Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990)
Vorbemerkung: Dieser Artikel beschreibt die Entwicklung in de westlichen Besatzungszonen und der Bundesrepublik Deutschland von 1945 bis 1990. Parallel dazu existierte die Geschichte der DDR. Die Entwicklungen seit 1990 sind im Artikel Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (seit 1990) beschrieben. Siehe auch den Hauptartikel Geschichte Deutschlands, Deutschland und DDR.
Von der Stunde Null zur Gründung der BRD
Ausgangssituation 1945
Bei der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945 standen amerikanische und britische Truppen auf dem Gebiet Westdeutschlands und hatten zudem noch Thüringen und Teile von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg besetzt. Aufgrund von vorher getroffenen Absprachen zogen sich die Westalliierten am 1. Juli aus Ostdeutschland zurück.
Deutschland wurde auf der Potsdamer Konferenz im August unter den vier Besatzungsmächten USA, UdSSR, dem Vereinigten Königreich und Frankreich aufgeteilt. Dabei bekam die UdSSR das Gebiet der späteren DDR und die deutschen Ostgebiete, die sie mit der Ausnahme von Nordostpreußen an Polen abtrat. Das Vereinigte Königreich beanspruchte das Gebiet des heutigen Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Die amerikanische Besatzungsmacht erstreckte sich über Bayern, Hessen, Teile von Württemberg und Baden sowie Bremen und Bremerhaven wegen des Hafens. Frankreich bekam das spätere Rheinland-Pfalz und Teile von Württemberg und Baden. Das Saarland wurde unter französische Verwaltung gestellt. Die Siegermächte teilten die ehemalige Reichshauptstadt Berlin in vier Sektoren auf. Für ganz Deutschland wurde der Alliierte Kontrollrat mit Sitz in Berlin als Verwaltungsgremium geschaffen.
In den Ostgebieten, der Tschechoslowakei und anderen Teilen Osteuropas kam es in der Folgezeit zur systematischen Vertreibung der deutschen Bevölkerung. Etwa 14 – 16 Millionen Menschen mussten nach West- und Ostdeutschland umsiedeln und belasteten die ohnehin schwierige Lage zusätzlich, zudem bestand in einigen Gebieten der Grossteil der Bevölkerung aus Vertriebenen.
vordere Reihe v.l.n.r.: Hermann Göring, Rudolf Heß, Joachim von Ribbentrop, Wilhelm Keitel
dahinter: Karl Dönitz, Erich Raeder, Baldur von Schirach, Fritz Sauckel
In Deutschland selbst war das Leben in den zerbombten Städten mangels Wohnraum, Nahrungsmittelknappheit, zerstörter Infrastruktur, und ohne Stromversorgung und auch daraus folgender Brennstoffknappheit sehr schwierig. Weil viele Männer in Kriegsgefangenschaft waren, beseitigten Frauen die Trümmer in den Städten, der Begriff der Trümmerfrau entstand. Stadtbewohner fuhren massenhaft, bei so genannten Hamsterfahrten, aufs Land, um sich gegen Sachgüter Lebensmittel zu beschaffen. Es gab keine offizielle Währung, der Schwarzmarkt und der Handel mit Sachgütern, besonders amerikanischen Zigaretten blühte. Wegen des Brennstoffmangels wurden zahlreiche Bäume abgeholzt oder Kohlenzüge geplündert. Lebensmittel waren nur über Lebensmittelmarken oder aus eigenem Anbau zu haben.
Die Besatzungsmächte ordneten die Entnazifizierung an, verboten die NSDAP und ihre Unterorganisationen und ließen alle faschistischen Symbole entfernen. Die Deutschen wurden anhand von Fragebögen systematisch auf ihre Nazi-Vergangenheit untersucht. Allerdings gab es zahlreiche Möglichkeiten, sich auf dem Schwarzmarkt einen „Persilschein“ zu besorgen. Zahlreiche Ämter wurden neu besetzt, auch Neulehrer wurden in wenigen Monaten zahlreich zum Dienst ausgebildet. Am 14. November 1945 begann in Nürnberg der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher, der am 1. Oktober 1946 mit zahlreichen Todesurteilen endete. Daran anschließend gab es Folgeprozesse gegen andere Kriegsverbrecher.
Besatzungszeit
Im Januar 1946 gab es mit den Kommunalwahlen in der amerikanischen Besatzungszone die ersten freien Wahlen, seit Ende der Weimarer Republik. Ihr folgten Landtagswahlen in den Westzonen zwischen Juni 1946 – Oktober 1947, zwischen August – November 1946 Bildung der heutigen westdeutschen Bundesländer, mit Ausnahme von Südwestdeutschland und dem Saarland. Im Februar 1946 wurde in der britischen Besatzungszone ein Zonenbeirat, bestehend aus Vertretern von Parteien, Gewerkschaften und der Verwaltung, zur Beratung der Militärregierung gegründet. Am 1. Dezember 1946 gab sich Hessen die erste Nachkriegsverfassung. Mit Konrad Adenauer als Chef der CDU in der britischen Zone und Kurt Schumacher als Vorsitzender der SPD traten im Frühjahr 1946 zwei wegweisende Personen auf den Plan. Im April 1946 nahmen die deutschen Gerichte wieder die Arbeit auf. Im August begann amerikanische Wohlfahrtsverbände mit der Lieferung von CARE-Paketen nach Deutschland um die größe Hungersnot zu lindern und im September gründete sich der RIAS. Der US-Außenminister James F. Byrnes betonte in seiner Stuttgarter Rede seine positive Einstellung in der Deutschlandpolitik und kündigte einen Wandel in den deutsch-amerikanischen Beziehungen an. Am 1. Januar 1947 entstand mit der Vereinigung von amerikanischer und britischer Besatzungszone die Bizone. Ebenfalls in diesen Monat erschient erstmals das Magazin Spiegel. Im Februar 1947 wird das Land Preußen wegen seiner militärischen Tradition vom Alliierten Kontrollrat aufgelöst. Im Juni 1947 läuft der Marshallplan an und im Juli wird in der Bizone ein Wirtschaftsrat gebildet. Bei den Treffen der Gruppe 47 werden die ersten Werke der Nachkriegsliteratur vorgestellt.
