Liberalismus

politische Ideologie und Bewegung
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Unter Liberalismus (lat. liber: frei, lat. liberalis: die Freiheit betreffend, freiheitlich) wird eine in der Aufklärung entstandene freiheitliche Gesinnung und politisch-philosophische Lehre verstanden.

Der Liberalismus begründete die Emanzipation (Befreiung) von überlieferten Dogmen aus dem Feudalismus und Absolutismus, die Unfreiheit rechtfertigen sollten (beispielsweise Gottesgnadentum). Im Zentrum seiner politischen Philosophie steht das Individuum, dem größtmögliche Freiheit gegeben werden soll. Die individuelle Freiheit ist nach liberaler Überzeugung die Grundnorm und Basis einer menschlichen Gesellschaft, auf die hin der Staat und seine politische wie wirtschaftliche Ordnung auszurichten seien. Wo die Freiheit des Einzelnen berührt wird, habe jede, auch die staatliche Gewalt zu enden – der Staat habe nur dann einzugreifen, wenn die Freiheit der Individuen verletzt wird. Seine Rolle habe sich vorrangig auf den Erhalt von Recht und Freiheit zu beschränken. Regulationen der Wirtschaft, aber auch Sozialleistungen sollten ebenso wie Steuern minimiert werden. Dem einzelnen solle durch sein Mehr an Freiheit auch mehr Verantwortung für sich selbst übertragen werden.

Der Liberalismus steht in seiner Theorie im Gegensatz zum Totalitarismus und gilt vielerorts als Voraussetzung, wenn nicht als Synonym zur Auffassung einer modernen pluralistischen Demokratie. Bis in die Gegenwart betrachten sich auch Vertreter von nicht explizit liberalen Parteien als Liberale im Sinne der aufklärerischen philosophischen Definition des Liberalismus.

Vom Anarchismus unterscheidet sich der heutige Liberalismus durch die Auffassung, dass der Staat - wenn auch möglichst weit im Hintergrund - zur Sicherung von Freiheit und Eigentum als notwendig angesehen wird.

Auf der anderen Seite ging der Liberalismus des frühen 19. Jahrhunderts in vielen europäischen Staaten, insbesondere im deutschsprachigen Raum, aber auch in den italienischen und anderen Fürstentümern einher mit dem seit der französischen Revolution fast überall aufblühenden Nationalismus (nicht nur in Europa, sondern beispielsweise auch in Süd- und Mittelamerika), der zunächst als einheitlich mit den Ideen der Demokratie begriffen wurde. Besonders in den zersplitterten deutschen und den vor allem von den österreichischen Habsburgern bzw. den spanischen Bourbonen abhängigen italienischen Provinzen dieser Zeit, oder den unter preußischer und österreichischer Herrschaft stehenden Gebieten wie Böhmen, Ungarn und dem zerteilten Polen war der Liberalismus auch verbunden mit damals revolutionären Forderungen nach nationaler Unabhängigkeit oder nationalstaatlicher Einheit. Nach der Niederschlagung der bürgerlich-liberalen Revolutionen von 1848/49 (vgl. auch Risorgimento, Februarrevolution 1848 und Märzrevolution) wurde die Idee der nationalen Einheit vor allem in Deutschland und Italien von eher konservativen Kreisen aufgegriffen und dort fast zeitgleich etwa zwei Jahrzehnte später "von oben" umgesetzt. Große Teile der vorrangig nationalen Strömungen des Liberalismus entfernten sich darauf von dessen ursprünglichen Werten mit seinen emanzipatorisch-freiheitlichen an den Rechten des Individuums ausgerichteten Idealen und entwickelten sich längerfristig zu Parteien mit dezidiert antidemokratischen und antiliberalen Fraktionen, die teilweise eine erhebliche Anhängerschaft fanden - bis hin zu den völkisch-extremen Splittergruppen des deutschen und österreichischen Kaiserreichs, die sich endgültig vom Liberalismus entfernten.

