Mein Kampf ist das politische Grundlagenwerk von Adolf Hitler, in dem er vor dem Hintergrund seiner Autobiographie die Grundzüge seiner weltanschaulichen Überzeugung und seines Programms entwirft.

Entstehung
Hitler schrieb Mein Kampf 1924 während seiner Festungshaft in Landsberg am Lech zusammen mit Rudolf Heß, welcher aber nicht als Koautor aufgeführt wird. Sein Ziel war die Darstellung der Entwicklung und der Ziele des damaligen Nationalsozialismus. Eine Kernthese ist dabei die Authentizität der fiktiven Protokolle der Weisen von Zion, welche eine jüdische Weltverschwörung beschreiben. Ursprünglich sollte das Buch Viereinhalb Jahre [des Kampfes] gegen Lüge, Dummheit und Feigheit heißen.
Während der erste Teil im Laufe Hitlers Haftzeit diktiert wurde, entstand der zweite Teil nach der im Dezember 1924 erfolgten, vorzeitigen Entlassung in einer Villa auf dem Obersalzberg. Im Juli 1925 wurde der erste Band veröffentlicht, im Dezember 1926 der zweite. Bis 1930 erschien Mein Kampf in zwei großformatigen Bänden zum Preis von je 12 Mark. 1930 wurden die beiden Bände zu einer einbändigen "Volksausgabe" zusammengefasst im Format 12 auf 18,9 Zentimeter – eine Angleichung an das übliche Bibelformat.
Der Originaltext erlebte in seiner zwanzigjährigen Editionsgeschichte von 1925 bis 1945 zahlreiche Änderungen und Erweiterungen. Sprachlich und inhaltlich verworrene Passagen wurden offenbar von anonymen Lektoren aus Hitlers Umfeld bearbeitet.
Otto Strasser, dessen Bruder Gregor Strasser mit Hitler in Landsberg inhaftiert war, schrieb in seinem Buch Hitler und ich zur Erstfassung von Mein Kampf, dass es sich um ein Konglomerat „schlecht verdauter politischer Lektüre“ handelte, namentlich um Ansichten von Karl Lueger, Georg von Schönerer, Houston Stewart Chamberlain, Paul de Lagarde und Alfred Rosenberg zur Außenpolitik sowie „antisemitische Wutausbrüche von Streicher“, Zitat: „Alles zusammen war im Stil eines Sextaners geschrieben, von dem erst später klare Aufsätze zu erwarten sind. […] Pater Stempfle […] arbeitete monatelang daran, die Gedanken, die in Mein Kampf zum Ausdruck gebracht waren, zu ordnen und in einen Zusammenhang zu bringen.“ Weiter heißt es dort, dass Hitler „nie verzieh“, dass Stempfle bei der Korrektur des Buches Hitlers Schwächen so deutlich erkannt habe – Stempfle wurde 1934 bei der Ausschaltung von Ernst Röhm ermordet. Nach anderen Aussagen soll Stempfle jedoch versehentlich getötet worden und Hitler ob dieser Nachricht sehr erbost gewesen sein.
Eine textkritische oder historiographische Betrachtung von "Mein Kampf" sollte daher berücksichtigen, dass der Text der späten Ausgaben aus den vierziger Jahren nur bedingt in direkten Bezug zu setzen ist mit Hitlers schriftstellerischer und politischer Positionierung Mitte der zwanziger Jahre.
Inhaltliche Kurzzusammenfassung
- Es wird der Anschluss von Österreich (Deutsch-Österreich) an das Deutsche Reich gefordert;
- neben dem ausführlichen Entwurf des oben erwähnten, für den Nationalsozialismus typischen Antisemitismus wird besonderes Augenmerk auf den angeblich jüdischen und daher zu vernichtenden Marxismus gelegt,
- bei gleichzeitigem Gegenentwurf eines nationalen Sozialismus (unter der Vorstellung Rassenkampf statt Klassenkampf und zur Gewinnung der deutschen Arbeiterschaft);
- speziell betont wird das als Bolschewismus bezeichnete System der Sowjetunion mit der Forderung nach deren Zerschlagung durch einen Eroberungskrieg (auch als Rassenkrieg tituliert),
- bei gleichzeitiger Schaffung eines Lebensraums im Osten (für die "eingeengten" Deutschen),
- unter der Vorstellung, dass sich ein Zweifrontenkrieg nicht wiederholen dürfe und speziell, entgegen anderer deutschnationalistischer Positionen, ein Bündnis mit England anstrebend;
- es wird polemische Kritik am Parlamentarismus geübt mit dem Gegenentwurf eines germanischen Führerstaats (Abschaffung der als den wahren Interessen der Volksgemeinschaft angeblich entgegengesetzten Demokratie);
- schließlich folgt die Vermengung all dessen zur Programmatik der NSDAP im zweiten Teil.