Die Gründung der Bundesrepublik
Nach dem Scheitern der Londoner Außenministerkonferenz im Dezember 1947 wurde der Graben zwischen den Westalliierten und der Sowjetunion unüberwindlich. Februar/März 1948 kommt es zur Londoner Sechsmächtekonferenz (USA, Vereinigtes Königreich, Frankreich, Niederlande, Belgien, Luxemburg) über die Bildung eines westdeutschen Staates und den Brüsseler Pakt, ein Bündnis zur Wahrung westlicher Interessen gegen das Machtstreben der UdSSR. Aus Protest gegen die Beschlüsse verließ der sowjetische Gesandte am 20. März den Alliierten Kontrollrat, der damit gescheitert war. Ebenfalls im März wurde Ludwig Erhard Chef der Wirtschaftsverwaltung der Bizone und die Bank deutscher Länder, Vorgänger der Bundesbank wurde gegründet.
Am 20. Juni kam es zur Währungsreform. Mit der D-Mark began das Wirtschaftswunder, auch in Westberlin, so dass der Schwarzmarkt allmählich verschwand. Die Sowjetunion began am 24. Juni mit der Berlinblockade, worauf die Westalliierten ab den 26. Juni mit der Luftbrücke nach Berlin reagierten.
Am 1. Juli übergaben die Militärgouverneure Frankreichs, des Vereinigten Königreiches und der USA den westdeutschen Ministerpräsidenten die Frankfurter Dokumente, zur Bildung eines deutschen Staates. Daraufhin berieten sich die Landerschefs und fassten vom 8. – 10. Juli die Koblenzer Beschlüsse. Die Mitglieder einer verfassungsgebenden Versammlung sollten von den Landtagen und nicht direkt gewählt werden. Vom 10. – 23. August kam es zum Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee, bei dem Vorbereitungen zur Ausarbeitungen eines Grundgesetzes getroffen wurden.
Am 1. September tratt der 65köpfige Parlamentarische Rat unter Vorsitz von Konrad Adenauer in Bonn zusammen. In den folgenden Monaten wurde das Grundgesetz ausgearbeitet. Im April 1949 beschlossen die drei Westmächte die Militärregierungen durch die Alliierte Hohe Kommission abzulösen, das Besatzungsstatut festzuschreiben und sie vereinigten Westdeutschland zur Trizone. Am 8. Mai 1949 wurde das Grundgesetz verkündet, am 10. Mai befasste sich der Rat noch mit der Hauptstadtfrage, die letztendlich azu Gunsten von Bonn ausfiel, andere Bewerber waren Kassel und Frankfurt am Main. Am 12. Mai beendete die Sowjetunion die Berlinblockade.
Das Grundgesetz wurde von den Besatzungsmächten und den Landtagen angenommen, es gab keine Volksabstimmung. Nur Bayern verweigerte sich, weil es den Mangel an Föderalismus kritisierte, trotzdem trat es bei. Trotz und wegen der Erfahrungen der Weimarer Republik enthielt das Grundgesetz keine Sperrklausel bei Wahlen. Die 5%-Hürde wurde erst in den 50er Jahren vom Bundestag beschlossen. So trat das Grundgesetz am 23. Mai in Kraft. Die Bundesrepublik Deutschland war entstanden.
Die frühen Jahre der Bundesrepublik
Konstituierung der Verfassungsorgane
Am 14. August 1949 fand die erste Wahl zum deutschen Bundestag statt. Die CDU/CSU wurde stärkste Kraft, die SPD aber dicht dahinter. Insgesamt zogen 11 Parteien in den Bundestag ein. Die konstituierende Sitzung von Bundestag und Bundesrat war in Bonn am 7. September 1949. Alterspräsident Paul Löbe eröffnete die Bundestagssitzung und übergab später an den gewählten Bundestagspräsidenten Erich Köhler. Der Bundesrat wählte den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Karl Arnold zum Vorsitzenden und damit zum stellvertretenden Bundespräsidenten. Am 12. September wählte die Bundesversammlung Theodor Heuss im zweiten Wahlgang zum Bundespräsidenten, Kontrahent war Kurt Schumacher. Am 15. September wählte der Bundestag mit einer Stimme Mehrheit Konrad Adenauer zum Bundeskanzler. Dieser bildete eine Regierungskoalition aus CDU/CSU, FDP und Deutscher Partei.
Ära Adenauer
Konrad Adenauer betrieb in seiner Politik eine Westintegration der Bundesrepublik, was schon mit dem Petersberger Abkommen deutlich wurde, den er und die Allierten Hohen Komissare schlossen. Vor allem seitens der SPD, mit ihrem Vorsitzenden Kurt Schumacher und später Erich Ollenhauer, gab es heftige Kritik an dieser Richtungsentscheidung, weil eine Zementierung der deutschen Teilung befürchtet wurde. Innerhalb der Regierungskoalition blieb die Politik ebenfalls nicht widerspruchslos. Im Oktober 1950 trat Bundesinnenminister Gustav Heinemann aus Protest gegen die geplante Wiederbewaffnung und den Führungsstil Adenauers zurück. 1952 machte Stalin den Vorschlag, Deutschland als ein neutrales Land wieder zu vereinigen. Die Stalin-Noten sorgten für Irritationen, wurden aber abgelehnt, weil man eine Vereinnahmung von ganz Deutschland durch die UdSSR befürchtete.
