Wärmerohr

Wärmeübertrager, der unter Nutzung von Verdampfungswärme eines Mediums eine hohe Wärmestromdichte erlaubt
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 8. Juni 2008 um 18:47 Uhr durch Zdroid (Diskussion | Beiträge) (Einleitung). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Ein Wärmerohr ist ein Wärmeüberträger, der unter Nutzung von Verdampfungswärme eines Stoffes eine hohe Wärmestromdichte erlaubt. Es ist deshalb überall dort anzutreffen, wo über lange Strecken und kleinem Bauraum große Wärmeströme transportiert werden müssen z. B. Mikroprozessorkühlung in einem PC. Wärmerohre benötigen im Allgemeinen keine zusätzliche Hilfsenergie zur Umwälzung des Transportmediums.

Eine Kuper-Wasser-Heatpipe an einem Kühler für Mikroprozessoren

Funktionsweise

Datei:Heat pipe.PNG
Thermosyphon

Wärmerohre bestehen grundsätzlich aus einem hermetisch gekapselten Raum, meist in Form eines Rohres. Es hat je eine Wärmeübertragungsfläche für Wärmequelle und -senke. Der Raum ist mit einem Arbeitsmedium, beispielsweise Wasser, gefüllt, das den Raum zu einem kleinen Teil in flüssigem Zustand, das verbleibende Volumen in dampfförmigem Zustand ausfüllt.

Bei Wärmeeintrag beginnt das Arbeitsmedium zu verdampfen. Dadurch wird über dem Flüssigkeitspiegel der Druck im Dampfraum erhöht, was zu einem Druckgefälle (wenige Pascal) innerhalb des Wärmerohrs führt. Der entstandene Dampf strömt deswegen in Richtung Kondensator (geringerer Druck), wo er wegen der niedrigeren Temperatur (Wärmesenke) kondensiert. Dabei wird die zuvor aufgenommene latente Wärme wieder abgegeben. Das nun flüssige Arbeitsmedium kehrt durch Schwerkraft (Thermosyphon) bzw. durch die Kapillarkraft (Heatpipe) wieder zurück zum Verdampfer.

Da sich Dampf und Flüssigkeit des selben Fluids im gleichen Raum aufhalten, befindet sich das System im Nassdampfgebiet. Dies hat zur Folge, dass zu einem bestimmten Druck im Wärmerohr extakt eine bestimme Temperatur vorliegt. Da die Druckunterschiede in Wärmerohren meist sehr gering sind (wenige Pascal), sind auch die Temperaturunterschiede sehr gering (wenige Kelvin). D. h. die sich sich einstellende Temperaturdifferenz zwischen Verdampfer und Kondensator ist gering. Ein Wärmerohr besitzt daher einen sehr geringen Wärmewiderstand.

Da der Wärmetransport indirekt über den stoffgebundenen Transport von latenter Wärme (Verdampfungs- / Kondensationswärme) stattfindet, beschränkt sich der Einsatzbereich eines Wärmerohrs maximal auf ein Temperaturfenster zwischen der Schmelztemperatur und der Temperatur des kritischen Punkts des Arbeitsfluids.

Einige Varianten enthalten neben dem Arbeitsmedium noch ein Puffermedium, beispielsweise wenn das Arbeitsmedium bei Raumtemperatur fest ist.

Auslegung

Die übertragbare Leistung einer Heat-Pipe kann nicht direkt und analytisch berechnet werden. Vielmehr muss sie durch Abstecken verschiedener Grenzen ausgelotet werden. Diese physikalischen Randbedingungen werden zumeist aus den Kennwerten des Wärmeträgers gewonnen. Eine genaue Kenntnis über den verwendeten Wärmerträger ist deswegen unabdingbar. Liegt der Betriebspunkt (Temperatur, Wärmestrom) innerhalb dieser Grenzen ist ein Betrieb möglich.[1]

Folgende Grenzen werden üblicherweise berücksichtigt:

Sie begrenzt die Wärmestromdichte bei Arbeitstemperaturen knapp über dem Schmelzpunkt. Durch die Viskositätskräfte im Dampf wird die Strömung stark beeinträchtigt.[1]
  • Schallgrenze
Die Wärmestromdichte kann nur soweit gesteigert werden, bis der durch den Druckunterschied entstehende Dampfstrom die Schallgeschwindigkeit erreicht. [1]
  • Wechselwirkungsgrenze
Bei hohen Wärmstromdichten werden Flüssigkeitsteile durch den Dampf mitgerissen und eine partielle Austrocknung der Kapillare führt zu einem Abriss der Flüssigkeitsströmung. [1]
  • Kapillarkraftgrenze
Die Kapillarkraftgrenze wird erreicht wenn die Strömungsverluste des flüssigen Wärmeträgers größer sind als der vorhandene Kapillardruck [1]
  • Siedegrenze
Durch Blasensieden in der Kapillare wird der Flüssigkeitsstrom eingeschränkt bzw. er kommt dadurch zum Erliegen. [1]

