Orchideen

Familie der Ordnung Spargelartige (Asparagales)
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Mit Orchideen (Orchidaceae) (von griech. orchis Hoden, nach den hodenförmigen Wurzelknollen der Knabenkräuter-Arten) wird meist die Gesamtheit der Orchideengewächse bezeichnet. Sie stellen nach den Korbblütlern (Asteraceae) die zweitgrößte Familie unter den bedecktsamigen Blütenpflanzen dar. Orchideen werden als besonders schön angesehen; vielen gilt die Orchidee als Königin der Blumen. Sie gehören zur Klasse der Einkeimblättrigen Pflanzen. Es werden etwa 1000 Gattungen mit 15.000 bis 30.000 Arten von den Botanikern anerkannt.

Orchideen
Datei:DisaCymbidiumPaphiopedilumOphrys.jpg
Disa-Hybride Unifoam (links oben), Cymbidium-Hybride (rechts oben), Paphiopedilum-Hybride (links unten), Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera) (rechts unten)
Vorlage:Taxonomy
Vorlage:Superdivisio: Samenpflanzen (Spermatophyta)
Vorlage:Divisio: Bedecktsamer (Magnoliophyta)
Vorlage:Classis: Einkeimblättrige (Liliopsida)
Vorlage:Subclassis: Lilienähnliche (Liliidae)
Vorlage:Ordo: Spargelartige (Asparagales)
Vorlage:Familia: Orchideen
Wissenschaftlicher Name
Orchidaceae
Juss.

Merkmale

Allgemeines

Die Pflanzen der Vorlage:Familia Orchideen unterscheiden sich nur durch wenige eindeutige Merkmalen von anderen verwandten Pfanzenfamilien. Dabei gibt es trotz der vielfachen Merkmale, die bei den meisten Orchideenarten zu finden sind, nur sehr wenige, die bei allen vorkommen. Dies liegt daran, dass die verschiedenen Vorlage:Genusen und Vorlage:Speciesen verschiedene evolutionäre Stufen darstellen.
Die Orchideen weisen folgende spezifische Merkmale auf:

  • Orchideen besitzen in der Regel eine Säule, dem durch das teilweise oder vollständige Zusammenwachsen des einzigen fruchtbaren Staubblattes und des Stempels entstandenen einzigen Blütenorgans
  • die Pollenkörner sind zu den sogenannten Pollinien zusammengeballt
  • Orchideen bilden zahlreiche sehr kleine Samen aus, die in der Regel nicht ohne Symbiosepilze keimfähig sind
  • das dritte Petalum unterscheidet sich meist deutlich von den anderen und wird Lippe oder Labellum genannt. Es steht dem fruchtbaren Staubblatt (Teil der Säule) gegenüber
  • die Blüten sind in der Regel zygomorph (monosymmetrisch, bilateral-symmetrisch). Ausnahmen finden sich beispielsweise in den Gattungen Mormodes, Ludisia und Macodes

Orchideen sind in der Regel mehrjährig, könnten theoretisch je nach Wuchsform unbegrenzt lange weiterwachsen (jedes Jahr ein oder mehrere Neutriebe oder permantes Weiterwachsen eines Sprosses). Tatsächlich ist aber nur sehr wenig darüber bekannt, welches Alter Orchideen erreichen können. Eine Ausnahme bildet zum Beispiel die Gattung Pleione, deren Pflanzen jeweils maximal 2 Jahre leben.

Wuchsformen

Orchideen können auf verschiedene Art und Weise wachsen. Man unterscheidet dabei folgende Formen

Mehr als die Hälfte aller tropischen Arten wachsen als Epiphyten auf Bäumen. Sie besitzen spezielle morphologische (Velamen radicum, Pseudobulben) und physiologische (CAM Mechanismus) Besonderheiten, um mit den teilweise widrigen Bedingungen wie Trockenheit und Nährstoffmangel im Kronenraum zurechtzukommen.