Ein wichtiges politisches Thema war der Alleinvertretungsanspruch der Bundesrepublik für Gesamtdeutschland. Die Hallstein-Doktrin besagte, dass die Bundesrepublik Deutschland mit jedem Staat die diplomatischen Beziehungen beenden solle, der selber die DDR diplomatisch anerkennt. Die Doktrin wurde erstmals 1957 an Jugoslawien angewendet. Sie hinderte Adenauer aber nicht daran, im September 1955 nach Moskau zu reisen, um mit der Sowjetunion, der Schutzmacht der DDR, diplomatische Beziehungen aufzunehmen und die Rückkehr der letzten deutschen Kriegsgefangenen zu erwirken. Die Doktrin verlor Ende der 1960er Jahre ihre Bedeutung.
1951 wurden das Auswärtige Amt und der Bundesgrenzschutz gegründet und die BRD wurde Mitglied im Europarat. 1952 wurde das Deutschlandlied nach einem Briefwechsel zwischen Adenauer und Heuss über diese Frage zur Nationalhymne auserkoren. Das Bundesland Baden-Württemberg entstand im April 1952.
Die Westbindung schritt voran, 1952 wurden der Deutschlandvertrag und der EVG-Vertrag unterzeichnet, letzterer scheiterte aber 1954. In diesem Jahr entstand gleichfalls die Montanunion und somit endete die internationale Kontrolle über das Ruhrgebiet.
Im September 1952 wurde mit Israel das Luxemburger Abkommen zur Entschädigung von NS-Opfern unterzeichnet. Im Oktober 1952 verbot das Bundesverfassungsgericht die rechtsradikale Sozialistische Reichspartei (SRP), es blieb mit dem Verbot der KPD im August 1956 das einzige Parteiverbot in der Bundesrepublik. Bei der Bundestagswahl im September 1953 kann die CDU dazu gewinnen und so konnte 1954 Theodor Heuss als Bundespräsident wieder gewählt werden.
Nach dem Scheitern der EVG wurde die BRD im Mai 1955 Mitglied der NATO und der WEU. Gegen die Wiederbewaffnung gab es massive Widerstände und Befürchtungen quer durch alle Gesellschaftsschichten. Die Bundeswehr wurde geschaffen, aber auch der Möglichkeit den Wehrdienst zu verweigern und stattdessen Zivildienst zu leisten. Aufgrund ihrer Erfahrung erhielten auch viele frühere NS-Militärs Beschäftigung in der neu geschaffenen Armee. Das Verschweigen der NS-Vergangenheit von Bundeswehr- aber auch anderen Funktionären und die Verdrängung der Vergangenheit sollte später noch eine große Belastung für die bundesrepublikanische Gesellschaft werden. Erster Verteidigungsminister wurde Theodor Blank, der später von Franz-Josef Strauß abgelöst wurde. Dieser war zuvor Minister für Atomfragen. Zeitweise wurde sogar über eine atomare Bewaffnung diskutiert.
Im April 1956 wurde der Bundesnachrichtendienst gegründet, es gab aber schon zu vor die Organisation Gehlen. Das Saarland trat zum Jahresanfang 1957 der BRD bei. Mit den Römischen Verträgen wurde am 25. März 1957 die EWG, Vorgängerorganisation von EG und EU ins Leben gerufen, die Bundesrepublik war Gründungsmitglied. Bei der Bundestagswahl 1957 erhielt die CDU die absolute Mehrheit. Konrad Adenauer zog 1959 eine Kandidatur als Bundespräsident in Betracht, verwarf dies aber wieder und so wurde im Juli 1959 schließlich der CDU-Kandidat Heinrich Lübke gewählt. Im November 1959 streifte die SPD im Godesberger Programm ihr Image einer Arbeiterpartei ab und wandelte sich zu einer Volkspartei.
Nach mehreren Berlinkrisen und um den Flüchtlingsstrom aus der DDR in die BRD zu stoppen, riegelte die DDR-Regierung am 13. August 1961 die Grenze zu Westberlin ab und begann mit dem Bau der Berliner Mauer. Die Westmächte protestierten zwar, verhielten sich ansonsten bedeckt, auch aus Furcht eine schwere Krise herauf zu beschwören. US-Präsident John F. Kennedy hielt bei seinem Berlinbesuch im Juni 1963 eine Rede mit dem berühmten Satz „Ich bin ein Berliner“. Seit 1963 wurde der 17. Juni (Tag des Volksaufstandes in der DDR 1953) in der Bundesrepublik als „Tag der deutschen Einheit“ begangen. Man wusste aber nie recht mit diesen Gedenktag umzugehen.
Bei den Bundestagswahlen im September 1961 verlor die CDU ihre absolute Mehrheit, bildete aber weiterhin die Regierung. Im Oktober 1962 stürzte Verteidigungsminister Strauß über die Spiegel-Affäre. Im Januar 1963 erreichte mit dem Elysée-Vertrag die Aussöhnung der bisherigen Erbfeinde Deutschland und Frankreich ihren Höhepunkt. Frankreich ist seither wichtigster Partner der deutschen Außenpolitik.
Schon 1961 hatte Adenauer angekündigt, nicht mehr für eine volle Legislaturperiode im Amt bleiben zu wollen. Trotz Querelen zwischen Adenauer und Wirtschaftsminister Ludwig Erhard bestimmte die CDU diesen im April 1963 zum Nachfolger als Bundeskanzler. Konrad Adenauer trat am 15. Oktober 1963 von seinem Amt zurück.