Begriffe und Konzepte

Der Begriff des Liberalismus selbst ist relativ schwer zu bestimmen, ohne auf den gesamten westlichen Individualismus Bezug zu nehmen. Die Spannbreite reicht von den Sozial- bzw. Linksliberalen bis zu den Ultra-Liberalen oder Libertären, die prinzipiell jede durch erzwungene Beiträge finanzierte soziale Maßnahme als unzulässigen Eingriff des Staates in die persönliche Freiheit des Einzelnen ablehnen. In den USA werden heute mit liberals Sozialliberale gemeint, während sich die Verfechter eines auf ein absolutes Minimum reduzierten staatlichen Eingreifens seit den 1930er Jahren in Abgrenzung zu den Sozialliberalen unter dem Begriff der libertarians sammeln.

Politik

Zentrale politische Forderung des Liberalismus ist die nach Grundrechten als institutionalisierter Form der Menschenrechte. Diese sind vom Staat zu garantieren und haben Vorrang auch vor demokratisch herbeigeführten Entscheidungen. Siehe auch Rechtsstaat, Minderheitenschutz.

Als ein wichtiger Begründer des Liberalismus gilt John Locke. In seinem 1689 veröffentlichtem Werk Two Treatises of Government (deutsch: Über die Regierung) postuliert er Leben, Freiheit und Eigentum als unveräußerliche Rechte des Bürgers. Zweck des Staates sei, diese Rechte zu schützen. Der Franzose Voltaire prägte mit seinem Ausspruch "Ich bin nicht Eurer Meinung, aber ich werde darum kämpfen, dass Ihr Euch ausdrücken könnt." das liberale Prinzip der Toleranz und der Meinungsfreiheit. Charles de Montesquieu gilt mit seinem 1748 veröffentlichten De l'esprit des lois (dt. Vom Geist der Gesetze) als Begründer des Konzepts der Gewaltenteilung. John Stuart Mill formulierte in seiner bekanntesten Schrift On Liberty (dt: Über die Freiheit) das Limit, "dass der einzige Grund, aus dem die Menschheit, einzeln oder vereint, sich in die Handlungsfreiheit eines ihrer Mitglieder einzumischen befugt ist: sich selbst zu schützen. Dass der einzige Zweck, um dessentwillen man Zwang gegen den Willen eines Mitglieds einer zivilisierten Gesellschaft rechtmäßig ausüben darf: die Schädigung anderer zu verhüten."

Ökonomie

Ökonomisch betonen Liberale das Recht auf privates Eigentum, da nur dieses die Freiheit des Einzelnen gewährleisten könne. Begründungen dafür können entweder naturrechtlichen Argumentationsmustern folgen oder primär auf die Effektivität eines auf Privateigentum basierenden Gesellschaftssystems verweisen. Naturrechtliche Begründungen dieser Art finden sich in Ansätzen bei Hugo Grotius und Samuel Pufendorf und werden von John Locke ausformuliert: Der einzelne besitze Eigentum an seinem Körper und folglich auch an der Arbeit seines Körpers. Er sei auch berechtigt, Dinge aus dem Naturzustand zu reißen, wenn er diese bearbeitet hat (beispielsweise den Boden, den jemand das erste mal bearbeitet). Ist das Ding aus dem Naturzustand gerissen, könne es dann nur noch durch Schenkung oder Tausch den Eigentümer wechseln. Zwang sei hiermit ausgeschlossen. In der Tradition dieser Begründung argumentieren beispielsweise die US-amerikanischen Gründerväter, Robert Nozick oder Ayn Rand.

