Der Ausdruck Holocaust bezeichnet im engeren Sinn den systematischen Völkermord an den europäischen Juden, der während der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland und in den von ihm besetzten Ländern verübt wurde. Im weiteren Sinn zählt dazu auch die Ermordung anderer gesellschaftlicher, religiöser oder ethnischer Gruppen durch die Nazis und ihre Helfer: darunter Behinderte, Sinti, Roma, Polen, Slawen, die Zeugen Jehovas und die Homosexuellen.
Andere außergewöhnliche Massenmorde, die früher wie heute auch "Holocaust" genannt werden, thematisiert der Artikel Holocaust (Begriff).
Die Singularität des Holocaust
Der Begriff "Holocaust" war ursprünglich ein Allgemeinbegriff für Massenvernichtungen besonderer Größenordnung und nicht ausschließlich mit dem Völkermord am europäischen Judentum verknüpft. Doch hat sich seit 1945 in der Geschichtswissenschaft und öffentlichen Bewertung mehr und mehr die Einsicht durchgesetzt, das dieser organisierte Massenmord auch im Vergleich mit anderen historischen Massenvernichtungen einzigartig war und ist.
Denn der nationalsozialistische Holocaust unterscheidet sich von anderen Vernichtungsprogrammen der Geschichte durch eine Reihe von Faktoren, die einzeln auch anderswo auffindbar sind, aber nirgends bisher so radikal und konzentriert miteinander wie hier. Dazu gehören seine
- systematische,
- von langer Hand vorbereitete und bis in die letzten Details kompromisslos durchorganisierte,
- durch eine totalitäre und rassistische Ideologie öffentlich propagierte,
- durch keine äußere Bedrohungslage veranlasste oder erzwungene,
- industriell perfektionierte,
- die Ausgrenzung, Ghettoisierung, Enteignung, den Transport in die Vernichtungslager, die Vernichtung und die Verwertung der Überreste einschließende,
- sämtliche Staatsorgane, die meisten gesellschaftlichen Institutionen und die Kriegsführung direkt oder indirekt einbeziehende Durchführung und Vorgehensweise.
Er sticht darin auch gegenüber der Verfolgung der politischen Gegner des Hitler-Regimes hervor: Denn diese wurden nicht zwangsläufig ermordet oder konnten ihr Leben durch die scheinbare oder tatsächliche Unterwerfung unter das Regime retten. Dagegen waren alle Menschen, vom Säugling bis zum Greis, die zu einer der oben genannten Gruppen gehörten, schon aufgrund ihrer bloßen Existenz zur Ermordung vorgesehen. Nichts, was sie selbst hätten tun oder unterlassen können - nur Glück, Zufall oder äußere Hilfe -, konnte ihr Leben retten, wenn sie in die Hände des nationalsozialistischen Machtapparats fielen.
Die Geschichte des Holocaust
Historisch umfasst der Holocaust in erster Linie die Entrechtung, Verfolgung, Deportation, Ghettoisierung und zuletzt systematische Ausrottung von schätzungsweise etwa sechs Millionen europäischer Juden durch das nationalsozialistische Deutschland. Dieser Prozess wird daher hier vorrangig dargestellt, ohne andere Opfergruppen auszublenden.
Neben den Juden wurden auch bis zu einer halben Million Sinti und Roma und mindestens 250.000 geistig oder körperlich Behinderte (siehe auch Euthanasie-Programm) ermordet. Die Vernichtung dieser und anderer Menschengruppen, die von den Nazis für „unerwünscht“, „lebensunwert“ oder „rassisch minderwertig“ erklärt und behandelt wurden, gehört zum Gesamtkomplex des Themas, wird aber aufgrund ihrer Eigenart und Bedeutung gesondert dargestellt.
Entrechtung und Verfolgung der Juden
Bereits 1933 wurde in Dachau bei München das erste Konzentrationslager eingerichtet. Es diente wie die anderen Lager seiner Art bis 1938 vorrangig der Inhaftierung und Liquidierung politischer Gegner.
Von Beginn an betrieb das nationalsozialistische Regime unter Hitler aber auch die systematische Entrechtung der Juden. Diese begann mit der Verdrängung aller Juden aus dem öffentlichen Dienst, dem Boykott jüdischer Geschäfte im April 1933 und der erzwungenen „Arisierung“ so genannter jüdischer Unternehmen. Sie setzte sich 1935 fort mit den diskriminierenden Nürnberger Rassegesetzen, die die deutschen Juden ihrer staatsbürgerlichen Rechte beraubten, und erreichte seinen vorläufigen Höhepunkt in den Pogromen der Reichskristallnacht vom 9. auf den 10. November 1938. Dabei wurden nicht nur ein Großteil der oft Jahrhunderte alten jüdischen Synagogen zerstört, sondern auch erste Morde an Juden mit staatlicher Deckung verübt. Damit testeten die nationalsozialistischen Staatsorgane die Bereitschaft der Bevölkerung zum Zuschauen und Mitmachen.
Übergang zum systematischen Völkermord
Bis zum Kriegsbeginn 1939 verfolgte diese Politik offiziell nur das Ziel, möglichst viele Juden zur Auswanderung aus Deutschland zu drängen. Das eigentliche Ziel hatte Hitler jedoch bereits in seiner autobiografischen Propagandaschrift "Mein Kampf" zum Ausdruck gebracht: die vollständige Vernichtung des "Weltjudentums", wie er es nannte. Der Krieg eröffnete den Nazis neue Möglichkeiten zur Realisierung dieses Programms. Er erlaubte die systematische innenpolitische Erfassung und Isolierung der deutschen Juden und brachte dazu Millionen von europäischen Juden in den besetzten Gebieten, vor allem in Polen, der Sowjetunion und Ungarn, in die Reichweite der nationalsozialistischen Herrschaft. Von nun an wurde die organisierte fabrikmäßige Ermordung aller Juden, derer das Hitler-Regime habhaft werden konnte, geplant und betrieben.
