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Du bist Deutschland

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Vorlage:Neuigkeiten Du bist Deutschland ist eine auf ein neues Nationalgefühl zielende Medienkampagne, welche von der Initiative "Partner für Innovation" für den Zeitraum vom vom 26. September 2005 bis zum 31. Januar 2006 in Auftrag gegeben wurde.

Die Kampagne

Die Kampagne "Du bist Deutschland" wurde von "Partner für Innovation" in Auftrag gegeben. Dies ist ein Zusammenschluss aus rund 200 Unternehmen, Verbänden und Institutionen (siehe auch: Träger/Unterstützer). Aufgrund der Bundestagswahl 2005 wurde die eigentlich für den Sommer geplante Kampagne auf den Herbst verschoben.

Die Gestaltung stammt von der Werbeagentur Jung von Matt, die fischerAppelt Kommunikation GmbH (Hamburg) leitet das "Kampagnenbüro".

Bedeutung

Zu Zeiten einer ökonomischen Krise und Präkisierung gesellschaftlicher und sozialer Verhältnisse unter den geänderten Bedingungen durch die Globalisierung versucht die Kampagne seit September 2005 mit ihrer politischen Öffentlichkeitsarbeit eine positive Identifikation der Deutschen mit der Nation Deutschland medial zu erwircken, was von Kritikern als ein abzielen auf ein "neues deutsches Nationalgefühl" bemängelt wird. 1,6 Milliarden Rezipientenkontakte sollen "zu einer neuen Aufbruchstimmung in Deutschland beitragen", so die PR-Agentur fischerAppelt. Im Zentrum der Arbeit stehen dabei großformatige Printmedien-Anzeigen, Plakatierungen und mehrminütige Fernseh- und Kinowerbespots. Laut Presseprospekt handelt es sich dabei um "die größte Social Marketing-Kampagne in der Mediengeschichte der Bundesrepublik", die das Werbevolumen selbst mit 30 Millionen Euro beziffert. Dieser Betrag kommt zu stande, weil die beteiligten Personen und Firmen auf ihr übliches Honorar verzichteten und diese aufsummiert worden sind.

Inhalt

Die bis zu zwei Minuten langen Fernsehspots zeigen Prominente vor landschaftlichen und urbanen Hintergründen. Diese tragen Sinnsprüche und Metaphern vor ("Du bist das Wunder von Deutschland"), die betonen, dass jeder einzelne auf seine Weise sowie auf emotionaler Ebene Teil "eines größeren Ganzen" sei. Hiermit wird impliziert, dass jeder Bürger am Erfolg Deutschlands teilhabe.

Die Musik des Spots ist bekannt aus dem US-amerikanischen Spielfilm Forrest Gump (1994) und stammt vom US-amerikanischen Komponisten von Filmmusiken, Alan Silvestri.

Datei:Du bist Deutschland.jpg
Logo der Kampagne "Du Bist Deutschland"

Das für die Kampagne erstellte [[Piktogramm|]] besteht aus drei Flächen, deren Farbgebung die deutschen Nationalfarben enthält. Es weist stilistisch eine starke Ähnlichkeit zum Logo der Olympischen Spiele in Barcelona [1](1992) auf, welches ebenfalls eine fortschreitende Person darstellen soll. Die Hamburger Band Lütten brachte eine ironische Variation in Umlauf, welche das Logo als einen "Hunde-Köttel" darstellt. Am 27. September publizierte Bernd Graff, Kulturredakteur der Onlineredaktion im Blog der SZ, diese Idee des Köttels.


