Kommunismus

Wirtschafts- und Gesellschaftsform
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 18. Juli 2005 um 00:12 Uhr durch Jesusfreund (Diskussion | Beiträge) (Satzbau). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Kommunismus (lat. communis = "gemeinsam") bezeichnet die Zielvorstellung einer herrschaftsfreien, klassenlosen Gesellschaftsordnung, in der die Menschen ihr Zusammenleben, Produktion und Verteilung der lebensnotwendigen Güter gemeinsam und frei organisieren. Die Idee richtet sich sozialkritisch u.a. gegen das Privateigentum an Produktionsmitteln und strebt dessen Vergesellschaftung an.

Überblick

Der Begriff "Kommunismus" hat im Lauf der vielfältigen sozialen Bewegungen vom 18. bis 21. Jahrhundert einen Bedeutungswandel durchgemacht. Er wird auf verschiedene politisch-ideologische Zielvorstellungen bezogen:

  • die Gleichstellung aller Menschen nicht nur in Bezug auf das Gesetz, sondern auf den Besitz. Dies wurde seit der Französischen Revolution als Realisierung der Gleichberechtigung (nicht: Wesensgleichheit) aller Menschen, wie sie das Naturrecht forderte, verstanden (utopischer Sozialismus);
  • die in den sich zuspitzenden Klassengegensätzen des Kapitalismus angelegte, diesen umwälzende klassenlose Gesellschaft, in der alle Produktionsmittel und Güter das gemeinsame Eigentum aller Bürger und alle sozialen Gegensätze aufgehoben sind. Diese soll nach einer Phase der Umgestaltung der Verhältnisse die freie und sozial gerechte Weltordnung als Endziel der Geschichte realisieren (Marxismus);
  • die Vorstellung eines herrschaftsfreien und staatenlosen Zusammenlebens ohne Über- und Unterordnung, die an die marxistische Idee vom „Absterben des Staates“ anknüpft, diese aber bereits hier und jetzt in genossenschaftlichen und basisdemokratischen Lebens-und Arbeitsformen vorwegnimmt (Anarchismus, Syndikalismus);
  • die „Diktatur des Proletariats“, die eine klassenlose Gesellschaftsordnung durchsetzt und die Rückkehr neuer Klassenherrschaft ("Konterrevolution") in den noch bestehenden Antagonismen des Weltmarkts verhindert (Leninismus): Damit wurde der Begriff im Gegensatz zu Marx auf jene Staatsformen angewendet, die sich seit der Oktoberrevolution 1917 zuerst in der Sowjetunion, dann der Volksrepublik China und davon abhängigen Staaten etablierten;
  • die Programmatik westeuropäischer Parteien und Gruppen, die sich entweder an einen oder mehrere der bestehenden "kommunistischen" Staaten anlehn(t)en (K-Gruppen) oder einen eigenständigen Kommunismus auf parlamentarischem Weg anstreb(t)en (Eurokommunismus);
  • die nichtrepressive "libertäre" Gesellschaftsform, die sich im Transformationsprozess des Spätkapitalismus herausbildet und den traditionellen marxistisch-leninistischen Klassenbegriff tendenziell aufhebt ("Neue Linke"). Deren Kritische Theorie verband marxistische Gesellschaftsanalyse bereits in den 30er Jahren mit der Psychoanalyse Sigmund Freuds und kritisierte den "autoritären Charakter" im Faschismus wie auch im Stalinismus. In ihrem Gefolge stehen in der heutigen Bundesrepublik die sogenannte Wertkritik, vertreten von Autoren wie Michael Heinrich, Robert Kurz und Moishe Postone, und die sich auf sie beziehenden "wertkritischen" und "antideutschen" Gruppen.

Geschichte

Ursprünge in der Antike

Die Vorstellung des Gemeineigentums, das das Privateigentum ablösen soll, setzt die prinzipielle Gleichstellung aller Menschen in Bezug auf den Erwerb ihrer Lebensmittel voraus. Diese Idee ist uralt und schon in manchen Naturreligionen und den monotheistischen Religionen angelegt.

In der Antike war die Sklavenhaltergesellschaft das Normale. Ausnahme war im Vorderen Orient nur das frühe, als lose Amphiktyonie organisierte Israel. Schon die ältesten Gesetzestexte der Bibel enthalten die Forderung, das Land regelmäßig so umzuverteilen, dass jeder Bauer sein Auskommen findet (Lev 25, 23):

"Darum sollt ihr das Land nicht verkaufen für immer. Denn das Land ist mein, und ihr seid Fremdlinge und Gäste bei mir."

Die theologische Begründung lautet also: Weil alles Land nur dem Schöpfer der Welt gehört, der sich Israel als Sklavenbefreier bekannt gemacht hat (Ex 3, 7), sind menschliche Besitz- und Herrschaftsprivilegien nicht ewig, sondern veränderbar. Die vermeintlichen Herren sind selber nur "Fremde" wie die, die aktuell besitzlos und von ihnen abhängig sind. Die geforderte Gleichstellung der Landbewohner sollte den verarmten, in Sklaverei geratenen Landlosen eine Zukunftsperspektive eröffnen und die Enteignung der Sklavenbesitzer anbahnen.

Dieses Gesetz setzte sich jedoch historisch in Israel nicht durch. In der jüdischen Prophetie wird die gerechte Umverteilung und Überwindung der sozialen Gegensätze daraufhin fester Bestandteil der endzeitlichen Zukunftshoffnung:

"Sie werden Häuser bauen und bewohnen, sie werden Weinberge pflanzen und ihre Früchte essen. Sie sollen nicht bauen, was ein anderer bewohne, und nicht pflanzen, was ein anderer esse."

Diese Utopie einer gerechten Sozialordnung ohne Ausbeutung, in der alle gemeinsam leben und arbeiten und sich die Früchte ihrer Arbeit aneignen, war hier immer zugleich eine Sozialkritik an der Gegenwart:

"Darum, weil ihr die Armen unterdrückt und nehmt von ihnen hohe Abgaben an Korn, so sollt ihr in den Häusern nicht wohnen, die ihr von Quadersteinen gebaut habt. Denn ich kenne eure Freveltaten, die so viel sind, und eure Sünden, die so groß sind, weil ihr die Gerechten bedrängt und Bestechungsgeld nehmt und die Armen im Tor (wo Recht gesprochen wurde) unterdrückt."

Die Verheißung einer gerechten Zukunft für die aktuell Unterdrückten und Bedrängten wird hier zur scharfen Anklage gegen die Unterdrücker; außenpolitische Niederlagen werden als zwangläufige Folge innenpolitischer Korruption des Rechts durch die Besitzenden gedeutet. Die verheißene Zukunft bildete also einen kritischen Kontrast zur Realitätserfahrung und gegen ungerechte Politik gerichteten Maßstab, der sich in der jüdischen Religionsgeschichte immer wieder Geltung verschaffte.

Dies zieht sich bis zu Jesus von Nazareth, der das alte Gottesrecht des regelmäßigen "Erlassjahres" erneuerte (Lk 4, 18-21) und Großgrundbesitzer zur Besitzaufgabe zu Gunsten der Armen einlud (Mk 10, 21). In der urchristlichen Gemeinde wird das Gemeineigentum daher als Abbild des kommenden, alle Besitzverhältnisse umwälzenden Reiches Gottes beispielhaft vorweggenommen (Apg 4, 44):

"Alle, die gläubig geworden waren, waren beieinander und besaßen alle Dinge gemeinsam."

Ähnliche Konzepte einer religiös begründeten Kommune, die nicht nur Armenfürsorge, sondern Gemeineigentum praktiziert, findet man auch im Hellenismus (z.B. bei Phythagoras), später - an jüdische Sozialgesetze angelehnt - im Islam sowie in manchen indianischen Stammesgesellschaften Nordamerikas. Hier wurde jedoch selten ein Umgestaltungsanspruch für die Gesamtheit damit verbunden.

Friedrich Engels hat in seiner marxistischen Epochengliederung der Menschheitsgeschichte angenommen, dass ein Urkommunismus die generelle Lebensform protofamiliarer Stammesgemeinschaften war, bevor mit der Gattenfamilie das eigene Haus und Territorium in Abgrenzung von anderen üblich geworden sei (Über den Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates, 1884, MEW, Bd. 21). Damit hat er den Kommunismus als Erneuerung des "Urzustands" auf höherer Ebene postuliert, die erst von der hochindustrialisierten, arbeitsteiligen kapitalistischen Produktionsweise ermöglicht werde und die uralten Menschheitsträume realisiere.

