Geschichte der Parteien in Deutschland
In einem früheren deutschen Sprachgebrauch bezeichnetete Partei einen "Teil" von etwas, abgeleitet vom französischen une part (ein Teil).
Während der bürgerlich-liberalen Märzrevolution von 1848/49 bildeten sich die ersten deutschen parteiähnlichen Gruppierungen im noch in viele unabhängige Fürstentümer zersplitterten Deutschen Bund (unter ihnen die Monarchien Preußen, Österreich, Bayern, Württemberg und Sachsen als dessen größte Staaten) in der Nationalversammlung der Paulskirche (Frankfurt am Main). Das so genannte Paulskirchenparlament sollte die Einheit des Deutschen Bundes in einem Nationalstaat vorbereiten und eine gesamtdeutsche Verfassung (vgl. Paulskirchenverfassung) ausarbeiten.
Die damaligen Gruppierungen benannten sich z. B. Casino oder Café Milani nach den Hotels und Gaststätten, in denen sie sich trafen. Dort tauschten sie ihre Programme und Standpunkte aus, bzw. diskutierten sie.
Es lassen sich bereits hier drei Gruppen unterscheiden: Die demokratische Linke, die sich aus radikalen und gemäßigten Vertretern einer republikanischen Lösung zusammen setzte, die Liberale Mitte aus dem linken und rechten Zentrum, die eine konstitutionelle Monarchie anstrebte, und die Konservative Rechte, in der Katholiken und Monarchisten vertreten waren. Letztere vertraten im Wesentlichen den Erhalt des Status Quo.
Im Februar 1848 hatten Karl Marx und Friedrich Engels für den Bund der Kommunisten das Manifest der Kommunistischen Partei veröffentlicht, das mit dem Aufruf zum internationalen Klassenkampf des Proletariats gegen die kapitalististische Bourgeoisie die Grundlage für die später entstehenden sozialistischen und kommunistischen Parteien bildete.
Parteigründungen und Parteien vor und während des Kaiserreichs
Die erste offizielle Deutsche Partei mit einem festen Parteiprogramm war die 1861 noch zu Zeiten des Deutschen Bundes gegründete liberale Deutsche Fortschrittspartei.
1867, nach dem Sieg Preußens gegen Österreich im Deutschen Krieg von 1866 und der Gründung des Norddeutschen Bundes als Zwischenstadium zwischen dem Deutschen Bund und dem Deutschen Kaiserreich, spaltete sich diese Partei nach dem preußischen Verfassungskonflikt in verschidene, teils gegensätzliche liberale Parteien auf. Die bedeutendsten unter ihnen waren:
- Zum einen wurde mit der Nationalliberalen Partei eine großbürgerliche, preußenfreundliche liberale Partei gegründet, die eine Reichseinigung als kleindeutsche Lösung (ohne Österreich) favorisierte.
- Zum anderen gründeten die süddeutschen Liberalen die linksliberale Deutsche Volkspartei, die für eine Reichseinigung als großdeutsche Lösung (mit Österreich) mit einer föderalistischen Struktur standen, und damit antipreußisch orientiert war. Im Reichstag des Norddeutschen Bundes arbeitete die Deutsche Volkspartei auch mit sozialistisch dominierten Kräften, die ebenfalls antipreußisch eingestellt waren, zusammen, z.B. unter anderem mit der von 1867 bis 1869 bestehenden Sächsischen Volkspartei, für die Wilhelm Liebknecht und August Bebel im Reichstag des Norddeutschen Bundes vertreten waren.
1863 wurde mit dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein der erste Vorläufer der SPD auf wesentliche Initiative von Ferdinand Lassalle in Preußen gebildet.
- 1869 entstand, hervorgehend aus der Sächsischen Volkspartei die antipreußische und marxistisch orientierte Sozialdemokratische Arbeiterpartei auf Initiative von Wilhelm Liebknecht und August Bebel, die zunächst noch - aus unterschiedlichen Gründen - in Konkurrenz zum ADAV stand.
- 1875 vereinigten sich die beiden Parteien in Gotha (vgl. Gothaer Programm) zur Sozialistischen Arbeiterpartei, die 1890 nach Aufhebung der 12 Jahre gültigen repressiven Sozialistengesetze zur Sozialdemokratischen Partei Deutschlands wurde. Sie gab sich 1891 das Erfurter Programm, nach dem der Marxismus theoretische Grundlage blieb, aber im praktischen Teil blieb es bei Forderungen nach Gleichberechtigung der Frauen, dem Schutz der Grundrechte und einer Wahlrechtsreform. Die SPD des 19. Jahrhunderts orientierte sich zumindest in ihren theoretischen Ansprüchen im Wesentlichen noch an den revolutionären Zielen des Marxismus und dem Ideal des Kommunismus als klassenloser Gesellschaft.
