Frieden ihr Ende fand. Nach Reinhold Curicke, "Der Stadt Danzig historische Beschreibung", Amsterdam und Danzig 1687, behielt der Deutsche Ritterorden Danzig und Pommerellen, weil der König seine Kriegsschulden für die Unterstützung des Ordens nicht bezahlen konnte, ein damals durchaus nicht unübliches Vorgehen.
Während einer Rebellion des großpolnischen Adels 1314 gegen die Herrschaft der Fürsten von Glogau, wurde die Region Großpolen an das Reich Wladyslaws angeschlossen. Sechs Jahre später, im Jahr 1320, erfolgte die Krönung zum König von Polen.
Fünf Jahre nach der Krönung versuchte Wladyslaw die unklare Situation in der Mark Brandenburg, die nach dem Aussterben der brandenburgischen Linie der Askanier 1320 entstand, im Bündnis mit Litauen auszunutzen und in den Jahren 1325 bis 1329 den Herrschaftsbereich der märkischen Grafen auf das Gebiet westlich der Oder zu begrenzen. Unterstützt wurde er dabei offen vom Lebuser Bischof Stephan, der sich auf die Seite des polnischen Königs schlug, zum Verdruß seines neuen Landesherrn, des Markgrafen Ludwig aus dem Haus der Wittelsbacher. Die kriegerische Auseinandersetzung brachte jedoch kaum Landgewinne für Polen und hinterließ in der Neumark ein Gebiet der verbrannten Erde. 1329 wurde mit den Brandenburgern Frieden geschlossen, da sich die böhmisch-deutschen Luxemburger mit den Deutsch-Ordensrittern gegen ihn verbündet hatten. Bereits 1327 zog im Winter der böhmische König Johann von Luxemburg gegen Krakau, mußte aber auf ungarischen Druck zurückweichen, dennoch huldigten ihm, aufgrund seiner miltärischen Übermacht, viele Herzöge von Schlesien und zwischen 1329 - 1331 erkannten (fast) alle Piasten-Fürsten Schlesiens die böhmische Lehnshoheit an. Nur wenige widersetzten sich erfolgreich.

Eine gegen Polen gerichtete Expansionspolitik des Deutschen Ritterordens in den Jahren 1329 - 1332, der sich mit den böhmisch-deutschen Luxemburgern verbündet hatte - König Johann der Blinde -, führte zum Verlust des Dobriner Ländchens 1329 und von Kujawien 1332. Großpolen wurde verwüstet. Trotz des Sieges über die Heere der Ordensritter und der Böhmen in der Schlacht bei Plowce 1331, wo der Nimbus der Unbesiegbarkeit der Ordensritter einen ersten Kratzer bekam, konnte der polnische Souverän die gewaltsame Annexion beider Gebiete nicht verhindern. In Anbetracht der Lage leistete der Piasten-Fürst von Plock, Waclaw (Wenzel), König Johann von Böhmen bis 1351 den Lehnseid. Während eines Waffenstillstands, der im Sommer 1332 auf Vermittlung des päpstlichen Legaten Peter von Alvernia für ein Jahr zustande kam, starb der König. Die Macht ging an seinen Sohn Kasimir über, der sich sofort nach dem Tode des Vaters zum polnischen König krönen ließ und ein schwieriges Erbe übernahm.
Wladyslaw ging in die Geschichte als Reichseiniger Polens ein. Die "deutsche Umklammerung" durch den Deutschen Orden, Brandenburg und deutsches Patriziat in polnischen Städten, versuchte er durch Bündnisse mit dem Großfürstentum Litauen und dem Königreich Ungarn zu umgehen. Er fand im Kampf gegen die deutschen Autoritäten starke Unterstützung beim Papsttum. Auch kann man das mehrheitlich slawische Böhmen zu dieser Umklammerung und Gefahr für das erneuerte polnische Königtum zählen, wurde es doch nach dem Ableben der Przemysliden seit 1310 das erste mal von einer deutschen Dynastie, nämlich der der Luxemburger regiert. Als Erben der vorherigen Dynastie leiteten sie Ansprüche auf Polen und Schlesien ab, und selbst die "slawisch"-böhmischen Przemysliden in persona, waren in ihrem Endstadium mit Wenzel II. und III., dem Deutschtum viel näher als dem Slawentum ihres Urvaters Przemysl. Böhmens Amtssprache wurde Deutsch (siehe auch Sudetendeutsche) und besonders unter den Luxemburgern verstärkte sich die kulturelle Dominanz der deutschen Kirche und des Adels, die zu Beginn des 15. Jahrhunderts in einer ersten antideutschen Reaktion der slawischen Tschechen gegen die weltlich-geistliche Obrigkeit der Deutschen, den sogenannten Hussiten Kriegen, gipfelte (siehe auch Jan Hus oder Jan Žižka). Trotz dieser und anderer widriger Umstände konnte er sein Werk mit einer Krönung zum polnischen König festigen. Wladyslaw gelang es nicht, die alten piastischen Grenzen zurückzugewinnen. Er vermachte seinem Sohn nur zwei alte Herrschaftsbereiche der Piasten, Großpolen mit dem Zentrum Posen und Kleinpolen mit Krakau.
Kasimir der Große

Vom politischen Erbe seines Vaters übernahm Kasimir das Bündnis mit Ungarn, verstärkt durch die Heirat seiner Schwester Elisabeth mit Karl von Anjou, König von Ungarn und die Konflikte mit dem Deutschen Orden um Pommerellen und mit den Luxemburgern Johann und Karl IV. um die Oberherrschaft in Schlesien sowie mit Johann, der als König von Böhmen auch auf die polnische Königskrone Anspruch erhob. Die Ländereien, die Kasimir erbte, waren relativ klein im Vergleich zu den Grenzen des Staates von 1138. Die westliche Grenze des Reiches, vor dem Partikularismus, war weit nach Osten, fast in die Kerngebiete der alten Polanen, zurückgedrängt. Pommern verselbständigte sich unter der Greifen-Dynastie bereits im 12. Jahrhundert und wurde 1181 reichsunmittelbares Fürstentum des Heiligen Römischen Reiches. Westliche Gebiete des Herzogtums Großpolen im Oder-Warthe-Land eroberten in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts die Markgrafen aus Brandenburg. Ebenso verhielt es sich im Norden, wo sich zwischen 1309 - 1332 die Ritter des Deutschen Ordens Pommerellen, Kujawien und das Dobriner Ländchen aneigneten. Bereits 1327 - 1331, unter der Regierungszeit seines Vaters, unterwarfen sich die meisten schlesischen Piasten, dem militärischen Druck der Deutsch-Luxemburger aus Böhmen nachgebend, und wurden ihre Lehnsmänner. Das aus Groß-, Klein- und einigen mittelpolnischen Ländern bestehende Königreich erhielt den Namen Corona Regni Poloniae als transpersonalen Staatsbegriff, der die Zusammengehörigkeit der polnischen Länder (darunter fielen auch die verlustig gegangenen Provinzen Pommern und Schlesien) und der lehnsabhängigen Fürsten dokumentierte. Trotz allem befand sich Polen weiterhin in einer äußerst kritischen Lage, doch während sein Vater durch militärische Entscheidungen Lösungen erzwingen wollte, strebte Kasimir eher nach friedlichen und diplomatischen Auswegen.

König Kasimir bemühte sich um eine Beilegung des Konflitks mit Johann. Im Vertrag von Trentschin und im Ausgleich von Visegrád des Jahres 1335, sowie nach einem böhmisch-polnischen Grenzkrieg von 1345, hatte der polnische Souverän 1348, im Vertrag von Namslau, endgültig die böhmische Lehnsherrschaft über Schlesien anerkannt. Der wichtigste dieser Verträge war der Vertrag von Trentschin, 1339 in Krakau bestätigt. Mit ihm nahm Kasimir seine dynastischen Ansprüche an Schlesien zurück und erkannte die böhmische Oberhoheit über diese Provinz an. Gleichzeitig gab Johann gegen eine Geldzahlung seine Ansprüche auf die polnische Krone auf und schränkte die Unterstützung für den Deutschen Orden ein. Die schlesisch-piastischen Vettern des Königs wieder unter die Botmäßigkeit des polnischen Souveränats zu zwingen, scheiterte damit und war zweifelsfrei eine große außenpolitische Niederlage für Kasimir, wie auch für Polen. Sie offenbarte, dass das erneuerte Königreich, trotz der mutigen Reformen, nicht in der Lage war, die alten piastischen Gebiete zurückzugewinnen, was ein Hauptziel der Außenpolitik der letzten Piasten war. 1348 inkorporierte schließlich der böhmische König und römisch-deutscher Kaiser Karl IV. Schlesien in die Länder der böhmischen Krone. Mit der Anerkennung der böhmischen Herrschaft über Schlesien bildete sich eine Westgrenze zwischen dem Heiligen Römischen Reich und dem Königreich Polen, die ihren Bestand bis 1945 haben sollte. Die einzige Verbindung, die zwischen der schlesischen Provinz und Polen über die Jahrhunderte fremder Herrschergeschlechter (z.B. Habsburger) bestand, war ihre bis ins 19. Jahrhundert dauernde kirchliche Zugehörigkeit zum polnischen Erzbistum in Gnesen.
Da die alten piastischen Gebiete im Westen Polens ein Teil des Heiligen Römischen Reiches wurden, auch ethnisch im Rahmen der deutschen Ostkolonisation, orientierten sich die polnischen Herrscher ostwärts. Kasimir unterwarf in den Jahren 1340 - 1366, nach dem Aussterben des Hauses Roman, das von Ruthenen bewohnte Galizien.
Unter Verzicht auf Pommerellen und des Kulmer Landes, ohne jedoch die Rechtstitel preiszugeben, schloß Kasimir 1343 in Kalisch Frieden mit dem Deutschen Orden. Hierfür bekam er Kujawien und das Dobriner Ländchen zurück. Auch suchte er im gleichen Jahr seinen Einfluß in Pommern durch ein Bündnis mit den Greifen der Stettiner-, wie Wolgaster-Linie zu festigen, was zur Besetzung einiger Netze- und Neumarkdistrikte führte.

1347 kam es zur Kodifikation des polnischen Rechts. Ein Jahr später, 1348, breitete sich rasant die Pest aus, auch Schwarzer Tod genannt, und wütete in Europa bis 1351. Kasimir begegnete dieser humanen Katastrophe durch die Verhängung einer Quarantäne über sein Reich, sodass diese weitgehend abgewehrt werden konnte, jedoch tauchte sie in den nächsten Jahrhunderten lokal immernoch auf und zog Tausende mit in den Tod.
Im Norden seines Reiches wurde Masowien 1351 unterworfen. Die piastisch-masowschen Herzogtümer mit den Hauptburgen Plock und Warschau, wurden nach dem Aussterben der jeweiligen Herrscher, teils direkt, teils als Lehen in das Königreich Polen angegliedert.
1364 veranlasste Kasimir die Gründung einer Akademie in Krakau, später Jagiellonen-Universität genannt, der zweiten nach Prag in Mitteleuropa. Sechs Jahre nach der Gründung verstarb der König 1370 ohne einen männlichen Erben in der erbberechtigten Linie zu hinterlassen.
Kasimir förderte im Innern das Städtewesen durch zahlreiche Baumaßnahmen, darunter die Sicherung der Westgrenze seines Reiches mit 50 befestigten Burgen, sowie die Aufnahme von Deutschen und Gewährung deutschen Stadtrechts. Er lud nach dem Pogromen in Westeuropa im Zuge der Pest die Juden nach Polen ein - Erlaß von Judenprivilegien 1344 -. Er ließ das polnische Rechts- und Münzwesen vereinheitlichen, sicherte neue Handelswege und begünstigte die Eröffnung von Salinen. Die wirtschaftlichen Reformen erforderten die verfassungsrechtliche Kodifikation des Landrechtes - die sogenannten Statuten Kasimirs des Großen -, die Einführung der Generalstarosteien mit administrativen und gerichtlichen Befugnissen, Staatsrat und Kanzleiführung. Er schuf eigene Appellationsgerichtshöfe für deutsches Recht und verbot die Appellation nach Magdeburg (siehe auch Magdeburger Stadtrecht). Er war der Begründer der ersten polnischen Universität und der einzige polnische König mit dem Beinamen „der Große“. Mit ihm starben die Piasten in königlicher Linie aus - in Masowien im 16. Jahrhundert und in Schlesien erst Ende des 17. Jahrhunderts in männlicher Linie -. Als seinen Nachfolger bestimmte er seinen Neffen, den ungarischen König Ludwig den Großen, der Polen mit Ungarn in einer Personalunion von 1370 bis 1382 verband.
Ludwig von Ungarn und das Problem seiner Nachfolge
Mit dem Tod König Kasimirs des Großen wurde Polen ab 1370 mit dem ungarischen Königshaus verbunden. Der ungarische König war der Sohn von Kasimirs leiblicher Schwester Elisabeth von Polen.
Seine Regierungszeit war nicht sonderlich beliebt, da er sich so gut wie gar nicht in Polen blicken ließ. Er überließ die Geschäfte Polens seiner polnischen Mutter Elisabeth als Regentin. Auch begann er das polnische Galizien für Ungarn zu beanspruchenn, was bei der polnischen Aristokratie auf Widerstand stieß. Da er, wie Kasimir III., keine Söhne hatte, wurden dem polnischen Adel 1374 im Kaschauer Privileg politische Vorrechte gewährt, der dafür die weibliche Thronfolge bestätigte und durchsetzte. Das Kaschauer Privileg wurde zur Grundlage der späteren "Adelsdemokratie" in Polen.

1382 starb der Magyare, während eines Aufstands in Großpolen und die Regierungsgeschäfte in Polen gingen an seine Tochter Hedwig von Anjou über. Sie wurde 1384 Kraft des polnischen Rechts zum regierenden polnischen „König“ gekrönt. 1386 mußte sie ihre Verlobung mit dem Prinzen Wilhelm von Habsburg lösen, denn die Polen wollten keine deutsche Aristokraten zu ihren Königen, seien sie Habsburger oder Luxemburger, es herrschte damals ein antideutsches Klima in Polen, bedingt durch das Phänomen der deutschen Ostkolonisation und das vergiftete Verhältnis zu den Deutsch-Ordensrittern, und aus Staatsräson mußte sie im zarten Alter von 12 Jahren den viel älteren Großfürsten von Litauen, Jagiello heiraten. Beide wurden 1386, Hedwig ein zweites Mal, zu Regenten Polens gekrönt.
Jagiello ließ sich nach römisch-katholischem Ritus taufen, und als Wladyslaw II. Jagiello wurde er der Begründer einer der mächtigsten Dynastien Europas, unter der Polen nicht nur sein Goldenes Zeitalter erleben, sondern für die nächsten 300 Jahre zu einer der führenden Kontinentalmächte Europas aufsteigen sollte, deren Einflußsphäre sich vom Baltikum bis zum Schwarzen Meer und von der Adria bis an die Tore Moskaus erstreckte und er legte auch den Grund der jagiellonischen Idee, die noch im 20. Jahrhundert in der Vorstellung von "Polen von Meer zu Meer" weiterlebte.
Litauisch-Polnische Personalunion: Die Jagiellonen 1386 - 1569
Wladyslaw Jagiello und der Kampf gegen den Deutschen Orden
1386 kam durch die Heirat der Thronerbin Jadwiga mit dem Großfürsten Jogaila von Litauen die Personalunion Polens mit Litauen (bis 1569, dann Realunion). Polen-Litauen war zur Zeit seines Zusammenschlusses unter den Jagiellonen der größte Flächenstaat in Europa und wurde von Wladyslaw Jagiello, wie Jogaila seit seiner Krönung hieß, sukzessiv nach Osten und Südosten ausgeweitet: 1387 erkannte Moldau die polnische Oberhoheit an, 1389 die Walachei und 1396 Bessarabien und Siebenbürgen.

Diese Großmacht besiegte 1410 den gemeinsamen Erzfeind Deutscher Orden in einer der größten Schlachten des späten Mittelalters, der Schlacht bei Tannenberg, wodurch der Orden die Macht und den Nimbus der Unbesiegbarkeit endgültig verlor. Das neue polnische Königtum vermochte sich schnell zu entwickeln, die kampflose Übergabe der Burgen und die Haltung der Bevölkerung schien das Aufgehen des Ordens in Polen und Litauen anzukündigen. Ritterschaft, Bischöfe und Städte huldigten dem König und ließen sich von ihm ihre Rechte bestätigen. Im Ersten Frieden von Thorn von 1411 fiel das Dobriner Ländchen sowie Niederlitauen (ab dem "Frieden am Melno-See" von 1422 endgültig) zurück an Polen-Litauen, außerdem mußte der Orden hohe Reparationen zahlen.
Die Entsendung des Erzbischofs von Gnesen, Rektors der Universität Krakau, des profiliertesten polnischen Staatsdenkers Paulus Wladimir von Brudzen, zum Konzil von Konstanz von 1414 bis 1418 brachte Jagiello die Anerkennung seines Anspruchs, einer der einflußreichsten christlichen Herrscher zu sein. Dies war ihm nach seinem Tannenberger Sieg zunächst noch versagt worden. Zudem entzog das Konzil den Deutschordensrittern das Recht, Litauen zu missionieren, das mit Jagiellos Amtsantritt offiziell zum Christentum bekehrt worden war. Damit war die Existenzberechtigung dieses Ordens in Polen, die de facto seit 1309 nicht mehr bestand, ad acta gelegt. 1421 versprach sogar Kurfürst Friedrich von Brandenburg dem polnischen König seinen Beistand gegen die Ordensritter. Als antideutsche Bewegung entzündete auch in Polen das Hussitentum die Herzen. Sympathien und Antipathien zeichneten sich ab, die von ferne schon an den Panslawismus des 19. Jahrhunderts erinnern. Aber dank päpstlicher Einmischung versöhnte sich Jagiello 1423 mit dem römisch-deutschen Kaiser Sigismund, vor allem wegen der Verteidigung des gemeinsamen katholischen Glaubens gegen die osmanischen Türken.
Polen auf dem Weg zur europäischen Großmacht

Nach dem Ableben Jagiellos am 31. Mai 1434 nahm der Krakauer Kardinal Zbigniew Oleśnicki als Regent für Jagiellos unmündigen Sohn Wladyslaw III. die Zügel der polnischen Politik in die Hand. Der junge König stand unter der Regentschaft des königlichen Rates. 1435 konnte in Litauen die Opposition gegen die polnisch-litauische Union endgültig zerschlagen werden. Damit nahmen auch die Bestrebungen Kaiser Sigismunds einen negativen Ausgang, Litauen verblieb in der Union. Der in Krieg und Frieden erfolgreiche Kardinal trachtete danach, die Hussiten zu vernichten und Schlesien auf diplomatischem Wege für die Union zurück zu gewinnen. Sein Plan bestand darin, Polen zum Bollwerk der katholischen Kirche und zu einer europäischen Großmacht zu machen. Diesem Ziel sollten die Bündnisse mit Litauen und Ungarn dienen.
Für die Ungarn war Polen ohnehin als mächtiger Helfer gegen die Türken außerordentlich wichtig. Wladyslaw von Warna erwarb die ungarische Krone 1440, fiel jedoch bei der Rettung von Konstantinopel (siehe auch Ostrom) gegen die Türken in der Schlacht bei Warna im Jahr 1444. Nach drei Jahren Interregnum kam 1447 sein jüngerer Bruder Kasimir der Jagiellone an die Macht, der für seinen Sohn Wladyslaw die böhmische 1471 und 1490, nach dem Tod von Matthias Corvinus, die ungarische Krone sicherte. Die Jagiellonen beherrschten nun ein mächtiges Reich in Ost- und Südosteuropa.
Zwecks einer Annäherung an das Reich wurde Kasimir mit der Tochter des römisch-deutschen Königs Albrecht II., Elisabeth von Habsburg, verheiratet, die als „Mutter der Könige“ in die Historie einging. 1453 bat der Preußische Bund den polnischen König um Hilfe gegen den Deutschen Orden. Kasimir versprach Hilfe und es brach 1453 ein dreizehn Jahre lang geführter Krieg aus, der mit dem Zweiten Thorner Frieden 1466 erfolgreich für die Union endete. Die Friedensbedingungen wurden allerdings weder durch das römisch-deutsche Kaisertum noch das Papsttum anerkannt. Der Orden wurde jedoch entscheidend geschwächt und großer Teile seiner Macht beraubt. Er musste große Gebietsverluste hinnehmen: es entstand das „Königliche Preußen“ (bis 1569) aus den Teilen Pommerellen-Danzig (welche sich die Ordensritter nach polnischer Auffassung vertragswidrig 1309 angeeignet hatten), dem Ermland, dem Kulmer Land sowie dem Land um Marienburg, dem Stuhm und Christburg. Das Restgebiet, die spätere Provinz Ostpreußen, wurde zum königlichen Lehen, bewahrte jedoch Autonomie und deutsche Sprache. Der Hochmeister des Deutschen Ordens wurde dem polnischen König zu Heeresfolge und zum Treueeid verpflichtet.