Frühkommunistische Experimente im Mittelalter

Gesellschaftsveränderung in Richtung soziale Gerechtigkeit war im vom Christentum dominierten Mittelalter allenfalls unter Berufung auf biblische Tradition möglich. Während die Großkirchen sich häufig eng an politische Herrschaftssysteme anlehnten und durch Amtsprivilegien mit diesen verflochten waren, knüpften verschiedene Minderheiten im Lauf der Kirchengeschichte Europas an das Ideal der Urgemeinde an.

Manche Orden wie die Franziskaner praktizierten Gemeineigentum als freiwillige Armut in Klöstern in Distanz zur kirchlichen und sozialen Normalität, andere dagegen - etwa die Minoriten - wollten ursprünglich die Kirche insgesamt reformieren und damit die Mehrheitssituation tendenziell verändern.

Vor, während und nach der Reformation tauchte die Idee des Gemeineigentums in verschiedenen Zusammenhängen wieder auf, etwa bei:

Keiner dieser oder ähnlicher Reformanläufe konnte sich lange halten. Sie scheiterten meist an den Machtverhältnissen oder inneren Unstimmigkeiten.

Der Humanismus des 16. Jahrhunderts hatte - parallel zu den durch wirtschaftliches Elend hervorgerufenen Bauernaufständen - Ideen einer gerechten, von allen Bürgern gleichermaßen getragenen Gesellschaftsordnung entwickelt, die ihrerseits auf die antike Polis und ihre Demokratie- Vorstellungen zurückgriffen. Folgenreich war besonders der lateinische Bildungsroman "Utopia" des englischen Staatsrechtlers Thomas Morus von 1516. Ohne den Begriff zu kennen, stellte Morus hier eine Art Kommunismus als Gegenbild zur europäischen Feudalherrschaft dar: Alle arbeiten und besitzen alles gemeinsam, auch und gerade Grund und Boden (die damaligen Produktionsmittel); zugleich darf jeder dem Glauben anhängen, der ihm gemäß ist.

Im 17. und 18. Jahrhundert machten Naturwissenschaften und Fertigungstechniken rasante Fortschritte. Sie erlaubten im Manufaktur- und Verlagswesen bereits eine Massenherstellung von Produkten, noch ohne maschinelle Produktionsmittel. Dies veränderte die Lebensbedingungen und Interessenlagen für große Bevölkerungsteile enorm.

Im Zuge der Aufklärung entstanden mit der Idee der Menschenrechte Vorstellungen eines gleichberechtigten und herrschaftsfreien Zusammenlebens. In zahlreichen - stets von der Obrigkeit bedrohten - Geheimbünden und Vereinen suchten mittellose Handwerker, Bauern und Intellektuelle ein Forum und Anhänger für ihre Ideen. Sie waren kaum an der wissenschaftlichen Erhebung empirischer Daten interessiert, entwickelten ihre Vorstellungen aber aus der widersprüchlichen Erfahrung enttäuschter Demokratiehoffnungen und relativer Rechtsfortschritte. Doch erst mit der Emanzipation des Bürgertums bekamen diese Ideen eine politische Stoßkraft.

Seit Karl Marx werden diese frühsozialistischen Gleichheits- und Demokratrisierungsbestrebungen, die sich auch auf die Ökonomie erstreckten, als Utopischer Sozialismus zusammengefasst. In ihrer Zielvorstellung sind sie mit dem Kommunismus weitgehend einig, auch wenn der Klassenantagonismus und die Frage nach den Bedingungen einer erfolgreichen Revolution noch keine Rolle spielt.

19. Jahrhundert

Durch die Aufklärung, die bürgerliche Französische Revolution zum Ende des 18. Jahrhunderts und schließlich die zuerst in England beginnende Industrialisierung Zentraleuropas (vgl. Industrielle Revolution), wurde das 19. Jahrhundert zu einem Jahrhundert bedeutender ökonomischer und sozialer Umwälzungen. Nach Überwindung des Ancien Régime, d. h. der absolutistischen Adelsherrschaft in Frankreich entwickelte auch das aufgeklärte Bürgertum in den benachbarten Staaten revolutionäre Ambitionen, - vor allem in den deutschen und den italienischen Fürstentümern. Einige ihrer Ziele waren die Befreiung von Ausbeutung, Unterdrückung, Leibeigenschaft. Für das vormalig politisch eher einflusslose Bürgertum selbst, den damaligen dritten Stand der Gesellschaft nach Aristokratie und Klerus, war dies verbunden mit der Forderung nach wirtschaftlicher und politischer Emanzipation gegenüber den herrschenden Fürstenhäusern.

Der Aufstieg Napoléon Bonapartes und dessen Eroberungsfeldzüge verbreiteten beispielsweise durch sein Gesetzeswerk, den Code Civil mit neuen bürgerlichen Rechten, europaweit auch Ideen der französischen Revolution. Von vielen Intellektuellen wurden Napoléons Reformen zunächst begrüßt, allerdings trug er auch dazu bei, die Idee des (unabhängigen) Nationalstaats zu verbreiten, und schaffte so bei breiten bürgerlichen Schichten in den eroberten Gebieten auch eine Grundlage für die Opposition gegen sich und seine Herrschaft, die in den Befreiungskriegen letztlich zu seiner Niederlage und seinem Sturz führten. Nach dem Wiener Kongress begann ab 1815 mit der Phase der wesentlich vom österreichischen Staatskanzler Fürst von Metternich geprägten Restauration der Versuch der europäischen Fürsten, die Machtverhältnisse wieder herzustellen, wie sie vor der französischen Revolution geherrscht hatten. Aber die Ideen und Ideale von bürgerlichen Freiheiten und nationaler Einheit hatten sich im Bürgertum festgesetzt. Über Jahrzehnte hinweg kam es in fast ganz Europa immer wieder zu nationalen und bürgerlich-liberalen Aufständen und Revolutionen, die sich gegen die Politik der Restauration wandten (Julirevolution 1830 in Frankreich, verschiedene polnische Unabhängigkeitserhebungen, Risorgimento in Italien, Februarrevolution 1848 in Frankreich, Märzrevolution von 1848/49 in den Staaten des Deutschen Bundes und den außerhalb des Bundes gelegenen österreichischen und preußischen Provinzen).

Ein Teil des Bürgertums hatte Anfang des 19. Jahrhunderts – während einer Zeit, in der jede freiheitliche liberale Äußerung vom herrschenden Adel verfolgt, und Zeitungen zensiert und verboten wurden – erkannt, dass mit dem Entstehen von bürgerlichem Handel und Gewerbe bereits eine neue soziale Sprengkraft entstand. Im Zuge der Industrialisierung entwickelten sich auch neue gesellschaftliche Gruppen, die in der entstehenden Wissenschaft als „Klassen“ bezeichnet wurden. Mit Kapitalisten- und Arbeiterklasse traten soziale Akteure in die Weltgeschichte ein, die – einander bedingend – um die Macht zu kämpfen begannen. Die Arbeit Friedrich Engels’, „Die Lage der arbeitenden Klassen in England“, wies auf die Verelendung großer Teile des Volkes hin, die nun nicht mehr durch eine herrschende Schicht des Adels, sondern durch die liberale bürgerliche Gesellschaft verursacht wurde. Andere gesellschaftliche Klassen wurden aus dem Fokus der Veränderung zurückgedrängt.

Kapital entsteht aus Geld, wenn lebendige Arbeit, die den Mehrwert produziert, ausgebeutet wird, weil die Arbeiter weniger Lohn erhalten, als der Kapitalist (im Durchschnitt) durch den Verkauf der Ware realisieren kann - das ist die Substanz der nur gemeinsam denkbaren Existenz von Kapital und Arbeit, Kapitalisten und Arbeiterklasse, dem Proletariat.

Das Kommunistische Manifest

Aus einem Zusammenschluss frühkommunistischer nach Frankreich emigrierter Gesellen, Handwerker und linksliberaler Bürger um deren führenden Theoretiker Wilhelm Weitling, dem Bund der Gerechten, entstand 1847/1848 unter prägendem Einfluss von Karl Marx und Friedrich Engels in London der Bund der Kommunisten, der sich mit einer flammenden Streitschrift zu Wort meldete: dem „Kommunistischen Manifest“. 1848 im Auftrag des Bundes von Marx und Engels verfasst, wurde es zu einer ideologischen Basis, mit der die Vereinigung der Arbeiterklasse zum internationalen Klassenkampf gegen die Bourgeoisie propagiert wurde. Von England aus wurde diese Schrift in ganz Europa und darüber hinaus verbreitet. Das Kommunistische Manifest hatte jedoch noch keinen nennenswerten Einfluss auf den Verlauf der bürgerlichen Märzrevolution in den Staaten des Deutschen Bundes. Erst nach deren gewaltsamer Niederschlagung begann die Arbeiterklasse, sich nach und nach in eigenen Vereinen, den Vorläufern der Gewerkschaften zu organisieren.

