Paul Cézanne

französischer Maler (1839–1906)
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Paul Cézanne (* 19. Januar 1839 in Aix-en-Provence; † 22. Oktober 1906 ebenda) war ein französischer Maler. In einer Epoche des Umbruchs der Kunst zur Moderne und der Infragestellung aller künstlerischen Grundlagen wird sein Schaffen zu einem Bezugs- und Ausgangspunkt der unterschiedlichsten Ansichten. Aus der Vielzahl der von ihm später beeinflussten Künstler sind besonders Henri Matisse und Pablo Picasso zu nennen.

Foto Cézannes, um 1861
Selbstporträt, Musée d’Orsay, Paris, um 1875

Sein Werk wird unterschiedlichen Stilrichtungen zugeordnet, hauptsächlich dem Impressionismus und Spätimpressionismus, sein Frühwerk dem Realismus und der Romantik, und in seinem Spätwerk wird er als der Vater und Wegbereiter der klassischen Moderne angesehen.

Leben

Kindheit und Ausbildung

Paul Cézanne wurde als Sohn des Huthändlers und späteren Bankiers Louis-Auguste Cézanne und der Anne-Elisabeth-Honorine Aubert in der Rue de l’Opera 28 in Aix-en-Provence geboren. Seine Eltern heirateten erst nach der Geburt Pauls und seiner Schwester Marie (* 1841) am 29. Januar 1844. Seine jüngste Schwester Rose kam im Juni 1854 zur Welt. In den Jahren von 1844 bis 1849 besuchte er die Grundschule, an die sich die Ausbildung an der École de Saint-Joseph anschloss. Mitschüler waren der spätere Bildhauer Philippe Solari und Henri Gasquet, Vater des Schriftstellers Joachim Gasquet, der 1921 sein Buch Cézanne herausbringen sollte.

 
Jas de Bouffan, Privatbesitz, um 1878

Ab 1852 besuchte Cézanne das Collège Bourbon (heute Lycée Mignet), wo er Freundschaft mit dem späteren Romancier Émile Zola und dem späteren Ingenieur Jean Baptiste Baille schloss. Sie wurden als „die drei Unzertrennlichen“ bekannt.

 
Sommer, Petit Palais, Paris, 1860

Es war die wohl unbeschwerteste Zeit seines Lebens, als die Freunde an den Ufern des Arc schwammen und fischten. Sie debattierten über Kunst, lasen Homer und Vergil und verfassten eigene Gedichte. [1] Im Juni 1958 schaffte Cézanne die Prüfung zum Baccalauréat nicht, die er im November wiederholte und mit der Note „befriedigend“ abschloss.

Auf Wunsch des Vaters, der in seinem Sohn traditionell den Erben seiner 1848 gegründeten Bank Cézanne & Cabassol sah, immatrikulierte er sich 1859 an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität von Aix-en-Provence und belegte Vorlesungen für das Studium der Jurisprudenz. Er legte ein Jahr darauf das erste juristische Examen ab, schrieb sich aber nicht mehr für das zweite Studienjahr ein.

Zusätzlich zum Studium nahm Cézanne ab 1859 in Abendkursen Unterricht an der Freien Städtischen Zeichenschule der Stadt, die im Kunstmuseum von Aix, dem Musée Granet, untergebracht war. Sein Lehrer war der akademische Maler Joseph Gibert. Im August 1859 gewann er dort den zweiten Preis im Kurs für Figurenstudien. Sein Vater kaufte im gleichen Jahr das Anwesen Jas de Bouffan (Haus des Windes). Dieser zum Teil verfallene barocke Palast des ehemaligen Provinzgouverneurs wurde später für lange Zeit Wohnhaus und Arbeitsplatz des Malers.

Im Jahr 1960 erhielt Cézanne von seinem Vater die Erlaubnis, die Wände des Salons auszumalen; es entstanden die großformatigen Wandgemälde der vier Jahreszeiten: Frühling, Sommer, Herbst und Winter (heute im Petit Palais in Paris), die Cézanne ironisch mit Ingres signierte, dessen Werke er nicht schätzte. Das Winterbild enthält zusätzlich die Datierung 1811, sie bildet eine Anspielung auf Ingres' Gemälde Jupiter und Thetis, das zu dieser Zeit gemalt wurde und im Musée Granet ausgestellt ist. Vermutlich entstanden zuerst die Bilder Sommer und Winter, in denen sich noch eine gewisse Unbeholfenheit im Umgang mit der malerischen Technik zeigt. Frühling und Herbst erscheinen besser durchgearbeitet. [2] Gemeinsam ist der Jahreszeitenfolge eine romantisierende Ausstrahlung, wie sie später in Cézannes Werken nicht mehr anzutreffen ist.

Studium in Paris

 
Porträt Achille Emperaire, Musée d'Orsay, Paris, um 1868

Zola, der im Februar mit seiner Mutter nach Paris gezogen war, legte ihm eindringlich nahe, ihm dorthin zu folgen. Unter der Bedingung, ein ordentliches Studium anzutreten, gab der Vater dem Wunsch des Sohnes nach, und Cézanne zog im April 1861 nach Paris. Die großen Hoffnungen, die Cézanne in Paris gesetzt hatte, erfüllten sich nicht. Er bewarb sich an der École des Beaux-Arts, wurde dort abgewiesen und studierte daher an der Académie Suisse; hauptsächlich belegte er Kurse im Aktzeichnen. Dort traf er den zehn Jahre älteren Camille Pissarro und Achille Emperaire aus seiner Heimatstadt Aix. Er kopierte oft im Louvre nach Werken alter Meister wie Michelangelo, Rubens und Tizian. Doch die Stadt blieb ihm fremd, und er dachte bald an eine Rückkehr nach Aix-en-Provence.

Zolas Glaube an Cézannes Zukunft war erschüttert, so schrieb er schon im Juni an den gemeinsamen Jugendfreund Baille: „Paul ist immer noch der vortreffliche und seltsame Bursche, wie ich ihn in der Schule gekannt habe. Zum Beweis dafür, daß er nichts von seiner Originalität eingebüßt hat, brauche ich dir nur zu sagen, daß er, kaum hier eingetroffen, davon sprach, zurückzukehren.“ [3] Cézanne malte ein Porträt Zolas, das dieser von ihm erbat, um dem Freund Mut zu machen; doch das Ergebnis fand Cézanne entmutigend, sodass er das Bild zerstörte. Im September 1961 kehrte Cézanne, enttäuscht durch die Ablehnung an der École, nach Aix-en-Provence zurück und arbeitete in der Bank seines Vaters.

 
Landschaft mit Brunnen, Sammlung Bénatov, Paris, 1865-67

Cézanne zog im Spätherbst 1862 erneut nach Paris, da er sich nicht mit der Arbeit im Bankwesen anfreunden konnte. Sein Vater sicherte sein Existenzminimum mit einem monatlichen Wechsel von über 150 Franc ab. Die École des Beaux-Arts lehnte ihn erneut ab. Er besuchte daher wieder die Académie Suisse, die den Realismus förderte. „Ah. Die Bohème der sechziger Jahre!“ – So wird er diese bedeutende Zeit der Malerei später preisen, in der er fast alle seine Mitstreiter kennen lernte, nach Pissarro auch Claude Monet, Pierre-Auguste Renoir und Alfred Sisley.

Cézanne arbeitete wie viele seiner Zeit im Louvre nach den Meistern, stand aber genauso unter dem Eindruck Gustave Courbets und Eugene Delacroixs, die auf verschiedene Weise gleichfalls nach einer Erneuerung der Meister strebten. Der Ausschluss der Werke von Édouard Manet, Pissarro und Monet vom offiziellen Salon, dem Salon de Paris, im Jahr 1863 rief eine solche Empörung hervor, dass Napoléon III., neben dem offiziellen Salon, einen „Salon des Refusés“ (Salon der Abgelehnten) einrichten ließ, in dem auch Cézannes Werke ausgestellt wurden, denn wie in den folgenden Jahren, wurde er nicht zum offiziellen Salon zugelassen, der weiterhin die klassische Malweise nach Ingres forderte, und diese Sicht entsprach auch dem Geschmack des bürgerlichen Publikums.[4]

Von Paris kehrte er 1865 nach Aix zurück. Im Herbst 1866 führte er dort eine ganze Serie von Bildern in Spachteltechnik aus (Stillleben und Porträts). Zurück in Paris, lernte er 1869 an der Académie Suisse die elf Jahre jüngere Buchbindergehilfin Hortense Fiquet kennen, die als Malermodell arbeitete, um sich einen kleinen Nebenverdienst zu erwerben.

