Strahlungsbelastung durch die Nuklearunfälle von Fukushima
Das Kernkraftwerk Fukushima-Daiichi (jap. 福島第一原子力発電所, Fukushima daiichi genshiryoku hatsudensho „Fukushima Kernkraftwerk Nr. 1“) ist eines der größten Kernkraftwerke in Japan. Es ist in Ōkuma im Landkreis Futaba in der Präfektur Fukushima gelegen. Das Kraftwerk liegt etwa 250 km nördlich von Tokio, unmittelbar am Meer. In zwölf Kilometern Entfernung befindet sich das Kernkraftwerk Fukushima-Daini.
Strahlungsbelastung durch die Nuklearunfälle von Fukushima | ||
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Lage | ||
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Koordinaten | 37° 25′ 17″ N, 141° 1′ 57″ O | |
Land | ![]() | |
Daten | ||
Eigentümer | Tōkyō Denryoku | |
Betreiber | Tōkyō Denryoku | |
Projektbeginn | 1966 | |
Kommerzieller Betrieb | 26. März 1971 | |
Aktive Reaktoren (Brutto) |
6 (4.696 MW) | |
Reaktoren in Planung (Brutto) |
2 (2.760 MW) | |
Eingespeiste Energie im Jahr 2007 | 28.077 GWh | |
Eingespeiste Energie seit Inbetriebnahme | 809.673 GWh | |
Website | www.tepco.co.jp | |
Stand | 2. Juli 2008 | |
Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation. |
Fukushima I ist das älteste Kernkraftwerk des Energieversorgungsunternehmens Tōkyō Denryoku (Tokyo Electric Power Company – TEPCO). Infolge des Tōhoku-Erdbebens am 11. März 2011 und des folgenden Tsunami kam es in dem Kraftwerk zu einer Unfallserie mit mehreren Explosionen sowie zum Ausfall der Kühlsysteme.
Technik
Fukushima I besteht aus sechs Siedewasserreaktoren. Die ersten beiden sowie Block 6 wurden von General Electric gebaut, Block 3 und 5 von Toshiba und Block 4 von Hitachi. Der Bau zweier Blöcke des Typs Fortgeschrittener Siedewasserreaktor ist geplant. Das Kühlwasser bezieht die Anlage aus dem Meer. Insgesamt hat die Anlage eine Fläche von ca. 3,5 km². Seit dem 21. August 2010 sind in Block 3 MOX-Brennelemente mit einer Mischung aus Uranoxid und Plutoniumoxid im Einsatz.[1]
Die Stilllegung von Block 1 Anfang 2011 war lange Zeit geplant. Im Februar 2011 verlängerte die japanische Atomaufsichtsbehörde NISA jedoch die Laufzeit um 10 Jahre.[2]
Störungen und Betriebsabweichungen vor März 2011
Im Jahr 2002 stellte sich heraus, dass 16 Jahre lang Berichte des Betreibers TEPCO gefälscht und Inspektionen aus Kostengründen verschleppt worden waren. Alle TEPCO-Kernkraftwerke wurden daraufhin heruntergefahren. Am 16. Mai 2003 war die Überprüfung beendet, und die Anlage wurde erneut angefahren.[3]
Am 28. März 2007 berichtete das Wall Street Journal, dass TEPCO die Inbetriebnahme der Blöcke 7 und 8 um ein Jahr auf das Jahr 2013 bzw. 2014 verschoben hat. Als Grund wurde das Vertuschen eines Unfalls genannt.[4]
Unfallserie nach dem Erdbeben vom 11. März 2011
Am 11. März 2011 wurde das Kraftwerk infolge des schweren Tōhoku-Erdbebens automatisch abgeschaltet.[5] Zu diesem Zeitpunkt waren die Blöcke 1, 2 und 3 in Betrieb und die Blöcke 4, 5 und 6 waren auf Grund von Wartungsarbeiten heruntergefahren.[6] TEPCO berichtete, dass die Notstromdieselaggregate starteten, jedoch nach einer Stunde infolge des Tsunami[7] stoppten, so dass für die Blöcke 1, 2 und 3 (und – wie sich vier Tage später ergab – anscheinend auch für Block 4, 5 und 6) keine ausreichende Kühlung mehr gewährleistet war (Kühlmittelverluststörfall), um die Nachzerfallswärme abzuführen.[8] Zwar gab es mobile Generatoren vor Ort, und weitere wurden herangefahren. Diese Generatoren konnten allerdings bis zum 12. März 2011 morgens MEZ aufgrund fehlender geeigneter Kabel, eventuell auch wegen der Versperrung von Zufahrtswegen, nicht angeschlossen werden.[5][9]
Zum ersten Mal in der Geschichte Japans musste Regierungschef Naoto Kan den atomaren Notstand ausrufen. Zunächst wurden Anwohner im Umkreis von drei Kilometern aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen. Anwohner im Umkreis von zehn Kilometern wurden aufgefordert, in ihren Häusern zu bleiben.[10] Später wurde im Umkreis von zehn Kilometern um das Kraftwerk die Bevölkerung aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen.[11][12][13]
Explosionen beschädigten die Reaktorgebäude der Reaktoren 1, 2 und 3. Im Reaktorgebäude 4 brach ein Brand aus.