Am Ende des 15. Jahrhunderts sah sich die Union dem wachsenden politischem Druck durch die Osmanen, das Moskowiter Reich und das Haus Habsburg ausgesetzt. 1497 unternahm König Johann Olbracht einen großen Kriegszug mit ca. 100.000 Mann gegen das in Teilen osmanisch besetzte polnische Lehnsfürstentum Moldawien. Am 14. Juli 1484 wurde der Süden des Fürstentums, Budschak genannt, mit den Handelshäfen Kilia und Bialogrod, die wichtig für den polnischen Überseehandel mit den im Mittelmeer ansässigen Handelsrepubliken Genua und Venedig waren, vom Sultan Bayezid II. erobert. Diese waren auch das Hauptziel des Kriegszugs und der Rückeroberung, doch der moldawische Wojewode Ştefan cel Mare, der zuvor dem polnischen König die Treue schwur, brach aus unbekannten Gründen mit diesem, unterwarf sich den Osmanen und fiel mit türkischer Hilfe den Polen in den Rücken. Die königliche Expedition wurde zu einem militärischen Fiasko. Durch Niederlagen, Hunger und Seuchen geplagt, zog sich der König aus Moldawien zurück, wodurch die Reputation und Herrschaft der Jagiellonen in Europa in Bedrängnis geriet. 1498 schickten die Türken als Vorauskommando ihre Vasallen, die Krimtataren, die die südlichen Provinzen des Reiches regelmäßig für fast zwei Jahrhunderte im Namen des Osmanischen Imperiums heimsuchen sollten. Die "wilden Felder" (polnisch: dzikie pola), so hießen die Gebiete nördlich der Halbinsel Krim, entwickelten sich zu einer "permanenten Kriegszone", im Spannungsfeld ihrer Anlieger, der Adelsrepublik und der Hohen Pforte auf der eine Seite und ihrer jeweiligen Vasallen, den Krimtataren und Kosaken, auf der anderen.
Die Union verlor 1512 die Lehnsherrschaft über Moldawien an die osmanischen Türken. Die militärischen Niederlagen Polens ausnutzend, begannen die Großfürsten von Moskau, die Zaren Iwan III. und Wassili III., ab 1500 auf die Ostgrenze des Großfürstentums Litauen Druck auszuüben. In den Friedensverträgen von 1503 und 1522 mit den Moskowitern gingen der Union mit den severischen Fürstentümern (abgetreten 1503) und dem Land von Smolensk (erobert 1514) bis 1618 etwa ein Drittel der ruthenischen Gebiete verloren. Daran konnte auch die vernichtende Niederlage der Russen gegen die polnisch-litauischen Unionstruppen unter der Führung des Großhetmans Konstantin Ostrogski in der Schlacht bei Orscha des Jahres 1514 nichts ändern. Mit der Rückendeckung des römisch-deutschen Kaisers Maximilian I. fühlte sich selbst der neue Hochmeister des Deutschen Ordens, Friedrich von Sachsen, stark genug und verweigerte König Johann Olbracht den Huldigungseid, woraufhin der König im Frühling 1501 sein Heer in der Nähe von Thorn zusammenziehen ließ, um des Hochmeisters Verhalten zu bestrafen, doch kurz vor dem Einmarsch in das Ordensland verstarb der polnische Souverän an einer Krankheit. Als Nachfolger auf dem polnischen Thron (bis 1506), wurde der jüngere Bruder des Königs, Alexander der Jagiellone, der Großfürst von Litauen, bestimmt.

Um die Situation im Westen zu entspannen, kam es im Jahre 1515 zum Wiener Fürstentag. König Sigismund der Alte ging ein Heirats- und damit ein Regierungsbündnis mit Kaiser Maximilian I. von Habsburg ein. Der Kaiser erkannte die Thorner Friedensbestimmung von 1466 an und ließ von seinen russischen Plänen, die polnisch-litauische Union gemeinsam mit dem Großfürsten von Moskau anzugreifen, ab. Der seit 1511 in Preußen herrschende Hochmeister, Albrecht von Brandenburg-Preußen, weigerte sich jedoch weiterhin, sich den Polen zu unterwerfen und setzte, auf Unterstützung aus dem Reich hoffend, einen gegen seinen polnischen Lehnsherren, der gleichzeitig sein Onkel war, geführten Krieg 1519 - 1521 fort. 1518 heiratete Sigismund Bona Sforza, die Nichte der verstorbenen Kaiserin Bianca Maria Sforza, die sich noch heute als „Königin Bona“ einer großen Beliebtheit in Polen erfreut. Mit ihr fand die italienische Renaissance in Polen-Litauen ihren Einzug und das antideutsche Lager gewann an Einfluss.
Dem Machtzuwachs nach außen stand die Schwächung der Krongewalt im Inneren gegenüber. Die Jagiellonen, insbesondere seit Kasimir IV., sahen sich, wie schon ihre Vorgänger auf dem polnischen Thron, zu weiterer Privilegierung des Adels, sowohl des Hochadels, der Magnaten, als auch des niederen Adels, der Schlachta, gezwungen. Der polnische Reichstag, der Sejm, der sich aus dem Adel und hohem Klerus zusammensetzte, gewann zunehmend Macht über den König. Die Verfassung -Nihil Novi- von 1505, während der Regenschaft von König Alexander, legte fest, dass nichts Neues ohne Zustimmung des Sejm angeordnet werden konnte. Die zunehmende Privilegierung des Adels, die Übernahme zahlreicher Regierungsfunktionen durch diesen, hatte auf der anderen Seite die sukzessive Entrechtung der Bauern (Einführung der Leibeigenschaft) und des Bürgertums und somit den späteren Niedergang der Städte zur Folge.
Zur Sicherung der Souveränität und der südlichen Peripherie wurden ab 1533 erfolgreich Friedens- und Handelsverträge mit der Hohen Pforte geschlossen. Dies war notwendig, weil kurz zuvor der größte Teil des Königreichs Ungarn nach der Schlacht bei Mohács 1526 für über 150 Jahre unter die türkisch-osmanische Herrschaft geriet. Die Westhälfte mit Böhmen wurde infolge des Schlachtentodes des jagiellonisch-ungarischen Königs Ludwig des Heiligen, laut den Bestimmungen von 1515, dem Haus Habsburg zugeschlagen. Damit wurde das Fundament des späteren Aufstiegs Österreichs zur europäischen Großmacht gelegt. 1525 unterwarf sich Albrecht von Brandenburg-Preußen dem polnischen König und nahm das neue Herzogtum Preußen aus den Händen des polnischen Souveräns zu Lehen. Das Land wurde säkularisiert und der neue evangelische Glaube garantiert (siehe auch Martin Luther). Eine Ausnahme stellte das Ermland dar, das katholisch blieb. Bereits im 15. Jahrhundert begann sich ein Wandel in den wirtschaftlichen Verhältnissen abzuzeichnen. Auf dem Land setzte sich die Leibeigenschaft und Fronwirtschaft durch, während die Städte, vor allem Krakau, Danzig, Thorn und Lublin, später auch Warschau, zu blühenden Handelstädten von internationalem Rang heranwuchsen.
Die Union von Lublin und die Adelsrepublik 1569 - 1795
Sigismund August und die Frage der Reformation
Der im Kampf gegen den Hochadel geschwächte Kleinadel - Szlachta - erwirkte unter Sigismund II. August eine Wirtschafts-, Heeres- und Rechtsreform. Die Personalunion zwischen Polen und Litauen wurde 1569 in eine Realunion umgewandelt. Unter dem Eindruck der Moskauer Offensive gen Baltikum während des Livländischen Krieges von 1558 bis 1583, bei dem das Moskowiter Reich und das Litauische Großfürstentum zeitweilig die Hauptwidersacher waren, musste Litauen der Union von Lublin mit Polen zustimmen.
Die Realunion von Lublin von 1569 bildete für die Geschichte der Ukraine eine deutliche Zäsur. Die ukrainischen Länder wurden nun direkt dem Königreich Polen - polnischer Krone - unterstellt und die kulturelle und religiöse Integration des ukrainischen in den polnischen Adel beschleunigt. Es bildetete sich eine tiefe Kluft zwischen dem priviligierten katholischen Adel und den orthodox gebliebenen ukrainischen Unterschichten. Das Kronland Polen wurde mit Polesien, Wolhynien und Podolien verbunden. 1561 stellten sich auch die Reste des noch in Kurland, Livland und Estland souverän agierenden Zweigs des Deutschen Ordens (siehe auch Schwertbrüderorden), des Meisters Gotthard von Kettler, unter die polnisch-litauische Oberhoheit, um sich gegen die russische Bedrohung abzusichern.
Die Reformation verbreitete sich im konfessionell gemischten Polen-Litauen zunächst relativ rasch. Der Calvinismus wurde ab 1540 von Jan Łaski nach Polen gebracht. 1579 wurde unter dem Einfluß des Unitariers Faustus Sozzini die Kirche der Sozinianer gegründet. Das Luthertum hatte zunächst bei der deutschen Bevölkerung in den großpolnischen Städten und in Krakau Einzug gefunden, auch im Königlichen Preußen und im Herzogtum Preußen begannen sich die Lehren Luthers und Calvins durchzusetzen. König Sigismund I. bekämpfte sie mit einer Reihe von Edikten und Rechteeinschränkungen politisch, in Danzig auch militärisch. Sein Sohn und Nachfolger Sigismund August, auf den die Protestanten große Hoffnungen setzten, wechselte zwar nicht die Konfession, ging aber auch nicht energisch gegen die Reformation vor. In den Jahren nach 1548 bildeten sich in einer Reihe von Orten reformatorische Gemeinden verschiedener Couleur: im Westen des Landes die vertriebenen Böhmischen Brüder in Lissa und Ostroróg, im Osten Arianer und Wiedertäufer in Raków und anderen Mediatstädten von adligen Magnaten. Diese Orte waren eine gewisse Zeit lang führende Zentren der Kultur, vor allem der Literatur und des Buchdrucks. Die protestantischen Richtungen der Rzeczpospolita schlossen 1570 die Union von Sandomir, auch Consensus Sandomiriensis genannt, drei Jahre später, 1573, wurde mit der Pax Dissidendum der "Warschauer Konföderation", allen Lutheranern, wie Calvinisten die volle Religionsfreiheit zugesichert.

Die Zersplitterung der Bewegung in verschiedene Richtungen war zugleich ihre große Schwäche, an der die Gegenreformation ansetzte, die in Polen-Litauen mit Stanislaus Hosius, dem Bischof von Ermland, begann. Mit König Stephan Bathory wurde der Kampf gegen den Protestantismus mit Hilfe der Jesuiten auch intellektuell forciert. Die außenpolitische Anlehnung der folgenden drei Wasa-Könige an das katholische Habsburg und der innenpolitische Kampf gegen den Adel drängten die Protestanten immer weiter zurück, vor allem die Sozinianer. Allerdings gab es keine Einrichtung wie die Inquisition in Polen und es wurde auch niemand auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Die sprichwörtliche polnische Toleranz jener Zeit war vor allem damit zu erklären, dass sich die Vertreter des dominierenden Adels einen Glaubenskrieg wie im benachbarten Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation oder dem hugenottischen Frankreich ersparen wollten. Mit einem Teil der orthodoxen Kirche wurde, auf Betreiben des Kanzelredners Peter Skarga, ein Ausgleich in der 1596 geschlossenen Kirchenunion von Brest gefunden. Freilich setzte seit der Mitte des 17. Jahrhunderts eine immer stärkere Katholisierung des Landes ein, die religiöse und nationale Minderheiten zusehends an den Rand drängte. Die katholische Konfessionalisierung verringerte dadurch das Verteidigungspotential des multikonfessionellen Staates entscheidend, durch den späteren Abfall der orthodoxen Ukraine unter den Dnjepr-Kosaken an Russland im Vertrag von Perejaslaw am 8. Januar1654.

Kunst, Literatur und Wissenschaft erreichten im "goldenen Jahrhundert" der Renaissance und Humanismus einen Höhepunkt, insbesondere während der Regierungszeit des Renaissancekönigs Sigismunds des Alten, eine Blüte von Literatur und Kunst, wobei das bis dahin im Schrifttum dominierende Latein zugunsten des Polnischen zurücktrat, das sich ab etwa 1500 zu voller Ausdruckskraft entfaltete. Es kam zur Blüte der Weichselgotik, zum Eindringen der italienischen Renaissance in die "Krakauer Malerschule" und es stieg der Einfluß deutscher und flämischer Künstler, unter anderen Veit Stoß. An der Universität Krakau, dem Zentrum des Humanismus, wirkten Conrad Celtis und die Juristen Paul Wlodkowic und Jan Ostroróg. Krakau stieg zum führenden Zentrum des Buchdrucks in Ostmitteleuropa auf. Die Dichter Mikołaj Rej, Jan Kochanowski und Łukasz Górnicki begründeten die polnische Literatur, der Philosoph Andrzej Frycz-Modrzewski die polnische Staatstheorie und Nikolaus Kopernikus das heliozentrische Weltbild. In Architektur und Kunst spiegelten sich italienische und französische Einflüsse. Zahlreiche Adelspaläste, Bürgerhäuser und Kirchen entstanden, das Krakauer Königsschloss auf dem Wawel-Hügel wurde zur prunkvollen Residenz ausgebaut, neue Städte gegründet. Der Großkanzler Jan Zamoyski ließ eine Renaissance-Modellstadt, Zamość, anlegen, die Städte Lemberg, Vilnius und Posen stiegen zu wichtigen Kulturzentren auf, die Hansestädte Elbing und vor allem Danzig, die "Perle Polens" genannt, zu wichtigsten Handelshäfen des Landes. Kennzeichnend für die politische Entwicklung dieser Zeit ist die Ausbildung Polens zu einer Adelsnation mit polonisiertem litauischem, russischem und preußischem Adel, während die Landbevölkerung im Norden und Osten des Landes weiterhin überwiegend litauisch-, weißrussisch- und ukrainischsprachig blieb. Der polnische Reichstag der Magnaten engte die Macht des Königtums zunehmend ein und sicherte sich 1572 das Recht der Königswahl.
Stephan Báthory, das Haus Wasa und die großen Erschütterungen des 17. Jahrhunderts

1572 verstarb der letzte Jagiellonenkönig Sigismund August ohne männliche Nachkommen. Polen und Litauen wurden zu einer Adelsrepublik und führten die Wahlmonarchie ein. Die Schlachta und die Magnaten hatten 1569 ihre Vormachtstellung im Staat in der Lubliner Union zementiert. Für Litauen bedeutete dies die weitgehende Polonisierung seiner Führungsschicht und weiter Teile der Bevölkerung (siehe auch Geschichte Litauens). Die Kirchenunion von Brest im Jahre 1596 mit dem Entstehen einer Rom unterstellten katholisch-unierten Kirche, die den orthodoxen Ritus beibehielt, sollte die Ostgrenze sichern, erfüllte aber langfristig weder die Erwartungen der Staatsspitze noch der beteiligten lokalen Würdenträger. Ende des 16. Jahrhunderts umfasste die Adelsrepublik das Gebiet des heutigen Zentral-, Nord- und Ostpolens, des Oblasts Kaliningrad, Litauens, Lettlands, Weißrusslands und der Ukraine, temporär auch Estlands und Moldaus.
Die Art der Königswahl öffnete der Manipulation Tür und Tor. Alle adligen Reichsbürger sollten sich auf einem Feld bei Warschau versammeln, um den Herrscher in offener Wahl zu bestimmen. Jeder Adlige hatte eine Stimme, der verarmte Landadlige genauso wie der mächtigste Magnat. Stimmenkauf war an der Tagesordnung. Der gewählte König sah sich jedesmal gezwungen, dem Adel Zugeständnisse zu machen, die sogenannten - pacta conventa -. Er war lediglich ein primus inter pares, die reale Macht lag in den Händen des Adels, der sie durch den alleinigen Besitz aller Ämter und die Grundherrschaft über die Untertanen ausübte. Seit der Verfassung - Nihil Novi - von 1505 konnte der König ohne Zustimmung des Reichstages mit seinen beiden Kammern kein neues Gesetz mehr erlassen.

Das Prinzip der Einmütigkeit aller Reichstagsbeschlüse galt ebenfalls schon seit dem 16. Jahrhundert, wurde aber erst 1652 so angewandt, dass ein einzelner Abgordneter mit dem Ruf des Liberum Veto das Parlament blockieren und alle bisher gefassten Beschlüsse ungültig machen konnte. Die Problematik dieser Regelungen wurde von vielen durchaus erkannt, doch die Macht und das gesellschaftliche Desinteresse der reichen Großgrundbesitzer verhinderten jede Art von Reformen. Zum Fehlen einer größeren Verantwortung gehörte auch die Vernachlässigung der Städte, die ohne jeden politischen Einfluss blieben, und der Verteidigung des Landes, weil man sich weigerte entsprechende finanzielle Leistungen zur Aufstellung eines schlagkräftigen Heeres aufzubringen. Damit mußte die polnisch-litauische Republik, obwohl diese zu den bevölkerungsreichsten und größten Staaten Europas gehörte, mit "winzigen" Armeen an mehreren Fronten verteidigt werden. Diese Politik war in Friendszeiten durchaus erfolgreich, doch in den späteren Jahrhunderten, vor allem aber im 18. Jahrhundert, nahm sie einen katastrophalen Ausgang. Die zunehmende Machtfülle der Oligarchen äußerte sich in einer teilweise autarken Außenpolitik, zum Beispiel mit militärisch-politischer Einmischung in der Moldau 1595 oder im Moskowiter Reich 1605. Die Lage der unterdrückten Bauern war katastrophal, um so mehr als die Preise für ihre Erzeugnisse immer mehr abnahmen. Grundlage für die günstige Entwicklung der polnischen Wirtschaft war der Großhandel gewesen. In den Zeiten, in denen sich im Westen der Merkantilismus durchsetzte, spielte protektionistische Politik eine immer größere Rolle, während in Polen die Funktion des Staates auf ein Minimum reduziert wurde.

Erster Wahlkönig Polens wurde 1573 Heinrich von Valois - seit 1574, nach freiwilligem Verzicht auf die polnische Krone, als Heinrich III. König von Frankreich. Sein Nachfolger wurde der Ungar König Stephan Báthory, der starke Unterstützung im mächtigen Reichskanzler und Kronhetman Jan Zamoyski hatte, der wesentlich zu seinen militärischen und politischen Erfolgen beitrug und zu seiner rechten Hand wurde. 1579 gründete er mit Hilfe der Jesuiten, die er ins Land holte und förderte, die Universität von Vilnius. Er war ein geschickter Taktiker im adeligen Machtgefüge und führte Polen seit 1578 siegreich in militärische Auseinandersetzungen mit dem Moskowiter Reich. Zar Iwan der Schreckliche schloß daraufhin im Vertrag von Jam Zapolski 1582 Frieden mit der Adelsrepublik und trat Livland und Polozk an die polnische Krone ab. Den Plan, mit Hilfe der Rzeczpospolita seine ungarische Heimat von der Türkenherrschaft zu befreien, konnte er durch seinen plötzlichen Tod am 12. Dezember 1586, jedoch nicht mehr verwirklichen.
Am 19. August 1587 wurde Sigismund III. Wasa, der das Geschlecht der Jagiellonen und der Wasa in seiner Person vereinte und gleichzeitig die katholische Linie der schwedischen Wasa repräsentierte, zum König gewählt, der die polnisch-litauische Adelsrepublik ins nächste Jahrhundert führte. Das 17. Jahrhundert war jedoch für Polen-Litauen eine Periode der militärischen Katastrophen und des langsamen Verfalls der eigenen Vormachtstellung in Ostmitteleuropa. Während das Land vom Europa verheerenden Dreißigjährigen Krieg verschont blieb, wurde die Rzeczpospolita ab 1648 für die nächsten 100 Jahre ein Schauplatz anderer kriegerischer Auseinandersetzungen, die mit hohen materiellen Verlusten - Verfall der Städte und der Wirtschaft - und einem Bevölkerungsschwund von bis zu 30 Prozent verbunden waren und das Staatswesen allmählich in den Ruin trieben. Die Adelsrepublik führte über Jahrzehnte zahlreiche Kriege vor allem gegen die Schweden, Russen und die Osmanen, während der Südosten dauerhaft der Gefahr von Invasionen der Krimtataren, osmanischer Vasallen, ausgesetzt war, die plündernd und brandschatzend die Provinzen verwüsteten. Sigismund Wasa war auch derjenige, der 1596 die Hauptstadt Polens von Krakau nach Warschau verlegte, wegen seiner zentralen Lage in Polen und der größeren Nähe zu seinem Erbkönigreich Schweden.