In den größeren polnischen Städten wie Warschau oder Lodsch wurde die jüdische Bevölkerung gezwungen, in hermetisch abgeriegelte Ghettos umzusiedeln. Dort wurde sie bereits durch Hunger, Kälte und tägliche willkürliche Morde immer weiter dezimiert. Im Russlandfeldzug ab Sommer 1941 folgten den Truppen der Wehrmacht die so genannten Einsatzgruppen der SS. Diese nahmen Massenerschießungen an jüdischen Zivilisten vor: zum Beispiel in Babi Jar bei Kiew. An solchen Aktionen waren vereinzelt aber auch reguläre Wehrmachts- oder Polizeieinheiten direkt beteiligt. Die Wehrmacht ermöglichte die organisatorische Erfassung von Juden in den besetzten Gebieten vor und arbeitete mit der SS hierbei eng zusammen. In vielen KZs wurden Rüstungsgüter produziert. So lassen sich die Vernichtung durch den Krieg, Vernichtung durch Zwangsarbeit für den Krieg und Vernichtung in den durch Krieg eroberten Gebieten nicht gleichsetzen, aber auch nicht voneinander trennen.
Die Vernichtungslager
Für die geplanten Morde im großen Stil galten Massenerschießungen bald als zu „ineffektiv“. Zudem sollten anonymisierte Tötungsmethoden die psychologische Hemmschwelle der Täter weiter senken oder ganz beseitigen. Daher erprobten seit Herbst 1941 die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD Massentötungen mit Hilfe von mobilen Vergasungswagen. Diese waren schon in der Aktion T4, dem so genannten Euthanasieprogramm zur Ermordung von geistig und körperlich schwer Behinderten, eingesetzt worden.
Da sich die von der SS-Führung gewünschte Mordrate auch auf diese Weise nicht erzielen ließ, wurden schließlich fabrikmäßige Vernichtungslager errichtet, deren Hauptzweck die möglichst schnelle Tötung einer möglichst großen Zahl von Juden war. Die direkte Vernichtung war dabei häufig mit der Vernichtung durch industrielle Arbeit und Arbeit zur Vernichtung gekoppelt. Solche Vernichtungslager wurden angelegt in
- Auschwitz-Birkenau (1941)
- Chelmno (dt. auch Kulmhof) (1941)
- Treblinka bei Warschau (1942)
- Majdanek bei Lublin (1942)
- Belzec bei Lublin (1942) und in
- Sobibor bei Lublin in Polen sowie in
- Maly Trostinez bei Minsk in Weißrussland.
Aus dem ganzen von deutschen Truppen besetzten Europa wurden bis Kriegsende Menschen allein zum Zweck ihrer Vernichtung in diese Lager deportiert. Soweit sie nicht schon beim Transport in Viehwaggons umgekommen waren, wurden sie gleich nach ihrer Ankunft in Arbeitsfähige und Nicht-Arbeitsfähige eingeteilt. Die letzteren, in der Regel Kinder und ihre Mütter, Alte und Kranke, wurden gleich nach der Selektion in Gaskammern geführt, die als Duschräume getarnt waren. Dort wurden sie mit Zyklon B, einem hochgiftigen Giftstoff aus Blausäure, vergast. Das Gas verursachte einen qualvollen, bis zu 20 Minuten dauernden Erstickungstod. Die Leichen wurden anschließend in Krematorien verbrannt. Körperliche Überreste - etwa Haare, Goldzähne, Fettbestandteile der Haut - und Privatgüter der Opfer - Kleidung, Schuhe, Brillen, Koffer usw. - wurden von der SS industriell verwertet.
Hinzu kamen Menschenversuche zu militärischen, medizinischen und anderen Zwecken in den Lagern. Die Opfer wurden zum Beispiel in Druckkammern extrem hohem oder niedrigem Luftdruck ausgesetzt, in Eiswasser unterkühlt, mit Bakterien infiziert, für chirurgische Versuche u.v.m. missbraucht. Die Täter, etwa der SS-Arzt Josef Mengele, nahmen den Tod oder lebenslange Gesundheitsschäden der Versuchspersonen bewusst und ohne jede Skrupel in Kauf.
An vielen deutschen und schweizerischen Forschungseinrichtungen fanden sich noch bis vor kurzem menschliche Körperteile, die einst von den Nazis zu "Versuchszwecken" angefordert und geliefert worden waren.
Weitere Opfer der Nationalsozialisten
Ebenfalls zum Vernichtungsprogramm der Nazis gehörte die Ermordung von drei Millionen russischer Kriegsgefangener. Dazu starben mehr als zwei Millionen Osteuropäer bei der ihnen auferlegten Zwangsarbeit. Über die Vernichtung der europäischen Juden hinaus hatten die Nazis im Generalplan Ost ein weitreichendes Programm zur Vernichtung und Umsiedlung ausgearbeitet. Nach diesem Plan sollten weitere als „rassisch minderwertig“ bezeichnete, vor allem slawische Völker allmählich durch Verbannung nach Sibirien ausgerottet werden.
Auch politisch Missliebige, wie z.B Kommunisten, Sozialisten, sogenannte Asoziale, Gewerkschaftler, Zeugen Jehovas, nicht gleichgeschaltete Christen, Mitglieder der bündischen Jugend oder Homosexuelle wurden in den Konzentrationslagern umgebracht.
Planungsdokumente, Wannseekonferenz und Opferzahlen
Von den eigentlichen Planungen des Holocaust existieren nur wenige schriftliche Dokumente aus der Nazizeit, da der engere Kreis der Täter die Dimension und Tragweite seines Vorhabens auch im Hinblick auf die mögliche Kriegsniederlage für die Nachwelt verbergen wollte. Unter führenden Nationalsozialisten war also ein klares Bewusstsein für den außerordentlichen Zivilisationsbruch dieses Völkermords vorhanden. Dafür spricht auch eine Rede Heinrich Himmlers vor SS-Offizieren, die schon an den Massenexekutionen hinter der Ostfront beteiligt gewesen waren.
Am 20. Januar 1942 fand unter der Leitung des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD, Reinhard Heydrich, die Wannseekonferenz bei Berlin statt. Auf ihr besprachen hochrangige Ministerialbeamte der Reichsregierung die so genannte „Endlösung der Judenfrage“, das heißt die Deportation und Ermordung aller europäischen Juden. Aus erhaltenen Akten der Konferenz lässt sich ersehen, dass 11 Millionen Menschen zur Vernichtung vorgesehen waren.