Der Vorfall wurde von der Japanischen Atomaufsichtsbehörde bisher als INES Stufe 4 („Unfall“) auf einer Skala von 0 („Ereignis ohne oder mit geringer sicherheitstechnischer Bedeutung“) bis 7 („Katastrophaler Unfall“) eingestuft.[14][15] Diese Einschätzung der japanischen Behörden wird von der französischen Kontrollbehörde für Nuklearsicherheit ASN angezweifelt, deren Präsident André-Claude Lacoste den Zwischenfall mit Stufe 5 („Ernster Unfall“) oder Stufe 6 („Schwerer Unfall“) einstuft.[16]
Allgemeiner Verlauf
Dieser Abschnitt beschreibt in vereinfachter Form den bei den drei betroffenen Reaktorblöcken im Prinzip gleichen Verlauf des Unfalls.[17]
Während des Erdbebens löste das Reaktorschutzsystem die Reaktorschnellabschaltung des Reaktors und den Abschluss des Reaktorsicherheitsbehälters aus. Durch das damit verbundene Schließen von Frischdampf- und Speisewasserventil ging planmäßig die Hauptwärmesenke des Reaktors verloren. Die von verdampfendem Wasser im Reaktor aufgenommene Nachzerfallswärme wurde nun in die Ersatzwärmesenke, die wassergefüllte Kondensationskammer im Sicherheitsbehälter abgeführt. Von dort hätte sie weiter über die Nachkühlkette abgeführt werden sollen.
Infolge des Erdbebens und des nachfolgenden Tsunamis versagten letztlich die Pumpen des Kühlsystems, da nicht nur die Energieversorgung von außen ausfiel, sondern auch die Dieselgeneratoren, die das System mit Notstrom hätten versorgen sollen. Lediglich Batteriestrom stand für begrenzte Zeit zur Verfügung. Daher wurde der Druckbehälter mit weniger Speisewasser[18] versorgt, als in ihm verdampfte. Das hatte zur Folge, dass der Wasserstand absank und die Reaktorbrennstäbe (6) teilweise nicht mehr von Wasser umgeben waren, wodurch sie sich stark erhitzten. Ebenso wurde das Kondensat in der Kondensationskammer nicht mehr hinreichend gekühlt, wodurch der Druck im Sicherheitsbehälter (Containment (2)) schnell anstieg. Um den Druck zu senken, wurde aus dem Sicherheitsbehälter mit Radionukliden (unter anderem Caesium-137 und Iod-131) kontaminierter Dampf über ein Notventil (9) (Wallmann-Ventil) in die Umgebung abgelassen. Wahrscheinlich führte die Erhitzung der Brennstäbe zu deren zumindest teilweiser Schmelze.[19] Zu einem Bruch (Durchschmelzen) des Reaktordruckbehälters (5) ist es bei Block 1 und 3 soweit bekannt nicht gekommen.
