Hamlet, Prinz von Dänemark (engl. Hamlet, Prince of Denmark) ist eine der bekanntesten und meistaufgeführten Tragödien von William Shakespeare. Neben Sätzen wie Sein oder nicht sein, das ist die Frage (To be, or not to be: that is the question) sind auch andere Zitate und Sprichwörter (Etwas ist faul im Staate Dänemarks – [Something is rotten in the state of Denmark]) weit bekannt.
Entstehungsgeschichte
Das Stück entstand zwischen 1598 und dem Sommer von 1602. Eine erste Druckversion aus dem Jahre 1603 (First Quarto) ist unautorisiert, und wurde schnell durch einer autorisierte Second Quarto abgelöst. Eine leicht bearbeitete und gekürzte Version erschien im First Folio von Shakespeares gesammelten Werken im Jahre 1623; auf dieser Version basieren moderne Ausgaben.
Handlung
Hamlet, Prinz von Dänemark, kehrt von seinem Universitätsstudium in Wittenberg nach Helsingör zurück, um der Beerdigung seines Vaters beizuwohnen, der angeblich an einem Schlangenbiss gestorben ist. Als wenige Wochen später Hamlets Mutter, Gertrude, den Bruder des verstorbenen Königs, Claudius, heiratet, verstärkt das nur die Melancholie des jungen Prinzen, der seinen Vater abgöttisch liebte.
Von seinem Freund Horatio erfährt Hamlet, dass der Geist des verstorbenen Dänenkönigs nachts auf den Zinnen des Schlosses umhergehe. Hamlet arrangiert eine Begegnung mit der Spukgestalt, die ihm eröffnet, dass der alte König in Wirklichkeit von Claudius vergiftet wurde. Der Geist des alten Hamlet nimmt seinem Sohn das Versprechen ab, diesen Mord zu sühnen, die Mutter aber dabei zu schonen.
Um seine Rache vorzubereiten beschließt Hamlet, den Wahnsinnigen zu spielen. Hierunter leidet v.a. Ophelia, die Tochter von Polonius und Schwester von Laertes, die lange Zeit von Hamlet umworben wurde, jetzt aber von dem vermeintlich Wahnsinnigen schroff zurückgewiesen wird.
Die Ankunft einer Schauspieltruppe am Hofe gibt Hamlet die Möglichkeit, die zweifelhaften Anschuldigungen des Geistes auf ihre Richtigkeit zu prüfen: Hamlet lässt die Schauspieler den Königsmord nachspielen, Claudius bricht die Aufführung aufgebracht ab und Hamlet ist von der Schuld seines Onkels überzeugt. Bei einem anschließenden Gespräch mit seiner Mutter in deren Ankleidezimmer ersticht er - im Glauben es handele sich um Claudius - Polonius, der sich hinter einem Vorhang versteckt hat. Claudius schickt seinen Neffen nach England. In einem geheimen Brief bittet er den englischen König um die Hinrichtung Hamlets. Bei einem Piratenüberfall gelingt dem Prinzen jedoch die Flucht und die Rückkehr nach Dänemark, wo er Zeuge von der Beerdigung Ophelias wird, die nach dem Tod ihres Vaters selber wahnsinnig wurde und vermutlich Selbstmord beging.
Laertes fordert Hamlet zum Duell - angeblich um mit stumpfen Waffen gefahrlos die Kräfte zu messen. In Wirklichkeit will er aber Rache für den Tod des Vaters und der Schwester nehmen. Mit Claudius plant er eine Falle: Laertes' Degen soll beim Zweikampf nicht nur gespitzt sondern auch vergiftet sein. Zur Sicherheit hält Claudius eine giftige Perle bereit, mit der er einen "Erfrischungstrunk" für Hamlet präparieren kann. Beim Duell wird zunächst Hamlet mit dem giftigen Degen verletzt, Gertrude trinkt ahnungslos aus dem vergifteten Kelch auf das Wohl ihres Sohnes, Laertes und Hamlet tauschen im Eifer des Gefechts die Waffen, Laertes wird verletzt und so Opfer der eigenen Intrige. Sterbend offenbart er dem Kontrahenten das Komplott: Hamlet, seines Todes sicher, ersticht den Onkel und flößt ihm den Rest des vergifteten Weins ein bevor er selber stirbt.
