Priesterbruderschaft St. Pius X.

Priestervereinigung katholischer Traditionalisten
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Die Priesterbruderschaft St. Pius X. (lat. Fraternitas Sacerdotalis Sancti Pii X., abgekürzt FSSPX, umgangssprachlich oft Piusbruderschaft) ist eine traditionalistische Priestervereinigung. Sie wurde 1970 von Erzbischof Marcel Lefebvre gegründet, um an traditionellen Riten und Lehren der römisch-katholischen Kirche festzuhalten, die das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) aus ihrer Sicht aufgegeben hatte. Sie lehnt Konzilsbeschlüsse wie die Öffnung zur Ökumene, Religionsfreiheit, Kollegialität der Bischöfe, Liturgiereform und Anerkennung des Judentums als eigenständigen Heilsweg (Nostra Aetate) als „modernistisch“ ab und strebt eine „Erneuerung des Priestertums“ und „Verbreitung und Wiederherstellung der authentischen katholischen Lehre“ an.[1]

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Altar in der Piusbruderschaftskirche St. Joseph in Memmingen

Sie betreibt ohne Erlaubnis von Vatikan und Diözesanbischöfen Priesterseminare, Priorate und Kapellen. Seit 1994 leitet der von Lefebvre zum Bischof geweihte Bernard Fellay die Piusbruderschaft. Zu ihr gehören 2009 nach eigenen Angaben weltweit 493 Priester.[2]

Der Vatikan erkannte die Piusbruderschaft ab 1975 nicht mehr als Teil der römisch-katholischen Kirche an und exkommunizierte ihre Bischöfe 1988 wegen vom Papst nicht erlaubten Bischofsweihen. Am 21. Januar 2009 hob Papst Benedikt XVI. diese Exkommunikation, nicht aber die Suspension der vier Bischöfe auf.

Gründung

Lefebvre lehnte die Kirchenreformen, die das Zweite Vatikanische Konzil angestoßen hatte, zunehmend ab und gab deshalb nach und nach seine kirchlichen Ämter auf, darunter das des Generaloberen der „Väter vom Heiligen Geist“. Kurz darauf baten Seminaristen des Französischen Priesterseminars in Rom Lefebvre um ein konservatives Seminar zum Beenden ihrer Studien, um unbedrängt an traditionellen Glaubensvorstellungen und Doktrinen festhalten zu können.

Lefebvre verwies sie zunächst an die Universität Freiburg in der Schweiz. Nachdem er gebeten worden war, diese Seminaristen persönlich zu unterrichten, wandte er sich an den Diözesanbischof vom Bistum Lausanne-Genf-Freiburg, François Charrière. Dieser errichtete in der Diözese die Priesterbruderschaft St. Pius X. unter dem Titel einer „pia unio” und genehmigte die Statuten für einen Zeitraum von sechs Jahren „ad experimentum”. Kardinal John Joseph Wright, Präfekt der Kongregation für den Klerus, gratulierte Lefebvre brieflich zur Gründung der Bruderschaft.

Einrichtungen

 
Detail Seitenaltar St. Joseph

Die Piusbruderschaft betreibt weltweit sechs Priesterseminare, 450 Gottesdienstorte, 127 Priorate, 86 Schulen und zwei Universitätsinstitute. Diese sind in 63 Staaten auf allen Kontinenten vertreten, darunter etwa Frankreich, Österreich, Polen, Kanada, Argentinien.[3] Ihr Generalhaus liegt in Menzingen im Schweizer Kanton Zug. Die Anhängerschaft beträgt nach eigenen Angaben 600.000 Personen, die meisten davon mit 100.000 in Frankreich. [4]

In Deutschland betreibt sie mit etwa 50 Priestern etwa 42 Priorate und Kapellen, die meisten davon im süddeutschen Raum; für Ostdeutschland gibt es nur ein Priorat in Berlin und eine Kapelle in Dresden. Zudem betreibt sie ein Priesterseminar in Zaitzkofen, ein Kloster, ein Schwesternnoviziat, ein Altenheim und vier Privatschulen: darunter das St.-Theresien-Gymnasium bei Bonn mit Mädcheninternat und das Don-Bosco-Gymnasium in Wadersloh/Diestedde. Im Jahr 1997 erhielt sie für diese Schulen 1,1 Millionen Euro staatliche Gelder.[5] Für eine Grundschule mit insgesamt 18 Schülern und eine Realschule mit etwa 50 Schülern in Saarbrücken erhält die Bruderschaft jährlich Gelder in Höhe von 425.000 Euro vom Saarland.[6] Distriktoberer der deutschen Einrichtungen ist Franz Schmidberger.

Weitere eigene Priesterseminare bestehen in Ecône (Schweiz), Flavigny-sur-Ozerain (Frankreich), Goulburn (Australien), Winona (Minnesota) (USA) und La Reja (Argentinien). In den Diözesen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz darf die Piusbruderschaft meist keine römisch-katholischen Kirchengebäude nutzen, auch nicht für Beerdigungen, Taufen, Eheschließungen oder Wallfahrten. In Lisieux und Lourdes wurden ihr 2005 je ein Hochamt in römisch-katholischen Kirchen gestattet.

2002 wurde in der Ukraine die Priesterbruderschaft St. Josaphat gegründet mit dem Ziel der „Bekehrung des schismatischen Ostens zur Anerkennung des Papstes und der traditionellen katholischen Lehre“ errichtet.

Im schweizerischen Oensingen wird der zur Piusbruderschaft gehörige Verein „Robert-Mäder-Werk“ die „Sarto Verlagsbuchhandlung“ eröffnen. Sie liefert keine Artikel aus, die nach der traditionalistischen Auslegung der Zehn Gebote als unmoralisch eingestuft werden.[7]

Trennungsprozess von Rom

Verlust kirchlicher Anerkennung

Wegen wachsender Spannungen zwischen Lefebvre und anderen europäischen, besonders französischen Bischöfen berief Kardinalstaatssekretär Jean-Marie Villot eine Kommission ein, die die Angelegenheit untersuchen sollte. Dazu gehörten Kardinal Gabriel-Marie Garrone, Kardinal Wright und Kardinal Arturo Tabera.

Am 21. November 1974 veröffentlichte Lefebvre folgende „Grundsatzerklärung“:[8]

„Wir hängen mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele am katholischen Rom, der Hüterin des katholischen Glaubens und der für die Erhaltung dieses Glaubens notwendigen Traditionen … Wir lehnen es hingegen ab, und haben es immer abgelehnt, dem Rom der neo-modernistischen und neo-protestantischen Tendenz zu folgen, die klar im Zweiten Vatikanischen Konzil und nach dem Konzil in allen Reformen, die daraus hervorgingen, zum Durchbruch kam … Keine Autorität, selbst nicht die höchste in der Hierarchie, kann uns zwingen, unseren Glauben, so wie er vom Lehramt der Kirche seit neunzehn Jahrhunderten klar formuliert und verkündet wurde, aufzugeben oder zu schmälern … Da diese Reform vom Liberalismus und vom Modernismus ausgeht, ist sie völlig vergiftet. Sie stammt aus der Häresie und führt zur Häresie, selbst dann, wenn nicht alle ihre Akte direkt häretisch sind! Daher ist es jedem wachen und treuen Katholiken unmöglich, diese Reform anzunehmen und sich ihr, in welcher Weise auch immer, zu unterwerfen.“

Nach vorherigem Briefwechsel mit Kardinal Tabera entzog Bischof Pierre Mamie, der Nachfolger von Bischof Charrière, der Piusbruderschaft am 6. Mai 1975 die Anerkennung als katholische Organisation. Die Kardinalskommission entschied mit Zustimmung des Papstes, dass Bischof Mamie dazu das Recht habe. Durch diesen Entzug fehle der Bruderschaft und ihren Priesterseminaren eine juristische Basis, so dass sie aufzulösen seien. Lefebvre werde bis zum Widerruf seiner Erklärung vom 21. November 1974 keinerlei kirchliche Unterstützung erhalten.

Dieser lehnte gegenüber der Apostolischen Signatur diese Entscheidungen ab, da die Kardinalskommission nicht befugt gewesen sei, seine Erklärung zu beurteilen. Diese sei persönlicher Art gewesen, so dass allenfalls er selbst dafür bestraft werden dürfe. Es gehe nicht an, deshalb die Piusbruderschaft und deren Priesterseminare aufzulösen.

Die Apostolische Signatur lehnte diesen Rekurs Lefebvres am 10. Juni 1975 ab, da Papst Paul VI. die Entscheidung der Kardinalskommission in forma specifica befürwortet habe. Dies bestätigte dieser in einem persönlichen Brief an Lefebvre. Für den Vatikan war die Piusbruderschaft fortan keine römisch-katholische Organisation mehr.

