Mittelschüler-Kartell-Verband

Dachverband von Schülerverbindungen
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 17. Juli 2005 um 20:50 Uhr durch OliverZettinig (Diskussion | Beiträge) (Rechtsextreme Tendenzen). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Der Mittelschüler-Kartell-Verband (MKV) der katholischen, farbentragenden Studentenkorporationen Österreichs , ist der Dachverband der katholischen österreichischen Mittelschulverbindungen. Er selbst ist Mitglied des Europäischen Kartellverbandes" (EKV) und der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände Österreichs (AKV). Über 160 Verbindungen mit über 20.000 Mitgliedern gehören dem MKV an und bilden damit den größten Schüler- und Absolventenverband Österreichs. Der MKV ist Gründungsmitglied der Schülerunion, einer österreichweiten Vertretung von Schülern.

Die vier Prinzipien des MKV lauten "patria", "religio", "scientia" und "amicitia" (Bekenntnis zum Staat Österreich, katholischer Glaube, Streben nach Bildung, Freundschaft), der Wahlspruch "Gott, Ehre, Freiheit, Vaterland". Der MKV bekennt sich zur christlichen Soziallehre, einem demokratischen Österreich und einem vereinten Europa. Der MKV ist parteilos, eine konservative Ausrichtung seiner Mitglieder ist erkennbar.

Geschichte

1933 bis 1938

Der MKV wurde am 9. September 1933 anläßlich des Katholikentages in Wien gegründet, seine Wurzeln reichen aber bis in das 19. Jahrhundert zurück (Vorgängerverbände: "Mittelschüler-Cartell-Verband im Jahr 1900, "Verband katholisch - deutscher Pennalverbindungen Österreichs" (VPV) im Jahr 1919, "Christlich-Deutscher Studentenbund" (CDSB), ebenfalls 1919).

Bereits wenige Wochen nach der Gründung 1933 beschloss der MKV ein Aufnahmeverbot für NSDAP-Mitglieder. Die autoritär-österreichische Politik während des Ständestaates (1934-1938) wurde von vielen Mitgliedern des MKV begrüßt, wenn auch Kritik an der Härte der Mittel zu erkennen war.

1938 bis 1945

Mit dem Einmarsch Hitlers in Österreich (1938) wurden die Verbindungen verboten. Noch am Tag des Einmarsches wurden Vereinslokale der MKV-Verbindungen von NSDAP-Angehörigen verwüstet und Inventar beschlagnahmt. Einige Mitglieder katholischer Verbindungen mussten in Konzentrationslager (z.B. der spätere Bundeskanzler Leopold Figl), einige wurden hingerichtet. Manche integrierten sich auch in das nationalsozialistische System.

Aus den Reihen der katholischen Studenten gab es auch Widerstand gegen das NS-Regime, der als eine österreichische Gegenbewegung zum Hitler-Regime anzusehen ist. Viele gingen in den Untergrund und gründeten Widerstandsgruppen (z.B. "Standarte 105"). Eine Manifestation gegen das NS-Regime setzte ein religiöses Fest ("Rosenkranzfest" im Wiener Stephansdom) am 7. Oktober 1938: 10.000 Jugendliche, darunter viele MKV-Mitglieder, nahmen an der von Kardinal Innitzer geleiteten Messe teil. Die berühmten Worte Innitzers ("Jetzt [müssen wir uns] umso standhafter zum Glauben bekennen, zu Christus - unserem Führer!")und der im Anschluß an die Messe stattfindenden Kundgebung, bei der die Jugend in "Wir wollen unsern Bischof sehen" skandierte, wurden mit einer Erstürmung des erzbischöflichen Palais durch die Hitler-Jugend bestraft, bei der auch ein Mitglied des MKV vom 1. Stock in den Innenhof des Kurhauses geworfen wurde.

Seit 1945

Da auch die Besatzungsmächte den MKV als klar gegen den Nationalsozialismus eingestellten Verband erkannten, wurde dieser bereits 1945 reaktiviert. Fast alle Verbindungen des MKVs nahmen ihren Betrieb in den folgenden Jahren wieder auf. Die meisten Verbindungen warfen alle Mitglieder, die mit dem Nazi-Regime kollaboriert hatten, hinaus.

Die Nachkriegsjahre brachten einen großen Aufschwung in den Mitgliederzahlen. In den Jahren nach 1967 war eine Konsolidierung bemerkbar. Die letzten Jahre sind wieder von steigenden Mitgliederzahlen in den MKV-Verbindungen geprägt.

Prominente Mitglieder

Immer wieder waren und sind MKV-Mitglieder in hohen politischen Funktionen tätig, darunter: Die Bundespräsidenten Kurt Waldheim und Thomas Klestil und die Bundeskanzler Engelbert Dollfuß, Leopold Figl und Julius Raab. Der derzeitige Landeshauptmann von Niederösterreich Erwin Pröll, Alois Mock (Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten 1987-1995) und Günther Platter (Bundesminister für Landesverteidigung seit 2003).