Zu Beginn des Jahrhunderts hatte Sigismund Wasa nicht nur versucht, den Thron in seiner schwedischen Heimat zurückzubekommen, den er nach der verlorenen Schlacht bei Stångebro am 25. September 1598 und seiner Absetzung durch den schwedischen Reichstag 1599 de facto verloren hatte - Ende der Personalunion Schwedens mit der Rzeczpospolita, die seit 1592 bestand -, sondern er griff auch massiv in die russischen Thronwirren, die Smuta, die nach dem Tod des Usurpators, Zar Boris Godunow, um 1605 im Zarenreich ausbrachen, ein. Während des von 1605 bis 1618 dauernden Konfliktes, ab 1609 offenen Krieges, besetzten 1610 polnisch-litauische Unionstruppen, unter der Führung des Kronhetmans Stanisław Żółkiewski, zwar für zwei Jahre Moskau und es zeichnete sich sogar eine Personalunion ab, aber letztlich scheiterten die militärischen, politischen und konfessionellen Pläne am Widerstand der russischen Aristokratie der Bojaren und der orthodoxen Kirche. Im Friedensvertrag von Deulino vom 29. Dezember 1618 schloß die Adelsrepublik mit dem neuen russischen Zaren Michael I., dem Begründer der Romanow-Dynastie, einen Frieden von 14 Jahren und es wurde die polnisch-litauische Herrschaft über das Land von Smolensk und Sewerien anerkannt. Damit erreichte die Adelsrepublik 1618 mit einer Staatsfläche von ca. 1.000.000 Quadratkilometern ihre größte territoriale Ausdehnung.
Im Südosten verschärften sich die inneren Konflikte. Wirklich bedrohlich sollte die Lage erst im Jahre 1648 werden, kurz nachdem sein Sohn Johann II. Kasimir, am 20. November 1648 zum neuen polnischen König gewählt wurde. Auslöser waren die am Dnjepr lebenden Kosaken, eine Gruppe persönlich freier Grenzlandbewohner, die ursprünglich in polnischem Sold stehend gegen die Tataren eingesetzt worden war. Im Laufe der Zeit unternahmen sie immer wieder Raubzüge, die den Frieden der Region gefährdeten. Als es sich abzeichnete, dass der lange erwartete Feldzug gegen die Türken nicht zustande kommen würde, entschlossen sie sich unter Führung des ehemaligen polnischen Kleinadligen Bogdan Chmielnicki zu einem Bündnis mit den Tataren gegen Polen-Litauen.

Der nun ausbrechende blutige Aufstand der Kosaken, der bürgerkriegsähnlichen Charakter hatte, war zunächst erfolgreich und führte diese plündernd und mordend bis nach Lemberg, Zamość und sogar nach Kiev. Nach wechselvollen Kriegsereignissen und Friedensverhandlungen kam der Konflikt 1654 zu einem Ende; die Kosaken wechselten aber nahezu komplett unter die Oberhoheit des Moskowiter Zaren über und waren für Polen als Verbündete verloren. Im historischen Gedächtnis der Polen ist dieser mörderische Konflikt tief eingebrannt, die Ukrainer betrachten ihn als den Beginn ihrer nationalen Geschichte: seine Folgen waren auch in den Auseinandersetzungen vom Ende des Ersten Weltkriegs bis in die fünfziger Jahre deutlich spürbar und sind bis heute nicht überwunden. Der Anschluss der östlichen Ukraine an Russland begünstigte den Ausbruch des Russisch-Polnischen Krieges von 1654 bis 1667, der schon im Frühling des Jahres 1655 zur Okkupation fast des gesamten Großfürstentums Litauen durch russische Truppen führte, zur Besetzung von Vilnius und Erklärung des russischen Zaren Alexei I. zum Großfürsten von Litauen, Wolynien und Podolien.

Am 19. Juli 1655 brach dann zusätzlich der Schwedisch-Polnische-Krieg aus (siehe auch Zweite Nordische Krieg), durch Besetzung Dünaburgs durch russische Truppen, Unterstützung Polens für Schwedens Erzfeind Dänemark und die Erbansprüche der katholischen Wasa auf die schwedische Krone, die mit der Abdankung der schwedischen Königin Christina I. in 1654 geltend gemacht wurden, auf der einen Seite. Auf der anderen Seite gab es schlicht profane Gründe für eine erneute kriegerische Auseinandersetzung Schwedens mit Polen. Seit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, an dem das mehrheitlich katholische Polen-Litauen offiziell nicht teilnahm, am 24. Oktober 1648 (siehe auch Westfälischer Friede), besaß der schwedische König eine leere Staatskasse, bedingt durch den langen Feldzug in Deutschland, gleichzeitig jedoch unterhielt er eine große, "arbeitslose" Armee im schwedischen Sold. Deshalb lag es nahe, die durch den Chmielnicki-Aufstand und den andauernden Russisch-Polnischen-Krieg geschwächte Adelsrepublik vom Westen durch das seit 1648 brandenburgische Hinterpommern und vom Norden her über Livland zu überfallen und zu plündern.
Die protestantischen Schweden fühlten sich durch die militärischen Erfolge der Russen in der Adelsrepublik zum Eingreifen genötigt, um ihren beherrschenden Einfluss an der Ostsee nicht zu verlieren. Mit der Durchmarschgenehmigung durch Hinterpommern war es König Karl X. Gustav möglich, von zwei Seiten her anzugreifen, was ihm durch die innere Zerrissenheit Polens, die verschiedenen Interessen der Magnatenfamilien und die schwierige militärische Lage der Adelsrepublik im Osten gegen Russland, zusätzlich erleichtert wurde. Am 25. Juli kapitulierte ein Teil der polnischen Magnaten vor den Schweden. Einen Zwei-Fronten-Krieg führend, fielen nacheinander am 8. September Warschau und im Oktober Krakau in die Hände der Schweden. König Johann Kasimir floh nach Schlesien, wo er sich die Hilfe der katholischen Habsburger erhoffte, die jedoch ausblieb. Polen befand sich nun zum größten Teil unter schwedisch-russischer Kontrolle und am 20. November stimmten die litauischen Adligen Fürst Janusz Radziwill und sein Vetter Boguslaw Radziwill, die der polnischen Hegemonie und Polonisierung in Litauen überdrüssig, ja kritisch gegenüber standen (Litauen wurde ab 1569 auf das Niveau einer polnischen Provinz degradiert), einer Union des Großfürstentums Litauen mit Schweden zu, was de facto und de iure den Bruch der Realunion mit Polen bedeutete.

Im folgenden Winter erwies es sich dann, dass die Schweden zu schwach waren, um ein so großes Gebiet längere Zeit zu halten. Zum Signal wurde die militärische Verteidigung des Klosters von Tschenstochau am 18. November bis 27. Dezember, die als ein göttliches Wunder der Maria angesehen wurde, die nicht gewollt habe, dass ihr wertvolles Ikonenbild von den "Ungläubigen" geraubt würde. Zusätzlich wurde der Krieg auf Seiten Polens durch den Umstand begünstigt, dass sich der russische Zar Alexei mit dem Schwedenkönig Karl Gustav über die Aufteilung der "polnischen Beute" überworfen hatte, und ihm Ende Mai 1656 den Krieg erklärte. Der Schwedisch-Polnische- und der Russisch-Polnische-Krieg weitete sich somit in einen schwedisch-russisch-polnischen Konflikt aus.
Der polnische König kehrte bereits Anfang 1656 nach Polen zurück und erhob Maria in einem feierlichen Akt zur "Königin Polens". Das sich wendende Kriegsglück ausnutzend, verwüstete das königliche Heer zahlreiche protestantische Orte, darunter das kulturelle Zentrum Lissa in Großpolen. Die meisten der dort ansässigen Böhmischen Brüder mussten fliehen, darunter der bedeutende Theologe Johann Amos Comenius. Die Vertreibung und Verfolgung der Brüder aus Polen während der "Schwedischen Flut" beendete damit auch symbolisch die Epoche der polnischen Toleranz gegenüber den Andersgläubigen, waren doch die Aggressoren allesamt Nicht-Katholiken, die Schweden-Brandenburger waren Protestanten und die Russen Orthodoxe.

Durch die Verträge von Königsberg am 17. Januar 1656 und Marienburg am 23. Juni 1656 erzwang der Schwedenkönig Karl Gustav die Unterstützung von Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der bis dahin Lehnsmann des polnischen Königs war. Mit dem Lehnsbruch und damit verbundenem Sieg der schwedisch-brandenburgischen Streitmacht über die Truppen der Adelsrepublik bei Warschau 28. Juli - 30. Juli 1656 erkannte Karl Gustav, im Vertrag von Labiau am 20. November 1656 die Souveränität Preußens an. Anfang 1657 trat das unter dem osmanischen Schutz stehende Fürstentum Siebenbürgen eigenmächtig, das heißt ohne die Erlaubnis des osmanischen Sultans, unter der Führung des ungarischen Protestanten Georg Rákóczy (György II. Rákóczy) auf die Seite der Schweden und verwüstete weite Gebiete Polens im Süden und Osten. Um ein Übergewicht Schwedens in Nordeuropa zu verhindern, traten Dänemark, Österreich und die Niederlande auf die Seite Polens. Auch Brandenburg wechselte die Fronten, nachdem Polen im Vertrag von Wehlau am 19. September 1657 dem Kurfürsten die Souveränität im Herzogtum Preußen zuerkannte.
Die militärischen Aktionen dauerten dennoch mehrere Jahre mit wechselnden Erfolgen an, bis im polnisch-schwedischen Frieden von Oliva am 3. Mai 1660 die langjährigen Streitigkeiten weitgehend beigelegt wurden. Der polnische König war darin gezwungen auf alle seine Ansprüche auf den schwedischen Thron, Livland mit Riga und Estland zu verzichten. Das Kurfürstentum Brandenburg erlangte in Oliva die endgültige Souveränität über das Herzogtum Preußen und erwies sich während des Krieges als militärischer und politischer Machtfaktor. Frankreich übernahm die Garantie der Einhaltung des Friedens. Was blieb war der Mythos von Tschenstochau als einer Arche inmitten der "Schwedischen Sintflut", der einen wesentlichen Beitrag zum Machtgewinn des polnischen Katholizismus leistete.

Im Russisch-Polnischen Krieg von 1654 bis 1667 hatte Johann Kasimir noch weniger Glück. Zwar konnten nach 1660 die Truppen des Zaren aus Litauen bis zum Dnjeper wieder vertrieben werden, doch mußte der König, bedingt durch ein erneutes Aufflammen des polnisch-osmanischen Gegensatzes nach 1666, im Vertrag von Andrussow am 14. Januar 1667, unter Verzicht auf weite Teile West-Russlands mit Smolensk und der Ostukraine mit Kiew, mit dem russischen Zaren Frieden schließen.
Am 19. September 1668 dankte der letzte Wasakönig Johann Kasimir ab, und entzog sich damit seiner Verantwortung für die desaströse ökonomisch-militärische Hinterlassenschaft und den allgemeinen, auch sozial-kulturellen Ruin der polnisch-litauischen Adelsrepublik, während der 80 Jahre dauerenden Regenschaft des Hauses der schwedisch-katholischen Wasa, mit der Flucht in ein französisches Kloster. Die Friedensverträge von Oliva und Andrussow 1660 und 1667 markierten gleichzeitig Polens Verlust der Großmachtstellung an die absolutistisch geführten Reiche und hinterließen ein ausgeblutetes, geplündertes Land mit geschätzten 3 - 4 Millionen Opfern und vor allem brach liegender, verwüsteter Wirtschaft und Städten. Die Zahl der Opfer war enorm und entsprach etwa 30% der damaligen Bevölkerung, somit verlor Polen alleine im Krieg gegen Chmielnicki, die Russen und die Schweden in Relation mehr Menschen als im Zweiten Weltkrieg. Die Führungsrolle in Osteuropa ging von der Adelsrepublik über an Russland unter den Romanow, und in Mitteleuropa an Brandenburg-Preußen unter den Hohenzollern.
Von den Katastrophen des 17. Jahrhunderts konnte sich die Adelsrepublik nie wieder richtig erholen. Sie blieb die nächsten 100 Jahre ein "Spielball" neuer europäischer Mächte, vor allem Russlands und verfiel langsam der Dekadenz, Agonie und politischer Anarchie. Die Zeichen des allgemeinen Verfalls äußerten sich durch die dauerhafte Blockade des polnischen Parlaments mittels des Liberum Veto, der Bildung von adligen, legalen sogenannten Konföderationen gegen die Interessen des Staates und des Königs, zum Beispiel, wenn die Magnaten ihre Rechte durch den König beschnitten sahen. Diese Rechte wurden der adelsrepublikanischen Aristokratie im 16. Jahrhundert gewährt, im 18. Jahrhundert standen die Konföderationen jedoch vielfach unter fremden Einfluss, die so das Land häufig an den Rand eines Bürgerkrieges brachten. Auch zeigte der Hochadel ein allgemeines Desinteresse an einem "starken Staat" und war vordergründig mit der Sicherung von privaten Pfründen, sowie der Pflege eines übertriebenen Standesdünkels gepaart mit Vetternwirtschaft und Korruption beschäftigt und dadurch Polen, trotz mutiger, revolutionärer Reformen des späten 18. Jahrhunderts, derart zu schwächen, dass es 1772 gegen der gleichzeitigen Aggression dreier absolutistischer Despoten der Nachbarstaaten, effektiv kaum Widerstand zu leisten vermochte und somit als Staat, einmalig in der europäischen Geschichte, 1795 zu existieren aufhörte.
Am 19. Juni 1669 wählte der polnische Reichstag den Polen Michał Korybut Wisnowiecki zum polnischen König. Vier andere Kandidaten wurden abgelehnt, da die polnischen Adligen nach schlechten Erfahrungen mit Ausländern ihre Stimme einem "Piasten", das heißt einem "einheimischen Kandidaten", geben wollten, und zwar im Gegensatz zu den Absichten der adelsrepublikanischen Oligarchen.

Die ab 1666 im Süden geführten Scharmützel gegen die Osmanen und ihre Vasallen, die Krimtataren, mündeten 1672 in einen offenen Krieg. 1672 erklärte das Osmanische Reich Polen den Krieg. Im Juni belagerte ein türkisches Herr mit über 100.000 Mann unter dem Kommando von Sultan Mehmed IV. die Festung Kamieniec Podolski, die am 26. August kapitulieren musste. Der Weg ins Zentrum des Landes wurde frei. Einer bevorstehenden militärischen Niederlage, gar einer türkischen Okkupation der Rzeczpospolita zuvorkommend, schloß das durch vorangegangene Kriege ruinierte Polen mit der Hohen Pforte am 18. Oktober des gleichen Jahres den Frieden von Buczacz, durch den die Türkei Kontrolle über Podolien und die südliche Ukraine erhielt und bis 1699 in ihrem Besitz hielt. 1673 brachen die kriegerischen Auseinandersetzung von Neuem auf. Unter der Führung des Kronhetmans Jan Sobieski konnten die Polen am 11. November 1673 in der Schlacht bei Chocim die Türken entscheidend besiegen. Obwohl der Sieg keine politischen Vorteile brachte - Kamieniec Podolski genau wie Podolien blieben unter der Herrschaft der Osmanen -, wuchs das Ansehen Polens im Ausland stark. Die Osmanen gaben Hetman Sobieski den Beinamen eines "Löwen aus Lechistan".
Am 10. November 1673 starb König Korybut Wisnowiecki und am 21. Mai 1674 wurde Sobieski, dank seiner Popularität und miltärischer Erfolge, als sein Nachfolger und König von Polen bestimmt.
Johann III. Sobieski, der Retter Wiens
Die sich in einer tiefen politisch-ökonomisch-militärischen Krise befindende Adelsrepublik erlebte am Ende des 17. Jahrhunderts noch einmal eine kurze Renaissance der politischen Macht. Nach dem Scheitern Johanns Kasimir und seinem schmählichen Rücktritt am 19. September 1668 waren die Wasas auf breiter Front diskreditiert und der zum König gewählte polnische Adlige Michał Korybut Wiśniowiecki schon nach fünf Jahren gestorben. Mit dem militärisch erfolgreichen Kronhetman Jan Sobieski, der zudem die Unterstützung Frankreichs besaß, wurde am 21. Mai 1674 erneut ein Pole zum Herrscher gewählt.
Dem König Johann III. Sobieski traute man zu, die Türkengefahr im Südosten der Adelsrepublik endgültig beseitigen zu können. Bereits ein Jahr zuvor, am 11. November 1673, wurde das Osmanische Reich in der "Schlacht bei Chocim" in Podolien besiegt. Sobieski wandte sich von seinem Bündnispartner Frankreich ab, und schloss im April 1683 einen gegenseitigen Beistandspakt mit den Habsburgern ab. Dieser sollte sich rasch bewähren, tauchten doch die Türken schon im Sommer desselben Jahres vor Wien auf. Der von den Österreichern bestochene polnische Reichstag stimmte der Sendung eines Entsatzheeres zu, das wesentlich zum Sieg der alliierten Truppen in der Schlacht am Kahlenberg am 12. September 1683 beitrug. Weitere Vorstöße im Südosten, gegen osmanisch besetztes Podolien, die Moldau und die Walachei, blieben allerdings ohne Erfolg.
Während im polnischen nationalen Gedächtnis die "Rettung des Abendlandes" tief verankert ist, blieb im Westen eher die Erinnerung an die späteren Erfolge des Prinzen Eugen. Die besondere polnische Rolle bei der Schlacht um Wien geriet weitgehend in Vergessenheit, vielleicht auch deswegen, weil der Oberbefehlshaber der Truppen, Karl von Lothringen, Jahre zuvor bei der polnischen Königswahl an Sobieski gescheitert war.
Am 5. März 1684 trat Polen der durch Vermittlung von Papst Innozenz XI. gegründeten Heiligen Liga bei. Am 6. Mai 1686 wurde mit Russland, dessen Regent Zar Peter der Große war, in Moskau der sogenannte "Ewige Frieden" geschlossen. Dieser bestätigte die im Vertrag von Andrusovo 1667 getroffenen Vereinbarungen. Russland schloß sich einem gegen das Osmanische Reich gerichteten Bündis mit Polen an und trat 1686 offiziell der Heiligen Liga bei.
Innenpolitisch erreichte der König seine Ziele jedoch nicht. Obwohl er der letzte polnische König von "Format" war, konnte er weder die Herrschaftsansprüche seiner Familie durchsetzen - seine Söhne blieben bei der Wahl nach seinem Tode am 17. Juni 1696 chancenlos - noch gelang ihm, mangels königlicher Macht im Innern, die Disziplinierung des Hochadels (Magnaten) und Kleinadels (Schlachta), die sogar offen gegen ihn opponierten, da sie in einem starken Königtum eine Bedrohung ihrer Ende des 16. Jahrhunderts von Sobieskis Vorgängern gewährten fast "königlichen" Rechte sahen, die jedoch in einem immer stärker von Absolutismus geprägten Europa des späten 17. Jahrhunderts nicht mehr zeitgemäß erschienen. Seine Pläne, das Kurfürstentum Brandenburg-Preußen, das spätere Königreich Preußen, zu zerschlagen, wurden durch die ständige Türkenabwehr unterminiert und später ganz aufgegeben.
Der Niedergang der Adelsrepublik und die Teilungen
Die Wettiner

