Straßenbahn Ravensburg–Weingarten–Baienfurt

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Straßenbahn Ravensburg–Weingarten–Baienfurt
Geografische Daten
Kontinent Europa
Land Deutschland
Bundesland Baden-Württemberg
Landkreis Ravensburg
Betriebsdaten
Streckennummer:4522
Kursbuchstrecke (DB):306g (1950er), 316k (1944),
329 (1934), 279-126 (1914)
Streckenlänge:6,56 km
Spurweite:1000 bzw. 1000/1435 mm
Stromsystem:700 V oder 750 V =
Streckengeschwindigkeit:25 km/h
6,56 Baienfurt Ort
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle (Strecke außer Betrieb)
6,3 Baienfurt Süd
Strecke nach links und geradeaus (außer Betrieb)U-Bahn-Strecke
Bahnstrecke von Niederbiegen
Abzweig nach rechts und geradeausU-Bahn-Strecke nach rechts (außer Betrieb)
6,2 Beginn Dreischienengleis
Bahnübergang (Strecke außer Betrieb)
6,1 Kreisstraße 7949
Haltepunkt / Haltestelle (Strecke außer Betrieb)
5,7 Traubenhof
Abzweig nach linksU-Bahn-Strecke nach links und geradeaus (außer Betrieb)
5,3 Ende Dreischienengleis
Bahnübergang (Strecke außer Betrieb)U-Bahn-Bahnübergang (Strecke außer Betrieb)
5,2 Mochenwanger Straße
U-Bahn-Bahnhof (Strecke außer Betrieb)
5,1 Weingarten (Württ) Güterbahnhof
U-Bahn-Abzweig nach rechts (Strecke außer Betrieb)
Betriebswerk
U-Bahn-Bahnübergang (Strecke außer Betrieb)
Schussenstraße
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle (Strecke außer Betrieb)
4,9 Weingarten (Württ) Traube
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle (Strecke außer Betrieb)
4,6 Weingarten (Württ) Post
U-Bahn-Bahnhof (Strecke außer Betrieb)
4,1 Weingarten (Württ) Charlottenplatz
U-Bahn-Abzweig nach links und geradeaus (Strecke außer Betrieb)
Abzweig der alten Strecke bis 1910
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle (Strecke außer Betrieb)
3,6 Weingarten (Württ) Lamm
Scherzach
U-Bahn-Bahnhof (Strecke außer Betrieb)
3,1 Weingarten (Württ) Städt Krankenhaus
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle (Strecke außer Betrieb)
2,5 Ravensburg Unterburach
U-Bahn-Bahnhof (Strecke außer Betrieb)
2,0 Ravensburg Kraftwerk
U-Bahn-Bahnhof (Strecke außer Betrieb)
1,6 Ravensburg Heilig Kreuz
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle (Strecke außer Betrieb)
1,1 Ravensburg Falken
U-Bahn-Bahnhof (Strecke außer Betrieb)
0,8 Ravensburg Frauentor seit 1931 Ausweiche
Strecke nach links und geradeausU-Bahn-Strecke
Südbahn von Ulm
Bahnhof
0,00 Ravensburg
Strecke
Südbahn nach Friedrichshafen

Die meterspurige Straßenbahn Ravensburg–Weingarten–Baienfurt – seltener auch Schmalspurbahn Ravensburg–Weingarten–Baienfurt – verband bis 1959 als Überlandstraßenbahn die drei genannten Ortschaften miteinander. Sie wurde 1888 von der privaten Lokalbahn Aktien-Gesellschaft (LAG) eröffnet und verkehrte zunächst als dampfbetriebene Lokalbahn (Dampfstraßenbahn) bis Weingarten. 1910 wurde sie elektrifiziert und 1911 bis nach Baienfurt verlängert (Lokalbahn Ravensburg–Weingarten–BaienfurtLRWB). 1938 wurde die im Volksmund auch Mühle oder Bähnle genannte Bahn verstaatlicht, ferner wird sie seither gemäß der ebenfalls 1938 in Kraft getretenen BOStrab auch offiziell als Straßenbahn klassifiziert. Die Strecke war damals der einzige Straßenbahnbetrieb im Besitz der Deutschen Reichsbahn, nach dem Zweiten Weltkrieg der einzige Straßenbahnbetrieb im Besitz der Deutschen Bundesbahn.

Frühzeit

Vorgeschichte

Während die oberschwäbische Oberamtsstadt und heutige Kreisstadt Ravensburg bereits am 8. November 1847 an die Württembergische Südbahn – einer Hauptstrecke der Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahnen – angeschlossen wurde, lag die nur zweieinhalb Kilometer östlich der Südbahntrasse gelegene Stadt Weingarten (bis 1865 noch Altdorf genannt) weiterhin im Verkehrsschatten. Erschwerend hinzu kam, dass auch an der Stelle welche Weingarten am nächsten lag, keine Bahnstation eingerichtet wurde. Der heutige stadtnahe Haltepunkt Weingarten-Berg wurde erst 1998 durch die Bodensee-Oberschwaben-Bahn eingerichtet. Dies hatte zur Folge, dass die von Weingarten aus nächsten Bahnhöfe an der Südbahn seinerzeit etwa vier Kilometer (Ravensburg) bzw. etwa drei Kilometer (Niederbiegen) entfernt lagen. Dabei war Weingarten aufgrund seiner prachtvollen Benediktinerabtei – der Basilika St. Martin – schon früher als Wallfahrtsort berühmt. Zusätzlich entwickelte sich die Ortschaft in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Zuge der Industrialisierung aber auch zu einem wichtigen Industriestandort, insbesondere durch die aufstrebende Maschinenfabrik Weingarten AG – die heutige Müller Weingarten AG. Vor allem stieg dadurch auch die Einwohnerzahl Weingartens in dieser Zeit rasant an. Lebten 1849 noch 3.267 Einwohner in Weingarten, so waren es am 1. Dezember 1880 bereits 5.232 Menschen. Nachdem auch die Bemühungen Weingartens wenigstens nachträglich noch einen Anschluss durch die Württembergische Staatsbahn zu erhalten scheiterten, forcierte man alternativ den Bau einer privaten Nebenbahn. Diese sollte als Stichstrecke ausgeführt werden.

Die dampfbetriebene Lokalbahn (Dampfstraßenbahn)

1887 legten schließlich die Ingenieure Theodeor Lechner und Viktor Krüzner (Lokalbahnbau- und Betriebsunternehmung Lechner & Krüzner) den Stadtverwaltungen von Ravensburg und Weingarten ein Konzept für eine meterspurige und dampfbetriebene Lokalbahn zwischen zwischen dem Ravensburger Bahnhofplatz und dem heutigen Charlottenplatz in Weingarten vor[1], diese sollte als Dampfstraßenbahn betrieben werden. Die dadurch mögliche Führung im öffentlichen Straßenraum erlaubte im Vergleich zu einer meist unabhängig trassierten Eisenbahn vor allem niedrigere Bau- und Betriebskosten. Juristisch gesehen gab es damals in Württemberg – die Konzessionierung von Privatbahnen unterlag dem jeweiligen Landesrecht – jedoch noch keine Differenzierung zwischen einer Straßenbahn und einer Eisenbahn. Rechtlich betrachtet war die hier behandelte Strecke somit zunächst eine Eisenbahn.

Das Konzept von Lechner und Krüzner überzeugte, wenngleich in Weingarten mehr als in Ravensburg, dort stand man der Bahn stets weniger aufgeschlossen gegenüber[1]. Erst kurz zuvor (am 9. Februar 1887) hatten Lechner und Krüzner zusammen mit der Lokomotivfabrik Krauss & Co. in München die private Lokalbahn Aktien-Gesellschaft (LAG) gegründet, sie war es welche schließlich die entsprechende Konzession für die neue Bahn nach Weingarten erwarb und die Strecke baute. Die 4,2 Kilometer lange Verbindung war die erste Strecke der neugegründeten LAG, die bereits seit 1879 bestehende Feldabahn kam erst 1891 zur LAG. Die Vergabe der Konzession an die bayerische LAG war insofern bemerkenswert, weil diese alle weiteren Aktivitäten fast ausschließlich auf Bayern konzentrierte. Allerdings setzte sich die LAG nur wenige Jahre nach Inbetriebnahme der Dampfstraßenbahn ein zweites Standbein in der Region Oberschwaben, als sie 1895 die nur ca. 20 Kilometer südlich von Ravensburg gelegene Lokalbahn Meckenbeuren–Tettnang eröffnete.

