Martin Hohmann ist ein Politiker der CDU. Er wurde am 4. Februar 1948 in Fulda geboren, ist verheiratet und hat drei Kinder. In seinem Wahlkreis trat er die Nachfolge des konservativen ehemaligen MdB Alfred Dregger an.
Hohmann gilt einigen als katholischer Fundamentalist und machte mehrfach mit seiner Ablehnung von Homosexualität sowie mit seinen Äußerungen, die als antisemitisch kritisiert wurden (s. unten) und in denen er die Zuwanderung von Juden nach Deutschland thematisierte, von sich reden. Er bezog deutlich Stellung gegen Multikulturalismus und bewegte sich insgesamt am rechten Rand der CDU.
In seiner Zeit als Bürgermeister der Gemeinde Neuhof setzte er sich für die Wiedererrichtung des jüdischen Friedhofs ein.
Werdegang
- 1967 Abitur an Domgymnasium Fulda,
- 1967-1968 Wehrdienst als Fallschirmjäger, letzter Dienstgrad Major der Reserve,
- 1969 Jurastudium in Frankfurt am Main,
- 1976 Erstes Staatsexamen,
- 1979 Zweites Staatsexamen,
- 1980 bis 1984 Jurist im Bundeskriminalamt,
- 1984 bis 1998 hauptamtlicher Bürgermeister in Neuhof,
- 1997 Martin Hohmann ersetzt erfolgreich Alfred Dregger als CDU-Kandidat für Fulda,
- 1998 Direktgewählter MdB des Wahlkreises Fulda.
- 2003 Ausschluss aus der CDU/CSU Fraktion im Deutschen Bundestag.
Hohmann ist mit 54,0 % der Stimmen direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises 176 (Fulda).
Vorgang am 3. Oktober 2003
Am 3. Oktober 2003 hielt Hohmann in Neuhof eine Rede zum Tag der Deutschen Einheit. In dieser Rede diskutierte er den Begriff "Tätervolk" im Zusammenhang mit "den Deutschen" einerseits und "den Juden" andererseits unter Bezugnahme auf antisemitische Quellen (Henry Ford, Johannes Rogalla von Bieberstein). Obwohl keiner der 120 Zuhörer sich darüber irritiert zeigte, geriet Hohmann später bundesweit und sogar in der CDU in heftige Kritik und löste eine Krise aus.
Während Hohmann selbst darauf besteht, in dieser Rede ausgedrückt zu haben, dass der Begriff "Tätervolk" und der damit verbundene Vorwurf der "Kollektivschuld" sowohl "den Juden" als auch "den Deutschen" gegenüber absurd und unangebracht sei, wird ihm von zahlreichen Politikern und Journalisten vorgeworfen, "die Juden" als "Tätervolk" für "bolschewistischen Terror" (mit-)verantwortlich gemacht zu haben und damit (indirekt) den Holocaust zu verharmlosen. Seine
Angela Merkel maßregelte ihn am 3. November 2003, hielt jedoch weitergehende Konsequenzen nicht für nötig, sofern Hohmann sich nicht erneut im Sinne seiner kritisierten Rede äußern würde. Wegen der fortgesetzten medialen Diskussion beantragte sie eine Woche später dann doch den Ausschluss Hohmanns aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und kündigte auch an, dessen Ausschluss aus der CDU zu betreiben.
Als Hohmann dem ZDF-Magazin "Frontal 21" einen Brief präsentierte von Brigadegeneral Reinhard Günzel, Kommandeur des Kommandos Spezialkräfte (KSK), der darin auf Bundeswehr-Briefpapier Hohmann für dessen Rede Beifall zollte, wurde Günzel sofort am 4. November 2003 von Verteidigungsminister Peter Struck in den vorzeitigen Ruhestand geschickt. Hohmann entschuldigte sich später bei dem General.
Nachdem die Parteispitze der CDU in Bezug auf Hohmann zunächst keine weiteren Konsequenzen ziehen wollte, gab sie am 10. November 2003 bekannt, dass Hohmann aus Partei und Fraktion ausgeschlossen werden soll.