Unter der Sachsenzeit versteht man in Polen die Regierungszeit der beiden Könige aus dem Hause Wettin. Es waren August der Starke 1697-1733 und sein Sohn August III. 1733-1763, die Polen in Personalunion mit ihrem heimischen Kurfürstentum Sachsen regierten.
Die Wahlen waren mit finanziellen Mitteln erkauft worden und nicht unangefochten. Um sich die polnische Krone zu sichern, mußte der protestantische Kurfürst zum Katholizismus konvertieren. Polen wurde in jenen Jahren immer stärker zu einem Spielball der internationalen Politik. Es wurde durch die Wettiner in Konflikte und Kriege hineingezogen, an denen es eigentlich gar kein Interesse hatte und die es sich sich de facto auch nicht mehr leisten konnte, wie der Zweite Nordische Krieg oder später der Siebenjährige Krieg. Die innere Schwäche der Adelsrepublik äußerte sich in religiösem Unfrieden, Intoleranz gegenüber Nicht-Katholiken - in Polen-Litauen Dissidenten genannt -, einem Verfall der Wirtschaft und militärischer Ohnmacht. Die Neutralität in anderen europäischen Konflikten wahrend, durchquerten fremde, kriegsführende Armeen straflos sein Territorium und behandelten es wie etwas, was am Wegesrand lag. Die Triumphe der polnischen Heere gehörten von jetzt an der Vergangenheit an. Der Erwerb Schlesiens durch König Friedrich von Preußen förderte Preußens Entwicklung zu einer europäischen Großmacht. Letzteres erschien unvereinbar mit Polens potentiellem Wiederaufleben. In diesem Hinblick erscheint es als eine bittere Ironie der Geschichte, dass es nun mal das "wettinische Polen" war, das als erstes europäisches Land das hohenzollernsche "Königreich in Preußen" staatsrechtlich anerkannte.
Die Geschicke des Landes wurden immer stärker von den großen Magnatenfamilien und Hochadelsfraktionen bestimmt, namentlich die Potoccy, Czartoryscy, Sapiehowie, die nicht nur (teilweise) untereinander verfeindet waren, sondern sich gegenseitig bekriegt hatten und immer stärker auch finanziell von fremden Mächten abhängig wurden. Die Versuche des Königs, eine absolutistische Herrschaft zu etablieren, mussten vor diesem Hintergrund scheitern. Nur durch die Unterstützung Russlands konnte er sich während des Polnischen Thronfolgekrieges gegen seinen Gegenspieler Stanislaus I. Leszczynski durchsetzen, freilich um den Preis dessen zunehmender politischer Einflussnahme in Polen als Vermittler und tatsächlicher "Beschützer" des Landes.
Ähnlich verlief es unter August III., der das Land weitgehend durch seinen Günstling, Heinrich Graf von Brühl, regieren ließ. Diese Zeichen des Verfalls waren aber nur die eine Seite der Medaille. Gleichzeitig entwickelte sich zunehmender Wohlstand beim Gutsadel, der dazu führte, dass man sich auch Fragen einer inneren Reform der Adelsrepublik stellte. Der Geist der Aufklärung drang nach Polen vor, Ansätze zu einer Verbesserung des Bildungssystems wurden gemacht. Besonders positiv waren die Folgen in der Architektur. Das Bild der Hauptstadt Warschau veränderte sich in jenen Jahren entscheidend: das Königsschloss wurde großzügig umgebaut, es entstand die sogenannte Sächsische Achse nach dem Vorbild von Versailles mit dem Sächsischen Palais und dem Sächsischen Garten. In Erinnerung blieb aber in erster Linie die dekadente Stimmung jener Zeit, die sich in zahlreichen Sprichwörtern niedergeschlagen hat, etwa: "Gdy August pił, cała Polska była pijana" - Wenn August getrunken hatte, war ganz Polen besoffen - oder das noch Bekanntere: "Za króla Sasa jedz, pij i popuszczaj pasa" - Unter dem Sachsenkönig iss, trink und löse den Gürtel - , das geradezu ein Symbol für die späte sarmatische Adelskultur mit ihren üppigen Festen, aber auch dem Fehlen jeder Art von Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem eigenen Volk und Vaterland geworden ist und mit der späteren Konföderation von Targowica, einem Paradigma für Landesverrat, seinen Höhepunkt fand.
Die Sarmaten waren ein iranisches Reitervolk, das 600 v. Chr. bis 450 n. Chr. im südrussischen und ukrainischen Steppengebiet lebte und von dem sich die polnischen Adligen irrtümlich ableiteten. Unter Sarmatismus versteht man das Gefühl völliger persönlicher Freiheit, bei politischem Konservatismus und Intoleranz, ständischem Dünkel und Abgrenzung gegenüber Nichtadligen.
Stanislaus August, Reformversuche und die drei Teilungen Polens
Der zunehmende innere Verfall der polnischen Adelsrepublik hatte sich auch nach der Wahl Stanislaus August Poniatowskis, eines ehemaligen Liebhabers der Zarin Katharina II., im Jahre 1764 unvermindert fortgesetzt und allmählich immer mehr die Begehrlichkeiten der Nachbarn geweckt. Der König unternahm vorsichtige Reformbemühungen, zahlreiche Bildungseinrichtungen und Manufakturen wurden gegründet. Weitergehende Schritte wie die komplette Abschaffung des "Liberum Veto" scheiterten vor allem am Widerstand Russlands.
Im Bereich von Kunst und Kultur bedeutete die Regierungszeit des letzten Königs eine Blütezeit. Dies galt besonders für die Hauptstadt Warschau. Hier entstanden prunkvolle Bauten und Parks (Łazienki, Ujazdów). Verewigt ist die Atmosphäre jener Jahre in den Stadtveduten des Venezianers Bernardo Bellotto, genannt Canaletto, Hofmaler bei Stanislaus August Poniatowski. Auf Initiative des Königs wurde die Zeitschrift Monitor gegründet. Die Logen der Freimaurer hatten mit Cagliostro und Casanova regen Zulauf. Die Dichter Ignacy Krasicki, Adam Naruszewicz, Stanislaus Trembecki konkurrierten mit Dramatikern Franciszek Zabłocki, Wojciech Bogusławski, Julian Ursyn Niemcewicz. Graf Jan Potocki, Völkerkundler und Schriftsteller, erhob sich per Heißluftballon über die Stadt, der Pflanzersohn Lewis Littlepage aus Virginia bereiste als königlicher Sekretär und Diplomat die Höfe Europas.

Pläne zur Teilung Polens gab es auch schon in den Jahrhunderten zuvor und immer hatten Preußen und Russland das größte Interesse daran gehabt. Noch lieber hätte es Russland freilich gesehen, das gesamte Land unter weitgehender politischer Kontrolle zu behalten, wie es seit Jahrzehnten unter dem Vorwand des Schutzes der Orthodoxen und der Protestanten der Fall war. Die Reformansätze des neuen Königs konnten niemandem gefallen, der an der Schwäche Polens interessiert war. Unter massivem russischen Druck mussten Poniatowski und der Sejm 1768 einen ewigen polnisch-russischen Vertrag unterzeichnen, der alles beim Alten beließ. Zahlreiche Adlige waren dazu aber nicht bereit und schlossen sich in einer Widerstandsorganisation, der Konföderation von Bar, zusammen. Es begann ein vierjähriger Bürgerkrieg, der immer mehr europäische Dimensionen annahm. Um sich ihren Anteil an der Beute zu sichern, waren österreichische und preußische Truppen schon seit 1769 in Teilen Polens einmarschiert und hatten sie besetzt. Die Initiative zu einer wirklichen Aufteilung ging dabei vom preußischen König Friedrich II. aus. In den Verträgen vom 17. Februar und 5. August 1772 erhielt Russland die Wojewodschaften Polozk, Witebsk, Mstislav und Polnisch-Livland; Österreich bekam weite Teile Kleinpolens und Rotreußen; Preußen sicherte sich das bisherige Königliche Preußen mit dem Ermland und Teilen der Wojewodschaften Inowroclaw und Gnesen. Insgesamt verlor Polen bei der Ersten Teilung knapp 200.000 km² mit 4,5. Mio. Einwohnern. Es blieben ihm 527.000 km² mit 7 Mio. Menschen.

Diese Ereignisse brachten führende Köpfe des Staates dazu, nun noch intensiver über innere Reformen nachzudenken. Man vereinbarte eine umfassende Verbesserung des Steuerwesens, eine Modernisierung der Armee und nicht zuletzt des Bildungswesens durch die Gründung der "Kommission für das nationale Erziehungswesen" (Komisja Edukacji Narodowej). Noch weitergehende Schritte nahm man am Ende der 1780er Jahre in Angriff, als der "Vierjährige Reichstag" mit dem Ziel zusammentrat, eine neue Verfassung zu verabschieden. Diese Konstitution, die eine Erbmonarchie vorsah, ging als die Verfassung vom 3. Mai 1791 in die Geschichte ein, und war die erste moderne Verfassung Europas, die zweite überhaupt nach den USA, und sah neben einer Teilung und Verschränkung der Gewalten auch das Prinzip der Volkssouveränität vor, wenn auch de facto der Adel der wichtigste Stand bleiben sollte. Zu polnischen Erbmonarchen wurden die Vorsteher aus dem Haus Wettin bestimmt.

Der Widerstand der alten Teilungsmächte gegen diese Veränderungen wuchs allerdings immer mehr. Preußen suchte, obwohl seit 1790 formell sogar mit Polen verbündet, erneut die Nähe Russlands. Dieses hatte konservative polnische Adlige ermutigt, sich in einer Widerstandsgruppe, der Konföderation von Targowica, zusammenzuschließen, die von russischem Militär massiv unterstützt wurde. Am 27. Januar 1793 vereinbarten Russland und Preußen eine weitere Teilung Polens, bei der alle Gebiete östlich der Linie Dünaburg – Chocim an Russland, Großpolen, Westmasowien sowie die Städte Danzig und Thorn an Preußen fielen. Es verblieb ein polnischer Rumpfstaat mit 240 000 km² und 3,5 Mio. Einwohnern.
In ihm brach ein Jahr später ein nationaler Aufstand aus, der von dem Offizier Tadeusz Kościuszko angeführt wurde, der Jahrzehnte zuvor erfolgreich im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg gekämpft hatte (siehe auch Kościuszko-Aufstand). Zum ersten Mal handelte es sich um einen echten Volksaufstand. Kościuszko proklamierte sich selbst zum Diktator und hoffte auf auswärtige Hilfe. Die Kämpfe, die von wenigen Soldaten und einem Heer mit umgeschmiedeten Sensen bewaffneter Bauern geführt wurden, waren zunächst unerwartet erfolgreich, etwa in der "Schlacht von Racławice" bei Krakau; schließlich musste man aber der militärischen Übermacht von Preußen und Russen weichen. In der "Schlacht von Maciejowice", bei Warschau, im Oktober 1794 unterlag das Hauptaufgebot mit Kościuszko an der Spitze, der schwer verwundet und gefangengenommen wurde. Dass er im Augenblick seiner Verwundung "Finis Poloniae!" gerufen habe, ist eine spätere Legende, sie trifft jedoch den Kern, da in jenem Augenblick das Schicksal Polens besiegelt war.
Mit der folgenden dritten Teilung, in der Russland alle litauischen und ruthenischen Gebiete östlich von Bug und Memel, Österreich das restliche Kleinpolen mit Krakau und Preußen das restliche Masowien mit Warschau und Teile Litauens erhielt, war der polnische Staat für über 100 Jahre von der europäischen Landkarte verschwunden, während der letzte "Souverän" der Rzeczpospolita König Stanislaus August Poniatowski, nach erzwungener Abdankung durch die Okkupanten, bereits nach 3 Jahren in russischer Geiselhaft unerwartet am 12. Februar 1798 in St. Petersburg verstarb.
Fremdherrschaft, Unterdrückung und Kampf um die Unabhängigkeit 1795 - 1914
Polen, Frankreich und die europäischen Mächte 1795 - 1815
Die nach dem Ende der polnischen Staatlichkeit verbliebenen Aufständischen und Oppositionellen setzten nun all ihre Hoffnungen auf das revolutionäre Frankreich. Auf dessen Anregung entstand bis 1797 in Oberitalien eine 6000 Mann starke polnische Legion unter General Jan Henryk Dąbrowski, die auf Seiten Napoleons bis zum Friede von Lunéville 1801 kämpfte, ohne ihrem eigentlichen Ziel näher zu kommen. Statt dessen wurden die polnischen Soldaten wegen der Jakobinernähe ihrer polnischer Offiziere von nach absoluter Macht strebenden Napoleon im Kampf gegen Aufständische auf Haiti "verheizt", wo sie durch Tropenkrankheiten fast völlig dezimiert wurden bzw. zu den Freiheitskämpfern überliefen. Was blieb war vor allem der unbedingte Siegeswille der Legionäre, der sich im Text des Liedes Józef Wybickis von 1797 manifestierte: "Noch ist Polen nicht verloren, solange wir leben" und weiter "Marsch, marsch, Dąbrowski, von Italien nach Polen" (seit 1918 die Nationalhymne Polens).
Gleichzeitig versuchten polnische Adlige am Petersburger Hof, wie der dort beim Zaren zu Einfluss gelangte Fürst Adam Jerzy Czartoryski, die Lage im russischen Teilungsgebiet zu mildern, was durch eine größere Freiheit besonders im Bildungswesen zeitweise auch gelang, außenpolitisch jedoch keine Erfolge zeitigte, da Russland nicht zu einem Krieg gegen Preußen bereit war. Die französischen Kriegserfolge des Jahres 1806 bewogen einige Polen dazu, erneut auf die Karte Napoleon zu setzen und einen bewaffneten Aufstand im polnischen Südpreußen zu wagen. Durch die Schwäche Preußens und den Vormarsch der Grande Armee hatte die Erhebung Erfolg. Napoleon, der an die Stärkung und Auffüllung seines Heeres für die Kämpfe gegen Russland dachte, erklärte sich aber lediglich dazu bereit, im Rahmen des Friedens von Tilsit im Jahr 1807, in dem das Königreich Preußen kurz vor der staatlichen Auflösung durch Napoleon stand und nur durch eine massive Intervention des russischen Zaren das Schicksal Polens nicht teilen mußte, ein relativ kleines Herzogtum Warschau zu bilden, an dessen Spitze der sächsische Kurfürst Friedrich August gestellt wurde. Statt der erwarteten Bestätigung der Mai-Verfassung vom 3. Mai 1791 wurde lediglich dem französischen Vorbild folgend das "Statut conventionnel" erlassen, so dass die entscheidende politische Rolle dem französischen Residenten in Warschau zufiel.

Trotz dieser großen politischen Schwierigkeiten wuchs das Engagement der polnischen Bevölkerung für den neuen Staat. Dies galt besonders für das auf französischer Seite kämpfende Militär, dem es bis 1809 gelang, Teile Kleinpolens zu erobern. Aus diesen Gründen war auch die polnische Bereitschaft hoch, sich massiv am Russlandfeldzug Napoleons zu beteiligen. Mit über 100.000 Mann, bei ungefähr 4 Millionen Einwohnern, stellten die Polen das größte ausländische Kontingent nach den Franzosen, und kämpften im Winter 1812 - 1813 für französische Interessen auf verlorenem Posten in den Weiten Russlands. Nur wenige Tausend kehrten anschließend in ihre Heimat zurück. Durch die Niederlage Napoleons und seiner Grande Armee besetzten russische Soldaten rasch große Teile des schutzlosen Herzogtums und die Hauptstadt Warschau, während der militärische Kopf der Polen, Fürst Józef Antoni Poniatowski, in der Völkerschlacht bei Leipzig 1813, seinen Treueid gegenüber Napoleon und dem Kurfürst Friedrich August erfüllend, ums Leben kam, als er in den Fluss Elster stürzte und ertrank.
Die endgültige Entscheidung über die Zukunft Polens fiel nun auf dem Wiener Kongress von 1815, als die Grenzen der Teilungen bestätigt und lediglich die Position Preußens zugunsten der Russlands geschwächt wurde. Preußen musste die in der Dritten Teilung erworbenen Gebiete weitgehend aufgeben. Das bis 1809 österreichische Krakau wurde zur Freien Stadt erklärt. Das Herzogtum Warschau wurde um die Provinz Posen verkleinert, die an Preußen zurückfiel und als "Großherzogtum Posen" bis 1830/1849 weitgehende Autonomierechte genoß. Der Rest wurde als "Königreich Polen" mit eigener Verfassung und Autonomie ausgestattet und in Personalunion mit dem Russischen Reich vereinigt. Die Existenz einer polnischen Nation wurde freilich von allen europäischen Großmächten anerkannt. In den folgenden Jahren gelang es immerhin, eine soziale Umstrukturierung der Gesellschaft voranzubringen, die die Grundlagen für die Entstehung einer demokratischen polnischen Nation aller Stände schuf.
Das kurze französische Intermezzo hinterließ ein von Napoleon wirtschaftlich und menschlich ausgeblutetes "Klein-Polen", der rücksichtlos das winzige Herzogtum in die Pflicht nahm und das polnische Vertrauen und Loyalität in seine Person zur Errichtung eines freien, unabhängigen Polens mit (falschen) Versprechungen mißbrauchte, während er mit den gemeinsamen Feinden Preußen, vor allem aber mit Österreich und Russland auf Kosten der polnischen Nation einen Ausgleich suchte, der besonders am Namen des Herzogtums abzulesen ist. Zu lange setzte die polnische Obrigkeit auf die Karte Napoleon, was auch an der Person des Fürsten Jozef Antoni Poniatowski deutlich wird. Während sich 1813 fast ganz Europa gegen Napoleon gestellt hatte, waren die Polen das einzige europäische Volk, das diesem Despoten noch in der Völkerschlacht bei Leipzig in blinder Gefolgschaft die Treue hielt, während die restlichen französischen Verbündeten vor allem aus dem Rheinbund-Staaten und die sächsischen Regimenter ihr Heil im Überlaufen suchten. Zum Dank für die polnische Treue ließ der Kaiser bei seiner hastigen Flucht vom Schlachtfeld vorzeitig die Brücken sprengen, wohlweislich einen Teil der französischen und die gesamte polnische Armee den Feinden in die Hände auszuliefern. Der ehrenhafte, aber politisch blinde Fürst Poniatowski fand dabei den Tod, konnte sich aber posthum mit dem Titel eines französischen Marschalls "schmücken", während seine Heimat Stück um Stück in die Hände seiner Feinde fiel. Mit dem Sturz Napoleons durch die Teilungsmächte und das Vereinigte Königreich, waren die nächsten 100 Jahre für die polnische Nation vor allem in den preußisch-russischen Besatzungszonen aus Unterdrückung, Demütigung und hohem Blutzoll bestimmt und bedeuteten einen allgemeinen zivilisatorischen Rückschritt, der im Zenit der Unterdrückung, neben dem Verbot der polnischen Sprache im öffentlichen Leben, mit Repressalien, Germanisierung und Russifizierung der polnisch-sprachigen Bevölkerung begleitet wurde.
Randbemerkung: Bei der Zerschlagung des Herzogtums Warschau durch den Wiener Kongress 1815 spricht man fälschlicherweise oft von der so genannten "Vierten Teilung Polens". Das enstpricht jedoch nicht ganz der Wahrheit, weil das Herzogtum de jure kein souveräner Staat war. Es unterstand als ein Vasallenstaat des revolutionären Frankreichs, der direkten Kontrolle Napoleons und seiner Clique. Den Rechtsnachfolgern des Herzogtums wie zum Beispiel dem Kongresspolen, wurde weitgehende Autonomie zugebilligt - die jedoch im Laufe der nächsten 15 Jahre begrenzt wurde -, auch unterhielt das Land ein eigenes Parlament, im Gegensatz zur Ersten Republik, der Adelsrepublik, die 1795 durch militärische Gewalt und das "Recht des Stärkeren" liquidiert wurde.
Die Zeit der Aufstände 1815 - 1864

Auf lange Sicht gesehen war die polnische Nation nach den Wiener Beschlüssen von 1815 nicht bereit, den Status quo zu akzeptieren. Der Wunsch nach einem eigenen Staat war ungebrochen. Die katholische Kirche wuchs aufgrund ihrer beibehaltenen Strukturen immer stärker in die Rolle einer Bewahrerin der Traditionen hinein.
Die politische Entwicklung seit 1815 war durch eine eher gemäßigte Unterdrückung durch den Zaren und seinen Warschauer Statthalter Novosilcov geprägt. Damit waren aber viele Jüngere, geprägt vom Geist der polnischen Romantik und ihrer Helden wie Adam Mickiewicz und Juliusz Słowacki, nicht zufrieden. Die Nachricht von Revolutionen in Paris und in Belgien im Jahre 1830 ließ auch eine kleine Gruppe von Warschauer Verschwörern zu den Waffen greifen. Am 28. November desselben Jahres brach der Aufstand gegen die russische Bevormundung aus, der jedoch keine konkreten politischen Zielvorstellungen hatte. Aufgrund der zögerlichen russischen Reaktion gelangen zunächst einige Erfolge, die den im Dezember zusammengetretenen Sejm dazu bewogen, die Dynastie der Romanows für abgesetzt zu erklären. Im Laufe des Jahres 1831 behielt Russland in der massiven militärischen Auseinandersetzung aber die Oberhand, auch deswegen, weil die Aufständischen zu keinen weitergehenden Schritten in der Bauernfrage bereit waren.
Der Novemberaufstand war in ganz Europa äußerst populär, besonders in Deutschland, wo die entstehende Polenbegeisterung auch nach dem Scheitern des Aufstandes und dem Einsetzen der sogenannten "Großen Emigration" zunächst weiter bestand und zur Entstehung von Solidaritätskomitees und "Polenliedern" führte, deren Höhepunkt das sog. "Hambacher Fest" im Jahre 1832 war, wo deutsche und polnische nationale Bestrebungen auf eindrucksvolle Weise miteinander verbunden wurden. Im russischen Teilungsgebiet selbst wurde die Sonderstellung der Polen nun massiv eingeschränkt. Jetzt wurde in Teilen der Verwaltung mit der Russifizierung begonnen und das polnischsprachige Bildungssystem geschwächt. Zu einem neuen Zentrum der polnischen Politik wurde Paris, wohin viele bedeutende Politiker geflohen waren und wo mit den "Konservativen" und den "Demokraten" die beiden Hauptlager entstanden.
Aufgrund der Unterdrückung im russischen Teilungsgebiet wandte sich das Hauptaugenmerk für einen erneuten Aufstand den anderen beiden Regionen zu. Für Anfang 1846 wurde eine gesamtpolnische Erhebung geplant, die ihren Schwerpunkt aber im preußischen Posen und der Freien Stadt Krakau haben sollte. Der Posener Plan wurde jedoch verraten und die Verschwörer mit ihrem Kopf Ludwik Mieroslawski verhaftet. Die Bestrebungen im österreichischen Teilungsgebiet wurden nur halbherzig durchgeführt. Parallel dazu brach aber dort ein Bauernaufstand aus, der sich vor allem gegen die polnischen Landadligen richtete und von den Behörden teilweise unterstützt wurde. Dieser extrem grausame Bürgerkrieg führte in nur zwei Monaten zu über 1000 Toten. Krakau, das vorübergehend in polnischer Hand war, wurde schließlich von österreichischen Truppen besetzt und 1846 in die Donaumonarchie inkorporiert. Aufgrund dieses völligen Scheiterns war es um so überraschender, dass die polnische Frage schon zwei Jahre später in Preußen wieder zu einem beherrschenden Thema wurde.