Die neue Bahn nach Weingarten wurde am 6. Januar 1888 für den Personenverkehr eröffnet, die Aufnahme des Güterverkehrs folgte ein halbes Jahr später am 15. Juli 1888. Unabhängig von der oben geschilderten Rechtslage bezeichnete die LAG selbst die hier behandelte Strecke stets als Straßenbahn. Technisch gesehen entsprach die ehemalige Dampfstraßenbahn nach Weingarten im übrigen weitgehend der heute noch betriebenen Chiemsee-Bahn.

Streckenbeschreibung

Lokalbahn (Dampfstraßenbahn) 1888 bis 1910
4,2 Weingarten Stadt
Charlottenstr. (heute Abt-Hyller-Str.)
Depot
Waldseer Straße
Abzweig der neuen Strecke ab 1910
3,6 Weingarten Scherzachbrücke
Scherzach
3,1 Weingarten 14 Nothelfer
1,6 Ravensburg Heilig Kreuz
1,1 Ravensburg Falken
0,8 Ravensburg Frauentor
Südbahn von Ulm
0,0 Ravensburg
Südbahn nach Friedrichshafen

Die Bahnen nach Weingarten – und später nach Baienfurt – fuhren vom Ravensburger Bahnhofplatz ab, der Einstieg in die Wagen erfolgte von der dem Stationsgebäude der Staatsbahn gegenüberliegenden Gehwegseite aus, die frühere Haltestelle lag direkt vor dem Hauptpostamt. Sie entspricht dabei exakt den heutigen Bussteigen 1 und 2, die Haltestelle war etwa so lang wie die beiden Bussteige zusammen. Die Dampfstraßenbahn fuhr zunächst für ca. 100 Meter parallel zur Südbahn in nördliche Richtung, um sich dann beim heutigen Busbahnhof in einer scharfen 90-Grad-Kurve in östliche Richtung zu wenden. Durch die Schussenstraße erreichte sie beim Kilometer 0,8 die beim Grünen Turm gelegene altstadtnahe Haltestelle Ravensburg Frauentor. Diese war nach der Starthaltestelle die am zweitstärksten frequentierte Haltestelle der Bahn. Nach Passage einer weiteren 90-Grad-Kurve auf dem Frauentorplatz wandte sich die Strecke wieder in nördliche Richtung und folgte der Gartenstraße in Richtung Weingarten. Die Schienen lagen stadtauswärts gesehen auf der rechten Straßenseite. Im Stadtbereich Ravensburg waren sie zunächst im Straßenplanum verlegt, im Außenbereich dann auf einer eigenen Trasse rechts neben der Straße. Die Gartenstraße war früher Teil der wichtigsten Verkehrsachse der Region (damalige württembergische Staatsstraße 49 – seit 1932 Reichsstraße 30 bzw. nach dem Zweiten Weltkrieg Bundesstraße 30), was besonders in späteren Jahren mit einem entsprechend starken Individualverkehrsaufkommen verbunden war. Es folgten im Verlauf der Gartenstraße zwei weitere Haltestellen auf Ravensburger Stadtgebiet (Falken und Heilig Kreuz) ehe die Bahn nach dem heutigen Ravensburger Stadtteil Burach die Stadtgrenze zur Nachbarstadt Weingarten passierte. Nach der Gemarkungsgrenze erreichte die Bahn die erste von insgesamt drei Haltestellen in Weingarten (benannt nach dem Krankenhaus 14 Nothelfer), bevor sie kurz nach der Haltestelle Scherzachbrücke die Straßenseite wechselte. Ab hier folgte die Straßenbahn der Waldseer Straße auf der linken Seite, passierte das Depot und erreichte schließlich nach Überquerung der Charlottenstraße (heutige Abt-Hyller-Straße) die Endstation Weingarten Stadt, sie lag etwas nördlich des heutigen Charlottenplatz. Die Strecke war komplett eingleisig, Zugbegegnungen konnten an den beiden Ausweichstellen Ravensburg Heilig Kreuz und Weingarten 14 Nothelfer stattfinden.

Modernisierung und Ausbau in den Jahren 1910 und 1911

Ausgangslage

Auf Dauer konnte die schmalspurige Dampfstraßenbahn die steigende Verkehrsnachfrage nicht mehr befriedigen, insbesondere weil die Einwohnerzahl Weingartens weiterhin rasant anstieg. Eine Entwicklung die ihrerseits durch die seit 1888 deutlich verbesserte Verkehrsanbindung beschleunigt wurde. So lebten am 1. Dezember 1900 schon 6.678 Menschen im Ort, am 1. Dezember 1910 waren es dann bereits 8.077. Neben der gestiegenen Nachfrage im Personenverkehr erwies sich damals insbesondere auch der Güterverkehr per Straßenbahn als problematisch. Zum einen, weil die Güter am Ravensburger Staatsbahnhof von der Schmalspurbahn auf die Normalspurbahn umgeladen werden mussten, und zum anderen, weil die Güter aus Weingarten zuvor mitten durch das Stadtgebiet von Ravensburg transportiert werden mussten. Vor allem aber war die gewünschte Expansion des Güterverkehrs auf der Schiene mit der vorhandenen Infrastruktur nicht möglich.

Ferner entwickelte sich in jenen Jahren auch der nördliche Nachbarort Baienfurt – mit einer gewissen Verzögerung zu Weingarten – ebenfalls zu einem Industriestandort. Hatte Baienfurt 1849 – zwei Jahre nach Eröffnung der Südbahn – gerade mal 800 Einwohner, so sorgte die seit 1870 bestehende Papierfabrik später für ein entsprechendes Wachstum des Ortes. Damit entstand auch in Baienfurt der Wunsch nach einer Verbesserung der Verkehrssituation. Baienfurt befand sich seinerzeit in einer ähnlichen Situation wie Weingarten bis 1888: der nächste Bahnhof an der Südbahn (Niederbiegen) lag zweieinhalb Kilometer von der Ortsmitte entfernt, zur Endstation der Dampfstraßenbahn in Weingarten war es ebenfalls zweieinhalb Kilometer.

Um die Verkehrssituation für beide Ortschaften weiter zu verbessern, entschloss man sich daher gut zwanzig Jahre nach Eröffnung der Bahn ihre Infrastruktur umfassend zu erweitern. Neben der Erweiterung nach Norden wurde auch die Elektrifizierung ins Auge gefasst, denn die Führung einer dampfbetriebenen Bahn durch bebaute Straßenzüge wurde damals bereits als nicht mehr zeitgemäß empfunden. Neben der bestehenden Innenstadtstrecke durch Ravensburg galt dies insbesondere auch im Hinblick auf die beabsichtigte nördliche Verlängerung. Denn diese sollte auf Teilstücken auch mitten durch die Ortskerne von Weingarten und Baienfurt führen. Die Modernisierung und Erweiterung der Infrastruktur erfolgte in mehreren Schritten. Parallel zum Ausbau der Straßenbahn wurde außerdem der Neubau der normalspurigen Bahnstrecke Niederbiegen–Baienfurt–Weingarten durchgeführt, welche den Güterverkehr nach Weingarten von der Straßenbahn übernehmen sollte und Baienfurt erstmals überhaupt einen Anschluss an den schienengebundenen Güterverkehr bringen sollte.

Elektrifizierung und erste Verlängerung

Die LAG galt um die Jahrhundertwende als Vorreiterin bezüglich der Elektrifizierung von Bahnstrecken in Deutschland. Sie konnte auf den Strecken

bereits frühzeitig Erfahrungen mit dem elektrischen Bahnbetrieb sammeln. So war es nur konsequent auch ihre Dampfstraßenbahn auf elektrische Traktion umzustellen. Dieser Schritt erfolgte zum 1. September 1910, als Stromspannung wurde 700 oder 750 Volt Gleichstrom gewählt.

