Helmut Schmidt
Helmut Heinrich Waldemar Schmidt (* 23. Dezember 1918 in Hamburg) ist ein deutscher Politiker (SPD). Er war Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion (1967 bis 1969), Bundesminister der Verteidigung (1969 bis 1972), Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen (1972), Bundesminister der Finanzen (1972 bis 1974) und Bundeskanzler von 1974 bis 1982.

Deutscher Bundeskanzler (1974-1982)
Ausbildung und Beruf
Nach dem Abitur 1937 an der "Lichtwark-Schule" in Hamburg leistete Schmidt zunächst seinen Arbeits- und Wehrdienst ab. Er nahm dann bis 1945 als Soldat, letzter Dienstgrad Oberleutnant, am Zweiten Weltkrieg teil. Nach Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft studierte er in Hamburg Volkswirtschaftslehre und beendete sein Studium 1949 als Diplom-Volkswirt. Er war dann bis 1953 bei der von Karl Schiller geleiteten Behörde für die Wirtschaft und Verkehr der Freien und Hansestadt Hamburg tätig, hier leitete er von 1952 bis 1953 das Amt für Verkehr.
Seit 1983 ist er Mitherausgeber der Wochenzeitung DIE ZEIT. Schmidt ist Mitglied des Vereins Atlantik-Brücke e.V., Ehrenpräsident der Deutsch-Britischen Gesellschaft, Ehrenvorsitzender der von ihm selbst mitbegründeten Deutschen Nationalstiftung und Ehrenpräsident des InterAction Council, einem Rat ehemaliger Staatsmänner und -frauen, den er mit Freunden initiiert hat. Sein Privatarchiv wird im Archiv der sozialen Demokratie verwaltet. Helmut Schmidt war 1997 Erstunterzeichner der Allgemeinen Erklärung der Menschenpflichten.
Familie
Schmidts Vater war der uneheliche Sohn eines jüdischen Kaufmanns. Die Familie suchte dies zu verheimlichen. In der Öffentlichkeit gab Schmidt diese Tatsache erst 1984 bekannt; in seinen Kindheitserinnerungen (1992) schreibt er, sie habe eine Rolle bei seiner Ablehnung des Nationalsozialismus gespielt.
Helmut Schmidt heiratete am 27. Juni 1942 Hannelore Glaser ("Loki") (* 3. März 1919). Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. Sein Sohn Helmut Walter (* 26. Juni 1944) verstarb noch vor seinem ersten Geburtstag (Februar 1945, wahrscheinlich an Meningitis), Tochter Susanne, die heute in England für ein japanisches Bankhaus arbeitet, wurde 1947 geboren. Zu den zwei Kindern kamen noch sechs Fehlgeburten, die auf die damals noch unbekannte Infektionskrankheit Toxoplasmose zurückzuführen waren.
Schmidt wohnt seit langem in Hamburg-Langenhorn.
Partei
Im März 1946 wurde Schmidt Mitglied der SPD. Hier engagierte er sich zunächst im Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS), 1947/48 war er Vorsitzender des SDS in den Westzonen.
Von 1968 bis 1984 war Schmidt stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD. Innerhalb der SPD gehört Schmidt zu den Verfechtern des Mehrheitswahlrechts.
Im Gegensatz zur aktuellen Parteilinie gilt Helmut Schmidt als entschiedener Gegner eines EU-Beitritts der Türkei.
Abgeordneter
Von 1953 bis zum 19. Januar 1962 und von 1965 bis 1987 gehörte Schmidt dem Deutschen Bundestag an, wo er den Wahlkreis Bergedorf vertrat. Nach seinem Wiedereinzug 1965 wurde er sofort stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Vom 14. März 1967 bis 1969 war er schließlich deren Vorsitzender. Vom 27. April 1967 bis 1969 leitete er auch den Fraktionsarbeitskreis Außenpolitik und gesamtdeutsche Fragen.
Vom 27. Februar 1958 bis zum 29. November 1961 war er außerdem Mitglied des Europaparlaments.
Öffentliche Ämter
Vom 13. Dezember 1961 bis zum 14. Dezember 1965 amtierte Helmut Schmidt als Senator der Behörde für Inneres der Freien und Hansestadt Hamburg. In diesem Amt erlangte er vor allem als Krisenmanager bei der Sturmflut vom Februar 1962 Popularität und Ansehen. Am 22. Oktober 1969 wurde er als Bundesminister der Verteidigung von Bundeskanzler Willy Brandt in die Bundesregierung berufen.