Im preußischen Teilungsgebiet waren die Jahre seit 1815 vor allem geprägt durch die 1823 durchgeführte endgültige Bauernbefreiung. Die zunächst relativ gemäßigte Politik gegenüber den Polen wurde nach dem Amtsantritt des neuen Oberpräsidenten Eduard Heinrich von Flottwell Ende 1830 zunehmend antipolnisch, vor allem in der Bildungs- und der Kirchenpolitik. Seit Beginn der 1840er Jahre schien sich unter dem neuen preußischen König Friedrich Wilhelm IV. eine liberalere Polenpolitik anzudeuten, bis die Aufstandspläne von 1846 und der große Berliner Polenprozess eine erneute Wende einleiteten. Die Märzrevolution des Jahres 1848 führte auch zum Wiederentstehen polnischer Organisationen im preußischen Großherzogtum Posen. Man erwartete das Ausbrechen eines Krieges gegen das reaktionäre Russland. Mitunter arbeiteten deutsche und polnische Demokraten eng zusammen. Der Krieg kam jedoch nicht, der preußische König überwand seine zeitweilige Schwäche und die nationalen Spannungen im Lande nahmen zu. Den Aufständischen gelang es nicht, die preußische militärische Übermacht zu besiegen. Dass die Stimmung des Jahres 1848 nicht mehr der von 1832 entsprach, zeigte schließlich die dreitägige Polendebatte der Paulskirchenversammlung im Juli 1848 sehr deutlich. Nur noch wenige traten für die Rechte der Polen ein, die national-konservativen Kräfte setzten sich endgültig durch. Letztes Aufflackern war die demokratische Revolution in Baden, an deren militärischer Spitze 1849 Mierosławski stand. An den europäischen Revolutionen der Jahre 1848/1849 hatten auch an anderen Stellen Polen mitgekämpft, etwa General Josef Bem in Österreich und Ungarn. Keinen Aufstandsversuch gab es aber im russischen Teilungsgebiet, wo der Statthalter Ivan Paskevič die Zügel fest in der Hand hielt.

Erst die russische Niederlage im Krimkrieg 1855 und der Amtsantritt des neuen Zaren Alexanders II. weckte neue Hoffnungen. Es entwickelten sich nun ernstzunehmende Pläne einer engen polnisch-russischen Zusammenarbeit unter dem gemäßigten Adligen Aleksander Wielopolski, der 1862 zum Chef einer nur aus Polen bestehenden Zivilregierung ernannt wurde. Die Demokraten dagegen sahen sich durch die Einigungsbestrebungen Italiens wieder zu revolutionären Taten veranlasst und begannen im Januar 1863 einen bewaffneten Aufstand, den Januaraufstand, in dem es allerdings nicht gelang, Unterstützung aus anderen europäischen Staaten zu erhalten. Die verschiedenen gesellschaftlichen Absichten der polnischen Emigration, das Fehlen einer schlagkräftigen militärischen Führung im Lande und die vergeblichen Versuche, auch die Bauern zu mobilisieren, brachten auch diesen Aufstand zum Scheitern. Die massiven Vergeltungsmaßnahmen der Russen, Enteignungen und Deportationen, führten dazu, dass der Adel nun seine beherrschende Kraft innerhalb der polnischen Gesellschaft verlor, die Ideen der Romantik waren endgültig gescheitert.
"Organische Arbeit" und die polnische Nationalbewegung 1864 - 1914

Das Scheitern der Aufstände führte in allen drei Teilungsgebieten zu neuen Überlegungen bei den Eliten, die immer mehr vom Bürgertum gestellt wurden. Aus dem passiven Widerstand vor allem im russischen Teil erwuchs der Wille, den Bedrohungen der Russifizierung bzw. Germanisierung aus eigener Kraft Herr zu werden, ohne immer wieder zu Aufständen greifen zu müssen. Man favorisierte das Konzept einer langsamen, evolutionären Entwicklung der eigenen Fähigkeiten in den Bereichen Wirtschaft, Bildung oder Kultur, das mit dem Schlagwort "organische Arbeit" bezeichnet wurde. Ausgedacht wurden diese Überlegungen von einer neuen Generation von Publizisten und Schriftstellern, die sich vor allem in Warschau versammelten. Sie gründeten u.a. die sogenannten "Fliegenden Universitäten", bei deren heimlichen Treffen die sozialen, naturwissenschaftlichen und medizinischen Probleme ihrer Zeit diskutiert wurde. In Anlehnung an das Hauptwerk "Positive Philosophie" des französischen Philosophen Auguste Comte nannten sich diejenigen, die der Bewegung angehörten, Positivisten. Zu ihr gehörte auch die Wissenschaftlerin Marie Curie, geb. Skłodowska.
"Kulturkampf" und die Folgen: das preußische Teilungsgebiet

In Preußen wurden mit dem Amtsantritt des neuen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck die Bestrebungen einer vollständigen Integration auch der mehrheitlich polnisch bewohnten Landesteile (Teile Westpreußens, der Provinz Posen und Oberschlesiens) verstärkt. Seine Politik begann sich in den sechziger Jahren besonders gegen den dortigen Adel und den katholischen Klerus in allen Teilen Preußens zu richten. Nach der Reichsgründung des Zweiten Deutschen Reiches 1871 wurden die Germanisierungsbestrebungen noch verstärkt. Dazu zählte die stufenweise Abschaffung des Polnischen als Unterrichtssprache an Oberschulen. Darüber hinaus fanden massive Schritte gegen den katholischen Klerus im Zuge des sogenannten Kulturkampfs ihren Niederschlag, die zugleich auch im katholischen Westfalen, im Rheinland und in Bayern erfolgten (u. a. Aufhebung der geistlichen Schulaufsicht). Gerade die letztgenannten Aktionen bewirkten aber genau das Gegenteil des Gewünschten, weil die bisher national eher passiven polnischen Bauern - z. T. in Kooperation mit Katholiken aus dem Süden und Westen des Kaiserreichs - für ihren katholischen Glauben zu kämpfen begannen.

In Westpreußen und Posen scheiterte der Versuch einer weiteren "Germanisierung des Bodens" durch Aufkauf polnischen Landes ebenso wie die Bemühungen, neue deutsche Siedler ins Land zu locken. Hauptgrund war die landwirtschaftliche Prägung, die im Zeitalter der industriellen Revolution nur geringe Aussichten auf Wohlstand versprach. Deutsche und Polen wanderten gleichermaßen aus Westpreußen und Posen in das Ruhrgebiet und das oberschlesische Industrierevier ab. Organisationen wie der "Ostmarkenverein" verschärften die Antagonismen noch mehr und führten zu Gegengründungen polnischer Vereine.
Die patriotische Literatur jener Zeit brachte einige wichtige Werke hervor, zum Beispiel die Historienromane von Henryk Sienkiewicz, aber auch populäre Mythen und Geschichten wie die Erlebnisse des Michał Drzymała oder die Hymne "Rota" der bedeutenden Schriftstellerin Maria Konopnicka mit ihren antideutschen Zeilen.
Die Ausweisungen mehrerer zehntausend Polen russischer Staatsangehörigkeit in den Jahren 1885 - 1886 brachten auch die internationale öffentliche Meinung gegen das Deutsche Reich auf. Gegen die deutsche Unterrichtssprache gab es gut organisierte und effektive Schulstreiks, dessen bekanntester in Wreschen im Jahre 1901 auch internationales Aufsehen erregte. Auch eine zwischenzeitlich betriebene liberalere Politik unter Reichskanzler Caprivi konnte an diesen längerfristigen Aktionen nichts ändern. Im Ergebnis ging der Anteil der Deutschen bzw. Deutschsprachigen in der Provinz Posen von 1871 bis 1910 von 44 auf 38 Prozent zurück, der Anteil der Polen stieg vice versa von 56 auf 62 Prozent.
Am wirtschaftlichen Aufschwung des Kaiserreichs partizipierten freilich auch die Polen. Der sich anbahnende bescheidende Wohlstand hatte auch Initiativen zur Volksbildung zur Folge, die wiederum gut als Teil der "organischen Arbeit" genutzt werden konnten. Durch eine gewisse Rechtssicherheit für den Einzelnen und die Möglichkeit parlamentarischer Mitwirkung, zum Beispiel über die Partei der Polen im Reichstag, wurden Strukturen geschaffen, die nach 1918 im polnischen Staat von Nutzen waren. Eine besondere Rolle innerhalb des preußischen Staates spielte die oberschlesische Industrieregion, die in jenen Jahren ähnlich dem Ruhrgebiet zu einem riesigen Wachstumsgebiet wurde, in dem sich jedoch gleichzeitig die deutsch-polnischen nationalen Spannungen immer heftiger zu entladen begannen. Die beiden Industriezentren zogen auch Hunderttausende von Arbeitskräften an, was zum hohen Anteil von Polen an der Bevölkerung des Ruhrgebiets führte. Im Ruhrgebiet integrierten sich die polnischen Zuwanderer rasch in die ortsansässige Bevölkerung. Bekannt ist unter anderem die Gründung des ortsverwurzelten Fußballvereins Borussia Dortmund durch Söhne polnischer Einwanderer.
Die Situation in Galizien
Die Bedingungen für eine Weiterentwicklung polnischer Strukturen waren im österreichischen Teilungsgebiet am günstigsten. Nachdem Österreich in Oberitalien, im Rahmen der italienischen Einigungskriege, Risorgimento, Ende der 1850er Jahre schwere Rückschläge hinnehmen musste und anschließend den Kampf im Deutschen Krieg gegen Preußen um die Vorherrschaft im Deutschen Bund 1866 verloren hatte und zudem im Rahmen der Österreichisch-Ungarischen Verständigung den internen Ausgleich mit Ungarn durchführte, sah man sich auch in Galizien veranlasst, die Zügel zu lockern.
Kaiser Franz Joseph erlaubte die Polonisierung des Schulwesens und der Verwaltung, in anderen Bereichen gewährte man ebenfalls wachsenden polnischen Einfluss, so dass man ab 1867 von einer de facto vollen Autonomie Galiziens sprechen konnte, gleichzeitig jedoch die Missbilligung der Preußen und Russen heraufbeschwor.
Einen wichtigen Einfluss auf das geistige Leben übten die Universitäten von Krakau und Lemberg aus, an denen eine ganze Reihe polnischer Wissenschaftler ausgebildet wurden. Im Gegenzug sicherte das polnische konservative Lager dem Haus Habsburg seine volle Loyalität zu und vertrat diese auch personell und ideell am Wiener Hof. Problematisch blieb in der strukturschwachen Region die Lage der ländlichen Bevölkerung und der größtenteils nicht assimilierten Juden im Osten. Auch deshalb entstanden bald populistische Bewegungen der Bauern, die die Grundlagen für die in der Zwischenkriegszeit mächtigen Bauernparteien legten. Das liberale geistige Klima am Vorabend des Ersten Weltkriegs ermöglichte auch die Aufstellung paramilitärischer Verbände, die für die Wiedererlangung der Unabhängigkeit kämpfen sollten. Es fehlte zunächst aber ein klares und allgemein unterstütztes politisches Konzept für die weitere Entwicklung.
Die Lage im russischen "Kongresspolen"
Im russischen Teilungsgebiet waren nach dem gescheiterten Januaraufstand die Verwaltungsstrukturen völlig russifiziert worden. Die Verwendung der polnischen Sprache in Zeitungen, Büchern und Kirchen war untersagt. Seit 1885 durfte in den Schulen außer in den Fächern Polnisch und Religion nur russisch unterrichtet werden. Die Bezeichnung "Polen" verschwand aus der zaristischen Verwaltung.
Nachdem die alten Wege gescheitert waren und die Entwicklung der "organischen Arbeit" eine gewisse Zeit brauchte, führten die umfangreichen demographischen und ökonomischen Veränderungen der zweiten Jahrhunderthälfte auch zum Entstehen sozialistischer Bewegungen. Die 1892 in Paris gegründete "Polnische Sozialistische Partei", die im Jahre darauf auch in Kongresspolen tätig wurde, geriet unter ihrem faktischen Anführer Józef Piłsudski in gemäßigteres Fahrwasser und vertrat etwa seit der Jahrhundertwende die Parole "Durch Unabhängigkeit zum Sozialismus".
Parallel dazu gab es terroristische Anschläge, die die russische Polizei nicht zur Ruhe kommen ließen. Demgegenüber schlossen sich die internationalistischeren, klassenkämpferischen Kräfte unter den beiden Anführern Julian Balthasar Marchlewski und Rosa Luxemburg zur "Sozialdemokratie des Königreichs Polen und Litauen" zusammen und suchten die Zusammenarbeit mit den russischen Sozialisten. Auf der rechten Seite des Parteienspektrums etablierte sich die "Liga Narodowa" (Nationale Liga), die mit ihrer nationalistischen, antisemitischen und prorussischen Orientierung einen anderen Weg zur Unabhängigkeit suchte. Ihr Anführer Roman Dmowski war bis in die 1930er Jahre der Hauptwidersacher Piłsudskis. Zunehmende politische Bedeutung gewann in den ländlichen Gebieten die Bauernbewegung unter Wincenty Witos.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts spitzte sich die politische Lage in Teilen des russischen Kongresspolens zu. Der Beginn des Russisch-Japanischen Krieges durch den Überfall der Japaner auf die russische Pazifikflotte bei Port Arthur am 8. Februar 1904 verstärkte die Hoffnungen auf einen Zusammenbruch des Russischen Reiches. Gegen Ende des Jahres fanden in Warschau und anderen Städten Demonstrationen gegen die Rekrutierung von Polen für die russische Armee statt, an der sich erstmals kleinere polnische Kampfverbände Piłsudskis beteiligten. Diese Trupps verübten in dieser Zeit auch verschiedene politische Attentate, Raubüberfälle etc. Im Februar 1905 wurden Schulstreiks organisiert, die zu Erfolgen wie der Wiederzulassung der polnischen Sprache im Unterricht führten. Auch im religiösen und wirtschaftlichen Bereich musste die russische Regierung infolge des Krieges Konzessionen machen. Die gewalttätigen Arbeiterproteste in Russland mit ihrem Höhepunkt im Petersburger Blutsonntag vom 22. Januar 1905 (Gregorianischer Kalender) griffen allmählich auch auf die Ostseeprovinzen und Kongresspolen über. Im Juni kam es in Lodz, dem industriellen Zentrum Kongresspolens, zu Barrikadenkämpfen, die viele Opfer forderten.
Die sich abzeichnende russische Niederlage und die inneren Unruhen in Russland (Russische Revolution 1905) verschärften die Krise zunächst weiter, auch wenn Zar Nikolaus II. am 30. Oktober in seinem Oktobermanifest politische Reformen ankündigte. Weitergehende Versuche zur Machterlangung in Warschau gingen jedoch nur noch von der PPS aus, da die Nationaldemokraten nun zunächst die neue russische Regierung von Pjotr Stolypin unterstützten und konservativ-klerikale Kreise von Papst Pius X. zur Zurückhaltung aufgefordert wurden. In den folgenden Jahren ging die russische Führung jedoch erneut auf Konfrontationskurs in allen Nationalitätenfragen, so dass sich auch für die Polen praktisch keine politischen und gesellschaftlichen Entfaltungsmöglichkeiten boten.
Zwischen der Entente Cordiale und den Mittelmächten: Polen im Ersten Weltkrieg 1914 - 1918
Der nach der Ermordung des österreichisch-ungarischen Thronfolgers Franz Ferdinand in Sarajewo ausgebrochene Erste Weltkrieg brachte die polnische Frage wieder auf die europäische Tagesordnung. Viele Politiker in den Teilungsgebieten sahen sich vor die Entscheidung gestellt, auf wessen Seite sie kämpfen sollten, schien es doch äußerst unwahrscheinlich zu sein, dass sowohl das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn als auch Russland als Verlierer aus dem Krieg hervorgehen würden.
Zunächst einmal wurden jedoch Millionen von Polen in die Armeen der kriegführenden Parteien eingezogen, wodurch der Krieg neben der demütigenden Teilungen zu einer weiteren, historisch wenig beachteten Nationaltragödie des polnischen Volkes wurde, kämpften nun die "deutsch-österreichischen" Polen gegen ihre Landsleute aus dem von Russland besetzten Teil Polens. Das beanspruchte nationale Territorium wurde zum Hauptkriegsschauplatz im Osten. Die Besetzung weiter Teile Galiziens durch die russische Armee führte zu einer großen Fluchtwelle der Bevölkerung nach Westen. Darunter befanden sich besonders viele Juden, die Angst vor erneuten Pogromen unter russischer Herrschaft hatten. Die Gegenoffensive der Mittelmächte im Sommer 1915 veränderte die Lage jedoch erneut, weil deutsche Truppen die Grenzen des russischen Kongresspolens überschritten und u.a. Warschau besetzten. Das eroberte Territorium wurde in ein deutsches und ein österreichisches Generalgouvernement eingeteilt.
Die Politik in Berlin war sich in Bezug auf die Zukunft Polens nicht einig. Während die einen, unterstützt von Generalgouverneur Hans von Beseler ein autonomes polnisches Königreich Polen befürworteten, plädierten die anderen wie etwa Erich Ludendorff für einen Verständigungsfrieden mit Russland und eine Rückkehr zu den Vorkriegsgrenzen. Erst nach dem endgültigen Scheitern der Blitzkriegstrategie entschloss man sich zu einem Angebot an Polen, auch um mehr polnische Soldaten für die eigenen Reihen zu gewinnen. Mit dem Akt vom 5. November 1916 proklamierten der deutsche Kaiser Wilhelm II. und der österreichische Kaiser Franz Joseph die Errichtung eines Königreichs Polen in den bisher zu Russland gehörenden Gebieten, das sich politisch und militärisch eng an die Mittelmächte anlehnen sollte. In Berlin plante man jedoch weiterhin Gebietsannexionen auf Kosten dieses Staates, dessen Grenzen nie genau festgelegt wurden.
Im österreichischen Teilungsgebiet waren unmittelbar nach Kriegsbeginn polnische Legionen unter k.u.k.-Oberbefehl aufgestellt worden, die aus den paramilitärischen Schützenverbänden Józef Piłsudskis hervorgingen. Diese Einheiten umfassten im Sommer 1916 etwa 25.000 Mann und kämpften vor allem gegen Russland. Nach dem Akt vom 5. November wurden die Legionen dem deutschen Oberbefehl unterstellt, aus ihnen sollte 1917 die so genannte Polnische Wehrmacht hervorgehen. Ein Teil der Brigaden weigerte sich jedoch im Juli 1917, den Eid auf einen imaginären polnischen König zu leisten, und wurde infolge dessen entweder entwaffnet und inhaftiert oder direkt in deutsche Truppenteile einbezogen. Piłsudski selber wurde ebenfalls verhaftet und in die Festung Magdeburg gebracht. Am 18. September 1917 wurde die oberste Staatsgewalt formell auf einen neu eingerichteten dreiköpfigen Regentschaftsrat übertragen, der aus dem Warschauer Erzbischof Aleksander Kakowski, dem Magnaten Fürst Zdzisław Lubomirski und dem ebenfalls adligen früheren Vorsitzenden des Polenklubs der russischen Duma Józef Ostrowski bestand.
Die weiteren Planungen wurden in erster Linie durch den Zusammenbruch des Russischen Reiches nach der Februarrevolution und der Oktoberrevolution 1917 bestimmt. Die Reichsführung mit der OHL an der Spitze glaubte nun an einen raschen Sieg und weitere territoriale Gewinne im Osten. Im Separatfrieden von Brest-Litowsk am 9. Februar 1918 (nicht zu verwechseln mit dem Frieden von Brest-Litowsk mit Russland vom 3. März) mit der neu entstandenen Ukraine wurde dieser ein Teil polnischen Staatsgebietes, die Region um Chełm zugesichert. Schon die Unterstützung der deutschen Militärbehörden für einen unabhängigen Staat Litauen mit Wilna als Hauptstadt hatte im Dezember 1917 Empörung in Polen ausgelöst. Erschwerend hinzu kam die Requirierung von Rohstoffen und Lebensmitteln sowie die Verschleppung polnischer Zwangsarbeiter ins Reich wegen dessen immer schwierigeren ökonomischen Lage.
Als sich der Zusammenbruch der deutschen Westfront abzuzeichnen begann, waren sich alle politischen Lager Polens darin einig, mit Unterstützung von US-Präsident Woodrow Wilson so schnell wie möglich die eigene Unabhängigkeit zu erreichen. Dazu trugen auch polnische Soldaten bei, die auf Seiten Frankreichs kämpften. Die im Juni 1917 ins Leben gerufenen Truppenteile unter General Józef Haller, etwa 70.000 Mann (Freiwillige, ehemalige Kriegsgefangene etc.), wurden u.a. in der Champagne eingesetzt.
Unabhängigkeit und Zweite Republik 1918 - 1939
Der Neue Staat und seine Konsolidierung

