Friedrich Bergius
Friedrich Bergius (* 11. Oktober 1884 in Goldschmieden bei Breslau; † 31. März 1949 in Buenos Aires) war ein deutscher Chemiker.
Stationen des Lebens
Als Sohn des Fabrikbesitzers Heinrich Bergius, der die Chemische Fabrik Goldschmieden führte und aus einer alten deutschen Familie stammte, die sich schon Verdienste auf dem Gebiet der Wissenschaften erworben hatte, besuchte er ein Realgymnasium. Seine Mutter war Marie Haase, die Tochter des Altphilologen Friedrich Haase. Zu seinen Vorfahren gehörte Professor Johannes Bergius (* 1587) in Frankfurt (Oder), der als Hofprediger am Brandenburger Hof wirkte, und Carl Bergius (* 1804), Professor der Nationalökonomie in Breslau.
Nach dem Schulbesuch erwarb er sich die ersten praktischen Kenntnisse in einem Labor eines Hüttenwerkes. Danach nahm er das Studium im Jahre 1903 an der Universität Breslau in den Fächern Chemie und chemische Technologie auf. Die herausragenden Dozenten, bei denen er studierte, waren Walter Herz (1875-1930), Albert Ladenburg (1842-1911) und Richard Abegg (1869-1910). Im Jahre 1907 erlangte er in Leipzig die Promotion bei Arthur Hantzsch (1857-1935) mit dem Thema Über absolute Schwefelsäure als Lösungsmittel zum Dr. phil.
Darauf wechselte er für zwei Semester nach Berlin zu Walter Nernst (1864-1941) und befaßte sich am Institut für Physikalische Chemie mit chemischen Gleichgewichte von Gasreaktionen; dort lernte er den Chemiker Mathias Pier kennen. Er baute sein Wissen 1909 bei Fritz Haber (1868-1934) in Karlsruhe durch zusätzliche Kenntnisse auf dem Gebiet der Hochdruckreaktionen aus.
1909 wechselte er zum Physikalischen Institut nach Hannover an dem Max Bodenstein lehrte. Aufgrund der wenig zureichenden Sicherheitsausstattung am Institut richtete sich Bergius in unmittelbarer Nähe des Instituts ein Privatlabor ein. Dort beschäftigte er sich sogleich mit heterogenen Hochdruckreaktionen bei Temperaturen von 500°C und Drucken von 200 at. Zunächst befaßte er sich mit der Herstellung von Wasserstoffgas durch die Einwirkung von Wasser und Kohle bei hohen Drucken (200 at) und hohen Temperaturen. Er konnte durch chemische Analysen feststellen, dass unter diesen Bedingungen Torf im Reaktor simmulierte Inkohlungsprozesse, ein Prozess der in der Natur mehrere Millionen Jahre benötigt, in wenigen Minuten in eine steinkohleartige Substanz überging. Auch Cellulose, Lignin oder Holz konnten in eine steinkohleartige Verbindung überführt werden.[1]
1912 wurde Bergius mit seiner Habilitationsschrift Anwendung hoher Drucke bei chemischen Vorgängen und die Nachbildung des Entstehungsprozesses der Steinkohle zum Dozenten für reine und angewandte physikalische Chemie an der TH Hannover.
Kohleverflüssigung
Im Sommer 1913 wandelte ein Mitarbeiter von Bergius H. Specht das entstandene Inkohlungsprodukt des Torfs bei 450°C und einem Wasserstoffdruck von 150 atm in eine benzolähnliche organische Flüssigkeit um. Der Versuch wurde mit Braun- und Steinkohle wiederholt und es bildete sich ebenfalls eine benzolähnliche organische Flüssigkeit.
Im Jahre 1913 wurde ihm das Patent über die Produktion von kettenförmigen Kohlenwasserstoffe durch ein Verfahren zur Hydrierung von Kohle. Damit hatte er die Grundlage für das Bergius-Pier-Verfahren gelegt, womit es möglich war, Kraftstoffe zu produzieren.
Am 1. Januar 1914 trat er in die Theodor Goldschmidt AG in Essen ein und übernahm die Leitung des wissenschaftlichen Labors. Er gehörte auch dem Vorstand der Firma an. Im Jahre 1916 wurde das Labor nach Mannheim-Rheinau verlegt, um dort eine halbtechnische Versuchsanlage aufzubauen, um die bisherigen Erkenntnisse der Kohleforschung zu überprüfen. Die Absicht, seine Entwicklung industriell zu nutzen, erforderte erhebliche Investitionsmittel, so dass im Jahre 1918 ein Konsortium für Kohlechemie gegründet wurde. Seit 1921 arbeitete er mit der I.G. Farben zusammen.