Im größten Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau wurden schätzungsweise 1.100.000 – 1.500.000 Menschen ermordet. Etwa eine Million davon waren Juden. In der seriösen historischen Forschung gilt es heute als gesichert, dass während des Zweiten Weltkriegs mindestens 5,29 Millionen, höchstens knapp über 6 Millionen Juden in Konzentrations- und Vernichtungslagern, sowie bei Massenexekutionen zu Tode kamen. Absolut exakte Zahlen konnten nie ermittelt werden, da viele Deportierte gleich nach ihrer Ankunft – also ohne einzeln registriert worden zu sein – in die Gaskammern geschickt wurden. Für Hitlerdeutschland und alle von ihm besetzten Länder nennt das Werk „Dimension des Völkermords“ (siehe unten) folgende Minimalzahlen:
- Albanien: 600
- Bulgarien: 11.000
- Dänemark: 161
- Deutsches Reich: 165.000
- Frankreich und Belgien: 32.000
- Griechenland: 60.000
- Italien: 7.600
- Jugoslawien: 55.000-60.000
- Luxemburg: 1.200
- Niederlande: 102.000
- Norwegen: 735
- Österreich: 65.000
- Polen: 2.700.000
- Rumänien: 211.000
- Sowjetunion: 2.100.000-2.200.000
- Tschechoslowakei: 143.000
- Ungarn: 502.000
Jüdischer Widerstand
Widerstand in den besetzten oder verbündeten Ländern
Eine kleine Zahl europäischer Juden wurde gerettet, weil die Regierungen ihrer Heimatländer der Forderung Hitler-Deutschlands nach ihrer Auslieferung nicht nachgaben.
Finnland, seit 1941 Deutschlands Verbündeter im Krieg gegen die Sowjetunion, lieferte seine Juden größtenteils nicht aus, obwohl Himmler dies im Sommer 1942 bei einem Finnland-Aufenthalt von der finnischen Regierung gefordert hatte. Der Premier Rangell soll darauf geantwortet haben, Finnlands Juden seien Bürger wie alle anderen und dienten auch als Soldaten im Krieg gegen die Sowjetunion. Einige Juden wurden dennoch ausgeliefert, weil sie Kommunisten waren. Diese Praxis wurde aber schon ab Dezember 1942 eingestellt, nachdem Zeitungen und einige Politiker dagegen protestiert hatten. Zwar wurde jüdischen Flüchtlingen zeitweise die Einreise nach Finnland verweigert; aber die etwa 1.000 in Finnland lebenden Juden konnten fast vollständig gerettet werden.
In Dänemark ergriff König Christian X. demonstrativ Partei für die Juden, als die deutschen Besatzungsbehörden auch sie zum Tragen des Judensterns zwingen wollten. Durch einen von deren Mitarbeitern vor Razzien der SS gewarnt, gelang es der dänischen Untergrundbewegung unter Mithilfe großer Teile der Bevölkerung im September und Oktober 1943, die meisten der im Land lebenden ca. 6.000 Juden in das neutrale Schweden zu schleusen. Nur 161 dänsiche Juden kamen in deutschen Lagern um (siehe auch: Rettung der dänischen Juden).
Der italienische Faschismus war anders als der deutsche Nationalsozialismus nicht antisemitisch ausgerichtet. Dazu kam, dass Italien anfangs ein Verbündeter Deutschlands und kein von diesem besetztes Land war. Zwar wurden nach Kriegsbeginn antijüdische Gesetze erlassen, aber die Regierung und besonders die Armee widersetzten sich dem Drängen der Deutschen, die italienischen Juden in den Tod zu schicken. Sie wurden auch interniert, aber unter besseren Bedingungen als in den deutschen Konzentrationslagern und ohne ständige Todesdrohung. Daher flüchteten einige Juden aus dem besetzten Frankreich und aus Jugoslawien nach Italien. Erst nach dem Frontwechsel Italiens 1943 behandelten die Deutschen das Land wie ein besetztes Gebiet und überführten die italienischen Juden in ihre eigenen Vernichtungslager.
Auch das Beispiel Bulgariens - ebenfalls ein Verbündeter Deutschlands - beweist, dass ein entschiedener Widerstand die deutschen Pläne erfolgreich durchkreuzen konnte. Hier wurden Dank der festen Haltung von Regierung und Bevölkerung etwa 50.000 Juden gerettet.
Die Polen waren traditionell vom katholischen Antijudaismus und Antisemitismus geprägt. Obwohl dort viele Juden an die Deutschen ausgeliefert wurden, überlebten trotzdem mehrere Tausend Juden durch Hilfen aus der Bevölkerung. Einige Polen waren entsetzt von der Hinmetzelung von Kindern und versteckten jüdische Kinder z.B. in katholischen Klöstern.
Die Nachgeschichte des Holocaust
Juristische Aufarbeitung
Die Alliierten hatten auf der Potsdamer Konferenz neben der Entmilitarisierung auch die durchgehende "Entnazifizierung" Deutschlands für die Zeit nach ihrem Sieg vereinbart. Doch erst im Zuge der Befreiung der Gebiete, in denen sich die Vernichtungslager befanden, kam das ganze Ausmaß der nationalsozialistischen Gräueltaten an das Licht der Weltöffentlichkeit.
Die Aufarbeitung des Holocausts begann mit den von den Alliierten Mächten eröffneten Nürnberger Prozessen und den Folgeprozessen, die in die Zeit von 1945 bis 1948 fielen.
Die juristische Aufarbeitung des Holocaust in West-Deutschland begann erst 1958, als der Präsident des Internationalen Auschwitz Komitees Hermann Langbein und der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer die Weiterverfolgung einer Strafanzeige von Adolf Rögner erreichten, die zur Verhaftung eines berüchtigten Folterers, des ehemaligen SS-Manns Wilhelm Boger, führte.
Langjährige Ermittlungen durch Bauer ermöglichten 1963 die Eröffnung des Hauptverfahrens zu den Auschwitz-Prozessen in Frankfurt am Main. Die schockierenden Zeugenberichte und das große Medienecho auf die Prozesse erzeugte erst damals, fast 20 Jahre nach dem Krieg, bei einem Großteil der deutschen Bevölkerung ein Bewusstsein für die NS-Verbrechen, ihre Voraussetzungen und ihre Folgen. Andererseits verstärkten sich die schon kurz nach dem Krieg öffentlich erhobenen Forderungen nach einem "Schlussstrich". Die Angeklagten in den Auschwitz-Prozessen ließen keine Reue erkennen und beriefen sich stets auf den so genannten "Befehlsnotstand". Ihre Verteidiger versuchten, die Gerichtsverfahren als "Schauprozesse" zu diskreditieren, wobei sie einen Großteil der öffentlichen Meinung hinter sich wussten.