Gleichzeitig mit der Elektrifizierung wurde die Strecke um ca. einen Kilometer und drei neue Haltestellen verlängert, ferner wurden ca. 500 Meter Strecke umtrassiert und eine Haltestelle verlegt. Die Bahn führte jetzt bis zum neu errichteten Güterbahnhof Weingarten am nördlichen Stadtrand, die vorläufige Endstation befand sich auf dem Bahnhofsvorplatz des im Aufbau befindlichen Güterbahnhofs. Der Güterbahnhof selbst wurde allerdings erst im Folgejahr in Betrieb genommen. Aus Richtung Ravensburg kommend blieb die Bahn nach der Haltestelle Scherzachbrücke fortan auf der rechten Seite der Waldseer Straße, die Überfahrt über diese wurde aufgelassen. Ca. 100 m entfernt von der damals aufgegebenen Endstelle Weingarten Stadt wurde – allerdings auf der anderen Straßenseite und zudem südlich der heutigen Abt-Hyller-Straße – die neue Haltestelle Weingarten Charlottenstraße eingerichtet. Sie befand sich in der Grünanlage bei der heutigen Bushaltestelle Weingarten Charlottenplatz und wurde als Ausweichstelle ausgeführt. Direkt danach bog die neue Trasse dann im 90-Grad-Winkel scharf nach rechts ab und führte zunächst in östliche Richtung weiter. Nach 500 Metern – direkt an der Basilika St. Martin, wo sich die neue Haltestelle Weingarten Post befand – wandte sich die Strecke wiederum im 90-Grad-Winkel scharf nach Norden. Von hier aus erreichte sie nach Passage der Haltestelle Weingarten Traube schließlich die vorläufige Endstation Weingarten Güterbahnhof. Auf dem Gelände des Weingartener Güterbahnhofs wurde auch der neue Betriebsmittelpunkt der Bahn errichtet. Es entstand eine ca. 40 Meter lange dreiständige Wagenhalle mit zusätzlichen Abstellgleisen vor und neben der Halle. Das alte Depot der Dampfstraßenbahn an der Waldseer Straße wurde hingegen aufgegeben. Zusätzlich wurden auch im Bereich der bestehenden Strecke zwei neue Haltestellen eingerichtet, nämlich Ravensburg Kraftwerk (als weitere Ausweichmöglichkeit) und Ravensburg Unterburach. Insgesamt standen der elektrischen Straßenbahn 1910 also vier Begegnungsmöglichkeiten zur Verfügung, mit dieser Infrastruktur war ein Zehn-Minuten-Takt möglich.

Zweite Verlängerung – Baienfurt wird erreicht

Ein Jahr später konnte auch die zweite Verlängerung zwischen dem Güterbahnhof Weingarten und dem nördlichen Nachbarort Baienfurt eröffnet werden. Die Neubaustrecke wurde gemeinsam mit der normalspurigen Bahnstrecke Niederbiegen–Baienfurt–Weingarten gebaut und wurde deshalb auf einer Länge von knapp einem Kilometer als Dreischienengleis ausgeführt. Der neue Streckenabschnitt der Straßenbahn ging am 13. September 1911 in Betrieb (zwei Wochen vor Inbetriebnahme des normalspurigen Güterverkehrs) und wurde von Beginn an ausschließlich im Personenverkehr betrieben. Die neue Endstelle lag mitten im Ortskern von Baienfurt (Bezeichnung Baienfurt Ort). Sie befand sich unmittelbar südlich der Brücke über die Wolfegger Ach, bei der heutigen Bushaltestelle Baienfurt Achtalschule. Auf der jetzt insgesamt 6,56 Kilometer langen und weiterhin durchgehend eingleisigen Straßenbahnstrecke gab es 1911 insgesamt fünf Ausweichen.

Aufgabe des schmalspurigen Güterverkehrs

Mit der am 1. Oktober 1911 erfolgten Inbetriebnahme der Normalspurstrecke Bahnstrecke Niederbiegen–Baienfurt–Weingarten konnte schließlich auch der Güterverkehr per Schmalspurbahn wie geplant aufgegeben werden. Die Güter für die Maschinenfabrik Weingarten wurden fortan direkt mit normalspurigen Güterwagen von Niederbiegen aus angeliefert.

Der Betrieb auf dem Dreischienengleis

Zum Charakteristikum der Bahn wurde das Dreischienengleis im Zuge des neu eröffneten Streckenabschnitts. Der knapp einen Kilometer lange Abschnitt lag zwischen der Ausfahrt aus dem Weingartener Güterbahnhof und dem südlichen Ortsrand von Baienfurt. Zwischen dem 1. Oktober 1911 (Aufnahme des normalspurigen Güterverkehrs nach Weingarten) und dem 30. Juni 1959 (Einstellung des Straßenbahn-Restbetriebs auf dem Nordabschnitt) verkehrten in diesem Bereich sowohl meterspurige elektrische Personenzüge als auch dampfbetriebene normalspurige Güterzüge (vereinzelt auch Personenzüge) auf dem gleichen Gleis. Juristisch gesehen verkehrten nach 1938 dabei auch die Straßenbahnen im Bereich dieses kurzen Teilstücks nach der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO).

Der gemeinsame Streckenabschnitt wurde dabei mit Hilfe einer speziellen Signaltafel gesichert, eine stationäre Signalisierung existierte nicht. Es durfte immer nur derjenige Zug den Streckenabschnitt befahren, dessen Personal gerade im Besitz der nur einmal vorhandenen Signaltafel war. Zugfahrten auf der normalspurigen Strecke mussten fernmündlich bei der Betriebsleitung in Weingarten angemeldet werden. Der dortige Betriebsleiter erteilte die Zustimmung nur, wenn er die Signaltafel vorliegen hatte[2]. Dieses Prinzip ähnelt dem bei eingleisigen Straßenbahnstrecken früher häufig angewandten Stab-Verfahren.

Des weiteren verfügten die elektischen Fahrzeuge der Strecke Ravensburg–Weingarten–Baienfurt gemäß EBO über breitere Radreifen als bei klassischen Straßenbahnen gemeinhin üblich. Damit war gewährleistet, dass sie auch den Streckenabschnitt im Bereich des Dreischienengleises, insbesondere die beiden Herzstücke bei der Ein- bzw. Ausfädelung, problemlos passieren konnten.

Wirtschaftliche Probleme in der Zwischenkriegszeit

Wie auf vielen anderen Bahnstrecken geriet Anfang der 1920er-Jahre auch der Betrieb der Lokalbahn Ravensburg–Weingarten–Baienfurt in wirtschaftliche Schwierigkeiten, zeitweise drohte sogar die Stilllegung des Betriebs[1]. Die in finanzielle Schwierigkeiten geratene LAG forderte deshalb von den beiden beteiligten Städten Subventionszahlungen, als diese nicht gewährt wurden stellte die LAG tatsächlich vorübergehend den Bahnbetrieb ein[1]. Die Stadt Ravensburg favorisierte statt dem ungeliebten Bahnbetrieb (der sich dem städtischen Einfluß weitgehend entzog weil die Entscheidungen stets im fernen München getroffen wurden) einen Busbetrieb und behinderte die weitere Entwicklung der Bahn[1]. Obwohl die Bahn auch im Stadtgebiet von Ravensburg eine wichtige innerstädtische Funktion wahrnahm (auf Ravensburger Stadtgebiet lagen immerhin fünf Zwischenhaltestellen), war z. B. die Einrichtung zusätzlicher Kreuzungsstationen in Ravensburg nie einvernehmlich möglich. Erst als die Stadt Weingarten durch Gewährung eines jährlichen Zuschusses einlenkte, konnte die Straßenbahn weiter betrieben werden[1]. Unabhängig ihrer wirtschaftlichen Probleme investierte die LAG trotzdem weiter in den Bahnbetrieb, so gelang es z. B. trotz des Widerstandes der Stadt Ravensburg 1931 auch die zentrale Haltestelle Ravensburg Frauentor zur insgesamt sechsten Kreuzungsstation auszubauen.