L’Estaque – Auvers-sur-Oise – Pontoise 1870–1874

Datei:Cézanne, Schneeschmelze.jpg
Schneeschmelze in L’Estaque, um 1870, Bührle Collection, Zürich

1870 lebten Cézanne und Hortense Fiquet während des Deutsch-Französischen Krieges im Fischerdorf L'Estaque bei Marseille, das er auch später häufig aufsuchen und malen sollte, da ihn die mediterrane Atmosphäre des Ortes faszinierte. Der Einberufung zum Wehrdienst hatte Cézanne sich als Kriegsdienstverweiger entzogen.

Nach Ausrufung der Pariser Kommune kehrte das Paar im Mai 1871 nach Paris zurück. Dort wurde am 4. Januar 1872 der gemeinsame Sohn Paul geboren. Cézanne verbarg seine nicht standesgemäße Familie vor dem Vater, um das Geld nicht zu verlieren, das dieser ihm zum Leben als Künstler zukommen ließ.

 
Blick auf Auvers, Art Institute, Chicago, um 1874

Von Ende 1872 bis 1874 lebte er mit Frau und Kind in Auvers-sur-Oise, wo er den Arzt und Kunstfreund Paul Gachet kennenlernte, den späteren Arzt des Malers Vincent van Gogh, dessen Porträt von Gachet weltberühmt wurde. Gachet war auch ein ambitionierter Freizeitmaler und stellte Cézanne sein Atelier zur Verfügung.

Cézanne folgte 1872 einer Einladung des Freundes Pissarro zur Zusammenarbeit nach Pontoise im Tal der Oise. Pissarro als einfühlsamer und toleranter Künstler wurde für den menschenscheuen, reizbaren Cézanne zum Mentor; er konnte ihn zur Abkehr von den dunklen Farben auf seiner Farbpalette überzeugen und gab ihm den Rat: „Malen Sie immer nur mit den drei Grundfarben (Rot, Gelb, Blau) und ihren unmittelbaren Abweichungen.“ Außerdem solle er auf lineare Konturierung verzichten, die Gestalt der Dinge ergäbe sich durch die Abstufung der farblichen Tonwerte. Cézanne spürte, dass ihn die impressionistische Technik seinem Ziel näher brachte und folgte dem Rat des Freundes. Sie malten oft gemeinsam vor dem Motiv. Später berichtete Pissarro: „Wir waren ständig zusammen, aber trotzdem bewahrte sich jeder von uns das, was allein zählt; die eigene Empfindung.“

Ein deutliches Beispiel ist in den oben gezeigten Gemälden zu sehen: Das spätere Werk Blick auf Auvers zeigt im Gegensatz zu den dunklen Farben und den starken Konturen der Schneeschmelze die von Pissarro erlernte Technik, verbunden mit Cézannes genauer Beobachtung der Landschaft. [5]

Erste impressionistische Gruppenausstellungen ab 1874

 
Porträt des Victor Choquet, Privatbesitz, 1876/77

Vom 15. April bis zum 15. Mai 1874 organisierte Camille Pissarro maßgeblich die erste Gruppenausstellung der Impressionisten, die „Société anonyme des artistes, peintres, sculpteurs, graveurs“, und Pissarro war es, der Cézannes Teilnahme gegen die Bedenken einiger Mitglieder durchsetzte. Die Impressionisten sahen im Salon keine angemessene Beurteilung ihrer Werke und hielten ein Urteil der unvoreingenommenen „Laien“ für wichtiger. Insgesamt wurden 165 Werke von 30 Künstlern, darunter Monet, Renoir, Degas, Pissarro, Sisley und Cézanne in den Räumen des Fotografen Nadar am Boulevard des Capucines ausgestellt. Cézanne erregte mit seinen Gemälden wie der Landschaft bei Auvers und der Modernen Olympia das größte Aufsehen. [6] Die Ausstellung erwies sich als Misserfolg. Das Haus des Gehängten gehörte zu den Bildern, die trotz der Verrisse verkauft werden konnten. Der Sammler Graf Doria erwarb es für 300 Francs. Bei der Schlussabrechnung ergab sich ein Defizit von über 180 Francs für jeden der teilnehmenden Künstler. [7]

Im Jahr 1876 traf er den Zollinspektor und Kunstsammler Victor Chocquet, der, vermittelt durch Renoir, drei seiner Arbeiten kaufte und sein erster und treuester Sammler wurde. An der zweiten Ausstellung der Gruppe nahm Cézanne nicht teil, präsentierte dafür dort im Jahr 1877, in der dritten Ausstellung, gleich 16 seiner Werke, die sich wiederum erhebliche Kritik zuzogen. Es war das letzte Mal, dass er gemeinsam mit den Impressionisten ausstellte. [8]

Ein weiterer Förderer war der Farbenhändler Julien „Père“ Tanguy, der die jungen Maler unterstützte, indem er ihnen Farben und Leinwand lieferte und dafür Gemälde erhielt.

In den Jahren zwischen 1874 bis 1880 pendelte Cézanne zwischen Paris, wo Hortense und sein Sohn wohnten, Aix, Marseille und L’Estaque. Gegen Ende der 1870er Jahre erfuhr der Vater durch eine unbedachte briefliche Äußerung Victor Chocquets von der lange verborgen gehaltenen Beziehung zu Hortense und dem gemeinsamen unehelichen Sohn Paul. Er kürzte darauf den monatlichen Wechsel um die Hälfte, und für Cézanne begann eine finanziell angespannte Zeit, in der er Zola um Hilfe bitten musste. [9]

Mit Antoine Guillemet wurde im Jahr 1882 ein Freund Cézannes Mitglied der Jury des Salons. Da jedes Jurymitglied das Privileg hatte, ein Bild eines seiner Schüler zu zeigen, gab er Cézanne als seinen Schüler aus und erreichte dessen erste Teilnahme. Das Werk, es war ein Porträt seines Vaters aus den sechziger Jahren, wurde an die schlecht belichtete Stelle eines abgelegenen Saals in die oberste Reihe gehängt und erfuhr keinerlei Beachtung.

Im Herbst 1885 und den folgenden Monaten hielt sich Cézanne in Gardanne auf, einer kleinen, auf einem Hügel gelegenen Stadt in der Nähe von Aix-en-Provence, wo er mehrere Gemälde schuf, deren facettierte Formen den Malstil des Kubismus antizipieren.

Bruch mit Zola, Heirat 1886

 
Mme Cézanne in rotem Lehnstuhl, Museum of Fine Arts, Boston, 1877

Die freundschaftliche Beziehung zu Émile Zola war schon seil längerer Zeit distanzierter geworden. Der erfolgreiche Schriftsteller hatte sich ein luxuriöses Sommerhaus in Médan in der Nähe von Auvers eingerichtet, wo ihn Cézanne oft besucht hatte, um in der Umgebung im Freien zu malen, doch der aufwändige Lebensstil des Freundes hatte ihn, der ein anspruchsloses Leben führte, befremdet.

Zola, der den Jugendfreund inzwischen als einen Gescheiterten betrachtete, veröffentlichte im März 1886 seinen Roman „L'Œuvre“, dessen Protagonist, der Maler Claude Lantier, die Verwirklichung seiner Ziele nicht erreicht und Selbstmord begeht. Cézanne bedankte sich förmlich für die Zusendung des vermutlich auf ihn bezogenen Werks. Der Kontakt der beiden Jugendfreunde brach daraufhin für immer ab.

Am 28. April 1886 heirateten Cézanne und Hortense Fiquet in Anwesenheit von Cézannes Eltern in Aix. Die Verbindung zu Hortense wurde nicht aus Liebe legalisiert, da ihre Beziehung schon seit längerem gestört war. Vielmehr sollte der inzwischen vierzehnjährigen Sohn Paul, den Cézanne sehr liebte, als ehelicher Sohn in seinen Rechten gesichert werden. Im Oktober 1886, nach dem Tod des Vaters, erbten Cézanne, seine Mutter und Schwestern dessen Vermögen, zu dem auch das Landgut Jas de Bouffan gehörte, sodass Cézannes finanzielle Lage entspannter wurde.