In der Folge erhält Hohmann besonders in den Internetforen seiner Partei und verschiedener Medien vielfache teilweise unverhüllt antisemitische Sympathiebekundungen. Auch verschiedene prominente Unions-Politiker, darunter der CSU-Abgeordnete Norbert Geis und der ehemalige Berliner Innensenator Heinrich Lummer (CDU), nahmen Hohmann in Schutz. Nach einer Umfrage von Infratest dimap für das ARD-Magazin Panorama halten auch 49 % der CDU-Anhänger die Äußerungen Hohmanns für vertretbar. Für einen Fraktionsausschluss votierten nur 45 % der Befragten.
Am 14. November 2003 beschloss die CDU/CSU-Bundestagsfraktion den Ausschluss von Hohmann und damit den ersten Fraktionsausschluss eines Unions-Abgeordneten in der Geschichte des Bundestages. Mit 78 % der Abgeordneten stimmten zwar mehr Abgeordnete als erforderlich (Zweidrittelmehrheit), jedoch weniger als erwartet für den Ausschluss.
Am 21. November wurde der Parteiausschluss Hohmanns eingeleitet.
Zitate aus Hohmanns Vortrag
... Die Schuld von Vorfahren an diesem Menschheitsverbrechen hat fast zu einer neuen Selbstdefinition der Deutschen geführt. Trotz der allseitigen Beteuerungen, dass es Kollektivschuld nicht gebe, trotz nuancierter Wortneuschöpfungen wie "Kollektivverantwortung" oder "Kollektivscham": Im Kern bleibt der Vorwurf: die Deutschen sind das "Tätervolk".
... Auf diesem Hintergrund stelle ich die provozierende Frage: Gibt es auch beim jüdischen Volk, das wir ausschließlich in der Opferrolle wahrnehmen, eine dunkle Seite in der neueren Geschichte oder waren Juden ausschließlich die Opfer, die Leidtragenden?
...
Mit einer gewissen Berechtigung könnte man im Hinblick auf die Millionen Toten dieser ersten Revolutionsphase nach der "Täterschaft" der Juden fragen. Juden waren in großer Anzahl sowohl in der Führungsebene als auch bei den Tscheka-Erschießungskommandos aktiv. Daher könnte man Juden mit einiger Berechtigung als "Tätervolk" bezeichnen. Das mag erschreckend klingen. Es würde aber der gleichen Logik folgen, mit der man Deutsche als Tätervolk bezeichnet.
...
Daher sind weder "die Deutschen", noch "die Juden" ein Tätervolk. Mit vollem Recht aber kann man sagen: Die Gottlosen mit ihren gottlosen Ideologien, sie waren das Tätervolk des letzten, blutigen Jahrhunderts.
Siehe auch: Antisemitismus, Antisemitismus-Debatte
Ermittlungen gegen Hohmann am 5. Februar 2004 eingestellt
Die zuständige Staatsanwaltschaft in Fulda hat die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgelehnt, da nach ihrer Auffassung keine Volksverhetzung im Sinne von § 130 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB vorliegt, denn weder das Tatbestandsmerkmal Aufstacheln zum Haß noch das des Angriffs auf die Menschenwürde anderer wurden erfüllt.
Die Mitteilung der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Fulda vom 5. Februar 2004 - unterzeichnet von Staatsanwalt Harry Wilke - hat folgenden Wortlaut:
"Die Prüfung eines Anfangsverdachts gegen MdB Martin HOHMANN wegen Volksverhetzung, Beleidigung und übler Nachrede auf die Anzeigen verschiedener Verbände und Einzelpersonen hat zur Ablehnung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Fulda geführt. Eine strafrechtliche Würdigung der Rede des Angezeigten vom 03.10.2003 in Neuhof hat ergeben, daß keine Straftatbestände verwirklicht sind.
I.
Volksverhetzung im Sinne von § 130 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB liegt nicht vor, da weder das Tatbestandsmerkmal 'Aufstacheln zum Haß' noch das des 'Angriffs auf die Menschenwürde' anderer erfüllt ist.
Die an der schlechten Finanzlage der öffentlichen Haushalte festgemachte Kritik des Angezeigten an weiteren Entschädigungsleistungen für Juden und andere Opfer des Nationalsozialismus verwirklicht im Lichte der Meinungsfreiheit keines der oben genannten Tatbestandsmerkmale.