Vermutlich reagierte der Sauerstoff des umgebenden Wasserdampfes bei etwa 1500 K mit dem Zirkonium von Zirkalloy ummantelten, nun beschädigten, Brennstäbe.[20] Der freiwerdende Wasserstoff (ein Gas, das leichter als Luft ist) entwich in das Reaktorgebäude, wo es zu einer Knallgasexplosion kam, die die Gebäudehülle (vor allem das Dach) der Blöcke 1 und 3 zerstörte. Inwieweit die innerhalb der Reaktorgebäude befindliche Betonabschirmung (1) bei den Explosionen beschädigt wurde, ist nicht bekannt. Das stählerne Containment (2) soll bei diesen Blöcken intakt sein. Bei Block 2 könnte ein Bruch des Druckbehälters mit einem damit verbundenen Austritt erheblicher Mengen radioaktiver Substanzen eingetreten sein.
Um den Reaktorkern zu kühlen und bei einem Schmelzen der Brennstäbe eine unkontrollierte Kettenreaktion zu unterbinden, wurde mit Borsäure versetztes Meerwasser in den Reaktor geleitet. Das in natürlichem Bor zu 20 % vorhandene Isotop B-10 kann aus einer Kernspaltung entstehende Neutronen sehr effizient absorbieren (Neutronenabsorber), wobei es zu Lithium und Helium zerfällt.
Reaktorblock 1
Da das Kühlsystem im Reaktorblock 1 nicht mehr zur Verfügung stand, verdampfte Kühlwasser, bis Teile der Brennstäbe aus dem Wasser ragten. Der Druck wurde teilweise in das Containment abgelassen, wo er sich von 4 auf 8,4 bar erhöhte. Daraufhin wurde Dampf aus dem Containment und Reaktorgebäude abgelassen, wodurch am 12. März 2011 in direkter Umgebung des Reaktorblocks geringe Konzentrationen der radioaktiven Caesium- und Iod-Isotope 137Cs und 131I nachgewiesen wurden.[7][9]
Um zirka 15:36 Uhr Ortszeit[21] (7:36 MEZ) am 12. März ereignete sich eine Explosion, bei der die obere Partie des Hallengebäudes des Reaktorblocks weggesprengt wurde.[22] Daraufhin wurde der Kreis, aus welchem der Bevölkerung der Rückzug empfohlen worden war, auf 20 km ausgeweitet.[23][24] Einer Stellungnahme der Regierung zufolge wurde das Containment nicht beschädigt, die Strahlungswerte am Werkstor sollten 70-fach über den Normalwerten liegen.[25][26] Bei der Explosion handelte es sich um eine Verpuffung von Wasserstoff zwischen Containment und Außenhülle des Reaktorgebäudes. Nach Meinung von Fachleuten kann diese nur durch die Reaktion von sehr heißem Wasserdampf mit freiliegenden Zirkonium-Brennelementhülsen entstanden sein.[27] Durch die Explosion wurden vier Arbeiter vor Ort verletzt, drei weitere Arbeiter wurden bei anderen Vorfällen verletzt. Zudem wurde ein Arbeiter einer erhöhten Strahlungsdosis ausgesetzt.[28]
In Fukushima blies zum Explosionszeitpunkt ein Westwind mit einer Geschwindigkeit von etwa 15 km/h. Die japanischen Behörden vermuten seit zirka 17:00 Uhr MEZ aufgrund stark erhöhter Iod- und Caesiumwerte eine partielle Kernschmelze, die japanische Tageszeitung Asahi Shimbun berichtete von partiell freiliegenden Brennstäben.[29] Seit 20:20 Uhr Ortszeit (12:20 MEZ) wird Meerwasser zur Abkühlung mit Borsäure als Neutronenabsorber in den Reaktordruckbehälter gepumpt, die Behörden bereiten auch die Verteilung von Iod-Tabletten vor.[7][30] Das Auffüllen des Containments soll etwa zehn Tage in Anspruch nehmen, manche Quellen sprechen auch von zwei Tagen.[30][31] Premierminister Naoto Kan flog mit einem Hubschrauber zur Anlage und forderte dort einen Leiter von TEPCO auf, die umliegende Bevölkerung zu unterstützen.[32]
Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO/IAEA) teilte am 12. März 2011 gegen 21 Uhr (MEZ) mit, dass bislang etwa 170.000 Menschen innerhalb eines Radius von 20 km ihre Wohnungen verlassen mussten und dass die Evakuierungsmaßnahmen noch nicht abgeschlossen seien.[33] Kabinettssekretär Yukio Edano sagte, offizielle Stellen handelten nun aufgrund der Annahme, dass es sehr wahrscheinlich sei, dass in Block 1 eine Kernschmelze in Gang sei.[34] Am Montag war der Druck im Reaktorblock 1 stabil, weiteres Fluten mit Seewasser soll später wieder aufgenommen werden.[35]
Reaktorblock 2
Wie Block 1 und 3 war auch Reaktorblock 2 nach dem Erdbeben automatisch abgeschaltet worden. Laut einer Mitteilung des Betreibers war am 14. März 13:25 Uhr Ortszeit das Kühlsystem des Reaktordruckbehälters ausgefallen.[36] Dies führte zu einem nahezu vollständigen Verlust des flüssigen Wassers im Reaktor, wodurch sich die Gefahr einer Kernschmelze erheblich erhöhte.[37] Der Betreiber äußerte, man treffe Vorbereitungen, Meerwasser in den Reaktor zu pumpen.[38] Nach einigen Stunden stand jedoch fest, dass der Versuch, die Brennstäbe mit Meerwasser zu kühlen, fehlschlug.[39] Somit schien man eine Kernschmelze kaum noch verhindern zu können.
Am 15. März gegen 06:10 Uhr Ortszeit (JST) ereignete sich eine Explosion auch in diesem Block. Ob der Druckbehälter dies unbeschadet überstanden hat, war zunächst unklar. Es habe laut dem Betreiber TEPCO einen Druckabfall im Reaktor gegeben, was einen Bruch vermuten ließ.[40] Laut TEPCO soll der Brand der Brennelemente in Block 4 den Anstieg von Radioaktivität verursacht haben. Yukio Edano teilte am Dienstag Nachmittag mit, dass die Strahlendosis am Werkstor auf einen für Menschen ungefährlichen Wert abgefallen sei.[41] Es werde weiter Meerwasser in den Reaktor gepumpt; der Betreiber teilte am Dienstag um 17 Uhr (Ortszeit) mit, dass das Containment „keine signifikanten Änderungen“ zeige.[42]
Reaktorblock 3
Am 12. März 2011 gegen 22 Uhr (MEZ) gab die Japanische Atomaufsichtsbehörde bekannt, dass die Notkühlung im Block 3 nicht mehr funktionsfähig sei und dringend eine Methode zur Bereitstellung von Kühlwasser gefunden werden müsse.[43] Kabinettssekretär Yukio Edano sagte, offizielle Stellen handelten nun aufgrund der Annahme, dass eine Kernschmelze in Block 3 im Gang sein könnte.[34] Am 13. März 2011 bestätigte der Betreiber TEPCO gegen 12 Uhr Ortszeit (4 Uhr MEZ), dass auch in Block 3 die Drucksicherheitsventile geöffnet wurden, um Dampf abzulassen, und dass unmittelbar danach der Reaktordruckbehälter mit einer wässrigen Lösung von Borsäure geflutet wurde.[44] Die Brennelemente sind durch die Salzwasserzufuhr inzwischen wieder unter Wasser. Es könne allerdings sein, dass sich dadurch Wasserstoff unter dem Dach von Block 3 angesammelt habe. Sollte es wie beim Reaktor Nummer 1 zur Explosion kommen, könne der Reaktor dem widerstehen. Es gebe keine Notwendigkeit neuer Evakuierungsmaßnahmen.[45] Entgegen erster Aussagen Yukio Edanos soll in Block 3 doch keine Kernschmelze stattgefunden haben; er korrigierte damit seine früheren Angaben.[46] Eine Füllstandsanzeige meldete trotz Flutung einen sinkenden Pegel. Es wird angenommen, dass die Anzeige und das Ausblaseventil defekt sind.[47]
Hidehiko Nishiyama vom METI deutete am 13. März an, dass der Kern in Block 3 wahrscheinlich teilweise geschmolzen sei.[48] Im Reaktor des Blocks 3 werden im Gegensatz zu Block 1 und 2 MOX-Brennelemente verwendet.
