Der Talmud (hebräisch: תלמוד, Belehrung, Studium) ist nach dem Tanach, der hebräischen Bibel, das bedeutendste Schriftwerk des Judentums. Er ist sehr viel umfangreicher als die Bibel, vollständige Ausgaben kommen auf fast 10.000 Seiten in einem Dutzend Bänden. Es gibt verschiedene Traditionen des Talmud.

Entstehung und Bedeutung
Der Talmud liegt in zwei großen Ausgaben vor. Nach Umfang und inhaltlichem Gewicht ist der Talmud Bavli, der Babylonische Talmud das bedeutendere Werk. Er entstand in den relativ großen, geschlossenen jüdischen Siedlungsgebieten, die in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten nach der Zerstörung Jerusalems durch die Römer, im Perserreich (im Gebiet des heutigen Irak) existierten. Daneben steht der erheblich kürzere und weniger wichtige Talmud Jeruschalmi, der in Palästina entstand und daher der Palästinische oder Jerusalemer Talmud genannt wird. Wenn einfach vom Talmud gesprochen wird, ist in der Regel der Babylonische Talmud gemeint.
Nach jüdischer Tradition, die auf Maimonides zurückgeht, gilt Rabbi Jochanan († 279 n.Chr.) als Verfasser des Palästinischen Talmuds. Da jedoch im Text später lebende Personen genannt werden, ist eine Endredaktion frühestens in der ersten Hälfte des 5. Jhdts. anzunehmen.
Der Babylonische Talmud wurde von den Rabbinen Abba Areka (genannt Raw) und Samuel Jarchinai (Mar) im Jahr 200 n.Chr. in Babylon begonnen während der Blütezeit des dortigen Judentums. Als maßgeblicher Redaktor gilt Rab Aschi († 427). Seine endgültige Form fand er wohl gegen Mitte des 5. Jhdts.
Im Laufe der Geschichte wurde auch der Talmud wiederum kommentiert. Hier ist vor allem der Kommentar des französischen Rabbiners Schlomo ben Jitzchak, genannt Raschi, aus dem 11. Jahrhundert zu erwähnen, der in heutigen Talmudausgaben gewöhnlich mit abgedruckt wird.
Aufbau und Inhalt
Das Judentum sieht seinen Ursprung in den Moses am Berg Sinai gegebenen Gesetzen, die in der Tora aufgezeichnet sind. Die Erzählungen und Weisungen der Tora wurden von jüdischen Gelehrten kommentiert und zunächst mündlich (auch als mündliche Tora bezeichnet), viel später dann auch schriftlich tradiert. Diese Tradition wurde im 2. nachchristlichen Jahrhundert in der Mischna (hebräisch: Wiederholung) unter redaktioneller Federführung von Jehuda ha Nasi (genannt Rabbi) gesammelt. Aus dieser Vorgehensweise ergibt sich der durchgängig dialogische Stil des Talmud. Das bevorzugte Mittel der Darstellung ist der Dialog zwischen verschiedenen rabbinischen Lehrmeinungen, der am Ende zu einer Entscheidung führt und den maßgeblichen Stand der Tradition wiedergibt.
Der Talmud umfasst die Mischna und ergänzt sie durch die kommentierende Diskussion in der Gemara (aramäisch: Lehre, Wissenschaft). Dabei steht die Mischna in heutigen Ausgaben gewöhnlich in der Mitte einer jeden Druckseite und die dazugehörige Gemara ist in kleinerem Druck rundherum angeordnet.
Der Überlieferungsstoff wird der Form nach unterschieden in gesetzliche Bestimmungen (Halacha) und erzählerische oder erbauliche Betrachtungen (Haggada).
Neben dem Hebräischen ist vor allem Aramäisch Sprache des Talmuds. Der Talmud wird gewöhnlich in den Originalsprachen studiert.
Deutschsprachige Ausgabe
Im Jüdischen Verlag erschien 1929 - 1936 die erste vollständige und unzensurierte deutsche Übersetzung des Babylonischen Talmud. Die Übersetzung stammt von Lazarus Goldschmidt. Diese Ausgabe umfasst 12 Bände.
Im Seitenaufbau weicht sie von den gängigen Ausgaben ab. Die Mischna ist in Kapitälchen gesetzt. Darunter folgt die Gemara im normalen Satz. Sie wird jeweils mit dem in Großbuchstaben gesetzten Wort "Gemara" eingeleitet. Zusätzliche Anmerkungen zur Mischna oder Gemara sind als Fußnoten gesetzt.
In der Originalausgabe und in den Nachdrucken gibt es nur ein Inhaltsverzeichnis pro Band, kein Gesamtverzeichnis für alle Bände. Auch die Einteilung in Sektionen geben diese Verzeichnisse nicht wieder.
Sogenannte "Talmud-Zitate" im Antisemitismus/Antijudaismus
In judenfeindlichen Publikationen werden seit dem Mittelalter Stellen aus dem Talmud zitiert, um die jüdische Tradition in Misskredit zu bringen. Solche Zitate sind in der Regel aus dem Zusammenhang gerissen und missachten die im Talmud vorherrschende Form der dialogischen Annäherung an ein Thema. Talmudische Diskussionen zwischen den Positionen einzelner Rabbinen und verschiedener Schulen spiegeln den Prozess der Verschriftlichung der mündlich überlieferten Tora. In solchen Auseinandersetzungen werden oft auch bewusst abstruse Thesen (etwa: "Nichtjuden sind keine Menschen") in die Diskussion geworfen, um sie daraufhin im Dialog zu widerlegen. Antijudaisten verwenden bevorzugt solche Thesen, verschweigen jedoch die folgenden Antithesen, sodass ein verfälschter Gesamteindruck zu den religiösen Leitlinien des Talmuds und damit auch der jüdischen Religion entsteht.
Ausgaben
- L. Goldschmidt (Übersetzer): Der Babylonische Talmud (12 Bde.). Frankfurt/M. 2002, ISBN 3-633-54200-0
Literatur
- H.L. Strack, G. Stemberger: Einleitung in Talmud und Midrasch. München 1982, ISBN 3-406-08282-3
Weblinks
- Talmud.de (Übersicht mit einer Liste der einzelnen Traktate)
- Babylonischer Talmud, Pergamenthandschrift, Frankreich (?) 1342, Signatur: Cod. hebr. 95 (Online-Dokumentation einer Talmud-Ausgabe, Bayerische Staatsbibliothek - Münchener Digitalisierungszentrum)
- Dokumentation "Gefälschte Talmud-Zitate vor Gericht" (Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung, DISS)