Wirtschaftswunder & Gesellschaft der 50er und 60er
Nach der Währungsreform 1948 entwickelte sich in der Bundesrepublik das Wirtschaftswunder. Die Arbeitslosigkeit der Nachkriegszeit verschwand allmählich, bis schließlich 1962 die Vollbeschäftigung erreicht war. Der steigende Bedarf nach Arbeitskräften wurde anfangs mit Flüchtlingen aus der DDR gedeckt, als dieser abbrach, warb man Gastarbeiter im Ausland an.
Zuerst wurde der Bedarf nach Grundnahrungsmittel gedeckt, die Lebensmittelkarten wurden 1950 abgeschafft, danach der Bedarf nach Edellebensmittel befriedigt. Anschließend wurde die Nachfrage nach Bekleidung gestillt (Fresswelle, Edelfresswelle und Bekleidungswelle). Damit ging auch die Verdrängung der Tante-Emma-Läden durch Supermärkte mit breitem Sortiment einher. Durch den steigenden Wohlstand vollzogen sich der Übergang vom Verkäufermarkt zum Käufermarkt und die Bedeutung der Werbung nahm stark zu. Der Tourismus entwickelte sich, auch durch die steigende Zahl von Urlaubstagen und Verkürzung der Arbeitszeit. Anfangs waren nur innerdeutsche Urlaubsziele gefragt, mit steigendem Wohlstand waren auch fernere Ziele gefragt, besonders beliebt war bei Urlaubern Italien und die Riviera. Anfang der 50er fuhren die meisten Bundesbürger noch mit Fahrrad, Bus und Bahn. Zunehmend wurden Motorräder populär und in den 60er stiegen die Verkaudszahlen der nun massenhaft produzierten Automobile stark an. Der VW Käfer wurde so zum Symbol des deutschen Wirtschaftswunders. In der Landwirtschaft verdrängten große Agrarbetriebe mit ihrer modernen Technik kleine Landwirtschaftsbetriebe. Diese Entwicklung wurde auch durch die Flurbereinigung und die Agrarpolitik in der EWG begünstigt.
Die Frauen wurden rechtlich besser gestellt, trotzdem war ihre Haupttätigkeit weiterhin als Hausfrau und Mutter da zu sein.
Aus Protest gegen den „Wohlstandsmief“ der Erwachsenen entwickelt die Jugend eine eigene Kultur, die sich vor allem im Rock'n'Roll ausdrückte. Idole der Zeit waren James Dean, Marlon Brando und Elvis Presley. Dennoch gab es auch ungleiche Besitzverteilungen und eine hohe Zahl von Sozialhilfeempfängern. Die Bundesregierung versuchte stark soziale Missstände abzubauen, dementsprechend waren die Sozialausgaben am Bundeshaushalt auch enorm angestiegen. Vor allem kinderreiche Familien und Rentner gehörten zu den Benachteiligten. Deshalb wurde 1958 die dynamische Rente eingeführt, um die Einkommen der Rentner der Einkommensentwicklung der übrigen Bevölkerung anzupassen. Ebenso dienten Maßnahmen wie das Mutterschaftsschutzgesetz und die Einführung des Kindergeldes diesem Zweck. Der Wohnungsbau spielte in der Nachkriegszeit eine bedeutende Rolle. Durch schnell steigende Löhne kam auch zunehmend die breite Masse der Arbeiter in den Genuss der wirtschaftlichen Entwicklung.
1950 wurde die Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands (ARD) gegründet. Am 25. Dezember 1952 erschien das erste Fernsehtestprogramm. Verschiedene Spielfilme waren in der Anfangszeit des Fernsehens wahre Straßenfeger. 1963 nahm durch den Rundfunkstaatsvertrag das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) seinen Betrieb auf. 1967 wurde das Farbfernsehen in der BRD eingeführt.
Das Kino war eine beliebte Freizeitbeschäftigung. Man wollte die Vergangenheit vergessen und das Leben unbeschwert genießen und so erhielt der Heimatfilm großen Zuspruch beim Publikum. Eine prägende Figur in Film und Fernsehen war Heinz Erhardt. Der 1951 gedrehte Film Sünderin wurde zum Skandal, wegen einer kurzen Nacktszene mit Hildegard Knef. 1957 wurde die Prostituierte Rosemarie Nitribitt ermordet. Dieser Mord wurde 1958 verfilmt und verstand sich auch als Gesellschaftskritik. Rowohlts Rotations Romane (rororo) erschienen 1950 als Taschenbuch auf dem Büchermarkt und revolutionierten wegen ihres günstigen Preises den Büchermarkt.
Der WM-Titel der deutschen Elf bei der Fußballweltmeisterschaft 1954 in der Schweiz half dem deutschen Selbstwertgefühl und begründete die Fußballbegeisterung. Es ging als Wunder von Bern in die Geschichte ein. Von 1952 an gab es in der BRD eine neunjährige Schulpflicht. Der Glaube an den ungebremsten Fortschritt und die Wissenschaft waren noch ungebrochen. Die friedliche Nutzung der Kernenergie wurde begrüßt und als Lösung für das Energieproblem baute man 1957 den ersten deutschen Kernreaktor, der 1966 ans Netz ging. Im August 1962 erschütterte eine Sturmflut Hamburg. Am 7. November 1963 wurden nach einem Bergwerkunglück 11 Berarbeiter in Lengede lebend geborgen.