Mitte der 1930er-Jahre (vor 1936) schaffte die LAG schließlich die Unterscheidung nach Wagenklassen ab. Zuvor waren die beiden mittleren Abteile bei den vierachsigen Triebwagen bzw. das Endabteil beim einzigen zweiachsigen Triebwagen als 2. Klasse ausgewiesen, während die restlichen Sitzplätze in den Triebwagen sowie alle Beiwagen die 3. Klasse darstellten. Dadurch konnte die Kapazität geringfügig erhöht werden, so verfügten z. B. die großen Triebwagen fortan über 48 statt zuvor 44 Sitzplätze. 1937 – nur ein Jahr vor der Insolvenz des Unternehmens – wurden dann sogar noch zwei neue vierachsige Beiwagen beschafft.

Die Straßenbahn unter Regie der Staatsbahn

 
Historische Fahrscheine der Straßenbahn Ravensburg–Weingarten–Baienfurt. Zeitweise galt ein entfernungsabhängiger Tarif, zeitweise ein Pauschaltarif

1938 – Die Deutsche Reichsbahn übernimmt den Betrieb

Zum 1. August 1938 übernahm die Deutsche Reichsbahn reichsweit alle Strecken der finanziell angeschlagenen Lokalbahn AG, darunter auch den straßenbahnähnlichen Betrieb Ravensburg–Weingarten–Baienfurt. Die Strecke gehörte fortan zur Reichsbahndirektion Stuttgart. Die Meterspurstrecke nach Baienfurt stellte für die Deutsche Reichsbahn eine absolute Besonderheit dar, sie wurde fortan – als einzige DR-Strecke – nach der ebenfalls 1938 in Kraft getretenen Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (BOStrab) betrieben. Auch im Kursbuch wurde auf diese Besonderheit hingewiesen, dort wurde die entsprechende Fahrplantabelle in der Kopfzeile mit dem ausdrücklichen Hinweis auf die elektrische Straßenbahn gekennzeichnet[3]. Allerdings war die Deutsche Reichsbahn zuvor bereits zehn Jahre lang für die Betriebsführung der 1930 stillgelegten Dampfstraßenbahn Altötting–Neuötting verantwortlich gewesen, diese hatte sie zu ihrer Gründung 1920 von den Königlich Bayerischen Staats-Eisenbahnen übernommen (im Unterschied zu Württemberg war nach bayerischem Recht bereits vor 1938 eine klare Unterscheidung zwischen einer Straßenbahn und einer Eisenbahn möglich). Die Einstufung als Straßenbahn hatte unter anderem zur Folge, dass zwischen der Straßenbahn und der Eisenbahn nach wie vor nicht durchgehend abgefertigt wurde – und das obwohl es sich seit 1938 um ein und die selbe Gesellschaft handelte. Die Fahrgäste konnten keine durchgehenden Fahrkarten von Bahnhöfen der Reichsbahn zu Fahrtzielen an der Straßenbahn nach Baienfurt erwerben, umgekehrt verkauften die Schaffner in den Straßenbahnen auch keine Fahrkarten zu Zielen über Ravensburg hinaus. Gleiches galt auch für den Gepäcktransport, eine durchgehende Aufgabe von Gepäckstücken war nicht möglich. Ferner galt generell eine Beschränkte Gepäckbeförderung bei allen Zügen[3].

Die Ära der Deutschen Bundesbahn

Nach dem Zweiten Weltkrieg teilte die Straßenbahn Ravensburg–Weingarten–Baienfurt das Schicksal der Eisenbahnen in der französisch besetzten Zone. Mit der Betriebsvereinigung der Südwestdeutschen Eisenbahnen gingen sie spätestens auf Grund des Bundesbahngesetzes vom 18. Dezember 1951 in das Eigentum der Deutschen Bundesbahn über. Ravensburg–Weingarten–Baienfurt war fortan nicht nur der einzige Straßenbahnbetrieb der DB, sondern nach wie vor auch der einzige Straßenbahnbetrieb in Besitz des deutschen Staates. Denn die parallel gegründete Deutsche Reichsbahn der DDR besaß trotz zahlreicher Verstaatlichungen keinen Straßenbahnbetrieb, weder zu ihrer Gründung noch später. Die frühere elektrische DR-Schmalspurbahn Klingenthal–Sachsenberg-Georgenthal wurde zwar mit geringfügig adaptierten Straßenbahnfahrzeugen befahren, war rechtlich jedoch eine Eisenbahn.

Zur Rationalisierung des Betriebs entschloss sich die Bundesbahn in der ersten Hälfte der 1950er-Jahre zu einer besonderen Betriebsform: weil sich bei der Straßenbahn Ravensburg–Weingarten–Baienfurt alle Bahnsteige auf der gleichen Seite befanden (nämlich auf der Ostseite), wurden bei allen Fahrzeugen die nicht mehr benötigten Türen auf der Westseite dauerhaft verschlossen und die Trittstufen entfernt. Fortan konnte somit nicht mehr von der „falschen“, bahnsteiglosen Seite aus eingestiegen werden. Auf diese Weise konnten in den Einstiegsbereichen zusätzliche Stehplätze gewonnen werden, ohne dass die sich dort aufhaltenden Fahrgäste den Fahrgastwechsel behinderten. Ferner wurde auf diese Weise erfolgreich verhindert, dass Fahrgäste direkt auf der Fahrbahnseite aussteigen und dort vom Straßenverkehr gefährdet werden. Diese recht seltene Betriebsform (Zweirichtungsbetrieb mit einseitigen Türen) lässt sich heute z. B. noch bei der Kirnitzschtalbahn, der Drachenfelsbahn, der Straßenbahn Gmunden oder der italienischen Tranvia di Opicina beobachten. Ferner rüstete die Bundesbahn außerdem den gesamten Fahrzeugpark der Straßenbahn von der klassischen Trompetenkupplung auf die modernere Scharfenbergkupplung um. Diese Maßnahme vereinfachte die Rangiervorgänge und diente somit ebenfalls der Rationalisierung.

Aufgrund des hohen Fahrgastaufkommens in der Nachkriegszeit dachte die DB zunächst nicht an die Einstellung der Straßenbahn Ravensburg–Weingarten–Baienfurt. 1954 beschaffte sie für ihren atypischen Betriebszweig sogar noch zwei neue moderne Großraumstraßenbahntriebwagen und setzte damit die – wenn auch sehr zögerliche – Modernisierung der Bahn fort.

Verkehrsprobleme in der Nachkriegszeit

Im Zuge des Wirtschaftswunders stiegen in den 1950er-Jahre nicht nur die Fahrgastzahlen sondern auch der motorisierte Individualverkehr in Ravensburg und Umgebung immer mehr an. Insbesondere im Innenstadtbereich von Ravensburg und auf dem Streckenabschnitt im Zuge der Bundesstraße 30 wurde die Bahn dabei zunehmend als Verkehrshindernis empfunden. Infolge des in Seitenlage verlegten Schienenstranges kamen die in Richtung Ravensburg fahrenden Straßenbahnen in den Ortsdurchfahrten von Ravensburg und Baienfurt den in nördliche Richtung fahrenden Straßenverkehrsteilnehmern frontal entgegen. Als besonders problematisch erwiesen sich in diesem Zusammenhang die mit 2,5 Metern vergleichsweise breiten Altbaufahrzeuge der Bahn, sie entsprachen in Aufbau und Größe mehr einer Kleinbahn bzw. Lokalbahn denn einer klassischen Straßenbahn. Dies führte z. B. dazu, dass in den Kurven der Strecke die auf der Straße fahrenden Lastkraftwagen in das von der Straßenbahn benötigte Lichtraumprofil hineinragten[4]. Erschwerend hinzu kam der asymmetrische Aufbau der Fahrzeuge, sie waren im Bereich der Fahrgasträume breiter als im Bereich der Einstiegsplattformen. Um dies zu kompensieren wurden die hervorstehenden Fahrgasträume in den letzten Betriebsjahren mit einer auffälligen, rot-weiß gestreiften Warnmarkierung versehen (vergleiche [5] und [6]).

