Die Sitka-Fichte (Picea sitchensis) ist eine Pflanzenart der Gattung Fichten (Picea) in der Familie der Kieferngewächse (Pinaceae). Sie wurde nach der Stadt Sitka in Alaska benannt und ist der offizielle Staatsbaum des US-Bundesstaates Alaska.
Sitka-Fichte | ||||||||||||
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![]() Sitka-Fichte (Picea sitchensis) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Picea sitchensis | ||||||||||||
(Bong.) Carrière |

Beschreibung
Habitus
Die Sitka-Fichte ist ein immergrüner Baum, der eine Wuchshöhe von 50 bis 70 Meter, in seltenen Fällen bis 95 Meter, bei einem Stammdurchmesser von bis zu fünf Meter erreicht. Sie ist damit die größte aller Fichten-Arten. Das Höchstalter wird mit rund 800 Jahren angegeben.[1] Die Krone von Jungbäumen ist schmal pyramidenförmig; an hohen Bäumen verjüngt sich die Spitze noch gleichmäßig kegelförmig. Frei stehende Bäume besitzen eine breite und stark astige Krone und sind meist bis zum Boden beastet. Die Äste stehen waagerecht ab und sind nur im oberen Kronenbereich aufwärts gerichtet. Durch die Bildung von Ersatztrieben (Proventivtrieben) ist die Sitka-Fichte in der Lage ihre Krone zu regenerieren.[2] Am geraden Stamm erscheinen, je nach Lichtstellung, oft zahlreiche Wassertriebe.
Knospen und Belaubung
Die gelblichbraunen Winterknospen sind spitz-kegelförmig. Sie werden zwischen vier und fünf Millimeter lang, wobei sie im oberen Kronenbereich größer werden als im unteren. Die Knospenschuppen sind eng anliegend.[2]. Die Nadeln sind 15 bis 25 Millimeter lang und rund einen Millimeter breit. Sie sind im Querschnitt relativ flach, steif und scharf zugespitzt. Die Nadeloberseite ist frisch grün und die Nadelunterseite ist silbrig graugrün gefärbt. An der Unterseite sind sie gekielt. Auf jeder Seite des Kiels befinden sich fünf bis acht Spaltöffnungsreihen. Die Nadeln stehen großteils radial von den Zweigen ab. An der Zweigunterseite sind sie jedoch meist gescheitelt. Die Nadeln verbleiben zwischen fünf und sechs Jahre am Baum.
Blüten, Zapfen und Samen
Die Sitka-Fichte ist einhäusig-getrenntgeschlechtig (monözisch) und wird mit 20 bis 40 Jahren mannbar. Die dunkelroten männlichen Blütenzapfen entwickeln sich aus kleinen Knospen die an Seitentrieben von jungen Zweigen im mittleren und unteren Kronendrittel stehen. Die weiblichen Blütenzapfen entwickeln sich aus großen Knospen die im oberen Kronendrittel stehen.[3]. Die Zapfen werden sechs bis zehn Zentimeter lang und 2,5 bis 3 Zentimeter breit. Sie sind kurz gestielt, zylindrisch geformt und besitzen ein stumpfes Ende. Die länglich-ovalen Zapfenschuppen sind dünn, unregelmäßig gezähnt und liegen nicht fest an. Die Zapfen sind anfangs grünlich gelb gefärbt. Zur Reife hin färben sie sich hellbraun. Die braunen Samen sind geflügelt und werden mit Flügel rund zehn Millimeter lang. Ohne Flügel beträgt die Länge zwei bis drei Millimeter. Das Tausendkorngewicht beträgt rund 2,16 Gramm.[3]
Wurzelsystem
Die Sitka-Fichte ist ein Flachwurzler, deren Wurzelsystem in Tiefen von bis zu zwei Meter vordringt. Das weitstreichende Wurzelsystem bildet bis zu 23 Meter lange Seitenwurzeln aus. Die Seitenwurzeln wachsen rund 42 bis 167 Zentimeter pro Jahr. Zwischen verschiedenen Bäumen kann es zu Wurzelverwachsungen kommen. Auf Sauerstoffmangel zum Beispiel durch Staunässe reagieren die Wurzeln sehr empfindlich. Die Sitka-Fichte geht mit über 100 Pilzarten eine Mykorrhiza-Symbiose ein. Zu den häufigsten Mykhorrhizapartnern gehören der Perlpilz (Amanita rubescens), Cenococcum geophilum, der Tonblasse Fälbling (Hebeloma crustuliniforme), der Violette Lacktrichterling (Laccaria amethystea), der Rötliche Lacktrichterling (Laccaria laccata), Laccaria hepaticus, Laccaria tubidus, Laccaria turbos, der Kahle Krempling (Paxillus involutus), Russula aeroginea, der Ockertäubling (Russula ochroleuca) und Telephora terrestris.[4]
Rinde
Die sehr dünne Borke ist bei jungen Bäumen dunkelgrau und abschuppend. Mit zunehmendem Alter des Baumes wird sie rötlich mit groben abspringenden Schuppen. Die Rinde der Zweige ist zunächst weiß, später hell ledergelb. Junge Zweige sind kahl und besitzen eine braune, deutlich gefurchte Rinde.