Diese erklärte ihren Ausschluss für ungültig: Die Kardinalskommission habe ihre Kompetenz überschritten, da der Papst ihre spezifische Entscheidung erst nach Erlass des Rechtsaktes bestätigt habe.[9] Sie setzte ihre Arbeit fort und ignorierte die Weisungen des Diözesanbischofs und Roms. Im Konsistorium am 24. Mai 1976 kritisierte Papst Paul VI. Lefebvre deswegen öffentlich und appellierte an ihn und seine Anhänger, sich zu besinnen.[10]

Verbotene Priesterweihen und Seminargründungen

Trotz zweifachen Verbots durch Erzbischof Giovanni Benelli weihte Lefebvre Seminaristen der Piusbruderschaft am 29. Juni 1976 zu Priestern. In der Predigt dazu bekundete er:[11]

„Es bereitet uns einen ungeheuren und unermesslichen Schmerz, feststellen zu müssen, dass wir mit Rom Schwierigkeiten haben — wegen unseres Glaubens! […] Wir befinden uns in einer wahrhaft dramatischen Situation. Wir müssen uns entscheiden. Es geht um einen sozusagen scheinbaren Gehorsam, denn der Heilige Vater kann von uns nicht mit Recht verlangen, unseren Glauben aufzugeben. […] Wir entscheiden uns dafür, unseren Glauben nicht aufzugeben, denn darin können wir uns nicht täuschen.“

Lefebvre wurde am gleichen Tag von seinem Amt suspendiert (a collatione ordinum), so dass er von nun an keine rechtmäßigen Priesterweihen durchführen konnte. Kardinal Sebastiano Baggio, Präfekt der Kongregation für die Bischöfe, forderte ihn eine Woche später auf, sich beim Papst für die verbotenen Priesterweihen zu entschuldigen. In seinem Antwortschreiben verweigerte Lefebvre dies. Paul VI. solle seinerseits „die richtige Auffassung der verfälschten Ideen wiederherstellen, die zu Idolen des modernen Menschen geworden sind: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Demokratie.“[12] Der Papst solle das „unglückselige Unternehmen eines Kompromisses mit den Ideen des modernen Menschen aufgeben“, das vor dem Konzil mit einem geheimen Abkommen zwischen hohen kirchlichen Würdenträgern und den Freimaurern begonnen habe. Vermutlich meinte er die Lichtenauer Erklärung.[13]

Daraufhin wurde er vom Papst a divinis suspendiert und verlor damit alle Vollmachten seines Priester- und Bischofsamts. Er blieb aber an der Spitze der Piusbruderschaft, seit 1982 zusammen mit Franz Schmidberger als Generalvikar mit dem Recht auf Nachfolge.

Die Piusbruderschaft eröffnete in verschiedenen Staaten weitere kirchlich ungenehmigte Priesterseminare und Kapellen und führte unerlaubte Priesterweihen durch. Sie begründet dies im Gegensatz zum Sedisvakantismus mit einer häretischen Mentalität des Vatikans, leitet daraus einen Notstand und damit ihr Recht zum Ungehorsam gegenüber Rom und den lokalen Diözesanbischöfen ab.

Bischofsweihen

1987 erklärte Lefebvre, er werde einen Nachfolger mit oder ohne Erlaubnis des Vatikans zum Bischof weihen. Denn dieser sei von antichristlichen Kräften besetzt:[14]

„Da dieses modernistische und liberale Rom sein Werk der Zerstörung der Herrschaft Unseres Herrn weiterverfolgt, […] sehe ich mich gezwungen […] die Gnade des katholischen Bischofsamtes […] weiterzugeben, damit die Kirche und das katholische Priestertum fortfahren zu bestehen.“

Der Vatikan verhandelte daraufhin mit Lefebvre und erreichte, dass er am 5. Mai 1988 ein Protokoll unterschrieb.[15] Im ersten, doktrinalen Teil versprach er als Vertreter der Piusbruderschaft:

  • der katholischen Kirche sowie dem Papst und seinem Primat als Oberhaupt der Gesamtheit der Bischöfe immer treu zu sein,
  • die in Sektion 25 der dogmatischen Konstitution über die Kirche (Lumen Gentium) enthaltene Lehre über das kirchliche Lehramt, die Papst Paul VI. promulgiert hatte, anzunehmen,
  • hinsichtlich der vom Zweiten Vatikanischen Konzil eingeleiteten Liturgie- und Kultreformen, bei deren Studium und einem Vorbringen beim Heiligen Stuhl eine positive Haltung einzunehmen und jede Polemik zu vermeiden,
  • die Gültigkeit des Messopfers und der Sakramente anzuerkennen, die in den von den Päpsten Paul VI. und Johannes Paul II. promulgierten offiziellen Ausgaben des römischen Messbuches und in den Ritualen für die Sakramente enthalten sind,
  • die allgemeine Disziplin der Kirche und die kirchlichen Gesetze zu achten, besonders das von Papst Johannes Paul II. promulgierte Kirchliche Gesetzbuch.

Der zweite, juristische Teil sah vor, dass:

  • die Priesterbruderschaft eine Gesellschaft des Apostolischen Lebens wird,
  • Erzbischof Lefebvre oder ein von ihm gebilligter anderer Bischof autorisiert werde, Bruderschaftsseminaristen zu Priestern zu weihen,
  • dieser Bischofsanwärter dem Papst aus praktischen und psychologischen Gründen im Rahmen der doktrinalen und kanonistischen Lösung der Wiederversöhnung vorgeschlagen wird,
  • eine Kommission eingesetzt wird für die Koordinierung der Beziehungen zwischen der Piusbruderschaft einerseits und den verschiedenen vatikanischen Dikasterien und den Diözesanbischöfen andererseits sowie für die Lösung eventueller Probleme und Streitfragen,
  • die kirchenrechtliche Suspension von Erzbischof Marcel Lefebvre aufgehoben wird,
  • es zu einer „Amnestie“ und einer Genehmigung kommt für die Häuser und Kultstätten, die die Bruderschaft ohne Autorisierung der zuständigen Bischöfe errichtet und benutzte.

Dieses Dokument unterschrieben Lefebvre und Kardinal Joseph Ratzinger - der heutige Papst - und sandten es an Papst Johannes Paul II. mit der Bitte um Zustimmung.

Lefebvre erklärte jedoch schon am 6. Mai, sein Gewissen verpflichte ihn, mit oder ohne päpstliche Erlaubnis am 30. Juni einen Nachfolger zum Bischof zu weihen. Am 24. Mai wurde ihm in Aussicht gestellt, dass der Papst am 15. August einen Priester der Bruderschaft zum Bischof ernennen werde, falls man einen geeigneten Kandidaten finde. Im Gegenzug müsse Lefebvre auf der Basis des am 5. Mai von ihm unterzeichneten Protokolls um Aussöhnung mit dem Papst ersuchen und einen Brief mit Entschuldigungsbitten unterzeichnen.

Lefebvre verlangte daraufhin, die Weihe müsse am 30. Juni stattfinden, nicht einer, sondern drei Bischöfe seien zu weihen und die vorgesehene Kommission müsse mehrheitlich aus Mitgliedern der Bruderschaft bestehen. Diese Bedingungen lehnte Papst Johannes Paul II. in einem von Joseph Ratzinger überbrachten Brief am 30. Mai ab. Am 3. Juni 1988 antwortete Lefebvre aus Ecône, er werde am 30. Juni die von ihm geplanten Bischofsweihen auch ohne päpstliche Erlaubnis durchführen.

Papst Johannes Paul II. erinnerte Lefebvre am 9. Juni 1988 nochmals brieflich an die von ihm am 5. Mai unterzeichnete Vereinbarung und appellierte an ihn, nicht mit seinem Plan fortzufahren. Dieser werde als schismatischer Akt bewertet, dessen theologische und kanonische Konsequenzen Lefebvre bekannt seien. Als dieser darauf nicht antwortete, machte der Vatikan den Briefwechsel am 16. Juni 1988 öffentlich bekannt.

Am 30. Juni 1988 weihte Lefebvre, assistiert vom emeritierten brasilianischen Bischof Antônio de Castro Mayer, die Priester der Piusbruderschaft Bernard Fellay, Bernard Tissier de Mallerais, Richard Williamson und Alfonso de Galarreta gegen das päpstliche Verbot zu Bischöfen. In der Predigt dazu begründete er den Abbruch der Verhandlungen mit Rom:[16]

„Was ist die Wahrheit für diese Menschen? Es ist die Wahrheit des Zweiten Vatikanischen Konzils, dieser konziliaren Kirche. Folglich ist für den Vatikan die heute einzige existierende Wahrheit, die konziliare Wahrheit, die Wahrheit des ‚Geistes des Konzils‘. Es ist der Geist von Assisi. Das ist heute ‚die Wahrheit‘. Diese Wahrheit wollen wir nicht, um alles in der Welt! Der feste Willen der gegenwärtigen römischen Behörden ist, die Tradition zu vernichten und alle in diesen Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils hineinzuziehen, in diesen Geist von Assisi. Darum haben wir es vorgezogen, uns zurückzuziehen. Diesem Geist konnten wir nicht zustimmen, das war unmöglich. Für uns war es nicht möglich, sich einer solchen Obrigkeit zu unterwerfen. Wir hätten der Amtsgewalt von Kardinal Ratzinger, des Präsidenten dieser römischen Kommission, die uns hätte leiten sollen, unterstanden. Wir wären ihm ausgeliefert gewesen. Wir wären in die Hände der Personen gefallen, die uns dem Geist des Konzils und dem Geist von Assisi unterwerfen wollen. Das ist unmöglich!“

Ein späterer Vermittlungsversuch des französischen Philosophen Jean Guitton scheiterte.