 
monopodial: Vanilla planifolia

Habitus

 
sympodial:
Lycaste xytriophora

Man unterscheidet monopodial wachsende Orchideen, die eine an der Spitze weiterwachsende einheitliche Sprossachse besitzen (teilweise auch mit Verzweigungen) und sympodial wachsende Orchideen, die durch Verzweigung nacheinanderfolgende Sproßglieder mit begrenztem Spitzenwachstum ausbilden. Die sympodialwachsenden Orchideen bilden mehr oder weniger dicke Pseudobulben aus, die ein- oder mehrgliedrig ausgebildet sein können und als Speicherorgane dienen. Einige Orchideengattungen bilden auch unterirdische Speicherorgane (Kormus) aus. Bei den monopodial wachsenden Orchideen dienen die Blätter und/oder die Wurzeln als Speicherorgane. Neben den beiden angeführten Formen des Habitus gibt es noch seltenere Abwandlungen, die nicht dem normalen Schema von monopodial oder sympodial entsprechen. So bilden viele Arten der Pleurothallidinae (Bsp. Pleurothallis, Lepanthes) trotz sympodialem Wuchs keine Pseudobulben aus, sondern haben oftmals fleischige Blätter.

Blätter

Der überwiegende Teil der Orchideen besitzt parallelnervige Blätter, mit kaum sichtbaren Querverbindungen. Sie sitzen in der Regel zweireihig, abwechselnd an den entgegengesetzten Seiten des Sprosses. Viele Orchideen bilden nur ein einziges richtiges Blatt aus, die Anlagen der Blätter sind jedoch ebenfalls zweireihig. Die Form der Blätter und Blattspitzen, die Festigkeit, die Färbung und der Blattaufbau variieren sehr stark.

 
Blattformen verschiedener Orchideen
  • Blattformen (Auswahl): kreisrund, elliptisch, eiförmig, verkehrt-eiförmig, nierenförmig, spatelig, spießförmig, länglich, borstenförmig
  • Form der Blattspitzen (Auswahl): abgerundet, stumpf, spitz, dreispitzig, eingekerbt, eingeschnitten, ungleich schar gezähnt
  • Blattränder: in der Regel glatt, teilweise leicht gewellt, nur selten deutlich gekräuselt (Lepanthes calidictyon)
  • Blattaufbau: mit und ohne Blattstiel
  • Festigkeit der Blätter: variiert von dünn und weich über fleischig fest bis hin zu sukkulenten Blättern
  • Blattfarbe: in der Regel grün in den unterschiedlichsten Abstufungen (von hell- bis tiefem dunkelgrün), aber auch vollständig bzw. zum Teil (Unterseiten) rötlich bis rotbraun, oder chlorophyllarm oder -frei vollständig oder zum Teil hell bis weiß

Viele Arten verlieren klimatisch bedingt ihre Blätter um sie zu Beginn des nächsten Vegetationszyklus neu auszubilden. Während bei dem überwiegende Teil dieser Arten die Blätter tatsächlich nur einjährig sind, gibt es ebenso Arten, die ihre Blätter nur unter widrigen Standortbedingungen abwerfen bzw. unter günstigen Bedingungen diese behalten. Es gibt aber auch Arten, die völlig blattlos wachsen (Dendrophylax lindenii). Dafür besitzen sie chlorophylltragende Wurzeln.

Blütenstand und Blüten

 
Psychopsis papilio

Keine andere Pflanzenfamilie hat ein solches Spektrum, was Formen und Farben der Blüten anbelangt, wie die Familie der Orchideen. Die Größe der Blüten variiert von einigen Millimetern (Bsp. Lepanthes calodictyon) bis zu 20 Zentimetern und mehr pro Blüte (Bsp. Paphiopedilum hangianum). Das Farbspektrum reicht dabei von zartem Weiß über Grün- und Blautöne bis zu kräftigen Rot- und Gelbtönen. Viele der Orchideenblüten sind mehrfarbig.

Die Blütenstände der Orchideen sind in der Regel traubenförmig, an denen sich je nach Art bis zu hundert und mehr Blüten ausbilden können. Wachsen verzweigte Blütenstände (rispenförmig), so ist die Traubenform jeweils an den äußersten Zweigen zu finden. Neben den trauben- oder rispenförmigen Blütentrieben gibt es aber auch eine Vielzahl von Orchideen, die nur einblütig sind. Bei einigen Arten bilden sich nacheinander mehrere Blüten an demselben Blütentrieb, wobei jedoch nie mehr als eine Blüte geöffnet ist (z.B. Psychopsis papilio). Die Blütenstände können an jeder Stelle des Sprosses der Orchidee entspringen. Dabei wird zwischen endständigen (terminal (an der Triebspitze), apikal (zentral am Triebansatz)) und seitenständigen (lateral) Blütenständen unterschieden. Meist entspringen die Blütentriebe einer Blattachsel oder einer Braktee. Aufgrund der Wuchsrichtung sind die Blütenstände der monopodialen Orchideen immer seitenständig.