Die Ausführungen des Angezeigten zum sogenannten "Tätervolk" sind in der Gesamtschau ebenfalls nicht tatbestandlich. Zum einen benutzt der Angezeigte bei seiner Äußerung den Konjunktiv und zum anderen relativiert er diese These durch die Feststellung, daß weder die Deutschen noch die Juden ein 'Tätervolk' seien.
Die Erwähnung der Erschießung von sieben Mitgliedern der 'Thule-Gesellschaft' durch Rotgardisten sowie die Bezugnahme auf die Vorfälle der sogenannten Münchner Räterepublik stellt keinen Angriff auf die Menschenwürde der deutschen Juden im Sinne der genannten Vorschrift dar. Der Gesamtinhalt der Rede bietet angesichts auch deutlicher Distanzierungen keine hinreichende Grundlage für die Annahme, der Angezeigte habe sich mit der nationalsozialistischen Rassenideologie identifizieren wollen. Im Gegenteil zeigen Passagen der Rede wie 'verheerenden und einzigartigen Untaten, die auf Hitlers Geheiß begangen wurden' und 'die verbrecherischen und verhängnisvollen 12 Jahre NS-Diktatur' deutliche Distanzierungen auf. Im Zweifelsfall mehrdeutiger Äußerungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG NStZ 2003, 655) in einer Gesamtschau von der für den Angezeigten günstigsten Auslegung auszugehen. Eine Strafbarkeit gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB scheidet daher aus.
II.
Die Verbreitung der Rede im Internet stellt keine Straftat in Sinne von § 130 Abs. 2 StGB dar, da die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen mit denen des § 130 Abs. 1 StGB identisch sind und - wie ausgeführt - nicht vorliegen.
III.
Ein Leugnen des Holocausts nach § 130 Abs. 3 und 4 StGB liegt ebenfalls nicht vor. Der Angezeigte leugnet weder den Holocaust an sich, noch bagatellisiert er nachweisbar die Einzigartigkeit und die wahre Dimension des unter nationalsozialistischer Herrschaft am jüdischen Volk verübten Völkermordes. Die Gesamtheit seiner Äußerungen stellt vielmehr in längeren Passagen seiner Rede die Einzigartigkeit des Holocausts heraus, zu dessen Wiedergutmachung 'sich die Mehrheit der Deutschen ganz ausdrücklich (bekennt), wobei Leid und Tod in unermeßlichem Maß nicht ungeschehen gemacht werden kann'.
IV.
Die Beleidigungsdelikte der §§ 185 bis 189 StGB sind nicht erfüllt, da der Angezeigte mit seinen Äußerungen die Grenze zur unzulässigen Schmähkritik nicht überschritten hat. Selbst der Einsatz starker Ausdrücke, polemisierender Wendungen und überspitzter 'plakativer' Wertungen ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Grenzziehung zwischen Ehrenschutz und Meinungsfreiheit (vgl. BVerfG NJW 1993, 1462; BGH NJW 1987, 1398; OLG München NJW 1992, 1323ff.) zulässig, soweit die Kritik des Angezeigten zu den angesprochenen Problemkreisen noch - wie vorliegend - sachbezogen ist.
V.
Da die allein unter strafrechtlichen Gesichtspunkten zu bewertende Rede keine Straftatbestände erfüllt, war der Staatsanwaltschaft die Einleitung von Ermittlungen verwehrt (§ 152 Abs. 2 StPO).
Eine Unterrichtung des Bundestagspräsidenten im Hinblick auf die Immunität des Bundestagsabgeordneten war deshalb nicht erforderlich."
Weblinks
- http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/15981/1.html - Vollständige Rede von Martin Hohmann am 3.Oktober 2003
- www.handelsblatt.com - "Hohmann-Entschuldigung" (Erklärung Martin Hohmanns gegenüber der CDU/CSU-Bundestagsfraktion anlässlich des Antrags der Fraktionsvorsitzenden Merkel, ihn aus der Fraktion auszuschließen)
- http://www.graswurzel.net/284/hohmann.shtml - Ausführlicher Artikel des Antisemitismusforscher Alfred Schobert vom Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS) zur Hohmann-Rede und den Quellen auf die sich der CDU Politiker stützt (Das DISS wird seit Jahren mit Linksextremismus in Verbindung gebracht.)