Am 14. März 2011 gegen 11:01 Ortszeit (3:01 MEZ) ereignete sich im Gebäude des Blocks eine Explosion. Man nimmt an, dass es eine Wasserstoffexplosion war. Die Reaktorhülle soll nach Regierungsangaben intakt geblieben sein. Auch der Kontrollraum des Blocks sei weiterhin betriebsfähig. Nach Angaben von TEPCO wurden bei der Explosion 7 Menschen verletzt.[49]
Reaktorblock 4
Der Block war während des Erdbebens wegen Wartungsarbeiten außer Betrieb. Nach Angaben des Regierungssprechers Yukio Edano vom 15. März gegen 11:00 Uhr Ortszeit (03:10 MEZ) ist in Reaktorblock 4 ein Feuer ausgebrochen, möglicherweise in der Nähe des dortigen Abklingbeckens, das jedoch innerhalb kurzer Zeit gelöscht werden konnte.
In der Außenwand des Reaktors sollen zwei jeweils acht Quadratmeter große Löcher klaffen.[50]
Nach Angaben des japanischen Regierungssprechers Yukio Edano lagern im Reaktorblock 4 verbrauchte Brennelemente.[51] Am 15. März 23:00 Uhr Ortszeit teilte der Kraftwerksbetreiber mit, das Abklingbecken im Reaktor 4 könne nicht mehr mit Wasser gefüllt werden.[52] Am Abend des 15. März 2011 habe die Regierung angeordnet, die Notkühlung einzuleiten. Unter den gegebenen Umständen (Erdbeben- und Tsunamischäden, kein Netzstrom) ist davon auszugehen, dass die Notkühlung mit Meerwasser zu erfolgen hat, was den Reaktor schädigt und er aufzugeben ist. Somit wird auch dieser Reaktor nicht mehr in Betrieb gehen.[53]
Reaktorblöcke 5 und 6
Die Blöcke fünf und sechs waren während des Erdbebens wegen Wartungsarbeiten außer Betrieb. Am 15. März soll es nach Medienberichten auch in den Reaktorblöcken 5 und 6 Probleme mit dem Kühlsystem gegeben haben. Nun wird diskutiert die Wandpanele zu entfernen, um eine Wasserstoffexplosion zu vermeiden.[54]
Radiologische Situation
Die nach den Explosionen in Block 1 und 3 auf dem Gelände gemessene Dosisleistung (d. h. Strahlendosis pro Zeiteinheit) betrug zwischen 20 μSv/h und 4 μSv/h (1 µSv/h = 1 Microsievert pro Stunde).[55][49] Nach der Explosion von Block 2 stieg die Dosisleistung kurzzeitig auf über 8.000 μSv/h, was das 16-fache des Grenzwerts von 500 μSv/h bedeutet.[56], sank jedoch kurzzeitig wieder ab.
Am Morgen des 15. März um 09:10 Uhr Ortszeit betrug die Strahlung 11.900 μSv/h[57] und stieg später auf 100.000 bis zu 400.000 μSv/h.[58][59] Zum Vergleich: die natürliche Strahlenbelastung liegt bei etwa 2.400 μSv pro Jahr,[56] ein sogenannter somatischer Frühschaden ist ab einer Dosis von 200.000 bis 300.000 µSv beim Menschen medizinisch nachweisbar, jedoch besteht auch bei geringeren Dosen ein Strahlenrisiko.
Der Ministerpräsident Naoto Kan trat am 15. März 2011 persönlich vor die Presse. Unter anderem forderte er alle Menschen im Radius zwischen 20 und 30 km um Fukushima I dringend dazu auf, in ihren Häusern zu bleiben und Türen und Fenster geschlossen zu halten, um ihre Strahlenbelastung zu minimieren.[60][61] Die Menschen im Radius unter 20 km waren schon vorher aufgefordert worden, das Gebiet zu verlassen beziehungsweise evakuiert worden.