 
P: Petalen
S: Sepalen
L: Labellum

In der Regel bestehen Orchideenblüten hauptsächlich aus 3 Kronblättern (Sepalen), 2 Kelchblättern (Petalen), der Lippe (Labellum), der Säule (Columna oder Gynostenium) und dem Fruchtknoten. Bei einigen Orchideengattungen sind die unteren beiden Sepalen verwachsen und bilden einen "Schuh" (Bsp. Die Gattungen der Unterfamilien Cypripedioideae). Bei anderen Gattungen fällt vor allem ein langer Sporn auf (Bsp. Aeranthes, Aerangis), einem besonders ausgebildeten Teil des Labellum. Im Grundaufbau unterscheidet man monandrische (1 fertiles Staubblatt, Bsp. Cattleya, Phalaenopsis) und diandrische (2 fertile Staubblätter, Bsp. Paphiopedilum, Cypripedium) Orchideen. Der Fruchtknoten ist bei Orchideen unterständig. Die anderen Blütenteile (Sepalen und Petalen, Säule, Lippe) sind mit diesem vollständig verwachsen und stehen über ihm. In der Regel ist der Fruchtknoten nur sehr schmal und schwillt erst nach der Bestäubung an (Ausbildung der Samenkapsel). Die Blüten der Orchideen sind mit Ausnahme einiger Gattungen (Bsp. Cycnoches, Mormodes) bilateral-symmetrisch (zygomorph). Das heißt, dass man durch die Mitte der Blüte eine Spiegelachse legen kann, und zwar nur eine einzige (monosymmetrisch).

Wurzeln

Orchideen bilden keine Primärwurzel (Phalwurzel) aus, sondern nur sekundäre Wurzeln, die dem Sproß entspringen. In ihrer Dicke unterscheiden sie sich teilweise sehr deutlich. Beim überwiegende Teil der Orchideen weisen die Wurzel ein Velamen auf. Neben ihrer Funktion als Aufnahmeorgan für Wasser und Nährstoffe dienen sie oft auch als Haft- und Halteorgan. Dies ist besonders bei epiphytisch wachsenden Arten von Bedeutung. Die Form der Wurzeln hängt im wesentlich davon ab, wo sie wachsen. Während die frei in der Luft hängenden Wurzeln der Epiphyten bzw. die Wurzeln die völlig in den Boden wachsen meist zylindrisch sind, weisen die Haft- und Haltewurzeln die auf den Oberflächen wachsen eine eher abgeflachte Form auf. Bei einigen Arten sind die Wurzeln chrorophylltragend, um auch während klimatisch bedingtem Blattabwurf weiterhin Nährstoffe verarbeiten zu können. Die Wurzeln der Orchideen verzweigen eher selten. Sie haben eine Lebensdauer, die von verschiedenen Umweltfaktoren abhängt und kürzer ist, als die des Sprosses. Die Neubildung von Wurzeln erfolgt in der Regel mit dem Wachstum des neuen Sprosses, zum Ende der Vegetationsperioden oder auch während der Wachstumsphase. Bei vielen terrestrischen Orchideenarten bilden sich an den Wurzeln Speicherorgane oder knollenähnliche Gebilde.
Bei einigen Gattungen ist es möglich, dass sich an den Wurzeln Adventivknospen bilden, aus denen neue Sprosse entstehen.

Früchte

Fast alle Orchidenfrüchte sind Kapseln. Sie unterscheiden sich in Größe, Form und Farbe deutlich. Epiphyten besitzen eher dickere Früchte mit fleischigen Wänden, terrestrische Arten oft sehr dünnwandige trockene Früchte. Es gibt dreieckige, rundliche mit einer mehr (bis 9)oder weniger (bis 3) großen Anzahl von Rippen oder auch geschnäbelte Früchte. Manche sind behaart oder stachelig bzw. besitzen eine warzige Oberfläche. Die Früchte entwickeln sich aus dem bereits im Knospenstadium am Boden der Blüte vorgebildeten Fruchtknoten, welcher aus drei Fruchtblättern besteht. Bei eintretender Reife platzen die meisten Orchideenfrüchte der Länge nach auf, ohne sich an der Spitze vollständig zu trennen. Dabei bilden sich in der Regel drei oder sechs Längsspalten, bei manchen auch nur eine oder zwei. Fast immer werden die Samen dabei trocken verstreut.

