Waldheim-Affäre
Die Waldheim-Affäre oder Waldheim-Debatte (auch: Affäre/Causa/Fall Waldheim) war eine internationale Debatte um die vermutete Beteiligung Kurt Waldheims an Kriegsverbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus. Sie begann 1986 mit der Kandidatur des früheren UN-Generalsekretärs für das Bundespräsidentenamt Österreichs und dauerte nach seiner Wahl im August 1986 bis mindestens 1988 an.

Waldheim hatte die Jahre 1942-44 in biografischen Angaben ausgelassen und bestritt Details dazu nach ihrem Bekanntwerden oder erklärte, sie vergessen zu haben. In- und ausländische Medien verbreiteten neben zutreffenden Informationen auch Falschbehauptungen über ihn, die seine Gegner und Verteidiger politisch instrumentalisierten. Als Präsident blieb Waldheim außenpolitisch weitgehend isoliert. Die USA erließen im April 1987 ein privates Einreiseverbot für den „mutmaßlichen Kriegsverbrecher“.
1988 kam eine auf Waldheims Wunsch von Österreichs Regierung eingesetzte internationale Historikerkommission zu dem Ergebnis, dass er keine Verbrechen begangen, aber Detailkenntnisse von Mordbefehlen, Deportationen und Morden in seiner Umgebung hatte. Er habe nicht dagegen protestiert, sondern die Ausführung einiger Verbrechen etwa durch Weitergabe von „Feindlageberichten“ erleichtert.
Die Affäre löste eine vorher kaum geführte offene Diskussion über Österreich in der Zeit des Nationalsozialismus und die Beteiligung von Österreichern an NS-Verbrechen aus, die das Geschichtsbild dieses Staates veränderte. Sie stärkte indirekt die Wähleranteile der FPÖ. Ab 1992 kam es zu österreichischen Gesetzesinitiativen zur Entschädigung vertriebener Juden und Zwangsarbeiter, ab 2001 zu Restitution.
Vorgeschichte
Frühe Hinweise und Anfragen
Waldheim war erstmals 1971 Kandidat der ÖVP für das Präsidentenamt, unterlag aber dem wieder angetretenen Bundespräsidenten Franz Jonas (SPÖ). Im damaligen Wahlkampf behauptete das FPÖ-nahe Salzburger Volksblatt, Waldheim habe einer „SS-Reiterstandarte“ angehört, und forderte, die ÖVP dürfe sich deshalb nicht von ihrem Kandidaten distanzieren. Der Bericht blieb folgenlos.[1]
Der österreichische Holocaust-Überlebende Simon Wiesenthal soll 1971 und 1979 Anfragen zur Vergangenheit Waldheims erhalten und sie mit Hinweis auf die Wehrmachtsauskunftsstelle negativ beantwortet haben.[2]
Hillel Seidman, in der NS-Zeit Mitglied des Judenrats im Warschauer Ghetto[3], später Vorsitzender der Jewish Nazi Victims Organisation of America[4], fragte den UN-Generalsekretär Waldheim bei einer Pressekonferenz am 9. Oktober 1980, wie er mit Vorwürfen umgehen würde, er sei Mitglied der „Nazi-Jugendbewegung“ gewesen. Waldheim wies dies als „Dummheiten“ zurück.[5] In Österreich blieb der Vorfall unbeachtet.[6]
Auch eine schriftliche Anfrage des US-Abgeordneten Stephen Solarz nach Mitgliedschaften in NS-Organisationen verneinte Waldheim.[7] Solarz fragte daraufhin den US-Auslandsgeheimdienst CIA, ob entsprechende Informationen vorlägen. Ein CIA-Vertreter verneinte dies am 31. Dezember 1980 und ergänzte, es gebe keine Hinweise auf „antijüdische Aktivitäten“ Waldheims.[8]
Kandidatur und erste Recherchen
Am 1. März 1985 bot der SPÖ-Vorsitzende Fred Sinowatz Waldheim an, ihn als gemeinsamen Kandidaten von SPÖ und ÖVP für die anstehende Bundespräsidentenwahl aufzustellen. Daraufhin nominierte die ÖVP auf Initiative von Alois Mock Waldheim am Folgetag als ihren Kandidaten. Mit ihm hatte sie laut Umfragen gute Aussichten, die Wahl erstmals in der Zweiten Republik zu gewinnen. Die SPÖ stellte am 16. April Gesundheitsminister Kurt Steyrer als Gegenkandidaten auf.[9]
Waldheim veröffentlichte im Frühjahr 1985 ein Buch über seine Zeit als UN-Generalsekretär (1972 bis 1981). Ein Kapitel über seine Tätigkeiten vor 1945 erwähnte seine Soldatenzeit mit wenigen Sätzen: Er sei im Frühjahr 1941 an der Ostfront verwundet, daraufhin zur Genesung nach Österreich beurlaubt, nach der Heilung wieder eingezogen worden und habe sich bei Kriegsende im Raum Triest befunden.[10] Damit überging er seine Tätigkeiten von 1942 bis 1944. Er und die ÖVP stellten seine internationale Erfahrung heraus, etwa mit der Plakatparole „Ein Österreicher, dem die Welt vertraut”.[11]
Bei der ersten Pressekonferenz von Waldheims Wahlkampfteam am 3. Oktober 1985 fragte der Stern-Reporter Georg Karp, ob seine frühere Mitgliedschaft im Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) bekannt sei. Die Zeitschrift profil meldete am 14. Oktober 1985, Karps Angabe sei unbelegt. Pressekommentatoren erwarteten den bisher „übelsten“ Präsidentschaftswahlkampf.[12] Nach einem Bericht von profil-Reporter Alfred Worm vom April 1986 kündigte Fred Sinowatz SPÖ-Vertretern des Burgenlands am 28. Oktober 1985 an, man werde „zur rechten Zeit vor der Präsidentenwahl in einer großangelegten Kampagne die österreichische Bevölkerung über Waldheims braune Vergangenheit informieren“. Sinowatz verklagte Worm darum 1987 wegen übler Nachrede. Worm wurde jedoch 1991 freigesprochen, da die als glaubwürdig eingestufte Zeugin Ottilie Matysek sein Zitat bestätigte. Sinowatz und andere SPÖ-Vertreter, die seine Aussage bestritten, wurden 1992 letztinstanzlich wegen Falschaussagen zu hohen Geldstrafen verurteilt.[13]
Nach weiteren profil-Berichten soll die SPÖ schon im Frühjahr 1985 eine Akte über Waldheims Kriegszeit erhalten haben, die das Heeresnachrichtenamt 1971 für etwaige Anfragen an österreichische Militärattachés bei einer künftigen Kandidatur Waldheims für das UN-Generalsekretärsamt erstellt habe.[14] Hans Pusch, der Kabinettschef von Sinowatz, soll im August[15] oder September 1985[16] den US-amerikanischen Journalisten James Dorsey getroffen und über Kenntnisse der SPÖ von Waldheims „brauner Vergangenheit“ zu informieren versucht haben, um damit Berichte darüber in US-Zeitungen anzustoßen. Pusch galt daher für ÖVP-Wahlkampfleiter Kurt Bergmann[17] wie auch für Bruno Kreisky, den früheren langjährigen SPÖ-Bundeskanzler[18], als Urheber einer internationalen Verleumdungskampagne gegen Waldheim.
Im Oktober 1985 gaben Unbekannte profil-Chefredakteur Helmut Voska die Fotografie eines jungen Mannes in der Kleidung von NS-Studenten, der Waldheim ähnelte. Dieser bestritt auf Vorlage, dass er abgebildet sei.[7] Laut Voska wollten anonyme Informanten Waldheims Vergangenheit „Akt für Akt […] ins Scheinwerferlicht” rücken, um einen Ansehensverlust zu bewirken und seinen Wahlsieg zu verhindern. Man habe es daraufhin vorgezogen, diese Vergangenheit selbst zu recherchieren.[19]
Auch Georg Tidl, Historiker und damals Journalist beim Österreichischen Rundfunk (ORF), recherchierte nach Waldheims Kriegszeit und legte seine Ergebnisse dem ÖVP-Wahlkampfleiter Alois Mock vor. Dieser soll nicht interessiert gewesen sein.[7] Nach anderen Angaben soll Tidl bei Mock Waldheims Rückzug von der Kandidatur zu erpressen versucht und sein Material dann in die USA verkauft haben.[20]
Im Januar 1986 wurde der als Kriegsverbrecher hingerichtete General Alexander Löhr in der Wiener Stiftskaserne mit einer Gedenktafel geehrt. In einer Kurzmeldung darüber erwähnte profil-Redakteur Otmar Lahodynsky, dass Waldheim Ordonnanzoffizier im Stab Löhrs gewesen war. Im selben Monat soll Elan Steinberg, den der Jüdische Weltkongress (WJC) für Recherchen zu Waldheim nach Wien entsandt hatte, von einem Unbekannten - vermutet wird Georg Tidl - Material zu dessen Kriegsvergangenheit erhalten haben.[7]
1986
Vorhaltungen
Am 2. März 1986 abends eröffnete Hubertus Czernins Artikel „Waldheim und die SA“ eine wöchentliche Artikelserie von profil zu Waldheims Kriegsvergangenheit. Czernin hatte mit Waldheims Erlaubnis dessen Wehrstammkarte eingesehen, die seine Mitgliedschaft in der „Sturmabteilung“ (SA) und im NSDStB vermerkte. Waldheim sei entgegen seinen biografischen Angaben nach seiner Verwundung 1941 weiter als „kriegsdienstverwendungsfähig“ eingestuft worden, Ende März 1942 zum Armeeoberkommando 12 (ab 1943 Heeresgruppe E unter General Löhr) der Wehrmacht nach Saloniki versetzt worden und habe im November 1942 einen Studienurlaub erhalten. Von einer Beteiligung an NS-Verbrechen sprach Czernin nicht.[21]
Am 4. März berichtete John Tagliabue in der New York Times, Waldheim habe 1942 und 1943 in einer Wehrmachtseinheit gedient, die gegen Partisanen brutal vorgegangen sei und massenweise griechische Juden in deutsche KZs deportiert habe. Dies hätten seine Biografien ausgelassen. Der Artikel bestätigte Waldheims SA- und NSDStB-Mitgliedschaft. Als Quellen gab der Autor deutsche Militärakten, österreichische Militärarchive und unabhängig geprüfte, vom WJC zur Verfügung gestellte Dokumente an.[22]
Ebenfalls am 4. März veröffentlichte der WJC in den USA erstmals Dokumente zu denselben Sachverhalten. Darunter war eine Fotografie, die Waldheim mit hochrangigen Offizieren wie Artur Phleps zeigte, die 1942 an der “Aktion Schwarz” - Massakern an tausenden jugoslawischen Zivilisten - beteiligt gewesen waren. Der WJC betonte, Waldheim habe seine SA- und NSDStB-Mitgliedschaften, seinen Kriegsdienst 1942/1943 im Stab des Kriegsverbrechers Löhr, Kontakte zu Waffen-SS-Vertretern sowie seine Anwesenheit in Saloniki im März 1943 während der dortigen täglichen Deportation von 2000 bis 2500 Juden stets verschwiegen oder bestritten. Edgar Bronfman nannte dies „eine der am meisten ausgearbeiteten Täuschungen unserer Zeit“. Diese Vorwürfe bekräftigte der WJC bis 31. Juli 1986 mit insgesamt 30 Pressemitteilungen.[23]
Am 10. März berichtete Czernin erstmals über Waldheims Funktion bei der Abteilung „Ic/AO“ im Generalstab der Heeresgruppe E. Das Ustascha-Regime Kroatiens habe ihm für seine Verdienste bei der Partisanenbekämpfung die Zwonimir-Medaille mit Silber und Eichenlaub verliehen. Die United Nations War Crimes Commission (UNWCC) habe ihn 1948 namentlich erwähnt.