Umstrittene Einstellung

In der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre erschienen die gegenseitigen Behinderungen zwischen der Straßenbahn und dem weiter steigenden Kraftfahrzeugverkehr den Verantwortlichen nicht mehr erträglich, weshalb diese die Einstellung des Betriebs forcierten. Im Gegensatz dazu befürwortete die örtliche Bevölkerung jedoch die Beibehaltung des Bahnbetriebs, unter anderem auch deshalb, weil man im Falle einer Umstellung auf Busbetrieb höhere Fahrpreise befürchtete[4]. Als es 1958 in Folge eines Zusammenstoßes mit einem PKW zu einem tödlichen Verkehrsunfall kam, wurde dies zum Anlass genommen, die Höchstgeschwindigkeit der Straßenbahn ab dem 13. Oktober 1958 von zuvor 25 km/h auf nur noch 10 km/h zu beschränken[1]. Dadurch verlängerten sich zum einen die Fahrzeiten, zum anderen konnte in den Hauptverkehrszeiten aufgrund der begrenzten Kreuzungsmöglichkeiten nicht mehr im Zehn-Minuten-Takt gefahren werden. Dadurch verlor die ohnehin schon vergleichsweise langsame Straßenbahn im Vergleich zum konkurrierenden Individualverkehr jedoch noch weiter an Attraktivität. Als Ersatz für die ausfallenden Fahrten setzte die Deutsche Bundesbahn provisorisch Omnibusse ein, diese verkehrten abwechselnd zu den jetzt nur noch alle 20 Minuten fahrenden Straßenbahnen.

Weil auf diese Weise erst recht kein konkurrenzfähiger Betrieb mehr möglich war, stellte die Deutsche Bundesbahn die Baden-Württembergische Landesregierung vor die Wahl: „entweder möge das Land den Differenzbetrag von 1,97 Mill. Mark zwischen den Kosten eines Autobusbetriebes und den höheren Kosten einer verkehrssicheren Führung der Straßenbahnstrecke tragen – oder der völligen Umstellung auf Autobusse zustimmen“[4]. Die Landesregierung in Stuttgart entschloss sich in Folge dessen für die Umstellung auf den Busbetrieb, darüber hinaus sollte außerdem nach der Einstellung der Bahn die Bundesstraße 30 zwischen Ravensburg und Weingarten für insgesamt 2,8 Mio. Deutsche Mark vierspurig ausgebaut werden[4] (auf Kosten der Bahntrasse).

Infolge einer Verwaltungsbeschwerde der Städte Weingarten und Baienfurt – die im Gegensatz zur Stadt Ravensburg für die Beibehaltung der Bahn plädierten – konnte die Bundesbahn ihr Vorhaben jedoch zunächst nicht wie geplant durchsetzen. Zwar verkehrten die Straßenbahnzüge ab dem 23. Februar 1959 nur noch zwischen Weingarten Charlottenplatz und Baienfurt Ort, jedoch hatte der statt dessen eingeführte Busverkehr juristisch gesehen zunächst nur einen provisorischen Charakter. Wegen der noch nicht beschiedenen Verwaltungsbeschwerde wurde er als sogenannter Notverkehr (Schienenersatzverkehr) deklariert[4].

Als nach weiteren vier Monaten genügend Busse zur Verfügung standen, wurde am 30. Juni 1959 schließlich auch der 2,5 Kilometer lange Restbetrieb im nördlichen Streckenabschnitt Weingarten–Baienfurt auf Busbedienung umgestellt (ebenfalls im Schienenersatzverkehr). Nach etwas über 21 Jahren war somit auch die (nach der früheren Dampfstraßenbahn Altötting–Neuötting) zweite Straßenbahn in deutschem Staatsbesitz wieder Geschichte. Erst zum 31. Dezember 1961[7] – und damit über zwei Jahre nach der Betriebseinstellung – wurde die Straßenbahn dann schließlich auch formal stillgelegt (endwidmet). Anschließend erhielt die Deutsche Bundesbahn eine reguläre Bahnbus-Konzession für die Strecke.

Neben den Verkehrsproblemen spielte bei der Entscheidung zur Umstellung auf Busbetrieb jedoch auch der hoffnungslos überalterte Fahrzeugbestand der Bahn eine gewichtige Rolle. Im Einstellungsjahr hatten die acht Triebwagen der Bahn ein Durchschnittsalter von 38,8 Jahren. Damals waren die fünf zur Elektrifizierung beschafften Triebwagen bereits jeweils 51 Jahre alt und zudem durch zwei Weltkriege zerschlissen. Noch verheerender sah es bei den elf Beiwagen aus, sie waren 1959 im Durchschnitt 56,1 Jahre alt. Sechs von ihnen stammten noch von der Dampfstraßenbahn und damit aus dem Gründungsjahr der Bahn – diese Veteranen waren damals bereits stolze 71 Jahre alt.

Einheitliche Wagenklasse

Mit der Klassenreform von 1956 (Abschaffung der früheren 1. Klasse) wurden auch die zwischen Ravensburg und Baienfurt verkehrenden Straßenbahnwagen auf ihre letzten Tage noch einmal „aufgewertet“. Im DB-Kursbuch des Jahres 1958 heißt es konsequenterweise: Alle Züge nur 2. Klasse. In der Praxis verzichtete jedoch auch die Deutsche Bundesbahn – wie zuvor bereits die Deutsche Reichsbahn – auf die entsprechende Kennzeichnung ihrer Straßenbahnfahrzeuge, sie wurden im Gegensatz zu den sonstigen Fahrzeugen der beiden Staatsbahnen nicht mit den entsprechenden Klassenziffern versehen. Die Änderung von 1956 fand somit lediglich auf dem Papier statt. Detail am Rande: im Kursbuch des Jahres 1944 fehlt sogar der ansonsten auf fast allen anderen Nebenstrecken übliche Hinweis Alle Züge nur 3. Klasse gleich ganz.

Der Fahrplan der Straßenbahn im Laufe der Jahre

Im Vergleich zur späteren elektrischen Straßenbahn verkehrte die Dampfstraßenbahn mit ihren zwei Zuggarnituren nur relativ selten. 1897 wurden z. B. nur elf Fahrten täglich angeboten. Erst später änderte sich das Bild, auf der nach den beiden Verlängerungen der Jahre 1910 und 1911 insgesamt 6,56 Kilometer langen elektrischen Straßenbahnstrecke wurde über all die Jahre stets ein dichter Fahrplan angeboten. 1914 z. B. wurde mit den insgesamt sechs vorhandenen Triebwagen bereits im Halbstundentakt bis Baienfurt gefahren, Sonntag nachmittags sogar alle zwanzig Minuten. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten (1927 und 1946) musste hingegen der Stundentakt genügen, aber schon 1934 oder 1948 waren es wieder doppelt so viele Züge. In den letzten Betriebsjahren – seit 1954 standen insgesamt acht Triebwagen zur Verfügung – fuhr die Bahn in den Hauptverkehrszeiten sogar alle zehn Minuten. Zeitweise war der Andrang so groß, dass die Bahnen zwischen Ravensburg und Weingarten Charlottenplatz zusätzlich noch um sogenannte „Vorzüge“ verstärkt werden mussten. Vorzug und Hauptzug folgten einander dann im Sichtabstand, die Vorzüge waren entsprechend gekennzeichnet um sicher zu stellen dass die entgegenkommenden Züge in den Ausweichen noch den Hauptzug abwarten mussten. Auch die Betriebsdauer entsprach den bei großstädtischen Straßenbahnbetrieben üblichen Zeiten. Zeitweise verkehrte die Straßenbahn von 4:30 Uhr früh bis nach Mitternacht, selbst im Kriegsjahr 1944 wurde von 4:52 Uhr bis 23:55 Uhr gefahren.

Laut dem Kursbuch von 1944 benötigten die Züge für die Gesamtstrecke je nach Fahrt zwischen 24 und 28 Minuten – dies entspricht einer Durchschnittsgeschwindigkeit von maximal 16,4 bzw. minimal 14,1 km/h. Die einzelnen Fahrten wurden dabei – untypisch für eine Straßenbahn – mit den von der Eisenbahn bekannten Zugnummern unterschieden. Die Kurse in Richtung Baienfurt trugen gerade Zugnummern, die Kurse in Richtung Ravensburg ungerade Zugnummern.