Sechs Stunden nach der Explosion in Block 2 ist die Strahlungsbelastung wieder auf 600 μSv/h gefallen.[62]
Daten der Reaktorblöcke
Das Kernkraftwerk Fukushima I hat insgesamt sechs Blöcke, von denen drei offenbar zerstört sind.[34] Zwei weitere waren in Planung.
Reaktorblock[63] | Reaktortyp | Nettoleistung | Bruttoleistung | Baubeginn | Netzsynchronisation | Kommerzieller Betrieb | Abschaltung (erwartet) |
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Fukushima I-1 | Siedewasserreaktor | 439 MW | 460 MW | 28. Juli 1967 | 17. November 1970 | 26. März 1971 | März 2011 zerstört[34] |
Fukushima I-2 | Siedewasserreaktor | 760 MW | 784 MW | 9. Juni 1969 | 24. Dezember 1973 | 18. Juli 1974 | März 2011 zerstört[40] |
Fukushima I-3 | Siedewasserreaktor | 760 MW | 784 MW | 28. Dezember 1970 | 26. Oktober 1974 | 27. März 1976 | März 2011 zerstört[34] |
Fukushima I-4 | Siedewasserreaktor | 760 MW | 784 MW | 12. Februar 1973 | 24. Februar 1978 | 12. Oktober 1978 | März 2011 tlw. zerstört / aufgegeben[64] |
Fukushima I-5 | Siedewasserreaktor | 760 MW | 784 MW | 22. Mai 1972 | 22. September 1977 | 18. April 1978 | (April 2018)[65] |
Fukushima I-6 | Siedewasserreaktor | 1.067 MW | 1.100 MW | 26. Oktober 1973 | 4. Mai 1979 | 24. Oktober 1979 | (Oktober 2019)[66] |
Fukushima I-7[67] | Fortgeschrittener Siedewasserreaktor | 1.325 MW | 1.380 MW | (2014 geplant) | |||
Fukushima I-8[68] | Fortgeschrittener Siedewasserreaktor | 1.325 MW | 1.380 MW | (2015 geplant) |
Siehe auch
- Kernenergie in Japan
- Liste der Kernreaktoren in Japan
- Liste der Unfälle in kerntechnischen Anlagen (vgl. zum Ablauf bei Kernkraftwerk Three Mile Island, USA, Kernschmelzunfall im Block 2 am 28. März 1979)
- Sicherheit von Kernkraftwerken
Weblinks
- List of Reactors insc.anl.gov
- Nuclear and Industrial Security Agency NISA Japanische Behörde für Nukleare und Industrielle Sicherheit NISA
- Japan Atomic Industrial Forum JAIF Japanisches Atom Industrie Forum JAIF
- ODL Fukushima-I (japanisch)
- Reactor Concepts Manual Boiling Water Reactor Systems – general electric (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ MOX fuel loaded into Tokyo Electric's old Fukushima reactor. Japan Today, 22. August 2010, abgerufen am 13. März 2011 (englisch).
- ↑ Mari Yamaguchi, Jeff Donn: "Japan quake causes emergencies at 5 nuke reactors". Forbes Magazine, 11. März 2011, abgerufen am 13. März 2011.
- ↑ Japan: Betreiber fährt nach Skandal Reaktor wieder an. 7. Mai 2003, abgerufen am 12. März 2011.
- ↑ TEPCO verschiebt Fertigstellung von Kernkraftwerk. 28. März 2007, abgerufen am 12. März 2011.
- ↑ a b Markus Becker, Christoph Seidler: Drohende Kernschmelze: Notaktion soll Krisen-AKW retten. Spiegel Online, 11. März 2011, abgerufen am 12. März 2011.
- ↑ Impact to TEPCO's Facilities due to Miyagiken-Oki Earthquake (as of 3PM). 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011 (englisch).