Ludwig Erhard, Große Koalition und 68er-Bewegung
Der neue Bundeskanzler Ludwig Erhard konnte sich zunächst behaupten. Bei der Bundespräsidentenwahl 1964 wurde Heinrich Lübke auch mit den Stimmen der SPD wieder gewählt, die keinen eigenen Kandidaten aufstellte. Dies gilt als ein Schritt hin zur Großen Koalition. Die Bundestagswahl 1965 gewann die CDU/CSU, doch Erhard verlor recht schnell an Ansehen. Es wurde deutlich, dass die guten Jahre des Wirtschaftswunders vorbei waren. Eine Rezession mit einer erhöhten Arbeitslosigkeit erschütterte die Bundesrepublik 1966/67. Dazu kam der Umstand, dass die Kohle aus dem Ruhrgebiet ihre Bedeutung als wichtiger Energielieferant verlor durch das billigere Erdöl. Es kam zu einen Zechensterben und einen langsamen Strukturwandel im Ruhrgebiet in den späten 60er und 70er. Erhard weigerte sich, eine aktive Konjunkturpolitik zu betreiben, weil dies seinem Konzept der Nichteinmischung in die Marktgeschehnisse widersprach. Auch die Starfighter-Affäre belastete die Regierung. Verschiedene Abstürze von Flugzeugen des technisch noch unausgereiften Starfighters und die Verwicklungen bei seinem Kauf belasteten das Klima zusätzlich. Die FDP bewegte sich langsam von der CDU weg. Schließlich erklärte Ludwig Erhard am 30. November 1966 seinen Rücktritt als Bundeskanzler. Vorausgegangen waren das Scheitern von neuen Koalitionsverhandlungen mit der FDP und das Zusammengehen mit der SPD zur Großen Koalition.
Die Verjährungsdebatte beschäftigte Mitte der 60er die Gemüter. Nach damaligem Strafrecht verjährten die Naziverbrechen 20 Jahre nach der bedingungslosen Kapitulation 1965. Um dies zu verhindern versuchte man 1964 massenhaft Belastungsmaterial vor allem aus Osteuropa heranzuschaffen. Da abzusehen war, dass die Zeit nicht einzuhalten war, einigte man sich nach langen Debatten, die Verjährung auf 1969, 20 Jahre nach Gründung der BRD als Rechtsnachfolger des Dritten Reiches, hinauszuschieben. 1969 wurde dann vom Bundestag eine Verjährungsfrist für Völkermord aufgehoben, 1979 dann generell für Mord. Der Prozess gegen Adolf Eichmann in Jerusalem und die Prozesse gegen Aufseher des KZ Auschwitz erregten die Debatte. Auch die Wahlerfolge der rechtsradikalen NPD in verschiedenen Länderparlamenten sorgten international für Befürchtungen.
Ein weiteres Thema der Zeit war der Bildungsnotstand. Überfüllte Hörsaale und Kritik an dem bestehenden Schulsystem führten zur Bildung eines nationalen Bildungsrates. Aber erst die sozialliberale Regierung sollte eine Bildungsreform anstreben. Im Juni 1966 wurde der Kindermörder Jürgen Bartsch verhaftet, in der Folgezeit entflammte die Debatte um eine Wiedereinführung der Todesstrafe.
Der Großen Koalition gelang es mit einer energischen Wirtschaftspolitik, die Rezession zu stoppen. Maßnahmen dazu waren das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz, das die wirtschaftspolitischen Ziele vorgab und auch als Magisches Viereck galt und die konzertierte Aktion, Absprachen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern. Die Einführung des Mehrheitswahlrechts im Angesicht der NPD-Erfolge scheiterte vor allem am Widerstand der SPD. Die Notstandsgesetze, die schon früher angedacht waren, wurden nun durchgesetzt. Diese Gesetze sollten in Ausnahmesituationen wie Katastrophenfälle und Staatsbedrohungen die Machtbefugnisse und Zuständigkeiten des Bundes regeln. Damit einhergehen würden Einschränkungen der Grundrechte. Sie waren also als Notverfassung konzipiert. Durch die Große Koalition war die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit zur Grundgesetzänderung erreicht. Gegen die Notstandgesetze und auch die Große Koalition bildete sich in der Bevölkerung ein breiter Widerstand, da keine wirksame Opposition mehr vorhanden war, die kleine FDP konnte der Regierung nichts entgegenbieten. Es entstand die Außerparlamentarische Opposition (APO) und es kam zu Massenkundgebungen und Protestmärschen.
Der Krieg der USA in Vietnam, der Bildungsnotstand, die Große Koalition, das jahrelange Verschweigen der NS-Vergangenheit und die Scheinmoral der Gesellschaft führten, hauptsächlich in der Studentenschaft, zu einer Bewegung, die die Gesellschaft verändern wollte. Der zündende Funke war der Besuch des persischen Schahs in Berlin Anfang Juni 1967. Bei einer Demonstration gegen den Besuch wurde der Student Benno Ohnesorg von einem Polizisten erschossen. In der Folgezeit zog die Protestbewegung immer weitere Kreise, sie erlebt mit dem Attentat auf Rudi Dutschke im April 1968 ihren Höhepunkt. In der Folge kam es zu massiven Ausschreitungen, besonders vor dem Gebäude des Axel Springer Verlages in Westberlin.
Durch innerparteiliche Querelen verlor Kissinger an Ansehen, wohingegen Vizekanzler und Außenminister Willy Brandt durch seine Politik und sein Auftreten an Profil gewann. Bei der Bundespräsidentenwahl im März 1969 gewann der gemeinsame Kandidat der SPD und FDP, Gustav Heinemann. Dieser Schritt war ein Vorgriff auf eine mögliche Regierungsverantwortung der beiden Parteien. Aus der Bundestagswahl im September 1969 ging die CDU als stärkste Fraktion hervor, aber SPD und FDP hatten zusammen mehr Stimmen und koalierten. Die CDU musste also das erste Mal auf die Oppositionsbank. Willy Brandt wurde neuer Bundeskanzler, der FDP-Politiker Walter Scheel Außenminister und Vizekanzler. Mit dem Ende der Großen Koalition verschwand auch die Außerparlamentarische Opposition wieder.