- Weiterhin finden sich ausführliche autobiographische Abschnitte und eine Geschichte der NSDAP (beides nur bis 1924).
Verbreitung
Von der einbändigen Volksausgabe wurden bis zum Machtantritt Hitlers im Januar 1933 287.000 Exemplare zum Preis von je 12 Reichsmark verkauft. Hitler erhielt pro verkauftem Buch 10 Prozent Tantieme. Danach schnellte die Auflage gewaltig in die Höhe. Allein vom Februar 1933 bis zum 31. Dezember 1933 wurden gut 1,5 Millionen Stück vertrieben. Bis 1939 stieg die Gesamtauflage auf 5,45 Millionen, bis 1943 auf 10,24 Millionen. Die größte Verbreitung erfolgte auf Staatskosten: die meisten Bände wurden im Dritten Reich von den Standesämtern an junge Paare ausgegeben. Um dieses einträgliche Geschäft nicht zu gefährden, erwirkte Hitler das besondere Gesetz, dass sein Buch nicht zweiter Hand verkauft werden durfte (beschenkte Paare hätten ungelesene Exemplare andernfalls womöglich in Antiquariate gebracht, und Standesämter hätten das Buch billiger in Antiquariaten als über den Verlag bezogen).
Nach Kriegsende 1945 dürften einige Millionen von Exemplaren in zahlreichen Haushalten, zusammen mit Hitlerbildern und anderen Erinnerungen an das NSDAP-Regime, beseitigt worden sein.
Rechtslage heute
Da Hitler bis zu seinem Tod mit Wohnsitz am Prinzregentenplatz 16 in München gemeldet war, wurde sein Vermögen, das von den Alliierten beschlagnahmt worden war, nach Kriegsende vom Freistaat Bayern eingezogen. Zu diesen Vermögenswerten zählen nach Ansicht des Freistaates auch die Nutzungsrechte an Mein Kampf. Sie enden am 31. Dezember 2015 (70 Jahre nach Hitlers Tod, gemäß Urheberrechtsgesetz). Der Bayerische Staat geht gegen unkommentierte oder vollständige Nachdrucke mit allen rechtlichen Mitteln vor.
Der Historiker Werner Maser, selbst Hitlerbiograph und Autor der ersten Ausgabe von kommentierten Auszügen aus "Mein Kampf", schreibt zur Rechtslage:
- Der Anspruch des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, mit der Übertragung des 1945 liquidierten Franz-Eher-Verlages zugleich auch über die Urheberrechte an "Mein Kampf" zu verfügen, ist rechtlich umstritten, was ausländische Verlage, so beispielsweise auch der russische Verlag "T-OKO", der das Buch 1992 - ohne Kürzungen - publizierte, zu ihren Gunsten nutzen. Schon eine Klage auf Wahrnehmung des Nutzungsrechts seitens der Erben Hitlers würde das Bayerische Ministerium zwingen, seine Ansprüche zu überprüfen. Der Freistaat Bayern war laut Urteil des Landgerichts München I vom 15. Oktober 1948 zwar berechtigt, Hitlers Vermögen zu beschlagnahmen; aber er war und ist nicht berechtigt, auch als Inhaber des Urheberrechts von Adolf Hitler aufzutreten, da das Urheberrecht ein Recht eigener Art mit ineinander übergreifenden verwertungs- und urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnissen darstellt, so daß weder die Vorschriften über Vermögensrechte (insbesondere des Sachrechts) noch über die des Persönlichkeitsrechts unmittelbare Anwendung finden können. Die Berufung des bayerischen Finanzministeriums im Zusammenhang mit dem behaupteten Erwerb des Urheberrechts auf die bayerische Einziehungsverordnung von 1948 ignoriert, daß das Urheberrecht zwar vererblich, jedoch unübertragbar ist. Der Kern des Urheberrechts ist kraft Erbganges auf die Erben Adolf Hitlers übergegangen.
- [...]
- Das bayerische Finanzministerium, das sich auf eine Entscheidung der Spruchkammer des Landgerichts München I vom 15. Oktober 1948 beruft, ging (und geht) davon aus, daß eine Neuveröffentlichung von "Mein Kampf" das Ansehen der Bundesrepublik im Ausland schädigen und ihr den Vorwurf eintragen könnte, eine "Weiterverarbeitung nationalsozialistischen Gedankengutes" zu dulden, was verständlicherweise weder in Deutschland noch im Ausland auf einhellige Zustimmung stieß. So schrieb beispielsweise der jüdische Autor C. C. Aronsfeld 1972 in der Zeitschrift "Prejudice" des Institute of Jewish Affairs: "Die deutschen Behörden widersetzen sich der Wiederveröffentlichung dieses Buches in dem Glauben, daß es für eine Freundschaft und Verständigung schädlich sein könnte. Diese Zweifel können wir verstehen, aber nicht teilen. Der Ursprung Hitlers ist fast irrelevant. Was wichtig ist, ist die Tatsache, daß er existierte, daß er seinem Volk und der Welt Unheil brachte und daß es immer noch Anhänger in vielen Teilen der Welt gibt. ,Mein Kampf' ist ein Handbuch ihrer Vorurteile und ihrer Unwissenheit, ob sie nun der deutschen, britischen oder irgendeiner anderen Nation angehören. Es ist deshalb notwendig, daß Hitler ... verstanden werden sollte. ,Mein Kampf' ist eine Einführung in seinen Geist und seine Methoden und sollte als solches zum Studium verfügbar sein." Und Theodor Heuss, der erste Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, schlug mir 1959 vor, "Mein Kampf" zu kommentieren und herauszugeben. "Ein besseres Mittel gegen eine Renaissance Hitlerischer Vorstellungen als ,Mein Kampf'", so meinte Heuss, könne es kaum geben.