1870, ein Jahr vor der Reichsgründung, entstand die katholische Zentrumspartei. Sie wurde die erste von allen Schichten gewählte Volkspartei und erreichte sehr konstante Wahlergebnisse. Während des Kulturkampfes gegen die katholische Kirche war die Partei oppositionell, danach arbeitete sie teilweise in der Regierung mit.
Nach der Reichsgründung 1871 wurde mit dem Reichstag eine Institution geschaffen, für dessen Funktion Parteien notwendig waren. Die Parteien hatten aber keinen Einfluss auf die Regierungsbildung und nur eingeschränkte Gesetzgebungsrechte, Budgetrechte und Kontrollrechte. Mit der Indemnitätsvorlage hatten die Parteien ihre eigene Stellung vorher geschwächt. Die Wahlen zum Reichstag wurden nach allgemeinem, gleichem, direkten Mehrheitswahlrecht gewählt, wahlberechtigt waren Männer ab 25 Jahren. In den einzelnen Ländern unterschied sich das Wahlrecht, in Preußen gab es beispielsweise bis 1918 ein Dreiklassenwahlrecht.
1878 gründete Adolf Stoecker die Christlich Soziale Arbeiterpartei, welche erstmals Antisemitismus ins Parteiprogramm aufnahm.
Alle Parteien außer der Sozialdemokratischen waren Honoratiorenparteien, das heißt, sie hatten keine große Mitgliederzahl, allerdings nahm die Zahl der Mitglieder, genauso wie die Zahl der Wähler, kontinuierlich zu.
Während des Ersten Weltkriegs kam es zum Burgfrieden, dem sich nur ein sehr kleiner Teil der SPD um Karl Liebknecht widersetzte. Die Kriegsgegner bildeten nach dem Ausschluss Liebknechts aus der SPD in Folge dessen Verweigerung seiner Zustimmung für die Kriegskredite 1917 die USPD (Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands), die bisherige SPD wurde kurzzeitig zur MSPD. Deren linksrevolutionäre Fraktion, der Spartakusbund, bildete die Keimzelle für die spätere Kommunistische Partei Deutschlands (KPD). Am 6. Juli gründeten MSPD, Freisinnige, Nationalliberale und Zentrum einen interfraktionellen Ausschuss und forderten einen Verständigungsfrieden und eine weitere Demokratisierung und Parlamentisierung.
Am 29. September informierte die OHL den Kaiser und Reichskanzler über die aussichtslose militärische Lage. Ludendorff forderte ein Waffenstillstandsgesuch. Er empfahl eine zentrale Forderung Wilsons zu erfüllen und die Reichsregierung auf eine parlamentarische Basis zu stellen, um günstigere Friedensbedingungen zu erlangen. Damit sollten die demokratischen Parteien die bevorstehende Kapitulation und deren Folgen allein zu verantworten haben. "Sie sollen die Suppe jetzt essen, die sie uns eingebrockt haben", erklärte er am 1. Oktober gegenüber Offizieren seines Stabes. Dies war der Keim der späteren Dolchstoßlegende.
Ludendorffs Lagebericht schockierte die Reichsregierung ebenso wie danach die Reichstagsabgeordneten. Dennoch waren die Mehrheitsparteien, vor allem die SPD-Führer, bereit, die Regierungsverantwortung zu übernehmen. Da der bisherige Reichskanzler Georg von Hertling überzeugter Monarchist war und die Parlamentarisierung ablehnte, ernannte Wilhelm II. am 3. Oktober den als liberal geltenden Prinzen Max von Baden zum neuen Reichskanzler. In dessen Kabinett trat mit Philipp Scheidemann erstmals auch ein Sozialdemokrat ein. Am Folgetag bot die neue Regierung den Alliierten den von Ludendorff geforderten Waffenstillstand an.