Es folgten weitere Prozesse, in denen aber in der Regel nur die unmittelbar ausführenden Täter belangt wurden, die auf den unteren Befehlsstufen gestanden hatten. Die letzten größeren Verfahren gegen NS-Täter waren die Majdanek-Prozesse, die von 1975 bis 1981 vor dem Landgericht Düsseldorf verhandelt wurden. Von den ursprünglich 15 angeklagten SS-Angehörigen wurden am Ende nur sechs Männer und zwei Frauen verurteilt: Es wurden eine lebenslängliche und sieben zeitlich befristete Haftstrafen zwischen drei und zwölf Jahren verhängt. Die Freisprüche und die als zu niedrig empfundenen Freiheitstrafen lösten damals weltweite Proteste aus.
Was wusste die deutsche Bevölkerung?
Während sich die Ausgrenzung und Diskriminierung der Juden in Deutschland vor aller Augen vollzog, achtete das Hitler-Regime bei der so genannten „Endlösung“ auf strengste Geheimhaltung. SS-Angehörigen war es unter Androhung der Todesstrafe verboten, über die Ermordung von Juden, Sinti und Roma zu berichten. Die Zahl der unmittelbar an den Verbrechen beteiligten Täter, zum Beispiel Angehörige von Wachmannschaften, Einsatzgruppen, Polizeibataillonen und Wehrmachtsteilen, wird auf etwa 300.000 geschätzt.
Gegenüber der restlichen Bevölkerung wurden die Deportationen der Juden aus dem Reich offiziell als „Umsiedlungen“ bezeichnet. Ein Propagandafilm über das Vorzeigeghetto Theresienstadt mit dem Titel "Der Führer schenkt den Juden eine Stadt" suggerierte dieses Bild noch 1944, als viele Deutsche durch die sogenannte Flüsterpropaganda längst zu Mitwissern des Massenmords geworden waren.
Die Lüge von den angeblichen Umsiedlungen hat die Mehrheit der Deutschen hingenommen und nicht hinterfragt, obwohl solche Massendeportationen schon für sich genommen ein schweres Unrecht darstellten. Viele haben aus Angst vor dem NS-Terror so gehandelt, andere wiederum, weil sie von der antijüdischen Politik der Nazis profitierten.
Davon, dass die „Umsiedlung“ tatsächlich Massenmord bedeutete, erfuhren manche Deutschen nur gerüchteweise, etwa von Soldaten auf Heimaturlaub. Der Widerstandskämpfer Helmut James Graf von Moltke schrieb 1943: „Mindestens neun Zehntel der Bevölkerung weiß nicht, dass wir Hunderttausende von Juden umgebracht haben.“ Doch selbst das Zehntel, das zumindest ansatzweise Bescheid wusste, hat – von wenigen rühmlichen Ausnahmen abgesehen – nichts gegen den Holocaust unternommen.
Erst nach Kriegsende erfuhr die Mehrheit der deutschen Bevölkerung das ganze Ausmaß der NS-Gräuel. Manchen wurden sie auf drastische Weise zur Kenntnis gebracht. So z. B. der Bevölkerung Weimars, die auf Betreiben der amerikanischen Besatzungstruppen durch das benachbarte KZ Buchenwald geführt wurde, von dessen Existenz jeder am Ort hatte wissen müssen. Manche wollten die Verbrechen der Nazis auch dann noch nicht wahrhaben, obwohl sie nur eine logische Folge dessen waren, was sich bis in die ersten Kriegsjahre hinein vor aller Augen in Deutschland abgespielt hatte.
Niemandem hatte verborgen bleiben können, dass die Juden nach und nach aus dem gesellschaftlichen Leben verschwanden. Antijüdische Maßnahmen wie der Boykott von 1933 und die reichsweiten Pogrome vom 9. November 1938 fanden auf offener Straße statt. Jeder wusste zudem über Diskriminierungen wie die Nürnberger Rassegesetze Bescheid, über die Berufsverbote und zahllosen Einschränkungen, denen die Juden unterworfen waren, über den Judenstern, die Ghettoisierung und vieles mehr. Nicht zuletzt kannte jeder Zeitungsleser und Radiohörer die mehrfach wiederholte Drohung Hitlers vom 30. Januar 1939, nach der ein neuer Weltkrieg „die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa“ bedeute. Lange vor der Machtergreifung hatte Hitler ähnliche Drohungen bereits in seinem Buch "Mein Kampf" ausgestoßen, das nach 1933 weite Verbreitung fand.
Obwohl der Völkermord an den Juden also eine logische Konsequenz der nationalsozialistischen Rassenpolitik war, glaubten damals und glauben sogar noch heute manche Menschen, die Bilder und Berichte aus den Konzentrationslagern seien Bestandteil der britischen und amerikanischen Kriegspropaganda.
Damals wie heute ist viel Nicht-Wissen über den Holocaust im Grunde ein Nicht-Wissen-Wollen, eine Verdrängung aus Angst, Scham oder Gleichgültigkeit. Zu Beginn der institutionalisierten Diskriminierung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung profitierten zudem viele Deutsche im Zuge von Arisierungen direkt vom Leid ihrer jüdischen Nachbarn. Gegen Kriegsende ließ der Überlebenskampf in den zerbombten Städten kaum einen Gedanken an das noch größere Leid anderer Menschen aufkommen.
In den zerstörten Städten ging immer wieder das Gerücht um, der Luftkrieg sei die Vergeltung für das, was man den Juden angetan habe. Dies wird zuweilen als Zeichen eines untergründigen Unrechtsbewusstseins interpretiert, war aber allzu oft auch Ausdruck einer zutiefst antisemitischen Haltung, nach der „die Juden an allem Schuld“ seien oder „Amerika kontrollieren“. Angesichts der Mittäterschaft oder Gleichgültigkeit der deutschen Bevölkerungsmehrheit sind die seltenen Taten jener Nicht-Juden um so höher zu bewerten, die Juden halfen, zu überleben.
Die Haltung der Alliierten
Schon vor, vor allem aber seit dem Krieg kritisierten die Alliierten die nationalsozialistische Innenpolitik, darunter auch die Verfolgung von Juden und anderen Minderheiten. Nach ihrem Bekanntwerden wurde die deutsche Ausrottungspolitik äußerst scharf verurteilt; doch gezielte Maßnahmen zur Verhinderung des weitergehenden Holocaust blieben aus. Mitte Dezember 1942 sprachen sie eine Warnung aus, dass "die Verantwortlichen einer Vergeltung nicht entgehen" würden. Es folgten aber erst nach Kriegsende wirkliche Taten.