Vermehrung

Datei:Bild 083.jpg
Phalaenopsis-Hybride

Orchideen können auf unterschiedliche Weise vermehrt werden. Es gibt die Vermehrung durch Samen als auch die vegetative Vermehrung. Unter künstlichen Bedingungen ist auch die Vermehrung durch Meristeme möglich.

Samen

Fast alle Orchideen besitzen winzige Samen. Jede Pflanze produziert Hunderttausende bis Millionen von Samen in einer Samenkapsel. Durch ihre geringe Größe sind die Samen von Orchideen nur noch auf eine Hülle und den in ihr liegenden Embryo reduziert. Im Gegensatz zu anderen Samen fehlt ihnen das Nährgewebe oder Endosperm das für eine erfolgreiche Keimung nötig ist. Nur bei wenigen Gattungen ist dieses noch vorhanden (z.B. Bletilla). Orchideen sind deshalb auf eine Symbiose mit Mykorrhiza angewiesen, welche Kohlenhydrate an den Embryo weiterreichen. Es gibt einige Gattungen (Bsp. Vanilla) bei denen die Samen von einer feuchten Masse umgeben sind.

Bestäubung

Die Bestäubung der Orchideen erfolgt in der Natur hauptsächlich durch Insekten (z. B. Ameisen, Käfer, Fliegen, Bienen, Schmetterlinge) aber auch durch Vögel (z. B. Kolibris), Fledermäuse oder Frösche. Dabei haben sich teilweise Art-Art-Bindungen (z. B. Drakea glyptodon und Zapilothynus trilobatus oder die einheimische Orchis papilionacea und Eucera tuberculata) oder Gattungs-Gattungs-Bindungen (z. B. wird die Orchideengattung Chloraea von Bienen der Gattung Colletes bestäubt) herausgebildet. Diese Spezialisierung ist in der Regel nur einseitig, da keine Insektenart auf die Bestäubung einer einzigen Orchideenart beschränkt ist. Innerhalb der Familie gibt es aber auch einige Gattungen, bei denen sich einige oder alle Arten auf asexuellem Weg durch Selbstbestäubung fortpflanzen. Dazu zählen unter anderem die Gattungen Apostasia, Wullschlaegelia, Epipogium und Aphyllorchis. Von der Art Microtis parviflora ist bekannt, dass sie sich ebenfalls selbstbestäuben kann, wenn die Bestäubung durch Ameisen ausbleibt. Die Bestäuber sind bei einer Vielzahl von Orchideengattungen jedoch unbekannt bzw. nur wenig erforscht.

Orchideen sind in der Regel nicht selbststeril.

In der Natur entstehen teilweise durch die Bestäuber Hybriden zwischen zwei verwandten Arten (seltener über Gattungsgrenzen hinweg), diese werden Naturhybriden genannt.

Bestäubungsmechanismen

Im Vergleich zu anderen Blütenpflanzen fällt auf, dass beispielsweise nicht-tropische Orchideen häufig keine Belohnung in Form von Nahrung anbieten, sondern ihr Ziel durch Mimikry oder Täuschung erreichen. Werden Belohnungen angeboten, besteht diese oft nicht aus Nahrung sondern aus Duftstoffen oder Wachs.

Durch die evolutionäre Entwicklung verschiedener Blütenformen ergab sich eine zunehmende Spezialisierung auf bestimmte Bestäubergruppen und somit auch auf die Art und Weise, wie die Blüten bestäubt werden. Im folgenden werden einige Bestäubungssysteme und -mechanismen erläutert.