Quellen
Das zentrale Handlungselement in Hamlet, der Racheplan eines um seine Regentschaft beraubten Prinzen, der vorgibt, den Verstand verloren zu haben, findet sich in den um 1200 verfassten Gesta Danorum des dänischen Geschichtsschreibers Saxo Grammaticus. Shakespeares direkte Quelle ist jedoch die Histoires Tragiques de François de Belleforest (Paris, 1570), die von Saxo abgeleitet sind. Von den Namen der Tragödie gehen nur Hamlet und Gertrude auf Saxo zurück.
Es wird angenommen, dass Thomas Kyd oder Shakespeare selbst einen nicht überlieferten Ur-Hamlet geschrieben haben, der von Shakespeare später revidiert wurde.
Interpretationen
Es soll versucht werden, das Drama aus seiner Zeit heraus zu verstehen. Das Hauptaugenmerk soll hierbei auf einer allegoretischen Deutung des Stückes liegen, um die Frage zu beantworten, wie das Stück ursprünglich gemeint gewesen sein könnte. Hiermit soll das Stück jedoch nicht zum rein allegorischen Stück erklärt werden. Hierdurch soll versucht werden, dem Stück etwas von seinem Rätselcharakter zu nehmen, den es durch spätere Interpretationen bekommen hat, vor allem seit dem späten 18. Jahrhundert.
Wer dazu neigt, in Shakespeare einen modernen Dichter zu sehen, hält Hamlet für einen modernen Menschen - den „ersten Menschen aus Fleisch und Blut der Literatur“. Damit zusammen hängen Versuche das Stück als ein offenes Kunstwerk zu betrachten und nicht mehr als ein klassisches „zur Besserung des Herzens und Erhebung des Geistes“. Einen Kontrast dazu bilden die Kritiker die Hamlet klassisch anschauen wollen aber keine Logik des Dramas sehen können. Hierher gehört etwa der Spott Voltaires oder die Auskunft von T. S. Eliot Hamlet sei ein gescheitertes Stück. Berühmt ist das Wort Goethes aus Wilhelm Meisters Lehrjahre: „eine große Tat, auf eine Seele gelegt, die der Tat nicht gewachsen ist“; verallgemeinert in Shakespeare und kein Ende: „Vorherrschend in den alten Dichtungen ist das Unverhältnis zwischen Sollen und Vollbringen“. Indessen hat sich die Art der Ansicht Friedrich Schlegels geradezu durchgesetzt: Hamlet verkörpere das Bewußtsein des modernen Menschen, nämlich eine „eigentümliche, schmerzliche skeptische und herbe Lebensansicht“.
Ernsthafte Versuche Hamlet in einen tiefen Zusammenhang zu Shakespeares Gesamtwerk, zum antiken Drama, wie zu den Problemen der Zeit zu stellen, insbesondere zur Reformation Martin Luthers - obwohl der Hinweis auf Wittenberg sichtbar gegeben wird, sind vergleichsweise selten. Selten auch hat man etwa in Petruchio Der Widerspenstigen Zähmung und seinem seltsamen Gebaren einen Vorgänger Hamlets erkannt, obwohl es selbst Tranius dämmert: „He hath some meaning in his mad attire“ und die Diener es begriffen haben; Nathaniel: “Peter, hast du so was je gesehn?“ – „Die behandelt er nach ihrer eigenen Manier.” Viel spricht gleichfalls für den Vergleich Hamlets mit dem Wahnsinn Macbeths, der überall das Blutwerk seiner Hände sieht. In dem Sinn, als wäre Claudius Macbeth und Hamlet die seltsam rasenden Spiegelungen des Verbrechens die Macbeth plagen und am Ende vernichten. Daß eben das Gewissen, als Urgrund aller Tugend, „verrückt spielt“, also immer unkontrollierbar außer aller menschlichen Gewalt steht, gäbe einen tieferen Hinweis auf die scheinbar abwegige, aber ausdrücklich bewußte Zurüstung Hamlets die Tat zu rächen: „… wie seltsam ich mich auch benehmen mag, da mir vielleicht in Zukunft dienlich scheint, ein wunderliches Wesen anzunehmen. “