Holz
Das gelblichbraune Kernholz wird von einem weißlichgelben bis weißlichgrauen Splint umgeben. Das weiche Holz ist relativ leicht und geradfaserig. Die Jahresringe, die manchmal wellig verlaufen können, sind gut zu erkennen. Das leicht zu bearbeitende Holz trocknet schnell. Besonders das Holz von Bäumen aus den nördlichen Teilen des Verbreitungsgebietes ist stark astig. Es ist wenig dauerhaft und neigt zum Verwerfen.[4]
Mechanische Eigenschaften | Wert | Einheit |
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Darrdichte ( ) | 0,42 | g/cm³ |
Druckfestigkeit | 450 | kg/cm² |
Biegefestigkeit | 720 | kg/cm² |
Zugfestigkeit | 780 | kg/cm² |
Verbreitung und Standort
Die Sitka-Fichte ist eine Baumart des milden maritimen Klimas die an der Westküste Nordamerikas von der Insel Kodiak in Alaska bis nach Nordkalifornien vorkommt. Sie ist ein Baum des gemäßigten Regenwaldes, der vom Steigungsregen an den Rocky Mountains entlang der Pazifikküste gebildet wird. Sie ist meersalztolerant, so dass man sie auch direkt am Meer findet. Der Küstenstreifen ihres Vorkommens ist oft nicht breiter als 30 Kilometer und besitzt nur manchmal eine Breite von bis zu 210 Kilometer. Das Verbreitungsgebiet besitzt eine Länge von etwa 2.500 Kilometer in dem sie normalerweise nicht auf Höhenlagen über 300 Meter aufsteigt. Das höchste Vorkommen liegt bei 910 Meter in Südost-Alaska an der Waldgrenze. Es gibt nur noch wenige unberührte Bestände alter Sitka-Fichten. Der Pacific-Rim-Nationalpark auf Vancouver Island (Britisch-Kolumbien) und der Olympic National Park im US-Bundesstaat Washington sind einige der letzten zugänglichen Orte, an denen man diese Baumriesen betrachten kann. Die Sitka-Fichte wird im geringen Umfang seit 1880 in Mitteleuropa angebaut.[1] Überwiegend geschah dies aufgrund der vermeintlich geringen Standortansprüche wirtschaftlich wenig erfolgreich und – aus heutiger Sicht – ökologisch völlig indiskutabel auf anmoorigen Standorten. Auf besseren Standorten zeigt sie aber eine beeindruckende Massenleistung, die zumindest die Übernahme eines Teils der oft sehr zahlreich aufkommenden Naturverjüngung als Mischbaumart diskutabel erscheinen lässt.