Die Verfassungsänderungen wurden am 28. Oktober vom Reichstag auch formell beschlossen. Fortan waren Kanzler und Reichsminister an das Vertrauen der Reichstagsmehrheit gebunden. Damit war das Deutsche Reich von einer konstitutionellen zu einer parlamentarischen Monarchie geworden. Aus Sicht der SPD-Führung erfüllte die so genannte Oktoberverfassung alle wichtigen verfassungsrechtlichen Ziele der Partei. Ebert betrachtete schon den 5. Oktober als die "Geburt der deutschen Demokratie". Eine Revolution hielt er nach dem freiwilligen Machtverzicht des Kaisers für überflüssig.
Die verschiedenen Richtungen
- Die Konservativen traten für die absolutistische Monarchie von Gottes Gnaden ein. Es gab Gruppierungen, die den Unternehmern näher standen und welche, die sich für die Großagrarier und reaktionäre Maßnahmen einsetzten.
- Bei den Liberalen gab es die Nationalliberalen und die Linksliberalen. Erstere waren die Repräsentanten des Bürgertums und standen der Demokratie misstrauisch gegenüber. Sie waren als Nationalisten Anhänger des von Otto von Bismarck geschaffenen deutschen Nationalstaats.
- Die Linksliberalen traten für eine parlamentarische Monarchie nach dem Muster von Großbritannien ein. Ihre Anhänger waren vor allem Freiberufler.
- Die katholischen Parteien, das Zentrum und die BVP, hatten Wähler aus allen Schichten. Im Kulturkampf versuchte Bismarck, sie auszuschalten, blieb damit jedoch erfolglos.
- Die Sozialdemokraten gewannen trotz der Sozialistengesetze und der Sozialgesetzgebung immer mehr Anhänger aus der Arbeiterschaft. Obwohl sie in den Parteiprogrammen revolutionäre Forderungen erhoben, war ihre Politik in der Praxis zunehmend reformorienentiert. Von 1878 bis 1890 war die Sozialdemokratie, bzw. deren Aktivitäten außerhalb des Reichstags verboten (vgl. Sozialistengesetze). Ab 1890 erhielt die SPD die meisten Stimmen, auf Grund des Wahlrechts wurden sie aber erst 1912 stärkste Fraktion im Reichstag.
- Die Kommunisten waren bis zum Ersten Weltkrieg noch Teil der Sozialdemokratie. Sie vertraten einen revolutionär sozialistischen Weg, waren entschieden antimonarchistisch eingestellt und verfochten Modelle einer Volksrepublik oder Räterepublik. Eine eigene Kommunistische Partei existierte während des Kaiserreichs in Deutschland jedoch noch nicht. Erst während des ersten Weltriegs formierte sich als linke Fraktion der USPD der Spartakusbund, aus dem nach der Novemberrevolution von 1918 im Verbund mit anderen linksrevolutionären Gruppen am 1. Januar 1919 die KPD gegründet wurde.
Von Otto von Bismarck wurden die Parteien in Reichsfeinde (Linksliberale, Sozialdemokraten, Katholiken) und Reichstreue (Nationalliberale, Konservative) eingeteilt. Allerdings spielte er die Parteien gegeneinander aus. Die Parteien galten als Vertreter von Sonderinteressen, die der vorgeblich gemeinwohlorientierten Regierung gegenüberstanden. Da das Parlament keinen Einfluss auf die Regierung hatte, für die es Mehrheiten bilden musste, waren die Parteien kaum kompromissfähig.
Die demokratischen Oktoberreformen konnten nicht verhindern, dass der Matrosenaufstand zur Novemberrevolution führte. Die wichtigsten Parteien der Revolutionszeit waren die MSPD und die USPD, die im Rat der Volksbeauftragten regierten. Während der Revolution gab es heftige Auseinandersetzungen zwischen Anhängern des Parlamentarismus und des Rätesystems. Aus dem linken Flügel der USPD, dem Spartakusbund, bildete sich die KPD. Die Parteien wechselten teilweise ihren Namen, einige fügten sich sozusagen aus Vernunftgründen, und weniger aus Überzeugung in das parlamentarische System der Republik ein; einen grundlegenden Wandel im Parteiensystem gab es allerdings nicht.
Wichtige Aufgaben übernahmen die Parteien zum ersten Mal nach der Novemberrevolution in der Weimarer Republik, allerdings waren die Parteien offiziell nicht als Bestandteil einer Demokratie festgeschrieben und somit auch nicht in der Weimarer Verfassung entsprechend erwähnt. Gemeinhin wird die Auffassung vertreten, dass die Weimarer Republik eine Demokratie ohne Demokraten gewesen sei, was schließlich auch mit zu deren Untergang 1933 und dem Übergang zur nationalsozialistischen Diktatur geführt habe.