Hört man weiter genau auf den Auftrag Hamlets; Geist: „Doch wie du immer diese Tat betreibst, befleck nicht deine Seele.“ („taint not thy mind“), dann kann man das Treiben seines „Wahnsinns” kaum weniger erfolgreich finden als der Mörder Claudius, der es wissen muß: „Aus Liebe? Nein, das ist nicht seine Sache, und was er sprach, obwohl ein wenig wüst, war nicht wie Wahnsinn. In seiner Seele, lebt etwas, worauf die Schwermut brütet, und ich bezweifle nicht, daß von der Brut Gefahr uns droht.“; „Die Pflichten Unsrer Würde dulden nicht Gefahr so nah, wie hinter seiner Stirn sie stündlich uns erwächst.“; „Seine Freiheit droht aller Welt, Euch selbst, Uns, jedem andern.“ und „Wie hektisch Fieber rast er mir im Blut! Mag mir der Plan nur glücken. Bis dies geschehn ist, kann mich nichts erquicken.“
An die Deutung Hamlets als Gewissen und Tugend lehnt sich die Überzeugung, wonach der Geist (the Ghost) ein Wortspiel Shakespeares sei und, genau wie im Deutschen, das volkstümliche Gespenst sowohl als den „Geist“ meint. Also die Ausgeburten des Unwissens wie das Gegenteil – das Erwachen. Vergeblich stechen die treuen aber beschränkten „Wachen“ nach dem „Geist“, vergeblich redet ihn der Schriftgelehrte an. Enthüllen kann sich nur der Vater dem Sohn. Der Sohn des „Geistes“ aber ist nach christlicher Allegorie die Tugend. Und tatsächlich haben einige nicht unbedeutende Stimmen, wie etwa Walter Benjamin, Hamlet als ein Werk christlicher Allegorie verstanden. Stand die doch dem Europäer um 1600 noch mit einer anderen Gewalt vor Augen als zweihundert Jahre später der Romantik.
Erstaunlich selten ist weiter der Vergleich Hamlets mit den Erinnyen, auch Maniai (soviel wie „Rasende“, „Wahnsinnige“). Ein dem Blut beim Mord des Uranus entsprungenes, im Hades hausendes Geschlecht dunkler mächtiger Schützerinnen der sittlichen Ordnung, die rastlos alles Unrecht, besonders Blutschuld und Mord, verfolgen, den Frevler in Wahnsinn, Tod und Verderben stürzend. Sie werden etwa in der Orestie „die Spätstrafenden“ genannt. Dieses späte aber unfehlbare Strafgericht enthält entscheidend, wie auch der christliche Glaube, die Möglichkeit der Reue. Die Reue wandelt die Erinnyen zu Euminiden (den Gutwollenden), die Buße rettet den Christen vor ewigen Schrecken. Darum fällt der ideale Moment für Hamlet den Mord fleischlich, weltlich zu rächen mit dem Versuch der Buße des Mörders zusammen. Hamlets Rache scheint überhaupt mehr Spiegel als Schwert, also mehr vom „Geist“ als vom „Fleisch“ zu stammen: „Kommt, Mutter, setzt Euch. Ihr sollt nicht gehn, bis ich Euch den Spiegel zeige, worin Ihr Euer Innerstes erblickt.“ Und es scheint Wesen und Methode einer höheren Gerechtigkeit tief mit der Natur des Spiegels verknüpft zu sein.