Die Sitka-Fichte ist eine Baumart des nebel- und regenreichen Küstenklimas mit geringen Temperaturextremen. Die Winter sind mild und die Sommer sind kühl. Die jährliche Niederschlagsmenge beträgt je nach Standort 660 bis 3.100 mm. Teilweise wird der Regen durch lang anhaltende Nebel ersetzt und ermöglich so das die Art auch an niederschlagsarmen Standorten wächst. Erfolgreiche Anbauten erfolgen vor allem in luftfeuchten Küstenregionen und in regenreichen Bergland. Die Böden sollten tiefgründig und locker sein und über eine gute Wasserversorgung verfügen. Flachgründige Böden sowie Moor- und Torfböden werden meist gemieden. Als Standort werden vor allem Flussniederungen und wasserzügige Hanglagen bevorzugt. Der pH-Wert des Bodens sollte zwischen 4,0 und 5,7 liegen. Bodenverdichtung und Staunässe wirken sich negativ auf das Wurzelwachstum aus. Es werden hohe Ansprüche an die Calcium-, Magnesium- und Phosphor-Versorgung gestellt. Wichtiger als die Nährstoffversorgung ist jedoch die Wasserversorgung.[5]
Nutzung
Das leichte und feste Holz der Sitka-Fichte lässt sich gut bearbeiten und ist in Nordamerika sehr geschätzt. Es findet bei entsprechender Qualität unter anderem als Klangholz im Musikinstrumentenbau (Gitarren) oder als Masten für Segelschiffe Verwendung. Holz von geringer Qualität wird als Bau-, Faser- oder Papierholz genutzt. Die Spirit of St. Louis, das Flugzeug mit dem Charles Lindbergh den Atlantik überquerte, bestand zu großen Teilen aus Sitkafichtenholz [1]. Die jungen Zweige enthalten Vitamin C; das Harz kann als Kaugummi benutzt werden. Die Indianer verarbeiteten Wurzelfasern zu Körben und Hüten. Das Harz wurde zum abdichten von Kanus verwendet. Die harzreichen Äste fanden als Brennmaterial Verwendung. Wegen ihrer breiten, sperrigen und wenig harmonischen Krone wird die Sitka-Fichte kaum als Park- und Gartenbaum angepflanzt.[6]
Krankheiten und Schädlinge
Die wichtigsten abiotischen Schadfaktoren stellen Sturmschäden dar. Sturmwurf und -bruch treten besonders häufig an nach Südwest exponierten Bestandsrändern auf. Wurzelfäule wird vor allem durch den Wurzelschwamm (Heterobasidion annosum), den Gemeinen Hallimasch (Armillaria mellea), Poria weirii und den Kiefern-Braunporling (Phaeolus schweinitzii) verursacht. Stamm- und Stockfäule-Erreger treten vor allem an Bäume über 200 Jahren auf. Die Häufigsten sind der Kiefernfeuerschwamm (Phellinus pini), der Kiefern-Braunporling (Phaeolus schweinitzii), der Fichtenporling (Fomitopsis pinicola) und Lentinus kauffmanii. Die Sitka-Fichte wird vor allem an den Nadeln von Pilzarten aus der Gattung Chrysomyxa befallen. Vor allem an küstennahen Beständen in Washington und Alaska treten krebsartige Stammwucherungen auf, deren Ursache noch nicht geklärt wurde. Als nennenswerter tierischer Schädling wird der Käfer Pissodes sitchensis genannt, der die Rinde von jungen Bäumen benagt. Die Sitka-Fichte ist resistent gegen die permanente Einwirkung von salzhaltigen Seewinden, die zwar eine Windschur bewirken können aber ansonsten kaum Schäden verursachen.[7]
Schädlinge und Krankheiten in Europa
In Europa sind nur wenige der Schadursachen, die im natürlichen Verbreitungsgebiet vorkommen, von wirtschaftlicher Bedeutung. Aufgrund der abweichenden Klima- und Bodenverhältnisse treten jedoch Schäden und Krankheiten auf, die im natürlichen Verbreitungsgebiet kaum auffindbar sind. Zu den häufigsten gehören dabei Frost- und Dürreschäden. Der Pilz Rhizina inflata infiziert die Wurzeln und tritt meist erst nach Hitzeeinwirkung auf. Stammkrebse werden durch Nectria cucurbitula hervorgerufen und treten in Deutschland in 42 von 120 Anbauflächen auf. Von den tierischen Schädlingen hat der Riesenbastkäfer (Dendroctonus micans) die größte wirtschaftliche Bedeutung. Die Sitkafichtenlaus (Liosomaphis abietinum) tritt nur relativ selten nach milden Wintern auf. Durch Saugaktivitäten dieser Art kommt es zuerst zu gelben Nadelflecken, dann zur Nadelbräunung und schließlich zum Nadelabfall. Bei Massenvermehrungen können ganze Bestände entnadelt werden. Seltener befallen die Douglasienlaus (Gilletteella cooleyi), der Blattrandkäfer Strophosomus capitatus und der Pilz Lophodermium piceae die Nadeln. Die Sitka-Fichte wird seltener von Reh- und Rotwild verbissen als die Gemeine Fichte (Picea abies).[8]
Systematik
Der deutsche Botaniker August Gustav Heinrich von Bongard beschrieb die Art 1833 unter dem Taxon Pinus sitchensis als Art der Gattung der Kiefern (Pinus).[9] Der französische Botaniker Élie Abel Carrière ordnete die Art 1855 unter dem heute gültigen Taxon Picea sitchensis in die Gattung der Fichten (Picea) ein.[10] Sie wird innerhalb der Gattung der Fichten in die Untergattung Casicta , der Sektion Sitchenses und der Serie Ajanenses zugeordnet.