- ↑ a b c Battle to stabilise earthquake reactors. 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011 (englisch): „Three of Fukushima Daiichi's six reactors were in operation when yesterday's quake hit, at which point they shut down automatically and commenced removal of residual heat with the help of emergency diesel generators. These suddenly stopped about an hour later, and this has been put down to tsunami flooding.“
- ↑ Massive earthquake hits Japan. 11. März 2011, abgerufen am 12. März 2011 (englisch).
- ↑ a b Atomalarm in Japan, taz vom 12. März 2011
- ↑ bloomberg.com: Japan Orders Evacuation From Near Nuclear Plant After Quake - Bloomberg, Zugriff am 13. 3. 2011
- ↑ Drohende Kernschmelze: Radioaktives Cäsium sickert aus japanischem AKW. Spiegel Online, 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011.
- ↑ Erdbeben in Japan: Radioaktivität steigt im Umkreis von japanischem Reaktor. Abgerufen am 12. März 2011.
- ↑ Seismic Damage Information(the 12th Release). NISA, 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011 (englisch).
- ↑ IAEA update on Japan Earthquake. IAEA, 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011 (englisch).
- ↑ Explosion in Fukushima 1 als „Unfall“ eingestuft. NZZ Online, 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011.
- ↑ http://uk.reuters.com/article/2011/03/14/us-japan-quake-nuclear-france-idUKTRE72D6PR20110314
- ↑ The Crippled Japanese Nuclear Reactors New York Times 12. März 2011 (abgerufen am 14. März 2011; englisch)
- ↑ Siedewasserreaktor
- ↑ Gibt es nun Kernschmelzen in den Reaktoren 1 bis 3 von Fukushima-1 oder nicht? Die Zeit Online (abgerufen am 14. März 2011)
- ↑ Heise – Der Alptraum von Fukushima
- ↑ Gov't yet to confirm explosion at reactor: Edano. Kyodo News, 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011 (englisch).
- ↑ Bayerisches Fernsehen: Video der Explosion von Block 1 von Fukushima I
- ↑ JAPAN: NHK TV, WORKERS INJURED IN FUKUSHIMA EXPLOSION. agi.it, 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011 (englisch).
- ↑ 13.24 Uhr: +++ 10.000 Menschen in Minamisanriku vermisst +++. 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011.
- ↑ 原発 格納容器に損傷なし. Abgerufen am 12. März 2011 (japanisch).
- ↑ Explosion did not occur at Fukushima reactor: Japan spokesman. 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011 (englisch).
- ↑ The Washington Post, abgerufen 13. März 2011.
- ↑ IAEA update on Japan Earthquake. 13. März 2011, abgerufen am 13. März 2011 (englisch).
- ↑ Spiegel-Live-Ticker. spiegel.de, abgerufen am 12. März 2011.
- ↑ a b Japan struggles with nuclear reactors in wake of quake
- ↑ Explosion did not occur at reactor: Japan gov't spokesman. 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011 (englisch).
- ↑ Damage from mega quake increasing, death toll feared to top 1,800
- ↑ IAEA update on Japan Earthquake auf der Website der Internationalen Atomenergie-Organisation vom 12. März 2011, 21:10 Uhr (CET); englisch, abgerufen am .
- ↑ a b c d e Chief Cabinet Secretary Yukio Edano said officials were acting on the assumption that a meltdown could be underway at that reactor, Fukushima Daiichi's unit 3, and that it was "highly possible" that a meltdown was underway at Fukushima Daiichi's unit 1 reactor, where an explosion destroyed a building a day earlier. The Washington Post, abgerufen 13. März 2011. Referenzfehler: Ungültiges
<ref>
-Tag. Der Name „edano“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert. - ↑ Hydrogen blast occurs at Fukushima nuke plant's No. 3 reactor
- ↑ Occurrence of a Specific Incident (Failure of reactor cooling function) TEPCO-Pressemitteilung (abgerufen am 14. März 2011)
- ↑ Brennstäbe in Krisenreaktor komplett ungekühlt – Spiegel-Online-Meldung vom 14. März 2011
- ↑ Japan: Weiteres Kühlsystem im Krisenreaktor ausgefallen – Reuters-Meldung vom 14. März 2011
- ↑ Live-Ticker zum Japan-Beben – Live-Ticker-Meldung vom 14. März 2011
- ↑ a b Reaktor-Schutzmantel beschädigt. Abgerufen am 14. März 2011.