Neben anderem wurde im Manifest die Stellung und Aufgabe der Kommunistischen Partei als „Bildung des Proletariats zur Klasse, Sturz der Bourgeoisherrschaft, Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat“ beschreiben und so die politische Führung der Partei gesichert. Als Grundlage der Revolution und der von Marx selbst genannten globalen Theorie galt der gewaltsame Klassenkampf. Im Manifest der Kommunistischen Partei schreiben Marx und Engels als letzten Abschnitt:

Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen. Sie erklären es offen, daß ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnung. Mögen die herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern. Die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen. Proletarier aller Länder – vereinigt euch!

Durch das Werk „Das Kapital“ von Karl Marx wurde die darin formulierte „Kritik der politischen Ökonomie“ (Untertitel) zu einer politischen und wirtschaftlichen Theorie, die die bürgerliche Gesellschaft als ausbeuterisches Gewaltverhältnis verurteilt. Es ging darum, eine Gesellschaftsform zu finden, in der „jeder nach seinen Fähigkeiten“ tätig sein und „jedem nach seinen Bedürfnissen“ der produzierte Reichtum offen stehen solle. Durch die Arbeiten von Marx und Engels entstand ein theoretisches Konzept, allgemein als „Marxismus“ bezeichnet, das in der Wissenschaft des 19. Jahrhunderts – neben den Arbeiten Charles Darwins und anderer Wissenschafter – ein materialistisches Weltbild gegenüber dem christliche geprägten etablierte.

Marx und Engels traten mit ihrem Wirken dafür ein, einen „Wissenschaftlichen Sozialismus“ zu begründen, der im Gegensatz zu Ideen des Utopischen Sozialismus, des Anarchismus, aber auch zu Vorstellungen bürgerlicher Kräfte wie zum Beispiel der sogenannten Kathedersozialisten, entwickelt wurde.

Für Marx und Engels war Kommunismus die revolutionäre Bewegung des „wahren Sozialismus“ der Arbeiterbewegung gegenüber bürgerlichen Strömungen, später galt Sozialismus als Vorform des Kommunismus als klassenloser Gesellschaft, wozu die Aussagen aber ausdrücklich zurückhaltend und knapp gehalten sind.

Andere Kommunismus-Begriffe

Als weitere Strömung in dieser Vorstellung ist der Anarchismus zu nennen. Anders als in den sozialistischen Strömungen wird in den anarchistischen sehr früh eine individualistische Konzeption formuliert, die eine Gemeinschaft oder Gesellschaft ohne jede staatlich-institutionelle Ordnung für realistisch hält. Von einigen wurde individueller Terror (Bomben-Attentate) als Hilfsmittel zum Auflösen der Herrschaftsverhältnisse befürwortet (Bakunin).

In der frühen Soziologie sind auch andere erarbeitet worden. So bezeichnet Ferdinand Tönnies in „Gemeinschaft und Gesellschaft“ (1887) im Untertitel den Kommunismus als „empirische Kulturform“. Dieser „Communismus“ ist nach seiner Theorie aber nur gemeinschaftlich möglich; hingegen geht es in gesellschaftlichen Zusammenhängen immer nur um den „Socialismus“. Da bei ihm zwar Gesellschaft aus Gemeinschaft hervorgehen kann, er den umgekehrten Prozess aber als unmöglich beurteilt, kann bei ihm aus Sozialismus auch nie Kommunismus werden. Auch Max Weber sieht Kommunismus als Vergemeinschaftung, wenn er zum Beispiel auf den ‚Familienkommunismus‘ und den ‚Mönchskommunismus‘ hinweist.

Verhältnis zur Frauenbefreiung

Bei allen frühen kommunistischen und sozialistischen Vorstellungen wurde allerdings nicht von der Gleichheit der Geschlechter ausgegangen und meist nicht auf eine individualistische Konzeption, sondern auf Familie als gemeinschaftliche Basis Bezug genommen. Das gilt für frühsozialistische Modellgemeinden, etwa die von Robert Owen, bis hin zur Räterepublik, wie sie in Deutschland 1918 angestrebt wurde. In letzter sollten Betriebe (und soldatische Einheiten) die Vertreter der Basis in die höheren Gremien entsenden, die strukturell keine Gleichheit der Geschlechter aufwiesen, sondern fast nur aus Männern bestanden. Erst später wurde auch die Familie an sich kritisiert.

Die Kritik der besonderen Unterdrückung der Frau war – oft in Anknüpfung an Fouriers „Der Stand der Frau kennzeichnet den Stand der Gesellschaft“ – immer wieder besonderes Element der Arbeiten von Marx und Engels. Nach ihren Vorstellungen würde mit Abschaffung der Klassengesellschaft auch die Unterdrückung der Frau enden, so wie überhaupt die „Herrschaft des Menschen über den Menschen“. Bereits im Kommunistischen Manifest bekannten sie sich zum kommunistischem Programm der Aufhebung der Familie durch freies Lieben, Aufhebung der „Stellung der Weiber als bloße Produktionsinstrumente“ sowie der „Ausbeutung der Kinder durch ihre Eltern“ und zur gesellschaftlichen Erziehung der Kinder.

In den entstehenden sozialistisch-kommunistischen Staaten waren zwar formal die Geschlechter meist gleichgestellt, nicht aber im Alltag. Auch wenn in der Produktion Frauen eine den Männern ähnliche Stellung aufwiesen, waren sie im Haushalt doch weiterhin patriarchalen Strukturen unterworfen.

Dass der Begriff Kommunismus hier wieder zum Hauptbegriff gegenüber dem des Sozialismus wird, hat verschiedene Gründe:

  • Alle Parteien, die sozialistische Zielsetzungen entwickelten, nannten sich zuerst „kommunistisch“. Das begann bereits beim Bund der Kommunisten, der das Kommunistische Manifest veröffentlichte, und betraf dann vor allem die Parteien, die sich in Russland und dann in der Republik China als Kommunistische Parteien etablierten (zum Beispiel die KPdSU; siehe unten).
  • Als eine der ersten Abgrenzungen – wobei es vor allem um die Idee der „Diktatur des Proletariats“ ging, die in den kommunistischen Parteien als Parteidiktatur der jeweiligen kommunistischen Partei gedacht wurden – entstanden dann die sozialdemokratischen Parteien, wie zum Beispiel die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), bereits im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Sie verstanden sich dabei vorerst als primär sozialistische Parteien (in Deutschland die SPD bis nach dem Zweiten Weltkrieg), aber im Widerspruch zum Kommunismus.
  • Nach dem Zweiten Weltkrieg spielt der Kalte Krieg eine entsprechende Rolle, in dem die sich selbst sozialistisch nennenden Staaten von den USA und den anderen kapitalistisch ausgerichteten Ländern als ‚kommunistisch‘ bekämpft wurden.

Für den äußeren Betrachter gibt es anscheinend nur einen fließenden Übergang zwischen Kommunismus und Sozialismus, da viele der realsozialistischen Staaten Vorschläge und Maximen von Marx umgesetzt haben. Diese oft als „Volksdemokratien“ bzw. „Volksrepubliken“ bezeichneten Staaten wurden/werden zumeist von einer Kommunistischen Partei als allein herrschender Staatspartei, im westlichen Demokratieverständnis diktatorisch, regiert. Die meisten bezogen/beziehen sich auf den Marxismus-Leninismus und werden als kommunistische Staaten bezeichnet. Inhaltlich angemessener werden diese politischen Systeme oft auch als „real existierender Sozialismus" bezeichnet, da sie sich – in ihrem Selbstverständnis – in der sozialistischen Übergangsphase zum Kommunismus befanden/befinden. Der ideologische Urheber Lenin selbst bezeichnete die Diktatur des Proletariats, als eine erste, niedere Stufe des Kommunismus, wofür sich aber die Bezeichnung Sozialismus durchgesetzt hat.