Exkommunikation

Als Reaktion auf die unerlaubten Bischofsweihen erließ die Kongregation für die Bischöfe am 1. Juli 1988 ein Dekret, das Lefebvre, de Castro Mayer und die vier frisch geweihten Piusbischöfe für exkommuniziert erklärte.[17] Am folgenden Tag bestätigte Papst Johannes Paul II. dieses Dekret mit einem Apostolischen Brief. Der Vollzug illegitimer Bischofsweihen durch Lefebvre im Ungehorsam gegenüber dem Papst sei ein schismatischer Akt. Er forderte alle Katholiken mit irgendwelchen Kontakten zur der Piusbruderschaft auf, diese nicht mehr zu unterstützen. Zugleich setzte er die Kommission Ecclesia Dei mit dem Auftrag ein, um den Fall zu prüfen.

Einige Priester verließen die Piusbruderschaft sofort nach deren unerlaubten Bischofsweihen und gründeten noch 1988 die Priesterbruderschaft St. Petrus. Diese erkennt alle Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils und die auf dessen Anordnung durchgeführte Liturgiereform an, so dass sie vom Papst anerkannt wurde.

Kirchenrechtlicher Status

Der Vatikan erkennt die Piusbruderschaft nicht als Teil der römisch-katholischen Kirche an, sieht sie aber auch nicht als schismatisch an. [18] Er sieht aber die Gefahr, dass ihre Mitglieder zum Schisma tendieren.[19]

Die Piusbruderschaft bestreitet das Vorliegen und Anstreben eines Schismas, erkennt den Papst ausdrücklich an und betont ihre Loyalität ihm gegenüber sowie ihr tägliches Gebet im Messkanon für ihn und die Ortsbischöfe.[20] Sie bestreitet auch den Eintritt der Exkommunikation aufgrund einer kirchlichen Notlage.[21] Die Priesterweihen der Piusbruderschaft sind nach katholischem Kirchenrecht gültig, die Priester gelten jedoch wegen des Mangels einer gültigen Inkardination als suspendiert. Lefebvre beanspruchte das Recht, in die eigene Gemeinschaft inkardinieren zu können, nachdem Kardinal Antoniutti, Präfekt der Kongregation für die Ordensleute, zwei Ordenspriestern einen Indult erteilte, von ihrem Orden direkt in die Bruderschaft überzutreten, was kirchenrechtlich einer Inkardinationsberechtigung gleichkommt.[22]

Der Vatikan sieht die Messen der Piusbruderschaft als gültig an, rät aber vom ihrem Besuch ab. Auf eine schriftliche Anfrage antwortete Camille Perl 1995 als damaliger Sekretär der päpstlichen Kommission „Ecclesia Dei“, Besuche von Messen der Piusbruderschaft seien moralisch unerlaubt (morally illicit).[23] 2002 und 2003 nannte er die Messen nur noch rechtlich unerlaubt (illicit i. e., contrary to the law). Es sei keine Sünde, daran teilzunehmen, um einfach eine Messe nach der Messordnung von 1962 zu feiern. Ein Katholik könne damit strenggenommen (in the strict sense) die Sonntagspflicht erfüllen. Auch eine moderate Spende bei dortigen Kollekten sei keine Sünde und erscheine vertretbar. Diese Messbesuche könnten allerdings weiterhin nicht empfohlen werden.[24] Gläubige, die dennoch eine von Priestern der Bruderschaft gehaltene Messe besuchen, riskieren nur dann Sanktionen, wenn sie in der Piusbruderschaft „die einzig wahre Kirche sehen und dies im äußeren Bereich sichtbar machen“.[25]

Trauungen durch Priester der Piusbruderschaft sind nur gültig, wenn diese mit Assistenz oder in Delegation des Ortsordinarius oder des Ortspfarrers geschlossen werden. Auch eine von einem Priester der Bruderschaft erteilte Absolution bedarf einer vom Ortsordinarius erteilten oder sich aus dem kirchlichen Priesteramt ergebenden Jurisdiktionsgewalt bzw. Befugnis („facultas“) zur Spendung des Bußsakraments (Can. 967ff. CIC). Diese ist nur in folgenden Fällen entbehrlich bzw. von Rechts wegen ersetzt („suppliert“):

  • bei einem allgemeinen Irrtum (error comunis) über das Vorliegen der Befugnis (c. 144 CIC). Dieser liegt vor, wenn ein die Absolution erteilender Priester der Piusbruderschaft von allen oder wenigstens der Mehrheit der Glieder der konkreten Gemeinschaft vor Ort irrtümlich als rechtmäßiger Inhaber der Befugnis betrachtet wird oder werden könnte - also unabhängig davon, ob und wieviele Gläubige wirklich irren.[26]
  • bei einem positiven und begründeten Rechts- oder Tatsachenzweifel über das Vorliegen der Befugnis (c. 144 CIC),
  • wenn einem Priester die Befugnis auf Zeit verliehen wurde, er aber aus Unaufmerksamkeit nach Ablauf der vorgesehenen Zeit weiter Beichte hört (c. 142 § 2 CIC),
  • bei Todesgefahr (c. 976 CIC).

Beichten bei der Piusbruderschaft, bei denen eine dieser Voraussetzungen vorliegt, sind gültig. Zweifelhaft ist, ob die Befugnis auch als suppliert angesehen werden kann in Situationen, die unter c. 844, § 2 CIC fallen:

„Sooft eine Notwendigkeit es erfordert oder ein wirklicher geistlicher Nutzen dazu rät und sofern die Gefahr des Irrtums oder des Indifferentismus vermieden wird, ist es Gläubigen, denen es physisch oder moralisch unmöglich ist, einen katholischen Spender aufzusuchen, erlaubt, die Sakramente der Buße, der Eucharistie und der Krankensalbung von nichtkatholischen Spendern zu empfangen, in deren Kirche die genannten Sakramente gültig gespendet werden.“

Diese Vorschrift gilt nach ihrem Wortlaut nur für den Sakramentenempfang bei „nichtkatholischen Spendern, in deren Kirche die Sakramente gültig gespendet werden“, ist also nicht direkt auf die Priester der Piusbruderschaft anwendbar, die als katholisch gelten. Die Kommission Ecclesia Dei wandte c. 844 § 2 jedoch im September 1995 auf Messen der Piusbruderschaft an.[27] Sie legte den Paragrafen dabei über den Wortlaut hinausgehend aus, wie es in der Kanonistik üblich ist.[28]

Positionen von Vertretern

Ablehnung der Menschenrechte

In einer Predigt zu Allerheiligen 1990 im schweizerischen Ecône sagte Lefebvre:[29]

„Wegen des Abfalls vom Glauben, der in Rom herrscht, müssen wir mit ansehen, wie die Seelen in Massen der Hölle zustreben? Der Atheismus beruht auf der Erklärung der Menschenrechte. Die Staaten, die sich seither zu diesem offiziellen Atheismus bekennen, befinden sich in einem Zustand dauernder Todsünde.“

Ablehnung eines weltanschaulich neutralen Staates

Am 2. April 2006 erklärte Bernard Fellay in einer Predigt:[30]

„Er [Papst Benedikt XVI.] betonte: ‚Sie müssen das Konzil annehmen, aber natürlich das im Licht der lebendigen Tradition ausgelegte Konzil!‘ […] Wenn er von Tradition spricht, so versteht er darunter das aktuelle Lehramt, welches die Vergangenheit wieder überarbeitet, neu interpretiert und sie uns lehrt. Das ist die lebendige Tradition. Andersgesagt: Die lebendige Tradition, das ist Benedikt XVI. Also ist das im Licht der lebendigen Tradition interpretierte Konzil jenes Konzil, so wie es der jetzige Papst versteht. Natürlich stimmt das nicht mit dem überein, was wir meinen. […] Ebenso verurteilt er jene, die im Konzil einen Bruch sehen. […] Da erklärt er uns, der moderne Staat habe sich seit dem 19. Jahrhundert, wo er von der Kirche verurteilt wurde, verändert. Heute sei der moderne Staat besser, versöhnlicher, weniger radikal und folglich musste die Kirche auf dem Konzil bezüglich des Verhältnisses zum Staat eine neue Haltung einnehmen. Und indem sich die Kirche eines der fundamentalen Prinzipien des modernen Staates zu eigen machte, nämlich die Neutralität, die Unparteilichkeit allen Religionen gegenüber, konnte die Kirche ihr (eigentliches) Erbe wiederfinden. […] Anders ausgedrückt erklärt der Papst, 1700 Jahre der Kirchengeschichte sei außerhalb der Lehre Unseres Herrn abgelaufen; die Kirche habe während 1700 Jahren ihr Erbe verloren und jetzt wiederentdeckt, indem sie auf den katholischen Staat verzichtet. Wenn das kein Bruch sein soll, was ist es dann? […]“