Am 22. März bestätigte der WJC letztere Meldung mit einem Auszug aus dem Zentralregister der US-Armee für als Kriegsverbrecher Verdächtigte (CROWCASS): Danach suchte die UNWCC den „Abwehroffizier“ Waldheim auf Antrag Jugoslawiens 1948 wegen Mordes. Der WJC nannte Waldheim deshalb bis zu seiner Wahl „mutmaßlichen Kriegsverbrecher“, aber nicht Abwehroffizier; er wertete das Dokument also zutreffend als unbewiesene Verdächtigung. Diese erhärtete sich nicht, da die damalige Anschuldigung nur auf mündliche, ungeprüfte Zeugenaussagen zurückging und Waldheim auf früheren Listen fehlte. Der WJC ging jedoch seither davon aus, dass Waldheim Teile seines Kriegsdienstes bewusst verschwiegen und nach deren Bekanntwerden darüber gelogen hatte. [24] Demgemäß betonte Elan Steinberg in einem profil-Interview am 24. März 1986: „Aber Waldheim ist kein Kriegsverbrecher — zumindest soweit wir bis jetzt wissen.“[25]
Israel Singer (WJC) sagte in derselben Ausgabe:[26]
„Wenn er nicht bis zu seiner Wahl die Vergangenheit rücksichtslos und lückenlos offenlegt, wird dies ihn und jeden Österreicher die nächsten Jahre verfolgen. Bitburg war schlimm genug, dauerte jedoch nur einen Tag; die Aktionen gegen Waldheim werden sechs Jahre lang dauern.“
Am 25. März veröffentlichte der WJC Recherche-Ergebnisse seines Beauftragten Robert Herzstein. Dieser deutete Waldheims Rang „03“ (dritter Ordonnanzoffizier) im "Ic/AO" als „senior intelligence officer“. Er habe die Zvonimirmedaille nach dem Kozara-Massaker erhalten, bei dem seine Heereseinheit zusammen mit Ustascha-Kämpfern tausende Jugoslawen tötete. Er habe dem Generalstab direkt über Gefangenenverhöre, die nationalsozialistische Zuverlässigkeit von Personal und „Spezialaufgaben“, nämlich Attentate, Entführungen und Deportationen, berichtet und auch Berichte über ethnische „Säuberungen“ unterzeichnet. Dabei stützte sich Herzstein auf eine Dienstbeschreibung der Heeresgruppe E vom Dezember 1943 und eine Studie des US-Kriegsministeriums über den Wehrmachtnachrichtendienst von 1984. Die Deutung dieser Dokumente blieb im Verlauf der Affäre umstritten; einen persönlichen Schuldvorwurf gegen Waldheim erhoben die WJC-Vertreter bis dahin nicht.[27]
Am selben Tag beantragte der WJC beim US-Justizministerium, Waldheim in dessen watch list für mutmaßliche Kriegsverbrecher aufzunehmen. Der Antrag wurde in Österreich am 7. April bekannt.[28]
Ein ORF-Redakteur gab die WJC-Vorwürfe am 25. März verzerrt wieder: Waldheim sei „Vernehmungsoffizier der Abwehr“ und „nachweisbar ein Nazi“ gewesen, habe „40 Jahre lang gelogen“, „über Kriegsverbrechen Bescheid gewusst und persönlich an Partisanenaktivitäten teilgenommen“.[29]
Am 26. März titelte das Massenblatt New York Post die Falschbehauptung: Papers show Waldheim was SS Butcher.[30]
Am 14. April erwähnte der WJC erstmals Dokumente, die jugoslawische Ankläger Waldheims der UNWCC 1947 vorgelegt und die ihn als „flüchtigen Nazi-Kriegsverbrecher“ bezeichnet hatten. Er habe Orte mit Partisanentätigkeiten identifiziert, an denen dann befehlsgemäße Massaker an Zivilisten verübt worden seien. Bis auf zwei seien alle beteiligten Täter im „Fall 7“ der Nürnberger Prozesse verurteilt worden. Der WJC ließ jedoch unerwähnt, dass einer der damals Freigesprochenen, Hermann Foertsch, als Generalstabchef der Heeresgruppen E und F weit mehr für deren Massaker verantwortlich gewesen war als Waldheim.
Nach weiteren Dokumenten sollte Waldheim im Oktober 1944 an Vergeltungsmassakern gegen drei jugoslawische Dörfer beteiligt gewesen sein. Die Freigabe der UN-Akte, schrieb Bronfman am 16. April an den damaligen US-Außenminister George Shultz, erhärte den Eindruck, dass Waldheim als angeklagter Kriegsverbrecher gesucht worden sei. Dieser habe demnach am „grausamsten Verhalten“ der Nationalsozialisten „teilgenommen“; in welcher Weise, ließ Bronfman offen.
Am 29. April legte der WJC Dokumente vor, wonach Waldheim entgegen seiner behaupteten Unkenntnis von Deportationen griechischer Juden gewusst haben müsse. Zudem könne er durchaus auch persönlich dabei mitgewirkt haben.
Am 2. Juni listete ein Zwischenbericht des WJC alle bis dahin bekannt gewordenen Dokumente zu Waldheims „verborgenen Jahren“ auf. Bronfman nannte Waldheim diesbezüglich einen „unmoralischen und uneinsichtigen Lügner“, dessen Präsidentenwahl „ein Akt symbolischer Amnestie für den Holocaust“ wäre.[31] Er sah Waldheim als gewissenlosen Opportunisten an, der sich auf die „Mordmaschine der Nazis“ eingelassen habe.[32]
Der WJC argumentierte seit 25. März wie folgt: Waldheim habe eine Anordnung von General Löhr, Partisanenaktionen mit Exekutionen und Zerstörungen zu rächen, und damit die Folgen seiner Tagesberichte über „Bandentätigkeiten“ gekannt. Daher trage er Mitschuld für Massaker und Inbrandsetzen von Dörfern und Lebensmitteln. Während Schuld in den Nürnberger Prozessen so nicht definiert worden war, stimmten die WJC-Vorwürfe mit jugoslawischen Anklagen von 1947 überein. Diese hielt der WJC nun offenbar für zutreffend.[33]
Auch deutsche Medien beteiligten sich an Recherchen zu Waldheims Kriegszeit. Der Spiegel berichtete am 29. April von „Tätigkeitsberichten“ seiner Abteilung Ic/AO vom April bis Juli 1944, die Vernehmungen und Übergaben alliierter Kriegsgefangener zur „Sonderbehandlung“ (Ermordung) an den Sicherheitsdienst vermerkten. Einige davon hatte Waldheim unterzeichnet.[34]
Reaktionen Waldheims
Gegenüber Tagliabue bestätigte Waldheim am 2. März seinen Dienst in der Heeresgruppe E, behauptete aber, er habe nichts von deren Kriegsverbrechen gewusst und höre nun erstmals von Massendeportationen griechischer Juden aus Saloniki. Seine Gegner wollten diese Information nach 40 Jahren zeitgerecht politisch missbrauchen. Er habe NS-Organisationen nur angehört, um sich und seine Familie zu schützen, die als Nazigegner bekannt gewesen sei. Er habe nie eine vollständige Autobiografie zu schreiben beansprucht.[35]
Am 9. und 10. März wies Waldheim in Interviews alle Behauptungen über seine NS-Vergangenheit als „unwahr“ zurück. Es handele sich um eine monatelang geplante „großangelegte Verleumdungskampagne“.[36] In diesem Kontext sagte er:[37]
„Ich habe im Krieg nichts anderes getan als hunderttausende Österreicher auch, nämlich meine Pflicht als Soldat erfüllt.“
Am 25. März erklärte Waldheim, die vorgelegten Dokumente bewiesen keine Verbrechen. Er sei kein Abwehroffizier und daher nicht an Verhören beteiligt gewesen.[38]
Am 13. April bestritt Waldheim in einem 13-seitigen Brief an US-Außenminister George Shultz und die Washington Post erneut jede aktive Beteiligung an Massakern im Sommer 1942: Er sei 180 km von Kozara entfernt als Verbindungsoffizier für italienische Infanterie stationiert gewesen.[39]
Am 14. April machte er „eine einzige Interessengruppe in New York“ für die Vorwürfe verantwortlich. Man habe zur Präsidentenwahl in Österreich ein „Lügengebäude“ erstellt. Er lasse sich aber nicht einschüchtern:
„Ich war kein Nazi, ich war weder Mitglied der SA noch des NS-Studentenbundes, ich habe keine Kriegsverbrechen begangen. Ich war ein anständiger Soldat, der wie Hunderttausende andere zum Dienst in der deutschen Armee gezwungen wurde.“
Nach dem Anschluss hätten die Nazis seinen Vater als Anhänger von Kurt Schuschnigg verhaftet. Nur der Form halber sei er höchstens sechsmal ohne Uniform in einem NS-Reiterkorps mitgeritten und habe dies nach 1945 in einem Fragebogen vermerkt. Eine SA-Mitgliedskarte mit seinem Namen gebe es nicht. Um seine Leser nicht zu langweilen, habe er biografische Angaben auf die für ihn wichtigen Wendepunkte begrenzt; 1971 habe sich noch niemand für Details von 1942-44 interessiert. Er habe nie einen Partisanen gesehen, da er als Kriegsverletzter nur noch in Stäben verwendbar gewesen sei. Er habe als Dolmetscher, Verbindungs- und Ordonnanzoffizier „reine Schreibarbeit geleistet“ und nie Gefangene verhört. Er habe nichts von Judendeportationen aus Saloniki wissen können, da er von November 1942 bis Mitte April 1943 einen Studienurlaub in Österreich verbracht habe. Dies könnten ihm mehrere Zeugen, darunter sein Vorgesetzter Herbert Warnstorff, bestätigen. Er habe auch nie Juden mit Judenstern gesehen. Als Dolmetscher in der Kampfgruppe Westbosnien sei er 200 km von deren Massakern in Kozara entfernt stationiert gewesen. Er fühle sich nicht für das Leiden der jüdischen Bevölkerung unter dem NS-Regime verantwortlich; seine Familie habe dieses abgelehnt. 41 Jahre nach Kriegsende müsse „endlich Schluß sein“ mit Pauschalvorwürfen an die Österreicher. Der WJC greife ihn eigentlich wegen seiner Nahostpolitik als UN-Generalsekretär an.[40]
Am 30. Oktober erklärte Waldheims Pressesprecher Gerold Christian jedoch, dass Waldheim entgegen seinen bisherigen Angaben Übersetzer und „Hilfsoffizier“ im Kozara-Feldzug 1942 gewesen sei, aber nicht bei der kämpfenden Truppe und nicht bei Aktionen gegen Partisanen oder Juden. Mit diesen habe er wegen seiner untergeordneten Stellung nie physischen Kontakt gehabt. Damit reagierte er auf Belege für Waldheims damalige Zugehörigkeit zum Stab des Generals Friedrich von Stahl.[41]
Reaktionen in Österreich
Am 3. März wies das ÖVP-Organ Neues Volksblatt Czernins Angaben als „Diffamierung“ seitens der SPÖ zurück. Am 4. März wies die Wiener Zeitung einen angeblichen Vorwurf Czernins zurück, Waldheim sei in kriegsrechtswidrige Aktivitäten verwickelt gewesen. Die österreichische Staatspolizei, CIA und KGB hätten ihn oft genug überprüft.[21]