Die Mitglieder der demokratischen Parteien konnten sich nicht auf die Regierungsarbeit vorbereiten, da sie im Kaiserreich daran nicht beteiligt waren. Sie hatten mit der Dolchstoßlegende zu kämpfen und galten für die noch starken rechtskonservativen, reaktionären und monarchistischen Kreise als Novemberverbrecher. Obwohl die Niederlage im Ersten Weltkrieg in der Verantwortung der Monarchie lag, wurde den demokratischen Parteien die Schuld am so genannten "Versailler Schanddiktat" gegeben.
Die Monarchie war zwar formal durch die Novemberrevolution beseitigt worden, jedoch fehlten die gesellschaftlichen Grundlagen für die allgemeine Anerkennung der pluralistischen Demokratie in großen Teilen der Bevölkerung.
Da nach einem reinen Verhältniswahlrecht gewählt wurde, kam es zu einer Parteienzersplitterung. Die Parteien waren nicht an die Verfassung gebunden. Ein weiteres Problem war, dass die Parteien zu sehr auf die eigenen Interessen achteten und weniger auf das Gemeinwohl. Da der Reichspräsident notfalls mit Notverordnungen die Gesetzgebung übernehmen konnte oder diese mit Hilfe von Ermächtigungsgesetzen direkt an die Regierung gegeben werden konnte, waren die Parteien wieder nicht gezwungen, Kompromisse einzugehen.
Krisenjahre, Stabilisierung und Zusammenbruch
Nachdem in der Nationalversammlung die Weimarer Koalition mit den demokratischen Parteien SPD, Zentrum und DDP noch eine breite Mehrheit hatte, änderte sich dies schon Anfang der 1920er Jahre schnell. Mehrere Politiker wie der Zentrumsabgeordnete Matthias Erzberger oder der Liberale Walter Rathenau, von den Rechten als Erfüllungspolitiker diffamiert, wurden Opfer von Mordanschlägen. Das häufige Regieren durch Notverordnungen des Reichspräsidenten oder Ermächtigungsgesetze zeigte die Unfähigkeit der Parteien zu einer effektiven Koalitions- und Regierungsarbeit.
Nach den Krisenjahren bis 1923 stabiliserte sich die Republik zunächst. Aber auch in diesen Jahren der relativen Stabilität verfügten nur 2 Regierungen über eine haltbare Mehrheit. 1925, nach dem Tode Friedrich Eberts wurde der Monarchist Paul von Hindenburg, der von der DNVP, DVP, NSDAP und auch der BVP unterstützt wurde, zum Reichspräsidenten gewählt. Die KPD hatte mit Ernst Thälmann einen eigenen Kandidaten aufgestellt. Dies trug aufgrund der Aufsplittung der Stimmen der Linken mit dazu bei, dass der Kandidat von SPD, Zentrum und DDP, Wilhelm Marx (Zentrum) bei dieser Wahl unterlag. Auch eine Unterstützung durch die BVP, die der bayerische Ableger des Zentrums war, hätte die Wahl zugunsten von Marx entscheiden können. (siehe auch: Reichspräsidentenwahl 1925)
1929 bot der Volksentscheid gegen den Young-Plan trotz seines Scheiterns der NSDAP eine propagandistische Bühne für ihren Aufstieg. Nachdem sie aufgrund des Hitlerputsches von 1923 bis 1925 verboten gewesen war, war sie zwischen 1925 und 1930 mit weniger als 3 % der Stimmen nur als Splitterpartei des rechtsextremen Randes im Reichstag vertreten. Ende 1929 setzte mit der Weltwirtschaftskrise der Anfang vom Ende der Weimarer Republik ein. In diesem Jahr zeigte sich die Kompromissunfähigkeit der Parteien, als die Große Koalition unter Reichskanzler Hermann Müller (SPD) am Streit um die Erhöhung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung um einen halben Prozentpunkt scheiterte. Die sozialpolitische Polarisierung der Zeit legt die Vermutung nahe, dass dieses Scheitern von Zentrum, DDP, DVP, BVP, den Koalitionspartnern der SPD , beabsichtigt war.