Aufstieg und Fall des „real existierenden Sozialismus“

Der Begriff "Kommunismus" steht seit der Russischen Oktoberrevolution 1917 zunächst für die Sowjetunion, ihr System und ihre Ideologie. Mit ihr entstand in Russland eine zunächst sozialistische Sowjetmacht, die allmählich den Kommunismus aufbauen und realisieren wollte. Die Bolschewiki konnten sich im Bürgerkrieg behaupten und ihre Herrschaft auf benachbarte Länder ausbreiten. 1922 gründete sich daraus die "Union der sozialistischen Sowjetrepubliken" (UdSSR). Infolge des 2. Weltkriegs dehnte sie ihren Machtbereich nach Osteuropa aus und übertrug ihr System auf die von ihr besetzten Staaten. Sie wurden im Westen als „Ostblock“ bezeichnet, weil sie keine reale Autonomie besaßen, sondern faktisch Satellitenstaaten der vom Politbüro gelenkten KPdSU waren.

Gegenüber dem europäischen Imperialismus und Kolonialismus hatten die Marxschen Ideen schon seit 1900 auch in vielen nichtindustrialisierten, vom Weltmarkt und westlicher Hegemonie beherrschten Ländern Anhänger gefunden. Seit Stalin 1936-1939 die Generation der Oktoberrevolutionäre in "Säuberungen" ermorden ließ, wandten sich jedoch viele entsetzt ab. Stalin etablierte nun seinen "Marxismus-Leninismus" als neue Staatsdoktrin in Abgrenzung zum "Trotzkismus" und anderen als feindlich begriffenen Spielarten der kommunistischen Bewegung, die nicht bei dem "Sozialismus in einem Land" stehenbleiben wollten und die "führende Rolle" der KPdSU für die "Weltrevolution" nicht anerkannten.

Mit dem opferreichen Sieg der Sowjetunion über Hitlerdeutschland und dem folgenden Kalten Krieg gewann die Vorstellung des Antagonismus zweier "Lager" nach 1945 jedoch neue Plausibilität. Viele Befreiungsbewegungen griffen den "Marxismus-Leninismus" nun auf und entwickelten ihn als antiimperialistische Ideologie für ihre eigenen Situationen weiter.

Die Volksrepublik China sah sich nach der Revolution 1949 als besonderer Teil des "Weltkommunismus" und pflegte die „Bruderfreundschaft“ mit der UdSSR unter Stalin. Nach dessen Tod 1953 und der durch Chruschtschow 1956 eingeleiteten Entstalinisierung spaltete sie sich jedoch als eigenständiger „Block“ aus diesem Zusammenhang ab. Seitdem war das "kommunistische Lager" in zwei verfeindete Großstaaten mit ähnlicher Staatsideologie, aber konkurrierenden Führungsansprüchen gespalten. Die Sowjetunion vertrat nun die Linie einer Friedlichen Koexistenz mit dem Kapitalismus, während China theoretisch auf der "permanenten Revolution" (Trotzki) bestand. Zu Chinas Einflussbereich gehörten vor allem Nordkorea und Nordvietnam, zeitweise auch Kambodscha und Laos, während Indien und die Kaukasusregion sich eher an die Sowjetunion anlehnten.

In vielen Staaten Asiens, Afrikas und Lateinamerikas führten die „Blockmächte“ USA, UdSSR und China Stellvertreterkriege miteinander. Der Koreakrieg (1950-1953) z.B. war eigentlich ein chinesisch-amerikanischer Konflikt, in dem die USA erstmals nach Hiroshima wieder den Einsatz von Atombomben erwogen. In der Mongolei wiederum stritten die UdSSR und China mit Drohgebärden und Beinah-Krieg um Grenzverläufe. Sie unterstützen auch in der "Dritten Welt" verschiedene revolutionäre Gruppen und Ziele. Die Roten Khmer in Kambodscha etwa beriefen sich zeitweise auf den „Maoismus“. Ihrer kurzen Herrschaft (1975-1979) fielen bis zu 2 Millionen Menschen zum Opfer.

Der "Kommunismus" als staatliche und weltpolitische Zustandsbeschreibung differenzierte sich im Verlauf des Kalten Krieges weiter: Mit Jugoslawien und Rumänien kamen zwei verschiedene Sonderformen einer relativen Unabhängigkeit vom sowjetischen Führungsanspruch hinzu, die aber ihrerseits autoritäre Ein-Parteien-Regierungen hatten.

In den Ostblockstaaten mit einer älteren demokratischen Tradition gab es seit 1953 Anläufe zu Eigenständigkeit und Abnabelung vom "großen Bruder" in Moskau. Diese Bemühungen um Reformen auf weiterhin staatssozialistischer Grundlage lassen sich als "Reformkommunismus" einordnen. Sie begannen mit dem eher anti- als reformkommunistischen Volksaufstand des 17. Juni 1953 in der DDR, der zuerst Arbeitszeit- und Lohnreformen forderte, dann das Machtmonopol der SED in Frage stellte und auch schon die Deutsche Einheit anvisierte. Sie führten etwa 1956 in Ungarn, 1968 in der Tschechoslowakei (damals CSSR) zu einer Wiederbelebung der Räte und der Genossenschaften in Verbindung mit einer vorsichtigen Liberalisierung der Wirtschaft und Zulassung von Privatunternehmen. Diese Versuche waren stets von breiten Bevölkerungsschichten getragen und wurden immer dann gewaltsam von der Roten Armee niedergeschlagen, wenn die Loslösung von der SU in Reichweite kam. Ihren Einmarsch in Polen vermied 1980 nur knapp das zuvor von General Wojciech Jaruzelski verhängte Kriegsrecht.

Der allmähliche Zusammenbruch des Ostblocks begann um 1973, als die UdSSR in der Schlussakte von Helsinki erstmals die individuellen Menschenrechte anerkannte und damit Bürgerrechtsbewegungen Auftrieb gab. Zugleich wuchsen Staatsdefizite und Auslandsverschuldung. Mitte der 80er Jahre war die Hochrüstung unbezahlbar geworden, das Haushaltsdefizit erzwang politische und gesellschaftliche Reformen. Mit Michail Gorbatschow gewann ein Mann die Führung des Kreml, der mit äußerst geschicktem Vorgehen "Glasnost" (Öffnung zur Meinungsfreiheit) und "Perestroika" (Partei- und Verwaltungsreform) in Angriff nahm. 1986 konnte er in Reykjavik einen entscheidenden Durchbruch zur Abrüstung der Mittelstreckenraketen aus Europa verbuchen. Mit seiner Aufhebung der seit 1968 gültigen Breschnew-Doktrin schuf er die außenpolitische Voraussetzung für die "Wende" von 1989 im gesamten Ostblock. Nach Unabhängigkeitsbestrebungen im Baltikum wollte er schießlich auch die Selbstbestimmung der seit 1945 in die UdSSR eingegliederten Völker in einer neuen föderalen Verfassung verankern, um die staatliche Einheit der SU bei gleichzeitiger Demokratisierung zu retten. Der darauf reagierende gescheiterte Putschversuch in der Tradition Stalins beendete das Machtmonopol der KPdSU endgültig und führte zur Auflösung der UdSSR und des Comecon im Sommer 1991.

Zuvor hatte Gorbatschow nach dem Sturz Erich Honeckers durch die Bürgerrevolution in der DDR die deutsche Wiedervereinigung erlaubt. Damit war der "real existierende" Sozialismus im östlichen Teil Deutschlands am Ende; aber auch sämtliche Vorstellungen eines nun endlich demokratischen Sozialismus in einer reformierten DDR, die den Einigungsprozess gleichberechtigt mitbestimmen könnte. Die staatliche Einheit wurde gegen den Willen der Bürgerbewegung als Beitritt vollzogen, der Verfassungsentwurf des "Runden Tischs" blieb auf der Strecke.

Seither halten sich neben China nur noch zwei Staaten, deren Verfassung dem sowjetischen oder chinesischen Modell folgt: In Kuba herrscht seit der Revolution 1961 ununterbrochen die kommunistische Partei unter Fidel Castro ("dienstältester" Diktator der Welt). In Nordkorea herrscht ein von China gestütztes, auf die Person des Diktators zugeschnittenes Ein-Parteien-Regime, das Hochrüstung und Atomkriegsdrohung auf Kosten der hungernden Bevölkerung zu seiner Existenzerhaltung benutzt.

Staatskommunistische Ideologie und Wirklichkeit

Kennzeichen der Länder, die sich überwiegend „Volksdemokratien“ nannten, war die alleinige Herrschaft einer Kommunistischen Partei (KP) des jeweiligen Landes. Formell konnten zwar weitere kleine Parteien existieren, wie z.B. im Blockparteiensystem in der DDR, die aber gleichgeschaltet mit der KP waren. Das Selbstverständnis der kommunistischen Staaten war zumeist das eines sozialistischen Staates, der sich im Übergang zum Kommunismus befindet.