Umbenannte Haltestellen

In Weingarten wurden drei Haltestellen im Laufe der Jahre zeitweise bzw. dauerhaft umbenannt. Ferner führte die Deutsche Reichsbahn nach der 1938 erfolgten Übernahme der Strecke den Namenszusatz (Württ) ein. Dadurch sollten Verwechslungen mit den Bahnhöfen Weingarten (Baden) bzw. Weingarten (Pfalz) vermieden werden. Die ebenfalls zum Stadtgebiet von Weingarten gehörende Haltestelle Traubenhof führte hingegen nie einen anderen Namen.

letzte Bezeichnung frühere Bezeichnungen
Weingarten (Württ) Güterbahnhof Weingarten Güterbahnhof
Weingarten (Württ) Traube Weingarten Traube
Weingarten (Württ) Post Weingarten Post
Weingarten (Württ) Charlottenplatz Weingarten (Württ) Horst-Wessel-Str [1939 bis 1945], Weingarten Charlottenstr
Weingarten (Württ) Lamm Weingarten Scherzachbrücke
Weingarten (Württ) Städt Krankenhaus Weingarten 14 Nothelfer

Die Fahrzeuge der Straßenbahn

Beschaffungen im Laufe der Jahre

Der Fuhrpark der anfänglichen Dampfstraßenbahn bestand aus nur zwei Lokomotiven (LAG 1 und LAG 2) sowie sieben zweiachsigen Beiwagen (1, 2, 3, 4, 5, 8 und 16). Die Lokomotiven stammten von der Firma Krauss & Co. (was insofern logisch war, weil diese ja Mitgesellschafter der LAG war), die Personenwagen von MAN.

Zur Aufnahme des elektrischen Betriebs wurde der Fahrzeugbestand dann umfangreich erweitert. Damals beschaffte die LAG bei der Maschinenfabrik Esslingen insgesamt fünf große vierachsige Triebwagen, ihre elektrische Ausrüstung stammte von den Siemens-Schuckertwerken (SSW). Sie trugen bei der LAG die Nummern 800 bis 804. Ergänzt wurden sie um drei zweiachsige Beiwagen (832, 833 und 834). Darüber hinaus wurden allerdings auch die früheren Beiwagen der Dampfstraßenbahn weiter verwendet, sie liefen fortan hinter den neuen Triebwagen. 1914 kam dann noch ein kleinerer zweiachsiger Triebwagen hinzu, er trug die Bezeichnung 875. 1937 beschaffte die LAG schließlich noch zwei große vierachsige Beiwagen (921 und 922), sie entsprachen kapazitätsmäßig den großen Triebwagen. Nach der Übernahme durch die Staatsbahn erhielten die verschiedenen Fahrzeugtypen der Straßenbahn jeweils eigene Baureihenbezeichnungen, sie wurden allerdings erst 1941 – und somit erst drei Jahre nach Auflösung der LAG – in das Baureihenschema der DRG integriert. Die vierachsigen Fahrzeuge erhielten die Baureihenbezeichnung 196 (ET 196 bzw. EB 196), die zweiachsigen Fahrzeuge wurden unter der Baureihe 197 zusammengefasst (ET 197 bzw. EB 197).

Als sich die Fahrgastzahlen nach dem Zweiten Weltkrieg weiter erhöhten, beschaffte die Deutsche Bundesbahn im Jahr 1954 bei der Düsseldorfer Firma Duewag noch zwei vierachsige Duewag-Einheitswagen (mit elektrischer Ausrüstung von Kiepe). Im Prinzip handelte es sich dabei um Standardfahrzeuge, wie sie damals bei vielen deutschen Straßenbahnbetrieben im Einsatz waren. Als Besonderheit hatten sie jedoch – analog zu den wenige Jahre zuvor umgebauten Altbaufahrzeugen – von Beginn an nur auf einer Seite Türen (obwohl es sich ebenfalls um klassische Zweirichtungsfahrzeuge handelte). Ebenfalls charakteristisch für die beiden Duewag-Straßenbahnwagen der DB war der ungewöhnlicherweise mittig (zentriert) angeordnete Scherenstromabnehmer, dafür besaßen sie keinen Liniennummernkasten. Die beiden neuen Wagen wurden als Baureihe ET 195 in den Bestand eingereiht (ET 195 01 und ET 195 02; Fabriknummern 26887 und 26888) und kamen mitunter auch gemeinsam in Doppeltraktion zum Einsatz. Dafür konnten sie jedoch aus technischen Gründen nicht zusammen mit den älteren Fahrzeugen der Bahn eingesetzt werden. Die zwei Neubautriebwagen wurden zu den Stammfahrzeugen der Bahn, dennoch waren die alten Triebwagen nach wie vor unverzichtbar. Insbesondere während des 10-Minuten-Taktes sowie bei großem Andrang, in diesem Fall wurden die älteren Fahrzeuge bevorzugt den neuen Triebwagen als „Vorzüge“ vorausgeschickt.

Lackierungsschemata

Ursprünglich waren die Fahrzeuge der LAG einheitlich dunkelgrün lackiert. 1936 wurde eine zweifarbige Lackierung eingeführt, die Fahrzeuge der Straßenbahn waren fortan unterhalb der Fenster lindgrün lackiert, das Fensterband war beige. Nur kurz darauf wurden sie dann von der Deutschen Reichsbahn in deren allgemein übliche Triebwagenlackierung umlackiert und waren jetzt beige-hellrot. Die Deutsche Bundesbahn führte schließlich ein weiteres Schema ein und lackierte die Fahrzeuge – ebenfalls analog zu ihrem übrigen Fahrzeugpark – weinrot mit beigen Zierstreifen. Als Besonderheit wurden jedoch die beiden Großraumwagen von 1954 – abweichend vom restlichen Fuhrpark der Straßenbahn im speziellen und den übrigen Triebwagen der DB im allgemeinen – lindgrün lackiert.

Fahrzeugtabelle

Nr. LAG Nr. DR / DB Baujahr Hersteller Sitzplätze Achsformel Ausmusterung Bemerkungen
LAG 1 x 1887 Krauss & Co. keine Bn2t ? Dampfstraßenbahnlokomotive
LAG 2 x 1887 Krauss & Co. keine Bn2t ? Dampfstraßenbahnlokomotive
1 x 1887/88 MAN ? 2x vor 1937 Beiwagen
2 EB 197 01 1887/88 MAN ? 2x 1959 Beiwagen
3 EB 197 02 1887/88 MAN ? 2x 1959 Beiwagen
4 EB 197 11 1887/88 MAN ? 2x 1959 Beiwagen, zuletzt Turmwagen
5 EB 197 12 1887/88 MAN ? 2x 1959 Beiwagen
8 EB 197 03 1887/88 MAN ? 2x 1959 Beiwagen
16 EB 197 04 1887/88 MAN ? 2x 1959 Beiwagen
elT 800 ET 196 01 1908 MF Esslingen (SSW) 32 + 12 / 48 (A1)'(1A)' 1959
elT 801 ET 196 02 1908 MF Esslingen (SSW) 32 + 12 / 48 (A1)'(1A)' 1959
elT 802 ET 196 03 1908 MF Esslingen (SSW) 32 + 12 / 48 (A1)'(1A)' 1959
elT 803 ET 196 04 1908 MF Esslingen (SSW) 32 + 12 / 48 (A1)'(1A)' 1959
elT 804 ET 196 05 1908 MF Esslingen (SSW) 32 + 12 / 48 (A1)'(1A)' 1959
832 EB 197 05 1910 MF Esslingen 24 2x 1959 Beiwagen (Halbgepäckwagen)
833 EB 197 06 1910 MF Esslingen 32 2x 1959 Beiwagen
834 EB 197 07 1910 MF Esslingen 32 2x 1959 Beiwagen, zuletzt Gepäckwagen
elT 875 ET 197 01 1914 MF Esslingen (SSW) 24 + 6 / 32 2x 1959 Spitzname: Piccolo
921 EB 196 01 1937 MF Esslingen 48 4x 1959, 1962 verkauft Beiwagen
922 EB 196 02 1937 MF Esslingen 48 4x 1959, 1962 verkauft Beiwagen, noch erhalten
x ET 195 01 1954 Duewag (Kiepe) 34 B'2' 1959, 1961 verkauft noch erhalten
x ET 195 02 1954 Duewag (Kiepe) 34 B'2' 1959, 1961 verkauft noch erhalten

Verbleib der Fahrzeuge

Alle zur Betriebseinstellung 1959 noch vorhandenen Fahrzeuge der Straßenbahn wurden zunächst auf dem Betriebsgelände in Weingarten hinterstellt, der Großteil von ihnen wurde – nachdem die Strecke auch juristisch stillgelegt war – schließlich um 1962 herum an Ort und Stelle verschrottet[1]. Lediglich die vier neuesten Fahrzeuge der Bahn (die beiden Beiwagen des Jahres 1937 und die beiden Triebwagen des Jahres 1954) konnten verkauft werden. Drei von ihnen sind erhalten geblieben und erinnern bis heute an die Straßenbahn Ravensburg–Weingarten–Baienfurt, alle drei befinden sich in betriebsfähigem Zustand.