Hindenburg setzte nach den Reichtagswahlen von 1930, bei denen die Parteienlandschaft mit deutlichen Stimmengewinnen zugunsten der radikalen Parteien des linken und rechten Randes (KPD einerseits und NSDAP andererseits) sich deutlich verändert hatte, Heinrich Brüning (Zentrum) als Reichskanzler ein. Es handelte sich um ein Präsidialkabinett, das ohne parlamentarische Mehrheit überparteilich regieren sollte. Im Reichstag war indessen die NSDAP nach einem 6-fachen Stimmenzuwachs mit 18,3 % der Stimmen nach der SPD (24,5%) zur zweitstärksten Fraktion geworden.
1931 vereinigten sich auf Initiative des DNVP-Vorsitzenden Alfred Hugenberg die antidemokratischen Parteien des rechten Randes DNVP, NSDAP und weitere Gruppierungen der "Nationalen Opposition" zur Harzburger Front. Ab den Wahlen 1932 hatten diese totalitären Parteien die Mehrheit im Reichstag, wobei die NSDAP nach der Wahl am 31. Juli 1932 das erste Mal die stärkste Fraktion stellte. Jedoch scheiterte der Kandidat Adolf Hitler bei der Reichspräsidentenwahl von 1932 gegen Paul von Hindenburg, der mit der Unterstützung der demokratischen Parteien (die so Hitlers Präsidentschaft zu verhindern suchten) als Reichspräsident wiedergewählt wurde.
Die Wahl durch die seiner Ansicht nach "falschen" Parteien war ein Grund für Hindenburg, Brüning durch Franz von Papen zu ersetzen, der noch 1932, nachdem seine Pläne zur Ausschaltung des Reichstags von Hindenburg abgelehnt worden waren, von Kurt von Schleicher ersetzt wurde. Dieser hatte allerdings mit dem Plan einer "Querfront" durch alle Parteien keinen Erfolg. Bei der "Querfront" wollte er auch Mitglieder des "linken" Flügels der NSDAP einbeziehen, was zu einer Spaltung der NSDAP geführt hätte. Am 30. Januar 1933 ernannte der Reichspräsident Hindenburg den Führer der NSDAP, deren Stimmenzahl bei der letzten Reichstagswahl vom 6. November, der zweiten im Jahr 1932, schon wieder zurück gegangen war, Adolf Hitler zum Reichskanzler.
Die verschiedenen Richtungen
Obwohl die Parteien teilweise ihren Namen wechselten, ähnelten sie doch größtenteils denen des Kaiserreichs. Hinzu kamen mit der KPD als Abspaltung von der Sozialdemokratie und mit der NSDAP und anderen einige Parteien, die den linken und rechten "Rand" der deutschen Gesellschaft ausweiteten. Im Folgenden werden die wichtigsten Parteien des Reichstags der Weimarer Republik beginnend von der äußeren Linken bis zur äußeren Rechten aufgeführt:
- Die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) war die Partei der Kommunisten. Sie war zum Jahreswechsel 1918/1919 aus dem Spartakusbund und anderen linksrevolutionären Gruppen hervorgegangen. Nach der Ermordung ihrer charismatischen Führungsgestalten Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht am 15. Januar 1919 und daran anschließend verschiedenen ideologischen Kontroversen innerhalb der Partei Anfang der 1920er Jahre orientierte sich die KPD ab 1925 unter dem Vorsitz Ernst Thälmanns am stalinistischen System der UdSSR. Im Zuge der sozialen und wirtschaftlichen Krisen ab Ende der 1920er Jahre erlangte sie am Ende der Weimarer Republik eine stärkere Bedeutung im Reichstag (1932 16,9 % der Wählerstimmen und 100 Reichstagsmandate), war jedoch nie an einer Regierung beteiligt.
- Die Sozialdemokraten waren an der Gründung der Weimarer Republik wesentlich beteiligt und stellten mit Friedrich Ebert den ersten Reichspräsidenten. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) bildete zusammen mit der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) den Rat der Volksbeauftragten und führte die erste Reichsregierung der Weimarer Republik bis 1920 an.
- Die Deutsche Demokratische Partei (DDP) war die Partei der Linksliberalen. Sie war Mitglied der Weimarer Koalition. Mit der Zeit verlor sie an Bedeutung. 1930 vereinigte sie sich mit dem Jungdeutschen Orden zur Deutschen Staatspartei (DStP). Ein bekanntes Mitglied der DDP war der Pazifist Ludwig Quidde, der 1927 den Friedensnobelpreis erhielt
- Die Deutsche Volkspartei DVP war die neue Partei der Nationalliberalen. Ihr bedeutendstes Mitglied war Gustav Stresemann, nach dessen Tod sie nach rechts driftete, wohingegen sie am Anfang die Republik unterstützt hatte.