Auf Waldheims erstes Abstreiten reagierte Fred Sinowatz mit der ironischen Aussage: „Ich stelle fest, dass Kurt Waldheim nie bei der SA war, sondern nur sein Pferd.“[42]
Simon Wiesenthal erklärte am 25. März, Waldheims Eintrag in die CROWCASS-Liste von 1947 begründe nur dann einen konkreten Tatverdacht, falls Jugoslawien die Vorwürfe aufrecht erhalten habe. Er bezweifle, dass Waldheim an Kriegsverbrechen beteiligt gewesen sei, glaube ihm aber seine behauptete Unkenntnis von Deportationen aus Saloniki nicht. Er lasse sich weder als Be- noch Entlastungszeuge für Waldheim vereinnahmen.[43]
Singers Warnung vom 24. März wurde in Österreich als unzulässige Einmischung in den Wahlkampf abgelehnt. Dieser wurde zunehmend aggressiver. Ab 30. März, dem Osterfest, plakatierte die ÖVP in roter Schrift auf grellgelbem Hintergrund: „Wir Österreicher wählen, wen wir wollen!“ In den folgenden Wahlumfragen führte Waldheim mit 65 %.[44] Schließlich lautete der ÖVP-Slogan: „Jetzt erst recht!”[45] Erhard Busek, Vizebürgermeister Wiens (ÖVP), ließ die Plakate dort nach wenigen Tagen entfernen. Ihre Hintergrundfarbe und Aussage, sich mit Waldheim gegen „ausländische Einmischung“ zu solidarisieren, kritisierten Historiker und politische Gegner als antisemitisches Motiv.[46] Behauptete Analogien zum Judenstern wiesen andere als Diffamierung zurück.[47]
Am 22. April erklärte der amtierende Bundespräsident Rudolf Kirchschläger in einer Fernsehansprache, als Staatsanwalt würde er aufgrund der bislang vorgelegten Dokumente keine Anklage gegen Waldheim erheben. Dieser müsse jedoch als Ordonnanzoffizier von Vorgängen in seinem Zuständigkeitsbereich gewusst haben.[48]
Die meisten österreichischen Medien setzten sich jedoch nicht mit den vorgelegten Dokumenten auseinander, sondern stellten den WJC als Urheber und Betreiber einer geplanten „Schmutzkübelkampagne“ gegen Waldheim und ganz Österreich dar und identifizierten ihn vielfach mit „dem Ausland“, „der Ostküstenpresse“ oder „den Juden“. Dieses Reaktionsmuster analysierten Historiker später als antisemitische Verschwörungstheorie im Dienst einer gezielten Gegenkampagne der ÖVP, deren Sicht auch manche SPÖ-Vertreter teilten.[49]
Auch Waldheim vertrat diese Sicht, fand aber jüdische Unterstützer wie Paul Grosz (Israelitische Kultusgemeinde Wien)[50] und Ari Rath (Jerusalem Post). Dieser riet ihm am 3. Oktober 1986 in der Hofburg vergeblich dazu, beim Nationalfeiertag am 26. Oktober die Mitverantwortung Österreichs für NS-Verbrechen zu erklären.[51] Der israelische Politikwissenschaftler Shlomo Avineri kritisierte das Vorgehen des WJC: Dieser habe Anklagen schon vor Abschluss seiner Recherchen erhoben und diese unnötig konfrontativ, auf Medienwirkung zielend, formuliert. Dies habe die genaue Bedeutung der bekanntgemachten Tatsachen in der NS-Zeit verunklart.[52] Der Staatsrechtshistoriker Thomas Chaimowicz ergänzte: Die Ankläger besäßen keine Kenntnis Österreichs und verstießen gegen biblische Tradition, wonach Juden und Christen das Verurteilen von Menschen verboten sei, deren Schuld noch unbewiesen sei. Sie dürften nicht aus Rechthaberei eine permanente Staatskrise auslösen, „die dem freien, wiederentstandenen Österreich ein Ende bereiten könnte.“[53]
Im ersten Wahlgang am 4. Mai 1986 verfehlte Waldheim mit 49,6 % der gültigen Stimmen knapp die absolute Mehrheit. Die Stichwahl vom 8. Juni 1986 gewann er mit 53,9 %. Unmittelbar danach traten Bundeskanzler Sinowatz und Außenminister Leopold Gratz (beide SPÖ) zurück. Die SPÖ stellte Angriffe auf Waldheim ein.[54]
Der neue SPÖ-Bundeskanzler Franz Vranitzky setzte die Koalition mit der FPÖ zunächst fort. Am 13. September wählte ein FPÖ-Parteitag Jörg Haider zum neuen Parteivorsitzenden anstelle des als sozialliberal eingestuften Vizekanzlers Norbert Steger. Daraufhin kündigte Vranitzky die Koalition. Bei den Neuwahlen am 23. November verdoppelte die FPÖ unter Haider mit knapp 10 % ihre Wählerstimmen, auch weil sie die durch die Waldheimaffäre mobilisierten deutschnational eingestellten Österreicher gewann. Daraufhin bildeten SPÖ und ÖVP bis zum 27. Januar 1987 eine Große Koalition, die bis 1999 bestand.[55]
1987
Die Watchlist-Entscheidung
Am 10. April 1986 hatte der US-Senat eine Untersuchung der Kriegsverbrechervorwürfe gegen Waldheim verlangt; das US-Repräsentantenhaus hatte bei Anhörungen Anhaltspunkte dafür gesammelt.[56] Eine Intervention von Österreichs Botschafter Thomas Klestil blieb erfolglos. Der WJC warf ihm am 19. April 1986 vor, seine Botschaft wolle Dokumente über Waldheims Kriegszeit unterdrücken, und erneuerte Anfang August seinen Antrag, Waldheim auf die watchlist zu setzen. Das US-Außenministerium vertagte die Entscheidung darüber bis nach der Bundespräsidentenwahl.[57]
Am 9. April 1987 legte das Office of Special Investigations (OSI) seinen Abschlussbericht zu Waldheims Kriegsvergangenheit vor. Am 27. April gab US-Justizminister Edwin Meese Waldheims Aufnahme in die watchlist bekannt. Dies verbot den US-Behörden, ihm ein Einreisevisum als Privatperson auszustellen. Das Verbot verwehrte Waldheim USA-Besuche auch nach Ende seiner Amtszeit und bestand lebenslang. Der Verwaltungsakt wirkte weithin als moralische Verurteilung und stieß in Österreich laut Umfragen auf breite Ablehnung.[58]
Am 29. April bezeichnete Österreichs Außenminister Alois Mock das Einreiseverbot als „unfreundlichen Akt“ und forderte die Herausgabe aller Dokumente dazu vom US-Botschafter Ronald Lauder in Wien. Das OSI veröffentlichte seinen Bericht erst 1994, soll aber dem WJC die Akten dazu schon 1987 übergeben haben.[59]
Eine Delegation von US-Juristen bekräftigte bei einem Besuch in Wien am 15. Mai, dass für die Watchlist-Entscheidung juristisch ausreichende prima facie-Verdachtsmomente vorlägen, da Waldheim einer Wehrmachtseinheit, die Verfolgungen ausgeübt habe, angehört und der Öffentlichkeit Informationen dazu vorenthalten habe.[60]
Bei einem USA-Besuch am 21. Mai versuchte Vranitzky vergeblich, bei US-Präsident Ronald Reagan die Rücknahme der Entscheidung zu erreichen.
Außenpolitische Isolierung
Bei Waldheims Inauguration am 8. Juli 1986 waren die Botschafter der Sowjetunion, der USA und Israels demonstrativ ferngeblieben. Unter den Gegendemonstranten, die sich für Waldheims Isolierung und Rücktritt einsetzten, war Beate Klarsfeld.[61]
Als Bundespräsident wurde Waldheim von keinem westlichen Staat eingeladen und nur von wenigen Staatsoberhäuptern besucht. Auch die Sowjetunion, die ihn im Wahlkampf verteidigt hatte, lud ihn nie ein. Die Schweiz wies den traditionellen Antrittsbesuch des österreichischen Staatsoberhaupts zurück.[62]
Am 25. Juni empfing Papst Johannes Paul II. Waldheim auf seinen Wunsch zu einer Audienz.[63] Dabei vermieden die meisten westlichen Botschafter beim Vatikan eine Begegnung; Waldheim blieb isoliert.[64] Der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl, der sich im April 1986 im ORF für Waldheims Wahl eingesetzt hatte, traf ihn im August 1987 am Attersee als erster westlicher Regierungschef zu einem informellen Gespräch.[65]
Israels Regierung hatte ihren Botschafter Michael Elizur nach Waldheims Wahl aus Wien abgerufen und betrieb die Botschaft bis 1992 nur mit einem Interimsgeschäftsträger. Das israelische Justizministerium hatte die Kriegsverbrechervorwürfe mit dem Ergebnis geprüft, dass sie strafrechtlich keine Anklage rechtfertigten. Dennoch verurteilte Israel Waldheims Papstbesuch am 18. und 21. Juni offiziell. Parlamentarier in der Knesseth bezeichneten Waldheim im Vorfeld öfter als Nazi. Ministerpräsident Jitzchak Schamir erklärte, der Papst legitimiere Waldheims „Verbrechen, die er verschiedenen Anschuldigungen zufolge begangen hat“. Außenminister Ezer Weizmann verwies dagegen auf die Beiträge dieses Papstes zur Versöhnung von Christen und Juden. Israels diplomatische Beziehungen mit Österreich wurden erst nach Waldheims Amtszeit normalisiert, besonders durch eine Rede von Thomas Klestil am 8. Juli 1991 vor der Knesseth, in der er sich zur historischen Mitverantwortung Österreichs für die NS-Verbrechen bekannte.[66]
Arabische und islamische Staaten, darunter Iran, Syrien und Lybien, hatten Waldheims Wahl begrüßt und ihn zu Staatsbesuchen eingeladen.[67] Besonders in den USA und Israel stießen Besuche oder Einladungen Waldheims in der Nahostregion auf starke Proteste, so seine Besuche in Jordanien im Juli, in Ägypten im Dezember 1987 sowie in Syrien, der Türkei und Kuwait im Oktober 1988.[68] Der Türkei sollen die USA wegen ihrer Einladung an Waldheim die Streichung von Hilfsgütern angedroht haben.[69] Die Gruppe B'nai B'rith kritisierte auch diplomatische Grüße westlicher Staatsoberhäupter an Waldheim.[70]
Waldheims Irakbesuch im August 1990, bei dem er die Freigabe von 97 österreichischen Geiseln erreichte, kritisierten manche ausländische Medien als Versuch, sein beschädigtes Image von „braunen Flecken“ zu reinigen.[71]
Angriffe und Übergriffe
Am 5. Mai bezeichnete Edgar Bronfman Waldheim als „wesentlichen Teil der Nazi-Tötungsmaschinerie“. Wegen seiner offenkundigen „Untaten und Lügen“ sei es „fast ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, zuviel mit ihm zu tun zu haben. Daraufhin zeigte Waldheim ihn am 7. Mai in Österreich wegen übler Nachrede an. Die Bundesregierung leitete am 14. Mai ein Strafverfahren gegen Bronfman ein[72], das ergebnislos verlief.