 
22. September 2007: die beiden Neubautriebwagen in ihrem heutigen Zustand, in der Mitte läuft der in den 1960er-Jahren ergänzte Generatorwagen

Die beiden Neubautriebwagen ET 195 01 und ET 195 02 – bei der Betriebseinstellung gerade einmal fünf Jahre alt – wurden 1961[8] an die niederländische Bahngesellschaft RTM (Rotterdamsche Tramway Maatschappij) verkauft. Dort wurden sie umgespurt und für den Betrieb auf dem nicht elektrifizierten Netz der RTM um einen Generatorwagen ergänzt. Von Rotterdam aus gelangten sie 1967 zur österreichischen Zillertalbahn. Sie befinden sich seit 1999 wieder in den Niederlanden und werden heute regelmäßig auf der Museumsbahn zwischen Ouddorp und Port Zelande eingesetzt. Details zum Umbau und zum Verbleib dieser beiden Wagen siehe im Hauptartikel DB Baureihe ET 195.

Die beiden Beiwagen EB 196 01 (ex 921) und EB 196 02 (ex 922) kamen 1962 zur österreichischen Bahngesellschaft Stern & Hafferl, wo jedoch nur der Wagen EB 196 02 in den Einsatz gelangte, er erhielt die neue Betriebsnummer B 20.221. Wagen EB 196 01 wurde hingegen in Österreich verschrottet, ohne dass er dort jemals eingesetzt wurde. Der verbliebene Wagen B 20.221 (ex EB 196 02) erhielt bei Stern & Hafferl im September 1971 noch eine Hauptuntersuchung und wurde anschließend bis 1976 auf der Lokalbahn Gmunden–Vorchdorf eingesetzt. Im Oktober 1980 wurde er an das Straßenbahnmuseum Stuttgart (SMS) abgegeben, welches ihn – im Hinblick auf den geplanten Museumsbetrieb zwischen Nellingen und Neuhausen – provisorisch im ehemaligen END-Depot Nellingen hinterstellte. Nachdem sich die SMS-Pläne zerschlugen, kam er im Juni 1986 schließlich zum Deutschen Eisenbahn-Verein. Nach umfangreicher Restauration wird er von diesem seit Dezember 1990 auf der Museumseisenbahn Bruchhausen-Vilsen–Asendorf eingesetzt. Unter der neuen Betriebsnummer 21 wird er dabei entweder als Beiwagen hinter Triebwagen oder „artfremd“ in klassischen Dampf- bzw. Dieselzügen verwendet.

Relikte der Straßenbahn

 
Das Stationsgebäude der Haltestelle Ravensburg Frauentor in den 1960er-Jahren. Die Gleise sind bereits verschwunden, zwischen Dach und erstem Turmfenster ist jedoch noch eine Oberleitungsrosette zu erkennen
 
Das ehemalige Stationsgebäude im heutigen Zustand (September 2004). Der hölzerne Anbau (Unterstand) auf der rechten Seite kam erst in späteren Jahren dazu
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Ein Bus der DB-Tochter RAB im speziellen Design des stadtbus Ravensburg Weingarten

Außer den drei andernorts museal erhaltenen Fahrzeugen erinnert heute nur noch sehr wenig an die frühere Straßenbahn von Ravensburg nach Baienfurt, die meterspurigen Streckenabschnitte fielen komplett dem Straßenausbau zum Opfer. Vor dem Ravensburger Bahnhof waren die ehemaligen Gleise lange Jahre lediglich überteert, mit dem Neubau des Busbahnhofs (ca. Ende der 1980er- bzw. Anfang der 1990er-Jahre) wurden schließlich auch diese letzten Gleisreste der Straßenbahn Ravensburg–Weingarten–Baienfurt entfernt. Auch vom ehemaligen Dreischienengleis zwischen Weingarten und Baienfurt ist nichts mehr zu erkennen – das erst 1999 stillgelegte Normalspurgleis ist zwar noch vorhanden, die Bahnschwellen dieses Abschnitt wurden jedoch im Laufe der Jahre durch gebrauchte Standard-Schwellen von anderen Normalspurstrecken ersetzt. Im Einzelnen halten bis heute folgende Relikte die Erinnerung an die Straßenbahn aufrecht:

  • Auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Weingarten existiert heute – außer dem früheren Stationsgebäude der Normalspurstrecke – auch noch die ehemalige Wagenhalle der Straßenbahn. Sie wurde im Sprachgebrauch der Deutschen Bundesbahn analog zu den anderen Dienststellen früher auch Betriebswerk genannt. Die Halle wird heute als Betriebshof der DB ZugBus Regionalverkehr Alb-Bodensee (Niederlassung Weingarten) benutzt, im Inneren befindet sich unter anderem eine Bus-Waschanlage. Auf dem ehemaligen Gleisvorfeld werden ebenfalls Busse abgestellt, Meterspurgleise sind jedoch auch dort keine mehr vorhanden. Das Gelände befindet sich somit bis heute im Besitz der Deutschen Bahn AG, welche 1994 die Rechtsnachfolge der zuvor aufgelösten Deutschen Bundesbahn übernahm. Des weiteren sind im Hallenvorfeld auch noch zwei Oberleitungsmasten erhalten geblieben, sie werden heute als Straßenlaternen genutzt.
  • Im Bereich der ehemaligen Haltestelle (seit 1931 auch Ausweichstelle) Ravensburg Frauentor – der heutigen Bushaltestelle Ravensburg Schussenstraße – ist außerdem noch das hölzerne Stationsgebäude erhalten geblieben (angebaut an den Grünen Turm). Das Bauwerk wurde um die Jahrhundertwende herum von der LAG errichtet und als Fahrkartenverkaufsstelle genutzt, heute dient es als Kiosk[1].
  • Vereinzelt sind an den Gebäuden entlang der Strecke noch die Halterungen zur Abspannung der früheren Oberleitung erhalten geblieben, neben einfachen Wandhaken (z. B. in der Weingartener Abt-Hyller-Straße) darunter auch mindestens acht kunstvoll ornamentierte Oberleitungsrosetten aus dem Jahr der Elektrifizierung (an den Häusern Gartenstraße 8, Gartenstraße 10/12, Gartenstraße 34, Schussenstraße 2 sowie – ebenfalls in der Schussenstraße – vier weitere an den Gebäuden der ehemaligen Maschinenfabrik Ravensburg).
  • In Weingarten (Liebfrauenstraße 54) erinnert der Name des italienischen Restaurants La Fermata (italienisch für Die Haltestelle) bis heute an die frühere Haltestelle Weingarten Lamm (heutige Bushaltestelle Weingarten Linse). Diese befand sich unmittelbar hinter dem Gebäude des Restaurants.
  • Als weiteres Relikt ist die Deutsche Bahn AG – vertreten durch ihre Tochtergesellschaft Regionalverkehr Alb-Bodensee (RAB) – auch heute noch maßgeblich am Stadtverkehr der beiden Städte beteiligt. Die RAB ist zusammen mit den Stadtwerken Ravensburg, den Stadtwerken Weingarten und zwei weiteren privaten Busunternehmen Mitgesellschafterin der stadtbus Ravensburg Weingarten GmbH. Sie hält mit 45,2 % den größten Anteil am gemeinsamen Unternehmen, in der Realität ist der Verkehrsanteil der RAB jedoch noch größer. Denn diese übernimmt über ihre eigenen Linien hinaus auch die Betriebsführung auf den Linien, welche auf die Stadtwerke Ravensburg bzw. die Stadtwerke Weingarten konzessioniert sind. Die beiden Stadtwerke besitzen selbst keine eigenen Busse. Die Durchführung von Stadtbusverkehren durch die DB bzw. durch eine DB-Tochter ist dabei vergleichsweise selten und in diesem Fall auf die Konzessionierung der früheren Straßenbahn zurückzuführen. Normalerweise betreiben die Unternehmen der DB Stadtverkehr GmbH – in der Regel Nachfolgegesellschaften der ehemaligen DB-Bahnbussparte – nämlich überwiegend Überlandverkehre, innerstädtische Verkehre sind hingegen eher die Ausnahme.