- ↑ Officials: Spent fuel rods may have burned in blaze at nuclear plant
- ↑ Dramatic escalation in Japan
- ↑ Japan's Fukushima nuclear plant faces new reactor problem. Reuters, 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011.
- ↑ Plant Status of Fukushima Daiichi Nuclear Power Station (as of 0pm March 13th). TEPCO, 13. März 2011, abgerufen am 13. März 2011 (englisch).
- ↑ Teilweise Kernschmelze auch in Reaktor 3
- ↑ Over 10,000 deaths feared in quake-tsunami, nuclear crisis continues
- ↑ Efforts to manage Fukushima Daiichi 3
- ↑ Hidehiko Nishiyama, a senior official of the Economy, Trade and Industry Ministry indicated Sunday that the core of the No. 3 reactor has also melted partially, telling a news conference, "I don't think the fuel rods themselves have been spared damage". Water injected into troubled nuclear power plant to avert disaster
- ↑ a b White smoke around the Fukushima Daiichi Nuclear Power Station Unit 3 (3rd release) Pressemitteilung TEPCO vom 14. März 2011 (abgerufen am 14. März 2011)
- ↑ Menschen fliehen aus dem Norden Japans - Neue Explosion und Brand in Atomanlage Fukushima auf heute.de, Abgerufen am 15. März 2011
- ↑ tagesschau.de 15. März 2011 3:10 Uhr
- ↑ Aufbewahrungsbecken für die verbrauchten Brennstäbe im Reaktor 4 kann nicht mehr mit Wasser gefüllt werden - Der Standard 15. März 2011
- ↑ NZZ laut Agentur Kyodo 15.03.2011
- ↑ Japan Earthquake Update (15 March 2011, 18:00 UTC)
- ↑ White smoke around the Fukushima Daiichi Nuclear Power Station Unit 3 (2nd release) TEPCO-Pressemitteilung (abgerufen am 14. März 2011)
- ↑ a b Weitere Explosion in AKW Fukushima-1 Die Zeit Online (abgerufen am 15. März 2011)
- ↑ http://abcnews.go.com/Business/wireStory?id=13133418
- ↑ http://edition.cnn.com/2011/WORLD/asiapcf/03/14/japan.nuclear.reactors/index.html?hpt=T1
- ↑ http://www.jiji.com/jc/c?g=soc_30&k=2011031500479 |title=放射線、福島原発で400ミリシーベルト=「人体に影響及ぼす可能性」-官房長官
- ↑ tagesschau.de 15. März 2011 3:20 Uhr
- ↑ NHK World TV
- ↑ Radiation decreasing, fuel ponds warming
- ↑ LATEST NEWS RELATED TO PRIS AND THE STATUS OF NUCLEAR POWER PLANTS. IAEA, abgerufen am 12. März 2011 (englisch, Power Reactor Information System der IAEA: Japan: Nuclear Power Reactors – Alphabetic“).
- ↑ NZZ: Anordnung der Notkühlung (diese erfolgt infolge der Erdbeben- und Tsunami-Schäden durch Meerwasser - somit wird der Reaktor aufgegeben und nicht mehr in Betrieb gehen)
- ↑ NUKE DATABASE SYSTEM: FUKUSHIMA DAIICHI-5. Abgerufen am 14. März 2011 (englisch).
- ↑ NUKE DATABASE SYSTEM: FUKUSHIMA DAIICHI-6. Abgerufen am 14. März 2011 (englisch).
- ↑ Nuclear Power Reactor Details - FUKUSHIMA-DAIICHI-7. Abgerufen am 12. März 2011 (englisch).
- ↑ Nuclear Power Reactor Details - FUKUSHIMA-DAIICHI-8. Abgerufen am 12. März 2011 (englisch, Kernkraftwerk Fukushima Daiichi 8 im PRIS der IAEA).