Bei einer Demonstration auf dem Petersplatz in Rom rief der New Yorker Rabbiner Avi Weiss, an Waldheims Händen klebe Blut.[73]
Am 27. Juni 1987 beschloss die Wiener SPÖ auf Initiative des früheren Widerstandskämpfers Josef Hindels, Waldheims Rücktritt zu fordern. In der vorausgehenden Debatte hatte Hindels Waldheim mit Bezug auf seine biografischen Auslassungen als „hinterhältigen Lügner“ bezeichnet. Daraufhin verglich ÖVP-Landeshauptmann Josef Ratzenböck Hindels mit dem NS-Richter Roland Freisler.[74]
Im Juni titelte das Neue Volksblatt: „Juden fallen wegen Einladung Waldheims über den Papst her.“ Im Juli verglich der Linzer Vizebürgermeister Carl Hödl in einem Brief an Edgar Bronfman dessen Aussagen über Waldheim mit Aussagen „Ihrer Glaubensgenossen vor 2000 Jahren, die in einem Schauprozeß Jesus Christus zum Tode verurteilen ließen, weil er in das Konzept der Herren von Jerusalem nicht paßte“.
ÖVP-Generalsekretär Michael Graff hatte WJC-Vertreter im Wahlkampf 1986 als „ehrlose Gesellen“ bezeichnet. 1987 stellte er sie als Verursacher von wachsendem Antisemitismus in Österreich dar, die antisemitische Aussagen bewusst provozierten, um sie dann zu skandalisieren.[75] Gegenüber der französischen Zeitung L'Express sagte er: „Solange nicht erwiesen ist, dass er [Waldheim] eigenhändig sechs Juden erwürgt hat, gibt es kein Problem.“ Nach heftiger Kritik an dem Satz trat er am 18. November 1987 zurück.[76]
Während der Affäre erlebten österreichische Juden vermehrt körperliche Angriffe, Drohungen und Beleidigungen, so dass manche das Land verließen. Auch Teilnehmer an einer Mahnwache „gegen das Vergessen“ vor dem Wiener Stephansdom, die täglich vom 8. Juni bis 8. Juli 1987 stattfand und von vielen prominenten Künstlern und Intellektuellen unterstützt wurde[77], waren Angriffen ausgesetzt.[78]
Entlastungsversuche
Waldheim hatte kurz nach seiner Wahl zum Präsidenten einer Prüfung seiner Vergangenheit durch Militärhistoriker zugestimmt. Sein Pressesprecher lehnte es aber am 12. April 1987 ab, „über einen gewählten Bundespräsidenten ein Tribunal einzusetzen.“[79]
Am 5. Mai beauftragte Österreichs Regierung den Völkerrechtler Felix Ermacora, Staatsarchivsleiter Kurt Peball und Militärhistoriker Manfried Rauchensteiner damit, in Belgrad Material zu Waldheims Tätigkeit 1942ff auf dem Balkan zu sichten. Die Beauftragten durchsuchten dortige Militärarchive vom 12. bis 14. Mai mit dem Ergebnis, ein „eingehendes Studium der Dokumente“ lasse keine schuldhafte Beteiligung Waldheims an Kriegsverbrechen erkennen. Dies wurde weithin als unglaubwürdiger Entlastungsversuch bewertet.[80]
Auf Waldheims Wunsch hin folgte die Regierung am 14. Mai 1987 einem Vorschlag Simon Wiesenthals vom Juni 1986 und setzte eine internationale und bezahlte Historikerkommission ein, die die Vorwürfe ohne gesetzte Frist prüfen sollte.
Am 11. Juni nominierte Außenminister Alois Mock Waldheims Vorgänger Karl Gruber, Botschafter Hans Reichmann und den Verleger Fritz Molden als Sonderbotschafter. Diese versuchten weitgehend erfolglos, das durch Waldheims Wahl angeschlagene Image Österreichs im Ausland zu verbessern.[81]
Waldheim beauftragte seinerseits seine engsten Vertrauten, darunter Karl Gruber und seinen Sohn, mit der Suche und Zusammenstellung entlastender Dokumente. Am 27. November gaben diese ein „Weißbuch“ heraus, das im wesentlichen schon bekannte Funde und Aussagen Waldheims dazu auflistete, mit denen das Außenministerium Waldheim seit Monaten im Ausland verteidigt hatte.[82]
Waldheims Glaubwürdigkeit war jedoch wegen erwiesener Falschaussagen im Affärenverlauf schon beschädigt.[83]
1988
Fälschung
Am 22. Januar 1988 behauptete der jugoslawische Militärhistoriker Dušan Plenča, ein früherer antinazistischer Partisan, er habe ein Telegramm gefunden, das Waldheims Beteiligung an damaliger deutsch-kroatischer Partisanen- und Judenverfolgung in der Region Kozara beweise.[84] Er überließ eine Kopie davon dem Spiegel, der diese am 1. Februar veröffentlichte. Danach meldete ein kroatischer Oberst seinem Vorgesetzten am 22. Juli 1942, „Leutnant Waldheim“ habe die sofortige Deportation von 4224 Gefangenen, darunter hauptsächlich Frauen und Kindern, aus Kozara in zwei Durchgangslager verlangt. Dazu wurden auch Fotos vorgelegt, die ihn mit dem Ustascha-Massenmörder Ante Pavelic zeigten.[85]
Die Veröffentlichung löste in Jugoslawien heftigen Streit aus. Das Originaldokument blieb unauffindbar. Plenca erklärte am 11. Februar, er habe nur eine Kopie von Kriegskameraden erhalten. Vermutet wurde, die jugoslawische Regierung habe das Original aus Kriegsarchiven verschwinden lassen oder ehemalige Partisanen hätten eine Fälschung lanciert, um eine erwartete Entlastung Waldheims durch den bevorstehenden Historikerbericht zu torpedieren.
Der deutsche Schrifttypen-Experte Bernhard Haas und eine jugoslawische Kommission kamen unabhängig voneinander bis zum 15. Februar zu dem Ergebnis, das kopierte Dokument sei frühestens 1949 auf einer tschechischen Schreibmaschine getippt worden und daher höchstwahrscheinlich gefälscht.[86] Erst am 17. Oktober 1988 bedauerte der Spiegel den Abdruck und Waldheims Bezeichnung als „Mittäter bei Kriegsverbrechen“.[87]
Neuer Dokumentenfund
Am 5. Februar machte Robert Herzstein einen Bericht bekannt, den Waldheim am 25. Mai 1944 in Arsakli für seine Vorgesetzten verfasst und unterzeichnet hatte. Danach hätten die Vergeltungsmaßnahmen für Sabotage und Hinterhalte trotz ihrer Schwere kaum Erfolg gehabt. Da sie nur vorübergehend wären, seien die bestraften Dörfer und Regionen bald erneut an die „Banden“ (Partisanen) gefallen. Ohne genaue Prüfung der objektiven Situation verursachten sie nur Verbitterung, die den Banden nütze.
Herzstein sah Waldheims Wissen von damaligen Massakern seiner Heeresgruppe und seine Helferrolle damit als erwiesen an. Er habe sich hier, vermutlich wegen der absehbaren Niederlage der Wehrmacht, ungewöhnlich offen aus praktischen, nicht aber moralischen Gründen davon distanziert.
Zugleich bestätigte Herzstein frühere Medienberichte[88], dass die jugoslawische Anklage gegen Waldheim von 1947, auf die sich der WJC gestützt hatte, gefälscht wurde, um ihn als damaligen Delegierten Österreichs in alliierten Grenzverhandlungen zu diskreditieren. Die Jugoslawen hätten nichts von Waldheims Teilnahme am Kozara-Feldzug gewusst und die Anklage 1948 nach Titos Bruch mit der Sowjetunion fallengelassen. Sein Name sei unbemerkt in der UNWCC-Liste erhalten geblieben. Dies führte Herzstein in seinem kurz darauf veröffentlichten Buch Waldheim: The Missing Years aus.[89]
Kommissionsbericht
Die Historikerkommission bestand aus Jean Vanwelkenhuyzen (Belgien), Manfred Messerschmidt (Bundesrepublik Deutschland), Gerald Fleming (Großbritannien), Jehuda Wallach (Israel), Hagen Fleischer (Griechenland), Hans-Rudolf Kurz (Schweiz) und James L. Collins (USA). Sie tagte erstmals am 1. September 1987 und veröffentlichte ihre Ergebnisse am 8. Februar 1988. Sie fand keine Beweise, dass Waldheim persönlich Kriegsverbrechen begangen hatte, aber Belege, dass er in seinen verschiedenen Funktionen von diesen gewusst hatte. Belege für Proteste oder Verhinderungsversuche fand sie keine, wohl aber Hinweise, dass seine Berichte über Feindtätigkeiten die Ausführung mancher Massaker erleichtert hatten. Damit war auch erwiesen, dass Waldheims biografische Angaben teils falsch, teils lückenhaft und seine Ausführungen dazu im Verlauf der Affäre wahrheitswidrig gewesen waren. Zu seiner möglichen „Mitschuld am Kriegsunrecht” fasste der Kommissionbericht zusammen:
„Auch wenn er als Subalternoffizier in Stabsstellungen keine Exekutionsbefugnisse hatte, war er dank seiner Bildung und seinem Wissen sowie infolge der Einblicke, die er als Dolmetscher in die entscheidenden Führungsvorgänge erhielt, besonders aber aus seiner Tätigkeit im zentralen Nachrichtendienst seiner Heeresgruppe und seiner örtlichen Nähe zu den Geschehnissen, hervorragend über das Kriegsgeschehen orientiert. […] Auch wenn sein persönlicher Einfluss auf den Entscheidungsprozeß der obersten Führung (im Südosten) einerseits von seinen Widersachern etwas überbewertet worden ist und andererseits von seinen Verteidigern allzu sehr herabgemindert wurde, war Waldheim doch häufig in diesen Besprechungen zugegen, wirkte an diesen mit und war folglich einer der besonders gut orientierten Stabsangehörigen. Dabei waren seine allgemeinen Einblicke umfassend: sie bezogen sich nicht nur auf die taktischen, strategischen und administrativen Anordnungen, sondern schlossen in einigen Fällen auch die Handlungen und Maßnahmen ein, die im Widerspruch zum Kriegsrecht und den Grundsätzen der Menschlichkeit standen.