Die 70er und 80er
Sozialliberale Koalition
Die neue Regierung hatte Schwierigkeiten, ihr Vorhaben durchzusetzen. Zum einem behinderte sie der Bundesrat, wo die CDU in den Länderparlamenten die Mehrheit hat. Zum anderen das Bundesverfassungsgericht, in dem überwiegend noch von der CDU gewählte Richter saßen. So manche Reformen mussten deswegen umgeändert werden.
In dem Verhältnis zu den Ostblockstaaten schlägt Brandt Wege der Annäherung und Versöhnung an. Mit der Sowjetunion wird im August 1970 der Moskauer Vertrag, mit der Volksrepublik Polen im Dezember 1970 der Warschauer Vertrag und mit der Tschechoslowakei im Dezember 1973 der Prager Vertrag geschlossen. Die BRD nahm mit den Ostblockstaaten diplomatische Beziehungen auf, erkannte den Status quo und auch die Oder-Neiße-Grenze als Ostgrenze Deutschlands an, genauso wie die Nichtigkeit des Münchner Abkommens. Bei einer Kranzniederlegung am Denkmal für die Opfer des Aufstandes im Warschauer Ghetto kniete Willy Brandt nieder, um der Toten zu gedenken. Diese Geste kam völlig unerwartet und das Bild ging um die Welt. Die Hallstein-Doktrin wurde schon Ende der 60er schrittweise aufgegeben. Nun kam es zu einer Annäherung der beiden deutschen Staaten. Schon 1963 wurde über Westberlin das Passierscheinabkommen geschlossen. Im März und Mai 1970 kam es in Erfurt und Kassel zu Gesprächen zwischen Bundeskanzler Brandt und den Ministerpräsidenten der DDR, Willi Stoph. September 1971 unterzeichnen die Siegermächte das Viermächte-Abkommen über Westberlin. Seine Zugehörigkeit zur Gesellschaftsordnung der BRD wurde anerkannt, es war trotzdem kein Teil von ihr. Darauf folgend unterzeichneten die BRD und die DDR im Dezember das Transitabkommen über Westberlin, das den Personen- und Güterverkehr zwischen Westberlin und Ostberlin, Westberlin und der Bundesrepublik regelte. Nach Verhandlungen zwischen Egon Bahr und Michael Kohl wurde im Dezember 1972 in Ostberlin der Grundlagenvertrag unterzeichnet. Er stellte einen Höhepunkt in der Ostpolitik dar. Die Bundesregierung gab die Wiedervereinigung nicht auf. Die beiden deutschen Staaten errichteten auch keine Botschaften sondern nur Ständige Vertretungen. Am 18. September 1973 wurden BRD und DDR in die UNO aufgenommen. Die Ostpolitik brachte aber heftige Widerstände seitens der Opposition hervor. Von einem Ausverkauf deutscher Interessen war die Rede. Nur mit Mühe wurden die Ostverträge im Bundestag ratifiziert.
In der Innenpolitik wurden zahlreiche Reformvorhaben im Angriff genommen. Das Motto von Willy Brandt Mehr Demokratie wagen wurde versucht umzusetzen. Das Ehe- und Familienrecht wurde im Sinne der Gleichberechtigung reformiert. Im Bereich des Strafrechts wurde der Begriff von Schuld und Sühne mehr in den Resozialisierungsgedanken umgewandelt, genauso wurden überkommene Moralvorstellungen gestrichen. Neu hinzukamen aber Delikte der Umwelt- und Wirtschaftskriminalität. Das Pornographieverbot wurde gelockert und die Strafbarkeit von Gotteslästerung, Ehebruch und Homosexualität aufgehoben. Allgemein war die Tendenz hin zur Liberalisierung des Strafrechts. Nach heftigen Debatten wurde der § 218 des StGB hin zu einer weitreichenden Indikationsregelung bei der Abtreibung modifiziert. Das Wahlalter wurde von 21 auf 18 Jahre heruntergesetzt. Die Bildungsausgaben der öffentlichen Haushalte wurden enorm ausgeweitet. Mit der Einführung des Bundesausbildungsförderungsgesetz (Bafög) im August 1971 sollten finanziell Schwache bei Ausbildung und Studium unterstützt werden. Eine umfassende Bildungsreform scheiterte aber am Widerstand der CDU zur Gesamtschule und der Kulturhoheit der Länder. Lediglich die gymnasiale Oberstufe wurde reformiert, indem Grund- und Leistungskurse angeboten werden und nach Punkten zwischen 0 – 15 statt bisher nach Zensuren zu benoten. Auch die Lehrpläne wurden auf neue Inhalte umgestellt. Zahlreiche neue Fachhochschulen und die Berufsakademien als akademische Ausbildungstypen entstanden. Seit 1972 wird zu einigen Studienfächern ein Numerus Clausus vorausgesetzt, um die Studentenanzahl zu begrenzen.