Im Jahre 1924 hatte sich die Goldschmidt AG aus dem Konsortium zurückgezogen, aber er arbeitete dort weiter. Die I.G. Farben erwarb im Jahre 1926 die Rechte an seinem Patent. Dies war der Anlaß, dass er seine Arbeiten in der kommerziellen Forschung beendete. Er unterstützte jedoch die I.G. Farben weiterhin als Berater. Denn zu Beginn des Jahres 1927 nahm die I.G. Farben die erste großtechnische Anlage zur Herstellung flüssiger Brennstoffe aus Kohle in den Leunawerken bei Merseburg in betrieb. Im Jahre 1928 gelang ihm die Gewinnung von Holzzucker.
Seine akademischen Kontakte nahm er an der Universität Heidelberg wahr, denn er hatte seit 1921 seinen Wohnsitz in Heidelberg. Er erhielt 1931 zusammen mit Carl Bosch den Nobelpreis für Chemie für deren gemeinsame Verdienste um die Entdeckung und Entwicklung der chemischen Hochdruckverfahren. Obwohl die Nationalsozialisten sich um Kontakte um ihn bemühten, hielt er sich von ihnen distanziert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war er in Argentinien und beriet dort die nationale Brennstoff-Kommission. Nach ihm ist die Friedrich-Bergius-Oberschule in Berlin-Friedenau benannt.
In erster Ehe war er mit Margarethe Sachs verheiratet, aus der die Tochter Renate Bergius stammte. In zweiter Ehe heiratete er Ottilie Krazert und wohnte 1935 in Heidelberg in der Albert-Uebele Str. 5. Er beherrschte die englische, französische und italienische Sprache.
Siehe auch: Bergius-Verfahren
Schriften (Auswahl)
- Anwendung hoher Drucke bei chemischen Vorgängen und die Nachbildung des Entstehungsprozesses der Steinkohle, 1913
- Verfahren zur Herstellung von flüssigen oder löslich organischen Verbindungen aus Steinkohle und dergleichen, 1913
- Die Verflüssigung der Kohle, 1925
- Beiträge zur Theorie der Kohleentstehung, in: Die Naturwissenschaften, 1928
- Die Herstellung von Zucker aus Holz und anderen Naturstoffen, 1931
- Chemische Reaktionen auf hohen Druck - Nobelpreisvortrag, 1932
- Närstoffe aus deutschem Holz, 1933
- Ein deutscher Erfinder kämpft gegen die englische Blockade von Edar von Schmidt-Pauli, Berlin 1943
Mitgliedschaften
- Gesellschaft der Freunde der Universität Heidelberg
- Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften
- Vorstand des Rates des Deutschen Museums in München
- Aufsichtsratsvorsitzender der Hydrolyse AG in Heidelberg
- Herrenclub in Berlin
Auszeichnungen
- Ehrensenator der Universität Heidelberg
- Liebig-Gedenkmünze des Vereins Deutscher Chemiker 1928
- Ehrendoktorwürde zum Dr. phil. nat. der Universität Heidelberg
- Ehrenmitglied des Institute of Petroleum Technology in London
- Ehrendoktorwürde der Universität Hannover
Referenzen
- Gerorg Wenzel, Deutscher Wirtschaftsführer, Berlin 1929
- Hermann A.L. Degener, Wer ist's?, Berlin 1935
- Hans-Ludwig Wußing (Hrsg.),Fachlexikon Forscher und Erfinder, Frankfurt/Main 1992
Weblinks
- Vorlage:PND
- Informationen der Nobelstiftung zur Preisverleihung 1931 an Friedrich Bergius (englisch)
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Bergius, Friedrich |
| KURZBESCHREIBUNG | deutscher Chemiker, Nobelpreisträger |
| GEBURTSDATUM | 11. Oktober 1884 |
| GEBURTSORT | Goldschmieden bei Breslau |
| STERBEDATUM | 31. März 1949 |
| STERBEORT | Buenos Aires |
- ↑ Robert Haul: Friedrich Bergius (1884-1949), S. 61-62 in 'Chemie in unserer Zeit', VCH-Verlagsgesellschaft mbH, 19. Jahrgang, April 1985, Weinheim.