Die auf Effizienz beruhende Argumentation nimmt an, dass der Markt für die optimale Allokation der Ressourcen sorge. Ein freier Wettbewerb stellt dabei das prinzipiell optimale Steuerungsinstrument der Wirtschaft dar. Sowohl staatliche Wettbewerbshemmnisse (z.B. Steuerprivilegien oder Schutzzölle) als auch Unternehmenskonzentrationen seien dabei eine Bedrohung des Wettbewerbs. Erster bekannter Vertreter des klassischen Liberalismus ist Adam Smith, berühmt wurde sein Konzept der unsichtbaren Hand: Das eigennützige Streben der Menschen trage zum Wohl der gesamten Gesellschaft bei. Weiter wird die Idee des klassischen Liberalismus - explizit ohne naturrechtliche Komponente - von Jeremy Bentham und John Stuart Mill vertreten, auf ein sozialdarwinistisches Extrem von Herbert Spencer getrieben und findet sich in der neueren Theorie beispielsweise bei James M. Buchanan oder Robert Axelrod.

Zu ökonomischen Aspekten des Liberalismus siehe auch: Manchesterliberalismus, Neoklassik, Österreichische Schule, Neoliberalismus, Ordoliberalismus, Monetarismus

Geschichte des Liberalismus

Wurzeln des Liberalismus

Obwohl der Begriff des Liberalismus erst relativ spät in Spanien entstand (1812), ist seine Geschichte doch älter. Er entwickelte sich zeitgleich mit der Aufklärung als politische Gegenbewegung zum Absolutismus des 17. und 18. Jahrhunderts.

Während der Liberalismus die politische Szene in England und den USA während des 18. und 19. Jahrhunderts fast vollkommen beherrschte, hatte er in den kontinentaleuropäischen Ländern zunächst weit weniger Einfluss. Dies änderte sich mit in den verschiedenen französischen Revolutionen (nach der „großen“ französischen Revolution von 1789 besonders die Bürgerliche Revolution von 1830 und in der Folge auch in anderen Ländern (Deutschland, Österreich-Ungarn, Italien, Schweiz)

Liberalismus in Großbritannien

Heute ist mit den Liberal Democrats eine liberale Partei (ca 18%) im Unterhaus vertreten.

Liberalismus in Deutschland

Erste Hälfte des 19. Jahrhunderts bis nach der Märzrevolution 1848/49

Erste Höhepunkte waren zum Beispiel das Wartburgfest 1817, das Hambacher Fest 1832 und die Revolution von 1848. Die entsprechenden vorrevolutionären und revolutionären liberalen Bewegungen bekämpften zum einen die wieder am Absolutismus ausgerichteten Fürstentümer während der nachnapoleonischen Ära bzw. der dem Wiener Kongress (1814/15) bis 1848 folgenden Restauration (vgl. auch Vormärz). Sie forderten Verfassungen, Liberalisierung des Handels durch Beseitigung der Zollschranken und demokratische Rechte für das Volk. Zugleich traten sie für die Einigung der Staaten des deutschen Bundes in einem gesamtdeutschen Nationalstaat ein.

Während der durch die Märzrevolution entstandenen Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche 1848/1849 stellten die bürgerlich-liberalen Fraktionen Casino und Württemberger Hof (Heinrich von Gagern), die sogenannten "Halben", die Mehrheit. Sie traten für eine konstitutionelle Monarchie, Volkssouveränität und parlamentarische Rechte ein. Die Minderheit der "Ganzen", der ebenfalls dem Liberalismus, teilweise auch dem Frühsozialismus zugeordneten Radikaldemokraten, unter ihnen beispielsweise Robert Blum, forderte eine deutsche Republik und die Beseitigung monarchistischer Strukturen. Schon in diesen unterschiedlichen Fraktionen während der 1849 gewaltsam niedergeschlagenen Revolution deutete sich die später stärker um sich greifende Zersplitterung des deutschen Liberalismus an: beispielsweise in „Sozialliberale“, „Wirtschaftsliberale“ oder „Nationalliberale“.

Die radikale herrschafts- und staatsverneinende Strömung des Liberalismus, der Anarchismus, entwickelte sich ab den 1840er Jahren vor allem unter der Wortführerschaft Michail Bakunins (der zum Beispiel am Dresdner Maiaufstand 1849 in Sachsen maßgeblich beteilgt war), in ihren wesentlichen philosophischen Ausprägungen in eine sozialistische und kommunistische Richtung, und vertrat die Interessen der revolutionären Arbeiterbewegung. In den frühen 1870er Jahren eskalierte der Konflikt zwischen den Anhängern von Karl Marx und denen Michail Bakunins in der ersten Internationalen (Internationale Arbeiterassoziation), und es kam zur Spaltung der revolutionär-sozialistischen Bewegung in eine anarchistische und marxistisch-kommunistische Ausprägung.