Im Zuge der Außerparlamentarischen Opposition entstanden zwei linke radikale Gruppen: die Bewegung 2. Juni und die Rote Armee Fraktion (RAF). Im Zuge der Bekämpfung der RAF wurde im Januar 1972 der Radikalenerlass, als Berufsverbot für Beamte mit extremistischen Neigungen im Staatsdienst erlassen. Im April 1972 scheiterte ein Misstrauensvotum des CDU-Vorsitzenden Rainer Barzel im Bundestag. Wegen der Kritik auch in der FDP an der Ostpolitik hat er auf einen Umsturz gehofft. Um den Weg für Neuwahlen frei zu machen lässt der Bundestag eine Vertrauensfrage der Bundesregierung scheitern. Bei den Bundestagswahlen im November 1972 wurde die SPD erstmals stärkste Fraktion und die Koalition gestärkt. Im Juni 1973 gab aber der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Julius Steiner an, beim Mistrauenvotum bestochen worden zu sein. Der Bundestag richtete einen Untersuchungsausschuss zur Steiner-Wienand-Affäre ein, dieser blieb aber ergebnislos.
Ende August / Anfang September 1972 fanden die XX. Olympischen Sommerspiele in München statt. Es sollten heitere Spiele werden. Am 5. September aber drangen palästinensische Terroristen der Organisation Schwarzer September in das Olympische Dorf ein und entführen israelische Sportler. Bei der folgenden versuchten Geiselbefreiung starben insgesamt 17 Personen. Als Folge der Ereignisse wurde die GSG9 als besondere Eingreiftruppe des Bundesgrenzschutzes gegründet. Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1974 im eigenen Land wurde Deutschland Weltmeister. Im Oktober 1973 traf die Ölkrise die BRD hart. Als Reaktion auf den verloren Jom-Kippur-Krieg mit Israel drosselte die OPEC die Erdölförderung drastisch. Man war gezwungen, Engpässe im Kauf zu nehmen und Fahrverbote wurden ausgesprochen. Es wurde versucht, sich unabhängiger vom Öl zu mache. Mit der Ölkrise begann eine Rezession in der Bundesrepublik. Im April 1974 wurde der Bundeskanzleramtmitarbeiter Günter Guillaume als DDR-Spion enttarnt. Willy Brandt trat daraufhin am 6. Mai zurück. Helmut Schmidt wurde sein Nachfolger als Bundeskanzler, Walter Scheel Nachfolger für den nicht mehr angetretenen Heinemann als Bundespräsident. Am 1. August 1975 wurde in Helsinki die Schlussakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) unterzeichnet. Sie unterstrich die verstärkten Verständigungsbemühungen der ost- und westeuropäischen Staaten.
Die Bundestagswahlen 1976 gewann Helmut Schmidt gegen Helmut Kohl, 1980 gegen Franz-Josef Strauß. 1979 wurde der CDU-Kandidat Karl Carstens zum Bundespräsidenten gewählt. Die Terrorwelle der RAF erreichte 1977 ihren Höhepunkt. Nach Ermordung von Siegfried Buback und Jürgen Ponto entführte sie am 5. September dem Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen kaperten Terroristen am 14. Oktober die Lufthansamaschine Landshut. Die Bundesregierung blieb aber hart. Die Landshut wurde von GSG9-Beamten gestürmt. Schleyer wurde ermordet und inhaftierte RAF-Terroristen begingen im Gefängnis Stammheim Selbstmord (Deutscher Herbst). Nach dem NATO-Doppelbeschluss im Dezember 1979 über atomare Mittelstreckenraketen in Europa kam es zu einen Anwachsen der Friedensbewegung.
Zunehmend wurde der Doppelbeschluss in der SPD abgelehnt, Helmut Schmidt hielt aber darin fest. Diese Positionen und die wachsende Arbeitslosigkeit und Staatsverschuldung führten zu einer Entfremdung der Koalitionspartner. Am 17. September 1982 brach die Koalition. Die SPD stellte ein eigenes Kabinett auf. Am 1. Oktober stürzte Helmut Kohl in einem Konstruktiven Misstrauensvotum Helmut Schmidt. CDU und FDP bildeten eine neue Regierung.
Regierung Kohl
Helmut Kohl wollte seine Regierung demokratisch legitimieren. Deshalb versagt ihn der Bundestag nach Absprache das Vertrauen und es werden Neuwahlen ausgeschrieben. Die Bundestagswahlen im März 1983 gewinnt die CDU, erstmals ziehen auch die Grünen als politische Kraft ins Parlament ein. 1984 erschütterte der Flick-Parteispendenskandal die Politik. Ebenfalls in diesem Jahr wurde Richard von Weizsäcker zum Bundespräsidenten gewählt. 1989 wieder gewählt, genoss er hohes Ansehen, auch durch seine Rede zu 40. Jahrestag des Kriegsendes. Der Reaktorunfall in Tschernobyl im April 1986 erschütterte auch die BRD und führte zur Errichtung des Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Die Bundestagswahl 1987 gewann erneut Helmut Kohl, in diesem Jahr kam mit Erich Honecker das erste DDR-Staatsoberhaupt zu einem Staatsbesuch in die Bundesrepublik. Die zweite Hälfte der 80er war von einer Entspannungspolitik der Supermächte gekennzeichnet. In diesen Zusammenhang stand auch der Staatsbesuch von Michail Gorbatschow in der BRD im Juli 1989.
Gesellschaft der 70er und 80er
Mit der 68er-Bewegung ging auch ein neuer Lebensstil einher. Viele Führer der Bewegung schafften es nach Jahrzehnten des Marsches durch die Institutionen Schlüsselfunktionen zu besetzen. Die Beatles lösten eine Hysterie aus. Aber auch andere Bands wie Rolling Stones, Doors und Janis Joplin feierten Erfolge. Es war die Zeit der Hippies, Flower-Power Mädchen, Drogenkonsum und der freien Liebe. Als in den 80er die Immunschwäche AIDS erstmals auftauchte löste sie eine Massenhysterie aus.