  • "Röhrenblüten": Der Aufbau der Blüte ist so gestaltet, dass der Bestäuber eine "Röhre" unterhalb der Säule betreten muss, und so der Pollen meist auf den Rücken der Insekten geheftet wird. Manchmal auch an den Kopf oder an die Unterseite. (Bsp. Cattleya)
  • "Schlüssellochblüten": Die Blüte ist so gebaut, dass der Bestäuber in oder auf der Blüte eine ganz bestimmte Stellung einnehmen muss, bei der der Pollen meist am Kopf oder manchmal sogar direkt am Schnabel oder Rüssel des Bestäubers angeheftet wird. (Bsp. Epidendrum)
  • "Fallenblüten": In dieser Kategorie unterscheidet man in Klapp- bzw. Kippfallen (Bsp. Porroglossum, Bulbophyllum) und Kesselfallen (Gattungen der Vorlage:Subfamilia Cypripedioideae). Allen diesen Fallen ist gemein, dass sie die Bestäuber "zwingen", durch einen bestimmten Ausgang zu kriechen, bei dem sie meist zuerst die Narbe streifen und danach die Pollinien, die ihnen angeheftet werden. Somit wird eine Selbstbestäubung beim ersten Durchgang verhindert.
  • "Pseudokopulation": Dies ist ein besonderer Mimikry-Typ, bei dem Orchideenblüten weibliche Insekten nachahmen. Dadurch locken sie paarungswillige Männchen an, die die Blüten dann bestäubt. Bekannt ist dieses Phänonem vor allem von der heimischen Gattung Ophrys.

Die Pollen sind bei Orchideen zu Pollinien mit angehefteten Viscidien (Viscidium = Klebscheibe, Klebkörper) zusammengeballt (eine Ausnahme bilden dabei beispielsweise die Cypripedioideae). Dies ermöglicht es, die Pollenpakete sehr exakt zu positionieren, so dass es möglich ist, das an einem Bestäuber die Pollinien verschiedener Arten befestigt werden können, ohne das es zu falschen Bestäubungen kommt. An verschiedenen Bienenarten (Euglossinae) konnten bis zu 13 Anheftungsstellen festgestellt werden. Im Gegensatz zu anderen Blütenpflanzen dient der Orchideenpollen nicht als Nahrung.

Vegetative Vermehrung

Verschiedene Arten haben die Möglichkeit sich durch die Bildung von Stolonen (Bsp. Mexipedium xerophyticum), Knollen (Bsp. Pleionen) oder Kindeln (Adventiv-Pflanzen; Bsp. Phalaenopsis lueddemanniana) auf vegetativem Weg forzupflanzen. Die entstehenden Pflanzen sind genetisch identisch.

Meristeme

Die Vermehrung über Meristeme erfolgt vor allem im Erwerbsgartenbau zur Erzeugung großer Mengen von Orchideen für den Schnitt als auch zum Verkauf als Topfpflanze, welche man sehr häufig in Pflanzencentern oder Baumärkten erwerben kann. Große Produzenten findet man vor allem in den Niederlande oder in Thailand.

Verbreitung

Orchideen wachsen mit Ausnahme der Antarktis auf jedem Kontinent. Aufgrund ihrer enormen Vielfalt gibt es Orchideen fast in jeder Vegetationszone (nicht in Wüsten). Selbst oberhalb des nördlichen Polarkreises oder in Patagonien und den dem ewigen Eis des Südpols vorgelagerten Inseln gibt es Orchideen. Der Großteil der Arten wächst allerdings in den Tropen und Subtropen, hauptsächlich in Südamerika und Asien. In Europa gibt es ca. 250 Arten. Einen groben Überblick über die Häufigkeit auf den einzelnen Kontinenten bietet die folgende Auflistung:

  • Eurasien - ca. 40 bis 60 Gattungen
  • Nordamerika - ca. 20 bis 30 Gattungen
  • Tropisches Amerika (Mittel- und Südamerika) - ca. 300 bis 350 Gattungen
  • Tropisches Afrika - ca. 125 bis 150 Gattungen
  • Tropisches Asien - ca. 250 bis 300 Gattungen
  • Ozeanien - ca. 50 bis 70 Gattungen

Systematik

Die Familie der Orchideen ist in Unterfamilien, Triben, Subtriben, Gattungen, Arten und Unterarten/Varietäten/Formen untergliedert. Einen genauen Überblick darüber zu geben ist kaum möglich, da ständig innerhalb der einzelnen Bereiche umgruppiert, zusammengeführt, getrennt, neubeschrieben oder vermeintliche Synonyme der Erstbeschreibung untergeordnet werden.
Die derzeitige Systematik in der Wikipedia unterhalb der Familie unterscheidet 6 Unterfamilien:

  • Epidendroideae
  • Cypripedioideae
  • Orchidoideae
  • Apostasioideae
  • Spiranthoideae
  • (Vandoideae)

Diese Unterteilung richtet sich in erster Linie nach morphologischen, also sichtbaren Merkmalen und wurde besonders von Robert L. Dressler er- und überarbeitet. Sie ist derzeit noch am gebräuchlichsten, auch wenn sie von verschiedenen Autoren als veraltet angesehen wird. (Dressler selbst hat Vandoideae wieder in Epidendroideae integriert, nachdem er sie ursprünglich aus Epidendroideae herausgelöst hatte (1981)).