Kaiserreich bis 1918

Die Deutsche Fortschrittspartei, die sich 1861 gründete, war die erste politische Partei Deutschlands im heutigen Sinn, mit Parteiprogramm und klaren politischen Zielen. Diese richteten sich am traditionellen Liberalismus aus. Nach dem preußischen Verfassungskonflikt in den 1860er Jahren kam es zwischen 1866 und 1868 noch vor der Gründung des deutschen Kaiserreichs zur wesentlichsten Spaltung des parteipolitisch organisierten deutschen Liberalismus, der Auswirkungen bis in Auseinandersetzungen der Gegenwart hat. Die beiden größten und bedeutendsten Nachfolgeparteien der Deutschen Fortschrittspartei in der Zeit des Deutschen Kaiserreiches waren ...

  • ... einerseits die Nationalliberale Partei (gegründet 1866/1867): Sie unterstützte die Regierungspolitik Bismarcks und die Vorherrschaft Preußens im Reich, favorisierte im Prozess der Reichseinigung deshalb eine kleindeutsche Lösung (ohne Österreich), und entwickelte sich sehr schnell in eine konservative Richtung, in der die Einheit und Freiheit der Nation Vorrang vor demokratischen Freiheitsrechten hatte. Letztere traten bei den Nationalliberalen zunehmend in den Hintergrund. Die Nationalliberale Partei war lange Zeit die stärkste Fraktion im Reichstag des Kaisereichs und kooperierte mit der Konservativen Partei des Reichskanzlers. Nach dem 1. Weltkrieg zerfiel die Nationalliberale Partei. Ihr größter Teil ging in der Deutschen Volkspartei (DVP) der Weimarer Republik auf.

Mit dem Aufkommen der Sozialdemokratie mussten die Liberalen nach und nach ihren Einfluss als prägende politische Kraft mit den Sozialisten teilen - und, bezogen auf das Wählerpotenzial - spätestens 1912 an sie abgeben. Die Reichsregierung wurde allerdings im Kaiserreich noch vom Kaiser bestimmt und nicht vom Parlament gewählt. Dabei fanden die mehrheitlich regierungstreuen Nationalliberalen mehr Berücksichtigung als die Linksliberalen oder die Sozialdemokraten, die in der Zeit der deutschen Monarchie lange Zeit als Staatsfeinde betrachtet und behandelt wurden.

Weimarer Republik und Zeit des Nationalsozialismus: 1918 bis 1945

Bei der Gründung der Weimarer Republik spielten die Liberalen nach der Novemberrevolution neben den Sozialdemokraten wieder eine relativ wichtige Rolle im parlamentarischen Parteienspektrum. Nach dem 1. Weltkrieg gründeten sich erneut zwei entgegengesetzte liberale Parteien, die aus den links- bzw. rechtsliberalen Parteien der Kaiserzeit hervorgingen: die Deutsche Demokratische Partei (DDP) und die Deutsche Volkspartei (DVP). Trotz gleichen Namens stand letztere mit der DtVP des Kaiserreichs in keinem inhaltlichen Zusammenhang.

Die linksliberale DDP war zusammen mit der SPD und dem Zentrum beteiligt an der sogenannten Weimarer Koalition, der ersten Regierung der Weimarer Republik in den Jahren 1919 und 1920. Nach 1920 musste sie von Wahl zu Wahl stetig Stimmenverluste hinnehmen. - Dagegen war die rechtsliberale DVP ab 1920 viele Jahre an verschiedenen Regierungen beteiligt.