Theoretisch begründet wurde diese Form der Diktatur mit der von Marx und Engels formulierten Diktatur des Proletariats über die bürgerlichen Klassen. Die Arbeiterklasse, das Proletariat, war bis dahin (19. JH) nicht institutionell über ein Parlament in die Organisierung des Staates eingebunden. Die „Diktatur des Proletariats“ sollte deshalb in einer Übergangszeit - dem Sozialismus - die Führung im Staat und über die gesellschaftlichen Produktionsmittel der Arbeiterklasse zusprechen, war aber durchaus als eine demokratische Form gedacht, die schon in den Betrieben beginnen sollte (als sozialistisches Rätesystem).

Marx und Engels sind bis heute die Symbolfiguren der kommunistischen Bewegungen, die jeweils durch die regionalen „Führer“ ergänzt wurden: so Lenin in der UdSSR (der später von Stalin abgelöst wurde), Mao Tse Tung in China, Ho Chi Minh in Vietnam (siehe auch Vietnamkrieg), Fidel Castro und Che Guevara auf Kuba oder auch Josip Broz Tito im ehemaligen Jugoslawien. Unter dem Begriff Marxismus wurden in den einzelnen kommunistischen Staaten und Bewegungen eine ganze Reihe untereinander und zu den „Klassikern“ von Marx und Engels mehr oder weniger differierende Theorien formuliert, jeweils entsprechend ihrer jeweiligen Interessenlage. Das Spekrum reicht vom Marxismus-Leninismus (bis zum Stalinismus) über die „Die Worte des Vorsitzenden Mao“ (die so genannte „Mao-Bibel“) bis hin zum „Grünen Buch“ des libyschen „Revolutionsführers“ Muammar al-Gaddafi.

Eurokommunismus

In Westeuropa waren kommunistische Bewegungen bis zum Zweiten Weltkrieg verbreitet. Nach dem Krieg gab es vor allem in Frankreich und Italien bis in die 80er Jahre starke kommunistische Parteien; sehr dogmatisch auf Sowjet-Kurs in Frankreich, während in Italien der so genannte „Eurokommunismus“ entstand, der sich an die Sozialdemokratie annäherte. In Westdeutschland, in der die Kommunistische Partei 1956 verboten wurde, entstanden in der allgemeinen politischen Spannungslage nach der Studentenbewegung von 1968 zahlreiche - je nach Vorbild in der kommunistischen Welt, von der UdSSR bis Albanien - kommunistisch orientierte Gruppierungen, die oft stark gegeneinander konkurrierten.

In Deutschland begünstigten in der Weimarer Republik die Auseinandersetzungen innerhalb der Arbeiterbewegung, primär vertreten durch die SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands) auf der einen und die KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) auf der anderen Seite, die Machtergreifung der Faschisten (Sozialfaschismusthese).

Nach dem 2. Weltkrieg wurde Deutschland in Besatzungszonen aufgeteilt, von denen die drei westlichen (französische, britische, US-amerikanische) später zur Bundesrepublik Deutschland wurden, während die sowjetische Besatzungszone als Deutsche Demokratische Republik (DDR) bis zur Wiedervereinigung Deutschlands (als Bundesrepublik Deutschland) in der Einflußsphäre der UdSSR verblieb.

Die kommunistischen Staaten waren besonders in ihren Anfangsjahren stark durch die jeweilige historische Situation bestimmt und konnten Teile der arbeitenden Bevölkerung (inkl. der "landlosen" Bauern) und der bürgerlichen Intelligenz für sich gewinnen, weil sie einschneidende soziale Reformen durchführten. Dazu gehörten die Vergesellschaftung der Produktionsmittel und die Enteignung von Landbesitzern.

Jedoch wurden meist bereits wenige Jahre später große Teile der Reformen revidiert, weil die Produktivität der „vergesellschafteten“ Betriebe nicht ausreichend war, die Bedürfnisse der Bevölkerung und des Staates zu befriedigen. So starben in der schon durch den ersten Weltkrieg geschwächten Sowjetunion in den 1920er Jahren in Folge des der Oktoberrevolution folgenden Bürgerkrieges gegen die zaristische „Weiße Armee“ (die sich eher aus verschiedenen Gruppen und teilweise gegeneinander konkurrierenden Militärs zusammen setzte) mehrere Millionen, nach einigen Schätzungen bis zu über 5 Millionen Menschen an Hunger. Insbesondere im Bereich der Landwirtschaft wurden die selbständigen Kleinbauern zwangsweise zu Produktionsgenossenschaften zusammengefaßt. Auch wurde die Macht der jeweiligen Kommunistischen Partei gestärkt und quasi mit dem Staat gleich gestellt, zum Teil mit bürgerkriegsähnlicher Gewalt (faktische Verstaatlichung anstelle der Vergesellschaftung der Produktionsmittel im Zuge der Planwirtschaft), was auch mit der Instabilität vieler kommunistischer Konzepte und den dadurch notwendig werdenden Kontrollen zusammenhing.

Aber auch die revolutionären Vorstellungen sozialistischer Intelligenz wurden zum Beispiel in der UdSSR schon in den 20er Jahren zurück genommen (zum Beispiel sozialistische Modelle gemeinschaftlichen Wohnens; Durchsetzung des „Sozialistischen Realismus“ in der Kunst; Verschärfung der Moralvorstellungen).

Einfluss auf die Entwicklung der kommunistischen Staaten hatte auch, dass sie zumeist in Zusammenhang mit kriegerischen Auseinandersetzungen entstanden: so beispielsweise Sowjetrussland im Ersten Weltkrieg und die Volksrepublik China im chinesischen Bürgerkrieg mit der Bewegung Chiang Kai-sheks, der Kuomintang (die sich später nach Taiwan zurückzog und dort einen eigenen – von China bis heute nicht anerkannten – Staat gründete).

Es waren nicht nur äußere Probleme, die die kommunistischen Staaten – getragen durch deren KP – zu Diktaturen werden ließen. Die jeweiligen Machthaber interpretierten die von Marx und Engels vorgelegten Arbeiten zum Wissenschaftlichen Sozialismus auch entsprechend der eigenen Machtinteressen. Primär wurde eine absolute Führungsrolle der Kommunistischen Partei als Stellvertreter des Proletariats definiert, die anstelle der Arbeiterklasse und der Bauern die Geschicke des Landes allein, ohne echte demokratische Legitimation bestimmte. Eine vermeintlichte Beauftragung durch die Bevölkerung wurde meist mit Hilfe von Scheinwahlen erreicht. Dazu kommt, dass in der angestrebten Gesellschaft gleichgestellter Menschen dauerhafte machtausübende Organisationen nicht vorgesehen waren - also auch keine Mechanismen, Machtmissbrauch derartiger Organisationen zu verhindern, wie z. B. Gewaltenteilung, Pressefreiheit, Checks-and-Balances und sonstige demokratische Kontrollinstanzen. Dementsprechend konnten Machthaber oft weitgehend ungehindert extreme Maßnahmen durchsetzen.

So waren es äußere wie innere Strukturen, die in den kommunistischen Staaten zum Teil zu extremer Unterdrückung der Oppositionen führten, und auch die innerparteiliche Auseinandersetzung um die Macht in den jeweiligen Kommunistischen Parteien führte zu extremen Gewaltexzessen, die vor allem mit Stalin, Mao Tse Tung und der Kulturrevolution und den Roten Khmer unter Pol Pot verbunden werden.

Die Konzepte des Marxismus-Leninismus (auch Historischer Materialismus und Dialektischer Materialismus als „verstaatlichte Ideologie“) wurden nach der Oktoberrevolution vor allem über die Kommunistische Internationale (Komintern) verbreitet. Die UdSSR griff über sie in vielen Ländern in die sozialen, zum Teil revolutionären Auseinandersetzungen ein und exportierte dabei auch das Modell des „Roten Terrors“, mit dem sich die Kommunisten unter Lenin in Russland durchgesetzt hatten. In der Ost-West-Blockkonfrontation des Kalten Krieges blieb vielen Befreiungsbewegungen, die in wenigen Fällen eher nationalistisch als kommunistisch waren, nichts anderes übrig, als sich als KP unter dem Einfluß der UdSSR oder China zu organisieren (zum Beispiel für Waffenlieferungen).