Da der Linksterrorismus seitens der RAF zunahm, musste sich die Gesellschaft diesem Problem annehmen. Man geriet schnell unter Generalverdacht, Terrorist oder Sympathisant zu sein, wenn man in irgendeiner Weise schon Verständnis für die Motive der Terroristen aufbrachte oder die Maßnahmen des Staates kritisierte. In dem Stück Die verlorene Ehre der Katharina Blum übte Heinrich Böll Kritik an den Methoden der Regenbogenpresse, vor allem aber der Bild-Zeitung, sensationsheischend jeden kleinsten Verdacht auszuschlachten und betroffene Personen zu diffamieren. Die mehrteilige Fernsehserie Der Holocaust, die im Januar 1979 im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde, entfachte eine erneute Debatte über die NS-Vergangenheit.
Vor allem der Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan, die Aufstände in Polen und der NATO-Doppelbeschluss ließen eine noch nie da gewesene Friedensbewegung mit zahlreichen Massendemonstrationen entstehen. Auch die Sorge um die Umwelt wurde immer mehr zu einem Thema. Neben der Friedensbewegung entwickelte sich eine Umweltbewegung, die die Umweltpolitik stärker zur Geltung bringen wollte. Aus dieser Bewegung entstanden die Grünen, die es 1983 erstmals in den Bundestag schafften und sich fest in das politische System etablieren konnten. Auch die Kernkraft wurde nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl negativ gesehen und es wurde nach alternativen Energiequellen gesucht. Gegen atomare Wiederaufarbeitungsanlagen regte sich Widerstand, das Zwischenlager Gorleben gerät immer wieder bei Atommülltransporten in die Schlagzeilen. 1986 erzwingen die Gewerkschaften die Einführung der 35-Stunden-Woche. In den letzten Jahren der alten Bundesrepublik wurde deutlich, dass zahlreiche Bereiche reformiert werden müssten, aber wenig getan wurde. Der Reformstau wurde zum Markenzeichen. Gerade die Arbeitslosigkeit konnte nicht bekämpft werden.
Ab Mitte der 70er wurde die schwedische Popband ABBA sehr bekannt. Ein weiterer Trend der Zeit bis Anfang der 80er war das Aufkommen der Neuen Deutschen Welle, deutsprachige Lieder der Punk- und New Wavemusik. Nachdem die rechtlichen Vorrausetzungen geschaffen waren gingen am 1. und 2. Januar 1984 die ersten Privatfernsehkanäle auf Sendung. RTL und PKS, Vorläufer von SAT.1 entstanden. Im Mai 1987 entstand Eureka TV, Vorläufer von Pro Sieben.
Wiedervereinigung
Nachdem Michail Gorbatschow Generalsekretär der KPdSU wurde, entspannte sich das Verhältnis der Supermächte zueinander und seit 1988 zeigten sich im Ostblock Auflösungserscheinungen der bisher mit Gewalt zusammengehaltenen Völker. Nachdem die Volksrepublik Ungarn die Grenzen zu Österreich langsam öffnete, begann eine Lawine von DDR-Bürgern in den Westen zu fliehen. Bei dem Paneuropäischen Picknick am 19. August 1989 kam es zur ersten großen Massenflucht. Die bundesdeutsche Botschaft in Budapest wurde von DDR-Bürgern besetzt, um eine Ausreise in die BRD zu erzwingen. Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher gab schließlich am 23. August nach und zahlreiche durften in die BRD ausreisen. Ähnliche Szenarien spielten sich in den folgenden Wochen in den BRD-Botschaften in Warschau und Prag und der Ständigen Vertretung in Ostberlin ab. Nachdem die Tschechoslowakei im September ihre Grenzen öffnete, kam es zu einem regelrechten Flüchtlingsstrom in die Bundesrepublik. Am 9. November war das Politbüro gezwungen, die Grenzen der DDR zu öffnen.
Anfang 1990 gab es Gespräche zwischen der Bundesregierung und der DDR-Regierung über die deutsche Einheit, im Februar Gespräche zwischen Helmut Kohl und Michail Gorbatschow im Kaukasus. Am 18. Mai wurde die Wirtschafts- und Währungsunion unterzeichnet, die am 1. Juli in Kraft trat. Beide deutsche Parlamente beschlossen am 23. August das Datum der Wiedervereinigung. Die Siegermächte stimmten im September mit dem 2+4-Abkommen der Einheit zu und entließen Deutschland in die volle Souveränität. Am 3. Oktober wurden die beiden deutschen Staaten wiedervereinigt.
Literatur und Weblinks
Literatur
- Geschichte der Bundesrepublik Deutschland / Marie-Luise Recker. - Orig.-Ausg. - München : Beck, 2002. - 116 S. - ISBN 3-406-43315-4
- Geschichte der Bundesrepublik Deutschland : von der Gründung bis zur Gegenwart / Manfred Görtemaker. - Frankfurt am Main : Fischer-Taschenbuch-Verl., 2004. - ISBN -596-16043-X
- Die Gründung der Bundesrepublik : von der Bizone zum souveränen Staat / Wolfgang Benz. - 5., überarb. und erw. Aufl. - München : Dt. Taschenbuch-Verl., 1999. - 242 S.. : Kt. - ISBN 3-423-04523-X
- Die Adenauer-Ära : Grundlegung der Bundesrepublik / Kurt Sontheimer. - 3., aktualisierte Neuaufl. - München : Dt. Taschenbuch-Verlag, 2003. - 287 S. - ISBN 3-423-34024-X
- Geschichte der deutschen Wirtschaft im 20. Jahrhundert / hrsg. von Reinhard Spree . - Orig.-Ausg. - München : Beck, 2001. - 231 S. - ISBN 3-406-47569-8