Slogan

Du bist Deutschland als Motto spricht die Menschen auf einer persönlichen Ebene an - "Du". Es trägt dabei eine Botschaft, das Individuum gehöre zu einem übergeordneten Ganzen - "82 Millionen". Deutsche Staatsangehörige werden inhaltlich mit dem Konstrukt der "Nation" in Relation gesetzt, währenddessen diese dabei als etwas positives und unnatürlich, nicht existetes Größeres erscheint - "Deutschland". Erinnerung an den deutschen Nationalsozialismus, welche durch die bewusste Betonung des Einzelnen als Teil eines sich als Nationalstaat konstituierenden Kollektivs impliziert würde, rückte viele Kritiker auf den Plan. Diese Assoziationen sind insbesondere vor dem Hintergrund der schlechten wirtschaftlichen Lage und den unmittelbaren Konsequenzen für die Gesellschaft zu sehen. Du bist Deutschland verklärt deswegen ein vorhandenes Nationalgefühl unterschwellig zur Abgrenzung von "Nichtdeutschen". Der Slogan findet sich über verschiedene Medien auch in modifizierter Form mit deutschen Führungspersönlichkeiten publiziert. Unter anderem "Du Bist Max Schmeling" oder Alice Schwarzer. Auch bereits verstorbene Menschen werden für die eigenen Zwecke der Kampagne instrumentalisiert. Beispielsweise Albert Einstein, der spätestens nach der Zeit des Nationalsozialismus nichts mehr mit Deutschland zu tun haben wollte. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts legte Einstein die deutsche Staatsbürgerschaft.

Aussagen

Das Manifest

Die Kampagne umfasst ein als gesellschaftliches "Manifest" bezeichnetes Statement, welches auch den Inhalt des Werbespots ausmacht.

Ein Schmetterling kann einen Taifun auslösen. Der Windstoß, der durch seinen Flügelschlag verdrängt wird, entwurzelt vielleicht ein paar Kilometer weiter Bäume. Genauso wie sich ein Lufthauch zu einem Sturm entwickelt, kann Deine Tat wirken. [...] Dein Wille ist wie Feuer unterm Hintern. [...] Doch einmal haben wir schon eine Mauer niedergerissen. Deutschland hat genug Hände, um sie einander zu reichen und anzupacken. Wir sind 82 Millionen. Machen wir uns die Hände schmutzig. Du bist die Hand. Du bist 82 Millionen. Behandle Dein Land doch einfach wie einen guten Freund. Meckere nicht über ihn [...] Du bist Deutschland.“ - Auszüge aus der Präambel der Kampagne "Du Bist Deutschland", hier in voller Länge.

Elena Lange, Sängerin der Band Stelle wies im Rahmen einer Veranstaltung der Initiative "I Can´t Relax In Deutschland" am 8. Oktober 2005 in Frankfurt darauf hin, dass sich die Kampagne "Du Bist Deutschland" „sich den Mitteln der Romantik durch das Spielen mit primitiven Metaphern“ bediene. Durch dieses Stilmittel gewinnen Zustände wie etwa Rausch oder Traum an Bedeutung. Die gezielte Irrationalität setzt bei "Du Bist Deutschland" auf ein divergierendes Prinzip des menschlichen Geistes. Hier wird die rationale Wirklichkeit (Ängste, Probleme) durch surreale Phantasma (sehnliche Wünsche) ersetzt. Damit würde der Anschein erweckt werden, als seien mit Hilfe eines Automatismus keine Schranken mehr gesetzt. Strukturelle und wirtschaftliche Zusammenhänge würden somit jedoch verklärt. André Breton meinte dazu, es die „die Rache des Lustprinzips am Realitätsprinzip“ sei.



Kritik

Die Kampagne wird derzeit kontrovers diskutiert, oft parodiert und als bedenklich empfunden.