Kritik am sowjetischen Modell

Die substantielle Kritik am politischen Konstrukt der Kommunistischen Partei in Moskau (Bolschewiki) begann unmittelbar nach der Oktoberrevolution durch Rosa Luxemburg, die zusammen mit Karl Liebknecht aus der deutschen Sozialdemokratie heraus die Kommunistische Partei Deutschlands KPD gegründet hatte. Gegen die von Lenin instrumentalisierte Diktatur des Proletariats zur realen Diktatur einer Minderheit mittels des „Roten Terrors“ beschwor sie: „Die Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden“.

Ein weltweit wirkendes Problem schaffte Moskau über die Komintern den deutschen Kommunisten, als die in der Weimarer Republik angesichts der erstarkenden Nationalsozialisten gegen die SPD und deren Demokratischen Sozialismus auf die Sozialfaschismusthese orientiert wurden, mit der die Sozialdemokraten als gefährlicher als die Faschisten bekämpft wurden. Der Versuch, gemeinsam gegen die NSDAP anzutreten, war damit unmöglich. Ob der Faschismus damit hätte verhindert werden können bleibt eine unbeantwortete Frage.

Eine wesentliche Rolle in der ideologischen Ausrichtung der KPdSU und der Komintern spielte, neben der realen Diktatur der sich als Partei und alleinige Vertretung des Proletariats begreifenden KPdSU, die Ausarbeitung des Marxismus-Leninismus zu einer Staatsdoktrin, die 1938 durch Stalins Schrift „Über Dialektischen und Historischen Materialismus (Stalin)“ zu einem Dogma wurde. Spätestens jetzt war der Marxismus-Leninismus-Stalinismus über diese Ideologie zu einer Rechtfertigungsdoktrin verkommen, die mit den emanzipatorischen Arbeiten Marx´und Engels´ kaum noch etwas zu tun hatte. Der „dialektische und historische Materialismus“ ist eine Einheit von Philosophie (Dialektik) und Geschichtswissenschaft, mit der das Denken und das Handeln des „Neuen Sowjetmenschen“ indoktriniert werden sollte. Ziel war die bedingungslose Unterordnung unter die Partei, beziehungsweise die Staatsbürokratie, unter dem „Weisen Führer“ und als neue Arbeitssklaven unter die den Menschen wieder entfremdet gegenüberstehenden Produktionsmittel.

Wenn auch festzuhalten ist, dass die Sowjetunion unter diesen Voraussetzungen dem deutschen Faschismus widerstehen und wesentlich zur Befreiung von ihm beitragen konnte, war mit den genannten Ideologien und Strategien die ursprüngliche kommunistische Idee von der Freiheit und Gleichheit aller Menschen zerstört. So wunderbar auch die Idee der vollkommenen Gesellschaft war, so zeigte sich doch, dass der Mensch diesem Anspruch zu dieser Zeit noch nicht gewachsen war oder die Utopie nicht in der Lage war, die vielfältigen Interessenslagen der Menschen zu berücksichtigen.

In den letzten Jahren hat sich mit der sogenannten „Vergleichbarkeit der Verbrechen im Kommunismus mit denen des deutschen Faschismus“ ein eigenständiger Bereich in der Tradition der Totalitarismusthese entwickelt; insbesondere das „Schwarzbuch des Kommunismus“, in dem verschiedene Studien die Verbrechen kommunistischer Regierungen analysieren - wenn auch weitgehend ohne Berücksichtigung der revolutionären Umwälzungen und fachlich substantiell kritisiert – wurde viel diskutiert.

Der Begriff des „Roten Holocaust“ wurde mit der Veröffentlichung des „Schwarzbuch des Kommunismus“ in die politische Diskussion eingeführt. Er knüpft inhaltlich an den so genannten „Historikerstreit“ an, der durch Aussagen des Historikers Ernst Nolte ausgelöst wurde. Nolte hatte unter anderem mit der Gleichsetzung von „Rassenmord“ und „Klassenmord“ bisherige Standards in der Bewertung des Faschismus in Deutschland zwischen 1933-1945 zu verwischen suchte, was weitestgehend auf Ablehnung stieß.

Anstatt für die im realexistierenden Sozialismus begangenen Verbrechen einen neuen Begriff zu kreieren, der sich von der industriellen Tötung der europäischen Juden (als „Rasse“) und anderer Gruppen wissenschaftlich und politisch klar absetzt, kommt es durch den Begriff des „Roten Holocaust“ notwendigerweise zu einer Relativierung des Holocaust, der im Sprachgebrauch der letzten Jahrzehnte synonym mit den Verbrechen der Nationalsozialisten benutzt wird und von daher seit Jahren ein „Fachbegriff“ ist, der auch in der Öffentlichkeit Gültigkeit erlangt hat (beispielsweise wird das „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ in Berlin als „Holocaust-Mahnmal“ bezeichnet und verstanden).

Unter direktem Hinweis auf den Totalitarismus hat der Herausgeber des Schwarzbuches, Stéphane Courtois, gegen die Auffassung wichtiger Mitarbeiter daran (Werth und Margolin), die etwa 25 Millionen getöteter Menschen im 12 Jahre währenden 1000-jährigen Reich mit jenen etwa 80 bis 100 Millionen getöteter im 20. Jahrhundert durch „den Kommunismus“ verglichen, weil durch die Betonung der Singularität der faschistischen Verbrechen die kommunistischen Verbrechen zu wenig beachtet würden.

Es muss verwundern, wenn ein so ausgeprägter Begriff wie "Roter Terror", der zudem von der Russischen Kommunistischen Partei selbst öffentlich geprägt, ja, als Bestandteil des Terros genutzt wurde (Werth in: Schwarzbuch des K.), nicht innerhalb der historischen Begrifflichkeit verwendet werden soll. Dieser Konflikt, der jenseits jeden Zahlenvergleichs der Opfer und bei einer völligen Akzeptanz kommunistischer Verbrechen besteht, ist nur durch eine differenzierte Analyse beizulegen.

Im historischen Fachdisput ist moralisch zu akzeptieren, dass ein getötetes Kulackenkind so viel wiegt wie ein in der Gaskammer getötes Kind der Juden“ (Courtois in: Schwarzbuch des Kommunismus). Es ist aber nicht der gleiche Prozess, in dem die Tötungen stattfanden. Im Schwarzbuch des Kommunismus gibt es tatsächlich auch nicht den Vorwurf, es haben einen dem Holocaust entsprechenden "Klassen-Mord" unter den Kommunisten gegeben, selbst in Kambodscha seien - terroristisch, willkürlich - alle Menschen in der ständigen Gefahr gewesen, ermordet zu werden.

Der Versuch der industriellen Ausrottung der "Rasse" der Juden (wovon die Nationalsozialisten mit ihrer "Rassenlehre" ausgingen), die jenseits eines realen Konflikts stattfand (es gab keine entsprechenden Aggressionen der Betroffenen), stehen in der UdSSR Terror und Mord einiger politisch aktiver Bevölkerungsteile gegenüber, wobei offenbar durchaus bei der Verfolgung zur Selektion Begriffe wie "Klasse" benutzt wurden, jedoch die Ausführung nach Meinung Einiger nicht industriell-systematisch, sondern primär eben terroristisch durchgeführt worden sei; aus den sowjetischen Lagern (Gulag), die wie bei den deutschen Nationalsozialisten eine "Vernichtung durch Arbeit" intendierten, gab es die Möglichkeit der Entlassung, die zu bestimmter Zeit massenhaft stattfand; andere Mitglieder dieser Gruppen wurden aus der UdSSR ausgewiesen.

Ein weiterer Diskussionspunkt ist die Frage, ob sinnvoll Mord und Terror der Anfangsjahrzehnte der "klassischen" Kommunistischen Staaten, wie UdSSR und (Rot-) China, mit denen in einem späteren sich als sozialistisch/ kommunistisch verstehenden Regime in der sogenannten "Dritten Welt" sinnvoll in einen Begriff zu vereinen ist, einem Regime, das nicht wirklich auf der marxistisch-leninistischen Theorie als Staat entwickelt wurde, sondern sich primär - zuerst meist als Befreiungsbewegung - als unter dem Schutz der UdSSR definierte ("Satelliten" im Kalten Krieg).

Unabhängig von der Zugehörigkeit zu den Phänomenen des Faschismus oder des Kommunismus sind andere Völkermorde, wie der in Ruanda, wo weitgehend ein organisierter Mob mit einfachen Hieb- und Stich-Waffen die in der Nachbarschaft lebenden Tutsi ermordete, mit jeweils spezifischen Begriffen zu fassen. Niemand ist letztlich gehindert, für verschiedene Typen solcher Verbrechen gegen die Menschlichkeit einen Index der Jahrestoten aufzustellen und zu vergleichen, und andere mögen über den Sinn urteilen, Opfer von Gaskammern mit gezielt verursachten Hungertoten aufzurechnen.