Auch der deutsche Distriktobere Franz Schmidberger lehnt die religiöse Neutralität des Staates ab und plädiert für eine „christliche Gesellschaftsordnung“, in der etwa die Todesstrafe gälte, „keine zivile Ehescheidung“ vorgesehen sei, eine „Unauflöslichkeit der Ehe“ als „einer ihrer Grundpfeiler“ bestehe, „den vorehelichen und außerehelichen Beziehungen“ der „Kampf“ angesagt werde und der „Vertrieb von empfängnisverhütenden Mitteln“ verboten werde, ebenso wie Zinsspekulation, Großbanken, Abtreibung, „Gotteslästerung, Homosexualität und Pornographie“. Er fordert, dass die „Gewalt in Staat und Gesellschaft“ „nicht vom Volke“, nicht „von der Basis aus[geht], sondern von Gott... folglich bezeichnet das Volk in Wahlen allein diejenigen, die es regieren sollen, verleiht ihnen aber nicht die Autorität; ebenso wenig kann es Regierungen beliebig absetzen.“ Statt eines Parteiensystems empfiehlt er, dass an deren „Stelle jene christlichen Männer treten, die sich durch sittliche Reife und Lebenserfahrung, durch Gerechtigkeitssinn und Sorge um das Gemeinwohl auszeichnen“.[31]

Nähe zu Rechtsextremismus und Faschismus

Vor 1985 fiel Lefebvre durch Aussagen in Predigten auf, wonach die Militärjunta von Argentinien und die Diktatur in Chile unter Augusto Pinochet vorbildliche Regierungen seien. Lobende Worte fand er auch für die Diktatoren Francisco Franco, António de Oliveira Salazar und Philippe Pétain. Er wurde durch reaktionäre Aristokraten, die sich die Monarchie zurück wünschen, und aus autoritär-republikfeindlichen Kreisen des Großbürgertums finanziell unterstützt.[32] Am 31. August 1985 schrieb Lefebvre an Papst Johannes Paul II., die Feinde der Kirche seien Juden, Kommunisten und Freimaurer.[33]

Pater Philippe Laguérie, in Frankreich durch viele Medienauftritte bekannt, taufte als Piusbruder ein Patenkind des rechtsextremem Politikers Jean-Marie Le Pen. 1991 erklärte er: Die Front National sei die Partei, die am wenigsten weit „von dem Naturrecht“ entfernt sei.[34] 1996 hielt er ein Requiem für den verurteilten Kriegsverbrecher Paul Touvier, den die Piusbruderschaft zuvor in einem Kloster in Nizza versteckt hatte, und erklärte sich zum Anwalt Touviers vor Gott: Vor dem letzten Gericht gäbe es keine Medien, keine Inszenierungen, keine Nebenkläger und keine Organisationen gegen Rassismus und Antisemitismus.[35] Jährlich soll er den Geburtstag des Nazi-Kollaborateurs Marschall Philippe Pétain mit einer Messe feiern. [36]

Die Piusbruderschaft nahm mehrfach an Pilgerfahrten zum Grab Pétains teil. Dabei verglich der französische Distriktobere der Bruderschaft, Abbe Regis de Cacqueray, den „Kampf von Pétain für Frankreich“ 2007 mit dem „Kampf des Lefebvres für die katholische Kirche“.[37]

Markus Heggenberger war als deutscher Distriktoberer auch Referent des Cannstatter Kreises der FDP, den der Verfassungsschutz als rechtsextrem einstuft. Heggenberger, Niklaus Pfluger und weitere deutsche Piusbrüder gaben der „Jungen Freiheit“ Interviews.[38] Am 2. Juni 2008 hielt der österreichische Rechtsextremist Richard Melisch im Priorat St. Athanasius in Stuttgart - seit 1984 Deutschland-Zentrale der Piusbruderschaft - ein Referat zu den „Gefahren der Globalisierung“.[39]

Antisemitismus und Antijudaismus

Führende Vertreter der Priesterbruderschaft sind immer wieder mit antisemitischen und antijudaistischen Aussagen hervorgetreten.

Die belgische Webseite Joods Actueel zitierte eine Passage der amerikanischen Webseite der Piusbruderschaft, wonach das „internationale Judentum“ die christlich-katholische Ordnung zerstören wolle: „Das Geld, die Medien und die internationale Politik sind zu großen Teilen in den Händen der Juden“.[40]

Richard Williamson vertrat in Reden und Predigten die antisemitische Theorie eines Weltjudentums und Verschwörungstheorien zum 11. September 2001.[41] Im Mai 2000 bezeichnete er die antisemitische Hetzschrift Protokolle der Weisen von Zion als Gabe Gottes für Menschen, die die Wahrheit wissen wollten.[42] Im März 2008 bezeichnete er sie als authentische Informationsquelle. Aussagen dieser Art wurden von seinen Anhängern gefilmt und u.a. als YouTube-Videos veröffentlicht.[43]

Bernard Fellay lehnte in seiner Predigt am 2. April 2006 auch die kirchliche Anerkennung des Judentums und den jüdisch-christlichen Dialog ab und erklärte diesen Gegensatz zum Vatikan für unüberbrückbar:

„...Er [Benedikt XVI.] betont, dass die Kirche eine neue Haltung in ihren Beziehungen mit dem Judentum einnehmen muss. Die Juden lehnen die Gottheit Unseres Herrn Jesus Christus ab. Man fragt sich, was dies bedeuten soll, eine neue Haltung jenen gegenüber zu haben, die Unseren Herrn ablehnen. Das Evangelium sagt sehr deutlich: ‚Wer den Sohn nicht hat, hat auch den Vater nicht.‘ […] Man fragt sich wirklich, warum es eine neue Haltung braucht. Das ist äußerst schlimm. […] Wenn man dies alles betrachtet, so ist man sehr wohl verpflichtet, sich zu fragen: Welches Übereinkommen ist dann überhaupt möglich? Es ist sehr einfach, meine lieben Brüder. Solange Rom in einer solchen Position verharrt, ist kein Übereinkommen möglich.“

Franz Schmidberger schrieb im Oktober 2008 an alle 27 deutschen römisch-katholischen Bischöfe:[44]

„Mit dem Kreuzestod Christi ist der Vorhang des Tempels zerrissen, der Alte Bund abgeschafft, wird die Kirche, die alle Völker, Kulturen, Rassen und sozialen Unterschiede umfasst, aus der durchbohrten Seite des Erlösers geboren. Damit sind aber die Juden unserer Tage nicht nur nicht unsere älteren Brüder im Glauben, wie der Papst bei seinem Synagogenbesuch in Rom 1986 behauptete; sie sind vielmehr des Gottesmordes mitschuldig, so lange sie sich nicht durch das Bekenntnis der Gottheit Christi und die Taufe von der Schuld ihrer Vorväter distanzieren. Im Gegensatz dazu behauptet das II. Vatikanum, man könne die Ereignisse des Leidens Christi weder allen damals lebenden Juden ohne Unterschied noch den heutigen Juden zur Last legen (§ 4). Stimmt dies überein mit der Lehre des ersten Papstes, des Heiligen Petrus, der den Juden unterschiedslos zuruft, sie hätten den Urheber des Lebens getötet (vgl. Apg 3,15)? Die gläubigen Juden des Alten Testamentes, Abraham, Isaak, Jakob, diese sind unsere älteren Brüder im Glauben. [...] Wir sehen mit Trauer Papst Johannes Paul II. und nun auch Papst Benedikt XVI. in eine jüdische Synagoge gehen.“

Nachdem die Zeitschrift Der Spiegel diese Aussagen veröffentlicht hatte, korrigierte Schmidberger sich am 20. Januar 2009:[45]

„Die Aussage, die heutigen Juden trügen die Schuld ihrer Väter, muß auf jene Juden eingeschränkt werden, welche die Tötung Jesu Christi gutheißen. Sie ist in der zitierten Verallgemeinerung unrichtig.“

Er blieb aber dabei, dass Jesus Christus auch für die heutigen Juden der einzige Weg zum Heil, das Judentum als Heilsweg also überholt sei. Schon weil Jesus und alle Apostel Juden waren, könne „kein aufrechter Christ Antisemit sein“.

Die Erklärung Nostra Aetate des Zweiten Vatikanischen Konzils hatte demgegenüber die Gottesmordtheorie und Substitutionstheologie ausdrücklich verworfen und das aktive Bekämpfen des Antisemitismus zur christlichen Pflicht erklärt.[46]

Der Distriktobere der Piusbruderschaft in Österreich, Helmut Trutt, bezeichnete den Verzicht auf Judenmission am 7. Februar 2009 als Irrlehre: Juden sei die Erlösung allein durch Jesus Christus ebenso wie Heiden zu vermitteln.[47]

Am 10. Februar 2009 berichtete der „Spiegel“ über weitere antisemitische Aussagen in der Piusbruderschaft, u.a. in deren Mitteilungsblatt für den deutschen Sprachraum.[48]

Am 22. März 2009 will der mit der Bruderschaft verbundene Verein Actio Spes Unica in Hattersheim ein Hochamt halten, bei dem Heinz-Lothar Barth über das Thema „Ist die traditionelle lateinische Messe antisemitisch?“ referieren soll.[49] Hintergrund ist die Kritik an der 2007 durch Papst Benedikt XVI. verfügten Wiederzulassung des römischen Ritus mit einer vorkonziliaren Variante der Karfreitagsfürbitte für die Juden. Benedikt hatte mit Barth brieflich schon 2003 über diese Wiederzulassung kommuniziert.[50]

Islamfeindlichkeit

Schmidberger bezichtigte den Islam als „jene Religion, die unsere Väter mehrfach unter größtem Einsatz und dem Opfer ihres Lebens zurückgeworfen haben, da sie sich zum Ziel gesetzt hat, die Erde durch Feuer und Schwert dem Halbmond zu unterwerfen.“; „Was dem Islam im 16. und 17. Jahrhundert mit Waffengewalt nicht gelungen ist, das schafft er heute in der nachkonziliaren Aera auf friedlichem Wege. Er besetzt Europa. Frankreich wird überschwemmt von Arabern, Deutschland von Türken, England und Skandinavien von Pakistani.“[51]

Am 5. Februar 2009 erklärte Schmidberger in einem Interview, der islamische Prophet Mohammed habe nachweislich mit einem acht- oder neunjährigen Mädchen „geschlechtlichen Umgang gepflegt“. Man könne ihn daher heute als „Kinderschänder“ bezeichnen.[52] Wenige Tage später bedauerte er diese Aussage, warf den Medien aber zugleich vor, Aussagen aus der Piusbruderschaft bewusst zu verzeichnen, und stellte Medienkontakte deshalb ein.