Heutige Verkehrssituation

Die ehemalige Straßenbahnstrecke ist bis heute die Hauptachse im ÖPNV der Städte Ravensburg und Weingarten geblieben, die meisten Bus-Haltestellen entsprechen in Lage und Bezeichnung noch den früheren Straßenbahn-Haltestellen. Direkter Nachfolger der Straßenbahn sind dabei die Buslinien 1 und 2, ihre Streckenführung deckt sich exakt mit derjenigen der ehemaligen Straßenbahnlinie. Allerdings bedienen die beiden Linien darüber hinaus im Norden zusätzlich auch noch die Ortschaft Baindt und im Südwesten zusätzlich die Ravensburger Stadtteile Schmalegg und Weststadt. Die Haltestellen im Einzelnen:

Frühere Straßenbahnhaltestellen Heutige Bushaltestellen Bemerkungen Buslinien [1]
Ravensburg Ravensburg Bahnhof 2, 3, 5, 10, 11, 20
Ravensburg Frauentor Ravensburg Schussenstraße 20
x Ravensburg Gartenstraße Haltestelle neu eingerichtet 1, 2, 3, 5, 10, 11
Ravensburg Falken Ravensburg Falken 1, 2, 3, 5, 11
Ravensburg Heilig Kreuz Ravensburg Heilig Kreuz 1, 2, 3, 5
Ravensburg Kraftwerk Ravensburg Kraftwerk 1, 2, 3, 5, 10, 20
Ravensburg Unterburach Ravensburg Berufschulzentrum 1, 2, 5
Weingarten (Württ) Städtisches Krankenhaus Weingarten Krankenhaus 1, 2, 5, 20
Weingarten (Württ) Lamm Weingarten Linse Umbenennung erst 2007 1, 2, 5
Weingarten (Württ) Charlottenplatz Weingarten Charlottenplatz 1, 2, 5, 6, 20
x Weingarten Ev. Stadtkirche Haltestelle neu eingerichtet 1, 2, 6
Weingarten (Württ) Post Weingarten Post 1, 2, 6
Weingarten (Württ) Traube x Haltestelle aufgelassen
Weingarten (Württ) Güterbahnhof Weingarten Güterbahnhof 1, 2
Traubenhof Weingarten Haasstraße 1, 2
x Weingarten Trauben [2] Haltestelle neu eingerichtet 1, 2
Baienfurt Süd x Haltestelle aufgelassen
Baienfurt Ort Baienfurt Achtalschule 1, 2
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Ravensburg: zwischen den Haltestellen Kraftwerk und Unterburach präsentiert sich die Gartenstraße heute als breite Verkehrsschneise. Die Straßenbahntrasse lag etwa auf Höhe der äußeren Fahrspur

[1] = aufgeführt sind nur Stadtbus-Linien, die mindestens zwei Haltestellen der ehemaligen Straßenbahn bedienen. Darüber hinaus sind die selten bedienten abweichenden Linienführungen [Schülerverkehr] der Linien 5, 6, 10 und 20 sowie die selten verkehrenden Linien 16, 17 und 28 in dieser Übersicht ebenfalls nicht berücksichtigt. Die meisten Haltestellen werden darüber hinaus außerdem noch von überregionalen Buslinien bedient.

[2] = Die heutige Bushaltestelle Weingarten Trauben hieß bis 2007 Traubenhof. Diese Haltestelle hat jedoch nichts mit der ehemaligen Straßenbahn-Haltestelle Traubenhof zu tun, diese wurde durch die benachbarte Bushaltestelle Weingarten Haasstraße ersetzt.

Reaktivierungspläne

Immer wieder taucht in der Politik die Forderung auf, die ehemalige Straßenbahn Ravensburg–Weingarten–Baienfurt als Bestandteil einer modernen Regionalstadtbahn zu reaktivieren[1], so z. B. durch die Partei Bündnis 90/Die Grünen im August 2005[9]. Eine solche Reaktivierung käme jedoch einem kompletten Neubau gleich und wäre entsprechend kostspielig.

Sonstiges

  • Teile der nach der Einstellung der Straßenbahn nicht mehr benötigten Bahnstromversorgung wurden an die österreichische Montafonerbahn verkauft[1]. Diese konnte dadurch 1965 die Fahrspannung ihrer Bahnstrecke Bludenz–Schruns von zuvor 720 V Gleichstrom auf 900 V Gleichstrom erhöhen. Seit 1972 fährt sie allerdings mit der bei den ÖBB gebräuchlichen Wechselstromspannung von 15 kV, 16 2/3 Hz, dadurch wurden die aus Deutschland stammenden Anlagenteile überflüssig.
  • Seit einigen Jahren besitzt die DB (AG) wieder Straßenbahnfahrzeuge, in diesem Fall BOStrab- und EBO-taugliche Zweisystemfahrzeuge. Hierbei handelt es sich um die vier Stadtbahnwagen der Baureihe 450, sie werden auf den S-Bahn-Strecken rund um Karlsruhe und Heilbronn eingesetzt. Allerdings besitzt die DB AG für keinen der von diesen Fahrzeugen befahrenen BOStrab-Abschnitte selbst die entsprechende Konzession. D. h. sie tritt im Gegensatz zur Rechtslage auf der früheren Strecke Ravensburg–Baienfurt nirgendwo mehr als Straßenbahn-Infrastrukturbetreiber auf.

Literatur

  • Raimund Kolb: Bähnle, Mühle, Zug und Bus: Die Bahn im mittleren Schussental. Verlag Wilfried Eppe, Bergatreute 1987, ISBN 3-89089-007-5.
  • Gerd Wolff, Hans-Dieter Menges: Deutsche Klein- und Privatbahnen, Band 3: Württemberg. EK-Verlag, Freiburg 1995, ISBN 3-88255-655-2.
  • Hermann Bürnheim: Localbahn AG München. Zeunert, Gifhorn 1974, ISBN 3-921237-21-1.
  • Leonhard Bergsteiner: Bundes-Straßenbahn – Die Strecke Ravensburg–Weingarten–Baienfurt. In: BahnExtra. Nr. 3. GeraMond-Verlag, 2008, ISSN 0937-7174, S. 82–83.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k Gerhard Walter – Private Dokumentation der Bahnstrecke und Bilder der erhaltenen Relikte
  2. Stephan Kuchinke: Die Localbahn Actiengesellschaft. transpress-Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 978-3-613-71125-9, S. 97 und 101.
  3. a b Kursbuchtabelle aus dem Jahr 1944
  4. a b c d e „Vorsicht bewegt sich!“: Zeitgenössischer Zeitungsartikel zur Diskussion um die Einstellung (DIE ZEIT vom 6. März 1959)
  5. http://www.maucher-mattes.de/tram3.jpg
  6. http://www.maucher-mattes.de/tram1.jpg
  7. http://www.bahnseite.de/still.html
  8. http://www.rtm-ouddorp.nl/achtergrond/Sperwerspecial.pdf
  9. http://www.bawue.gruene-fraktion.de/cms/files/dokbin/34/34450.pdf