Hybride
In ihrem nördlichen Verbreitungsgebiet hybridisiert die Sitka-Fichte mit der Weiß-Fichte (Picea glauca), wodurch Picea × lutzii Little entsteht. Des weiteren kommt es zu natürlichen Kreuzungen mit der Engelmann-Fichte (Picea engelmannii). Die Varietät Picea jezoensis var. hondoensis (Mayr) Rehd. entstand aus einer natürlichen Kreuzung mit der Ajan-Fichte (Picea jezoensis), die wahrscheinlich im einem Botanischen Garten in Argyll statt fand. Erfolgreiche künstliche Kreuzungen fanden mit der Serbischen Fichte (Picea omorika), der Gemeinen Fichte (Picea abies) und mit der Likiang-Fichte (Picea likiangensis) statt.[11]
Synonyme
Weitere Synonyme für Picea sitchensis Bong. sind:
- Abies falcata Raf.
- Abies menziesii (Douglas ex D.Don) Lindl. 1835, not Mirbel 1825 – Mirbel schlug diesen Namen 1825 für die Douglasie (Pseudotsuga menziesii) vor.
- Picea falcata (Raf.) Suringar
- Picea menziesii (Douglas ex D.Don) Carrière
- Picea sitkaensis Mayr
- Pinus menziesii Douglas ex D.Don (Taylor 1993)
Literatur
- Reinhard Schober: Die Sitka-Fichte. Eine biologisch-ertragskundliche Untersuchung. Schriftenreihe der Forstlichen Fakultät der Universität Göttingen und Mitteilungen der Niedersächsischen Forstlichen Versuchsanstalt, Band 24/25. Sauerländer, Frankfurt am Main 1962.
- Schütt, Weisgerber, Schuck, Lang, Stimm, Roloff: Lexikon der Nadelbäume. Nikol, Hamburg 2008, ISBN 3-933203-80-5, S. 315–328.
Einzelnachweise
- ↑ a b c Schütt et al.: Lexikon der Nadelbäume, S. 316
- ↑ a b Schütt et al.: Lexikon der Nadelbäume, S. 318
- ↑ a b Schütt et al.: Lexikon der Nadelbäume, S. 319
- ↑ a b Schütt et al.: Lexikon der Nadelbäume, S. 320
- ↑ Schütt et al.: Lexikon der Nadelbäume, S. 322
- ↑ Schütt et al.: Lexikon der Nadelbäume, S. 326–327
- ↑ Schütt et al.: Lexikon der Nadelbäume, S.324–325
- ↑ Schütt et al.: Lexikon der Nadelbäume, S. 325–326
- ↑ Mém. Acad. Imp. Sci. St.-Pétersbourg, Sér. 6, Sci. Math. 2: 164. 1833.
- ↑ Traité gén. conif. 260. 1855. Siehe Eintrag bei GRIN.
- ↑ Schütt et al.: Lexikon der Nadelbäume, S. 321
Weblinks
- Picea sitchensis in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2008. Eingestellt von: Conifer Specialist Group, 1998. Abgerufen am 31. Dezember 2008.