Holocaustleugnung

1987 verteidigte Philippe Laguérie Äußerungen Le Pens zum Holocaust mit den Worten, dieser sei ein Opfer des „jüdischen Finanzkapitals“, das Frankreich seit 45 Jahren tyrannisiere. Die Thesen der Holocaustleugner Henri Roques und Robert Faurisson seien „absolut wissenschaftlich.“[53]

Im April 1989 bestritt Richard Williamson in einer Messe im kanadischen Sherbrooke die Vergasung von Juden im Vernichtungslager Auschwitz und behauptete, Juden hätten den Holocaust erfunden, um die Anerkennung des Staates Israel zu erpressen. Einem deswegen drohenden Strafverfahren entzog er sich durch Ausreise aus Kanada.[54]

Im November 2008 leugnete Williamson den Holocaust in einem Interview im Priesterseminar Herz Jesu in Zaitzkofen erneut. Mit Berufung auf den Leuchter-Report erklärte er, es seien allenfalls 200000 bis 300000 Juden in deutschen Konzentrationslagern gestorben, aber kein einziger von ihnen in Gaskammern ermordet worden. Er glaube nicht, dass sechs Millionen Juden vergast worden seien. Es habe keine Gaskammern in den Lagern gegeben. Dabei war ihm die Gesetzeswidrigkeit dieser öffentlichen Aussagen in Deutschland bewusst.[55]

Der Spiegel veröffentlichte Auszüge des Interviews am 19. Januar 2009. Das schwedische Fernsehen SVT strahlte es am Abend des 21. Januar 2009 vollständig aus.[56] Die Staatsanwaltschaft in Regensburg leitete daraufhin Ermittlungen wegen Verdachts auf Volksverhetzung gegen Williamson ein.[57]

Am 30. Januar 2009 bezweifelte der Priester und Regionalleiter der Piusbruderschaft in Nordost-Italien, Pater Florian Abrahamowicz, den Vernichtungszweck der Gaskammern und die Opferzahlen des Holocaust:[58]

„Ich weiß, dass die Gaskammern zur Desinfektion benutzt wurden. Ich weiß nicht, ob darin Menschen zu Tode gekommen sind.“

Weiter behauptete Abrahamowicz, „wenn Williamson den Völkermord an den Armeniern geleugnet hätte, wäre nichts passiert“. Bereits 2007 wurde er durch eine lateinische Messfeier für den Lega-Nord-Vorsitzenden Umberto Bossi bekannt.[59] Im Februar 2009 schloss die Piusbruderschaft ihn aus.[60]

Ablehnung der Aufklärungsphilosophie

Im April 2006 erklärte Tissier de Mallerais in einem Interview,[61] das von Josef Ratzinger 1968 veröffentlichte Buch Einführung in das Christentum sei „voller Häresien“. Die im Buch vertretenen Positionen seien „schlimmer als Luther, viel schlimmer“. Ferner erklärte er:

„Sie können Vatikanum II nicht als ein katholisches Werk lesen. Es basiert auf der Philosophie des Immanuel Kant. […] Ich werde sagen, eines Tages sollte die Kirche dieses Konzil tilgen. Sie wird nicht mehr von ihm reden. Sie muss es vergessen. Die Kirche wird weise daran tun, dieses Konzil zu vergessen.“

Antiaufklärerische Erziehungsziele

Die Schulen der Bruderschaft sollen nach ihrem deutschsprachigen Mitteilungsblatt vom Juli 2005 „nicht nur Wissen vermitteln, sondern ebenso auf die Erziehung und Charakterbildung der Schüler Wert legen“. Der „katholische Lehrer“ müsse die „Hauptirrlehren unserer Zeit“ erklären, ohne diese „zu loben“ oder gar „anzunehmen“. Schüler müssten sich mit Martin Luther, René Descartes, David Hume, Immanuel Kant, Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Jean-Paul Sartre in der Weise beschäftigen, wie sich Medizinstudenten mit Krankheiten beschäftigen: mit dem Ziel, diese Krankheiten dann bekämpfen zu können. [62]

Grundlage der Bekenntnisschulen ist die Erziehungsenzyklika Divini illius magistri von Papst Pius XI. Es sei wichtig, die Werte der „traditionellen katholischen Kirche“ an Kinder weiterzugeben. Ziel sei es, „frohe, selbstständige junge Menschen heranreifen zu lassen, die gelernt haben, ihr Leben auf der Grundlage christlicher Überzeugung und Selbstbeherrschung zu gestalten.“ Besonderer Wert werde auf „Ehrfurcht vor Gott und den Nächsten, Disziplin, Höflichkeit, Ordnung und die Vermittlung der abendländischen Kultur gelegt“.[63]

Nachdem die Mutter eines von der Schule verwiesenen Schülers Strafanzeige erstattet hatte, ermittelte die Staatsanwaltschaft von April 2005 bis Juni 2006 gegen die Lehrer und die Leitung der Herz-Jesu-Schule in Saarbrücken wegen Misshandlungen an Schülern. Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes erlaubte den Weiterbetrieb der Schule, da deren Leitung auf die Verfehlungen eines Lehrers angemessen reagiert habe.[64]

Verunglimpfung von Homosexuellen

Zum traditionellen Christopher Street Day von Schwulen, Lesben und Transgendern veranstaltete die Piusbruderschaft am 28. Juli 2007 in Stuttgart eine Gegendemonstration. Ihre Anhänger versammelten sich mit Protestplakaten mit Aufschriften wie „Rettet Kinder vor Perversen“ und „AIDS – Geißel der Unzucht“ und beteten zur „Wiedergutmachung der Perversion und Übertretung des 6. Gebotes des Dekalogs: ‚Du sollst nicht Unzucht treiben.‘“ öffentlich den Rosenkranz.[65] Peter Lang, Pater des Priorats St. Athanasius in Stuttgart-Feuerbach, erklärte:[66]

„Der Umzug und seine Teilnehmer zeigen ein Verhalten, das dem Menschen nicht angemessen ist, eine moralische Umweltverschmutzung.“

Niemand verteidige mehr „die christlichen Werte, wie Familie, Treue, Keuschheit. Dafür müssen unsere Kinder ansehen, wie pervers Erwachsene sein können.“[67]

Diskriminierung von Frauen

In einer auf den Internetseiten der Priesterbruderschaft in Kanada veröffentlichten Predigt vom September 2001 sprach Richard Williamson Frauen Fähigkeiten und Rechte zum eigenständigen Denken, höherer Bildung und Selbstbestimmung ab (siehe Misogynie):[68]

„Fast kein Mädchen sollte zu irgendeiner Universität gehen. [...] Aber wo finden weiterführende Mädchenschulen dann ihrerseits weibliche Lehrkräfte, wenn kein Mädchen mehr ein Studium absolviert? Man braucht keine Universität, um das meiste von dem zu lernen, was Mädchen unterrichtet zu werden brauchen, zum Beispiel Hauswirtschaft, Einrichtung und Unterhalt eines Heims, Pflege und Erziehung der Kinder, die geistige und soziale Vorbereitung auf die Ehe.“

In einer mit den Piusbrüdern verbundenen Schule in Kansas wurde einer Schiedsrichterin die Tätigkeit verboten, da Frauen keine Autorität gegenüber Männern ausüben sollten. [69] Schmidberger äußert sich ähnlich:[70]

„Wir brauchen heute Männer, die Männer sein wollen, Frauen, die Frauen sind und Frau sein wollen, das heißt Gehilfin des Mannes und Mutter der Kinder.“

Aufhebung der Exkommunikation

Vorgeschichte

Die von Johannes Paul II. eingesetzte Dialogkommission Ecclesia Dei unter ihrem Präsidenten, Kardinal Darío Castrillón Hoyos, führte unregelmäßige Gespräche mit der Priesterbruderschaft ohne greifbare Ergebnisse.

Im Sommer 2005 empfing Papst Benedikt XVI. Bernard Fellay und Franz Schmidberger persönlich zu einem freundschaftlichen Meinungsaustausch. Im Umfeld des ersten Konsistoriums dieses Papstes am 24. März 2006 verstärkte der Vatikan seine Bestrebungen, den Anhängern der Piusbruderschaft eine vollkommenere Gemeinschaft mit der Römischen Kirche zu ermöglichen.