In letzter Zeit werden auch immer mehr genetische Untersuchungen durchgeführt und deren Ergebnisse veröffentlicht, die eine grundsätzliche Überarbeitung dieser Einteilung erforderlich machen könnten. Aus phylogenetischer Sicht existieren 5 primäre monophyletische Stammeslinien:
 
Danach gibt es keine genetischen Anhaltspunkte für die Existenz der Unterfamilien Vandoideae oder Spiranthoideae. Vandoideae ist nach diesen Untersuchungen (wie bereits oben erwähnt) ein Bestandteil (Entwicklungsstufe) innerhalb der Epidendroideae sowie Spiranthoideae ein Bestandteil von Orchidoideae. Neu hingegen ist die Erhebung des Tribus Vanilleae zu einer separaten Klade (ehemals Bestandteil von Epidendroideae).

Gattungen (Auswahl)

 
Oncidium Hybride

Im folgenden eine kleine Auswahl von bekannten Gattungen. Dabei werden auch Arten aufgeführt, wenn es bereits Artikel zu ihnen in der Wikipedia gibt. (Eine umfangreiche Liste findet sich hier: Orchideengattungen)

  • Europa, Asien und Nordamerika, gemäßigte Zone:

Ragwurzen (Ophrys), Hohlzungen (Coeloglossum), Grüne Hohlzunge (Coeloglossum viride), Hundswurz (Anacamptis pyramidialis), Frauenschuh (Cypripedium), Gelber Frauenschuh (Cypripedium calceolus), Knabenkräuter (Dactylorhiza, Orchis), Händelwurzen (Gymnadenia), Kanarenstendel (Habenaria), Kohlröschen (Nigritella), Nestwurzen (Neottia), Waldhyazinthen (Platanthera), Stendelwurzen (Epipactis), Zweiblatt (Listera), Zwergstendel (Chamorchis, Chamorchis alpina), Calypso.

  • einige tropische Gattungen:

Aerangis, Angraecum, Bulbophyllum, Cattleya, Dendrobium, Doritis, Epidendrum, Kingidium, Lepanthes, Oncidium, Paphiopedilum, Phalaenopsis, Phalaenopsis minus, Pleurothallis, Sophronitis, Vanda, Vanilla, Gewürzvanille (Vanilla planifolia)

Gefährdung der Habitate und Artenschutz

Nur für die wenigsten Gattungen liegen gesicherte Informationen über die Stärke der Populationen vor. Trotzdem muss davon ausgegangen werden, dass die Bestände vieler Arten in der Natur stark bis sehr stark gefährdet sind. Dies gilt für die Habitate in allen Regionen der Welt. Vor allem die Abholzung der Regenwälder oder die landwirtschaftliche Nutzung von Gebieten mit Orchideenhabitaten reduzieren die Bestände stetig. Zusätzlich werden sie durch das unkontrollierte Sammeln gefährdet. Zum Schutz der Pflanzen wurden Regularien erlassen, die den Handel und den Umgang mit ihnen reglementieren. Alle Orchideenarten stehen mindestens im Anhang II des Washingtoner Artenschutz-Übereinkommens (WA). Folgende Gattung stehen aufgrund besonders umfangreichen Aufsammlungen in der Vergangenheit und/oder der Gegenwart auf dem Anhang I und unterliegen somit noch strengeren Auflagen:

  • Aerangis ellisii, Dendrobium cruentum, Laelia jongheana, Laelia lobata, Peristeria elata, Renanthera imschootiana
  • alle Arten der Gattungen Paphiopedilum und Phragmipedium

Der Rückgang vieler europäischer Arten ist auch auf eine veränderte ländliche Bewirtschaftung zurückzuführen. Durch den enormen Rückgang der Beweidung (Schafe, etc.), vor allem in Mitteleuropa, gehen durch den menschlichen Eingriff entstandene Habitate (Trockenrasen) in ihren ursprünglichen, wäldlichen Zustand zurück. Orchideenarten, die auf Trockenrasen wachsen, treten in diesen Wäldern nicht mehr auf.