Ausstellung bei Les Vingt 1890

 
Das Landgut Jas de Bouffan, 1885–87, Staatsgalerie Prag

Cézanne lebte in Paris und zunehmend in Aix ohne seine Familie. Im Januar 1888 besuchte ihn Renoir, und sie arbeiteten dort gemeinsam im Atelier des Jas de Bouffan. Im Jahr 1890 erkrankte er an Diabetes; durch die Krankheit wurde er noch schwieriger im Umgang mit seinen Mitmenschen.

in der Hoffnung, die gestörte Beziehung zu Hortense könne sich stabilisieren, reiste Cézanne mit ihr und Sohn Paul durch die Schweiz. Der Versuch missglückte, denn Cézanne kehrte nach der Reise in die Provence zurück, Hortense und Paul nach Paris.

Im gleichen Jahr stellte er drei seiner Werke bei der Gruppe Les Vingt in Brüssel aus. Die Société des Vingt, kurz Les XX oder Les Vingt, deutsch Die XX oder Die Zwanzig war eine 1883 oder 1884 (Januar) gegründete Vereinigung von belgischen oder in Belgien lebenden Künstlern, darunter Fernand Khnopff, Théo van Rysselberghe, James Ensor und das Geschwisterpaar Anna und Eugène Boch.

Cézannes erste Einzelausstellung in Paris 1895

Im Mai 1895 besuchte er zusammen mit Pissarro die Ausstellung Monets in der Galerie Durand-Ruel. Er war begeistert, nannte aber später bezeichnenderweise das Jahr 1868 als Monets stärkste Zeit, als dieser noch mehr unter dem Einfluss Courbets stand. Mit seinem Studienkameraden aus der Académie Suisse, Achille Emperaire, begab sich Cézanne in das Gebiet um den Ort Le Tholonet, wo er im „Chateau Noir“ wohnte, das am Sainte Victoire Gebirge liegt. Besonders das Gebirge nahm er in seinen Gemälden oft zum Thema und mietete sich auch am nah gelegenen Steinbruch Bibémus ein Häuschen; Bibémus war ein weiteres Motiv für seine Gemälde.

Ambroise Vollard, ein aufstrebender Galerist, eröffnete im November 1895 Cézannes erste Einzelausstellung. Er zeigte in seiner Galerie eine Auswahl von 50 aus etwa 150 Werken, die ihm Cézanne als Paket zugeschickt hatte. Über die Ausstellung eines Manet-Konvoluts in seinem kleinen Laden hatte Vollard 1894 Degas und Renoir kennengelernt, die bei ihm Manet-Arbeiten gegen eigene Werke eintauschten.

 
Die Mühle an der Couleuvre bei Pontoise, Nationalgalerie Berlin, 1881

Vollard knüpfte auch Beziehungen zu Bonnard und Vuillard, und als im gleichen Jahr der bekannte Farbenhändler Tanguy starb, konnte Vollard aus dessen Nachlass sehr günstig Arbeiten von drei damals noch Unbekannten kaufen: Cézanne, Gauguin und van Gogh. […] Der erste Käufer eines Cézanne-Gemäldes war Monet, es folgten Kollegen wie Degas, Renoir, Pissaro und später dann Sammler. Die Preise für Cézannes stiegen um das Hundertfache, und Vollard profitierte wie stets von seinen Lagerbeständen. [10]

Im Jahr 1897 erfolgte der erste Museumsankauf durch die Berliner Nationalgalerie unter dem Direktor Hugo von Tschudi. Es handelte sich um Cézannes Landschaftsmalerei Die Mühle bei Pontoise.

Cézannes Mutter starb am 25. Oktober 1897. Cézanne verkaufte 1899 das nun praktisch verwaiste Anwesen Jas de Bouffan und bezog eine kleine Stadtwohnung in der Rue Boulegon in Aix-en-Provence, wo er eine Haushälterin, Mme Bremond, einstellte, die ihn bis zu seinem Tod betreuen sollte.

Hommage à Cézanne

Nach der Anerkennung durch die Mitstreiter und die Avantgarde der nächsten Generation änderte sich die Einschätzung des Kunstmarkts zum Positiven. Pissarro schrieb im Juni 1899 aus Paris von der Versteigerung der Sammlung Chocquets: „Es sind zweiunddreißig erstklassige Cézannes dabei. […] Die Cézannes wird man wohl sehr teuer verkaufen, sie werden schon um die 4000 bis 5000 Francs vornotiert.“ Zum Vergleich: 1894 erzielten Cézannes Gemälde noch zwischen 45 und 215 Francs in Auktionen, kurz darauf waren es bereits 600 bis 800 Francs.

Im Jahr 1901 stellte Maurice Denis sein großes Gemälde Hommage à Cézanne aus, ein Bild, das Cézanne im Kreis seiner Künstlerfreunde in der Galerie Vollard darstellt. Sie umringen den Maler und dessen Staffelei, auf der Cézannes Gemälde Stillleben mit Früchten platziert ist. [11]

Eine weitere Würdigung erfuhr Cézanne während einer Ausstellung im Salon des Indépendants von 1904, wo 33 seiner Werke gezeigt wurden. Charles Maurice benannte die Ausstellung mit den Worten im „Mercure de France“: „Eine einzige Hommage an Cézanne“.

Die letzten Jahre

1901 erwarb Cézanne ein Grundstück nördlich der Stadt Aix-en-Provence, wo er nach seinen Bedürfnissen 1902 ein Atelier bauen ließ, das Atelier des Lauves. Für großformatige Gemälde wie Die Großen Badenden, die im Atelier entstanden, ließ er an der Außenwand einen langen schmalen Mauerspalt errichten, durch den natürliches Licht fließen konnte. In diesem Jahr starb Zola, was Cézanne trotz der Entfremdung in Trauer versetzte.

Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich mit zunehmendem Alter; zu seiner Zuckerkrankheit kamen Altersdepressionen hinzu, die sich in wachsendem Misstrauen gegenüber seinen Mitmenschen bis hin zum Verfolgungswahn äußerten. Allerdings machten es ihm die Aixer Mitbürger und Teile der Presse auch nicht leicht, da trotz der zunehmenden Anerkennung des Künstlers gehässige Pressetexte und Drohbriefe ihm das Leben erschwerten. [12] „Ich verstehe die Welt nicht, und die Welt versteht mich nicht, darum habe ich mich von der Welt zurückgezogen“, so äußerte sich der alte Cézanne gegenüber seinem Kutscher. [13]

 
Schädelpyramide, Privatbesitz, um 1901

Im Jahr 1903 stellte er zum ersten Mal im neu gegründeten Salon d'Automne (Pariser Herbstsalon) aus. Der Maler und Kunsttheoretiker Émile Bernard besuchte Cézanne erstmals 1904, wurde sein Schüler und veröffentlichte im Juli einen Artikel über den Maler in der Zeitschrift „L’Occident“. Mit Bernard entspann sich ein Briefwechsel bis zu Cézannes Tod, und seine Gespräche mit Cézanne gab er als Buch heraus.

 
Bildnis des Gärtners Vallier, Sammlung Berggruen, Berlin, 1906. An diesem Gemälde arbeitete Cézanne kurz vor seinem Tod.

Vom 15. Oktober bis zum 15. November des Jahres war ein ganzer Raum des Salon d’Automne mit den Werken Cézannes ausgestattet. Ein Jahr später fand eine Sammelausstellungen in London statt, wo auch seine Arbeiten aufgenommen wurden; die Galerie Vollard zeigte im Juni seine Werke, und der Salon d'Automne schloss sich wiederum vom 19. Oktober bis zum 25. November mit 10 Gemälden an.

Trotz dieser späten Erfolge: Seinen Zielvorstellungen konnte Cézanne sich immer nur annähern, so schrieb er fünf Wochen vor seinem Tod an seinen Sohn: „[…] Ich kann nicht die Intensität erreichen, die sich vor meinen Sinnen entwickelt, ich besitze nicht jenen wundervollen Farbenreichtum, der die Natur belebt.“ [14]

Am 15. Oktober 1906 geriet Cézanne beim Malen vor dem Motiv in ein Unwetter; stark unterkühlt, zog er sich eine schwere Lungenentzündung zu. Am nächsten Tag ging er noch in den Garten, um an seinem letzten Gemälde, dem Bildnis des Gärtners Vallier, zu arbeiten und schrieb einen ungehaltenen Brief an seinen Farbenhändler, in dem er die Verzögerung der Farbenlieferung beklagte. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich jedoch zusehends. Seine Frau Hortense und Sohn Paul wurden telegrafisch von der Haushälterin informiert, doch sie kamen zu spät. Am 22. Oktober starb Cézanne. [15]

Der Salon d'Automne widmete Cézanne im Jahr 1907 postum eine Hommage und stellte eine Auswahl von 56 Werken in seinen Räumen aus.