In den angelsächsischen Ländern, in Israel (dort wird in englisch und hebräisch nachgedruckt) und in Skandinavien erscheinen immer mehr Reprints. Während die Rechtslage in den USA und Großbritannien eindeutig eine Veröffentlichung erlaubt, ist die Lage in Skandinavien unklar. Einem (politisch linksliberalen) Verleger in Schweden beispielsweise wurde die Publikation untersagt; er musste allerdings bisher keinerlei Sanktionen fürchten, obwohl er die Veröffentlichung fortsetzte. Ob Bayern überhaupt das Urheberrecht für Mein Kampf in Schweden besitzt, ist gerichtlich noch nicht abschließend entschieden. In Deutschland darf Mein Kampf laut einem Urteil des Bundesgerichtshofes antiquarisch vertrieben werden (BGHSt 29, 73). Auch der Besitz des Buches ist grundsätzlich nicht verboten.
Die Restriktionen in Bezug auf die drucktechnische Herausgabe des Buches haben sich durch die Möglichkeiten des Internets weitgehend überholt. Der Text ist im World Wide Web in vielen Sprachen vertreten. Da es allerdings keine Autorisierung oder Prüfung dieser Onlinetexte gibt, ist nicht gewährleistet, dass sie tatsächlich einer offiziellen Ausgabe entsprechen.
Künstlerische Auseinandersetzung
- 1973 las der Kabarettist Helmut Qualtinger öffentlich aus dem Buch vor (diese Lesungen sind auch auf CD erhältlich).
- 1987 hatte das Theaterstück Mein Kampf von George Tabori im Burgtheater Wien Uraufführung, welches sich mit der Zeit Adolf Hitlers in Wien vor dem Ersten Weltkrieg befasst.
- 1996 begann der deutsch-türkische Künstler Serdar Somuncu mit einer auszugsweisen öffentlichen Lesung aus Mein Kampf unter antirassistischen Vorzeichen.
Gleichnamiger Dokumentarfilm
Der gleichnamige 2-stündige Dokumentarfilm „Mein Kampf“ (Schweden, 1959, Prädikat: Besonders wertvoll) des deutsch-schwedischen Regisseurs und Publizisten Erwin Leiser (* 1923, † 1996) gilt bis in die Gegenwart als ein bahnbrechender Klassiker der filmischen Dokumentationen über die Zeit des Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945 und seiner Vorgeschichte.
Trotz des gleichen Titels ist er jedoch nicht als "Verfilmung" von Hitlers Buch zu verstehen. Aber in der sozusagen bewusst provokativ nahegelegten Assoziation dazu zeigt der Film Leisers auf eindrückliche Weise die historischen Konsequenzen von Hitlers autobiographischem Programmentwurf - im Grunde dessen Essenz und "Fortsetzung" - auf: Den Weg zu einem in Trümmern liegenden Europa mit 60 Millionen Kriegstoten und dem beispiellosen industrialisierten Völkermord an den europäischen Juden und anderen Bevölkerungsgruppen (vgl. Holocaust und Zweiter Weltkrieg).
Der Film wurde/wird auch oft in Schulen im Rahmen des Geschichtsunterrichts zum Thema gezeigt.
Siehe auch
Großdeutschland, Rassenhygiene, Rassismus, Vordenker des Nationalsozialismus, Lingua Tertii Imperii, Antikommunismus
Weblinks
- Deutsches Historisches Museum
- Kein Kampf mit der Zensur: Unzensiert und ungekürzt - Artikel in der "fluter", eine Onlinepublikation der Bundeszentrale für politische Bildung
- Rechtslage zu "Mein Kampf" aus Sicht der Bayerischen Staatskanzlei bei Giesbert Damaschke
- Wolfgang Mieder, "... as if I were the master of the situation" - Proverbial Manipulation in Adolf Hitler's Mein Kampf (mit weiteren Literaturhinweisen)
- Adolf Hitlers Festungshaft in Landsberg am Lech