Kulturgeschichte

Orchideen faszinieren und beschäftigen die Menschen schon mehr als 2500 Jahre. Sie wurden als Heilmittel, Dekoration und Aphrodisiakum verwendet oder sie spielten im Aberglauben eine große Rolle. Die ältesten Überlieferungen über Orchideen stammen aus China, und beziehen sich auf die Kultur von Orchideen aus der Zeit um 500 v.Chr. (Tsui Tsze Kang: Orchideenkultur im Kum Cheong (erschienen in der Song-Dynastie 1128-1283)). Der chinesische Philosoph Konfuzius (551 - 478 v.Chr.) berichtete über ihren Duft und verwendete sie als Schriftzeichen »lan«, was so viel wie Anmut, Liebe, Reinheit, Eleganz und Schönheit bedeutet. Die ältestens europäischen Überlieferungen stammen aus der griechischen Spätklassik von Theophrastus von Lesbos (ca. 372 - 289 v. Chr.). In seinem Werk Historia plantarum, Band 9 beschreibt er eine Pflanze mit 2 unterirdischen Knollen. Er bezeichnet sie als orchis, was dem griechischen testicles entspricht und die beiden Knollen bezeichnet (Namensherkunft). Vermutlich handelte es sich dabei um die Art Orchis morio. Die ältesten erhalten gebliebenen Schriften über Orchideen stammen von Pedanios Dioscurides (1. Jhd. n.Chr.) und von Apulieus (um 150 n.Chr.). Die ersten monographischen Abhandlungen über Orchideen entstanden in China bereits während der Song-Dynastie (Tsui Tsze Kang: Orchideenkultur im Kum Cheong, Wong Kwei Kok Die Orchideenkultur des Herrn Wong). Anhand der Schilderungen in diesen Werken kann man ablesen, dass sich die Orchideenkultur in China damals bereits auf einer hohen Stufe befand. Auch in Amerika (Mexiko) werden Orchideen schon sehr lange kultiviert. Noch bevor die Spanier das Land eroberten, wurden vor allem die Früchte von "Tlilxochitl" (Vanilla planifolia) als Gewürz geschätzt. Die Azteken verehrten "Coatzontecomaxochitl" (Stanhopea-Arten) als heilige Blumen und kultivierten diese in den Gärten ihrer Heiligtümer. Mitte des 16. Jhd. setzte man sich auch in Europa stärker mit den Orchideen auseinander. So erschienen nacheinander verschiedene Werke (Leonhart_Fuchs Histora Stirpium (1542), Hieronymus_Bock (New) Kreuter Buch 2. Ausgabe (1546), Delechamp Historia generalis plantarum (1586)), die die bisher bekannten Pflanzen ordneten, indem sie verwandte Arten zusammenstellten, Wuchsformen, Blüten und Wurzelknollen beschrieben. Mit dem Erscheinen von Species plantarum von Carl_von_Linné (1753) erhielten auch verschiedene Orchideenarten erstmals Namen nach der binären Nomenklatur. Antoine_Laurent_de_Jussieu begründete 1789 mit der Herausgabe des Werkes Genera Plantarum die Grundlagen der botanischen Klassifikation und somit auch die Schaffung der "Orchidaceae" als Pflanzenfamilie. Der schwedische Botaniker O. Swartz gliederte 1800 als erster die Orchideenfamilie in zwei verschiedene Gruppen (ein oder zwei fruchtbare Staubblätter).

Orchideen als Nutzpflanzen

 
Vanillefrüchte

Trotz ihrer großen Vielfalt werden nur wenige Orchideenarten als kultivierte Nutzpflanze verwendet. Dazu zählt die Gewürzvanille (Vanilla planifolia) zur Gewürzproduktion. Einige Vorlage:Speciesen werden auch zur Aromatisierung/Bereitung von Tee (Bsp. Jumellea fragrans) oder auch als Parfümierungsmittel für Parfüm und Tabak (Bsp. Vanilla pompona) genutzt. Wo nationale Naturschutzgesetze dies nicht unterbinden, werden verschiedene Arten der Gattungen Orchis und Ophrys (Bsp. Orchis morio) durch Naturentnahmen zur Gewinnung von "Salep" genutzt. Die ausgegrabenen Wurzelknollen werden in der Türkei zur Aromatisierung von Speiseeis verwendet.