Zum Werk

Cézannes Malperioden

Paris 1861–1871: Cézannes frühe „dunkle“oder „barocke“ Periode war beeinflusst von den Werken der französischen Romantik und des beginnenden Realismus, Vorbilder waren Eugène Delacroix und Gustave Courbet. Seine Gemälde sind gekennzeichnet durch einen dicken Farbauftrag, kontrastreiche, dunkle Töne mit ausgeprägten Schatten, die Verwendung von reinem Schwarz und anderen mit Schwarz vermischten Farbtönen, braun, grau sowie preußisch-blau; gelegentlich kommen einige weiße Tupfen oder grüne und rote Pinselstriche zum Aufhellen hinzu, welche die monochrome Eintönigkeit belebt. [16] Themen seiner Bilder aus dieser Zeit sind Porträts der Familienmitglieder oder dämonisch-erotischen Inhalts, in denen eigene traumatische Erlebnisse anklingen. Beispiele sind Die Entführung und Der Mord.

Paris/Provence 1872–1882: In Cézannes zweiter – impressionistischen – Periode orientierte er sich an Werken von Camille Pissarro und Edouard Manet, gab seine dunkle Malweise auf und wendete helle, leuchtende Farben an. Dadurch befreite er sich von seiner Technik des schweren, oft überladen wirkenden Farbauftrags und übernahm die lockere, aus nebeneinander gesetzten Pinselstrichen bestehende Maltechnik seiner neuen Künstlerfreunde. Porträts und figürliche Kompositionen traten in diesen Jahren zurück, Cézanne bevorzugte Landschaftsgemälde, in denen er aufgrund analytischer Methoden die sichtbare Realität auf ihre geometrischen Grundformen zurückführte. Unter anderem entstanden Gemälde mit Motiven vom Jas de Bouffan und von L’Estaque.

Provence 1883–1895: In Cézannes dritter, der reifen „Periode der Synthese“, ergab sich die Trennung von der impressionistischen Malweise, indem er unter flächig-diagonalem Farbauftrag die Formen verfestigte und unter Verzicht auf Perspektive sowie starker Vereinfachung und Ausgewogenheit der Komposition Landschafts- und Figurenbilder schuf. In einem Brief an seinen Freund Joachim Gasquet schrieb Cézanne: „Die farbigen Flächen, immer die Flächen! Der farbige Ort, wo die Seele der Flächen bebt, die prismatische Wärme, die Begegnung der Flächen im Sonnenlicht. Ich entwerfe meine Flächen mit meinen Farbabstufungen auf der Palette, verstehen Sie mich! […] Die Flächen müssen deutlich in Erscheinung treten. Deutlich […] aber sie müssen richtig verteilt sein, ineinander übergehen. Alles muss zusammenspielen und doch wieder Kontraste bilden. Auf die Volumen allein kommt es an!“  [16]

Provence 1896–1906: Eine Hinwendung zu frei erfundenen Figuren in der Landschaft bestimmen viele Werke des Spätwerks, der sogenannten „lyrischen Periode“, wie etwa der Zyklus der Badenden; Cézanne schuf etwa 140 Gemälde und Skizzen zum Thema der Badeszenen. Hier findet sich seine Verehrung für die klassische Malerei wieder, die in arkadischen Idyllen Mensch und Natur in Harmonie zu vereinigen sucht. In den letzten sieben Jahren schuf er drei großformatige Fassungen von Die Großen Badenden (Les Grandes Baigneuses), wobei das in Philadelphia ausgestellte das größte ist mit einem Format von 208 × 249 cm. [17] Cézanne geht es um die Komposition und das Zusammenspiel von Formen und Farben, von Natur und Figuren. Für seine Gemälde in dieser Zeit benutzt er als Vorlage Skizzen und Fotografien, er arbeitete oft ohne Modelle. Die großen Badenden sind dafür ein Beispiel.

Die Gegend um das Gebirge Montagne Sainte-Victoire zählte zu einem der wichtigsten Themenkreise der späten Jahre. Eine genaue Naturbeobachtung war Voraussetzung für Cézannes Malerei: „Um eine Landschaft zu malen, muß ich zuerst die geologische Schichtung kennen.“ Insgesamt malte er mehr als 30 Ölbilder sowie 45 Aquarelle des Gebirges, und er war stets darauf bedacht, „Konstruktionen und Harmonien parallel zur Natur“ zu finden.

In den Werkgruppen Montagne Sainte-Victoire und den Stillleben verwirklichte Cézanne seine Ideen der Malerei: „Man behandle die Natur gemäß Zylinder, Kugel und Kegel und bringe das Ganze in die richtige Perspektive, so daß jede Seite des Objekts, einer Fläche nach dem zentralen Punkt führt.“ [18]

Die Stillleben, die Cézanne schon ab den späten 1880er Jahren malte, sind ein weiterer Schwerpunkt seines späteren Werks. Da er auf die linearperspektivische Wiedergabe der Motive auf seinen Bildern verzichtete, stellte er sie in der für ihn kompositorisch wichtigen Dimension dar; so kann beispielsweise eine Birne überdimensional groß sein, um das innerbildliche Gleichgewicht und eine spannungsreiche Komposition zu erreichen. Er baute seine Arrangements im Atelier auf. Neben den Früchten sind es Krüge, Töpfe und Teller, gelegentlich ein Putto, oft umgeben von einem weißen, gebauschten Tischtuch, das dem Sujet barocke Fülle verleiht. […] Nicht die Gegenstände sollen Aufmerksamkeit erregen, sondern die Anordnung der Formen und Farben auf der Fläche. Cézanne entwickelte die Komposition aus einzelnen, über die Leinwand verteilten Farbtupfen, aus denen sich allmählich Form und Volumen des Gegenstands aufbauen. Die Erreichung des Gleichgewichts dieser Farbflecken auf der Leinwand erfordert eine langsame Arbeitsweise, sodass Cézanne oft eine lange Zeit vor der Leinwand verbrachte. [19]

Methode

Datei:Paul Cézanne, Jeune garçon au gilet rouge (1888-89).jpg
Junger Mann mit roter Weste, Stiftung Sammlung E. G. Bührle, Zürich, 1888/89. Dieses Bild fiel im Februar 2008 einem Kunstraub zum Opfer. [20]

Wie für die Antike und die alten Meister ist für Cézanne die Grundlage der Malerei das Zeichnen, die Voraussetzung aller Arbeit aber die Unterordnung unter den Gegenstand, bzw. das Auge oder das reine Schauen: „Das ganze Wollen des Malers muss schweigen. Er soll in sich verstummen lassen alle Stimmen der Voreingenommenheit. Vergessen! Vergessen! Stille schaffen! Ein vollkommenes Echo sein. […] Die Landschaft spiegelt sich, vermenschlicht sich, denkt sich in mir. […] Ich steige mit ihr zu den Wurzeln der Welt. Wir keimen. Eine zärtliche Erregung ergreift mich und aus den Wurzeln dieser Erregung steigt dann der Saft, die Farbe. Ich bin der wirklichen Welt geboren. Ich sehe! […] Um das zu malen muss dann das Handwerk einsetzen, aber ein demütiges Handwerk, das gehorcht und bereit ist, unbewusst zu übertragen.“ [21] Mit einem Wort: „Meine Methode ist der Hass gegen das Phantasiegebilde.“