Hierbei wird angemerkt, dass sich in einer funktionierenden Demokratie Meinungen und Stimmungen in einem offenen Diskurs frei entwickeln sollten und nicht über Medienkampagnen manipuliert werden dürften. Dabei würden Assoziationen eines weitläufigen Spektrums geweckt, das bei Methoden autoritärer Herrschaftssysteme wie Propaganda beginnet, über Methoden der Psychotherapie und mit der Erinnerung an den deutschen Nationalsozialismus endet. Dieser Bezug wird mit der bewussten Betonung des Einzelnen als Teil eines sich als Nationalstaat konstituierenden Kollektivs begründet, die "Du bist Deutschland" impliziere. Diese Assoziationen sind jedoch vor dem Hintergrund der schlechten wirtschaftlichen Lage - die Kampagne geht nicht auf diese ein - sowie den unmittelbaren Konsequenzen für die Gesellschaft zu sehen. Da die Kampagne Deutschland betont, wird sie auch als "Erweckerkampagne", als Erwecker eines deutschen Nationalgefühls, bezeichnet.

Auf der anderen Seite wird dem Slogan eine positive, integrative Botschaft zugesprochen, da insbesondere Bürger mit Eltern aus verschiedenen kulturellen Kontexten, körperlich Benachteiligte, Juden und andere Gruppen angesprochen werden. Sozial integrative Suggestionen sind durch Betonung der individuellen Verantwortung für die Gemeinschaft "Deutschland" erkenntlich. Ferner werde die Vielfalt der Bevölkerung verallgegenwärtigt.

Allgemein lässt sich anhand der Kritiken festhalten, dass der große Interpretationsraum der Kampagne ein diffuses Bild von den ihren konkreten Positionen hinterlässt. Die Intention der Kampagne, einen öffentlichen Dialog über die deutsche Nation und ihren spezifischen Kern einzuleiten, hat jedoch kurzfristig ihr Ziel erreicht.

Kritik in den Medien

Die Taz spricht davon, dass mittels einer "neoliberalen Wundertüte" die "von Depressionen und Zukunftsängsten geschüttelten Deutschen wieder auf gute Laune getrimmt werden" würden (taz v.26.9.05) und die Verantwortung von Staat und Wirtschaft für das „Schicksal des Landes“ dabei auf den Einzelnen abgeschoben werde (taz v. 29.9.05). Die Berliner Zeitung kritisiert die "Volkskörperrhetorik" der Kampagne und hält die Aktion für eine "Verhöhnung des Publikums", da hier "Prominente gegen Realitäten anschwärmen" würden, die "deutsche Misere" aber nicht durch "mentales Training" zu beseitigen sei (BZ v.30.9.05). Die Zeit spricht von "Propaganda", "Schwachsinn" und einem "Höhepunkt an Zynismus" (Die Zeit v. 6.10.05).

Der Appell an die Verantwortung des Einzelnen für sich selbst und das Gemeinwohl sei zu begrüßen, die Medienkampagne dürfe aber nicht ablenken von der Verantwortung der Entscheidungsträger für die Lösung der wirtschaftlichen und sozialen Probleme, da diese nicht vom Einzelnen allein durch positives Denken bewältigt werden könnten, so Sabine Eichler im Main-Rheiner (MR v.8.10.05).

Ein Kommentar von Jens Jessen in Die Zeit setzt die Kampagne in den Kontext von kapitalistischer Umdeutung von "Arbeitslosigkeit und [sinkenden Löhnen]" als ein Grund von schlechter Laune, der jederzeit abgeändert werden könne. Die Kampagne sei "Schwachsinn" und würde mit Zynismus abzulehnende Ressiments bedienen: "Den Höhepunkt an Zynismus gewinnt die Kampagne aber in dem Fernsehspot, der Schwule und Behinderte auf dem Stelenfeld des Holocaust-Mahnmals versammelt. Der Bildeinfall ist in seiner Häufung diskriminierter Randgruppen so geschmacklos, dass man unweigerlich an jene alten Witze denken muss, die mit dem Satz »Jude allein reicht wohl nicht« endeten."