Als die ersten Nachrichten über die Massenvernichtung eintrafen, versuchte das Außenministerium der Vereinigten Staaten die Veröffentlichung zu unterdrücken, weil diese die Kriegsanstrengungen behindern würde. Auf Druck der öffentlichen Meinung trat im April 1943 auf Bermuda eine internationale Konferenz zusammen, um Lösungen für Flüchtlinge zu erörtern. Sie verlief aber ergebnislos. Erst nach Intervention des Finanzministers Henry Morgenthau kündigte Franklin D. Roosevelt am 22. Januar 1944 die Einsetzung des War Refugee Board an. Dieses Gremium trug zur Rettung mehrerer Tausend Juden bei.
Die britische Regierung zeigte ihre Haltung durch verschiedene Behinderungen, Unterlassungen und Ausweichmanöver. Als im Dezember einige britische Abgeordnete verlangten, jüdischen Flüchtlingen müsse sichere Zuflucht versprochen werden, lehnte dies der britische Außenminister mit der Begründung ab, es gäbe "Sicherheitsbedenken" und "geografische Probleme". Anfang 1943 wurde bekannt, dass man gegen Hinterlegung einer gewissen Summe in der Schweiz 70.000 rumänische Juden hätte retten können. Die Regierung blockierte jedoch den Plan.
Am schlimmsten verfuhren die sowjetischen Behörden mit den Juden. Nach Abschluss des Hitler-Stalin-Paktes im August 1939 wurden deutsche Juden - darunter viele Kommunisten, die in Russland Zuflucht gesucht hatten - den Nazis ausgeliefert. Nach Kriegsausbruch blieb die besondere Gefährdung der Juden unberücksichtigt. Die sowjetische Berichterstattung verschwieg die deutsche Ausrottungspolitik. Jüdische Flüchtlinge fanden oft keine Unterstützung durch die Partisanen, wurden von diesen nicht als Mitkämpfer aufgenommen und zum Teil ihrer Waffen und Nahrungsmittel beraubt.
Das Ende des Krieges änderte die Haltung der Alliierten nicht wesentlich. In der englischen und amerikanischen Besatzungszone trafen etwa 200.000 jüdische Flüchtlinge ein. Ein englischer General, der die United Nations Relief and Rehabilitation Administration leitete, behauptete, eine jüdische "Geheimorganisation" würde Juden nach Deutschland "schmuggeln". Sie seien "gut gekleidet, wohlgenährt und rotwangig" und besäßen "große Geldbeträge". Mitte 1946 untersagten die englischen Behörden jüdischen Flüchtlingen den Zugang zur britischen Besatzungszone.
Von jüdischer Seite wurde deswegen vereinzelt vermutet, das einige führende Kräfte im Westen der Nazipropaganda erlagen, wonach das sogenannte Weltjudentum den Krieg verursacht hätte und sich der Herrschaft über die angelsächsischen Staaten bemächtigen wolle.
Erklärungsansätze
Angesichts der bekannten Opferzahlen ist es bis heute schwer zu verstehen, warum und wie sich eine große Zahl von Menschen an der Planung, Durchführung und Verheimlichung des Holocaust beteiligen konnte. Eine monokausale Erklärung dafür ist nicht möglich. Die historische Forschung hat ein Bündel von Ursachen untersucht und bisher herausgestellt:
Ökonomische und soziale Motive der Täter
- Die neuen „Herren“ und ihre Anhänger zogen aus ihrer errungenen Macht ökonomische Vorteile. Vielfach bereicherten sich Nationalsozialisten und andere "Volksgenossen" am Vermögen ihrer jüdischen Mitbürger. Viele gewöhnliche Bürger waren Nutznießer der „Arisierung“, und sei es „nur“, dass die Deportation eines jüdischen Nachbarn ihre „Wohnungsfrage“ löste oder den lästigen wirtschaftlichen Konkurrenten beseitigte. Die Staatsorgane halfen oft gerade kleinen und größeren Unternehmern, unliebsame erfolgreiche Konkurrenten loszuwerden und deren Betrieb zu übernehmen.
- Dazu kamen Engpässe im Rahmen der „Heim-ins- Reich“-Bewegung: Auslandsdeutsche mussten nun untergebracht werden. Dazu wurden auch Heime für Behinderte geräumt und deren Bewohner schließlich in Lastwagen mit Abgasen ermordet (siehe u. a. NS-Tötungsanstalt Hadamar).
- Mit dem Kriegsbeginn galten die bereits ausgeplünderten Juden als „überzählige Esser“, die eine Belastung für die Versorgung von Heer und Heimat darstellten.
Bürokratische und hierarchische Motive
- Nachdem Planungen für ein „Judenreservat“ in Polen oder Übersee (Madagaskar-Plan zum Beispiel) gescheitert waren, hatten die Aufsteiger in der neuen bürokratischen Elite wegen ihres radikalen Antisemitismus keinerlei Hemmungen, für die „Problemlösung“ zur systematischen, mit bürokratischer Effizienz geplanten Vernichtung überzugehen (Wannseekonferenz).
- In vielen Vernehmungen und Prozessen nach 1945 spielte immer wieder der "Befehlsnotstand" eine Rolle. Paradebeispiel dafür waren die Aussagen des Holocaust-Planers Adolf Eichmann in seinem Prozess in Israel: Sie dokumentieren ein Zusammenwirken von Effizienz, Unterordnung in der Staatshierarchie und totaler Gefühlskälte.
Pseudowissenschaftliche Motive
- Rassistische Theorien unter dem Deckmantel der Wissenschaft hatten seit dem frühen 19. Jahrhundert in Deutschland, aber auch in anderen Staaten Europas Fuß fassen können und sich in der Biologie, Völkerkunde und Linguistik verbreitet.
- „Wissenschaftliche“ Grundlagen für die Identifizierung „unwerten Lebens“ lieferte die damals relativ neue Eugenik.
- Die Einbeziehung der Hochschulen in die Ausgrenzung jüdischer Wissenschaftler, die Etablierung einer "Rassenkunde", die Beteiligung zahlreicher Fachrichtungen an Unrechtsjustiz, Unrechtsmedizin, Geschichtsfälschung usw. hat eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Vorbereitung und Durchführung des Holocausts gespielt.