Und letztlich müssen sich Anhänger des "großen Überbegriffs Holocaust" fragen lassen, wie sie 1. die kommunistische historische Entwicklung mit humanitären Zielen, die fast so alt wie die Menschheit sind, 2. die Gründergeneration des Sozialismus im 19. Jahrhundert, auf die sich zumindest die UdSSR und China - aber ebenso die früher marxistisch-orientierten Sozialdemokratischen Parteien ausdrücklich berufen, und 3. jene kommunistische Bewegungen weltweit, die sich keine Verbrechen zuschulden kommen liessen, begrifflich differenzieren wollen. Nicht zuletzt werden ohne solche Differenzierung auch viele der Opfer diskreditiert, die für ihr Festhalten an kommunistischen Idealen auch im Namen des Kommunismus ermordet wurden. Auf der anderen Seite sollte dies aber auch nicht daran hindern, die Verbrechen, die von einigen Kommunisten begangen wurden, aufzuarbeiten und kritisch über die genauen Ursachen zu reflektieren - auch innerhalb der Ideologie selber.

Courtois (in: Nachwort, Schwarzbuch des K.) hat immerhin die deutliche Trennung gemacht, die Verbrechen begännen mit Lenin (was in der Fachwelt längst unstrittig ist, wenn die Tiefe der Verstrickung durch Werth auch intensiver nachgewiesen wird). Schon in der Debatte um die Folgen der Pariser Kommune habe Marx (sozialistische/Kommunistische Arbeiterbewegung) sich gegen Bakunin (anarchistische Arbeiterbewegung) durchgesetzt und die "interne Debatte der sozialistischen Arbeiterbewegung über terroristische Gewalt" sei zu jenem Zeitpunkt gegen solche Gewalt nahezu entschieden gewesen (vmtl. meint Courtois den Ausschluß Bakunins aus der Internationale und den Begründungstext Marx´).

Können also die Bolschewiken und Sozialdemokraten bis hin zu den italienischen "Euro-Kommunisten" gleichermaßen unter einen Begriff gebracht werden, bei dem durchgängig Kommunismus unter dem Bezug auf die "geschichtliche Berufung des Proletariats" eine "kriminogene Ideologie" intendiert hätte (Courtois)?

Das 20. Jahrhundert ist - unstrittig - auch von unermesslichen kommunistischen Verbrechen gekennzeichnet, die mit der Russischen Revolution schon 1917 unter Lenins "Rotem Terror" begannen, die unter Stalin neue und alte Formen annahmen, unter Mao Tse Tung in China mit der "Kulturrevolution" erneut eine andere Qualität bekamen. Dies gilt es auch begrifflich herauszuarbeiten. Eine der entstehenden Fragestellungen mag durchaus jene sein, die Courtois (in: Nachwort, Schwarzbuch des K.) stellt: "Wurzelte der Marxismus-Leninismus vielleicht weniger in Marx als in einem verfehlten Darwinismus, der sich der sozialen Frage zuwendet und dabei auf die gleichen Irrwege gerät wie die rassische Frage?" (S. 821).

Und da genau beginnt ein neuer "HistorikerInnenstreit": Ist "Sozialdarwinismus" - der von zum Beispiel Marx/ Engels wie von Darwin entschieden abgelehnt wurde - mit der generell unterstellten "kriminogenen Ideologie" wichtiger Strömungen der Kommunisten ideengeschichtlich gleichzusetzen mit Vorstellungen der deutschen Nationalsozialisten? Wäre die Ansicht, das Stärkere (als "Klasse") solle sich - zudem in "historischer Mission" - durchsetzen, identisch mit der nationalsozialistischen Vorstellung, es gelte die Reinheit des ("germanischen") Blutes zu wahren, um nicht selbst - als "Rasse" - degeneriert zu werden.

Gegenwart

Postkommunistische Ansätze

Aus dem Zusammenbruch des realexistierenden Sozialismus gingen unterschiedlichste Strömungen und Ansätze hervor, soziale Probleme anzugehen. So gibt es gewandelte sozialistische/kommunistische Parteien, die heute politisch überwiegend auf Basisdemokratie und Sozialistische Demokratie statt auf historische Mission und Diktatur des Proletariats setzen.

Postmarxistische Ansätze: Kritische Theorie und Wertkritik

Auch in der alternativen Linken gibt es eine kritische Auseinandersetzung mit der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaftsordnung und den ihr innewohnenden ideologischen Momenten (Themen wie Arbeitsfetisch, Personalisierung abstrakter Verhältnisse, Antisemitismus und Antiamerikanismus). In Lesekreisen und Veranstaltungen werden Marx, Adorno/Horkheimer und Moishe Postone neu entdeckt und ausgelegt sowie auf neuere gesellschaftskritische Ansätze von Wildcat, Krisis/Exit sowie ISF (Initiative Sozialistisches Forum) Bezug genommen. Im Verlaufe der Auseinandersetzungen und v.a. nach dem 11. September 2001 bildeten sich zwei postmarxistische Strömungen heraus. Die jeweiligen Vertreter dieser beiden Strömungen bezeichnen sich sich selbst als "Wertkritiker" oder "Antideutsche". Zur ersten Strömung gehören u.a. die Gruppen Exit, Krisis und die Wertkritischen Kommunisten Leipzig (WKL). Zur zweiten Strömung lassen sich u.a. die Zeitschrift Bahamas, die Initiative Sozialistisches Forum (ISF), die Antideutschen Kommunisten Berlin (ADK), Kritik&Praxis Berlin (KP) sowie die Leipziger Gruppe in Gründung (GiG) zählen.

Beide Strömungen nehmen positiven Bezug auf den Kommunismus. Darunter verstehen sie emanzipatorische Bewegungen, die weltweit und prozessual die bürgerlich-kapitalistischen Verhältnisse aufheben und in eine befreite Gesellschaft transformieren. Ihr Ziel ist eine zwangslose und gemeinschafliche Gesellschaft, in der der Mensch und dessen Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen und die zusätzlich verantwortungsvoll mit Natur und Umwelt umgeht. Die israelischen Kibbuzim in ihren Anfängen (befreit von einer bloßen Siedler-Ideologie) werden als ein mögliches, anknüpfbares Modell einer freiwilligen, genossenschaftlichen Selbtsverwaltung auf einer größeren, gesamtgesellschaftlichen Ebene jenseits von Markt und Staat begriffen.

Die befreite, kommunistische Gesellschaft wird v.a. negativ bestimmt, da sich diese nicht auf dem Reißbrett und aus den heute bestehenden Verhältnissen heraus konzipieren lasse, sondern im gemeinsamen und bewussten Diskussions- und Transformationsprozess entstehen soll. Negativ bestimmt heißt, daß sich allein Aussagen darüber treffen lassen, was zu überwinden und abzuschaffen ist. Ihre Auffassung von Kommunismus leiten sie aus ihrer Kritik an den bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen ab. Besonders die "Antideutschen" beharren auf diesem von Adorno proklamierten "Bilderverbot".

