William Bligh

britischer Seeoffizier und Gouverneur von New South Wales
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William Bligh (* wahrscheinlich am 9. September 1754, in oder nahe Plymouth; † 7. Dezember 1817 in Farningham (Kent)).

Bligh war Seeoffizier, James Cooks Schiffsführer der HMS Resolution, kämpfte 1801 in der Schlacht von Kopenhagen neben Nelson, wurde später Gouverneur von Neusüdwales (heute Australien) und starb als Vizeadmiral.

Berühmt wurde er durch die Meuterei auf dem unter seinem Befehl stehenden Schiff Bounty und die anschließende rund 3.600 Seemeilen lange Fahrt im offenen Beiboot vom Osten Polynesiens zur Insel Timor (bei Java).

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William Bligh

Biographie

Herkunft

William Bligh ist am 9. September 1754 in der südwestenglischen Hafenstadt Plymouth als getauft eingetragen und wohl am selben Tag oder kurz zuvor dort oder in der Nähe geboren worden. In einigen Quellen [1] wird das Landgut seiner Eltern Tinton Manor im Dorf St. Tudy in Cornwall als Geburtsort genannt. Sein Vater Francis Bligh war Zollbeamter.

Karriere als Seeoffizier

Erstmals scheint Bligh am 1. Juli 1762 als Kapitänsdiener in einer Musterrolle der HMS Monmouth auf – der damals übliche Weg, zukünftigen Offiziersanwärtern möglichst früh die zur Aufnahme Mit 15 Jahren wurde er auf HMS Hunter als Vollmatrose geführt, ein ebenfalls üblicher Vorgang, um Seekadetten unterzubringen, die keinen der begehrten zwei Dienstposten pro Schiff erhalten hatten. Mit 22 wurde er Sailing Master, Schiffsführer, von James Cooks HMS Resolution (Cooks dritte Südseereise, 1776-79). Noch vor der Abreise absolvierte er erfolgreich die Leutnantsprüfung. Blighs unterwegs angefertigte Aufzeichnungen wurden in Seekarten verwertet, die teilweise noch im 20. Jahrhundert genutzt wurden. 1779 war er Augenzeuge von Cooks Ermordung auf Hawaii und führte anschließend die Resolution nach England zurück.

Nach seiner Heimkehr, 1781, heiratete er Elizabeth Betham, wurde zum Leutnant befördert, nahm in den zwei folgenden Jahren am Krieg gegen Frankreich, Holland und die nach Unabhängigkeit von England strebenden 13 amerikanischen Kolonien teil. Nach Kriegsende war er auf Halbsold gesetzt und befehligte vier Jahre lang Schiffe im Westindienhandel für Sir Douglas und Sir John Campbell, zweimal zusammen mit Fletcher Christian, den späteren Dritten Wachführer der Bounty, mit dem ihn anfangs eine enge Freundschaft verband.

Die erste Brotfrucht-Expedition
Auf Betreiben seines Förderers, des Naturforschers Sir Joseph Banks, und seines Verwandten Sir Douglas Campbell, des früheren Eigners der Bounty (ex Bethia), bekam Bligh 1787 das Kommando über die Bounty, um im Auftrag Seiner Majestät Ableger des Brotfruchtbaums von Tahiti zu den Westindischen Inseln zu bringen, um die Sklaven auf den dortigen Zuckerrohr-Plantagen mit einem preiswerten und jederzeit verfügbaren Nahrungsmittel zu versorgen.

Auf der Fahrt der Bounty von Tahiti nach den Antillen kam es nach 24 Tagen zu einer Meuterei, angeführt von Fletcher Christian, und ausgelöst durch eine Nichtigkeit. Dass der streng geregelte Dienst nach fünfmonatigem Aufenthalt im „lockeren“ Tahiti, die Enge an Bord und Blighs mangelndes Taktgefühl im Umgang mit Untergebenen zum Eklat beigetragen haben, steht fest.

 
Bligh und seinen Begleiter verlassen die HMS Bounty

Bligh wurde mit 18 loyalen Seeleuten in einem offenen, nur sieben Meter langen Beiboot ausgesetzt. Die Ausgebooteten nahmen zunächst Kurs auf die am selben Tages erreichbare Insel Tofua, um sich zu verproviantieren, gerieten aber dort in Kämpfe mit Eingeborenen, als sie nach einigen Tagen wieder abfahren wollten. Dabei wurde ein Mann getötet.

Bligh schaffte es, das völlig überladene Boot unter unsäglichen Strapazen durch die Torresstraße zwischen Australien und Neuguinea bis zur holländischen Faktorei Kupang auf der Insel Timor zu navigieren, den einzigen erreichbaren Ort, an dem er und seine Männer Hilfe für die Heimkehr nach England erwarten konnten. Unterwegs entdeckte Bligh mehrere Dutzend Inseln und Inselchen der Fidschigruppe und der nördlichen Neuen Hebriden.

Bei seiner Ankunft in England am 14. März 1790 wurde er als Held gefeiert. Er veröffentlichte Berichte über seine Erlebnisse, die 1791 und 1793 in der Übersetzung von Georg Forster auch auf Deutsch erschienen. William Blighs detaillierte Schilderungen bilden bis heute eine der Grundlagen für die zahlreichen Bearbeitungen des „Bounty“-Stoffes. Bezüglich des Verlustes seines Schiffes hatte er sich selbstverständlich vor Gericht zu verantworten, wurde im Oktober 1790 freigesprochen und am 15. Dezember zum Captain (Hauptmann) befördert.