- Das Zentrum blieb die Partei des politischen Katholizismus. In ihr versammelte sich ein politisch breit gefächertes Klientel, das von der christlichen Arbeiterbewegung bis zu katholisch-konservativen Kreisen reichte. Das Zentrum unterstützte die Republik und gehörte mit SPD und DDP zur Weimarer Koalition.
- Die Bayerische Volkspartei war eine bayerische Regionalpartei, die dort die Position des Zentrums einnahm. Sie stand etwas rechts vom Zentrum und spielte auch in der nationalen Politik eine Rolle.
- Der Christlich-Soziale Volksdienst (CSVD) versuchte eine Art protestantisches Gegenstück zum Zentrum zu werden. Er entstand 1929 durch Zusammenschluss verschiedener kleinerer protestantischer Parteien, denen die DNVP zu sehr die Interessen von Großkapital und Großgrundbesitz vertrat. Er vertrat überwiegend konservative Vorstellungen und befürwortete einen Ständestaat.
- In die Deutschnationale Volkspartei DNVP wechselten die protestantischen Konservativen. Sie kämpfte gegen das demokratische System. Die DNVP unterstützte bei der Reichspräsidentenwahl 1925 Paul von Hindenburg. Zum Ende hin arbeitete sie mit der NSDAP zusammen (siehe: Harzburger Front, Young-Plan). Eines ihrer bedeutendsten Mitglieder war der Medienzar Alfred Hugenberg.
- Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP), die 1920 aus der Deutschen Arbeiterpartei (DAP) hervorging, vertrat entschieden antidemokratische, faschistische, völkisch-nationalistische und rassistische, vor allem antisemitische Positionen. Nach dem gescheiterten Hitler-Ludendorff-Putsch von 1923, machte sie sich unter ihrem "Führer" Adolf Hitler auf den Weg zur legalen Machtergreifung, wobei sie auf den Straßenterror ihrer paramilitärischen Kampftruppe SA ebenso zurückgriff wie auf die finanzielle Unterstützung von Teilen der Großbourgeoisie der späten 1920er Jahre. Zunächst eine Splitterpartei, wuchs ihr Wählerpotenzial ab Ende der 1920er Jahre im Zuge der Weltwirtschaftskrise von 1929 rasch an. So wurde sie 1932 zur stärksten Fraktion im Reichstag. Mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 endete die erste Demokratie auf deutschem Boden und begann die Diktatur des Nationalsozialismus, das von den Nationalsozialisten so bezeichnete "Dritte Reich".
Vorläufiges Ende des Parteienpluralismus, Zeit des Nationalsozialismus
Am 23. März 1933 wurde das Ermächtigungsgesetz vom Reichstag beschlossen. Als einzige Partei stimmte, trotz erheblichem Druck der Rechten, die SPD gegen dieses Gesetz. Die KPD war in Folge des Reichstagsbrandes vom 27. Februar schon verboten, ihre Abgeordneten verhaftet, emigriert oder im Untergrund.
Im Rahmen der Gleichschaltung wurden die demokratischen Parteien entweder verboten oder lösten sich auf. Am 22. Juni wurde die SPD verboten, am 27. Juni lösten sich die DNVP und die DVP auf und am 4. Juli die BVP. Am 14. Juli trat das Gesetz gegen Neubildung von Parteien und am 1. Dezember das Gesetz zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat in Kraft.
Es folgten zwölf Jahre Diktatur unter der Alleinherrschaft Hitlers und seiner NSDAP. Das staatsterroristische Regime löste 1939 den Zweiten Weltkrieg aus und ließ Millionen von Menschen auch unabhängig vom Krieg ermorden. Der Völkermord an den europäischen Juden (vgl. "Holocaust") und anderen, ethnischen Minderheiten sind dafür die bekanntesten Beispiele. Mit dem Sieg der Alliierten, vor allem Englands, der USA und der UdSSR endete am 8. Mai 1945 mit der Kapitulation Deutschlands der Zweite Weltkrieg in Europa.
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten sich alle Parteien erst wieder neu formieren. Anfangs bedurften die Parteien zur Gründung der Zustimmung der Besatzer in den jeweiligen Besatzungszonen, die NSDAP wurde verboten.