Am 7. Juli 1972 übernahm er nach dem Rücktritt von Karl Schiller das Amt des Finanz- und Wirtschaftsministers. Nach der Bundestagswahl 1972 führte er dann ab dem 15. Dezember 1972 das Bundesministerium der Finanzen. Nach dem Rücktritt von Bundeskanzler Willy Brandt wurde Schmidt am 16. Mai 1974 mit 267 Ja-Stimmen vom Bundestag zum Bundeskanzler gewählt. Eine große Herausforderung seiner Amtszeit war der Terrorismus der Roten Armee Fraktion im sogenannten "Deutschen Herbst".
Umstritten in der Bevölkerung und vor allem in der eigenen Partei war sein Eintreten für den so genannten NATO-Doppelbeschluss. Im Spätsommer 1982 scheiterte die von ihm geführte sozialliberale Koalition, vor allem an Differenzen im Bereich der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Am 17. September 1982 traten sämtliche FDP-Bundesminister zurück. Schmidt übernahm daher zusätzlich zum Amt das Bundeskanzlers auch noch das Amt des Bundesministers des Auswärtigen. Am 1. Oktober 1982 wurde dann durch ein konstruktives Misstrauensvotum mit den Stimmen von CDU, CSU und der Mehrheit der FDP-Fraktion Helmut Kohl zu seinem Nachfolger im Amt des Bundeskanzlers gewählt.
Helmut Schmidt wurde während seiner politisch aktiven Zeit wegen seines Redetalents gerade auch von Gegnern "Schmidt Schnauze" genannt. Auch sein ökonomischer Sachverstand fand breite Anerkennung. Eine Freundschaft verband ihn mit dem damaligen konservativen französischen Staatspräsidenten Valéry Giscard d'Estaing. Zusammen mit Valéry Giscard d'Estaing rief Helmut Schmidt den Weltwirtschaftsgipfel 1975 ins Leben. Teilnehmer des ersten Treffens auf Schloss Rambouillet waren die Regierungschefs aus Italien, Japan, Großbritannien und den USA.
Kunst
Als Bundeskanzler sorgte Schmidt dafür, dass vor dem Bundeskanzleramt in Bonn die Skulptur "Large Two Forms" von Henry Moore aufgestellt wurde, die das Zusammengehören der Bundesrepublik und der DDR symbolisieren sollte. Schmidts Leidenschaft zur Kunst führte so weit, dass er das Bundeskanzleramt mit zahlreichen Kunstleihgaben ausstatten ließ. Außerdem sorgte er für die Entfernung des Schildes "Bundeskanzler" vor seinem Büro, stattdessen ließ er ein Schild mit der Aufschrift "Nolde-Zimmer" anbringen, welches auf die Kunst in seinem Büro hinweisen sollte. Schmidt malt bis zum heutigen Tage noch selbst, seine beiden Häuser in Hamburg sind voller Bilder zahlreicher verschiedener Künstler.
Aber auch zur Musik hat Schmidt ein besonderes Verhältnis: Er war es beispielsweise, der als Bundesverteidigungsminister die Big Band der Bundeswehr einführte. Er selbst spielt Orgel und Klavier und ist ein Verehrer der Musik von Johann Sebastian Bach. Wegen seines nachlassenden Gehörs kann Schmidt die Musik jedoch immer weniger genießen bzw. schon gar nicht mehr ohne Schmerzempfinden hören.
Ehrungen
Seit 1983 ist Schmidt Ehrenbürger seiner Heimatstadt Hamburg sowie von Bonn und Bremerhaven, seit 1989 von Berlin und seit 1998 des Landes Schleswig-Holstein.
Im Dezember 2003 wurde die Universität der Bundeswehr in Hamburg in Helmut-Schmidt-Universität umbenannt, außerdem erhielt Helmut Schmidt die Ehrendoktorwürde dieser Hochschule.
1978 wurde Schmidt für sein Krisenmanagement in der Zeit des RAF-Terros mit dem Theodor-Heuss-Preis und im Laufe seiner Regierungszeit und auch noch danach mit schätzungsweise 23 Ehrendoktortiteln ausgezeichnet. 1980 erhielt Schmidt die Goldman-Medaille für seinen Einsatz um Frieden und Menschenrechte. Das Bundesverdienstkreuz hat er mehrfach abgelehnt.
Zitate
- „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“.