Arten des Wärmerohrs und wirkende Kräfte

Heatpipe

Datei:Waermerohr 1.jpg
Aufgeschnittenes Wärmerohr

Innerhalb von Heatpipes wird mit Kapillaren nach dem Dochtprinzip die Flüssigkeit zum Verdampfer zurückgeführt. Das kondensierte Fluid fließt daher lageunabhängig in der Kapillare zurück zum Verdampfer. Heatpipes arbeiten daher auch unter Schwerelosigkeit. Sie neigen im Vergleich zu Thermosyphonen kaum zum Austrocknen, da der Flüssigkeitsstrom durch die Dochtstruktur maßgeblich verbessert wird, was zu einer höheren übertragbaren Leistung führt. Der Docht sorgt außerdem dafür, dass die Wärme überall und über eine beliebige Höhe zugeführt werden kann, anders als beim Thermosyphon. Verwendung finden Heatpipes überall dort, wo hohe Wärmestromdichten in beliebiger Orientierung gefordert sind.[2]

Thermosyphon

Bei schwerkraftgetriebenen Wärmerohren (Thermosyphone), wie im Bild oben, kreist das Medium aufgrund der Schwerkraft. Dadurch fließt das Wärmeträgermedium selbständig in den Verdampfer zurück. Die Wärme kann nur über die Höhe des Sumpfes, also die Höhe des Flüssigkeitsspiegels, zugeführt werden. Sind Thermosyphone in flacher Neigung ausgerichtet, können sie austrocken, falls das kondensierte Medium nicht schnell genug zurückfließt.[2]

Kräfte

Alle Kräfte die auf das Arbeitmedium wirken, beeinflussen die tatsächliche Wärmetransportleistung. Die Schwerkraft kann die Kapillarkräfte ergänzen oder teilweise aufheben und etwa in rotierenden, als Wärmerohr aufgebauten Hohlwellen wirkt auch die Zentrifugalkraft.

Herstellung

Eine technische Herausforderung stellt das notwendige und gute bis sehr gute Vakuum im Wärmerohr da. Denn umso schlechter es ist, desto mehr nicht kondensierbare Gase werden eingeschlossen. Diese Gase bilden ein Polster, welches die Wärmeübertragung deutlich verschlechtern kann.[3]

Eines der häufig angewendeten Verfahren ist die mechanische Evakuierung der Heatpipe. Dabei wird eine entsprechende Pumpe angeschlossen und bei Erreichen eines bestimmten Drucks (Vakuum), wird die Heatpipe meist rein mechanisch verschlossen.[3]

Bei einem anderen Verfahren wird die Heatpipe wie ein Einmachglas ausgekocht. Sobald nur noch Wärmeträgermediumdampf austritt, kann die Heatpipe verschlossen werden.[3]

Arbeitsmedien

Datei:Verdampfungsbereiche.gif
Verdampfungstemperaturen (druckabhängig) einiger Stoffe in Wärmerohren

Die Merit-Zahl gibt die Leistungsfähigkeit eines Wärmeträgers in einer Heatpipe an. Dabei soll die Oberflächenspannung und die Verdampfungsenthalpie möglichst groß, die Viskosität möglichst gering sein. Mit ihr lässt sich also der für den Arbeitspunkt optimale Wärmeträger ermitteln.
Für sehr niedrige Temperaturen kommen Medien zum Einsatz, die unter Raumbedingung gasfärmig sind. Mit Gasen wie Helium, Stickstoff kann man den Bereich vom absoluten Nullpunkt bis etwa -20 °C abdecken. Darüber kommen typische Kältemittel wie Ammoniak oder Gemische zur Verwendung. Ab 0 °C bietet sich Wasser als Wärmerträger an. Je nach möglicher Druckfestigkeit (Dampfdruck) der Heatpipe reicht Wasser bis in Temperaturbereiche von 400 °C aus. Ab dieser Temperatur spricht man auch von Hochtemperatur-Heatpipes. Alkalimetalle wie Natrium und Lithium sind hier nach der Merit-Zahl die besten Wärmeträger. Nach oben wird der Bereich primär von der Festigkeit des verwendeten Materials der Heatpipe beschränkt.[4]