 
Ingwertopf und Früchte, The Barnes Foundation, Merion, Pennsylvania, um 1895

Der Maler und Kunsttheoretiker Émile Bernard, der Cézanne in dessen letzten Jahren kennenlernte, und der auch zeitweise sein Schüler war, schrieb über dessen Arbeitsweise: „Seine Arbeitsmethode war eigenartig und vollkommen abweichend von den gebräuchlichen. Er begann mit den Schattenteilen und mit einem Fleck, auf den er einen zweiten, größeren setzte, dann einen dritten, bis alle diese Farbtöne, einander deckend, mit ihrem Kolorit den Gegenstand modellierten. Da begriff ich, dass ein Harmoniegesetz seine Arbeit leitete und dass diese Modulationen eine im voraus in seinem Verstand festgesetzte Richtung hatten.“ [22] In dieser vorherbestimmten Richtung liegt für Cézanne das eigentliche Geheimnis der Malerei, nämlich der Zusammenhang von Harmonie und der Illusion der Tiefe: „Die Farbe muss diesen Sprung in die Tiefe ausdrücken. Daran erkennt man das Können des Malers. […] Aus der genauen Beziehung der Farbtöne geht die Modellierung hervor. Wenn die Töne harmonisch nebeneinander stehen, modelliert sich das Bild von selbst.“ Einem Besucher erklärte er, nacheinander auf zwei Teile seines Bildes deutend und ohne überhaupt Zeichnung und Tiefe zu unterscheiden: „Sehen Sie, hier, das ist gezeichnet, das ist gut, aber hier, das ist schlecht, hier ist die Farbe Farbe geblieben und nicht Ausdruck der Tiefe.“

Cézannes Kriterien

Cézanne verwendete vorzugsweise drei Begriffe, wenn er sein malerisches Verfahren beschrieb. Da ist zunächst das „Motiv“, mit dem er nicht nur den gegenständlichen Begriff des Bildes meinte, sondern ebenfalls die Motivation für seine unermüdliche Arbeit des Beobachtens und Malens. […] Aller sur le motif, wie er seinen Gang zur Arbeit nannte, bedeutete demnach, in eine Beziehung zu einem äußeren Objekt zu treten, das den Künstler innerlich bewegt und das es bildnerisch umzusetzen gilt.

Sensation (Empfindung), ist ein weiterer Schlüsselbegriff in Cézannes Vokabular […]. Zunächst meinte er die visuelle Wahrnehmung im Sinne der „Impression“, also ein vom Objekt ausgehender optischer Sinnesreiz. Zugleich umfasst er die Emotion als psychische Reaktion auf das Wahrgenommene. Ausdrücklich stellte Cézanne nicht das darzustellende Objekt, sondern die sensation in den Mittelpunkt seiner malerischen Bemühungen: „Nach der Natur malen bedeutet nicht den Gegenstand kopieren, es bedeutet seine Empfindungen zu realisieren.“ […] Das Medium, das zwischen den Dingen und den Empfindungen vermittelte, war die Farbe, wobei Cézanne offen ließ, wie weit sie den Dingen entspringt oder aber eine Abstraktion seines Sehen ist.

Mit dem dritten Begriff réalisation bezeichnete Cézanne die eigentliche malerische Aktivität, vor dessen Scheitern er sich bis zuletzt fürchtete […]. Zu „realisieren“ galt es mehreres zugleich: zunächst das Motiv in seiner Vielfalt, des weiteren die Empfindungen, die das Motiv in ihm auslöste, und schließlich das Gemälde selbst, dessen Verwirklichung die anderen „Realisierungen“ ans Licht bringen konnte. „Malen“ hieß demnach, jene gegenläufigen Bewegungen des Aufnehmens und Abgebens, der „Impression“ und der „Expression“ in einer einzigen Geste ineinander aufgehen zu lassen. [23]

Bedeutung

 
Mont Sainte-Victoire, Museum of Art, Philadelphia, 1904

Picasso bewunderte die in die Moderne weisenden Elemente in Cézannes Werk: „Cézanne, c'est notre père à tous (Cézanne ist unser aller Vater)“, lehnte jedoch eine Rückbesinnung auf die Vergangenheit ab: „Ich bin überhaupt nicht einverstanden mit Cézannes Idee, Nicolas Poussin neu zu schaffen, nach der Natur, wie er es wollte.“ Heute stehen sich im Wesentlichen zwei Meinungen gegenüber: Die eine sieht in Cézanne einen Vorgänger der Moderne, die andere beschreibt ihn als einen Vertreter der klassischen Malerei, so wie Cézanne sich selbst sah.

 
Mardi Gras (Fastnacht), Puschkin-Museum, Moskau, 1888

Paul Cézanne war der erste Künstler, der damit begann, Objekte in einfache geometrische Formen zu zerlegen. Er schrieb in seinem ersten Brief vom 15. April 1904 an den Maler Émile Bernard: „Die Natur kann in Zylinder, Kugeln, Kegel aufgelöst werden, immer in perspektivischer Schau […] Für uns Menschen rollt sich die Natur mehr auf der Oberfläche als in der Tiefe ab.“[24] Er verwendet nicht das Wort „Kubus“, aber seine Häuser vor der Montagne Sainte-Victoire sind Kuben, so wie die Bäume Zylinder sind; selbst der Berg ist als eine Übereinanderschichtung von Formen, Räumen und Strukturen aufgefasst, die sich über dem Boden erheben. [16] Picasso und Georges Braque folgten konsequent dieser Idee und begründeten damit den Stil des Kubismus.

Durch das Gemälde Mardi Gras, das Sohn Jan mit seinem Freund Louis Guillaume zeigt und ein Sujet aus der Commedia dell’arte darstellt, wurde Picasso zu einem Harlekin-Thema in seiner rosa Periode inspiriert. Der Zyklus der Badenden, in dem Cézanne auf die Individualisierung der dargestellten Personen verzichtete, um einen malerischen Zusammenklang von Figur und Landschaft zu erreichen, beeinflusste zeitgenössische Maler wie Henri Matisse, der die expressive Formenverzerrung im Stil des Fauvismus übernahm. Cézannes klassischstes Gemälde aus der Badenden-Folge, Die Großen Badenden aus dem Philadelphia Museum of Art inspirierte Matisse zu seinem Gemälde Die Badende aus dem Jahr 1909.  [25]

Neben Cézannes Meinung über sich selbst, dass er nach dem Tod von Gustave Courbet der bedeutendste lebende Maler sei, lässt sich seine weitere Aussage stellen: „Ich habe noch nichts gemacht, was sich neben den Alten Meistern halten könnte. […] Es wird vielleicht die Erinnerung an einen tüchtigen Mann bleiben, der die Malerei von einer falschen Tradition befreit hat; einer falschen unabhängigen, wie einer falschen akademischen. Und der den unbestimmten Traum einer Wiedergeburt seiner Kunst gehabt hat.“

Datierung

 
Paul Cézanne, Porträt des Gustave Geffroy, Privatbesitz, 1895

Cézanne hat mehr als 900 Gemälde und 400 Aquarelle geschaffen. Die teils längeren Zeitangaben deuten nicht immer darauf hin, dass die Datierung nicht genau zu klären ist, auch wenn er seine Bilder kaum datierte, sondern an manchen Bildern arbeitete Cézanne monate- wenn nicht jahrelang, bis er mit dem Ergebnis zufrieden war. [26]

Datei:Cezanne annecy.jpg
Der See von Annecy, Courtauld Galleries, London, 1896 (Venturi 762)

Die Katalogisierung von Cézannes Werken gestaltete sich zu einer schwierigen Aufgabe. Lionello Venturi gab 1936 den ersten Katalog heraus. Cézannes Werke wurden mit seinem Namen katalogisiert, so ist beispielsweise das letzte von Cézanne bearbeitete Gemälde des Gärtners Vallier mit „Venturi 718“ versehen. John Rewald setzte 1960 nach Venturis Tod dessen Arbeit fort. Die fehlende Datierung (Rewald fand insgesamt nur eine) und unpräzise Formulierungen des Bildmotivs wie „Paysage“ oder „Quelques pommes“ stifteten Verwirrung. In seiner frühen Bearbeitung des Venturi fertigte Rewald eine Liste an, auf der alle Werke aufgenommen wurden, deren Datierung ohne stilistische Analyse vorgenommen werden konnten, denn das empfand Rewald als unwissenschaftlich.

Er setzte seine Liste fort, indem er den verschiedenen Aufenthaltsorten Cézannes folgte, die durch Dokumente nachgewiesen werden konnten. Ein anderes Schema seiner Vorgehensweise war es, auf die Erinnerungen porträtierter Personen zu vertrauen, besonders, wenn diese aus Cézannes Lebenszeit stammten oder aus Interviews, die Rewald selbst geführt hatte. […] Unter den Werken, die mit Sicherheit datiert werden konnten, waren Cézannes Gemälde Porträt des Kritikers Gustave Geffroy, das der Porträtierte mit dem Jahr 1895 bestätigte und der Der See von Annecy, den der Künstler nur einmal, nämlich im Jahr 1896, besucht hatte.