Papst Benedikt XVI. erleichterte mit dem Motu Proprio Summorum Pontificum vom 7. Juli 2007 die Feier der Messe nach dem Messbuch von 1962. Zugleich ermächtigte er die Kommission Ecclesia Dei dazu, diese „außerordentliche Form des römischen Ritus“ zu organisieren. Dies wurde als Versuch gewertet, auch die Abspaltung der Piusbruderschaft zu überwinden.[71]

Maßgebliche Beobachter schätzten die Erfolgsaussichten gering ein, da die heutigen Vertreter der Piusbruderschaft nicht nur bei der Liturgie Entgegenkommen fordern. In den Medien verlautete, Bernard Fellay habe kurz nach seiner Audienz beim gegenwärtigem Papst diesem eine mit Korrekturanmerkungen versehene Fassung des Kompendiums des Katechismus' der Katholischen Kirche zukommen lassen. Die Anmerkungen konzentrierten sich dabei auf Fragen der katholischen Staatsdoktrin, der Religionsfreiheit und den Ökumenismus.

Am 15. Dezember 2008 schrieb Bernard Fellay im Namen aller vier Bischöfe der Piusbruderschaft an Ecclesia Dei, man sei bereit, der katholischen Kirche zu dienen, ihre Lehren, den Primat Petri und seine Vorrechte zu akzeptieren. Dies erfüllte eine Bedingung des Vatikans zur Aufhebung der Exkommunikation.[72]

Aufhebungsdekret

Am 21. Januar 2009 hob Papst Benedikt XVI. die Exkommunikation der vier Bischöfe durch ein Dekret der Bischofskongregation auf. Er begründete diesen Schritt damit, dass er dem „spirituellen Unbehagen“ der exkommunizierten Bischöfe mit „väterlicher Einfühlsamkeit“ begegne und ihre kirchenrechtliche Lage überdenken wolle. Er glaube ihrer schriftlich zugesicherten Bereitschaft, mit dem Vatikan ernsthaft über bestehende Differenzen zu reden, um „bald zu einer vollen und zufrieden stellenden Lösung des zugrunde liegenden Problems“ zu gelangen. Dieses „Geschenk des Friedens“ zum Ende der Weihnachtszeit solle die „Einheit in der Barmherzigkeit der Universalkirche“ fördern und „den Skandal der Spaltung“ überwinden. [73]

Das Dekret wurde am 24. Januar bekanntgegeben. Es beinhaltet das Recht zum gültigen Empfang der Sakramente, aber kein Recht, diese zu spenden und keine Anerkennung der Bischofsämter. Diese werden erst für den Fall einer vollen Anerkennung des 2. Vatikanischen Konzils durch die Bruderschaft in Aussicht gestellt.

Reaktionen

Wegen ihres zeitlichen Zusammentreffens mit dem Bekanntwerden der Holocaustleugnung von Richard Williamson wirkte die Aufhebung der Exkommunikation als Rehabilitation von Ansichten, die führende Mitglieder der Piusbruderschaft vertreten. Dies rief anhaltende inner- und außerkirchliche Proteste hervor.[74]

Judentum

Aus Protest gegen die päpstliche Wiederaufnahme eines Holocaustleugners in die römisch-katholische Kirche setzte das israelische Oberrabbinat die Beziehungen zum Vatikan am 21. Januar unbefristet aus.[75]

Am 23. Januar 2009 warnte die Anti Defamation League den Vatikan schriftlich vor der bevorstehenden Wiederaufnahme Williamsons und der Piusbruderschaft in die römisch-katholische Kirche, die negative Folgen für deren Verhältnis zum Judentum haben werde. Ebenso warnte der römische Oberrabbiner Riccardo Di Segni den Papst vor negativen Folgen für das jüdisch-katholische Verhältnis und sprach von einer „tiefen Wunde“, die eine „Beendigung des Schismas“ und die „Wiederaufnahme der Lefebvristen in die Kirche“ reißen würde.[76]

Der Zentralrat der Juden in Deutschland brach den Dialog mit der katholischen Kirche vorerst ab. Der israelische Minister für Religionsangelegenheiten, Jizchak Cohen, empfahl seiner Regierung am 31. Januar den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zum Vatikan.[77]

Vatikan

Am 28. Januar 2009 erklärte Papst Benedikt XVI. zum Gedenktag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz seine „volle und unbestreitbare Solidarität“ mit den Juden und bat:[78]

„Die Shoah sei für alle eine Mahnung gegen das Vergessen, gegen die Leugnung oder die Reduzierung.“

Er forderte die Piusbruderschaft auf, die notwendigen Schritte zur vollen Kirchengemeinschaft zu tun und das 2. Vatikanische Konzil anzuerkennen.

Nachdem die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel den Papst am 3. Februar zu einer Klarstellung bezüglich der Holocaustleugnung Williamsons aufgefordert hatte[79], verlangte das Staatssekretariat des Vatikans am Folgetag, Williamson müsse seine Aussagen zum Holocaust vollständig, eindeutig und öffentlich widerrufen. Andernfalls könne er keine Ämter in der katholischen Kirche übernehmen. Eine Frist dazu setzte es ihm nicht.[80] Die „volle Anerkennung des Zweiten Vatikanischen Konzils und des Lehramts der Päpste Johannes XXIII., Paul VI., Johannes Paul I., Johannes Paul II. sowie Benedikt XVI.“ sei die „unerlässliche Bedingung“ für die „künftige Anerkennung der Bruderschaft St. Pius X.“. Die Aufhebung der Exkommunikation habe deren kirchenrechtliche Lage noch nicht verändert.[81]

Nach Presseberichten vom 4. Februar 2009 stuften Vatikanvertreter die Sendung des Williamson-Interviews vom 21. Januar 2009 intern als „gezieltes Komplott“ und „bewusst gestellte Falle“ ein, mit der bestimmte Medien dem Papst zu schaden versucht hätten. Dem widersprachen die schwedischen Journalisten, die das Interview geführt hatten.[82]

Nach einem internen Dossier soll der Papst dagegen von eigenen Mitarbeitern in eine vorbereitete Falle gelockt worden sein. Andere Vatikanvertreter sprachen von „ignoranter Schlamperei und mangelhafter Kommunikation in der Kurie“. Das Vatikanische Staatssekretariat habe die Veröffentlichung des Aufhebungsdekrets am 24. Januar noch vergeblich zu verhindern versucht. Dem widersprach Kardinal Hoyos: Er habe bis zum Dekret des Papstes nichts von antisemitischen Ansichten Williamsons bemerkt. Sein Mitarbeiter Camillo Perl erklärte, man habe politische Ansichten der Piusbischöfe nicht geprüft, da die meisten Kardinäle die Aufhebung ihrer Exkommunikation schon Ende 2007 befürwortet hätten, um das bereits eingetretene Schisma zu überwinden.[83]

Vatikansprecher Federico Lombardi erklärte am 6. Februar 2009, die Williamsonaffäre habe „Kommunikationsdefizite in der Kurie“ aufgedeckt. Jede Abteilung kommuniziere eigenständig, ohne immer mit der Presseabteilung des Vatikans zusammenzuarbeiten. Das Aufhebungsdekret sei mangelhaft vorbereitet worden; wäre die Klarstellung des Vatikanischen Sekretariats vom 4. Februar gleichzeitig erfolgt, hätte die Affäre vermieden werden können. Benedikt XVI. habe vor der Aufhebung der Exkommunikation nichts von den Aussagen Williamsons gewusst.[84]

Theologen und Kirchenvertreter

Der belgische Theologe und Ethiker Jean-Pierre Wils trat am 1. Februar wegen der päpstlichen Entscheidung aus der römisch-katholischen Kirche aus. Er nannte die Priesterbruderschaft in einem Interview eine „extrem reaktionäre und zutiefst antisemitische Gruppe, die mit Diktatoren und rechtsgerichteten Regimen sympathisiere“.[85]

Erzbischof Robert Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz übte Kritik am mangelnden Informationsfluss im Vatikan. Bei der Entscheidung, die Exkommunikation Williamsons zurückzunehmen habe man „den Papst leichtfertig ins Messer laufen lassen“. Der der zuständigen päpstlichen Kommission als Präsident vorstehende Kardinal Darío Castrillón Hoyos hätte sich vergewissern müssen, „was für Personen“ die Betroffenen seien. Die Theologin Uta Ranke-Heinemann nannte die Zurücknahme der Exkommunizierung einen „schweren Fehltritt“.[86]

Der emeritierte Regensburger Dogmatiker Wolfgang Beinert nannte die Piusbruderschaft „demokratiefeindlich“. [87]

Der Regensburger Diözesanbischof Gerhard Ludwig Müller erklärte in einem am 6. Februar 2009 veröffentlichten Hirtenbrief:[88]

„Wenn sie jetzt zur vollen Gemeinschaft der katholischen Kirche zurückkehren wollen, müssen die vier illegal geweihten Bischöfe auf die Ausübung der bischöflichen Weihevollmachten verzichten. Meiner Überzeugung nach können sie allenfalls als einfache Priester eingesetzt werden.“

Außerkirchliche Stimmen

Für den Bonner Politikwissenschaftler Gerd Langguth ist die Piusbruderschaft ein „Fall für den Verfassungsschutz“, da sie einen „katholischen Gottesstaat“ anstrebe.[89]