Materialien

 
Alaskapipeline mit Heatpipe aus herkömmlichen Baustahl

Je nach den äußeren Bedingungen kommen verschiedene Materialien sowohl für den Docht als auch für die Heatpipe in Frage. Das hängt vor allem davon ab, wie sich der Wärmeträger gegenüber dem Material verhält. Zum Beispiel löst Natrium Bestandteile aus Stählen heraus, was über längere Zeit zum Versagen der Heatpipe führt.
In den unteren Temperaturbereichen kommt meist Kupfer zum Einsatz, da es leicht verformbar ist und eine hohe Wärmeleitfähigkeit aufweist. Bei Hochtemperatur-Heatpipes kommen meist warmfeste Stähle wie der 1.4841 oder Nickelbasislegierungen zum Einsatz. [3]
Die Dochtform ist maßgeblich vom Betriebspunkt abhängig. Überall dort, wo die Heatpipe an der Kapillarkraftgrenze betrieben wird, wird ein Docht benutzt, der geringen Strömungwiderstand hat. Hierfür sind rillenförmige Kapillarstrukturen typisch. Bei Hochtemperatur-Heatpipes kommen wegen der hohen Dichte des Wärmeträgers meist engmaschige Drahtgewebe zum Einsatz. Noch einfachere Typen kommen in Kupfer-Wasser-Heatpipes zur Anwendung, ähnlich wie Kupferleitungen in einem Elektrokabel, dort vor allem wegen der preisgünstigen Herstellung. [3]

Zusammenfassung der Eigenschaften

  • Hohe Wärmestromdichte (für Wasser-Kupfer-Wärmerohre bis ca. 40 W/cm² einkoppelbarer Wärmestrom) bei geringer treibender Temperaturdifferenz
  • Die Wärmeübertragungsfähigkeit ist erheblich höher als die von Metallen, bei denen allein die Wärmeleitfähigkeit den Wärmetransport bewirkt
  • Leichte Bauweise im Verhältnis zum Wärmestrom
  • Entkoppelung von Wärmequelle und Wärmesenke/Umlaufwärmerohrsysteme
  • Weiter Temperatureinsatzbereich (4 bis ca. 3000 Kelvin)[5]
  • bei spezieller Ausführung als thermisches Schaltelement einsetzbar[6]

Geschichte und Entwicklung

Datei:Mars 3.gif
Heat-Pipes und Radiator einer russischen Raumsonde.

Eine erste Heatpipe wurde 1944 patentiert [7]. Allerdings gab es zu diesem Zeitpunkt noch keine sinnvolle Einsatzmöglichkeit. Erst als in den 1960er Jahren die Raumfahrt maßgeblich entwickelt wurde, wurde diese Idee wieder aufgenommen[8]. Auch heute noch werden Heatpipes zur Kühlung der sonnenzugewandten Seite von Satelliten benutzt. Die erste Hochtemperatur-Heatpipe wurde 1964 vorgestellt [9]. Seitdem an wurden die physikalischen Beschreibungen deutlich erweitert, wie die Eigenschaften bestimmter Wärmeträger, Kapillarstrukturen und die analytische Beschreibung von Heatpipes. Auch heute noch wird an Heatpipes geforscht, denn sie stellen eine preiswerte und hocheffektive Möglichkeit der Wärmeübertragung dar [10]

Anwendungsbereiche

 
Heatpipe in einem Personal-Computer

Durch die flexible Gestaltung und Variabilität der Eigenschaften finden Heatpipes heute schon in vielen Bereichen Anwendung. In der Öffentlichkeit wurden sie in den vergangen Jahren durch den Einsatz in PCs und Notebooks verstärkt wahrgenommen. Bereits 1960 wurden sie in der Raumfahrtechnik eingesetzt. Auch in Bereichen, in denen man die Heatpipe-Technologie nicht vermutet, wie bei Erdwärmesonden und Vakuumröhrenkollektoren, werden sie heutzutage erfolgreich eingesetzt. Gleichfalls sind sie in Wärmerückgewinnungsanlagen bzw. einfachen Wärmetauschern zu finden. Hochtemperatur-Heatpipes werden bei der allothermen Biomassevergasung und in der Reaktortechnik eingesetzt.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Verein deutscher Ingenieure VDI-Wärmeatlas Springer-Verlag, 2006
  2. a b Rohsenow, W. M. Handbook of Heat Transfer Mcgraw-Hill Publ.Comp., 1998
  3. a b c d e Dunn, P. Heat pipes Pergamon Press, 1994
  4. Faghri, A.: HEAT PIPE SCIENCE AND TECHNOLOGY Taylor and Francis, 1995
  5. [1] Heat pipe basics
  6. S.84 Wärmerohre als Bauelemente in der Energietechnik
  7. Gaugler, R. S., “Heat Transfer Device”, U. S. Patent 2,350,348
  8. Trefethen, L., “On the Surface Tension Pumping of Liquids or a Possible Role of the Candlewick in Space Exploration”, G. E. Tech. Info., Ser. No. 615 D114, Feb. 1962
  9. Grover, G. M., Cotter, T. P. and Erikson, G. F., “Structures of Very High Thermal Conductivity”, J. Appl. Phys., 35, 1990 (1964)
  10. http://www.heatpipe-reformer.de/HPR_german/heatpipes.htm Einsatz von hochtemperatur Heatpies in einem Biomasse-to-Gas Reaktor

Quellen