Die Sonnentaue (Drosera) bilden mit ihren um die 150 Arten eine der vielfältigsten Gattungen fleischfressender Pflanzen, sie zählen zur Familie der Sonnentaugewächse (Droseraceae).
Sonnentaue | ||||||||||||
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Vorlage:Taxonomy | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Drosera | ||||||||||||
L. 1753 | ||||||||||||
Heimische Arten | ||||||||||||
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Ethymologie
Sowohl der botanische Name, der sich vom griechischen Drosos für „Tau“ ableitet, wie auch der deutsche Name leiten sich vom glänzenden Aussehen der zahlreichen Drüsensekrettropfen an der Spitze der Tentakeln ab, welche an den morgendlichen Tau erinnern.
Merkmale
Sonnentaue sind selten ein-, meist aber mehrjährige Kräuter, aufrecht, kletternd oder rosettenbildend, mit einer Größe von, je nach Art, einem bis einhundert Zentimetern, kletternde Sonnentaue können jedoch eine wesentlich größere Länge erreichen, über 3 Meter sind berichtet worden (Drosera erythrogyna).
Wuchsformen
Sonnentaue lassen sich in verschiedene Wuchsformen einteilen:
- Temperierte Formen: Hierzu zählen alle in Europa vorkommenden Arten. Die Pflanzen ziehen zur Überwinterung in eine Überwinterungsknospe, einen sogenannten Hibernakel ein, aus dem sie im Frühjahr wieder austreiben.
- Subtropische Formen: Die Pflanzen wachsen unter klimatisch annähernd gleichbleibenden Bedingungen gleichmäßig durch.
- Queenslanddrosera: Eine extrem kleine Gruppe aus drei australischen Arten (Drosera schizandra, Drosera prolifera und Drosera adelae), die bei extremer Luftfeuchtigkeit und geringer Lichtintensität gedeihen.
- Zwergdrosera: Eine Gruppe von rund 30 australischen Arten, die sich durch Zwergwuchs, die Bildung von Brutschuppen und die Ausbildung einer dichten Behaarung im Herzen der Rosette auszeichnen. Diese dient der Pflanze dazu, sich vor der intensiven Sonne im australischen Sommer zu schützen. Sie entspricht der Sektion Bryastrum.
- Knollendrosera: Rund zwanzig australische Arten ziehen zur Überdauerung eines extrem trockenen Sommers in eine unterirdische Knolle ein, aus der sie im Herbst wieder austreiben. Diese sogenannten Knollendrosera werden weiter unterteilt in aufrechtwachsende, kletternde und rosettenförmige Arten. Die Gruppe entspricht der Untergattung Ergaleium.
- Petiolaris-Komplex: Eine tropische Gruppe australischer Arten, die unter gleichbleibend hohen Temperaturen, aber in wechselfeuchten Bedingungen lebt. Einige der 14 Arten der Gruppe haben dazu spezielle Strategien herausgebildet, zum Beispiel eine dichte Behaarung, die gleichermaßen vor Austrocknung schützt wie zum Auffangen von Kondenswasser aus der Luft dient; dies ist etwa beim Morgentau der Fall. Sie entspricht der Sektion Lasiocephala.
Wurzeln
Das Wurzelsystem der meisten Drosera ist nur schwach ausgeprägt, es dient hauptsächlich der Verankerung der Pflanze im Untergrund und zur Wasseraufnahme, für die Nährstoffaufnahme sind die Wurzeln annähernd bedeutungslos. Einige südafrikanische Arten speichern in ihrer Wurzel Wasser und auch Nährstoffe, bei manchen australischen Arten sind zu diesem Zwecke Knollen als Speicherorgane angelegt, sie dienen zur Überdauerung der Pflanze in extremer Trockenheit.
Blätter
Die Sonnentaue zeichnen sich durch ihre mit klebrigen Sekreten besetzten Tentakel auf den Blättern aus. Zu unterscheiden sind zum einen sitzende und zum anderen gestielte Tentakel, die das klebrige Sekret absondern.
Kleine Tiere, meist Insekten, werden vom zuckerhaltigen Sekret angelockt; wenn sie diesen jedoch berühren, verenden sie darin, da sie durch den klebrigen Schleim am Fortkommen gehindert werden. Sie finden entweder durch Erschöpfung den Tod oder ersticken am zähen Sekret, das in ihre Tracheen einsickert und diese verstopft. Die Pflanze sondert derweil Enzyme wie Esterase, Peroxidase, Phosphatase und Protease ab, die gleichzeitig die Beute langsam zersetzen und die enthaltenen Nährstoffe lösen. Diese werden dann über die Blattoberfläche resorbiert und können für den Wachstumsprozess verwendet werden. Je nach Art ist das gesamte Fangblatt unterschiedlich stark beweglich; die Tentakel können hingegen bei allen Arten der Gattung bewegt werden. Der Kap-Sonnentau (Drosera capensis) kann sein Blatt um 180° biegen und seine Beute dadurch nahezu völlig einschließen. Drosera burmannii gehört zu den Sonnentau-Arten, deren Randtentakel sich binnen Sekunden biegen können, um die Beute auf dem Fangblatt zu fixieren, wohingegen der Fadenförmige Sonnentau, Drosera filiformis, unbewegliche Fangblätter besitzt.