Parteien in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR
Anfangs wurden nach Befehl Nr. 2 vom 10. Juni der SMAD kurz nach Kriegsende die LDPD, die CDU, die SPD und die KPD zugelassen. Nach der Volksfrontpolitik der sowjetischen Besatzer wurde der Schein der Demokratie gewahrt, allerdings wurden wichtige Positionen mit Kommunisten besetzt und die KPD hatte durch die Unterstützung von Seiten der Sowjetunion gegenüber den anderen Parteien deutliche Vorteile. 1946 vereinigte sich die SPD der SBZ teils freiwillig, teils gezwungen, mit der KPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). In diesem Jahr fanden auf dem Gebiet der DDR auch die einzigen freien Wahlen (Landtagswahlen) statt, die von der SED gewonnen wurden.
Die SED wurde in der 1949 gegründeten DDR zur beherrschenden Staatspartei in einem am so genannten Realsozialismus von der UdSSR ausgerichteten System. Die anderen Parteien, es waren noch die NPDP und die Demokratische Bauernpartei Deutschlands erlaubt worden, bildeten in der Volkskammer der DDR die politisch eher einflusslosen Blockparteien. Politisch sicherte der aus der UdSSR übernommene "Demokratische Zentralismus" die Alleinherrschaft der SED-Führungsschicht. Führende Köpfe der Partei waren Wilhelm Pieck, Otto Grotewohl, Walter Ulbricht, Erich Honecker und nach dem Wandel zur PDS Gregor Gysi. Wirtschaftlich folgte die DDR einem Konzept der Planwirtschaft. Ziel war der Aufbau des Kommunismus in dem ostdeutschen Staat, der sich militärisch durch die Mitgliedschaft im Warschauer Pakt und ökonomisch durch die Mitgliedschaft im RGW beziehungsweise Comecon im europäischen Ostblock unter der Führung der UdSSR integrierte.
siehe auch: Geschichte der DDR
Parteien in Westdeutschland
In den westlichen Besatzungszonen wurden die Parteien später als in der SBZ zugelassen. Einige Parteien wie die SPD waren bereits bekannt, andere, vor allem CDU/CSU und FDP wurden neu gegründet. Dies war bei beiden Parteien ein historischer Schritt, da sich in der FDP erstmals seit der Deutschen Fortschrittspartei alle Liberalen vereinigten und die Union als überkonfessionelle Partei die erste Volkspartei werden konnte.
Die CDU und in Bayern die CSU wurden als Union der beiden christlichen Konfessionen gegründet. Als Bundespartei entstand die CDU erst 1950. CDU und CSU vertreten bis heute im Wesentlichen eine konservative Politikrichtung. Die CDU konnte mit ihrem Parteichef Konrad Adenauer und danach mit Ludwig Erhard und Kurt Georg Kiesinger die ersten drei Bundeskanzler der Bundesrepublik stellen.
Die FDP vereinigte 1948 Linksliberale und Nationalliberale. Sie vertritt bis in die Gegenwart im Wesentlichen die Interessen des selbständigen Mittelstandes.
Die SPD, deren erster Vorsitzender Kurt Schumacher war, und die KPD entstanden als Wiedergründung der gleichnamigen im Nationalsozialismus verbotenen Parteien.
Die KPD in der Bundesrepublik, im ersten deutschen Bundestag von 1949 bis 1953 noch als kleine Fraktion vertreten, wurde 1956 vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig verboten.
Zum ersten Mal wurde die Funktion der Parteien 1949 in der westdeutschen Verfassung, dem Grundgesetz, in Artikel 21, geregelt und festgelegt, dass sie nur durch das Bundesverfassungsgericht verboten werden dürfen. Wegen der großen Macht der Parteien wird teilweise vom Parteienstaat und, weniger negativ, einer Parteiendemokratie gesprochen. 1952 wurde die Sozialistische Reichspartei als Nachfolgepartei der NSDAP und 1956 die KPD als bisher einzige Parteien verboten.