Kritik von anderen Kampagnen

Die Initiative "I Can't Relax In Deutschland" bezeichnet den sich mittels der Kampagne "Du bist Deutschland" sich Ausdruck verleihenden Nationalismus als "neuen Nationalismus". Marvin Alster skizziert als dessen wesentliches Merkmal ein geändertes Deutschlandbild seit 1990 gegenüber dem Onlineportal der Süddeutschen Zeitung „Jetzt“. Darin stehe ein Bruch mit der deutschen Vergangenheit und eine Instrumentalisierung dieser. Xavier Naidoo, welcher für den Kampagnen-Videodreh vor dem Holocaust-Mahnmal posierte, stünde so für ein Deutschlandbild, welches seine Vergangenheit bewältigt zu haben glaube und deshalb diese meint abschließen zu können. "I Can't Relax In Deutschland" möchte dem mit eigener Medienarbeit entgegen wirken.


Medienpräsenz

Statistisch werden 1,6 Milliarden Kontakte medial erzielt. Dies entspricht einer rechnerischen Reichweite von 98 Prozent. Jeder Deutsche soll somit durchschnittlich 16-mal erreicht werden. Im Zuge der Fußball WM 2006 und der Kampagne 1. FC Deutschland der Bundesregierung wird der Wirkungszeitraum sich nicht auf den der Aktivitäten der Kampagne selbst beschränken. Das Mediavolumen (Stand 23. September 2005) setzt sich zusammen aus:

Zeitschriften:

  • 40 Titel, Auflage in Tausend: 26.072,3
  • Kontakte in Mio.: 625,5
  • Schaltvolumen: 11.267.051 Euro

Zeitungen:

  • 8 überregionale Titel, Auflage in Tausend: 2.195,6
  • 13 regionale Titel
  • Auflage in Tausend: 2.854,8
  • Kontakte in Mio. gesamt: 82,8
  • Schaltvolumen gesamt: 5.378.799 Euro

TV:

  • 11 Sender
  • Kontakte in Mio. gesamt: 761,3
  • Schaltvolumen gesamt: 12.500.000 Euro

Kino:

  • 1.866 Theater in 343 Orten
  • Kontakte in Mio. gesamt: 32,4
  • Schaltvolumen gesamt: 984.998 Euro

Plakat:

  • 2.326 Mega-Lights (18/1) in 80 Orten
  • Kontakte in Mio. gesamt: 84,8
  • Schaltvolumen gesamt: 999.994 Euro

Träger der Kampagne

Fernsehen
ARDPremiere FernsehenProSiebenSat.1RTL Gruppe DeutschlandZDF
Print
Axel SpringerHeinrich Bauer VerlagHubert Burda MediaFrankfurter Allgemeine ZeitungJahreszeiten Verlag Gruner & JahrHeise Medien GruppeVerlagsgruppe Georg von HoltzbrinckZeitungsgruppe IppenVerlagsgesellschaft MadsackMotor Presse StuttgartDER SPIEGELSüddeutscher VerlagWAZ-MediengruppeZeitungsgruppe Stuttgart
Online
RTL InteractiveTOMORROW FOCUST-Online
Plakat
Ströer Out-of-Home Media
Kino
WerbeWeischer


Für die gestalterische Konzeptionierung ist die Werbeagentur Jung von Matt zuständig. Das "Kampagnenbüro" leitet die fischerAppelt Kommunikation GmbH (Hamburg).

Unterstützer

Gerald AsamoahReinhold BeckmannBobby BrederlowYvonne CatterfeldSarah ConnorWojtek CzyzJustus Frantz und OrchesterMaria FurtwänglerGünther JauchOliver KahnWalter KempowskiJohannes B. KernerOliver KorritkeWalter LangeFlorian LangenscheidtPatrick LindnerSandra MaischbergerXavier NaidooMinh-Khai Phan-ThiOliver PocherDominic RaackeMarcel Reich-RanickiHans Martin RüterKool SavasHarald SchmidtGabriele StrehleGerd StrehleUlrich WickertAnne WillDr. Martin WinterkornKatarina Witt


siehe auch

Offiziell

Kritisch

Sonstiges