Blüten
Die Blüten der Sonnentaue stehen wie bei Karnivoren üblich alle an sehr langen Blütenstielen über der Pflanze, damit mögliche Bestäuber nicht durch die Blätter gefangen werden. Die meist ungegabelten Blütenstände sind Wickel, deren Blüten sich einzeln öffnen und meist nur kurz blühen. Entscheidend für die Öffnung der Blüte ist vor allem die Intensität des Sonne, die Blütenstände sind auch heliotrop, wenden sich also zur Sonne hin.
Die Blüten sind immer einfach und fünfzählig, nur zwei Arten fallen diesbezüglich aus dem Rahmen, nämlich die vierzählige Drosera pygmaea und die acht- bis zwölfzählige Drosera heterophylla.
Vermehrung
Viele Arten des Sonnentau sind selbstbefruchtend, häufig werden große Mengen an Samen produziert, aus denen sich der Sonnentau leicht ziehen läßt. Vegetativ vermehren sie sich je nach Wuchsform durch Knollenbildung oder in der Zeit von etwa Mitte Oktober bis Ende Januar über Brutschuppen.
Verbreitung
Das Hauptverbreitungsgebiet ist mit annähernd 50 Prozent aller Arten Australien sowie Südamerika und (Süd-)afrika. Einige wenige Arten kommen auch großflächig in Eurasien und Nordamerika vor, diese Areale sind aber eher als peripher anzusehen, ebenso wie die äußersten arktischen Vorkommen. Anders als bisher angenommen, ist die evolutionäre Trennung der Gattung aber nicht auf das Auseinanderdriften der ehemals als Superkontinent Gondwana zusammengehörenden Kontinente zurückzuführen, sondern auf eine nachfolgende Zerstreuung über weite Entfernung hin, dabei wird ein Weg von Australien über Südamerika nach Afrika angenommen.
In Mitteleuropa existieren (neben dem Naturhybriden Drosera x obovata) nur drei Arten: der Rundblättrige Sonnentau (D. rotundifolia), der Langblättrige Sonnentau (D. anglica) und der Mittlere Sonnentau (D. intermedia). Alle drei Arten stehen unter Naturschutz.
Häufig wird die Gattung als kosmopolitisch bezeichnet, also als weltweit vorkommend. Der Botaniker Ludwig Diels, Autor der bisher einzigen Monographie über die Familie, bezeichnete dies jedoch als „arge Verkennung ihrer höchst eigentümlichen Verbreitungsverhältnisse“, obwohl die Sonnentaue „einen beträchtlichen Teil der Erdoberfläche besetzt“ hielten. Insbesondere wies er auf ihr Fehlen in nahezu allen ariden Zonen, in zahlreichen Regenwaldgebieten, an der amerikanischen Pazifikküste, in Polynesien, dem Mittelmeerraum und Nordafrika sowie auf die sehr geringe Artenvielfalt temperierter Zonen, zum Beispiel in Europa und Nordamerika hin.
Habitate
Sonnentaue wachsen in der Regel in saisonal feuchten, seltener dauernassen Gebieten mit nährstoffarmen, sauren Böden und viel Sonne, z.B. in Mooren, Heiden, Sümpfen, Wallum, Fynbos, Inselbergenaber auch Marschland und an den Ufern von Fließgewässern. Viele Formen wachsen gemeinsam mit Sphagnummoosen, die dem Untergrund Nährstoffe entziehen und ihn zugleich versauern, wodurch sie das Wachstum möglicher Konkurrenten behindern.
Allerdings ist die Gattung in ihren Habitatansprüchen sehr variabel, in einzelnen Fällen schaffen Arten es sogar, in sehr untypischen Gebieten wie Regenwäldern, Wüsten (z.B. Drosera burmannii und Drosera indica) oder auch in Arealen mit starker Beschattung zu siedeln (Queenslanddrosera). Auch die temperierten Arten, die über den Winter Hibernakel ausbilden, stellen eine solche Form der Anpassung an abweichende Habitate dar, da die Arten der Gattung üblicherweise eher warme Klimas bevorzugen und in der Regel nur bedingt frosthart sind.