Weitere prominente Mitglieder: Herwig van Staa (Landeshauptmann Tirol), Alfred Finz (Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen), Helmut Kukacka (Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie), Othmar Karas (Mitglied des Europäischen Parlaments), Reinhold Lopatka (Generalsekretär der ÖVP), Leopold Maderthaner (ehemaliger Präsident der Wirtschaftskammer Österreich), Siegfried Ludwig (ehemaliger Landeshauptmann von Niederösterreich), Felix Hurdes (ehemaliger Unterrichtsminister), Heinrich Drimmel (ehemaliger Unterrichtsminister).

Alle genannten waren oder sind Mitglieder der ÖVP.

Auch der Wiener Kardinal Christoph Schönborn ist Mitglied einer MKV-Verbindung.

Kritik

Hinweis: Der Eintrag Studentenverbindungen erläutert die häufig auftauchenden Kritikpunkte ausführlich.

Verhältnis zu Frauen

Kritisiert wird die Tatsache, dass der Mittelschüler Kartellverband eine ausschließlich aus Männern bestehende Organisation ist. Frauen werden nicht aufgenommen. Verbindungen, die sich vor einigen Jahren entschlossen Frauen aufzunehmen schieden aus dem Mittelschüler Kartellverband aus.

Mittlerweile wurden Freundschaftsabkommen zwischen dem MKV und diesen Verbindungen geschlossen. Es gibt 16 Frauenverbindungen (Dachverbände VfM und VCS), mit denen oft eng kooperiert wird, die jedoch nicht Teil des MKV sind.

Rechtsextreme Tendenzen

Kritiker bemängeln die mangelnde Distanz mancher MKV-Verbindungen zu schlagenden, deutschnationalen Burschenschaften.

Der MKV legt großen Wert darauf, nicht mit schlagenden, deutschnationalen Verbindungen verwechselt zu werden. Um Vereinnahmungsversuche, egal von welcher Seite, deutlich zurückzuweisen beschloss der MKV 1994 die

"Erklärung des MKV gegen Radikalismus"

"Mit großer Besorgnis nimmt der MKV in Österreich eine zunehmende Radikalisierung des politischen Lebens wahr. Die Verschärfung des Sprachgebrauchs im Umgang der politischen Gruppierungen untereinander, die Radikalisierung der politischen Aussagen, die etwa eine Liberalisierung der Abtreibung auf der einen, eine Ausgrenzung unserer ausländischen Mitbürger auf der anderen Seite fordern, bereitet den Boden für jene, die körperliche Gewalt zur Abschaffung der Demokratie einzusetzen bereit sind.

Der MKV wendet sich gegen jede Form des politischen Radikalismus. Er wird seine Bemühungen verstärken, seiner Tradition entsprechend, demokratische Verhaltensweisen seinen jugendlichen Mitgliedern schon in jungen Jahren nahezubringen. Er fordert von seinen Mitgliedern erneut, sich in ihrem Verhalten am Grundsatzprogramm des MKV zu orientieren und die Mitarbeit und Unterstützung solcher Gruppen zu unterlassen, deren Programm, Personen und politische Praxis nicht mit dem Programm übereinstimmen."

(Beschlossen von der Kartellversammlung anläßlich des Pennälertages zu Pfingsten 1994 in Wien)

Die Sozialistische Jugend Österreich weist jedoch darauf hin, dass dennoch in einigen Wiener Verbindung rechtsextreme Tendenzen sowie Kontakte zur deutschnationalen Burschenschafter-Szene bestehen. Ein Mitglied der K.Ö.St.V. Borussia Wien meinte in der Verbindungszeitung u.a. er „traue einem fanatischen Judentum zu, wieder Gefahr in diese Welt zu bringen“ was dem MKV Kritik in Punkto Antisemitismus eintrug.

Auf Kritik stößt weiters das Ansehen, das der austrofaschistische Bundeskanzler Engelbert Dollfuß noch heute in vielen MKV-Verbindungen (wie auch unter den Vertretern der ÖVP) genießt, wo sein Wirken als entschiedener Gegner des deutschen Nationalsozialismus betont wird. Dollfuß war Mitglied der MKV-Verbindung Amelungia Innsbruck. Diese Kritik basiert hauptsächlich auf einem Antrag, den er in den dreißiger Jahren auf der Generalversammlung des mit dem MKV befreundeten CV, allerdings nicht im MKV selbst, gestellt hat: Alle Mitglieder von CV-Verbindungen bis zur Generation der Großeltern dürften keine direkten jüdischen Verwandten haben. Beschlossen wurde der Antrag allerdings nie, weshalb er ihn auch ein Jahr später wieder zurückzog. Auch im MKV wurde nie ein solcher Antrag beschlossen.

Proteste

In den letzten Jahren kam es wiederholt zu Protesten gegen den Mittelschüler-Kartell-Verband und die ihm nahe stehenden Organisationen und Verbindungen. Gruppierungen, die stark gegen den MKV auftreten sind Initiativen aus der politischen Linken. 2004 organisierte die Gruppierung "stopMKV", anlässlich des Pennälertages in Baden bei Wien eine Protestveranstaltung.




Vorlage:Navigationsleiste mit Bild