Am 7. Oktober 1918 proklamierte der Regentschaftsrat in Warschau einen unabhängigen polnischen Staat und übernahm fünf Tage später die Befehlsgewalt über die Armee. Eine Woche danach riefen auch die Ukrainer in Lemberg ihre Unabhängigkeit aus, was den Polnisch-Ukrainischen Krieg um das ehemalige Ostgalizien auslöste. Besonders heftige Kämpfe wurden um Lemberg geführt, das polnische Freiwilligenverbände und reguläre Armeeteile am 21. November eroberten. Der Krieg dauerte militärisch jedoch bis in den März 1919 an und wurde erst durch ein Abkommen zwischen Polen und der Volksrepublik Westukraine unter Symon Petljura am 21. April 1920 offiziell beendet.
Im November 1918 hatte der aus der Magdeburger Haft entlassene Piłsudski in Warschau als Vorläufiges Staatsoberhaupt die Macht übernommen. Er berief einen verfassungsgebenden Sejm ein, der eine demokratische Verfassung ausarbeiten und verabschieden sollte. Die ersten Jahre der Unabhängigkeit vergingen mit dem inneren Aufbau des Staates. Die bestehenden staatlichen Strukturen, welche die drei verschiedenen Teilungsmächte hinterlassen hatten, mussten vereinheitlicht, teilweise aber auch völlig neu geschaffen werden. Außerdem war das Land weitgehend vom Krieg verwüstet, wie auch seine Grenzen in weiten Teilen nicht festgelegt waren.
Als 1921 die neue Verfassung verabschiedet wurde, in der nur ein schwacher Präsident vorgesehen war, verzichtete Piłsudski auf die Ausübung dieses Amtes und zog sich ins Privatleben zurück. Die Jahre bis 1926 waren innenpolitisch somit von mehreren aufeinanderfolgenden parlamentarischen Regierungen dominiert. Zum ersten offiziellen Präsidenten Polens wurde 1922 Gabriel Narutowicz, ein Vertreter der gemäßigten Linken, gewählt. Narutowicz wurde jedoch wenige Tage nach seiner Amtseinführung von einem nationalistischen Fanatiker ermordet. Zu seinem Nachfolger wählte das Parlament den gemäßigten Sozialisten Stanisław Wojciechowski. Da die Mehrheitsverhältnisse im polnischen Parlament, dem Sejm, sehr instabil waren, wechselten sich die Regierungen häufig ab und waren teilweise sehr schwach.
Konflikte mit den Nachbarn

Anfang des Jahres 1918 gewann Polen zusammen mit anderen Ländern durch den Friedensvertrag von Brest-Litowsk seine Unabhängigkeit von Russland wieder. Dabei wurden Polens Grenzen von Deutschland und Österreich-Ungarn enger als 1772 gezogen. Nachdem Deutschland den Krieg verloren hatte, wurde der Vertrag von Brest-Litowsk von Sowjet-Rußland annulliert. Polen wurde nach den Versailler Bestimmungen (Vertrag von Versailles) eine unabhängige Republik und bekam einen Teil der vom Königreich Preußen im Rahmen der (Teilungen Polens) 1772 und 1793 annektierten polnischen Gebiete Pommerellen (siehe auch Westpreußen) und Großpolen (siehe auch Provinz Posen), Teile Oberschlesiens und einen Zugang zur Ostsee bei Gdingen (polnischer Korridor) zurück. Einen Teil der Gebiete hatte polnisches Militär im Großpolnischen Aufstand bereits zuvor militärisch besetzt. Im Ermland konnte sich die Bevölkerung in einer Abstimmung über ihre Zugehörigkeit zu Polen entscheiden. Das Gebiet blieb nach der Volksabstimmung 1920 bei Ostpreußen. Danzig wurde aufgrund der besonderen Sachlage (erforderlicher Ostseehafen, polnischer Bevölkerungsanteil von 7 %) ohne Volksabstimmung zur "Freien Stadt Danzig" erklärt und verblieb mit Nutzungsrechten Polens am Danziger Hafen außerhalb der Grenzen des neuen polnischen Staates unter der Aufsicht des Völkerbundes.

Um den Besitz Oberschlesiens kam es zu Auseinandersetzungen mit Deutschland. In Oberschlesien ergab am 20. März 1921 eine Volksabstimmung über die staatliche Zugehörigkeit des Gebiets eine Mehrheit von fast 60 Prozent für den Verbleib bei Deutschland. Polnische Freischärler begannen daraufhin am 3. Mai 1921, unterstützt von französischen Besatzungstruppen (Italiener und Briten stellten sich auf die deutsche Seite), einen bewaffneten Aufstand, um den Anschluss des östlichen Teils Oberschlesiens an Polen gewaltsam durchzusetzen. Die Alliierten wollten vorher nur den Landkreis Pleß an Polen anschließen.
Das Deutsche Reich konnte aufgrund der Beschränkungen durch den Versailler Vertrag und aufgrund der Intervention der anglo-französischen Sieger nicht offiziell gegen die Freischärler vorgehen, trotzdem kam es zu einigen blutigen Auseinandersetzungen zwischen Deutschen und Polen. Mit Billigung der deutschen Regierung versuchten Freikorps gewaltsam den Anschluss an Polen zu verhindern. Am 23. Mai 1921 gelang den Deutschen Freikorps des "Selbstschutz Oberschlesien" die Erstürmung des St. Annabergs, der stärksten Befestigung der Polen, wodurch eine Stabilisierung der Lage eintrat. Am 20. Oktober 1921 beschloß der Oberste Rat der Alliierten nach einer Empfehlung des Völkerbunds, das ostoberschlesische Industrierevier an Polen zu übertragen. Beim Deutschen Reich verblieb der zwar flächen- und bevölkerungsmäßig größere, vor allem jedoch eher agrarisch strukturierte Teil des Abstimmungsgebiets (Industriestädte wie Beuthen, Gleiwitz oder Zabrze blieben weiter deutsch).

1918 wurde Józef Piłsudski Staatsführer des wieder entstandenen Polens. Piłsudski versuchte, die Grenzen Polens vor 1772 wiederherzustellen und so die polnische Staatsgrenze im Vergleich zur polnischen Sprachgrenze um 450 km nach Osten zu erweitern. Piłsudski ging es dabei vor allem um die mehrheitlich polnischsprachigen Gebiete um Vilnius in Litauen und Lemberg in Galizien. Dieses Vorhaben schloß somit Litauen, Weißrussland und die Ukraine in die polnische Machtpolitik ein. Im Rahmen seiner Politik der Wiedererrichtung einer Republik unter polnischer Führung in der Tradition der 1795 untergegangen Adelsrepublik sollten nach seinem Plan auch Gebiete Teil des neuen Staates sein, die mehrheitlich von Ukrainern und Weißrussen bewohnt waren. Zunächst wurde nördlich von Polen der östliche Teil Litauens (Gebiete um Vilnius), das seine Unabhängigkeit gerade gegen Russland durchgesetzt hatte, besetzt, ebenso vorübergehend Kiew in der Ukraine – was, aufgrund der Überschneidung mit territorialen Ansprüche der Sowjetunion zum Polnisch-Sowjetischen Krieg führte.
Der Polnisch-Sowjetische Krieg

Zunächst drangen die polnischen Truppen unter General Rydz-Śmigły mit Unterstützung von nationalukrainischen Kräften bis nach Kiew vor. Der schnelle Erfolg war durch das Ausweichen der sowjetischen Truppen begünstigt, die nach der Eroberung Kiews durch die Polen eine Gegenoffensive starteten. Die sowjetischen Einheiten unter General Tuchatschewski drangen bis Warschau vor, während General Budjonny Lemberg belagerte. Durch ein waghalsiges Zangenmanöver gelang der polnischen Armee unter Piłsudskis Kommando der Durchbruch und eine nahezu vollständige Vernichtung der sowjetischen Einheiten: Während die polnischen Einheiten versuchten, die Armee von General Tuchatschewski bei Radzymin nordöstlich von Warschau aufzuhalten, startete Piłsudski vom Fluss Wieprz in der Woiwodschaft Lublin eine Großoffensive in Richtung Norden. Der Überraschungseffekt war so groß, dass die letzten sich zurückziehenden Einheiten der Roten Armee über deutsches Gebiet – Ostpreußen – flüchten mussten.

1921 wurde in der lettischen Hauptstadt Riga ein Friedensvertrag zwischen den Kriegsparteien geschlossen und der Aufbau des Landes im Inneren in Angriff genommen. Piłsudski verfehlte zwar sein Ziel, die Staatsgrenze von 1772 (Adelsrepublik) wiederherzustellen, es gelang ihm jedoch, die polnische Staatsgrenze etwa 200 km östlich der polnischen Sprachgrenze, der sog. Curzon-Linie, zu ziehen. Im östlichen Teil Polens betrug der polnische Bevölkerungsanteil 1919 etwa 25 %, 1938 nach der Amtszeit Piłsudskis bezeichneten sich 38 % als polnisch. Den übrigen Anteil bildeten jeweils verschiedene Nationalitäten. Die Bevölkerungsmehrheit bezeichnete sich als ukrainisch, weißrussisch und jüdisch. Mehrheitlich polnisch - mit einem hohen Anteil Juden - waren Vilnius und Lemberg. Siehe dazu auch: Geschichte Galiziens
Polen entwickelte ab 1921 gute Beziehungen zu Großbritannien und Frankreich, die an Polen als stategischem Bündnispartner interessiert waren und den Bau eines neuen Hafens in Gdingen finanzierten. Aus dem Fischerdorf mit 1000 Einwohnern wurde in wenigen Jahren ein Groß- und Militärhafen mit über 100.000 Einwohnern. Da Gdingen mit dem Danziger Hafen konkurrierte und Polen gegen den Willen der Danziger Regierung ein polnisches Munitionslager auf der Westerplatte durchsetzte, kam es zu Spannungen mit der Freien Stadt Danzig. Der Zugang zu Ostpreußen vom restlichen Deutschen Reich war per verplombtem Korridorzug von Konitz (Chojnice) bis Dirschau (Tczew) durch das polnische Gebiet auf der Ostbahn oder per Schiff (Seedienst Ostpreußen) möglich.
Der Mai-Umsturz und das Sanacja-Regime
Piłsudski war nach einigen Jahren unzufrieden mit der entstandenen innenpolitischen Situation. Im Mai 1926 führte er, obwohl er in Armee und Staat keine offizielle Position bekleidete, mit der Unterstützung seiner zahlreichen Anhänger in der Armee, einen Staatstreich durch und riss die Macht an sich, die er bis zu seinem Tod 1935 behielt. Allerdings bekleidete Piłsudski hierbei nur selten und nur für kurze Zeit offiziell bedeutende Ämter. Er war z.B. nie Staatspräsident sondern überließ dieses Amt seinem loyalen Gefolgsmann Ignacy Mościcki. Piłsudski war meist nur Verteidigungminister. Allerdings war er die allgemein anerkannte oberste Autorität im Staat. Auch gab es zumindest bis zum Ende der 1920er Jahre eine mehr oder weniger funktionierende, sogar im Parlament vertretene Opposition, die allerdings konsequent an der Übernahme der Macht gehindert wurde. Nach der Ermordung von Innenminister Bronisław Pieracki im Jahre 1934 ließ die Regierung in der Kleinstadt Bereza Kartuska im heutigen Weißrussland ein Internierungslager für ukrainische Nationalisten, Kommunisten und andere prominente Regimegegner anlegen.
Das Regime, das in der Historiographie manchmal als Vernunftdiktatur bezeichnet wird, nannte sich selbst Sanacja (ungefähr: Gesundung). Eine auf die Person Piłsudski zugeschnittene neue Verfassung konnte erst nach dessen Tod 1935 in Kraft treten. Nach Piłsudskis Tod entstanden zwei Machtzentren in Polen - die Gruppe "Schloss" um Mościcki (so genannt nach der Residenz des Präsidenten, dem Königsschloss in Warschau) und die Gruppe der "Obristen" um den neuen Marschall von Polen Edward Rydz-Śmigły. Der Trend hin zu einem autoritären Staat verstärkte sich nun weiter, die Rechte vor allem der slawischen Minderheiten (Ukrainer, Weißrussen) wurden massiv eingeschränkt, die Juden diskriminiert. Auch die insgeheim finanziell vom Deutschen Reich unterstützte deutsche Minderheit geriet trotz der seit dem Nichtangriffsvertrag zwischen Hitler und Piłsudski offiziell guten deutsch-polnischen Beziehungen immer stärker unter die Beobachtung polnischer Geheimdienststellen, wozu auch die wachsende Begeisterung vieler der so genannten "Volksdeutschen" für den Nationalsozialismus beitrug.
Die außenpolitischen Bemühungen Polens, die vor allem mit der Person von Außenminister Józef Beck verbunden sind, waren im Einklang mit der französischen Politik darauf ausgerichtet, einen Block kleiner und mittlerer Staaten unter eigener Führung zu schaffen, der sich sowohl Deutschland als auch der Sowjetunion entgegenstellen sollte, was jedoch nie gelang.
Als eine bittere Ironie der Geschichte erscheint es, dass Polen, kurz bevor es selbst von Deutschland und der Sowietunion überfallen wurde, im Rahmen des Münchener Abkommens aktiv an der Zerschlagung seines unterlegenen Nachbarn teilnahm und Gebietsforderungen an die Tschechoslowakei stellte. Im Oktober 1938 annektierte Polen von der Tschechoslowakei die mehrheitlich von Polen und Deutschen besiedelten Industriegebiete an der Olsa und Javorina in der Hohen Tatra.
Zweiter Weltkrieg 1939 - 1945
Der Septemberkrieg

Nach Kündigung des deutsch-polnischen Nichtangriffspaktes 1939 folgte der Überfall Deutschlands auf Polen am 1. September 1939, an dem sich auch die Slowakei beteiligte, was den Kriegseintritt Großbritanniens und Frankreichs und damit den Zweiten Weltkrieg zur Folge hatte.
Die deutschen Truppen kamen rasch voran. Gegen die deutsche Überlegenheit hatten die Polen nur ihren verzweifelten Kampfeswillen entgegenzusetzen. Einzelaktionen polnischer Verbände, etwa in der Schlacht an der Bzura (9. September bis 15. September) vermochten den mit weiträumigen Umfassungsmanövern einhergehenden Vormarsch nicht aufzuhalten. Nach zwei Wochen wurde die polnische Hauptstadt eingeschlossen. Am 17. September wurde Polen - wie in dem geheimen Zusatzprotokoll des Hitler-Stalin-Pakts vorgesehen - auch von der Sowjetunion angegriffen. Am 28. September 1939 kapitulierte Warschau. Eine offizielle Gesamtkapitulation Polens, wie zum Beispiel die von Frankreich im Wald von Compiègne am 22. Juni 1940, fand jedoch nicht statt.
Das Land wurde zwischen Deutschland und der Sowjetunion aufgeteilt. Die polnische Regierung samt hoher polnischer Militärs floh zuerst über die Grenze nach Rumänien und wurde dort auf ausdrücklichen Befehl Hitlers interniert. Die Exil-Regierung ging dann nach Paris, später nach London und organisierte von dort aus die Streitkräfte und den Widerstand neu.

Der Krieg gegen Polen sollte nach dem Willen der NS-Führung Züge eines rassistischen Verdrängungs- und Vernichtungsfeldzugs annehmen. Der polnische Staat sollte zerschlagen und der deutsche "Lebensraum" erweitert werden. Anders als im Westen machte Hitler schon vorher klar, dass er andere Maßstäbe anlegen wolle. Es gehe nicht um bestimmte geographische Linien, die erreicht werden sollten, sondern darum, dass 80 Millionen Deutsche ihr Recht bekämen. Die "Liquidierung des führenden Polentums" (Reinhard Heydrich) wurde als eine vorrangige Aufgabe angesehen. Als Vorwand für die Ermordung von zehntausenden Angehörigen der Intelligentsia dienten angebliche oder tatsächliche Verbrechen an Volksdeutschen in den ersten Kriegstagen, etwa im Rahmen des sogenannten "Bromberger Blutsonntags". Unmittelbar hinter der Front rückten Angehörige der sogenannten Einsatzgruppen in Polen ein. Ihnen gehörten insgesamt etwa 3.000 Mann an, die sich aus Angehörigen von SS, Sicherheitsdienst und Polizei zusammensetzten, und in erster Linie die Erschießungen durchführten. Als zusätzliches Terrorinstrument fungierte der so genannte "Volksdeutsche Selbstschutz", der der SS unterstellt war. Allein in den ersten vier Monaten der deutschen Besatzungsherrschaft wurden mehrere 10.000 Personen erschossen. An den Hinrichtungen, deren geographischer Schwerpunkt die Region Westpreußen war, beteiligten sich neben den genannten Gruppen auch Angehörige der Gestapo und der Wehrmacht.
Dabei ist noch einmal zu betonen, dass es sich hier nicht um einzelne Exzesse handelte, die aus dem Klima des Hasses und den Zufälligkeiten des Krieges heraus entstanden, sondern um durchorganisierten Massenmord.
Die deutsche und sowjetische Besatzung: Terror und Genozid
Die Besatzungszeit hatte für große Teile der polnischen Zivilbevölkerung katastrophale Folgen. Die industriell und landwirtschaftlich entwickelten Teile wurden direkt annektiert. Der Rest mit etwa 10 Millionen Menschen wurde als so genanntes "Generalgouvernement" dem Reichminister Hans Frank unterstellt. Zu den übergreifenden Zielen der Besatzungspolitik im gesamten Gebiet gehörte 1.) die Ausschaltung und Vernichtung der polnischen Intelligenz, 2.) die Vorverlegung der deutschen Ostgrenze und die Erweiterung des "Lebensraums im Osten" und 3.) die Stärkung der deutschen Kriegswirtschaft durch rücksichtslose Ausbeutung des Arbeitskräftepotenzials und der materiellen Ressourcen Polens.
Der annektierte Teil sollte so schnell wie möglich "entpolonisiert" werden, und zwar teils durch direkte physische Vernichtung, teils durch Vertreibung der dort wohnenden etwa 8 Millionen Polen und Juden, teils durch "Germanisierung brauchbarer Volksbestände" und Neuansiedlung deutscher Minderheiten aus anderen Teilen Osteuropas, etwa der Deutschbalten, die nun ihre Heimat verlassen mussten. Das Generalgouvernement verstand Hitler als Reservoir billiger halbfreier Wanderarbeiter und als "Abladeplatz" im Reichsgebiet nicht mehr erwünschter Polen und Juden. Als die Deportationen infolge des Krieges mit der Sowjetunion im Juni 1941 beendet wurden, waren etwa 500.000 Polen vertrieben und durch etwa 350.000 volksdeutsche Umsiedler ersetzt worden. Weiter in Gang blieben dagegen die Deportationen von Polen als Zwangsarbeiter ins Reich, wovon während des Krieges allein aus dem Generalgouvernement etwa 1,2 Millionen Menschen betroffen waren. In einer Reihe von Anweisungen wurde das Ziel der NS-Führung deutlich, die Polen auf die Stufe eines schlecht ausgebildeten Hilfsvolkes ohne politisches Eigenbewusstsein zu beschränken.
Auch die Polen, die unter sowjetische Herrschaft geraten waren, waren von Gewaltmaßnahmen betroffen. Man schätzt, daß ungefähr 1,5 Millionen ehemalige polnische Bürger deportiert wurden, von denen 50-60 Prozent Polen, 15 Prozent Ukrainer, 5 Prozent Weißrussen und ungefähr 20 Prozent Juden waren. 300.000 polnische Soldaten gerieten in sowjetische Kriegsgefangenschaft, nur 82.000 von ihnen überlebten. Ein Großteil der Offiziere wurde durch sowjetische Truppen 1940 bei Katyn und in den Lagern von Starobielsk, Kozielsk und Ostaszków erschossen.
Ein noch schlimmeres Schicksal als die Polen traf die polnischen Juden, von denen 2,5 bis 3 Millionen in die deutschen Hände fielen. Dem wilden Terror, den Schikanen, Plünderungen und Pogromen der ersten Kriegswochen folgte die Übernahme der deutschen Verwaltungsbestimmungen: Kennzeichnungspflicht, Anmeldung des Vermögens, Zwangsarbeit, Reiseeinschränkungen, Sperrung der Konten, Arisierung des Besitzes.
Im Herbst 1940 begann die "Umsiedlung" in die Ghettos. Die größten wurden Litzmannstadt mit 160.000 Menschen und Warschau mit 450.000 Menschen. Da die Ghettos nicht in der Lage waren, sich selbst zu erhalten und auch eine wirtschaftliche Ausbeutung von entscheidenden Stellen nicht gewünscht wurde, war die Quote an Toten, oft aus Hunger und Krankheit, von Anfang an hoch. Nachdem die ursprünglichen NS-Pläne der Umsiedlung der Juden nach Madagaskar oder in den „Osten“ sich als undurchführbar erwiesen hatten, entwickelte sich seit Mitte 1941, nicht zufällig nach dem Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion, das Planspiel einer systematischen Ausrottung der Juden, die sogenannte Endlösung der Judenfrage. Es ist unwahrscheinlich, dass es eine einzelne Entscheidung in Berlin zu dieser Frage gab, vielmehr radikalisierten sich die Maßnahmen gerade der lokalen Stellen im Laufe weniger Monate immer mehr (Erschießungen von "Kommissaren", dann jüdischer Männer, später auch Frauen und Kinder). Der Anfang im Reich war mit der planmäßigen Ermordung geistig und körperlich Behinderter im Rahmen des sog. Euthanasie-Konzeptes gemacht worden, die dabei angewandten Maßnahmen und Mittel konnten später im Osten teilweise übernommen werden.
Bis zur Mitte des Jahres 1942 wurden die Massenmorde zu einem Gesamtprogramm zur systematischen Ermordung der Juden unter deutscher Herrschaft ausgeweitet. Die Einzelheiten der praktischen Durchführung waren auf der Berliner Wannsee-Konferenz im Januar 1942 festgelegt worden. Nun begann auch die SS mit den Deportationen in die Vernichtungslager. Diese entstanden überwiegend auf polnischem Boden: Kulmhof, Bełżec, Sobibór, Treblinka, Auschwitz-Birkenau. Insgesamt verloren bis Kriegsende etwa 90% aller polnischer Juden ihr Leben. Es gab entgegen vielen Legenden durchaus Widerstand der Juden gegen die Deutschen, der mitunter von der polnischen Widerstandsbewegung unterstützt, manchmal jedoch auch desavouiert wurde. Bekanntestes Beispiel des Widerstands war der verzweifelte Aufstand im Warschauer Ghetto Anfang 1943.
Im Westen: Sikorski, das Exil und die Anders-Armee