Wo die DDP eine eher sozialliberale Politik vertrat und die Republik unterstützte, gab es in der DVP, die aus den die Monarchie stützenden Nationalliberalen hervorgegangen war, einen starken republikfeindlichen Flügel. Dennoch stellte die DVP über mehrere Jahre hinweg mit Gustav Stresemann, der bis heute als „Prototyp“ eines Realpolitikers gilt, und der dem deutschen Reich nach dem 1.Weltkrieg wieder zu einem relativen Ansehen im Ausland verhalf, den Außenminister der Weimarer Republik. Er versöhnte die Partei mit der republikanischen Staatsform, hatte jedoch im Industriellen Hugo Stinnes einen bedeutenden innerparteilichen Widersacher. Nach Stresemanns Tod (1929) driftete die DVP schnell nach rechts ab - bis hin zur Duldung und schließlich Unterstützung der rechtsdikatorischen Inhalte der völkischen Parteien DNVP und NSDAP.

Die DDP vereinigte sich 1930 nach heftigen innerparteilichen Auseinandersetzungen mit der aus der bündischen Tradition kommenden Volksnationalen Reichsvereinigung, bekannter unter dem Namen "Jungdeutscher Orden" und benannte sich um in Deutsche Staatspartei. Damit folgte sie dem nationalistischen Trend der Zeit am Ende der zunehmend krisengeschüttelten Weimarer Republik, die zu dieser Zeit im Grunde schon faktisch gescheitert war. Bedingt durch diese Entwicklung trat fast der gesamte linke Flügel aus der Partei aus, darunter auch der Pazifist und Friedensnobelpreisträger von 1927, Ludwig Quidde. Dieser linke Flügel der vormaligen DDP gründete die kurzlebige Radikaldemokratische Partei, die aber in den letzten Jahren der Republik politisch erfolglos blieb.

In der Zeit des Nationalsozialismus galt auch der Liberalismus als verfemt. Die entsprechenden Parteien wurden wie alle anderen demokratisch legitimierten Parteien verboten, wenn sie sich nicht selbst auflösten. Viele, vor allem linke Liberale wurden, wenn sie sich dem System nicht anpassten, politisch verfolgt oder sahen sich zur Emigration gezwungen.

Bis in die Gegenwart gelten unter anderen Persönlichkeiten wie Friedrich Naumann, Max Weber, Albert Einstein, Walther Rathenau, Gustav Stresemann, Hugo Preuß, Reinhold Maier, Theodor Heuss, Ludwig Quidde als Protagonisten des klassischen Liberalismus, wenn auch in sehr unterschiedlichen und letzten Endes teilweise gegensätzlichen politischen Ausprägungen.

Bundesrepublik Deutschland: Ende der 1940er Jahre bis Gegenwart

Nach dem 2. Weltkrieg vereinten sich die Vertreter des politischen Liberalismus noch vor der Gründung der Bundesrepublik Deutschland wieder in einer Partei: der FDP. Sie war unter anderem mit Thomas Dehler, Erich Mende, Walter Scheel, Hans-Dietrich Genscher und Klaus Kinkel an verschiedenen Bundesregierungen sowohl in einer Koalition mit der CDU/CSU als auch mit der SPD beteiligt, blieb aber bis heute lediglich dritt-, bzw. seit 1994 nur viertstärkste Kraft unter den im Bundestag vertretenen Parteien. Mit Theodor Heuss stellte die FDP von 1949 bis 1959 den ersten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland und mit Walter Scheel von 1974 bis 1979 den vierten.

Seit den 1990er Jahren kam (auch) aus den eigenen Reihen (z.B. von den eher "Parteilinken" Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Burkhard Hirsch, Gerhart Baum und anderen) verstärkt die Kritik auf, dass liberale Prinzipien im Bereich der Bürgerrechte kaum noch eine Rolle spielten und wirtschaftsliberale bzw. neoliberale Werte dominierten. Leutheusser-Schnarrenberger trat 1996 aus Protest gegen den zur damaligen Zeit von ihrer Partei befürworteten „Großen Lauschangriff“ von ihrem Amt als Bundesjustizministerin in der CDU/CSU-FDP-Koalition unter Bundeskanzler Helmut Kohl zurück.