Psychologische Motive
- Die Tatsache, dass „ganz normale Menschen“ derart menschenverachtende Taten begehen konnten, hat Fragen zur Beeinflussbarkeit des Individuums aufgeworfen. Konzepte wie die systematische Ausgrenzung der Opfer aus dem Kreis der eigenen Gruppe zeigen die mögliche Manipulierbarkeit des Einzelnen.
- Psychologische Experimente der 60ger und 70ger Jahre haben menschliches Verhalten unter Gruppenzwang oder Autoritätsgehorsam untersucht. Bekannt wurden vor allem das Milgram-Experiment und das Stanford-Prison-Experiment mit ihren aufschlussreichen Ergebnissen.
- Tiefenpsychologische Deutungen stellen einen Zusammenhang zwischen der Verklärung unmenschlicher Erziehungsmethoden und der Gefühlsblindheit gegenüber - besonders autoritärer staatlicher - Gewalt her (Alice Miller, Wilhelm Reich, Erich Fromm, Alexander Sutherland Neill, Alexander Mitscherlich). Leichthin gesagte Sätze wie „Ein Junge weint nicht“ verharmlosen demzufolge unbewusst die seinerzeit verbreitete brutale Kindeszüchtigung.
Historische Motive
- Daniel J. Goldhagen stellte die umstrittene These auf, dass sich in Deutschland ein eliminatorischer Antisemitismus entwickelt habe, weil die Deutschen als Volk die Juden für ein Übel hielten, das es zu beseitigen gelte. - Kritiker dieser These betonen, dass sie die Ursachen des Holocaust nur zeitlich weiter in die Vergangenheit verschiebt, aber weiterhin nicht schlüssig erklären kann, warum der Antisemitismus in Deutschland mörderischer war als anderswo.
- Raul Hilberg, selbst Überlebender des Holocaust, hat in einem umfassenden Standardwerk die langfristige Vorgeschichte des Holocaust in Mitteleuropa untersucht: mit dem Ergebnis, dass besonders der christliche Antijudaismus und die mittelalterliche Judenpolitik der Kirche den Nazis sämtliche Vorbilder und Erfahrungen für ihre systematische Eskalation der Judenverfolgung angeboten hat. Einzig die Vergasung fehlte: vielleicht nur, weil dieses Mittel noch nicht erfunden worden war.
Dieser Erklärungsansatz bettet die Besonderheit des Holocaust in eine historische Kontinuität ein, ohne ihn damit zu relativieren und zu nivellieren. Denn trotz jahrhundertelangem, ebenso intensivem Judenhass, Entrechtung und Ghettoisierung haben frühere Pogrome nie die Systematik und Konsequenz erlangt, die die Nazis an den Juden vollstreckten.
Die Begriffe Holocaust und Shoa
Das Wort Holocaust leitet sich vom griechischen holókauton her und bedeutet „vollständiges Brandopfer“. Es findet mehrfach Erwähnung in der Septuaginta, der ältesten griechischen Übersetzung der Bibel, etwa im Buch Genesis (22, 2): „Gott sprach zu Abraham: 'Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du liebhast, und geh hin in das Land Morija und bringe ihn dort als Brandopfer (holókauton) dar auf einem Berge, den ich dir sagen werde.“
Zunächst wurde der Genozid an den Juden nur im englischen Sprachraum mit dem Wort Holocaust bezeichnet. In der Bundesrepublik Deutschland kam es erst ab 1979 allmählich in Gebrauch, nachdem die ARD die US-amerikanische Fernsehserie „Holocaust“ ausgestrahlt hatte. Eine von den nationalsozialistischen Völkermorden losgelöste Verwendung des Begriffs ist im Deutschen semantisch und sprachethisch umstritten.
Da das Wort Holocaust nach Ansicht vieler Juden zu sehr die Opferrolle der Ermordeten betont, wird seit einigen Jahren zunehmend auch der hebräische Begriff Shoa (השואה) verwendet, der soviel bedeutet wie „großes Unheil“ oder „Katastrophe“. Er bürgerte sich aufgrund des gleichnamigen, neunstündigen Dokumentarfilms von Claude Lanzmann von 1985 ein, der als „narrative Chronik des Holocaust“ bezeichnet wird.
Doch gibt es auch Stimmen, die beide Begriffe als unpassend werten, da „Holocaust“ einen irgendwie positiven religiösen Sinn impliziert und „Shoa“ der hebräischen Sprache entstammt, zu der viele der als Juden Ermordeten keinen Bezug hatten. Deshalb wird vielfach vom „Mord an den europäischen Juden“ gesprochen. Vor 1979 waren die verhältnismäßig prägnanten Begriffe Judenverfolgung, Judenvernichtung oder Judenmord üblich.
Die verweigerte Erinnerung: Verdrängen, Verleugnen, Relativieren oder Verherrlichen der nationalsozialistischen Verbrechen
Holocaust-Leugnung
Alte und neue Nazis, aber auch ihnen nahestehende deutschnationale, faschistische und revisionistische Gruppen und Parteien versuchen immer wieder, die Tatsache des Holocaust im Ausmaß, in Teilen oder gar ganz anzuzweifeln. Sehr oft wird dabei die nationalsozialistische und antisemitische Propaganda von einer Verschwörung der heutigen Siegermächte gegen Deutschland bruchlos übernommen und kaum verhohlen fortgesetzt. Herkunft, Formen, Träger und Verbreitung dieser Ideologie beschreiben die Artikel Auschwitzlüge, Holocaustleugnung, Rechtsextremismus und Judenfeindlichkeit heute.
An der Versionsgeschichte dieses Wikipedia-Artikels lässt sich ablesen, wie stark das Thema Holocaust auch heutige Leser beschäftigt. Einige jüngere Beispiele veranschaulichen unverarbeitete Vorurteile und zwanghafte Relativierungsversuche (die Änderungen erscheinen rot):
- [1] (6. April 2004, ohne andere Änderungen in diesem Zusammenhang)
- [2] (19. April 2004)
- andere Wikipedia-Beiträge in diesem Zusammenhang
- [3] (25. April 2004)
- andere Wikipedia Beiträge in diesem Zusammenhang
Historisierung
Bestimmte rechte und rechtsradikale Geschichtsrevisionisten versuchen den Holocaust zu relativieren und die Lehren daraus zurückzudrängen, indem sie ihn in größere weltgeschichtliche Zusammenhänge einbetten und damit ein „normalisiertes Geschichtsbild“ herbeizuführen suchen. Sie tun dies, weil die Erinnerung an Auschwitz „Werte“ wie Nationalstolz, Militarismus und Großmachtpolitik für sie langfristig "zersetzt" und diskreditiert.