In Großbritannien kämpfte seit 1940 das Erste Polnische Korps unter britischem Befehl. In der Sowjetunion entstanden nach 1941 zwei separate polnische Armeen.
Die eine, entstanden hauptsächlich aus Deportierten, verließ mit General Władysław Anders an der Spitze das Land, gelangte von Sibirien über den Mittleren Osten und Nordafrika schließlich nach Italien als Zweites Polnisches Korps der 8. Britischen Armee. Es umfasste anfangs etwa 200.000, später 400.000 Mann. Sie bewährten sich besonders in den Schlachten um Monte Cassino im Mai 1944 und um Arnheim im September des gleichen Jahres. Die andere Armee, 1943 als Erste Infanteriedivision Tadeusz Kościuszko gegründet, stand unter Befehl der sowjetischen Führung. Sie tauchte im März 1944 als Erste Polnische Armee unter General Zygmunt Berling an der Ostfront auf.
Je länger der Krieg andauerte, desto schwerer fiel es der zunächst in Paris, nach der deutschen Eroberung der Stadt in London ansässigen polnischen Exilregierung auf die Weltpolitik Einfluss zu nehmen. Nachdem Ministerpräsident Władysław Sikorski unter bis heute ungeklärten Umständen am 4. Juli 1943 bei einem Flugzeugabsturz vor Gibraltar ums Leben gekommen war, traten zunehmend auch innere Meinungsverschiedenheiten auf. Zudem verfolgte Stalin bezüglich Polens immer mehr eigene Interessen, die mit dem Vorrücken der Front immer konkretere Formen annahmen. Er nutzte die Forderung der Exilregierung nach der Entdeckung der Massengräber bei Katyn, das Verbrechen aufzuklären, zum Abbruch aller Kontakte und setzte von da an fast ausschließlich auf die sich in der Sowjetunion befindenden polnischen Kommunisten.
Der Widerstand
Durch Bildung von Partisanengruppen versuchten Polen auch nach der militärischen Niederlage Widerstand zu leisten.
Die meisten von ihnen schlossen sich im Februar 1942 zur so gen. "Heimatarmee" zusammen, die der bürgerlichen Exilregierung in London unterstand, der lediglich die rechtsradikalen Gruppen und die Kommunisten fern blieben. Es entstand auch eine Reihe jüdischer Widerstandsorganisationen, die schließlich 1943 den Aufstand im Warschauer Ghetto organisierten. Nachdem die Rote Armee im Januar 1944 die polnische Grenze von 1939 überschritten hatte, wurden die Truppen der Heimatarmee vom NKWD entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder in den Gulag geschickt. Der Kampf einzelner Untergrundeinheiten dauerte jedoch bis Ende der 1940er Jahre an.
Im Jahr 1944 folgte der Warschauer Aufstand, der in Deutschland oft mit dem Ghettoaufstand von 1943 verwechselt wird. Die Sowjetunion, deren Truppen bereits am Ostufer der Weichsel standen, hatte kein Interesse, die Einheiten der Heimatarmee zu unterstützen. So konnten deutsche Truppen den Aufstand brutal niederschlagen, die Zahl der Toten wird auf 180.000 geschätzt, früher wurde sogar die Zahl 250.000 genannt.

Dabei wurde die Innenstadt Warschaus unter großem Einsatz an Sprengmaterial akribisch Haus für Haus dem Erdboden gleichgemacht.
Zum Widerstand gehörte zudem ein beinahe flächendeckendes Netz von Untergrundeinrichtungen wie Schulen, Universitäten, Zeitungen und vieles mehr, die dazu beitrugen, das Leid der deutschen Besatzung für die Bevölkerung etwas erträglicher zu machen.
Das Ausmaß an Kollaboration war vor diesem Hintergrund im europäischen Kontext vergleichsweise gering und war, angesichts der enormen Leiden der polnischen Bevölkerung während der deutschen Besatzung, auch lange Zeit tabuisiert. Eine breite gesellschaftliche Debatte über polnische Täter wurde erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts anlässlich der durch das Buch "Nachbarn. Der Mord an den Juden von Jedwabne" des polnisch-amerikanischen Soziologen Jan Tomasz Gross' angestoßenen Aufarbeitung des Pogroms von Jedwabne geführt.
Die Volksrepublik 1945 - 1989
Die Entstehung "Volkspolens" und die Phase des Stalinismus
Das Ende des Zweiten Weltkriegs, das Lubliner Komitee und die Grenzfrage
Im Juli 1944 war in Moskau das kommunistische "Polnische Komitee der nationalen Befreiung" (Polski Komitet Wyzwolenia Narodowego) ins Leben gerufen worden, das die Macht ergreifen sollte, sobald die Rote Armee die Curzon-Linie überschreiten würde. Dies geschah in Lublin am 22. Juli 1944 (daher auch der Name Lubliner Komitee). An der Spitze der neuen Führungsmannschaft stand der Altkommunist Bolesław Bierut. Eine gesellschaftlich akzeptierte kommunistische Bewegung hatte es im Polen der Zwischenkriegszeit - anders als in der benachbarten Tschechoslowakei - nie gegeben. Die Führung der alten Kommunistischen Partei Polens war weitgehend den Stalinschen Schauprozessen der 1930er Jahre zum Opfer gefallen.
Die auf alliierten Druck stattfindenden Verhandlungen zwischen "Londoner" und "Lubliner" Regierung führten zu keinem Ergebnis. Exilpremier Stanisław Mikołajczyk musste aufgrund des Drucks seiner Umgebung sogar zurücktreten, weil er als zu kompromissbereit erschien. Die internationalen Entscheidungen über Polens zukünftige Grenzen waren zu diesem Zeitpunkt längst gefallen (Konferenz von Teheran 1943). Sie führten zu der bekannten Westverschiebung des Landes, wobei die Curzon-Linie mit kleinen Veränderungen zur Ostgrenze wurde und die Flüsse Oder und Lausitzer Neiße die neue Westgrenze bildeten. Gleichzeitig vereinbarte man einen weitgehenden Bevölkerungsaustausch.
Am 1. Januar 1945 proklamierte sich das Lubliner Komitee zur provisorischen Regierung und zog noch im gleichen Monat in die Ruinen des befreiten Warschau um. Nachdem im Frühjahr 1945 die Rote Armee ganz Polen besetzt hielt und die 14 wichtigsten Anführer der Heimatarmee nach Moskau verschleppte, dort zu langjährigen Haftstrafen verurteilte und teilweise ermordete, war der Hauptwiderstand gegen die neue Besatzung und die "Sowjetisierung" der polnischen Gesellschaft gebrochen.
Die Konsolidierung des sowjetischen Regimes und die Versuche einer "nationalen Homogenisierung" 1945 - 1948

Im so genannten Potsdamer Abkommen von 1945 forderten die Alliierten angesichts der nach Kriegsende begonnenen wilden Vertreibung der Deutschen aus dem Osten den "humanen und geordneten Transfer" der Deutschen aus Polen, Tschechoslowakei und Ungarn (Artikel XIII, unter Bezugnahme auf die Gebietsdefinition in Artikel IX). Die Grundsatzentscheidung zugunsten von Zwangsumsiedlungen in Ostmittel- und Südosteuropa hatte das britische Kriegskabinett schon im Juli 1942 gefällt und sie wurde von Churchill in seiner Unterhausrede vom 15. Dezember 1944 in Bezug auf die Deutschen konkretisiert. Die ostdeutschen Gebiete jedoch sollten bis zur endgültigen Entscheidung durch eine Friedenskonferenz (die dann ausblieb und an deren Stelle schließlich der Zwei-plus-Vier-Vertrag im Jahre 1990 trat) unter polnische Verwaltung gestellt werden.
Polen vollzog - nach unter Historikern umstrittener Auffassung ohne Legitimation der (West-) Alliierten - nach dem Vorbild der NS-Politik aus der Kriegszeit in den ehemaligen ostdeutschen Gebieten eine ethnische Säuberung, indem fast alle dort lebenden Deutsche (ca. 9,8 Millionen Deutschen) vertrieben wurden. Damit wollte Polen der endgültigen Grenzziehung durch die Friedenskonferenz vorgreifen und einen fait accompli schaffen. Die polnische Exilführung trat schon frühzeitig für die "Entdeutschung" der neuen "polnischen Gebiete" ein.
Bei der Vertreibung der Deutschen aus den durch die Alliierten unter polnische Verwaltung (Artikel IX, Potsdamer Abkommen) gestellten Teilen des ehemaligen Deutschen Reiches und Danzigs, wie dem südlichen Ostpreußen, Westpreußens, Pommerns, der Neumark Brandenburgs und Schlesiens, kam es zu zahllosen Misshandlungen und Morden an der wehrlosen Zivilbevölkerung. Aus den östlichen Teilen des heutigen Polens wurden in den Jahren 1944 bis 1946 etwa 500.000 Ukrainer in die Ukraine (zwangs)umgesiedelt, weitere etwa 400.000 wurden nach Niederschlesien und Pommern, also in die so genannten "wiedergewonnenen West- und Nordgebiete" Polens deportiert. Parallel dazu mussten etwa 1,5 Mio. Polen ihre Heimat im Osten verlassen. Zwischen 1945 und 1947 wurden so etwa 1 Million Polen aus der Ukraine, 300.000 aus Weißrussland und 200.000 aus Litauen nach Polen "repatriiert". Ein großer Teil von ihnen wurde in den ehemals deutschen Gebieten angesiedelt. Dorthin strömten darüber hinaus etwa 3 Mio. Neusiedler aus Zentralpolen und aus dem Westen zurückkehrende Polen.
Der im Juni 1945 gebildeten "Regierung der nationalen Einheit" gehörten außer Stanisław Mikołajczyk fast nur Vertreter der Linken an. In der Zeit bis 1947 gelang es den Kommunisten, ihre Position zu festigen. Ohne Unterstützung der Roten Armee wäre dies freilich nicht möglich gewesen. Da sich die Kommunisten auf die eigene Armee nur bedingt verlassen konnten, übernahmen neue Organisationen wie das Korps der Inneren Sicherheit - eine Art kasernierter Polizeitruppe - oder die "Bürgermiliz" die Bekämpfung des antikommunistischen Untergrunds. Als letzte verbliebene demokratische Partei wurde die Bauernpartei Mikołajczyks mit polizeilichen Maßnahmen und gefälschten Wahlen zunehmend an den Rand gedrängt. Mikołajczyk selbst floh schließlich 1947 ins Exil.
Der Stalinistische Terror und die Ära Bierut 1948 - 1956
Während unter den polnischen Kommunisten zunächst die Überzeugung vorherrschte, auf die völlige Übernahme des sowjetischen Systems verzichten zu können, wuchs nach 1947 Stalins Druck. Seiner Meinung nach wurden die notwendigen "revolutionären Schritte" zu zögerlich durchgeführt. Er verlangte vor allem einen forcierten Aufbau einer Schwerindustrie, die Übernahme des zentralen Planungssystems und eine rasche Kollektivierung der Landwirtschaft. Damit befand er sich im Widerspruch mit den eher nationalen Kräften in der polnischen Parteiführung unter ihrem Generalsekretär Władysław Gomułka, der eher Sympathien für das jugoslawische Modell Titos erkennen ließ.
Bald nach der Vereinigung von Kommunistischer und Sozialistischer Partei zur Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PZPR, PVAP) im Frühjahr 1948 setzten sich die Vertreter der Stalinschen Linie durch. Mit Hilfe des mächtigen Sicherheitsapparates schaltete Bolesław Bierut seinen Rivalen Gomułka vorläufig aus und ließ ihn später internieren. Im Rahmen von Partei und Gesellschaft wurden radikale Säuberungen und Umstrukturierungen durchgeführt. Im kulturellen Bereich begann die vorübergehende Herrschaft des Sozialistischen Realismus. Diese Phase endete mit dem Tode Stalins 1953, ohne dass wie in anderen Ländern unter sowjetischer Herrschaft Schauprozesse gegen in Ungnade gefallene kommunistische Politiker durchgeführt wurden. Es folgten Lockerungen im kulturellen Bereich, die schlimmsten Exzesse des Staatssicherheitsdienstes wurden beendet.
Im außenpolitischen Bereich wurden die nationalistischen Angriffe auf Deutschland durch die Theorien des dialektischen Materialismus ersetzt, so dass nunmehr die USA und Großbritannien sowie die Bundesrepublik Deutschland und der Vatikan zu Hauptgegnern wurden, während man eine Annäherung zur DDR suchte, die nach einigem Zögern auf Moskauer Druck im Görlitzer Vertrag vom 6. Juli 1950 die Oder-Neiße-Grenze anerkannte.
Der Polnische Oktober 1956 und die Ära Gomułka 1956 - 1970
Die Abrechnung des KPdSU-Chefs Nikita Chruschtschow mit den Verbrechen Stalins während des XX. Parteitages im Februar 1956 fiel zusammen mit dem überraschenden Tod des polnischen Parteichefs Bolesław Bierut in Moskau wenige Tage später. Gegen den Willen des neuen Kremlchefs einigte sich die in sich zerstrittene Parteiführung der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PVAP) auf den Kompromisskandidaten Edward Ochab als Nachfolger Bieruts.
Wie wenig gefestigt das politische System war, erwies sich schon im Juni des gleichen Jahres, als Tausende von Arbeitern im westpolnischen Posen streikten. Aus dieser Bewegung, die zunächst materielle Hintergründe hatte, wurde rasch ein politischer Aufstand, den die Parteiführung blutig niederschlagen ließ. Dabei kamen nach offiziellen Angaben 74 Menschen ums Leben, über 500 wurden verletzt.
Der Streit über das weitere Vorgehen vertiefte den Konflikt im Politbüro. Verschärft wurde die Lage durch die politische Entwicklung in Ungarn, wo sich tiefgreifende Auseinandersetzungen innerhalb der Gesellschaft abzeichneten. Während die stalinistische Fraktion in Polen (nach ihrem Treffpunkt auch "Natolin-Gruppe" genannt) für eine Fortsetzung des politischen Kurses plädierte, sprachen sich die Liberalen (auch "Puławy-Gruppe" genannt) für eine gesellschaftliche Reformbewegung aus, die die "Diktatur des Proletariats" allerdings nicht antasten wollte. Letztere setzten sich schließlich durch. Der stalinistische Wirtschaftschef Hilary Minc wurde zum Rücktritt gezwungen, der rehabilitierte ehemalige Generalsekretär Władysław Gomułka kehrte im Triumph an die Macht zurück, obwohl Moskau dem zunächst nicht zustimmen wollte, seine Truppen mobilisierte und die komplette Parteiführung zu einem unangemeldeten Blitzbesuch in Warschau eingetroffen war. Schließlich gab man nach und der bisherige polnische Verteidigungsminister Marschall Konstanty Rokossowski - ein sowjetischer Staatsbürger, über seinen Vater polnischer Herkunft - wurde in seine Heimat zurückgerufen.
Schon in seiner ersten Rede kündigte Gomułka tiefgreifende Reformen an. Im kirchlichen und kulturellen Bereich wurde ein größerer Freiraum zugestanden, die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft wurde beendet, eine Reorganisation des gesamten Wirtschaftssystems zugesagt. Bald zeigte sich jedoch, dass diesen Worten nur wenige Taten folgten: liberale Zeitschriften wurden wieder verboten, der staatliche Religionsunterricht abgeschafft. Gegen Abtrünnige in den eigenen Reihen begann die Parteiführung massiv vorzugehen. Zwei Studenten, die "endlich einen echten Kommunismus für Polen forderten" wurden 1965 zu Haftstrafen verurteilt. Einer von ihnen war der spätere Dissident und Minister Jacek Kuroń. Ein Jahr später wurde der bekannte marxistische Philosoph Leszek Kołakowski aus der Partei ausgeschlossen.
Angesichts der Feiern zum Millennium des christlichen Polens im Jahre 1966 steuerte die Auseinandersetzung zwischen Staat und der katholisch-polnischen Kirche auf einen neuen Höhepunkt zu, die auch das Deutungsmonopol über die polnische Geschichte zum Thema hatte. Hinzu kamen außenpolitische Verwerfungen, vor allem vor dem Hintergrund der nach 1956 wieder verstärkten anti(west)deutschen Agitation.

Polen, das von Anfang an Mitglied des Warschauer Paktes und des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW,"Comecon") war, hatte Ende der 1950er Jahre verschiedentlich versucht, seine Eigenständigkeit zu betonen, etwa im Zusammenhang mit einem Plan zur atomaren Abrüstung in Mitteleuropa ("Rapacki-Plan"). Im Großen und Ganzen passte man sich aber der Moskauer Linie an, um dafür etwas Eigenständigkeit im Inneren bewahren zu können. Der Brief der polnischen katholischen Bischöfe an ihre deutschen Amtsbrüder aus dem Jahre 1965, der die bekannte Formulierung "wir vergeben und bitten um Vergebung" enthielt, wurde - obwohl er nicht die gewünschte Resonanz bei den deutschen Bischöfen fand - als ein Affront gegen die kommunistische Parteiführung empfunden, die nach vorsichtigen Versuchen, diplomatische und wirtschaftliche Kontakte mit der Bundesrepublik aufzunehmen, mangels positiver Reaktionen im Westen wieder zu ihrer alten Haltung zurückgekehrt war. Auch das Verhältnis zur DDR gestaltete sich in jenen Jahren nicht besonders positiv und war von Ressimentiments auf beiden Seiten geprägt.
Im kulturellen Bereich waren die ersten Jahre der Gomułka-Herrschaft durchaus von positiven Entwicklungen geprägt. In den Jahren der so genannten "kleinen Stabilisierung" (benannt nach einem Theaterstück von Tadeusz Konwicki) entstand eine Reihe wichtiger Werke in Literatur, Kunst und im Kinobereich, etwa die ersten Filme von Andrzej Wajda, Andrzej Munk und Roman Polański.
In der zweiten Hälfte der 1960er Jahre spitzten sich die innerparteilichen Konflikte in der PVAP zu. Eine Gruppe von kommunistischen Kadern, die sich durch ihren Kampf gegen die deutschen Besatzer im Zweiten Weltkrieg besonders verbunden fühlte (die so gen. "Partisanen"), drängte unter ihrem Anführer, Innenminister General Mieczysław Moczar, an die Macht. Moczar baute Geheimdienst und Bürgermiliz aus und schuf sich eine breite Anhängerschaft innerhalb der Bevölkerung, die mit der wirtschaftlichen Entwicklung äußerst unzufrieden war. Die offizielle Propaganda gegen Israel wegen des Sechstagekriegs im Jahre 1967 und die sogenannten Märzereignisse im März 1968 nahm Moczar zum Anlass, die erste staatlich tolerierte und geförderte antisemitische Kampagne gegen Juden, die in einem europäischen Land nach 1945 ohne Beispiel war, zu starten, um die kritischen und liberalen Intellektuellen, sowie wirkliche und potenzielle Oppositionelle mundtot zu machen und sich die Macht im polnischen Staat zuzuschanzen. Als Folge davon wurden etwa 20.000 polnische Juden in den Jahren 1968/1969 zum Verlassen Polens, unter Verlust der polnischen Staatsbürgerschaft, getrieben. Zusätzlich griffen Proteste im Zusammenhang mit dem "Prager Frühling" auf das Land über. Die auf die Absetzung der Aufführung des Theaterstücks Dziady von Adam Mickiewicz in Warschau folgenden Studentenproteste wurden gewaltsam niedergeschlagen. In der PVAP setzte eine Säuberungswelle ein, der u.a. Außenminister Adam Rapacki zum Opfer fielen.