Gefährdung
In zwei der drei Hauptverbreitungsgebiete, nämlich in Südafrika und Australien, unterliegen die dortigen Lebensräume der Sonnentaue starkem Druck durch den Menschen. Insbesondere expandierende menschliche Siedlungsgebiete (Perth, Kapstadt) sowie die Trockenlegung von Feuchtgebieten für die Land- und Forstwirtschaft gefährden die häufig nur in isolierten Gebieten existierenden Bestände.
Insbesondere die teilweise nur in äußerst eng umgrenzten Standorten zu findenden Arten unterliegen durch die Absammlung von Wildpflanzen der entsprechend größeren Gefahr von Totalverlusten.
Verwendung
Heilkraut
Im 12. Jahrhundert wurden Sonnentaue von Matthaeus Platearius, einem italienischen Arzt aus der Schule von Salerno, unter dem Namen herba sole als Heilkraut gegen Reizhusten beschrieben. So wird er auch heute noch in der Homöopathie verwendet, auch einige fertige Hustensäfte enthalten Bestandteile der Pflanze. Auf Wildsammlungen in Deutschland wird allerdings mittlerweile verzichtet; stattdessen werden entweder Moore in Polen und dem Baltikum abgeerntet oder es wird Sonnentau aus belgischen oder deutschen Zuchten verwendet, dort vor allem die schnellwüchsige Art Drosera madagascariensis, aber auch der Rundblättrige und der Mittlere Sonnentau.
Zierpflanzen
Durch ihre Karnivorie und die als anmutig empfundenen Taublätter sind Sonnentaue beliebte Zierpflanzen. Die meisten Arten haben allerdings aufgrund ihrer meist schwierigen Haltungsbedingungen oder der komplizierten Vermehrungsmöglichkeiten nur geringe Marktchancen. Wenige robuste Arten sind jedoch neben der Venusfliegenfalle als geläufige Karnivoren für den Massenmarkt mittlerweile in vielen Gartencentern oder sogar Baumärkten erhältlich, insbesondere der Kap-Sonnentau und Drosera aliciae.
Auch die anderen Sonnentauarten werden von einem mehrere Tausende starken, weltweiten Kreis von Sammlern kultiviert, es befinden sich derzeit so gut wie alle Arten in Kultur. Da viele Sonnentaue sehr eng begrenzte Verbreitungsgebiete haben und auch in diesen selten sind, hat dies durch starke Absammlungen zu Rückgang und Gefährdung einiger Arten geführt.
Sonnentaue als Nahrungsmittel
Bei den australischen Aborigines stellen die Knollen der dort heimischen Knollendrosera ein beliebtes Nahrungsmittel dar.
Systematik
Die Gattung wird in drei Untergattungen und elf Sektionen aufgeteilt (nach Seine & Barthlott, 1994).
Insbesondere die zahlreichen australischen Arten wurden vor allem durch den Australier Allen Lowrie beschrieben, seine Taxonomie wurde zwar 1996 durch den deutschen Botaniker Jan Schlauer in Frage gestellt, gilt aber unverändert.
Untergattung Drosera
Sektion Drosera
Sektion Bryastrum
Sektion Coelophylla
Sektion Lasiocephala
Sektion Meristocaules
Sektion Phycopsis
Sektion Ptycnostigma
Drosera acaulis | Drosera cistiflora | Drosera pauciflora |
Sektion Thelocalyx
Drosera burmannii | Drosera sessilifolia |
Untergattung Ergaleium
Sektion Ergaleium
Sektion Erythrorhizae
Drosera browniana | Drosera bulbosa | Drosera erythrorhiza |
Drosera lowriei | Drosera macrophylla | Drosera orbiculata |
Drosera prostratoscaposa | Drosera rosulata | Drosera whittakeri |
Drosera zonaria |
Sektion Stoloniferae
Drosera fimbriata | Drosera platypoda | Drosera ramellosa |
Drosera stolonifera |
Untergattung Regiae
Literatur
- Diels, Ludwig: Droseraceae, in Engler, A. (Hrsg.): Pflanzenr. 4, 112 : 109, 1906
- Lowrie, Allen: Carnivorous Plants of Australia, Vol. 1-3, Englisch, Nedlands, Western Australia, 1987 - 1998
- Barthlott, Wilhelm; Porembski, Stefan; Seine, Rüdiger; Theisen, Inge: Karnivoren. Stuttgart, 2004, ISBN 3-8001-4144-2
- Seine, Rüdiger; Barthlott, Wilhelm: Some proposals on the infrageneric classification of Drosera L., Taxon 43, 583 - 589, 1994
- Rivadavia, Fernando; Kondo, Katsuhiko; Kato, Masahiro und Hasebe, Mitsuyasu: Phylogeny of the sundews, Drosera (Droseraceae), based on chloroplast rbcL and nuclear 18S ribosomal DNA Sequences, American Journal of Botany. 2003;90:123-130. (Online: http://www.amjbot.org/cgi/content/full/90/1/123)