Die Entwicklung der Parteien wird in verschiedene Phasen aufgeteilt. Die Zeit von 1945 bis 1953 bezeichnet man als Formierungsphase. In ihr entstanden fast alle wichtigen Parteien. Danach folgt bis 1976 die Konzentrierungsphase. Anafangs dominierte die Union, die bald als Kanzlerpartei angesehen wurde, die SPD wurde erst nach dem Godesberger Programm, in der sie die letzten Reste des Marxismus abstreifte, für breite Schichten wählbar. Es kam zu einer Normalisierung der Demokratie und parallel zum Wirtschaftswunder kam es zum Wahlwunder und zum Parteienwunder, also zur konzentration auf wenige Parteien. Bei der Bundestagswahl 1957 konnte die Union als bisher einzige Partei eine absolute Mehrheit der Zweitstimmen und damit auch der Mandate erringen. Bei den Bundestagswahlen 1972 und 1976 gewannen die drei Fraktionen CDU/CSU, FDP und SPD gemeinsam 99 % der gültigen Stimmen.
Die Zeit von 1976 bis 1990 bezeichnet man als Transformationsphase. Ende der 1970er Jahren entstanden verschiedene grüne Parteien, die sich 1980 zur Partei Die Grünen zusammenschlossen. 1983 kamen die Grünen in den Bundestag.
Die Parteien und die Wiedervereinigung
Die Parteien, die sich im Zuge der Wiedervereinigung im Osten gebildet hatten, schlossen sich mit ihren westlichen Gegenstücken zusammen. 1989/90 ging aus der SED die PDS hervor, die 1990 ebenfalls in den Bundestag gewählt wurde. 1993 fusionierten Bündnis 90 und Die Grünen zu Bündnis 90/Die Grünen.
Entwicklung der Parteien nach der Wiedervereinigung
Die Zeit ab 1990 bezeichnet man als zentripetale Phase, es kam also wieder zu einer Konzentration zur Mitte. 1998 konnten die SPD und Bündnis 90/Die Grünen die Bundestagswahl gewinnen und damit die CDU-Regierung unter Bundeskanzler Helmut Kohl nach 16 Jahren ablösen.
Im Zuge der Reformen der Agenda 2010, wie Hartz IV, gewann vor allem in der ehemaligen DDR die PDS an Zulauf. Mitglieder der SPD, der Gewerkschaften und Bürger, die die sozial- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen der SPD / Grüne / Bündnis 90-Regierung unter Gerhard Schröder als unsozial ablehnten, beschlossen am 20. November 2004 die Gründung der neuen Partei, "Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit". Diese wurde dann am 22. Januar in Göttingen als Partei Arbeit & soziale Gerechtigkeit - Die Wahlalternative gegründet. Nach einer verlorenen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen kündigte Schröder an, er wolle durch ein Misstrauensvotum vorgezogene Neuwahlen erreichen. Um eine bessere Chance zum Einzug in den Bundestag zu haben kandidierten Mitglieder der Wahlalternative auf den auf den Listen der PDS.
Übersicht über die Parteien
- Katholisch/Christlich (Zentrumspartei, Bayerische Volkspartei)
- Konservativ (Konservative Partei,Freikonservative Partei, Deutschkonservative Partei, Deutschnationale Volkspartei, Deutsche Konservative Partei - Deutsche Rechtspartei; christlich-konservativ: CDU / CSU)
- Sozialdemokraten (Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands, Sozialdemokratische Arbeiterpartei, Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD)), PASS, WASG
- Liberale (Deutsche Fortschrittspartei / Deutsche Volkspartei (Deutsches Kaiserreich) / Deutsche Freisinnige Partei / Sächsische Volkspartei / DDP / DVP / Deutsche Staatspartei / FDP / LD
- Ökologische Parteien (Bündnis 90/Die Grünen / ödp)
- Nationale (NSDAP / NPD / Rep / DVU / DP)
- Kommunisten (Kommunistische Partei Deutschlands KPD / SED / PDS / Deutsche Kommunistische Partei DKP)/ Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands / diverse K-Gruppen
- Freiwirtschaftsbewegung: RSF, FSU, heute: Humanwirtschaftspartei
- Vertriebene (Gesamtdeutscher Block/BHE)
- Regionalparteien: SSW (Südschleswigscher Wählerverband), Wendische Volkspartei, NLP (Niedersächsische Landespartei), Regenbogenliste (Köln), AfB (Arbeit für Bremen), Freie Wähler, Bayernpartei
Weitere als Parteien firmierende Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland siehe unter Splitterpartei, K-Gruppen und Spaßpartei
siehe auch
Weblinks
Das Parteiensystem in Deutschland (pdf)
Literatur
- Ulrich von Alemann: Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland, Bonn 2003, ISBN 3-89331-478-4 (auch über die Bundeszentrale für politische Bildung für 1 Euro erhältlich)