Die Versuche von Jürgen Möllemann, anlässlich der Bundestagswahl 2002 mit polarisierenden Zuspitzungen, die ihm den Vorwurf des Antisemitismus eintrugen, Wähler von rechten Rand für die FDP zu gewinnen, trugen mit dazu bei, dass auch altverdiente und prominente Werteliberale des „linken“ Flügels der Partei, wie etwa Hildegard Hamm-Brücher, 2002 aus der FDP austraten.

Die auf dem Bundesparteitag der FDP 2005 in Köln gefassten Beschlüsse zur Bürgerrechtspolitik beinhalten u.a. die Ablehnung von Großer Lauschangriff, flächendeckender Videoüberwachung und biometrischem Reisepass. Auf wirtschaftlichem Gebiet fordert sie eine grundlegende Steuerreform, eine Reform der Sozialversicherung, die Einführung eines Bürgergelds sowie eine Entbürokratisierung der Wirtschaft mit dem Ziel, das Wachstum zu fördern und dadurch Arbeitsplätze zu schaffen.

Liberalismus in Österreich

Auch in Österreich erlebten die Liberalen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (nach 1860) einen Aufschwung und stellten eine bedeutende Fraktion im Parlament. So konnte sich langsam die Konfessionsfreiheit, Emanzipation der Juden und die Trennung von Schule und Kirche durchsetzen. Dies alles gegen die Widerstände des Kaisers und der mit ihm vebündeten konservativen Tiroler Abgeordneten.

In der Republik Österreich gibt es - mit kleinen Ausnahmen - keine eigenständige liberale Partei mehr. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg konnte sich auf Dauer keine politische Partei halten, die ausschließlich den Zielen des Liberalismus verpflichtet gewesen wäre; die wenigen Vertreter des politischen Liberalismus waren stets gezwungen, sich anderen, eigentlich nicht-liberalen und stark etatistischen Parteien anzuschließen, sei dies die katholisch-konservative und protektionistische ÖVP, die SPÖ oder die Grünen. 1949 formierte sich zwar der "Verband der Unabhängigen" (VdU), der einen liberalen Flügel hatte, doch stand diesem ein ungleich gewichtigerer "nationaler" Flügel gegenüber, dessen Mitglieder zumeist Altnazis waren und weiterhin ein deutsch-nationales bzw. - mehr oder weniger offen - nationalsozialistisches Gedankengut pflegten und die eigentlich liberalen Vertreter rasch marginalisierten oder aus der Partei drängten. Dasselbe gilt auch für die in "Freiheitliche Partei Österreichs" (FPÖ) umbenannte Nachfolgepartei des VdU, und zwar nicht erst, seitdem 1986 Jörg Haider, ein rechtspopulistischer Politiker aus Kärnten, Parteiobmann der FPÖ geworden war. Erst 1993 entstand als Abspaltung der FPÖ mit dem Liberalen Forum um Heide Schmidt wieder eine kleine liberale Partei. Diese konnte sich bis 1999 im österreichischen Parlament halten; bei den Wahlen 1999 und 2002 scheiterte sie jedoch an der 4-Prozent-Klausel.

Liberalismus in der Schweiz

Nach ersten Anfängen im Kanton Aargau um 1835 (siehe Aargauer Klosterstreit) setzten sich die liberalen gegen die katholischen Kantone im Sonderbundskrieg von 1847 ganz durch, und es wurde 1848 eine liberale Verfassung verabschiedet, in der es unter anderem hieß:

Art. 4. Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich. Es gibt in der Schweiz keine Untertanenverhältnisse, keine Vorrechte des Orts, der Geburt, der Familien oder Personen.

Die liberale Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) beziehungsweise ihre Vorgänger sind seit 1848 in Bundesrat (Regierung) und Bundesversammlung (Parlament) vertreten. Daneben existiert noch die heute vor allem in den protestantischen Kantonen der Westschweiz und in Basel verankerte, stark föderalistische Liberale Partei der Schweiz (LPS), die aber nie nationale Verbreitung fand.