Große wirtschaftliche Bedeutung erlangen die Orchideen als Zierpflanzen oder Schnittblumen. Den größten Anteil daran haben im Zierpflanzenbereich die Züchtungen von Hybriden der Gattungen Phalaenopsis, Cattleya, Dendrobium, Paphiopedilum und Cymbidium. Die Blütenstände von Dendrobium und Cymbidium werden in erster Linie als Schnittblumen vermarktet.

Im südostasiatischen Raum erwirtschaftet Thailand mit dem Export von Orchideen jährlich ca. 2 Milliarden Baht (ca. 40 Mio. Euro), wobei die Hauptmärkte in den USA, Japan, Europa, Hongkong, Taiwan und Südkorea liegen. Dies sorgte 2002 für den Export von über 3.1 Mio. Orchideenpflanzen. Da laut thailändischer Landwirtschaftsbehörde ein Trend mit großem Umsatzpotenzial erkannt wurde, wird versucht, die Qualität und Attraktivität der thailändischen Orchideen mit Zertifikaten weiter zu steigern.

Wissenswertes

Datei:Orchideen Phalaenopsis.jpg
Phalaenopsis Hybriden

Die Orchideen als entwicklungsgeschichtlich relativ junge Familie der Pflanzen können in weitem Umfang, auch über Gattungsgrenzen hinweg, zur Kreuzung verwendet werden. So entstanden im Lauf der letzten ca. 150 Jahre etwa 100.000 Hybriden. Von diesen werden wiederum einige Tausende als Zierpflanzen kommerziell vermehrt und verkauft.

Orchideen als Psychoaktive Pflanze

Die Trichocentrum cebolleta ist eine Orchideenart mit gelb-braun getupften Blüten, die im tropisch-subtropischen Amerika und in der Karibik wächst. In Europa wird sie schon seit langem als Zierpflanze kultiviert. Die Blätter enthalten als wirksame Inhaltsstoffe verschiedene Phenantrene. Diese wirken halluzinogen und werden von den Tarahumara (einem mexikanischen Indianerstamm) als Ersatz für den Peyotekaktus Lophophora williamsii gebraucht (Hauptwirkstoff Meskalin).

Orchidee als Metapher in der Sprache

Die besondere Stellung der Orchidee unter den Blumen macht das Wort Orchidee zu einer beliebten Metapher in der Sprache. Die Orchidee gilt als ausnehmend schön und als selten zu finden. Daher steht einerseits "Orchidee" oft für etwas besonders Schönes. In Verbindung mit der sexuellen Konnotation wird daher oft eine äußerst hübsche Frau als Orchidee bezeichnet, so im Film Wilde Orchidee. Andererseits steht "Orchidee" für etwas besonders Seltenes. Diese zweite Metapher kann auch spöttisch sein; so wird eine Studienrichtung, mit der man nur "selten" einen Beruf finden wird, als Orchideenfach bezeichnet.


Siehe auch: Blume

Literatur

  • Arbeitskreis heimischer Orchideen (Hrsg.): Die Orchideen Deutschlands (2005) Uhlstädt-Kirchhasel, ISBN 3-00-014853-1
  • R. Schlechter: Die Orchideen 4 Bd.& Regist., 3. Auflage (überarb. Senghas, K.; 1985-2003) - Das Standardwerk zum Thema Orchideen [deutsch]
  • Robert L. Dressler: Die Orchideen - Biologie und Systematik der Orchidaceae (1996) - gutes Werk zum Thema Systematik [deutsch]
  • G. Fast (Hrsg.): Orchideenkultur Verlag Eugen Ulmer (1995) ISBN 3-8001-6451-5 [deutsch]
  • H. Bechtel, Ph. Cribb, E. Launert: Orchideenatlas (1993) 3.Auflage ISBN 3-8001-6199-0 umfangreiches, gut bebildertes Nachschlagewerk [deutsch]
  • Günter Lang: Heimische Orchideen. Pharmazie in unserer Zeit 29(5), S. 277 - 283 (2000), ISSN 0048-3664

Vorlage:Commons2

Allgemein

Vereine und Gesellschaften