Die Kommission hat von keinem Fall Kenntnis erhalten, in welchem Waldheim gegen die Anordnung eines von ihm zweifellos erkannten Unrechts Einspruch erhoben, Protest geführt oder irgendwelche Gegenmaßnahmen getroffen hat, um die Verwirklichung des Unrechts zu verhindern oder zumindest zu erschweren. Er hat im Gegenteil wiederholt im Zusammenhang rechtswidriger Vorgänge mitgewirkt und damit ihren Vollzug erleichtert.“
Abschnitt sechs befasst sich mit den Möglichkeiten, rechtswidrige Befehle nicht auszuführen oder zu umgehen:
„Waldheim ist zugute zu halten, daß ihm für einen Widerstand gegen das Unrecht nur äußerst bescheidene Möglichkeiten offenstanden. […] Für einen jungen Stabsangehörigen, der auf Heeresgruppenebene keine eigene Befehlsgewalt besaß, waren die praktischen Möglichkeiten des Gegenhandelns sehr gering und hätten mit aller Wahrscheinlichkeit kaum zu einem greifbaren Ergebnis geführt. Sie hätten sich wohl auf einen formellen Protest oder auf die praktische Ablehnung seiner Mitarbeit beschränken müssen, was zwar als mutige Tat erschienen wäre, aber kaum zu einem praktischen Erfolg geführt hätte. Ein derartiges Handeln von Waldheim ist nicht bekannt geworden.“
Abschließend wurde festgestellt:
„Waldheims Darstellung seiner militärischen Vergangenheit steht in vielen Punkten nicht im Einklang mit den Ergebnissen der Kommissionsarbeit. Er war bemüht, seine militärische Vergangenheit in Vergessenheit geraten zu lassen, und sobald das nicht mehr möglich war, zu verharmlosen. Dieses Vergessen ist nach Auffassung der Kommission so grundsätzlich, dass sie keine klärenden Hinweise für ihre Arbeit von Waldheim erhalten konnte.“
Die Veröffentlichung dieser Erkenntnisse 1988, kurz vor dem 50. Jahrestag des „Anschlusses” Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich 1938, führte zu einer Regierungskrise, da Bundespräsident Waldheim und die mitregierende ÖVP den Bericht zunächst ablehnen wollten. Schließlich beschränkte sich die Regierung Vranitzkys darauf, den Bericht „zur Kenntnis” zu nehmen.
Fernsehtribunal
Seit Juli 1987 produzierten zwei britische und ein US-amerikanischer TV-Sender ohne offiziellen Auftrag ein aufwendiges Fernsehtribunal zu Waldheims Kriegsvergangenheit. 25 Historiker durchsuchten 19 Archive und befragten 36 Überlebende deutscher Massaker und Deportationen im Balkanfeldzug sowie ehemalige Kameraden Waldheims aus der Abteilung Ic/AO in seiner Heeresgruppe E zu den Vorwürfen gegen ihn. Waldheim lehnte die Einladung ab und erklärte: „Und wenn sie hundert Jahre lang suchen, sie werden nichts finden."[90]
Im April 1988 befragte eine Kommission von fünf Juristen, je einem aus den USA, Großbritannien, Kanada, Schweden und Westdeutschland, die angereisten Zeugen in London neun Tage lang. Telford Taylor, ein an den Nürnberger Prozessen beteiligter Jurist, beriet die Kommission; die Rolle des Anklägers übernahm Allan Ryan, der NS-Kriegsverbrecher in den USA verfolgt hatte, die des Verteidigers Peter Rawlinson, ein konservativer britischer Generalstaatsanwalt. Die im Vorfeld stark umstrittene Kommission kam in einer drei-einhalbstündigen Abschlussberatung zu dem Ergebnis, es gebe nicht genug Beweise dafür, dass Waldheim sich für Verstöße 1942-44 gegen internationales Kriegsrecht rechtfertigen müsse. Eine Zusammenfassung des Fernsehtribunals Waldheim: A Commission of Inquiry wurde im Juni ausgestrahlt. Deutsche und österreichische Sender lehnten den Ankauf der Produktion ab[91], berichteten aber ausführlich über das als endgültiger „Freispruch“ gedeutete Ergebnis.
Einer der wichtigsten Zeugen des Tribunals war Hans Wende, einer der Untergebenen Waldheims in der Abteilung 03 des Ic/AO von Oktober 1943 bis September 1944. Er stellte seine gesammelten Dokumente jedoch erst 1998 dem Historiker Hermann Frank Meyer zur Verfügung. Darunter waren 15 von Waldheim unterzeichnete „Feindlageberichte“, die Wende in enger Abstimmung mit der Geheimen Feldpolizei erstellt hatte. Er bekräftigte in Interviews mit Meyer: Zwar habe Waldheim keine Befehlsgewalt gehabt und ausgeübt, aber zweifellos wie alle übrigen Angehörigen der Abteilung genau über die befohlenen „Sühnemaßnahmen“ - Massaker an Partisanen, Zivilisten und alliierten Gefangenen als Rache an einzelnen getöteten deutschen Soldaten - Bescheid gewusst:[92]
„Jedermann in Arsakli kannte die Befehle. Natürlich auch Waldheim. Wenn Waldheim das leugnet, dann sagt er nicht die Wahrheit.“
Folgen
Politik
Die Waldheimaffäre hatte erhebliche Auswirkungen auf Österreichs Innen- und Außenpolitik. Während Bundeskanzler Vranitzky Österreichs Image im Ausland zu verbessern versuchte und damit die Rolle des Staatsoberhaupts übernahm, die Waldheim wegen seiner Isolation versagt blieb, war die SPÖ seit der Rücktrittsforderung des Wiener Parteibezirks gespalten. Die ÖVP war zwischen ihrer Solidarisierung mit Waldheim und ihrer traditionell USA-freundlichen Haltung zerrissen.[93] Auch untereinander überwanden SPÖ und ÖVP ihre Differenzen im Umgang mit der Affäre nicht. Gegenüber ihrer großen Koalition etablierte sich das nationalistische und nationalliberale „Dritte Lager“ als dauerhafte Kraft, die beide Volksparteien fortan bei Regierungsbildungen berücksichtigen mussten.[94]
Nach dem Abflauen der Affäre 1988 polarisierte Waldheim das Land weiterhin. Seine Gegner nahmen ihm später geäußerte Selbstkritik und Einsicht nicht ab. Waldheim gelang es nicht, zu einer über den Parteien stehenden Autorität zu werden und innen- wie außenpolitische Akzente zu setzen. Dies drückte auch die ironisch-ehrerbietige Abkürzung UHBP („Unser Herr Bundespräsident”) aus. Sein Einfluss auf die Innenpolitik ging so stark zurück, dass nicht nur der Amtsträger, sondern auch das Bundespräsidentenamt als solches in Frage gestellt wurde.[95]
Waldheims Selbstkritik
Im August 1991 verzichtete Waldheim auf vielfaches Drängen auch aus der ÖVP auf eine weitere Kandidatur.[96] Danach räumte er allmählich Fehler im Umgang mit den Vorwürfen, nicht aber moralisches Versagen in der NS-Zeit ein. Am 5. März 2006 bedauerte er vor allem seinen Satz zur Pflichterfüllung und sagte:[97]
„Es war notwendig, ja unverzichtbar, dass wir Österreicher uns von der reinen Opferrolle verabschiedet haben. Sie war zwar Grundlage unseres inneren Friedens nach 1945, des Wiederaufbaus und unserer Nachkriegs-Identität, aber doch nur Teil der Wirklichkeit.“
Kurz vor seinem Tod 2007 schrieb er ein „letztes Wort“, in dem er seine Kritiker um „eine späte Versöhnung“ bat. Er sei kein Mitläufer oder Mittäter des NS-Regimes gewesen. Als Fehler benannte er „die zu späte Aufarbeitung“ seiner Kriegsvergangenheit und bedauerte:
„... dass ich - unter dem äußeren Druck monströser Beschuldigungen, die mit meinem Leben und meinem Denken nichts zu tun hatten - viel zu spät zu den NS-Verbrechen umfassend und unmissverständlich Stellung genommen habe.“
Als Ursachen dafür benannte er neben Österreichs Staatsraison als „Hitlers erstes Opfer“ und seine persönliche „Betroffenheit, Kränkung, ja das Entsetzen über Inhalt und Ausmaß dieser Vorwürfe.“ Daraus folgernd rief er zu einem gemeinsamen Geschichtsverständnis, Kompromissbereitschaft und Konsens auf.[98]
Verhältnis Östereichs zur NS-Zeit
Schon im Verlauf und danach deuteten in- und ausländische Historiker die Affäre als Zeichen für eine unbewältigte NS-Vergangenheit vieler Österreicher, die nach 1945 fast nur verdrängt worden sei.[99] Seit 1965 hatten einzelne österreichische Autoren ohne universitären Auftrag die Epoche Österreichs in der NS-Zeit (1938-1945) und die Beteiligung von Österreichern an NS-Verbrechen untersucht.[100] Gelegentlich war die NS-Vergangenheit prominenter Österreicher und eine mangelhafte Entnazifizierung diskutiert worden: so seit 1960 beim Universitätsprofessor Taras Borodajkewycz und seit 1970 bei früheren NSDAP-Mitgliedern in der SPÖ (siehe Kreisky-Peter-Wiesenthal-Affäre). Ein rechtsextremes Wählerpotential hatte sich bei der Präsidentenwahl 1980 gezeigt, als die NDP unter dem pangermanistischen Kandidaten Norbert Burger 3,2 % Stimmenanteile erreichte. Dies fand kaum internationale Beachtung, beunruhigte jedoch viele Österreicher.[101]
Seit Bruno Kreiskys Rückzug aus der Politik 1983 brachen verschiedene Konflikte auf, in denen der bisherige gesellschaftliche Konsens, zu dem auch das Selbstverständnis Österreichs als des „ersten Opfers Hitlers“ gehörte, in die Krise geriet. Dies zeigte sich etwa, als Bundesverteidigungsminister Friedhelm Frischenschlager (FPÖ) den früheren Geiselmörder Walter Reder nach vorzeitiger Entlassung aus italienischer Haft bei seiner Ankunft in Österreich im Januar 1985 per Handschlag begrüßte. Zwar entschuldigte sich der Minister, aber die FPÖ erreichte seinen Verbleib im Amt mit der Drohung, andernfalls die SPÖ-FPÖ-Koalition aufzukündigen. Der WJC, britische und US-amerikanische Zeitungen kritisierten damals erstmals Österreichs ungeklärtes Verhältnis zur NS-Zeit.[102]
Für die Politikwissenschaftlerin Melanie A. Sully zeigen die Ereignisse von 1986 eine Konfliktunfähigkeit des politischen Systems. Österreichs Nachkriegsdemokratie sei durch Kartelle von Parteien und Wirtschaftsverbänden beherrscht und Kritik entmutigt worden. Diese tieferen Probleme, die weit über die Handlungen eines untergeordneten Kriegsbeteiligten hinausgingen, seien unglücklich in der Waldheim-Affäre kulminiert.[103]
Kunst
Die Waldheimaffäre inspirierte manche Künstler zu besonderen Werken und Stellungnahmen und beeinflusste den Umgang mit kritischer Kunst in Österreich.
Der Bildhauer Alfred Hrdlicka schuf im Frühjahr 1986 ein vier Meter hohes Holzpferd mit hohlem Bauch nach Art des trojanischen Pferdes, das eine SA-Kappe und ein Hakenkreuz trug und vom Schriftsteller Peter Turrini beschriftet war.[104] Es sollte als „Denkmal gegen den Gedächtnisschwund“ an Waldheims zunächst geleugnete Zugehörigkeit zur Reiter-SA erinnern und eine verbreitete österreichische Verdrängung der NS-Zeit symbolisieren. Dieses Kunstwerk stellten er und Demonstranten der Gruppe „Republikanischer Club - Neues Österreich“ zur Inauguration des Bundespräsidenten Waldheim auf dem Wiener Stephansplatz auf, nach dessen Vatikanbesuch im Juli 1987 verspätet auf der Piazza Navona in Rom[105] und bei weiteren Anlässen, zu denen Waldheim reiste.[106] Die der Spaßguerilla zugehörige Aktionsform wurde später auch bei Demonstrationen gegen FPÖ-Initiativen fortgeführt[107] und als Beispiel für eine „Spielform des anarchischen Fluxus“[108] von publikumswirksamem, „treffsicherem aktuellem Witz“ gedeutet.[109] Das von Hrdlicka 1988 entworfene „Mahnmal gegen Krieg und Faschismus“ auf dem Wiener Albertinaplatz wurde nach heftigen Protesten erst 1991 realisiert.
