Ahmad Schah Massoud (auf deutsch meist: Ahmed Schah Massud; * 1. September 1953 in Pandjsher; † 9. September 2001 Takhar) war der bekannteste Mujaheddin-Kämpfer Afghanistans. Er gehörte der Volksgruppe der Tadschiken an und war ein führendes Mitglied der Nordallianz, der einzigen militanten Widerstandsbewegung gegen die Taliban.
Anfang der 70'er Jahre, damals noch ein Student am Kabuler Polytechnischen Institut für Ingenieurwesen und Architektur, schloss er sich - wenn auch nicht ganz aus Überzeugung, sondern weil es keine Alternativen gab - der islamistischen und antikommunistischen Bewegung an. 1973 trat er offiziell der Hezb-e Jamiat-e Islami (Partei der Islamischen Union) bei.
Nach zwei missglückten Putschversuchen der Islamisten gegen die Regierung war Massoud gezwungen Afghanistan zu verlassen und in Pakistan unterzutauchen.
1979 marschierte die Sowjetunion in Afghanistan ein. Sofort kehrte Massoud nach Afghanistan zurück, um mit einer kleinen Gruppe von Studenten in seiner Heimat Panjsher den Kampf gegen die Kommunisten aufzunehmen. Nach anfänglichen Niederlagen gegen die gut bewaffneten Sowjets entschloss sich Massoud aufgrund fehlender Waffen und Soldaten für eine andere Taktik: dem Guerilla-Kampf.
Robert D. Kaplan schrieb dazu in seinem Buch The Soldiers of God (1991): "Man muss Ahmad Schah Massoud zu den größten Führern der Widerstandsbewegungen im 20. Jahrhundert zählen. Massoud bezwang seinen Gegner genau wie es Marshall Tito, Hu Chi Minh und Che Guevara taten. Massoud kontrollierte ein größeres Gebiet, das aus militärischer Sicht viel schwieriger zu halten und unter ständigem Beschuss durch den Feind war. Das Gebiet, das unter seiner Kontrolle war, wurde im Vergleich zu den Gebieten, die unter der Kontrolle der Widerstandsbewegung von Marshall Tito, Mao Tse Tung, Hu Chi Minh und Che Guevara standen, stärker durch den Feind angegriffen."
Der hartnäckige Widerstand brachte Massoud schon bald den Namen "Löwe des Panjshertals" ein. Ab nun stand der Name Massoud für die Verkörperung des erfolgreichen Widerstandes gegen die Rote Armee. Auch in der westlichen Welt erlangte Massoud nun größere Aufmerksamkeit.
Massoud verteidigte Panjsher erfolgreich bis zum Rückzug der Roten Armee.
Nach dem Fall der kommunistischen Regierung im Jahr 1992 versank Afghanistan in einem Chaos. Die verschiedenen Volksgruppen versuchten auf Kosten der jeweils anderen an Einfluss zu gewinnen. Die unterschiedlichen Mujaheddin-Gruppen begannen sich anschließend gegenseitig blutig zu bekämpfen. Im darauf folgenden Bürgerkrieg wurde Kabul fast vollkommen zerstört und hunderttausende Zivilisten getötet.
In diesem Chaos formierte sich im Süden Afghanistans eine neue Bewegung: die Taliban.
Durch massive Unterstützung Pakistans eroberten die Taliban in kurzer Zeit (1994 - 1996) den gesamten Süden Afghanistans, und marschierten ohne größere Gegenwehr auf Kabul zu.
Massoud musste sich dieser Übermacht geschlagen geben, und sich in sein Stammland, dem Pandjshertal, zurückziehen. Bis zu seinem Tod befehligte er den Widerstand gegen die Taliban. Obwohl Kabul sehr schnell verloren ging, ist es den Taliban nie gelungen, Massouds Heimat Panjsher zu erobern.
Am 9. September 2001, 2 Tage vor den Anschlägen in New York, wurde Massoud durch arabische Selbstmordattentäter der Al-Kaida, die sich als Fernsehjournalisten ausgaben, getötet.
Rückwirkend betrachtet hat Massoud eine sehr bedeutende Rolle in der jüngsten Geschichte Afghanistans eingenommen. Aber dennoch dürfen die negativen Seiten seines Handelns nicht unerwähnt beleiben.
So kam es während den Kämpfen um Kabul Mitte der 90er Jahre laut Angaben der afghanischen Frauenrechtsorganisation RAWA zu Massenvergewaltigungen durch die Nordallianz. Dies geschah unter dem Oberbefehl von Massoud. Kritiker meinen, dass Massoud die Vergewaltigungen ignoriert, wenn nicht sogar stillschweigend toleriert hat.
Nichts desto Trotz gilt er bei den Tadschiken, aber auch bei vielen Usbeken und anderen Volksgruppen, als Volksheld. Wohl auch wegen seines Kampfes gegen die paschtunischen Taliban, den viele Nicht-Paschtunen in Afghanistan als ein Kampf gegen Paschtunisierung und paschtunische Vorherrschaft interpretierten. Nur wenige Persönlichkeiten Afghanistans vermögen das Land derart zu spalten, wie Ahmad Schah Massoud.
Im Jahre 1989, als die Sowjetunion, nach zehn blutigen Jahren, sich besiegt und gedemütigt aus Afghanistan zurückziehen musste, widmete der Wall Street Journal Ahmad Schah Massoud sein Titelblatt: The Afghan Who Won The Cold War