Liberalismus in Italien

Auch in Italien hatte der Liberalismus im 19. Jahrhundert seine große Zeit und zwar unter König Viktor Emanuel II. und Camillo Cavour, der von 1852 bis 1861 als Ministerpräsident des Königreichs Piemont-Sardinien maßgeblich an der Einigung Italiens beteiligt war.

Sein liberaler Antiklerikalismus bestimmte auch die Verfassung des Königreichs Italien (1861 - 1946). Bis zum Eintritt des konservativen Partito Popolare (Volkspartei) von Don Luigi Sturzo in die politische Landschaft 1919 stellten verschiedene liberale Parteien die Mehrheit im Parlament der italienischen Monarchie.

In der Republik Italien wurde der politische Diskurs vom Kampf zwischen konservativen Christdemokraten (DC) und der Kommunistischen Partei Italiens bestimmt. Es existierten zwar zwei (meist an der Regierung beteiligte) Liberale Parteien (PLI und PRI), die aber nie aus dem Schatten der großen DC hervortreten konnten. Aktuell spielt der Liberalismus in Italien eine eher unbedeutende Rolle, allenfalls die Radikale Partei mit der ehemaligen EU-Kommissarin Emma Bonino konnte gewisse Achtungserfolge erzielen, z.B. bei der Europawahl 1999. Auch Vittorio Sgarbi, vom konservativen Haus der Freiheiten hat eine Liberale Partei gegründet, die mit dem PRI zusammenarbeitet. Die PRI, die Radikalen und zwei weitere Parteien gehören der ELDR an und ihre Abgeordneten sind Mitglieder der ALDE. In der Liberalen Internationale ist die Federazione dei Liberali als Beobachter vertreten.

Kritik

Die reine Form des wirtschaftlichen Liberalismus wird das Laissez-faire, auch Manchesterliberalismus genannt. Unter dem Eindruck der Weltwirtschaftskrise stellte John Maynard Keynes (*1883, †1946) vor allem dieses wirtschaftliche Laissez-faire infrage. Er war der Meinung, dass der Staat bei konjunkturellen Einbrüchen aktiv eingreifen muss, um fehlende private Nachfrage durch staatliche Nachfrage zu ersetzen. Allerdings besteht hierüber das Risiko einer marktschädigenden Marktverzerrung zugunsten der Unternehmen, die von der staatlichen Nachfrage profitieren und führt auch ohne Kreditfinanzierung zu zukünftigen finanziellen Steuerbelastungen kleiner Unternehmen.

An der naturrechtlichen Herleitung des Privateigentums entzündet sich eine Kritik, die diesen Naturbegriff des Naturzustands hinterfragt. Ein solcher Zustand erweise sich bei Betrachtung als Fiktion, da einerseits beispielsweise Boden schon immer irgendwann von jemandem bearbeitet wurde, also Eigentum wäre, andererseits aber auch verwildern und verwittern kann, und somit in einen Naturzustand zurückkehren würde, der die Effekte der Bearbeitung aufhebt. In der Praxis ergebe sich aus so einer Herleitung immer, dass derjenige, der im Besitz von etwas ist, dies auch bleiben soll, ohne weiteres Hinterfragen dieser Verhältnisse. Deshalb verpflichtet Eigentum nach dem deutschen Grundgesetz - entgegen liberalen Grundsätzen - zur Beachtung des Gemeinwohls. Eine solche Eigentumsverpflichtung ist in der EU-Verfassung nicht vorgesehen.

Einen scharfen Feind fand der politische Liberalismus im Nationalsozialismus.

Auch Karl Marx formulierte seine Schrift Das Kapital als Kritik der politischen Ökonomie.

Heute wird der Liberalismus auch vom Kommunitarismus kritisiert, bzw. ergänzt.

Bedeutende Liberale

Siehe auch

Literatur

Klassiker

Moderne

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