Josef Haslinger schrieb 1986 aus Anlass der Affäre ein Essay über die Politik der Gefühle.[110] Elfriede Jelinek dichtete 1987 das satirische Dramolett Präsident Abendwind, um Forderungen nach Waldheims Rücktritt zu unterstützen.[111]
Der schwedische Kabarettsketch „Der Preis“, der einen Waldheim-Darsteller mit dem Preis „Amnesia International“ auszeichnete, erhielt im Mai 1987 die Goldene Rose von Montreux. Der ORF sendete den Sketch in seinem Bericht über die Preisvergabe nicht.[112] Der Kabarettist Ottfried Fischer imitierte den bayrischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß bei einem Telefonat mit Waldheim und lud diesen zum Oktoberfest 1987 nach München ein.[113]
George Taboris kulturkritische Inszenierung von Franz Schmidts Oratorium „Das Buch mit sieben Siegeln“ setzten die Salzburger Festspiele 1987 nach politischem Druck ab. Kritiker sprachen von Zensur. Waldheim sprach zur Eröffnung der Festspiele vom „zerstörenden Masochismus“, von dem sich österreichische Kultur abwenden solle. Der „österreichische Nationalcharakter“ könne angesichts vieler Gräber und Gedenktage für Opfer - welche, ließ er offen - nicht vom leichtfertigen Verdrängen und bequemen Vergessen geprägt sein.[114]
Zum 50-jährigen Gedenken des „Anschlusses“ Österreichs hatte Thomas Bernhard das Drama „Heldenplatz“ verfasst, das Claus Peymann am 4. Oktober 1988 im Wiener Burgtheater aufführte. Die Handlung thematisiert die verdrängte, aber lebendige NS-Vergangenheit vieler Österreicher am Beispiel einer nach Wien zurückgekehrten Familie jüdischer Holocaustüberlebender, die dort 50 Jahre später erneut verfolgt wird. Mit einer Kampagne versuchten Medien wie die Kronen Zeitung die Uraufführung zu verhindern. Ohne es zu kennen, bezeichnete Waldheim das Stück als „grobe Beleidigung des österreichischen Volkes“ und mischte sich damit als erster Bundespräsident Österreichs parteilich in einen Theaterskandal ein. Peymann und Bernhard erhielten viele Morddrohungen und Beschimpfungen; es kam zu einem Brandanschlag auf das Burgtheater am Aufführungstag. Peymann erklärte dazu, das Stück decke „den ganz tiefen Antisemitismus auf, der sich jetzt öffentlich manifestiert“.[115]
Verschiedene Pop- und Rock-Interpreten nahmen auf die Affäre Bezug. Terence Trent D'Arby (USA) sagte am 10. November 1987 ein ausverkauftes Konzert in Wien ab, weil er mit den steuerpflichtigen Einnahmen nicht die Regierung eines Landes stützen wolle, das Waldheim gewählt habe.[116] Falco (Österreich) spielte in der ersten Strophe seines Songs The Sound of Musik auf Waldheims lückenhafte und von ihm gerechtfertigte Biografie an.[117] Die Gruppe Erste Allgemeine Verunsicherung (Österreich) thematisierte die Affäre und Waldheims Rücktrittsverweigerung in ihrem Song „Kurti“.[118] Waldheim erwog dagegen eine Klage wegen „Ehrenbeleidigung“.[119] Lou Reed (USA) kritisierte den Papst für die Audienz, die er Waldheim gewährt hatte, in seinem Song Good Evening, Mr. Waldheim von 1989.[120]
Literatur
Quellen
- Profil, Band 19, Ausgaben 1-17. Wirtschafts-Trend Zeitschriftenverlag, 1988
- Manfred Messerschmidt, International Commission Of Historians (Hrsg.): Waldheim Report Submitted: First Authorized Edition. Museum Tusculanum Press, unveränderte Neuauflage 1993, ISBN 8772892064 (englisch; Buchauszug online)
- Ministry of Defence, Great Britain (Hrsg.): Review of the results of investigations carried out by the Ministry of Defence in 1986 into the fate of British servicemen captured in Greece and the Greek Islands between October 1943 and October 1944 and the involvement, if any, of the then Lieutenant Waldheim. Verlag H.M.S.O., 1989, ISBN 0117726648
Überblick
- Eberhard Jaeckel, Peter Longerich, Julius H. Schoeps: Enzyklopädie des Holocaust, Band III, Argon, Artikel Waldheim-Affäre, S. 1513
während und aus der Affäre entstandene Veröffentlichungen
- Bernard Cohen, Luc Rosenzweig: Le Mystère Waldheim. Gallimard, Paris 1986 (französisch)
- deutsch: Der Waldheim-Komplex. Verlag für Gesellschaftskritik, Wien 1987, ISBN 3900351759
- Gruppe „Neues Österreich“ (Hrsg.): Pflichterfüllung. Ein Bericht über Kurt Waldheim. (Vorwort: Peter Handke) Löcker Verlag, Wien 1986
- Hanspeter Born: Für die Richtigkeit: Kurt Waldheim. Schneekluth, 1987, ISBN 3795110556
- Karl Gruber: Kurt Waldheims Kriegsjahre. Eine Dokumentation. Gerold, Wien 1987, ISBN 3900812004
- Jack Saltman: Kurt Waldheim: a case to answer? University of Michigan, Robson Books, 1988, ISBN 0860515168
- Robert Edwin Herzstein: Waldheim: the missing years. Arbor House, 1988, ISBN 0877959595
- Joseph H. Kaiser: Im Streit um ein Staatsoberhaupt: Zur Causa Bundespräsident Waldheim. Gravierende Grenzüberschreitungen und Fehler der Historiker-Kommission. Duncker & Humblot, 1988, ISBN 3428064399
- Hans Köchler (Hrsg.): The International Campaign Against Austrian President Kurt Waldheim: Documents of the International Solidarity Committee. International Progress Organization, 1988, ISBN 390070404X
- Simon Wiesenthal: Der Fall Waldheim. In: Simon Wiesenthal: Recht, nicht Rache. Erinnerungen. Ullstein Verlag, 1990, ISBN 3550078293, S. 380ff. (17. Kapitel)
- Karl Gruber, Robert Krapfenbauer, Walter Lammel: Wir über Waldheim. Ein Mann, eine Ära im Urteil der Mitbürger. Böhlau, Wien 1992
- Kurt Waldheim: Die Antwort. Amalthea Signum, 1996, ISBN 3850023710
zeitgeschichtliche Gesamtdarstellungen
- Michael Gehler: Die Affäre Waldheim: Eine Fallstudie zum Umgang mit der NS-Vergangenheit in den späten achtziger Jahren. In: Rolf Steininger, Michael Gehler (Hrsg.): Österreich im 20. Jahrhundert. Band 2: Vom Zweiten Weltkrieg bis zur Gegenwart. Böhlau Verlag, Wien 1997, ISBN 3-205-98527-3, S. 355-414
- Michael Gehler: „...eine grotest überzogene Dämonisierung eines Mannes“? (1) Die Waldheim-Affäre 1986-1992. In: Michael Gehler, Hubert Sickinger: Politische Affären und Skandale in Österreich. Von Mayerling bis Waldheim. Studienverlag, 1. Auflage, unveränderter Nachdruck 2007, ISBN 3706543311 (Text online)
- Robert Kriechbaumer: 1986 - Eine Bundespräsidentenwahl, nicht wie jede andere. In: Robert Kriechbaumer: Zeitenwende: Die SPÖ-FPÖ-Koalition 1983-1987 in der historischen Analyse, aus der Sicht der politischen Akteure und in Karikaturen von Ironimus. Böhlau Verlag, Wien 2008, ISBN 3205777700 (Kapitel 14, S. 481-530) (Rezension)
- Barbara Tóth, Hubertus Czernin (Hrsg.): 1986. Das Jahr, das Österreich veränderte. Czernin Verlag, Wien 2006, ISBN 3707600882 (Fachwissenschaftliche Rezension bei H-Soz-u-Kult)
- Alexander Pollak: Die Waldheim-Affäre - Der NS-Balkanfeldzug. In: Alexander Pollak: Die Wehrmachtslegende in Österreich. Böhlau Verlag, Wien 2002, ISBN 3205770218
- Anton Pelinka: Kurt Waldheim. In: Herbert Dachs, Peter Gerlich, Wolfgang C. Müller (Hrsg.): Die Politiker. Karrieren und Wirken bedeutender Repräsentanten der Zweiten Republik. Wien 1995, S. 586-593.