Die Kritik an diesen Versuchen stellt nicht grundsätzlich in Abrede, dass die größeren historischen Zusammenhänge und Ursachen des Holocaust erforscht werden müssen. Aber sie bekämpft die häufig damit verbundene Verharmlosung und Herauslösung des Holocaust aus der deutschen Geschichte und ihrer Kontinuität sowie die "entlastende" Fehldeutung von Ursachen und Wirkungen.
Verherrlichung
Eine dritte Tendenz findet sich zunehmend unter einer jüngeren Generation von Neonazis: Statt der Leugnung oder Relativierung geschieht hier zunehmend die bewusste Identifikation mit den Tätern des Judenmords und dessen Glorifizierung.
Alle fehlgeleiteten Formen des Umgangs mit dem Holocaust hängen zusammen und begünstigen einander: Die Verdrängung, Relativierung, Leugnung und Verherrlichung sind nur graduell unterschiedene Stufen einer schleichenden Distanzierung von der eigenen deutschen, schuldhaften Vergangenheit. Sie zeigen symptomatisch die noch nicht vollzogene Verarbeitung des Jahrtausendverbrechens auch in der Mitte der Gesellschaft an. Hierin besteht die Herausforderung für eine angemessene Form der Erinnerung bei denen, die nicht selbst beteiligt waren und immer weniger überlebende Opfer oder Täter befragen können.
Erinnerung des Holocaust
- Verfolgung der Täter: Simon Wiesenthal
- Filme: Holocaust 1979
- Gedenkstätte Auschwitz
- und Berlin
- Spielberg-Videosammlung von Überlebenden-Berichten
- Versöhnungsarbeit, z.B. Aktion Sühnezeichen
Literatur
Standardwerke
- Themenhefte Landsberger Zeitgeschichte: Heft 2: "Das Ende des Holocaust in Bayern"; Heft 4: Die Vernichtung der Juden im Rüstungsprojekt Ringeltaube :http://www.buergervereinigung-landsberg.de/publikation/publikation.htm
- Raul Hilberg: Die Vernichtung der europäischen Juden. Fischer Taschenbuch Verlag Nr. 10611-10613, Frankfurt am Main 1990, ISBN 359624417X. – Gegenüber der amerikanische Ausgabe The Destruction of the European Jews, revised and definitive edition von 1985 aktualisierte und erweiterte Ausgabe des unverzichtbaren Standardwerks in drei Bänden.
- Raul Hilberg: Täter, Opfer, Zuschauer. Die Vernichtung der Juden 1933-1945, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3100336097. – Hilbergs lesenswerter „Ergänzungsband“ personalisiert hier die drei titelgebenden Gruppen.
- Dieter Pohl: Verfolgung und Massenmord in der NS-Zeit 1933-1945. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003, ISBN 3534151585. – Sehr komprimierte Darstellung durch den NS-Spezialisten des Institus für Zeitgeschichte. Informiert zuverlässig und auf dem neuesten Forschungsstand in straff gegliederten Kapiteln über alle wesentlichen Teilaspekte. Sowohl für die erste Information (leichte Lesbarkeit!) als auch für Fachleute unbedingt empfehlenswert.
- Eberhard Jäckel, Peter Longerich, Julius H. Schoeps (Hrsg.): Enzyklopädie des Holocaust. Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden, Argon Verlag, Berlin 1993, ISBN 3870243015. – Die Originalausgabe erschien parallel in Israel und den USA und bildete die Grundlage der leider nicht vollständig revidierten 3bändigen deutschen Ausgabe. Nicht durchgehend zuverlässig erarbeitetes Nachschlagewerk, ausreichend für die erste Information.
- Wolfgang Benz (Hrsg.): Dimension des Völkermords. Die Zahl der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus. R. Oldenbourg Verlag, München 1991, ISBN 3486546317. – Bis heute auch international die einzige umfassende wissenschaftliche Arbeit zahlreicher Historiker über die Opferzahlen, geordnet nach den einzelnen Ländern. Besonders wichtig, weil immer die Grundlagen der einzelnen Berechnungen offengelegt und belegt werden.
- Philippe Burrin: Hitler und die Juden. Die Entscheidung für den Völkermord. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1993, ISBN 3100463080. – Erste gründliche Arbeit zum Entscheidungsprozess. Das schmale Buch gab der weiteren Forschung wichtige Impulse.
- Saul Friedländer: Das Dritte Reich und die Juden. Die Jahre der Verfolgung 1933-1939, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2000, ISBN 342330765X. – Gut geschriebener erster Band einer auf zwei Bände angelegten Arbeit, überwiegend aus der Perspektive der jüdischen Verfolgungsopfer.
- Peter Longerich: Politik der Vernichtung. Eine Gesamtdarstellung der nationalsozialistischen Judenvernichtung, Piper Verlag, München/Zürich 1998, ISBN 3492037550. – Gewiss keine „Gesamtdarstellung“, aber wichtige Darstellung der verschiedenen Entwicklungs- und Entscheidungsphasen im Prozess zur totalen Vernichtung der europäischen Juden. Durch Nachlässigkeit des Verlages stimmen die Fußnoten im Text in der Numerierung nur zum Teil mit dem Anmerkungsteil überein, was die Bedeutung des Werks jedoch nicht mindert.
- Peter Longerich: Der ungeschriebene Befehl. Hitler und der Weg zur 'Endlösung'. Piper Verlag, München 2001, ISBN 3492042953. – Enthält die beiden Gutachten, die der Autor für den Prozess gegen David Irving einreichte und die das britische Gericht mit zur Grundlage seiner Entscheidung machte. Die Systematik der Vernichtungspolitik und Hitlers Rolle im Holocaust, von Irving bestritten, werden anhand zahlloser Dokumente nachgewiesen. Besonders empfehlenwert für „Zweifler“, die sich informieren wollen und noch Argumenten zugänglich sind.
- Götz Aly: „Endlösung“. Völkerverschiebung und der Mord an den europäischen Juden. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3100004116. – Stellt den Judenmord überzeugend dar als Konsequenz einer Kette von gescheiterten nationalsozialistischen Vertreibungs-, Umsiedlungs- und Deportationsprojekten und liefert auf der Grundlage vieler neuer Quellen überraschende Erkenntnisse. Anzuraten die korrigierte 2. Auflage.