Rewald starb 1994, sein Werk konnte er nicht vollständig abschließen. […] Gab es irgendwelche Zweifel, war es Rewalds Tendenz, eher ein- als auszuschließen. Diese Methode wurde von seinen engsten Mitarbeitern Walter Feilchenfeldt und Jayne Warman übernommen, die den Katalog vollendeten und ihn mit kenntnisreichen Einleitungen versahen. Der Katalog erschien im Jahr 1996 unter dem Titel The Paintings of Paul Cézanne: A Catalogue Raisonne – Review. [27] Er behandelt die 954 Werke, die Rewald aufgenommen hat.

Werke (Auswahl)

 
Selbstporträt, Aquarell. Sammlung Feilchenfeldt, Zürich, um 1895
 
Mühle am Fluss, Aquarell. Marlborough Fine Art Ltd. London, 1900–06
 
Die Brücke am Fluss der drei Quellen, Aquarell. Museum of Art, Cincinnati, 1906
  • 1866: Onkel Dominique als Anwalt (Musée d'Orsay, Paris)
  • 1868: Porträt Achille Emperaire (Musée d'Orsay, Paris)
  • 1868: Maria Magdalena (Musée d'Orsay, Paris)
  • um 1870 Schneeschmelze in L’Estaque (Sammlung Bührle, Zürich)
  • 1873: Das Haus des Gehängten (Musée d'Orsay, Paris)
  • um 1874 Blick auf Auvers (Art Institute, Chicago)
  • 1876: Das Meer bei L’Estaque (Fondation Rau pour le Tiers-monde)
  • 1877: Madame Cézanne in rotem Sessel (Museum of Fine Arts, Boston)
  • 1877 Dächer in Paris (Privatbesitz)
  • 1879: Die Brücke von Maincy (Musée d'Orsay, Paris)
  • 1883–86: Das Meer bei L'Estaque (Musée Picasso, Paris)
  • 1883–987: Stillleben mit Kirschen und Pfirsichen (County Museum of Art, Los Angeles)
  • 1885: Paul Cézanne jr. (Musée de l'Orangerie, Paris)
  • 1885: Jas de Bouffan (Nationalgalerie Prag)
  • 1886: Hortense (Sammlung Bührle, Zürich)
  • 1887: Madame Cézanne im roten Lehnstuhl (Museum of Fine Arts, Boston)
  • 1888–90: Stillleben mit Früchtekorb (Musée d’Orsay, Paris)
  • 1888: Weg in Chantilly (Sammlung Berggruen, Berlin)
  • 1888: Mardi Gras (Puschkin-Museum, Moskau)
  • 1890–95: Knabe mit roter Weste (Sammlung Bührle, Zürich)
  • 1890–92: Die Kartenspieler (Musée d’Orsay, Paris)
  • 1893–94 Stillleben mit Vorhang, Krug und Obstschale (Privatbesitz)
  • 1895: Stillleben mit Zwiebeln und Flasche (Musée d'Orsay, Paris)
  • 1896 Der See von Annecy (Courtauld Galleries, London)
  • 1895–97: Fünf badende Frauen (Kunstmuseum Basel)
  • 1900: Äpfel und Orangen (Musée d'Orsay, Paris)
  • 1901–06: Die Montagne Sainte-Victoire, von Les Lauves aus gesehen (Philadelphia Museum of Art)
  • 1902: Junges Mädchen mit Puppe 1902-04 (Sammlung Berggruen, Berlin)
  • 1902: Blick auf Aix von Les Lauves 1902-04, (Sammlung Berggruen, Berlin)
  • 1904–06: Das Gebirgsmassiv Sainte-Victoire, von Les Lauves aus gesehen (Kunstmuseum Basel
  • 1898–1905: Die Großen Badenden (Philadelphia Museum of Art)
  • 1906: Bildnis des Gärtners Vallier (Sammlung Berggruen, Berlin)

Rezeption

Wirkung zu Lebzeiten

Darstellung von Freunden

Cézannes Jugendfreund, der Schriftsteller Émile Zola, äußerte sich später skeptisch über Cézannes menschliche und künstlerische Eigenschaften: „Paul mag das Genie eines großen Malers haben, er wird nie das Genie besitzen, tatsächlich einer zu werden. Das kleinste Hindernis bringt ihn zur Verzweiflung.“ Tatsächlich waren es Cézannes Selbstzweifel und die Weigerung, künstlerische Kompromisse einzugehen sowie seine Absage an gesellschaftliche Zugeständnisse, die seine Zeitgenossen dazu bewegten, ihn als Sonderling zu betrachten. [28]

Als Cézannes Freund, der zwergenhaft verkrüppelte Maler Achille Emperaire aus finanzieller Not heraus im Jahr 1872 – Cézannes Sohn Paul junior war gerade geboren – in Paris Unterschlupf bei der Familie suchte, hielt er es dort in der Rue Jussieu nicht lange aus: „[…] es war notwendig, denn sonst wäre ich nicht dem Schicksal der andern entgangen. Ich fand ihn hier von allen verlassen. […] Von Zola, Solari und all den anderen ist nicht mehr die Rede. Er ist der seltsamste Kerl, den man sich vorstellen kann.“ [29]

Ein Porträt von Cézanne malte sein Freund und Mentor Camille Pissarro im Jahr 1874, und 1901 schuf der Mitbegründer der Künstlergruppe Nabis, Maurice Denis, Hommage à Cézanne, das den Künstler mit seinem Gemälde Stillleben mit Früchten (siehe Abbildung oben) auf der Staffelei inmitten von Künstlerfreunden in der Galerie Vollard zeigt. Hommage à Cézanne war ursprünglich im Besitz von Paul Gauguin und wurde dann von dem französischen Schriftsteller und Freund Denis’, André Gide, erworben, der es bis zum Jahr 1928 in seinem Besitz hatte.

Zeitgenössische Kunstkritik

Die erste gemeinsame Impressionistenausstellung in Paris im April/Mai 1874 zog extensive Kritik auf sich. Publikum und Kunstkritiker, für die „das Ideal“ der École de Beaux Arts der Beweis für das Vorliegen von Kunst war, brachen in Gelächter aus. Von Monet behauptete ein Kritiker, er male, indem er seine Farben in ein Gewehr lade und auf die Leinwand schösse. Vor einem Bild Cézannes führte ein Kollege einen Indianertanz auf und rief: „Hugh! […] Ich bin die wandelnde Impression, das rächende Palettenmesser, der Boulevard des Capucines von Monet, Das Haus des Gehängten und Die moderne Olympia von Herrn Cézanne. Hugh! Hugh! Hugh! [30]

Der Kunstkritiker Gustave Geffroy gehörte zu den wenigen Kritikern, die Cézannes Werk zu Lebzeiten gerecht und vorbehaltlos beurteilten. Bereits am 25. März 1894 schrieb er im „Journal“ über das damals aktuelle Verhältnis der Malerei Cézannes zu den Bestrebungen der jüngeren Künstler, dass Cézanne eine Art Vorläufer geworden sei, auf den sich die Symbolisten beriefen und dass ein direkter Zusammenhang zwischen der Malerei Cézannes und der Gauguins, Bernards und sogar Vincent van Goghs bestünde. Ein Jahr später, nach der erfolgreichen Ausstellung in der Galerie Vollard im Jahr 1895, führte Geffroy wiederum im „Journal“ aus: „Er ist ein großer Wahrheitsfanatiker, feurig und naiv, herb und nuanciert. Er wird in den Louvre kommen.“ Zwischen diesen beiden Chroniken war das von Cézanne gemalte Porträt Geffroys entstanden, das Cézanne jedoch in unvollendetem Zustand beließ, weil er mit ihm nicht zufrieden war. [31]

Der Kunsthändler Ambroise Vollard veranstaltete, wie oben erwähnt, im Jahr 1895 in seiner Galerie Cézannes erste Einzelausstellung und resümierte: „Die Ausstellung dieser Meister- oder, wenn man will, Greuelwerke, rief bei allen Kunstliebhabern die leidenschaftlichsten Reaktionen hervor. Das „Journal des Artistes“ gab den allgemeinen Ton von damals wieder, indem es besorgt fragte, ob seine empfindsamen Leserinnen beim Anblick „dieser bedrückenden Abscheulichkeiten, die das Maß des gesetzlich erlaubten Übels übersteigen, nicht von Übelkeit befallen werden.“