Wie sich aber Hamlets Tod und Fortinbras als Erbe auf eine höhere Gerechtigkeit reimen sollten, ist schwer erkennbar. Fortinbras gilt vielen als unerhebliches Beiwerk oder gar als Versagen Shakespeares’ Kunst. Man sah in Fortinbras das „Frisch-Tätige über das Impotente“ gehen, den „Machtantritt geistleeren Ehrgeizes“ oder einen „düsteren Strahl auf das Leben der Zukunft“. Eine mögliche Bestimmung des Dramas näher an der Welt um 1600 wäre diese: Nach dem festen Alten (Hamlets Vater) ist die neue Zeit (Claudius) heraufgezogen, gemein und schlecht. Die Tugend (Hamlet), die aus dem Vergleich der Zeiten lebt, wird schwermütig. Da offenbart ihr der „Geist“, alle Ahnungen mit einem Schlag erhellend: Das Neue, Schlechte ist kein rechtes Erbe. Es gründet auf Unrecht! Das gibt der Tugend ihre Aufgabe in der Welt, nämlich wahrhaftiger Spiegel des Herzens und der Taten zu sein.
Alles was Hamlet redet oder tut, scheint diesen Sinn zu haben. Ophelia stellt dar, wie dieser Einsicht in die Dinge alles Weltliche abstirbt und jedes in ihren Kreis gezogen wird. Horatios Zeugnis infiltriert das neue Reich (des Fortinbras), noch bevor es ausgerufen wird. An Hamlets Vermächtnis fällt dabei dessen Unauffälligkeit ins Auge. Horatio wird zeugen „von Taten die, verfehlt, zurückgefallen auf die Erfinder“. Betrachtet man die Finale der Stücke Shakespeares ist nirgends eine bessere Welt entstanden, als dass jeder seinen Lohn erhält. Es erinnert an jenes Bleikästchen mit dem Bassanio sein Glück aufschließt in Der Kaufmann von Venedig:
„Doch du, du magres Blei, das eher droht als irgendwas verspricht, dein mattes Licht spricht mehr zu mir als Eloquenz, dich wähle ich und Freude sei die Konsequenz.“
Theater
Hamlet ist das wahrscheinlich meistaufgeführte Theaterstück im westlichen Kulturbereich. Insbesondere der Teil in der ersten Szene des dritten Aktes, in der die berühmten Worte To be or not to be, that is the question in Hamlets Monolog auftreten, gelten als Test für jeden Schauspieler.
Film
Es gibt mehr als 20 Kinofilme, die unter dem Titel Hamlet erschienen sind, sowie eine Reihe von Fernsehfilmen. Daneben gibt es gut 50 Filme, die das Wort Hamlet im Titel enthalten.
Der erste dieser Filme mit Titel Le Duel d'Hamlet entstand 1900 unter der Regie von Clément Maurice, mit Sarah Bernhardt als Hamlet und Pierre Magnier als Laertes.
Der 1948 unter Regie von Laurence Olivier und mit ihm in der Hauptrolle entstandene Film Hamlet gewann vier Oscars, unter anderem den Besten Film und Besten Hauptdarsteller.
1969 entstand der Film Hamlet unter Regie von Tony Richardson, in dem Anthony Hopkins die Rolle des Claudius hatte.
1990 entstand der Film Hamlet unter Regie von Franco Zeffirelli, mit Mel Gibson als Hamlet und Glenn Close als Gertude.
1996 entstand der Film Hamlet unter Regie von Kenneth Branagh. Mit dem vollständigen Text hat der Film eine Dauer von über drei Stunden. Kenneth Branagh spielt Hamlet.
2000 entstand der Film Hamlet unter Regie von Michael Almereyda. Er spielt im heutigen Manhattan.
Varianten
Tom Stoppard verfasste eine Variante des Stücke, in dem die Nebenfiguren Rosenkrantz und Güldenstern im Zentrum stehen, und Hamlet lediglich als Nebenfigur fungiert: Rosenkrantz und Güldenstern sind tot. 1990 verfilmte er sein eigenes Stück.
Weblinks
- http://quote.wikipedia.org/wiki/Hamlet - Zitate aus Hamlet bei Wikiquote
- http://www.gutenberg.org/index/by-title/xx657.html - Text beim Projekt Gutenberg
- http://www.shakespeare-literature.com/Hamlet/index.html - Text mit Index
Weitere Bedeutungen des Wortes
In England ist ein hamlet eine Siedlung oder ein kleines Dorf ohne eigenständige Kirchengemeinde.
Hamlet ist auch ein Ort im US-Bundesstaat North Carolina.
Siehe auch: Liste der Theaterstücke