- Christian Gerlach: Krieg, Ernährung, Völkermord. Deutsche Vernichtungspolitik im Zweiten Weltkrieg. Pendo Verlag, Zürich/München 2001, ISBN 385842424048. – Enthält neben zwei umfangreichen Aufsätzen „Die Ausweitung der deutschen Massenmorde in den besetzten sowjetischen Gebieten im Herbst 1941. Überlegungen zur Vernichtungspolitik gegen Juden und sowjetische Kriegsgefangene“ und „Die Bedeutung der deutschen Ernährungspolitik für die Beschleunigung des Mordes an den Juden 1942“ Gerlachs bahnbrechende und internationales Aufsehen erlangende Arbeit über die „Wannseekonferenz“ in erweiterter Fassung.
- Eugen Kogon: Der SS-Staat. Das System der deutschen Konzentrationslager, Kindler Verlag, München 1974. – Nurmehr von historischem Interesse als das erste bald nach dem Krieg erschienene und sehr einflussreiche Buch, weniger über das KZ-System als über das KZ Buchenwald, in dem Kogon inhaftiert war. Zum Mord an den europäischen Juden als dem Zentrum des Holocaust hat Kogon wenig bis nichts beizutragen.
- Leny Yāhîl, Die Shoah. Überlebenskampf und Vernichtung der europäischen Juden; München 1998 – umfangreiche, aber dennoch übersichtliche und flüssig lesbare Darstellung des Holocaust und der Rettungs- und Auswanderungsversuche
- James Edward Young, Beschreiben des Holocaust : Darstellung und Folgen der Interpretation, Suhrkamp : 1. Auflage Frankfurt/a.M. 1997, 340 S. ISBN 3-518-39231-X
Sekundärliteratur
- Lanzmann, Claude: Shoah, Düsseldorf 1986 (Interviews mit Überlebenden; Begleitbuch zu Lanzmanns monumentaler Filmdokumentation, die auf DVD erschienen ist!)
- Rosh, Lea und Jäckel, Eberhard: „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“ Deportation und Ermordung der Juden. Kollaboration und Verweigerung in Europa, München 1992 (Begleitbuch zur TV-Dokumentation)
- Schoenberner, Gerhard: Der Gelbe Stern. Die Judenverfolgung in Europa 1933-1945, Frankfurt am Main 1991 (Eindrucksvoller Fotoband)
- Bartusevicius, Vincas, Tauber, Joachim und Wolfram Wette (Hrsg.): Holocaust in Litauen. Köln: Böhlau 2003, ISBN 3412139025
- Benz, Wolfgang (Hrsg.): Legenden, Lügen, Vorurteile. Ein Wörterbuch zur Zeitgeschichte, München 1992.
- Browning, Christopher R.: Die Entfesselung der 'Endlösung. Propyläen, 2003, ISBN 3549071876
- Gross, Jan Tomasz: Nachbarn: der Mord an den Juden von Jedwabne. München: Beck 2001. ISBN 3-406-48233-3
- Pressac, Jean-Claude: Die Krematorien von Auschwitz. ISBN 3492121934
- Pressac, Jean-Claude: Auschwitz: Technique and operation of the gas chambers. Beate Klarsfeld Foundation, 1989
- Burrin, Phillippe: Hitler und die Juden.Die Entscheidung für den Völkermord, Frankfurt a. M. 1993, ISBN 3100463080.
- "Konzentrationslager. Dokument F 321". Überarbeitete Übersetzung von Peter Neitzke und Martin Weinmann. 96 Fotos. 344 Seiten. Paperback. Verlag "2001". Nummer 18027.2001 Judaica
- "Volkspädagogik" von rechts : Ernst Nolte, die Bemühungen um die "Historisierung" des Nationalsozialismus und die "selbstbewußte Nation" / Michael Schneider. - [Electronic ed.]. - Bonn, 1995. - 56 S. = 213 Kb, Text . - (Gesprächskreis Geschichte ; 11). - ISBN 3-86077-463-8
Electronic ed.: Bonn: Bibliothek der FES, 1998 http://www.fes.de/fulltext/historiker/00024toc.htm
Siehe auch
Verfilmungen
Schon oft wurde der Völkermord an den Juden in Filmen / TV-Serien aufgearbeitet.
Hier eine kleine Auswahl berühmter TV- und Kinofilme:
- Der Pianist
- Schindlers Liste
- Anne Frank - Die wahre Geschichte
- Hasenjagd - Vor lauter Feigheit kein Erbarmen
- Uprising - Der Austand
- War and Remembrance
- Jakob, der Lügner
- Das Leben ist schön
- Die Wannseekonferenz
und die geichnamige TV-Serie:
Weblinks
- http://holocaust.juden-in-europa.de haSchOAH - Der NS-Massenmord an den Juden Europas
- Europäische Holocaustgedenkstätte in freier Trägerschaft der Bürgervereinigung Landsberg im 20. Jahrhundert
- shoa.de Bürgerinitiative, mit dem Ziel sich mit den Schrecken des Holocaust und seinen Nachwirkungen bis in die Gegenwart auseinander zu setzen
- shoa.de - Opferzahlen des Holocaust
- http://www.h-ref.de/ „Holocaust-Referenz“, Argumente gegen Auschwitzleugner
- http://www.yadvashem.org/wps/portal/IY_HON_Entrance The Central Database of Shoah Victims' Names Datenbank der Opfer auf der Internet-Seite von Yad Vashem
- http://www.auschwitz-muzeum.oswiecim.pl/ Internetseite des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau (auf deutsch, englisch, polnisch)
- http://www.hdbg.de/dachau/index.htm Neugestaltung der Dokumentation in der KZ-Gedenkstätte Dachau
- http://mitglied.lycos.de/falke33/ Die Deportation der Sinti aus Hildesheim im März 1943
- doew.at - Namentliche Erfassung der österreichischen Holocaustopfer Datenbank enthält Informationen zum Schicksal von über 62.000 österreichischen Opfern des Holocaust und wird noch erweitert
- http://www.mazal.org/ The Mazal Library Umfangreiches Online-Archiv
- http://www.cine-holocaust.de/ Cinematographie des Holocaust
- http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/12/0,1872,2007212,FF.html Zur Schreibweise im Deutschen