Jurist

Person, die ein Studium der Rechtswissenschaft abgeschlossen hat (kein geschützter Begriff)
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Deutschland

Als Juristen (lat. ius, Recht; Genitiv: iuris) bezeichnet man Akademiker, die ein Studium der Rechtswissenschaft mit dem Staatsexamen (Erste Juristische Staatsprüfung) oder die Rechtspflegerprüfung erfolgreich abgeschlossen haben. Die Bezeichnung "Jurist" (ohne Zusatz) ist aber weder eine geschützte Berufsbezeichnung noch ein akademischer Grad. Juristen, die das erste Staatsexamen bestanden haben, dürfen sich in manchen Bundesländern Referendare nennen (befinden sie sich im juristischen Vorbereitungsdienst (Referendariat), ist die Dienstbezeichnung Rechtsreferendar). Verbreitet ist auch noch die prüfungsamtliche Bezeichnung als "geprüfter Rechtskandidat". Berufe der Juristen sind Wissenschaftler, Rechtsanwalt (auch als Syndikus oder Strafverteidiger), Richter, Staatsanwalt und Sachverständiger (z.B. Gutachter oder Berater in der Legislative).

Magister, Wirtschafts- und Diplom-Jurist, Jurist (Univ.)

Neuerdings ist jedoch an manchen Universitäten auch eine Diplomierung ("Diplom-Jurist/in" als akademischer Grad) bzw. die Verleihung eines Magistergrades möglich. Diese beiden Möglichkeiten sind hauptsächlich für jene Juristen mit 1. Staatsexamen gedacht, die auf die Ablegung des 2. Staatsexamens verzichten, um in der freien Wirtschaft zu arbeiten. Sie hätten ohne Magister oder Diplom - im Gegensatz zu anderen deutschen Hochschulabsolventen - trotz ihres Universitätsabschlusses keinen akademischen Grad oder eine griffige Berufsbezeichnung vorzuweisen.

Die Diplomierung kann an einigen Hochschulen auch nachgeholt werden (Nachdiplomierung). Neuerdings werden auch Diplomstudiengänge sowie Bachelor-, Master- und Magisterstudiengänge der Rechtswissenschaft angeboten. Auch Fachhochschulen bilden seit einigen Jahren Diplom-Wirtschaftsjuristen (FH) aus. Die Fachhochschule Fulda bietet im übrigen einen Diplomstudiengang im Sozialrecht an. Hier wird nach erfolgreichem Abschluss der akademische Grad "Diplom-Sozialjurist (FH)" verliehen.

Europa

Im Zuge des Bologna-Prozesses, der Vereinheitlichung von Studienabschlüssen in Europa, werden die Staatsexamen als Abschluss des Hochschulstudiums zum Jahr 2010 abgeschafft und auf die konsekutiven Bachelor- Masterabschlüsse umgestellt.

"Volljurist" bzw. Assessor

Die weniger geläufige Bezeichnung Volljurist - offiziell: "Assessor" bzw. "Rechtsassessor" - wird für jemanden verwendet, der nach einer Referendarzeit (sog. "juristischer Vorbereitungsdienst" bzw. Referendariat), die (je nach Bundesland unterschiedlich) ca. zwei Jahre beträgt und an das mit dem 1. Staatsexamen erfolgreich abgeschlossene rechtswissenschaftliche Universitätsstudium anschließt, auch sein 2. Staatsexamen erfolgreich besteht.

Durch dieses 2. Staatsexamen wird gemäß Vorlage:Zitat § Abs. 1 DRiG die Befähigung zum Richteramt erworben, die eine notwendige Voraussetzung unter anderem für den Beruf des Rechtsanwaltes und des Notars sowie für eine juristische Tätigkeit im Staatsdienst als Richter (in verschiedenen Gerichtszweigen) oder Staatsanwalt ist. Die Befähigung zum Richteramt wird auch bei einigen anderen Tätigkeiten in der öffentlichen Verwaltung vorausgesetzt.

Während in der Universitätszeit mehr das theoretische juristische Wissen und das wissenschaftliche Lernen im Vordergrund stehen, stellt die Referendarzeit vorrangig auf eine praktische Anwendung dieses Wissens ab. Die für die Juristenausbildung zuständigen Landesjustizministerien erarbeiten seit geraumer Zeit Reformen, die zu einer sinnvollen frühzeitigen Verknüpfung beider Ausbildungsteile führen sollen, und die es dem angehenden Juristen auch ermöglichen sollen, sich schon zu Anfang seiner Ausbildung auf bestimmte Fachgebiete zu spezialisieren. Dabei wird in neuerer Zeit versucht, die Orientierung des praktischen Ausbildungsabschnitts am Richterberuf aufzugeben und die Ausbildung stärker am Beruf des Rechtsanwaltes auszurichten, weil die meisten Volljuristen diese Tätigkeit ergreifen.