Zweite Brotfrucht-Expedition
Bligh wurde zum Kapitän befördert und bald mit der nächsten Brotfrucht-Expedition beauftragt. Diesmal wurde seinen Vorschlägen betreffend Schiffsgröße, mitzusendender Seesoldaten und Reiseroute über das Kap der Guten Hoffnung von der Admiralität Rechnung getragen, die Expedition (1791-1793) verlief erfolgreich. Bligh kartografierte bei dieser Gelegenheit die Torresstraße genauer.

Spätere Karriere: Gouverneur, Konteradmiral, Vizeadmiral
Der Massenmeuterei Mutiny at the Nore, 1797, welche den gesamten in der Themsemündung liegenden Teil der Great Fleet betraf, entkam auch die unter Blighs Kommando stehende HMS Director nicht (nur ein einziges von 29 Schiffen war nicht betroffen!).

Während der Napoleonischen Kriege nahm er beispielsweise 1801 an der Schlacht von Kopenhagen teil. Bligh auf HMS Glatton hatte den Platz unmittelbar hinter Horatio Nelsons HMS Elephant, eine besondere Ehre.

1805 wurde er Gouverneur von Neusüdwales im heutigen Australien, wo er 1806 eintraf und 1808 ein drittes Mal in eine Meuterei verwickelt wurde, die Rum Rebellion: Blighs Versuch, die Korruption zu beenden, in die eine örtliche Rum-Lobby verstrickt war, führte zum Eingreifen von Truppen, die ihn absetzten und auf der HMS Porpoise unter Hausarrest stellten.

Bligh wurde zwar letztlich vom König seines Amtes enthoben, die ihn arrestiert hatten wurden jedoch als Gefangene nach England gebracht und vor Gericht gestellt. Er selbst kehrte 1810 nach England zurück, wurde rehabilitiert,

1811 zum Konteradmiral und 1814 zum Vizeadmiral ernannt.

Nach dem Tod seiner Gattin, 1812, zog er mit seinen vier noch ledigen Töchtern nach Farningham (Kent), wo er am 7. Dezember 1817 starb, vermutlich an Krebs. Begraben ist er neben seiner Gattin auf dem Friedhof der Gemeindekirche von Lambeth, jetzt London.

Nachleben

Blighs Ruhm wurde zu seinen Lebzeiten geschmälert durch verfälschende Darstellungen der Meuterei und des Charakters des Kommandanten der Bounty. Vor allem die einflussreichen Familien der Meuterer Fletcher Christian und Peter Heywood hatten ein Interesse daran, ihre Familienehre rein zu halten. Bligh wurde als überstrenger, knausriger und zur Menschenführung ungeeigneter Offizier dargestellt, der durch seine Willkür die Meuterei herausgefordert habe.

Diese Argumente fielen aus zwei Gründen auf fruchtbaren Boden:

  • Die Meuterei wurde in England im Jahr der Französischen Revolution bekannt, die auch in England viele Anhänger hatte. Die Meuterei ließ sich als Aufstand Unterdrückter gegen die Willkür eines Einzelnen interpretieren.
  • Das Zeitalter der Romantik warf seine Schatten voraus: Beschreibungen fremder Gegenden und schrecklicher Ereignisse fanden mehr Anklang als je zuvor.

Das Bild des Despoten Bligh wurde im 20. Jahrhundert durch drei Filme zum Thema wiedererweckt. Erst der letzte, „Die Bounty“ mit Mel Gibson, 1962, bemüht sich um Tatsachen.

In Wahrheit war William Bligh nicht nur ein umsichtiger, sondern auch fortschrittlicher und überaus fürsorglicher Kommandant mit starker Abneigung gegen die damals üblichen drakonischen Bestrafungen. Bligh setzte wie James Cook seinen Ehrgeiz darein, möglichst alle seiner Männer gesund nach England zurück zu bringen und war stets um ausreichend frische Nahrung besorgt, um Skorbut an Bord seiner Schiffe zu verhindern.

Im Gegensatz zu seinem Vorbild Cook fehlte ihm jedoch das Charisma des stets bewunderten und fraglos anerkannten Führers:
Bligh war von kleiner Statur und eher feminin. Er neigte zu aufbrausendem Verhalten und unbeherrschter Ausdrucksweise, war wenig berechenbar und wurde von seinen Offizieren und Mannschaften eher gemieden. 1805 etwa wurde er vom Kriegsgericht wegen unangemessenen Benehmens gegenüber seinem untergebenen Leutnant John Frazier gerügt, behielt jedoch sein Kommando.
Im gesellschaftlichen Umgang mit seinen großteils adeligen Offizieren hatte er mit Sicherheit den Nachteil des Bürgerlichen.

Werke

  • Narrative of the mutiny on board H.M. ship Bounty. London (1790)
  • A Voyage to the South Sea
    undertaken by command of His Majesty, for the purpose of conveying the breadfruit tree to the West Indies, in His Majesty's Ship the Bounty, commanded by Lieutenant William Bligh. Including an account of the mutiny on board the said ship, and the subsequent voyage of part of the crew, in the ship's boat, from Tofoa, one of the Friendly Islands, to Timor, a Dutch settlement in the East Indies. Published by permission of the Lords commissioners of the Admirality.
    London, (1792)
  • Logbuch der Bounty: Von William Bligh, Captain der Großbritanischen Flotte, im Jahre 1793 aus dem Englischen übertragen und mit Anmerkungen begleitet von Georg Forster, Verlag Die Brigantine, Hamburg, 1963 (deutsche Version von A Voyage to the South Sea)

Literatur