Postume Wirkung auf Kunst und Literatur

Rainer Maria Rilke

„Wenn ich mich erinnere, wie befremdet und unsicher man die ersten Sachen sah“, schrieb Rainer Maria Rilke an seine Frau, nachdem er im Pariser Salon d’Automne von 1907 die epochemachende Cézanne-Retrospektive gesehen hatte, die ihn auf seine Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge vorbereiten sollten: „[…] lange nichts und plötzlich hat man die richtigen Augen.“ Rilke machte mit dieser Aussage nicht nur die in Cézannes Werk so zentrale Frage der Wahrnehmung von Realität ebenso wie die von Kunst zum Thema, sondern zeigte deutlich auch sein großes Interesse an der Malerei, von der er sich Lösungen für seine schriftstellerischen Probleme erhoffte. Dass Rilke nicht der einzige modernistische Autor war, für den die Frage nach den unterschiedlichen Formen und Funktionen von Bildern und Bildlichkeit in der Literatur zentrale Bedeutung erlangte, wird unter anderem auch in der Auswirkung auf die Literatur um 1900 beispielsweise in den Werken Hugo von Hofmannsthals mit dem „Eindringen der Farbe in die Sprache“ […] deutlich. [32]

Postimpressionistische Ausstellung in London 1910

Nach Cézannes Tod wurden im Jahr 1910 einige seiner Gemälde in der Ausstellung „Manet And The Post Impressionists“ in London gezeigt (eine weitere folgte 1912). Die Ausstellung war vom Maler und Kunstkritiker Roger Fry in den Grafton Galleries initiiert worden, die englische Kunstinteressierte mit dem Werk von Édouard Manet, Georges Seurat, Vincent van Gogh, Paul Gauguin und Cézanne bekannt machen wollte. Fry schuf mit dem Namen die Bezeichnung für den Stil des Postimpressionismus. Obwohl die Ausstellung von Kritikern und Publikum negativ beurteilt wurde, sollte sie doch bedeutsam für die Geschichte der modernen Kunst werden. […] Fry erkannte den außergewöhnlichen Wert des Weges, den Künstler wie van Gogh und Cézanne eingeschlagen hatten, indem sie ihre persönlichen Gefühle und Weltsicht durch ihre Gemälde ausdrückten, auch wenn die damaligen Besucher dies noch nicht nachvollziehen konnten. Heutzutage werden diese Künstler, die selbst von ihren eigenen Kunstakademien zu Lebzeiten kritisiert und lächerlich gemacht wurden, als die Väter der modernen Kunst angesehen. [33]

Poussin aus der Natur

„Stellen Sie sich Poussin ganz und gar aus der Natur wiedergewonnen vor“ hatte sich Cézanne gegenüber Joachim Gasquet geäußert, „das ist die Klassik, die ich anstrebe“. [34] Der Kunsthistoriker Ernst Gombrich deutet dieses Zitat anlässlich Cézannes 100. Geburtstags: „Er sah seine Aufgabe darin, nach der Natur zu malen, das heißt sich der Entdeckungen der Impressionisten zu bedienen und dennoch gleichzeitig die innere Gesetzmäßigkeit und Notwendigkeit wiederzugewinnen, die die Kunst Poussins ausgezeichnet hatte.“ [35]

Handkes Die Lehre der Sainte-Victoire

Peter Handke resümiert in seinem im Jahr 1980 erschienenen Buch Die Lehre der Sainte-Victoire: „Ja, dem Maler Paul Cézanne verdanke ich es, dass ich an jener freien Stelle zwischen Aix-en-Provence und dem Dorf Le Tholonet in den Farben stand und sogar die asphaltierte Straße mir als Farbsubstanz erschien […].“ Und er fährt fort: „[…] so habe ich [Bilder] wohl von Anfang an als bloßes Zubehör gesehen und mir von ihnen lange nichts Entscheidendes erwartet.“ Handke gelingt in seinem Buch die Annäherung eines Autors an die bildende Kunst. [36]

Cézanne und die Philosphie

Der französische Philosoph Jean-François Lyotard führt in seinem Werk Das Elend der Philosophie aus, Cézanne habe sozusagen den Sechsten Sinn: Er empfinde die im Entstehen befindliche Realität, bevor sie sich in der normalen Wahrnehmung vervollständigt. Der Maler rührt also ans Erhabene, wenn er das Überwältigende der Gebirgslandschaft erblickt, die man weder mit der normalen Sprache noch mit der gewohnten Maltechnik darstellen könne. Lyotard resümiert: „Man kann auch sagen, daß das Unheimliche der dem Gebirge und den Früchten gewidmeten Ölgemälde und Aquarelle sowohl von einem tiefen Sinn des Verschwindens der Erscheinungen herrührt, als auch von dem Untergang der sichtbaren Welt“. [37]

Filme über Cézanne

Zum 100. Todestag Cézannes im Jahr 2006 sind zwei Dokumentarfilme aus den Jahren 1995 und 2000 über Paul Cézanne beziehungsweise über sein Motiv La Montagne Sainte-Victoire neu veröffentlicht worden. Der Triumph Cézannes wurde 2006 neu gedreht.

Die Gewalt des Motivs, 1995. Ein Film von Alain Jaubert. Ein Berg in der Nähe seiner Heimatstadt Aix-en-Provence wird zu Cézannes Hauptmotiv. Über 80-mal zeigt er „La Montagne Sainte-Victoire“ aus verschiedenen Perspektiven, zu verschiedenen Jahreszeiten. Das Motiv wird zu einer Obsession, der Jaubert mit seinem Film auf den Grund geht.

Cézanne – der Maler, 2000. Ein Film von Elisabeth Kapnist. Die Geschichte einer Passion und einer lebenslangen künstlerischen Suche: Der Maler Cézanne, seine Kindheit, die Freundschaft mit Zola und seine Begegnung mit dem Impressionismus werden geschildert.

Der Triumph Cézannes, 2006. Ein Film von Jacques Deschamps. Deschamps nimmt den 100. Todestag Cézannes im Oktober 2006 zum Anlass, dem Entstehen einer Legende nachzuspüren. Cézanne stieß auf Ablehnung und Unverständnis, bevor er in den Olymp der Kunstgeschichte und des internationalen Kunstmarkts aufsteigen durfte.  [38]

Auf Cézannes Spuren in der Provence

Fünf gekennnzeichnete Wege ermöglichen es, vom Stadtzentrum von Aix-en-Province aus mit den Augen des Malers die Landschaft der Umgebung zu entdecken. Sie führen nach Le Tholonet, zum Jas de Bouffan, zum Steinbruch von Bibémus, zu den Ufern des Flusses Arc, zur Brücke Les Trois Sautets, zum Atelier von Les Lauves und zum Chemin de la Marguerite, wo Cézanne seine letzten Gemälde vom Sainte-Victoire schuf. Die Wegweisersäulen, die der Besucher am Symbol seines Gemäldes Selbstbildnis Cézannes mit Melone erkennt, sind farblich gekennzeichnet: Grün für den Weg nach Le Tholonet, Rot für den Weg zum Steinbruch von Bibémus, Blau für den Weg zur Arc, Gelb für den Weg zum Jas de Bouffan und Grau für den Weg nach Les Lauves. [39]

Das Atelier Les Lauves war bereits seit dem Jahr 1954 der Öffentlichkeit zugänglich. Eine amerikanische Stiftung hatte dies durch bereit gestellte Gelder möglich gemacht. Der Besucher findet hier Cézannes Möbel, Staffelei und Palette, die Gegenstände, die auf seinen Stillleben erscheinen sowie einige Originalzeichnungen und Aquarelle. Das Familienanwesen Jas de Bouffan, am Ortsausgang von Aix gelegen, und die Steinbrüche von Bibémus am Fuße des Gebirges Sainte-Victoire gehören ebenfalls zu den mit Cézanne verbundenen Orten, die besichtigt werden können. Sie wurden anlässlich des Cézanne-Jahres 2006 restauriert.

Sonstiges

 
Stillleben mit Vorhang, Krug und Obstschale, 1893–94, Privatbesitz

Zu Lebzeiten verspottete und bedrohte ein Großteil der Aixer Einwohner ihren Mitbürger Cézanne. In der Neuzeit benannten sie nach ihrem weltberühmt gewordenen Künstler sogar eine Universität: Im Jahr 1973 wurde sie in Aix-en-Provence gegründet, die Universität Paul Cézanne Aix-Marseille III mit den Fachbereichen Recht und Politikwissenschaft, Betriebswirtschaftslehre sowie Naturwissenschaft und Technik.