- „Lieber 5 Prozent Inflation als 5 Prozent Arbeitslosigkeit“.
- „In den grundlegenden Fragen muss man naiv sein. Und ich bin der Meinung, dass die Probleme der Welt und der Menschheit ohne Idealismus nicht zu lösen sind. Gleichwohl glaube ich, dass man zugleich realistisch und pragmatisch sein sollte.“
- „Zwar kann der Politiker im Augenblick seines Handelns oder wenn er sein Handeln erklären und begründen muss, nicht gleichzeitig auch große Philosophie liefern. Aber sofern er ohne philosophisch-ethische Grundlage handelt, ist er in Gefahr, Fehler zu begehen. Er ist in Gefahr, in Opportunismus abzusinken. Er ist sogar in Gefahr, ein Scharlatan zu werden.“
- „Heutzutage ist das wichtigste zu lernen, wie man andere Völker versteht. Und zwar nicht nur deren Musik, sondern auch ihre Philosophie, ihre Haltung, ihr Verhalten. Nur dann können sich die Nationen untereinander verstehen.“
- „Die Vorstellung, dass eine moderne Gesellschaft in der Lage sein müsste, sich als multikulturelle Gesellschaft zu etablieren, mit möglichst vielen kulturellen Gruppen, halte ich für abwegig. Man kann aus Deutschland mit immerhin einer tausendjährigen Geschichte seit Otto I. nicht nachträglich einen Schmelztiegel machen.“
- „Die Demokratie lebt vom Kompromiss. Wer keine Kompromisse machen kann, ist für die Demokratie nicht zu gebrauchen.“
- "Keine Begeisterung sollte größer sein als die nüchterne Leidenschaft zur praktischen Vernunft."
Werke
- Verteidigung oder Vergeltung, Stuttgart 1961
- Militärische Befahlsgewalt und parlamentarische Kontrolle, in: Horst Ehmke, Carlo Schmid, Hans Scharoun, Festschrift für Adolf Arndt zum 65. Geburtstag, Frankfurt am Main 1969, Seiten 437 - 449.
- Reform des Parlaments, in: Claus Grossner, Das 198. Jahrzehnt. Marion Gräfin Dönhoff zu Ehren, Hamburg 1969, Seiten 323 - 336.
- Die Opposition in der modernen Demokratie, in Rudolf Schnabel, Die Opposition in der modernen Demokratie, Stuttgart, 1972, Seiten 51 - 60
- Menschen und Mächte, Berlin 1987.
- Politik als Beruf heute, in: Hildegard Hamm-Brücher, Norbert Schreiber, Die aufgeklärte Republik. eine kritische Bilanz, München 1989, Seiten 77 - 84.
- Die Deutschen und ihre Nachbarn. Menschen und Mächte, Teil 2, Berlin 1990.
- Politischer Rückblick auf eine unpolitische Jugend, 1991.
- Handeln für Deutschland, Berlin 1993.
- Zur Lage der Nation, 1994.
- Weggefährten - Erinnerungen und Reflexionen, Berlin 1996.
- Die Allgemeine Erklärung der Menschenpflichten, 1997 (Mitarbeit).
- Auf der Suche nach einer öffentlichen Moral, 1998.
- Globalisierung. Politische, ökonomische und kulturelle Herausforderungen, 1998.
- Kindheit und Jugend unter Hitler, Sammelband, Berlin 1998.
- Die Selbstbehauptung Europas, Perspektiven für das 21. Jahrhundert, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart München 2000.
- Die Mächte der Zukunft Gewinner und Verlierer in der Welt von morgen, Siedler Verlag, München 2004.
Literatur
- Mainhardt Graf von Nayhauß: Helmut Schmidt. Mensch und Macher, Bastei Lübbe : Bergisch Gladbach 1988, 766 S., ISBN 3-404-61197-7
- Hartmut Soell: "Helmut Schmidt. Vernunft und Leidenschaft",Band 1, DVA: 2003, 900 S., ISBN 3421053529
Siehe auch
Weblinks
- Vorlage:PND
- Biographie beim Deutschen Historischen Museum
- Biographie beim Bundeskanzleramt
- Helmut-Schmidt-Universität Hamburg
Personendaten | |
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NAME | Schmidt, Helmut Heinrich Waldemar |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker (SPD), 1974 bis 1982 Bundeskanzler der BRD |
GEBURTSDATUM | 23. Dezember 1918 |
GEBURTSORT | Hamburg |