Journalisten kommentierten deshalb oft die Haltung des heutigen Papstes: Benedikt wusste, was er tat und mit wem er es zu tun hatte. Niemand im Vatikan kennt die Piusbruderschaft länger und wohl auch besser als er, schrieb Daniel Deckers (FAZ).[90]

Friedrich Wilhelm Graf (NZZ) schrieb: Wer glaube, der Papst habe nicht gewusst, was er mit der Aufhebung der Exkommunikation der schismatischen Bischöfe tat, könne sich durch die Lektüre der Schriften Joseph Ratzingers eines Besseren belehren lassen.[91] Isolde Charim (Taz) meinte: Die Piusbruderschaft habe für den Papst Vorbildcharakter, er setze mit ihrer Wiederaufnahme auf eine kämpferische Kernkirche von Überzeugten.[92]

Dem Philosophiehistoriker Kurt Flasch (SZ) zufolge stimmen die Vorstellungen von der Kircheneinheit bei der Piusbruderschaft und Papst weitgehend überein. Die Aufhebung der Exkommunikation trotz im Vatikan bekannter antikonziliarer, antisemitischer und antimoderner Äußerungen sei daher gewollt, die möglichen Folgen seien bewusst missachtet worden.[93]

Ralph Leonhard (taz) verwies auf einen im rechtsextremen Aula-Verlag publizierten Aufsatz, in dem Ratzinger die Demokratie in Frage stellte: Ist das System von Mehrheit und Minderheit wirklich ein System der Freiheit? (…)[94]

Der österreichische BZÖ-Politiker Ewald Stadler, ein jahrelanger Unterstützer der Piusbruderschaft, erklärte: Diese wolle die Einheit mit Rom gar nicht; Williamson habe seine Holocaustaussagen bewusst getätigt, um den Einigungsprozess zu zerstören. Stadler verlangte ein Ultimatum des Vatikan an die Piusbruderschaft, um in die kirchliche Einheit zurückzukehren. Zugleich sollten die einzelnen Diözesen deren Laienmitgliedern die Wiedereingliederung erleichtern. [95]

Priesterbruderschaft St. Pius X.

Bernard Fellay verbot Williamson am 27. Januar 2009 bis auf weiteres, Stellungnahmen zu politischen und historischen Sachverhalten abzugeben. Er habe Williamsons Antisemitismus nicht bemerkt. Dieser sei nicht die Position der Bruderschaft.[96]

Am 1. Februar 2009 beantwortete Bernard Tissier de Mallerais, Bischof der Piusbruderschaft in Italien den Papstaufruf zur Anerkennung des 2. Vatikanischen Konzils wie folgt:[97]

„Wir ändern unsere Positionen nicht, aber wir haben die Intention, Rom zu bekehren, das heißt, Rom zu unseren Positionen zu führen.“

Am 10. Februar erklärte Fellay auf schriftliche Anfrage, er habe Williamson sofort nach der Fernsehsendung vom 21. Februar aufgefordert, „diesen Unsinn zu korrigieren“, und am 31. Januar 2009 als Bischof und Leiter des Priesterseminars in La Reja abgesetzt. Er bekräftigte, vorher nichts von Williamsons Aussagen zum Holocaust gewusst zu haben. Antisemitische Christen stellten ihr eigenes Heil in Frage, da Christus Jude gewesen sei. Das Christentum sei anderen Religionen überlegen, daher wünsche man sich einen Staat, der es bevorzuge. Zur innerchristlichen Ökumene gelange man nur, indem „sich die anderen Konfessionen zur Wahrheit der katholischen Kirche bekehren.“[98]

Williamson hatte in einem öffentlichen Brief an Hoyos am 30. Januar bedauert, sein Interview sei „unbedacht“ gewesen, und sich beim Papst für die Folgen entschuldigt, allerdings ohne seine Holocaustleugnung zurückzunehmen. Am 9. Februar erklärte er, er müsse die historischen Beweise für den Holocaust erst prüfen und werde dazu das Buch von Jean-Claude Pressac (Auschwitz. Technique and operation of the gas chambers) studieren. Das brauche Zeit.[99] Nachdem Argentinien ihn am 19. Februar wegen formalen «Unregelmäßigkeiten» in seinen Aufenthaltspapieren zur Ausreise innerhalb von zehn Tagen aufforderte[100], reiste er am 24. Februar 2009 aus Argentinien aus und flog nach London.[101]