Parteichef Gomułka war zunächst weder Willens noch in der Lage, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Erst allmählich distanzierte er sich vorsichtig von seinem Innenminister. Gleichzeitig versuchte er, durch außenpolitische Anstrengungen der Krise seiner Herrschaft entgegen zu treten. Nachdem der gesellschaftliche Dialog zwischen der Bundesrepublik und Polen bereits zu Beginn der 1960er Jahre in Gang gekommen war (Tübinger Memorandum 1961, EKD-Denkschrift 1965 etc.) hatte die Große Koalition Kiesinger/Brandt 1966 den Boden für eine neue Ostpolitik bereitet, die die neue sozialliberale Koalition Brandt/Scheel nach 1969 fortsetzte. Vor diesem Hintergrund erklärte sich Gomułka zu offiziellen Verhandlungen bereit, die in erster Linie der Frage der polnischen Westgrenze zum Thema haben sollten. Nachdem Bonn mit Moskau zu einer Vertragsvereinbarung bezüglich des deutsch-sowjetischen Verhältnisses gelangt war, kamen Ende 1970 auch die Verhandlungen mit Polen zu einem Abschluss.
Der Unterzeichnung des Vertrages in Warschau, der die Oder-Neiße-Grenze aus westdeutscher Rechtsposition bestätigte, wie es die DDR schon im Görlitzer Vertrag von 1950 getan hatte, einen gegenseitigen Gewaltverzicht und die Bereitschaft zu weiterer politischer Zusammenarbeit beinhaltete, folgte als symbolischer Höhepunkt der legendäre Kniefall Willy Brandts vor dem Denkmal für die Opfer des Aufstandes im Warschauer Ghetto am 7. Dezember 1970, der in der Bundesrepublik teilweise heftig kritisiert wurde, für die Polen aber - obwohl offiziell kaum darüber berichtet wurde - einen entscheidenden Einschnitt in den Nachkriegsbeziehungen darstellte. [1]
Die Herrschaft Gomułkas konnte dieser außenpolitische Erfolg freilich nicht mehr retten. Knapp zwei Wochen nach der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Vertrages führten plötzlich verkündete radikale Preiserhöhungen für Lebensmittel zu Arbeiterprotesten. Ausgehend von den großen Werften in Danzig und Stettin brachen in den Industriezentren Unruhen aus, die von Plünderungen und Brandstiftungen begleitet waren. Erst der Einsatz von Militär konnte den Aufruhr stoppen, dem 45 Menschen zum Opfer fielen, über 1000 wurden verletzt. Das Politbüro entschied sich daraufhin dafür, Parteichef Gomułka zu opfern und zwang ihn zum Rücktritt.
Die Ära Gierek 1970 - 1980

Gomułkas Nachfolger, der oberschlesische Parteifunktionär Edward Gierek, genoss in weiten Teilen der Bevölkerung große Sympathien. Ihm gelang es, große Teile der alten Kader rasch auszuwechseln. Seine neue Wirtschaftspolitik stand unter dem Schlagwort von der besseren Befriedigung der Konsumbedürfnisse der Bevölkerung. Mit Lohn- und Rentenerhöhungen sollte der allgemeine Lebensstandard angehoben werden. Die eingeleiteten Reformen (größere Unabhängigkeit der Regierung von der kommunistischen Partei, Erweiterung der Arbeitermitbestimmung, Änderung der Verwaltungsstrukturen etc.) bewirkten in der Praxis aber eher noch einen Machtzuwachs der PVAP auf allen Ebenen.
Die Ansätze einer umfassenden Modernisierung der Wirtschaft lagen vor allem im Bereich der Schaffung neuer Strukturen, deren Verfahren und Produktionsstätten im Westen auf Kredit eingekauft wurden. Die Rückzahlung sollte durch den Verkauf der erzeugten neuen Produkte ins Ausland erfolgen. Diese Bemühungen bewirkten in der Tat gerade im psychologischen Bereich positive Veränderungen. Die größere Produktpalette und die steigende Kaufkraft erweckten den Anschein einer Annäherung an die Konsumgesellschaften des Westens, weswegen auch im Rückblick heute viele Polen die Gierek-Zeit besonders positiv in Erinnerung haben. In Wirklichkeit war aber die Zentrale Wirtschaftsplanungskommission nicht in der Lage, die unterschiedliche Entwicklung in verschiedenen Wirtschaftszweigen aufeinander abzustimmen.
In der Außenpolitik verbesserte sich das Verhältnis zur Bundesrepublik weiter, u.a. wegen der "Männerfreundschaft" zwischen Gierek und dem neuen Bundeskanzler Helmut Schmidt. Die Öffnung der Grenze zur DDR schuf jedoch aufgrund der ökonomischen Unterschiede zwischen beiden Ländern eine Reihe von Spannungen.
Die innenpolitischen Daumenschrauben wurden Mitte der 1970er Jahre allmählich wieder angezogen, was die Unterdrückung von Gegenstimmen zur neuen, sozialistischen Verfassung deutlich zeigte. Als im Juni 1976 die Preise für Grundnahrungsmittel drastisch erhöht wurden, kam es in den industriellen Zentren Radom und Ursus bei Warschau zu Unruhen. Die Preiserhöhungen wurden daraufhin zwar zurückgenommen, gleichzeitig aber eine große Anzahl von Arbeitern entlassen, verhaftet und sogar zu langen Gefängnisstrafen verurteilt.
Während es bis dahin keine klare Trennungslinien innerhalb der polnischen Gesellschaft gab und die Reformdiskussionen bis weit in die PVAP hinein geführt wurden, entwickelten sich nun erstmals deutlich oppositionelle Gruppierungen in Polen selbst. Führende Intellektuelle gründeten am 23. September 1976 das "Komitee zur Verteidigung der Arbeiter" (Komitet Obrony Robotników, KOR). Der zunehmende Druck der öffentlichen Meinung verhinderte in der Folgezeit repressive Maßnahmen der Parteiführung. In den nächsten Jahren gründeten sich weitere Bürgerrechtsorganisationen. Gleichzeitig engagierte sich die katholische Kirche unter ihrem Primas Stefan Kardinal Wyszyński zunehmend stärker. Ihre besondere Stellung wurde untermauert durch die mit Begeisterung aufgenommene Wahl des Krakauer Erzbischofs Karol Wojtyła zum Papst am 16. Oktober 1978 und dessen triumphale erste Polenreise ein halbes Jahr danach.
Zu Beginn des neuen Jahrzehnts zeichnete sich angesichts der immer größeren wirtschaftlichen Probleme ab, dass auch die Zeit des einstmals bejubelten Edward Gierek abgelaufen war.
Von der Solidarność bis zur Wende 1980 - 1989
Opposition, Streikbewegung und Gewerkschaft
Schon 1977 und 1978 waren in Radom bzw. Kattowitz Zellen unabhängiger Gewerkschaften gegründet worden. Am 29. April 1978 entstand in Danzig das "Gründungskomitee freier Gewerkschaften für das Küstengebiet", dessen Teilnehmer zumeist schon 1970 mitgestreikt hatten. Zu ihnen stieß bald der junge Elektriker der "Lenin-Werft" Lech Wałęsa. In der Untergrundzeitschrift "Robotnik" (Der Arbeiter) wurde im September 1979 die so gen. "Charta der Arbeiterrechte" veröffentlicht. In ihr wurden die bisherigen Erfahrungen mit Streiks berücksichtigt, Forderungen für die Zukunft aufgestellt und allgemeine Positionen festgelegt.
Anfang 1980 hatte sich die gesamtwirtschaftliche Lage dramatisch verschlechtert: die Subventionen für Grundnahrungsmittel verschlangen etwa 40% der Staatseinnahmen, der Kaufkraftüberhang nahm ständig zu. Die Regierung wählte wiederum den Weg der Preiserhöhungen und begann mit ihnen ohne öffentliche Bekanntmachung am 1. Juli, dem landesweiten Beginn der Sommerferien. Dennoch brachen in vielen Betrieben umgehend Streiks aus, die Mitte August die Ostseeküste erreichten. Obwohl die Parteiführung nun wieder zum Nachgeben bereit war, konnte sie die Bewegung nicht mehr eindämmen. Als die Belegschaft der Danziger "Lenin-Werft" wie schon 1970 komplett in den Ausstand trat und das Werksgelände besetzt hatte, stellte das neue Streikkomitee erstmals auch politische Forderungen, etwa die Wiedereinstellung der entlassenen Streikführer und die Errichtung eines Denkmals für die Opfer von 1970.
Die Warschauer Regierung erkannte alsbald die Gefahr, die von der sich ausbreitenden Streikwelle ausging, und kappte alle Verbindungen nach Danzig und Umgebung. Ein Teil der streikenden Werftarbeiter akzeptierte das Kompromissangebot der Werksleitung, andere plädierten für eine Ausdehnung des Arbeitskampfes, die mit der Gründung eines Überbetrieblichen Streikkomitees am 16. August auch erfolgte. Der von seinem Vorsitzenden Lech Wałęsa präsentierte Forderungskatalog enthielt u.a. den Wunsch nach Errichtung freier Gewerkschaften, Meinungsfreiheit und das Streikrecht.
Innerhalb der PVAP setzten sich nun die Reformkräfte durch und man akzeptierte in Verhandlungen in Stettin und Danzig am 30. und 31. August die meisten der Forderungen. Die Gewerkschaftskräfte waren jedoch nicht mehr bereit, ihre Tätigkeit auf den Danziger Raum zu beschränken und beschlossen die Ausdehnung auf das ganze Land. Mit einem Warnstreik erzwang die neue Organisation, die sich den Namen "Solidarność" (Solidarität) gab am 3. Oktober ihre gerichtliche Registrierung. In den Wochen darauf setzte ein gewaltiger Ansturm auf sie ein, so dass ihr schon im November etwa 10 Millionen Arbeitnehmer angehörten (von insgesamt 16 Millionen), darunter über 1 Million Mitglieder der PVAP.

Die innenpolitische Lage schien sich nun allmählich zu entspannen, nachdem Parteichef Gierek schon im September durch den gemäßigten Stanisław Kania ersetzt und die meisten Hardliner aus dem Politbüro entfernt wurden. Der Vorschlag mehrerer osteuropäischer Parteichefs, darunter Erich Honecker, mit den Warschauer-Pakt-Truppen einzumarschieren, scheiterte am Veto Moskaus, das nach den Erfahrungen der Besetzung Afghanistans eine weitere Verschlechterung des weltpolitischen Klimas fürchtete (siehe auch Afghanischer Bürgerkrieg und sowjetische Invasion).
Der Kreml steigerte jedoch den Druck auf die PVAP, die "Konterrevolution" zu bekämpfen und veranstaltete wiederholt Manöver in der Nähe der Grenzen Polens. Im Frühjahr 1981 kam es wiederholt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Staatsorganen und Gewerkschaftsaktivisten. Aufgrund der sich weiter verschlechterten wirtschaftlichen Lage häuften sich wilde Streiks, der Eindruck von Chaos verbreitete sich angesichts der "Doppelherrschaft". In dieser entscheidenden Phase waren zudem die bewährten Vermittlungsmöglichkeiten der Kirche eingeschränkt, weil im Mai sowohl das Attentat auf Papst Johannes Paul II. verübt worden als auch Primas Stefan Wyszyński gestorben war.
Nachdem der erste Landeskongress der Solidarność im September 1981 ein noch stärkeres politisches Engagement beschlossen und sogar eine Botschaft an alle Arbeiter der anderen sozialistischen Staaten gerichtet hatte, entschloss sich die PVAP-Führung endgültig zum Konfrontationskurs.
Jaruzelski und der Kriegszustand
Auf dem 4. ZK-Plenum vom 16. bis 18. Oktober wurde Parteichef Stanisław Kania durch den als Hardliner geltenden Verteidigungsminister General Wojciech Jaruzelski ersetzt. Die Vorbereitungen für einen entscheidenden Schlag gegen die Opposition waren zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen.
Trotz der Bereitschaft der "Solidarność" zu Kompromissen übernahmen in der Nacht vom 12. auf den 13. Dezember 1981 Militär und Sicherheitsorgane die Macht in Polen. General Jaruzelski verkündete in einer Fernsehansprache die Verhängung des Kriegszustandes. Die Führungsspitze der Gewerkschaft wurde in Danzig verhaftet. Regionalführer, Leiter der Betriebskommissionen und oppositionelle Intellektuelle, insgesamt einige Tausend Personen, wurden in Internierungslager gebracht. Jaruzelski rechtfertigt bis zum heutigen Tage diesen Schritt mit einer angeblichen unmittelbaren Gefahr des Einmarsches der Roten Armee, doch gibt es für diese keinerlei Beweise, ja, es sprach eigentlich alles gegen eine solche Option des Kreml zum damaligen Zeitpunkt.
Die kommunistische Partei, deren Tätigkeit interessanterweise ebenfalls kurzfristig suspendiert worden war, besaß kein Konzept zur inneren Erneuerung des Landes. Man suchte vielmehr nun Wege der Verständigung mit den gesellschaftlichen Kräften, die nicht zur "Solidarność" gehörten, vor allem mit der katholischen Kirche. Im wirtschaftlichen Sektor begann man mit zaghaften Reformen, deren Erfolge aber zu wünschen übrig ließen. Sie waren begleitet von internen Machtkämpfen zwischen "Falken" und "Tauben" in der PVAP, deren Höhepunkt die Ermordung des oppositionellen Priesters Jerzy Popiełuszko durch Angehörige des Sicherheitsapparates im Oktober 1984 war.
Parallel zur Entwicklung in der Sowjetunion nach dem Machtantritt von Michail Gorbatschow setzten sich seit Mitte der 1980er Jahre auch in Polen die Reformkräfte durch. Im Rahmen einer Amnestie wurden im Juli 1986 alle politischen Gefangenen freigelassen. Um angesichts der sich weiter verschlechternden Versorgungssituation die Unterstützung der Bevölkerung für weitere Wirtschaftsreformen zu gewinnen, führte man im November 1987 die erste Volksabstimmung nach über 40 Jahren durch, die mit einer klaren Niederlage für die Regierung endete. Zwei Streikwellen im April, Mai und im August 1988 brachten die Reformer zu der Erkenntnis, dass ohne weitere Zugeständnisse die Dauerkrise nicht würde überwunden werden können.
Agonie und Ende der Volksrepublik
Die "Solidarność" hatte die ganze Zeit über im Untergrund weiter gewirkt. Es erschienen zahlreiche Zeitschriften und Bücher in Anknüpfung an die sowjetische Samizdat-Tradition im so genannten "Zweiten Umlauf" (drugi obieg). Die systemkonformen Gewerkschaften wurden weitgehend boykottiert.
Die anwachsende Streikbewegung wurde von der PVAP mit Sorge betrachtet, zumal sich herausstellte, dass an ihr vor allem jüngere Arbeiter der Nach"-Solidarność"-Generation beteiligt waren. Die Politik Jaruzelskis, die auf den Prinzipien der Konsultation und Kooptation beruhte, war gescheitert. Unter Vermittlung von führenden Intellektuellen und der katholischen Kirche kam es am 31. August 1988 zu einem ersten Gespräch zwischen Innenminister Czesław Kiszczak und Lech Wałęsa "unter Gleichen". Die Verhandlungen traten zunächst auf der Stelle, besonders als sich der neue Ministerpräsident Mieczysław Rakowski auf reine Wirtschaftsreformen konzentrieren wollte. Erst nach einer Fernsehdiskussion zwischen Wałęsa und dem Chef der offiziellen Gewerkschaft, Alfred Miodowicz, die nach mehrheitlicher Auffassung der Zuschauer ersterer klar für sich entschied, war der Parteiführung klar, dass ohne eine Beteiligung der "Solidarność" neue Reformen in der Bevölkerung nicht durchzusetzen sein würden.
Vom 6. Februar bis 5. April 1989 versammelten sich in Warschau Repräsentanten der Partei und der gesellschaftlichen Opposition zu Gesprächen am Runden Tisch. Die eigentliche Arbeit in verschiedenen Verhandlungsgruppen führte zu radikalen Veränderungen in allen Bereichen des öffentlichen Lebens. Im politischen Sektor vereinbarte man die schrittweise Einführung der vollen Volkssouveränität mit dem dazu gehörenden Pluralismus. Als Sofortmaßnahme wurde am 17. April die "Solidarność" wieder zugelassen. Die Anerkennung eines Mehrparteiensystems, des Prinzips freier Wahlen und unabhängiger Gerichte waren weitere wichtige Etappen dieser "Refolution" (Timothy Garton Ash).
Die ersten halbwegs freien Wahlen seit über 40 Jahren beschleunigten den Systemwandel noch. Die Sitze im Sejm wurden nach dem Schlüssel 65 Prozent für die PVAP und ihre Verbündeten, 35 Prozent für die Opposition vergeben, während die Wahlen zum Senat unbeschränkt waren. Von den 262 vorher festgelegten Kandidaten der "Solidarność" wurde nur ein einziger nicht gewählt, während die PVAP ihre Kandidaten nur mit Hilfe einer kurzfristigen Änderung des Wahlgesetzes durchbrachte. Die Wahl General Jaruzelskis zum Staatspräsidenten am 19. Juli erfolgte nur noch mit einer Stimme Mehrheit, ein von der PVAP geführtes Kabinett unter General Kiszczak kam gar nicht mehr zustande. Statt dessen gelang es der "Solidarność" in Zusammenarbeit mit zwei bisherigen Blockparteien am 13. September eine Regierung unter dem katholischen Publizisten Tadeusz Mazowiecki zu bilden. Diese Ereignisse in Polen, die vom Kreml unterstützt wurden, trugen maßgeblich zum Fall der Berliner Mauer in Deutschland und zum Niedergang des Kommunismus im östlichen Europa bei.
Das freie Polen und die Dritte Republik seit 1989
Siehe den Artikel zur Dritten Republik. Der Artikel befasst sich mit der Geschichte Polens von 1989 bis heute.
Literatur
deutschsprachig
- Manfred Alexander: Kleine Geschichte Polens, Stuttgart 2003, ISBN 3-150-10522-6
- Norman Davies: Im Herzen Europas - Geschichte Polens, München 2000. ISBN 3-406-46709-1 (Aktualisiert um die Geschichte nach 1989)
- Peter Gatter: Der weiß-rote Traum. Polens Weg zwischen Freiheit und Fremdherrschaft, Düsseldorf/Wien 1983, ISBN 3-426-03724-6
- Jürgen Heyde: Geschichte Polens, München (erscheint Februar 2006), ISBN 3-406-50885-5
- Jörg K. Hoensch: Geschichte Polens, Stuttgart 1983, ISBN 3-825-21251-3.
- Rudolf Jaworski; Christian Lübke; Michael G. Müller: Eine kleine Geschichte Polens, Frankfurt/Main 2000, ISBN 3-518-12179-0.
- Enno Meyer: Grundzüge der Geschichte Polens, 3., erw. Auflage, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1990, ISBN 3-534-04371-5.
- Gotthold Rhode: Geschichte Polens. Ein Überblick, Darmstadt 1980, ISBN 3-534-00763-8
- Hans Roos: Geschichte der polnischen Nation 1918-1985, Stuttgart etc. 1986, ISBN 3-170-07587-X
- E. + P. Ruge: Nicht nur die Steine sprechen deutsch, Berlin (Langen-Müller) 1985, vergriffen
englischsprachig
- Norman Davies: God's Playground. A History of Poland. Oxford (u.a.): Columbia University Press 1982. 2 Bde. Zus. 1330 S. ISBN 0-231-05351-7
- Jerzy T. Lukowski; Hubert Zawadzki: A concise history of Poland, Cambridge: Cambridge University Press 2001, 317 S. ISBN 0-521-55109-9
- Anita J. Prazmowska: A History of Poland. London: Palgrave Macmillan 2004. 256 S. ISBN 0-333-97254-6
- Daniel Stone: The Polish-Lithuanian State 1386-1795. Seattle: University of Washington Press 2001. 374 S. ISBN 0-295-98093-1
polnischsprachig
- Norman Davies: Boże Igrzysko. Historia Polski, Kraków 5. Aufl. 2004, ISBN 83-240-0020-8
- Andrzej Friszke: Polska - losy państwa i narodu 1939-1989, Warszawa 2003, ISBN 83-207-1711-6
- Andrzej Paczkowski: Pół wieku dziejów Polski: 1939-1989, Warszawa 1995, ISBN 83-01-11756-7
Siehe auch
- Liste der Herzöge und Könige von Polen
- Liste der Präsidenten Polens
- Staatspräsident von Polen im Exil
- Liste der Premierminister Polens
- Parteichefs der PZPR Polens