Als Folge der Ablehnung der Cézannschen Maltechnik in der Vergangenheit musste das Musée Granet in Aix mit einer Leihgabe seiner Werke aus dem Louvre vorlieb nehmen, um den Besuchern den Sohn ihrer Stadt, Cézanne, präsentieren zu können. Das Museum erhielt im Jahr 1984 neun Gemälde und sechs Aquarelle, darunter ein Motiv aus der Reihe der Badenden und ein Porträt der Mme Cézanne.

Wie beliebt Cézannes Gemälde in der Kunstwelt geworden sind, ist aus dem Ergebnis einer Versteigerung am 10. Mai 1999 in New York ersichtlich: Das Stillleben mit Vorhang, Krug und Obstschale wurde für 60,5 Millionen US-Dollar versteigert. Es ist die höchste Summe, die jemals für ein Bild Cézannes gezahlt wurde. Das Auktionshaus Sotheby's hatte den Wert des Gemäldes lediglich auf 25 bis 35 Millionen Dollar geschätzt.  [40] Es liegt damit auf Platz 13 der Rangliste der teuersten Gemälde der Welt.

Ausstellungen (Auswahl)

  • 1977 John Rewald zusammen mit William Rubin: Cezanne: The Late Work exhibition im Museum of Modern Art, New York
  • 2005 Cézanne – Aufbruch in die Moderne Museum Folkwang, Essen
  • 2006 Cézanne en Provence, Musée Granet, Aix-en-Provence
  • 2006 Cézanne et Pissarro 1865-1885 Musée d’Orsay, Paris
  • 2008–09 Cézanne-Ausstellung im Museum of Art, Philadelphia, USA

Literatur

  • Paul Cézanne: Über die Kunst, Gespräche mit Gasquet. Hrsg. von Walter Hess, in: Rowohlts Klassiker der Literatur und der Wissenschaft, hrsg. von Ernesto Grassi, Rowohlt Verlag Hamburg 1957; Mäander Kunstverlag, Mittenwald 1980, ISBN 3-882-19058-2
  • Paul Cézanne: Briefe. Hrsg. von John Rewald, Diogenes Verlag, Zürich, 1962; Taschenbuchausgabe 3., erg. u. verb. Aufl. 2002, ISBN 3-257-21655-6

Sekundärliteratur

  • Götz Adriani: Paul Cézanne (C. H. Beck Wissen in der Beck´schen Reihe), C. H. Beck Verlag, München 2006, ISBN 3-406-54690-0, ISBN 978-3-406-54690-7.
  • Kurt Badt: Die Kunst Cézannes, Prestel Verlag, München 1956
  • Felix A. Baumann, Walter Feilchenfeldt, Hubertus Gaßner: Cézanne. Aufbruch in die Moderne. Hatje Cantz Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-7757-1487-1
  • Ulrike Becks-Malorny: Cézanne, 1839–1906. Wegbereiter der Moderne. Taschen Verlag, Köln 2007, ISBN 978-3-8228-5583-6
  • Émile Bernard: Gespräche mit Cézanne. Herausgegeben von Michael Doran. Übersetzt von Hans Graber. Diogenes Verlag, Zürich 1982, Neuausgabe 1998, ISBN 3-257-21974-1
  • Kai Buchholz: Die Kunsttheorie Paul Cézannes und ihr Entstehungshintergrund. In: Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft. 44 (1999). S. 85–102
  • Joachim Gasquet: Conversations avec Cézanne. Edition Macula, Paris 1978; dt. Joachim Gasquet: Cezanne. Deutsche Ausgabe von Else Blaser. Cassirer Verlag, Berlin 1930
  • Peter Handke: Die Lehre der Sainte-Victoire. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1980, ISBN 3-518-37570-9
  • Heinz-Georg Held: DuMont Schnellkurs. Cézanne. Die Entstehung der modernen Kunstbetrachtung. DuMont Literatur und Kunst Verlag, Köln 2006, ISBN 3-832-17677-2, ISBN 978-3-832-17677-8
  • Peter Kropmanns: Cézanne. Eine Biographie. Philipp Reclam jun. Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-150-10610-5, ISBN 3-150-10610-9
  • Kurt Leonhard: Cézanne. Rowohlt Verlag, Reinbek, 13. Aufl. 2003, ISBN 3-499-50114-7
  • Jean-Francois Lyotard: Das Elend der Philosophie. Passagen-Verlag, Wien 2004, ISBN 3-851-65551-6
  • Prestel Art Guide: Cézanne. Prestel Verlag, München 2004, ISBN 3-791-33201-5
  • Rainer Maria Rilke: Briefe über Cézanne, Insel Verlag, Frankfurt/Main, 7. Aufl. 2005, ISBN 978-3-458-32372-3 Die Auswahl wurde von Rilkes Frau Clara erstmals 1952 zusammengestellt.
  • Ambroise Vollard: Paul Cézanne. Gespräche und Erinnerungen, übersetzt von Margaretha Reischach-Scheffel. Diogenes Verlag, Zürich, 5. Aufl. 2002, ISBN 3-257-21749-8
  • Angela Wenzel: Paul Cézanne - Ein Leben für die Malerei. Prestel Verlag 2005, ISBN 3-791-33295-3


Werkverzeichnis:

  • John Rewald: Paintings of Paul Cezanne – A Catalogue Raisonné. Zwei Bände. New York 1996. Dieses Werkverzeichnis ist eine Erweiterung der Version Lionello Venturis von 1936, dessen Archiv nach seinem Tod John Rewald übergeben wurde.


Cézanne im Kriminalroman:

Quellen

  1. Ulrike Becks-Malorny: Cézanne, S. 7
  2. Ulrike Becks-Malorny: Cézanne, S. 10 f
  3. Kurt Leonhard: Cezanne, S. 111
  4. Becks-Malorny' Cézanne``. S. 13 f
  5. Becks-Malorny: Cézanne, S.20 ff, 37
  6. Kurt Leonhard: Cézanne, S. 148 f
  7. Becks-Malorny: Cézanne, S. 34
  8. Kurt Leonhard: Cézanne, S. 49
  9. Becks-Malorny: Cezanne, S. 45
  10. Tobias Timm: Der Mann, der Cezanne entdeckte. Die Zeit, , abgerufen am 8. August 2008.
  11. Maurice Denis – Hommage an Cézanne. Musée d'Orsay, abgerufen am 8. August 2008. (mit Abb. des Gemäldes)
  12. Becks-Malorny: Cézanne, S. 81, 92
  13. Kurt Leonhard: Cézanne, S. 77
  14. Becks-Malorny: Cézanne, S. 83
  15. Becks-Malorny: Cézanne, S. 92
  16. a b c
  17. Becks-Malorny' Cézanne, S. 82,88
  18. Paul Cézanne: Briefe. Zürich 1962; S. 281
  19. Becks-Malorny' Cézanne, S. 55 f
  20. Émile Bernard: Gespräche mit Cézanne, Diogenes Verlag AG Zürich, 1982, S.137-141
  21. Émile Bernard: Gespräche mit Cézanne, Diogenes Verlag AG Zürich, 1982, S.80-81
  22. http://www.michaelluethy.de/scripts/relationale-aesthetik-cezanne-lacan-bild-blick/ (abgerufen 15. August 2008)
  23. Gespräche mit Cézanne, Diogenes Verlag AG Zürich, 1982, S.43-44
  24. Becks-Malorny: Cézanne, S. 82, 89
  25. Becks-Malorny: Cézanne, S. 60
  26. http://findarticles.com/p/articles/mi_m0422/is_2_80/ai_54073974 (abgerufen 12. August 2008) Er behandelt die 954 Werke, die Rewald aufgenommen hat.
  27. Becks-Malorny: Cézanne, S. 7
  28. Becks-Malorny: Cézanne: S. 20
  29. Kurt Leonhard: Cézanne, S. 43
  30. Kurt Leonhard: Cézanne, S. 67 f
  31. Becks-Malorny: Cézanne, S. 82 f
  32. http://www.absolutmedien.de/main.php?view=film&id=1117 (abgerufen 9. August 2008)
  33. http://www.aixenprovencetourism.com/de/aix-cezanne.htm (abgerufen 10. August 2008)
  34. http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,21894,00.html (abgerufen 11. August 2008)