Einzelnachweise

  1. Gerald Kluge (Beauftragter für Sekten und Weltanschauungsfragen im Bistum Dresden-Meißen): Priesterbruderschaft St. Pius X. - Lefebvre-Anhänger
  2. Die Priesterbruderschaft St. Pius X. in Zahlen
  3. La Porte Latine: La Maison Généralice
  4. ZDF, 4. Februar 2009: Die umstrittene Bruderschaft Sankt Pius X.
  5. Report Mainz, 9. Februar 2009: Chef deutscher Pius-Brüder plädiert für Todesstrafe, und nennt Aids eine „Strafe Gottes“
  6. epd: Saar-Landtag debattiert über Schulen der Pius-Bruderschaft
  7. Tagesanzeiger, 11. Februar 2009: Piusbrüder: Eine Buchhandlung für die zehn Gebote
  8. FSSPX: Die Grundsatzerklärung von S.E. Erzbischof Marcel Lefebvre, 21. November 1974
  9. Rev. Thomas C.G. Glover, Doctor of Canon Law (Angelus online, 26. Februar 2007: The Valid Legal Existence of the Priestly Fraternity of St. Pius X
  10. Papst Paul VI., 24. März 1976: CONCISTORO SEGRETO DEL SANTO PADRE PAOLO VI PER LA NOMINA DI VENTI CARDINALI
  11. Predigt von Erzbischof Lefebvre am 29. Juni 1976 in Ecône
  12. Brief von Erzbischof Lefebvre an Papst Paul VI. vom 17. Juli 1976
  13. Lichtenauer Erklärung: Gespräche der Freimaurerei mit der katholischen Kirche
  14. Brief von Erzbischof Lefebvre an seine zukünftigen Bischöfe vom 28. August 1987
  15. FSSPX-Dokumente: Protokoll über ein Einvernehmen vom 5. Mai 1988
  16. Predigt von Erzbischof Lefebvre am 30. Juni 1988 in Ecône
  17. Bernardinus Cardinal Gantin, Präfekt der Kongregation für die Bischofe: Decree of Excommunication on Marcel Lefebvre, 1. Juli 1988; vgl. Canon 1382 des kanonischen Rechts.
  18. The Remnant: Vatican Cardinal Ordains Four for Priestly Fraternity of St. Peter. Remnant Editor Questions Darío Cardinal Castrillón Hoyos
  19. Kommission Ecclesia Dei: Status of Society of St Pius X Masses, 29. September 1995
  20. FSSPX: Stellungnahme zur Exkommunikation
  21. R. Kaschewsky: Zur Frage der Bischofsweihen ohne päpstlichen Auftrag, in: Una Voce Korrespondenz 2/1988, S. 86-91
  22. Michael Davies: Apologia pro Marcel Lefebvre, S.398
  23. Commission Ecclesia Dei: STATUS OF SOCIETY OF ST PIUS X MASSES (September 1995)
  24. Unavoce.org: Letter by Msgr. Camille Perl Regarding Society of St. Pius X Masses
  25. Verordnungsblatt der Erzdiözese Salzburg, Erzb. Ordinariat, 10. Mai 2006, Prot.Nr. 579/06
  26. dazu Joseph Listl u. a.: Handbuch des Katholischen Kirchenrechts, Regensburg 1983; § 13; S. 140f.
  27. Antwortschreiben von Msgr. Perl, September 1995
  28. Joseph S. Listl u. a.: Handbuch des Katholischen Kirchenrechts, Regensburg 1983, § 7, S. 74–76, bzw. cc. 17 und 19  CIC
  29. Die Welt, 4 Februar 2009: Marcel Lefebvre, der Mann, der die Kirche spaltete
  30. Predigt von Bischof Bernard Fellay am 2. April 2006 in Ecône
  31. Brief an die Freunde und Wohltäter Nr. 45 vom 7. Oktober 1993; Civitas, Zeitschrift für das christliche Gemeinwesen 2007 (S. 43-47): Grundsätze einer christlichen Gesellschaftsordnung
  32. A l'extrême droite de Dieu; Introduction au dossier sur la Fraternité lefebvriste
  33. Lefebvre movement: long, troubled history with Judaism
  34. Internet Centre Anti-Racism Europe (24. August 2005): Philippe Laguérie qui établissait dès 1991 que le Front National était „le parti le moins éloigné du droit naturel“
  35. Lefebvre movement: long, troubled history with Judaism; Vade retro sontanas 11. Oktober 2006; AngelusOnline Page 831; Paul Tourvier, 81, French War Criminal (18. Juni 1996)
  36. Stéphane Lhomme. Bordeaux, capitale des intégristes : merci Juppé !. ReSPUBLICA n° 510, 9 février 2007 ; communiqué publié par l'AFP sur ce blog, consulté le 9 février 2007
  37. Adresse au Maréchal Pétain par Mgr Lefebvre (13 avril 1987 à l'Ile d'Yeu), Invitation et affiche du pélerinage du 22 septembre 2007, accompagné d'une sur le site de La Porte latine; Photos du pélérinage, bénédiction de la tombe de Pétain par l'abbé de Cacqueray, 22/09/2007, sur le site du Prieuré de Saint-Louis
  38. Michael Sontheimer, Peter Wensierski (Der Spiegel, 16. Februar 2009): Zur Rechten Gottes
  39. Blick nach Rechts, Meldungen Mai 2008
  40. Joods Actueel, 23. Februar 2009: Pius X society: ‘Jews, the enemy of man’; Netzeitung, 24. Februar 2009: «Schock-Enthüllung« über Pius-Bruderschaft
  41. Anti-Defamation-League: Beispiele für Antisemitismus bei Piusbrüdern
  42. Richard Williamson: Bishop Williamson’s Letters, 1. Mai 2000
  43. Anna Arco, The Catholic Herald, 5. März 2008: Lefebvrists face crisis as bishop is exposed as ‘dangerous’ anti-Semite
  44. P. Franz Schmidberger: Die Zeitbomben des Zweiten Vatikanischen Konzils (Vortrag am 9. April 1989 in Mainz vor der Bewegung »actio spes unica«, überarbeitet und ergänzt)
  45. Franz Schmidberger: Stellungnahme zum Spiegelartikel Nr. 4/2009, S. 32-33
  46. Nostra Aetate 4
  47. Krone.at, 7. Februar 2009: Affront gegen Rom: Erneute Provokationen durch Piusbruderschaft
  48. Spiegel Online, 10. Februar 2009: Auch deutsche Piusbrüder hetzen gegen Juden
  49. Regine Seidel, Andrea Rost (Frankfurter Rundschau): Großes Treffen in Hattersheim: Piusbrüder sprechen über Antisemitismus
  50. [http://www.wolfganglindemann.net/html/brief_an_dr_barth.html Brief Josef Kardinal Ratzingers vom 23. Juni 2003 an Heinz-Lothar Barth
  51. P. Franz Schmidberger: Die Zeitbomben des Zweiten Vatikanischen Konzils
  52. SWR, Sendung „Zur Sache Baden-Württemberg!“, 5. Februar 2009 (Vorauszug): Angela Merkel versteht das nicht.
  53. Le Monde, 18. September 1987
  54. Peter Wensierski, Der Spiegel, 3. Februar 2009: Wie die Piusbrüder gegen Juden, Muslime und Schwule hetzen
  55. Richard Williamson: Längre intervju med Williamson. In: Uppdrag granskning. Fernsehsendung der Sveriges Television (SVT) vom 21. Januar 2009
  56. Neue Zürcher Zeitung, 24. Januar 2009: Papst rehabilitiert fundamentalistische Bischöfe
  57. Radio Vatikan, 23. Januar 2009: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Pius-Bischof
  58. Süddeutsche Zeitung, 30. Januar 2009: Der Vatikan sucht einen Schuldigen
  59. Der Standard, 29. Januar 2009: Keine Kleinigkeit aus irgendeinem Messbuch
  60. Spiegel Online, 6. Februar 2009: Piusbruderschaft schließt Holocaust-Leugner aus
  61. Stephen L. M. Heiner: An Interview with Bishop Bernard Tissier de Mallerais; in: The Remnant, 30. April 2006
  62. Mitteilungsblatt der Priesterbruderschaft St. Pius X. Deutschland, Juli 2005, S. 24
  63. Darstellung des St. Theresiengymnasiums durch die Priesterbruderschaft St. Pius X. Deutschland
  64. Verwaltungsgericht Saarland (Hrsg.): Herz-Jesu-Schule in Saarbrücken darf weiter betrieben werden. Aktenzeichen 1 K 35/06, Pressemitteilung vom 3. Mai 2007; Carola Padtberg (Der Spiegel, 16. Februar 2006): Prügelnde Lehrer an Herz Jesu
  65. Presseerklärung der Piusbruderschaft zum Christopher Street Day am 8. Juli 2007 in Stuttgart
  66. Stuttgarter Zeitung: Wie Karneval im Juli – 100.000 Zuschauer bei Parade in Stuttgart
  67. Stuttgarter Nachrichten, 28. Juli 2007: Priesterbruderschaft gegen Christopher Street Day
  68. Bishop Williamson's Letters: Girls at University, 2001
  69. impliedobserver.wordpress.com Wordpress.com: female ref cant be put in a position of authority over boys
  70. Der Spiegel, 3. Februar 2009: KATHOLISCHE HARDLINER - Wie die Piusbrüder gegen Juden, Muslime und Schwule hetzen
  71. Der Spiegel 28/9. Juli 2007: KIRCHE: Papst erleichtert lateinische Messen
  72. Kath.net, 24. Januar 2009: Vatikan: Exkommunikation der 'Pius-Bischöfe' aufgehoben
  73. Kath.net: Wortlaut des Dekrets der Bischofskongregation vom 21. Januar 2009
  74. Peter Wensierski, Spiegel Online, 19. Januar 2009: Problem für den Papst
  75. Tagesschau: Rabbinat setzt Beziehungen zum Vatikan aus
  76. Kath.info, 23. Januar 2009: Staatsanwaltschaft Regensburg ermittelt gegen Bischof Williamson (FSSPX)
  77. Tagesschau (ARD), 31. Januar 2009: Israel droht Vatikan mit Ende der Beziehungen
  78. Radio Vatikan, 28. Januar 2009: Papst zur Shoah: „Juden waren unschuldige Opfer“
  79. Die Zeit, 6. Februar 2009: Vatikan verärgert über Papst-Debatte
  80. Kathnet, 4. Februar 2009: Vatikan: Williamson soll Holocaust-Äußerung widerrufen
  81. Radio Vatikan, 4. Februar 2009: Vatikan: „Papst kannte Williamson-Äußerungen nicht“; Williamson muss widerrufen
  82. Die Zeit, 4. Februar 2009: Skandal um Pius-Brüder: Vatikan wittert Verschwörung gegen Benedikt
  83. Paul Badde (Die Welt): Keiner im Vatikan hatte hinter den Bischöfen her gegoogelt (Nachdruck bei Kathnet, 5. Februar 2009)
  84. Die Presse.com, 6. Februar 2009: Piusbrüder auf Konfrontation: Juden als Christus-Mörder - Kommunikationsdefizite im Vatikan
  85. Netzeitung, 1. Februar 2009: «Das Vorgehen ist eine Katastrophe»
  86. Die Zeit, 6. Februar 2009: Antisemitismus unterm Kreuz
  87. Süddeutsche Zeitung, 7. Februar 2009: Streit um Bruderschaft: „Pius-Brüder wollen einen katholischen Gottesstaat“ - Holocaust-Leugner Williamson weigert sich zu widerrufen. Politologen wollen die Pius-Bruderschaft vom Verfassungsschutz beobachten lassen
  88. Diözese Regensburg, 6. Februar 2009: Erklärung von Bischof Gerhard Ludwig Müller zur Aufhebung der Exkommunikation von vier Bischöfen der Pius-Bruderschaft und zur Kampagne gegen den Heiligen Vater, Papst Benedikt XVI.
  89. Süddeutsche Zeitung, 7. Februar 2009: Streit um Bruderschaft: „Pius-Brüder wollen einen katholischen Gottesstaat“ - Holocaust-Leugner Williamson weigert sich zu widerrufen. Politologen wollen die Pius-Bruderschaft vom Verfassungsschutz beobachten lassen
  90. Daniel Deckers (FAZ, 6. Februar 2009): Papst Benedict XVI. und die Piusbrüderschaft: Der unbedarfte Brückenbauer
  91. Friedrich Wilhelm Graf (Neue Zürcher Zeitung, 14. Februar 2009): Mein Tun ist nicht von dieser Welt; Papst Benedikt XVI. ist Joseph Ratzinger treu geblieben
  92. Isolde Charim (taz, 14. Februar 2009): Zurück zum Glutkern des Glaubens
  93. Kurt Flasch (Süddeutsche Zeitung, 18. Februar 2009): Kein Betriebsunfall. Die Kircheneinheit und der Papst
  94. Isolde Chaim (taz, 20. Februar 2009): Seite an Seite mit Rechtsextremen; Ratzinger in der Aula
  95. Kathnet, 9. Februar 2009: Stadler: 'Vatikan soll der Piusbruderschaft ein Ultimatum setzen'
  96. Bernard Fellay: Stellungnahme des Generaloberen (Menzingen, 27. Januar 2009)
  97. La Stampa, 1. Februar 2009: Interview mit Tissier de Mallerais
  98. Barbara Hans, Peter Wensierski, Steffen Winter (Der Spiegel, 10. Februar 2009): STREIT ÜBER HOLOCAUST-LEUGNER: Oberster Piusbruder fordert Williamson zur Umkehr auf
  99. Der Spiegel, 9. Februar 2009: KIRCHE: "Nach Auschwitz werde ich nicht fahren". 14 Fragen an den Bischof der Piusbruderschaft Richard Williamson
  100. Der Spiegel, 19. Februar 2009: BISCHOF WILLIAMSON: Argentinien weist Holocaust-Leugner aus
  101. Netzeitung, 24. Februar 2009: Nach Ausweisung aus Argentinien: Williamson auf dem Weg nach London
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