- Andreas Khol, Theo Faulhaber, Günther Ofner:Die Kampagne. Kurt Waldheim, Opfer oder Täter? Hintergründe und Szenen eines Falles von Medienjustiz. Herbig Verlag, 2. Auflage 1995, ISBN 3776614706
zu Wirkungen in Österreich
- Antisemitismus
- Christian Fleck, Albert Müller: Zum nachnazistischen Antisemitismus in Österreich. Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften, 3. Jahrgang, 1992, Heft 4 (pdf-Text online)
- Richard Mitten, Ruth Wodak, Rudolf de Cillia: Sprechen Sie antisemitisch? Judenfeindlichkeit im öffentlichen Diskurs. In: Sprachreport 3/1989, S. 7-15
- Ruth Wodak: The Waldheim Affair and Antisemitic Prejudice in Austrian Public Discourse. Patterns of Prejudice Band 24, nos.2-4, 1990, S. 18-33 (englisch)
- Ruth Wodak und andere: „Wir sind alle unschuldige Täter.” Diskurshistorische Studien zum Nachkriegsantisemitismus. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-518-28481-9
- Helmut Gruber: Antisemitismus im Mediendiskurs. Die Affäre „Waldheim” in der Tagespresse. Deutscher Universitäts-Verlag, Wiesbaden 1991, ISBN 3-8244-4062-8
- Klaus Holz: Waldheim-Affäre. In: Klaus Holz: Nationaler Antisemitismus: Wissenssoziologie einer Weltanschauung. Hamburger Edition, Hamburg 2001, ISBN 3930908670, S. 493-535
- Sonstige
- Richard Bassett: Waldheim and Austria. Penguin Books, 1990, ISBN 0140130195
- Richard Mitten: The Politics of Antisemitic Prejudice. The Waldheim Phenomenon in Austria. Westview Press Incorporated, Boulder, San Francisco/Oxford 1992, ISBN 0813376300
- Ruth Wodak: Waldheim-Jäger und unschuldige Täter. In: Germanistische Linguistik, Olms Verlag, 1992, S. 112-113
- Ruth Wodak: From Waldheim to Haider - An Introduction. In: Ruth Wodak, Anton Pelinka: The Haider Phenomenon in Austria. Transaction Publishers, Rutgers University, New Jersey 2001 (englisch)
- Gerhard Botz (Hrsg.): Kontroversen um Österreichs Zeitgeschichte: verdrängte Vergangenheit, Österreich-Identität, Waldheim und die Historiker. Campus-Verlag, Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-593-34027-5
- Bernhard Heindl: „Wir Österreicher sind ein anständiges Volk“. Kurt Waldheim. Argument-Verlag GmbH, 1997, ISBN 3901100032
- Anton Pelinka (Hrsg.): Das grosse Tabu: Österreichs Umgang mit seiner Vergangenheit. Verlag Österreich (1987), 2. Auflage 1997, ISBN 3704610941
- Dietrich Seybold: Der „Historikerstreit“ (1986-87) und die „Waldheim-Affäre“ (1986-88) als Bezugspunkte einer Debattengeschichte. In: Dietrich Seybold: Geschichtskultur und Konflikt: Historisch-politische Kontroversen in Gesellschaften der Gegenwart. Peter Lang Verlag, Bern 2005, ISBN 3039106228, S. 47-58
- Helga Embacher: Literatur der Gefühle: Die Widerspiegelung der Waldheim-Affäre in der österreichischen Literatur. In: Moshe Zuckermann (Hrsg.): Deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts im Spiegel der deutschsprachigen Literatur. Wallstein Verlag, Göttingen 2003, ISBN 978-3-89244-685-9, S. 148-165
- Ernst Hofbauer: Das Waldheim-Komplott. Eine politische Sittengeschichte. Ibera, Wien 1998, ISBN 3900436606
- Heidemarie Uhl: Zwischen Versöhnung und Verstörung. Eine Kontroverse um Österreichs Identität 50 Jahre nach dem „Anschluss“. Böhlau Verlag, Wien 1998, ISBN 3205054199
- Siegfried Göllner: Die politischen Diskurse zu „Entnazifizierung“, „Causa Waldheim“ und „EU-Sanktionen“. Opfernarrative und Geschichtsbilder in Nationalratsdebatten. Studien zur Zeitgeschichte, Band 72, Hamburg 2009, ISBN 978-3-8300-4525-0
- Bücher Gruppe (Hrsg.): Beteiligter an einer politischen Affäre in Österreich: Kurt Waldheim, Karl-Heinz Grasser, Herbert Amry, Udo Proksch, Alfred Worm. Books Llc, 2010, ISBN 1158908989
- Milo Dor (Hrsg.): Die Leiche im Keller: Dokumente des Widerstands gegen Dr. Kurt Waldheim. Picus, ISBN 3-854-52205-3
Internationale Wirkungen
- Harold H. Tittmann: Die Verteufelung – Eine Dokumentation der US-Rufmord-Kampagne gegen Waldheim. Molden Verlag, Wien 2001, ISBN 3854850611
- Otto Pleinert: Israels Blick auf Österreich IV: Waldheim. In: Oliver Rathkolb u.a. (Hrsg.): Mit anderen Augen gesehen. Internationale Perzeptionen Österreichs 1955-1990. Österreichische Nationalgeschichte Band 2. Böhlau Verlag, Wien/Köln/Weimar 2002, ISBN 3-205-99105-2, S. 783-798 (mit Chronologie S. 800)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Christoph Kotanko (profil Nr. 17, 21. April 1986, S. 22-24): Verleumdungszeugnis; siehe Michael Gehler: "...eine grotesk überzogene Dämonisierung eines Mannes..."? Die Waldheim-Affäre 1986-1992 (pdf S. 4, Anmerkung 17)
- ↑ Georg Hoffmann-Ostenhof (profil, 4. September 2010): Nazi-Jäger, Mossad-Agent, Österreicher: Aus dem Leben des Simon Wiesenthal
- ↑ David Kranzler, Gutta Sternbuch: Memories of a Vanished World. Feldheim Publishers, 1. Auflage 2005, ISBN 1583307796, S. 86
- ↑ Der Spiegel, 10. März 1965: NS-Verbrechen/Verjährung: Gesundes Volksempfinden
- ↑ Hillel Seidman: United Nations, Perfidy and Perversion. M. P. Press Incorporated, New York 1982, ISBN 0918220114, Vorwort S. IX
- ↑ Barbara Tóth, Hubertus Czernin: 1986. Das Jahr, das Österreich veränderte. Wien 2006, S. 36
- ↑ a b c d Herbert Lackner (Profil.at, 23. Juni 2007): Zeitgeschichte: Pflicht und Dunkel. Zum Tod des Altbundespräsidenten Kurt Waldheim.
- ↑ Brief von Stephen Solarz an die CIA, 27. März 1986 (Faksimile); Kevin C. Ruffner (CIA-History, 14. April 2007): CIA's Support to the Nazi War Criminal Investigations: A Persistent Emotional Issue
- ↑ Michael Gehler: Die Affäre Waldheim: Eine Fallstudie..., 1997, S. 356
- ↑ Kurt Waldheim: Im Glaspalast der Weltpolitik, Econ-Verlag, 2. Auflage, Düsseldorf/Wien 1985, ISBN 3430194539, S. 42
- ↑ Wahlplakat der ÖVP von 1986
- ↑ Ruth Wodak u.a.: Die „Waldheim-Affäre“. In: Ruth Wodak, Johanna Pelikan, Peter Nowak, Helmut Gruber, Rudolf DeCilla, Richard Mitten (Hrsg.): „Wir sind alle unschuldige Täter!“ Diskurshistorische Studien zum Nachkriegsantisemitismus. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1990, S. 61 (pdf S. 3)]
- ↑ Herbert Dachs, Ernst Hanisch, Robert Kriechbaumer, Roland Widder: Geschichte der österreichischen Bundesländer seit 1945, Burgenland. Böhlau Verlag, Wien 2000, ISBN 3205987861, S. 449
- ↑ Christoph Kotanko, Alfred Worm: Der Aktenlauf. profil 34/24. August 1987, S. 10-13
- ↑ Michael Gehler: "...eine grotesk überzogene Dämonisierung eines Mannes..."? Die Waldheim-Affäre 1986-1992 (pdf S. 15, Anmerkung 64; keine Quellenangabe)
- ↑ Robert Kriechbaumer: 1986 - Eine Bundespräsidentenwahl, nicht wie jede andere. In: Robert Kriechbaumer: Zeitenwende: Die SPÖ-FPÖ-Koalition 1983-1987 in der historischen Analyse, aus der Sicht der politischen Akteure und in Karikaturen von Ironimus. Wien 2008, S. 490; Quellenangabe: Salzburger Volkszeitung, 10. August 1987, S. 3 (ohne Autor und Artikeltitel)
- ↑ Salzburger Nachrichten, 28. Februar 2006: „SPÖ hat sich überschätzt“
- ↑ Der Spiegel, 24. August 1987: Österreich: Fredi und Kurti
- ↑ Der Spiegel, 10. März 1986: Österreich: Mann ohne Eigenschaften
- ↑ Robert Kriechbaumer: 1986 - Eine Bundespräsidentenwahl, nicht wie jede andere. In: Robert Kriechbaumer: Zeitenwende: Die SPÖ-FPÖ-Koalition 1983-1987 in der historischen Analyse, aus der Sicht der politischen Akteure und in Karikaturen von Ironimus. Wien 2008, S. 489; Ernst Hofbauer: Das Waldheim-Komplott. Eine politische Sittengeschichte. Wien 1998, S. 157 (behauptet zusätzlich eine Absprache Tidls mit der SPÖ)
- ↑ a b Ruth Wodak u.a.: Die „Kampagne“ und die Kampagne mit der „Kampagne“ – Die „Waldheim-Affäre“. In: Ruth Wodak, Johanna Pelikan, Peter Nowak, Helmut Gruber, Rudolf DeCilla, Richard Mitten (Hrsg.): „Wir sind alle unschuldige Täter!“ Diskurshistorische Studien zum Nachkriegsantisemitismus. Frankfurt am Main 1990, S. 65 (pdf S. 5)
- ↑ John Tagliabue (The New York Times, 4. März 1986): Files show Kurt Waldheim served under War Criminal (kostenpflichtig)
- ↑ Ruth Wodak u.a.: Die „Waldheim-Affäre“ (pdf S. 8 und Anmerkung 15)
- ↑ Ruth Wodak u.a.: Die „Waldheim-Affäre“ (pdf S. 10 und Anmerkungen 20/21)
- ↑ Zitiert bei Ruth Wodak u.a.: Die „Waldheim-Affäre“ (pdf S. 12)
- ↑ Michael Gehler: „...eine grotesk überzogene Dämonisierung eines Mannes...“1? Die Waldheim-Affäre 1986-1992. (pdf S. 9)
- ↑ Ruth Wodak u.a.: Die „Waldheim-Affäre“ (pdf S. 11 mit Anmerkung 26)
- ↑ Esther Schollum: Die Waldheim-Kampagne in den österreichischen und internationalen Medien. In: Andreas Khol, Theo Faulhaber, Günther Ofner: Die Kampagne - Kurt Waldheim - Opfer oder Täter - Hintergründe und Szenen eines Falles von Medienjustiz. Herbig, 2. Auflage, München/Berlin 1987, S. 35f.
- ↑ Ruth Wodak u.a.: Die „Waldheim-Affäre“ (pdf S. 34)
- ↑ Michael Gehler: „...eine grotesk überzogene Dämonisierung eines Mannes...“1? Die Waldheim-Affäre 1986-1992 (pdf S. 45, Anmerkung 193)
- ↑ Ruth Wodak u.a.: Die „Waldheim-Affäre“ (pdf S. 11-12)
- ↑ Der Spiegel, 1. Dezember 1986: „Waldheim ist ein völlig unmoralischer Mann“
- ↑ Ruth Wodak u.a.: Die „Waldheim-Affäre“ (pdf S. 13-14)
- ↑ Der Spiegel, 28. April 1986: Österreich: Lächerlich wendig
- ↑ Ruth Wodak u.a.: Die „Waldheim-Affäre“, S. 71f. (pdf S. 18f.)
- ↑ Michael Gehler: Die Affäre Waldheim: Eine Fallstudie..., Wien 1997, S. 358
- ↑ Zitiert nach Moshe Zuckermann (Hrsg.): Deutsche Geschichte des 20. Jahrunderts im Spiegel der deutschsprachigen Literatur. Wallstein Verlag, Göttingen 2003, ISBN 3-89244-685-7, S. 148
- ↑ Ruth Wodak u.a.: Die „Waldheim-Affäre“ (pdf S. 34)
- ↑ Associated Press/Los Angeles Times, 30. Oktober 1986: Waldheim Now Admits a Role in 'Pacification'
- ↑ Inge Cyrus, Dieter Wild, Hans-Peter Martin (Der Spiegel, 14. April 1986): Spiegel-Gespräch: „Ich fühle mich dafür nicht verantwortlich“
- ↑ Associated Press/Los Angeles Times, 30. Oktober 1986: Waldheim Now Admits a Role in 'Pacification'
- ↑ Die Zeit, 14. Juni 2007: Der Herrenreiter
- ↑ Ruth Wodak u.a.: Die „Waldheim-Affäre“ (pdf S. 33)
- ↑ Der Spiegel, 14. April 1986: Wir Österreicher wählen, wen wir wollen
- ↑ Der Standard.at, 15. Jänner 2006: Die "Jetzt erst recht"-Wahlbewegung
- ↑ Peter Berger: Kurze Geschichte Österreichs im 20. Jahrhundert, Facultas Universitätsverlag, 2. Auflage 2008, ISBN 3708903544, S. 382
- ↑ Robert Kriechbaumer: Zeitenwende: die SPÖ-FPÖ Koalition 1983-1987 in der historischen Analyse, S. 189; Salzburger Nachrichten, 28. Februar 2006: Waldheimaffäre vor 20 Jahren - Zwei Ansichten von Zeitzeugen - zwei unterschiedliche Wahrnehmungen
- ↑ Rede abgedruckt in: Andreas Khol, Theo Faulhaber, Günther Ofner: Die Kampagne - Kurt Waldheim - Opfer oder Täter - Hintergründe und Szenen eines Falles von Medienjustiz. Herbig, 2. Auflage, München/Berlin 1987, S. 347-353
- ↑ Ruth Wodak u.a.: Die „Waldheim-Affäre“
- ↑ Evelyn Adunka: Die vierte Gemeinde: die Geschichte der Wiener Juden von 1945 bis heute. Band 6 von Geschichte der Juden in Wien. Philo, Wien 2000, ISBN 3825701638, S. 485ff.