  • Im Vordergrund dieser negativen Bestimmtheit und somit ihrer Gesellschaftskritik steht das Verständnis von Kapitalismus als ein Verhältnis aus einem einzigen Grund heraus: in einem beständigen Prozeß aus Geld mehr Geld zu "machen", indem menschliche Arbeitskraft, Maschinen und Rohstoffe angekauft, damit Waren produziert und verkauft, und die erzielten Gewinne (Profit, Mehrwert) zum großen Teil wieder in den Produktionsprozeß als "Kapital" reinvestiert werden (G-W-G' -> G'-W-G" -> G"-W-G"' usw.). Über diesen abstrakten Selbstzweck (Stichwort: Kapital als "automatisches Subjekt") entstehe Gesellschaftlichkeit, dem Wesen nach allein darüber würden sich die Menschen zueinander als in Konkurrenzbeziehungen stehende Arbeitskraft-/Waren-Verkäufer und Arbeitskraft-/Waren-Ankäufer vermitteln. Arbeit wird dabei als entsinnlichte und aus dem Lebensumfeld der Menschen herausgerissene Form menschlicher Tätigkeiten begriffen, die allein dem "automatischen Subjekt" unterworfen ist. (vgl. dazu Krisis: Wikisource: "Manifest gegen die Arbeit") Der Begriff des "Werts" spielt in ihrer Kritik des Kapitalismus eine wesentliche Rolle, da er in Form von "gesellschaftlich notwendiger Arbeitszeit" das so genannte abstrakte "gemeinsame Dritte" darstelle, auf dem Warenproduktion und -tausch beruhen.
  • Diese Gesellschaftlichkeit werde im Kapitalismus zwar von den Menschen hervorgebracht, verselbständige sich allerdings fetischhaft und vollziehe sich als grundlegende Struktur hinter deren Rücken. Sie sei als Ganzes nur schwer fassbar und trete ihnen "verschleiert" (z.B. als W-G-W und nicht als G-W-G') gegenüber. Nach Roswitha Scholz (Exit) und anderen bestehe das zugrundeliegende Strukturverhältnis im Kapitalismus nicht allein auf dem Wertprinzip, sondern auf einem in sich gebrochenen Verhältnis von Wert (das "Männliche") und Abgespaltenem (das "Weibliche") (Wertabspaltungsansatz, vgl. dazu Roswitha Scholz: Auszüge aus " Das Geschlecht des Kapitalismus").
  • Eine scharfe Abgrenzung erfolgt gegenüber dem traditionellen Marxismus, dessen positiven Bezug auf das Proletariat als so genanntes „revolutionäres Subjekt“ und Klassenkampfrhetorik, personalisierender Kapitalismuskritik und dem positiven Bezug auf Arbeit (im Gegensatz zu menschlicher Tätigkeit).
  • Den "real existierenden Sozialismus" analysieren sie als eine spezifische Form von Entwicklungsdiktaturen, die unter der Vorgabe (und im Glauben), eine sozialistische Gesellschaft zu errichten, doch nur eine nachholende Industrialisierung auf dem Boden der warenproduzierenden Vergesellschaftung durchsetzten - und eben nicht jenseits von ihr.
  • Wichtige Momente dieser Kritik am Kapitalismus sind ebenso die Kritik des bürgerlichen Subjekts als zugerichtete und unfreie Form des menschlichen Individuums. Damit zusammenhängend, werden "Gerechtigkeit", "Menschenrechte", "Aufklärung", die Ideale "Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit" und "Demokratie" als der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft entsprungen, als deren Maßstäben gemäß verfaßte Begrifflichkeiten verstanden und somit, in dieser Form, als nicht in eine kommunistische Gesellschaft hinüberzurettende Momente abgelehnt (vgl. dazu Karl Marx: "Die Judenfrage").

Im Gegensatz zu anderen linken und kommunistischen Strömungen verstehen sich diese beiden als prinzipiell solidarisch mit dem Staat Israel, den sie als direkte Antwort auf den Holocaust an den Jüdinnen und Juden Europas begreifen und ihm (in ihrer Kritik der bürgerlichen Verhältnisse und deren aktuellen Entwicklungen) als Bastion und Zufluchtsort gegen jedweden Antisemitismus (den sie als barbarische Krisenideologie der kapitalistischen Vergesellschaftung definieren) ein uneingeschränktes Existenz- und Verteidigungsrecht zubilligen.

Nach dem 11. September und vor allem seit dem Angriff der USA auf den Irak brachen die Positionen derart massiv auseinander, daß (konstruktive) Diskussionen miteinander nicht mehr möglich sind. Die Differenzen bestehen vor allem in den Einschätzungen realer Entwicklungen und den als notwendig erachteten Reaktionen darauf:

  • "Antideutsche" beziehen sich positiv auf die USA und ihren Krieg gegen den Terrorismus (Afghanistan, Irak), auf westliche Werte und die Aufklärung (als "Bedingungen der Möglichkeit für Emanzipation", die notwendigerweise gegen die Gegenaufklärung verteidigt werden müßten) und reduzieren soziale Bewegungen auf die in ihnen (wie überall in der Gesellschaft) vorhandenen Momente von Antizionismus, Antisemitismus und Anitamerikanismus (Stichworte "deutscher Mob" und "Islamistische Internationale"). In der Praxis werden Diskussionen veranstaltet, in Form von Bündnissen Gegenkundgebungen zu Antikriegsdemonstrationen oder zu Mahnwachen an amerikanischen Konsulaten durchgeführt, Diskussionsveranstaltungen und Lesungen gestört, und mittels Flugblättern und Mahnwachen Kritik an antisemitischen, antizionistischen und antiamerikanischen Tendenzen nach außen getragen.
  • "Wertkritiker" hingegen wenden sich zwar ebenfalls gegen Antiamerikanismus, kritisieren und warnen aber vor der den USA zugefallenen Rolle, als so genannter "ideeller Gesamtimperialist" und "letzte Weltmacht" stellvertretend für den sich global durchgesetzten Kapitalismus Weltordnungskriege gegen Warlords, Terrorismus und militanten Fundamentalismus zu führen. Sie begreifen Aufklärung und Gegenaufklärung als zwei Seiten einer Medaille innerhalb eines Bezugssystems (Kapitalismus), sodaß man sich auf keine der beiden Seiten positiv beziehen könne. Sozialen Bewegungen gegen soziale, ökonomische Zumutungen und Krieg stehen sie eher positiv gegenüber (solange diese solidarisch und nicht offen rassitsisch, antisemitisch und antizionistisch auftreten), beteiligen sich an ihnen und üben Kritik an auftretenden rechten Tendenzen, Nationalismus und Standortlogik sowie Forderungen nach mehr Arbeit. Das praktische Wirken konzentriert sich hier v.a. auf das Publizieren von Texten, das Verteilen von Flugblättern und Halten von Redebeiträgen auf Kundgebungen und Demonstrationen, sowie das Durchführen von Veranstaltungen. Seltener beteiligen sie sich an Bündnissen (z.B. gegen Hartz IV oder Olympia) oder konkreten Aktionen.

---

In Argentinien gibt es seit dem Zusammenbruch der Volkswirtschaft (viele machen den Neoliberalismus dafür verantwortlich), neue selbstverwaltende Betriebe. Ein selbstverwaltender Betrieb ist im Grunde eine "Firma ohne Chef". Ansätze davon gibt es auch in Deutschland, z.B. Genossenschaften.

Inwieweit der Begriff des Kommunismus für eine befreite, menschliche und emanzipatorische Ordnung sinnvoll erscheint, ist umstritten. So mancher sieht den Begriff für diese zukünftige Gesellschaft durch die Geschichte des 20. Jahrhunderts diskreditiert, andere wiederum halten unter kritischer Betrachtung der Geschichte an ihm fest.

Bekannte Vertreter kommunistischer Strömungen

Thomas Morus Theodor W. Adorno François Noël Babeuf Sarah Wagenknecht
Josip Broz Tito Antonio Gramsci Wilhelm Weitling Robert Kurz
Karl Marx Walter Ulbricht Pol Pot Mosihe Postone
Erich Honecker Nikita Chruschtschow Friedrich Engels Rosa Luxemburg
Wilhelm Liebknecht Mao Tse Tung Clara Zetkin Ernst Busch
Ho Chi Minh Karl Liebknecht Fidel Castro Herbert Marcuse
Wladimir Iljitsch Lenin Kim Jong Il Leo Trotzki Johannes Agnoli
Josef Stalin Otto Bauer Ernst Thälmann Otto Rühle
Max Reimann Bertolt Brecht Hanns Eisler Ernest Mandel
Imre Nagy Alexander Dubcek Leszek Kolakowski Robert Havemann

Literatur

  • Adamczak, Bini: Kommunismus. Kleine Geschichte, wie endlich alles anders wird. Unrast: Münster 2004, ISBN 3-89771-430-2
  • Courtois, Werth, Panné, Paczkowski, Bartosek, Margolin: Das Schwarzbuch des Kommunismus, Unterdrückung, Verbrechen und Terror. Piper: 1998, ISBN 3492040535
  • Mecklenburg, Jens: Roter Holocaust'? Kritik des Schwarzbuchs des Kommunismus. Konkret: Hamburg 1998, ISBN 3894581697
  • Kurz, Robert: Marx lesen. Die wichtigsten Texte von Karl Marx für das 21. Jahrhundert. Eichborn: Frankfurt 2000, ISBN 3821816449
  • Isaac Deutscher: Die unvollendete Revolution, Frankfurt 1973
  • Edgar Snow: Roter Stern über China, Frankfurt 1970

Textsammlungen

Zeitschriften

marxistisch

wertkritisch

antideutsch

Siehe auch


Vorlage:Wiktionary1 Vorlage:Wikiquote1