Rechtsberatung und "Juristendeutsch"

In vielen Ländern ist eine verbindliche Rechtsberatung dem Volljuristen bzw. dem Rechtsanwalt vorbehalten. In der EU sind rechtliche Änderungen in Überlegung, fachbezogene Rechtsberatungen auch Wirtschaftsjuristen und ähnlich Ausgebildeten zu gestatten. Neben den oft strengen Standesregeln ist ein wichtiger Grund dafür, die in der Bevölkerung verbreitete Scheu abzubauen, sich beraten zu lassen. Das hätte auch zur Folge, manche Kosten zu senken und den "Zugang zum Recht" zu beschleunigen. Allerdings gilt es zugleich, den Bürger - gerade im Zeichen des Verbraucherschutzes - vor nicht hinreichend kundigen "Rechtsberatern" zu schützen.

Außer der Rechtsberatung ist Rechtsanwälten auch die Vertretung vor Gericht ausschließlich vorbehalten, soweit Anwaltszwang besteht. Anderen Personen, die geschäftsmäßig Rechtsangelegenheiten wahrnehmen, ist das Auftreten vor Gericht grundsätzlich untersagt (Ausnahmen: vereinzelte sog. Rechtsbeistände/Prozessagenten).

Die Notwendigkeit, sich bei Rechtssachen exakt und möglichst unzweideutig auszudrücken, hat zu einer sehr ausgeprägten Fachsprache der Juristen geführt. Sie wird umgangssprachlich oft "Juristendeutsch" bzw. "Juristenlatein" genannt. Manche Politiker versuchen dem gegenzusteuern, indem Gesetzestexte auf ihre allgemeine Verständlichkeit durchforstet werden.

Juristen im Dritten Reich

Die Rolle der Juristen im Dritten Reich wurde bisher nicht ausreichend aufgearbeitet. Prozesse zur Aufarbeitung von Unrecht sind häufig am Widerstand der deutschen Nachkriegsjustiz gescheitert.

Österreich

Als Juristen bezeichnet man jemanden, der das Diplom-Studium der Rechtswissenschaften mit der 2. Diplomprüfung abschließt und der daraufhin von der Universität den akademischen Grad eines "Magister iuris" bzw. einer "Magistra iuris" verliehen bekommt. An die universitäre Ausbildung schließt dann das Gerichtsjahr an, in dem praktische Kenntnisse vermittelt werden.

Schweiz

In der Schweiz versteht man unter einem Juristen grundsätzlich einen Akademiker, der an einer Universität das Studium der Rechtswissenschaften mit dem Lizentiat (normalerweise lic. iur.) oder einem gleichwertigen Master (beispielsweise MLaw, Master of Law) erfolgreich abgeschlossen hat. Seit der Bologna-Reform gibt es den ersten Juristischen Abschluss Bachelor (BLaw), der in der Regel nach 3 Studienjahren verleihen wird. Jurist ist allerdings keine geschützte Berufsbezeichnung und auch kein akademischer Grad.

Als Juristen im engeren Sinn gelten in der Schweiz häufig Rechtsanwälte. Akademiker mit einem juristischen Abschluss werden nach einem einjährigen Praktikum im Rechtsbereich (Anwaltskanzlei, Gericht usw.) zur Anwaltsprüfung zugelassen, welche aus einem mündlichen und einem schriftlichen Teil besteht. Nach erfolgreicher Prüfung darf man sich Rechtsanwalt nennen (kurz RA) und exklusiv im rechtsanwaltlichen Monopolbereich vor Gerichten wirken. Es ist jedoch zu bemerken, dass aufgrund des föderalistischen Systems der Schweiz die Ausbildung nach abgeschlossenem Studium unterschiedlich lange dauern kann. Im Kanton Solothurn dauert das Praktikum für Rechtsanwälte 12, im Kanton Bern gar 18 Monate. Zudem verlangen die Kantone unterschiedliche Grundausbildungen der Universitäten. Wer z. B. in der Uni Freiburg im Üechtland sein Studium abgeschlossen hat, bedarf u. a. zusätzlicher Ausbildungen im Bereich der Gerichtsmedizin. Auf gesetzlicher Grundlage wurde die kantonale Legitimation der Rechtsanwälte aufgehoben und analog dem Binnenmarktgesetz die Ausübung des Berufes im gesamten Gebiet der Schweiz ermöglicht. Das Monopol, im Bereich der Gerichte zu wirken, ist in wenigen Kantonen gelockert. Dort können in den bürgerlichen Ehren stehende, mündige und urteilsfähige Personen vorbehaltlich gesetzlicher Einschränkungen andere vor Gericht vertreten.

Die grösste juristische Fakultät der Schweiz ist an der Universität Zürich zu finden. Die Rechtswissenschaftliche Fakultät wird auf das Wintersemester 2006/07 das European Credit Transfer System (ECTS) sowie gestufte Studiengänge (Bachelor/Master) nach dem Bologna- Modell einführen.Webseite der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich Webseite des Rechtswissenschaftlichen Instituts der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich

Literatur

  • Redaktion Kritische Justiz (Hg.), Streitbare Juristen, Baden-Baden

1988

Siehe auch