- ↑ Ari Rath: Autobiografie. In: Erika Weinzierl, Otto D. Kulka (Hrsg.): Vertreibung und Neubeginn. Israelische Bürger österreichischer Herkunft. Boehlau, Wien 1992, ISBN 3205055616, S. 536-538
- ↑ Shlomo Avineri: Die Rolle des „World Jewish Congress“, in: Kurier, 7. August 1987
- ↑ Thomas Chaimowicz: Österreichisches Dilemma, in: Neue Kronenzeitung, 27. Oktober 1987; zitiert bei Michael Gehler: „...eine grotesk überzogene Dämonisierung eines Mannes...“1? Die Waldheim-Affäre 1986-1992, pdf S. 10 und Abnmerkung 45
- ↑ Michael Gehler: Die Affäre Waldheim: Eine Fallstudie..., 1997, S. 362f.
- ↑ Michael Gehler: Die Affäre Waldheim: Eine Fallstudie, 1997, S. 363f.
- ↑ Hella Pick: Guilty Victims: Austria from the Holocaust to Haider. Tauris I B 2000, ISBN 1860646182, S. 161
- ↑ Michael Gehler: Die Affäre Waldheim: Eine Fallstudie..., 1997, S. 359f., 363 und 387, Anmerkung 34, S. 388, Anmerkung 49
- ↑ Michael Gehler: „...eine grotesk überzogene Dämonisierung eines Mannes...“1? Die Waldheim-Affäre 1986-1992 (pdf S. 17, 24)
- ↑ Hella Pick: Guilty Victims: Austria from the Holocaust to Haider. 2000, S. 162
- ↑ Michael Gehler: "...eine grotesk überzogene Dämonisierung eines Mannes..."1? Die Waldheim-Affäre 1986-1992 (pdf S. 18)
- ↑ Robert Newald (Der Standard.at, 27. Januar 2010): Beate Klarsfeld in Wien; Robert Newald (Der Standard.at, 27. Januar 2010): Beate Klarsfeld: „NS-Verbrechern bis zuletzt ein Angstgefühl geben“; Wien 1987: Klarsfeld calls for resignation
- ↑ Der Spiegel, 6. Oktober 1986: Österreich: Wie ein Bittsteller
- ↑ Der Spiegel, 22. Juni 1987: Waldheim lädt sich selbst ein
- ↑ Der Spiegel, 29. Juni 1987: Österreich: Gebührende Achtung
- ↑ Chicago Sun-Times, 15. August 1987: Waldheim breaks ice, meets Kohl
- ↑ Otto Pleinert: Israels Blick auf Österreich. In: Oliver Rathkolb und andere: Mit anderen Augen gesehen. Internationale Perzeptionen Österreichs 1955-1990. Österreichische Nationalgeschichte nach 1945. Böhlau, Wien 2002, ISBN 3205991052, S. 786-796
- ↑ Bernard Cohen, Luc Rosenzweig: Der Waldheim Komplex. 1987, S. 15
- ↑ Chroniknet: 27. Oktober 1988
- ↑ Hella Pick: Guilty Victims: Austria from the Holocaust to Haider. 2000, S. 162
- ↑ PR-Newswire, 26. Juli 1990: B'nai B'rith protests Havel, Von Weizsacker greetings of Waldheim.
- ↑ Otto M. Maschke: Verständnissuche - Österreich in der Sicht der Niederlande. In: Oliver Rathkolb und andere: Mit anderen Augen gesehen. Internationale Perzeptionen Österreichs 1955-1990. Österreichische Nationalgeschichte nach 1945. Wien 2002, S. 383
- ↑ Der Spiegel, 18. Mai 1987: Österreich: Voll in die Nesseln
- ↑ Michael Gehler: Die Affäre Waldheim: Eine Fallstudie..., 1997, S. 366
- ↑ Die Presse, 30. Juni 1987: Josef Hindels: Einzelkämpfer und Gralshüter. Er warf den Stein gegen Waldheim ins Wasser. Nach Michael Gehler: Die Affäre Waldheim: Eine Fallstudie..., 1997, S. 372 und 391, Anmerkung 83
- ↑ Der Spiegel, 20. Juli 1987: Streitgespräch: „Wir werden europäische Bananenrepublik“
- ↑ Michael Gehler: "...eine grotesk überzogene Dämonisierung eines Mannes..."1? Die Waldheim-Affäre 1986-1992 (pdf S. 13 mit Anmerkung 59)
- ↑ Peter Huemer (Die Presse, 27. Mai 2006): Wir waren dabei
- ↑ Der Spiegel, 6. Juli 1987: Österreichs Juden haben wieder Angst
- ↑ Der Spiegel, 13. April 1987: Kurt Waldheim
- ↑ Michael Gehler: „...eine grotesk überzogene Dämonisierung eines Mannes...“1? Die Waldheim-Affäre 1986-1992 (pdf S. 19f.)
- ↑ Michael Gehler: Die Affäre Waldheim: Eine Fallstudie..., 1997, S. 370
- ↑ Michael Gehler: Die Affäre Waldheim. Eine Fallstudie..., 1997, S. 371ff.
- ↑ Beispiel: Die Zeit, 7. November 1986: Waldheims Geschichten
- ↑ US State Department: Nazi Disclosure Act, 2000 (Kopie bei Jewish Virtual Library); Time/CNN, 8. Februar 1988: Austria In Search of the Smoking Gun
- ↑ Der Spiegel 5/1. Februar 1988: Waldheim - Gongschlag zur letzten Runde
- ↑ Der Spiegel, 15. Februar 1988: Jugoslawien: Wundersame Wandlung
- ↑ Der Spiegel, 17. Oktober 1988: Rückspiegel: Zitate, Der SPIEGEL berichtete...
- ↑ Beispiel:Washington Post, 30. Oktober 1986: Waldheim Recruited As Spy, Ex-yugoslav Agents Say
- ↑ Ralph Blumenthal (New York Times, 5. Februar 1988): Questions on Waldheim and Reprisal
- ↑ Joachim Riedl (Die Zeit, 10. Juni 1988): Tribunal gegen Kurt Waldheim: Suche nach dem „rauchenden Colt“
- ↑ Brenda Maddox (New York Times, 29. Mai 1988): Television Turns Tribunal: Waldheim on Trial; John J. O'Connor (New York Times, 6. Juni 1988): TV 'Commission' clears Waldheim
- ↑ Hermann Frank Meyer: Die Erinnerungen des Hans Wende, 1942 bis 1944 „Sachbearbeiter für Bandenangelegenheiten“ in der „Führungsabteilung Ic“ des Oberkommandos der Heeresgruppe E, Griechenland
- ↑ Michael Gehler: Die Affäre Waldheim: Eine Fallstudie..., 1997, S. 372
- ↑ Michael Gehler: Die Affäre Waldheim: Eine Fallstudie..., 1997, S. 378f.
- ↑ Hans Georg Heinrich, Manfried Welan: Der Bundespräsident. In: Herbert Dachs, Peter Gerlich, Herbert Gottweis (Hrsg.): Handbuch des politischen Systems Österreichs. Die Zweite Republik. Verlag Manz'sche, 3. Auflage, Wien 1997, ISBN 321405967X (1. Auflage: S. 134-139)
- ↑ Michael Gehler: Die Affäre Waldheim: Eine Fallstudie, 1995, S. 382f.
- ↑ ORF.at, 14. Juni 2007: Die Waldheim-Affäre und ihre Folgen
- ↑ Krone.at: Dr. Kurt Waldheim: „Ein letztes Wort“
- ↑ Anton Pelinka (Die Presse, 16. Juni 2007): Waldheim in uns. Zum Tod des ehemaligen Bundespräsidenten
- ↑ Beispiele: Jonny Moser: Die Judenverfolgung in Österreich 1938-1945. Europaverlag, Wien 1966; Simon Wiesenthal: Schwere Schuld ohne Sühne? Memorandum über die Beteiligung von Österreichern an NS-Verbrechen. In: Der Ausweg. Jüdische Zeitschrift für Aufklärung und Abwehr 4 (5/1966), S. 1-9
- ↑ Melanie A. Sully: A contemporary history of Austria; Routledge, London/New York 1990, S. 79-81.
- ↑ Michael Gehler: Die Affäre Waldheim: Eine Fallstudie, 1996, S. 355f.
- ↑ Melanie A. Sully: A contemporary history of Austria; Routledge, London/New York 1990, S. 81 und 86.
- ↑ Fotografie: Hrdlicka-Pferd in Wien; Nachbau-Modell 2006
- ↑ Der Spiegel, 6. Juli 1987: Kurt Waldheim
- ↑ Kuno Knöbl: Die Geschichte des Waldheim-Holzpferdes
- ↑ Der Standard.at, 18. Juni 2009: Lichte Momente gegen dunkle Mächte
- ↑ Niklas Maak (FAZ, 27. Februar 2008): Alfred Hrdlicka zum Achtzigsten: Das politische Beben im uralten Stein
- ↑ Volker Plagemann, Babette Peters: Kunst im öffentlichen Raum: Anstösse der 80er Jahre. Verlag DuMont, Hamburg 1989, ISBN 3770124820, S. 176
- ↑ Josef Haslinger: Politik der Gefühle. Ein Essay über Österreich. Fischer, überarbeitete Neuausgabe, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3596123658
- ↑ Rowohlt Theaterverlag: Elfriede Jelinek: Präsident Abendwind. Ein Dramolett, sehr frei nach Johann Nestroy
- ↑ Die Zeit, 7. August 1988: Zeitmosaik
- ↑ Telefonat abgedruckt in: Roger Fritz, Ottfried Fischer: Extrem Bayrisch. Südwest Verlag, 2010, ISBN 3517086452; Bayrischer Rundfunk, 30. Juli 2010: Ottfried Fischer Kabarettist und Schauspieler im Gespräch mit Torsten Münchow
- ↑ Gerhard Roth (Die Zeit, 14. August 1988): Der Würgegriff des Volksempfindens
- ↑ Peter Csendes, Ferdinand Opll: Wien, Geschichte einer Stadt. Band 3: Von 1790 bis zur Gegenwart. Böhlau, Wien 2005, ISBN 3205992687, S. 812-815
- ↑ Siegfried Kogelfranz (Der Spiegel, 25. Januar 1988): Waldheim - die Schlinge zieht sich zu
- ↑ Actionest.com: The Sound Of Musik by Falco
- ↑ EAV.at, Songtexte: Kurti
- ↑ Der Spiegel, 28. März 1988: Waldheim gegen Verunsicherung
- ↑ metrolyrics.com: Lou Reed: Good Evening Mr. Waldheim Lyrics