Die Bücherverluste in der Spätantike sind von überragender Bedeutung für die Lückenhaftigkeit unseres heutigen Wissens über die Antike. Bücherbestände des Umfangs von Bibliotheken der römischen Kaiserzeit wurden im abendländischen Europa erst um 1800 wieder erreicht. Der Bestand an Büchern im Privatbesitz war in der Antike ebenfalls sehr hoch. Kein einziges unter Millionen von Büchern der vorchristlichen Antike ist in einer Bibliothek überliefert worden. Da aus dem 6. und 7. Jahrhundert nur sehr wenige historische Ereignisse dokumentiert sind, gibt es auch über das Schicksal der antiken Buchbestände kaum Informationen.
Der Bücherbestand der Antike und seine Überlieferung
Durch die Überlieferung in Bibliotheken, also vor den Papyrusfunden ab 1900, waren von der griechischen Literatur vor dem Jahr 500 etwa 2000 Autorennamen bekannt, aber nur von 253 Autoren waren zumindest Teile ihrer Schriften erhalten. Für die römische Literatur waren es 772 Autorennamen, wobei nur von 144 Schriften erhalten geblieben waren.[1] Dies führte zu der häufig anzutreffenden Schätzung, wonach weniger als 10 % der antiken Literatur überliefert wurde.[2] Die fast 3000 Autorennamen stellen dabei eine Mindestzahl dar, nämlich die in überlieferten Texten erwähnten. Spätestens seit dem Frühmittelalter wurde die Textüberlieferung von christlichen Institutionen, besonders Klöstern, gewährleistet, womit ein Selektionsprozess verbunden war, bei dem christliche Autoren bevorzugt wurden. Bezogen auf den Gesamtzeitraum der Antike stellten die christlichen Autoren aber eine relative Minderheit dar.
Eine Abschätzung des antiken Bestandes an Titeln und Büchern ist nur indirekt über die Bibliotheksgeschichte möglich. Die bekannteste Bibliothek der Antike, die Bibliothek von Alexandria, wuchs von 235 v. Chr. bis 47 v. Chr. von 490.000 auf 700.000 Rollen, größtenteils in griechischer Sprache.[3] Eine Rolle entsprach etwa einem Titel (siehe Buch). Die Titelproduktion der griechischen Welt betrug demnach mindestens 1100 pro Jahr.[4] Hochgerechnet auf das Jahr 350 ergäbe das einen Bestand von etwa einer Million Titel.[5]
Der Umfang des lateinischen Schrifttums lässt sich nicht genau bestimmen, könnte aber eine vergleichbare Größenordnung erreicht haben.[6] Da eher triviale Werke aus den Provinzen wahrscheinlich keinen Eingang in die großen Bibliotheken fanden,[7] so dürfte der Gesamtbestand antiker Titel die Millionengrenze sehr deutlich überschritten haben. Unter der geschätzten Annahme einer durchschnittlichen Verbreitung von 10–100 Kopien[8] wäre dies eine Anzahl von Rollen bzw. Büchern im zweistelligen Millionenbereich. Von diesen Millionen Büchern aus der Zeit vor 350 ist kein einziges in einer Bibliothek überliefert worden. Alle Quellen aus heidnischer Zeit, also etwa vor 350, wurden wahrscheinlich nur als christliche Editionen überliefert, die um 400 erstellt wurden.
Die Anzahl der überlieferten antiken Texte (ohne Funde) wurde bisher noch nicht genau bestimmt. Die Größenordnung dürfte bei etwa 3000 liegen, 1000 davon in Latein. Der größte Teil davon liegt nur in Bruchstücken vor. Das gesamte überlieferte heidnische Textvolumen umfasst zumindest in Latein wahrscheinlich weniger, als in 100 Codices passen würde. Der Bruch im Bestand antiker Titel ist daher erheblich und könnte in der Größenordnung von eins zu 1000 liegen. Mit anderen Worten, nur 0,1 % oder eines von 1000 Büchern überlebte. Diese Zahl ergibt sich, wenn man einen geschätzten Gesamtbestand an Titeln von einigen Millionen den einigen 1000 überlieferten Titeln gegenüberstellt, oder wenn man – unabhängig davon – die letzte antike Bibliothek von Konstantinopel, die 475 mit 120.000 Büchern abbrannte[9] mit der ersten bekannten mittelalterlichen von Cassiodor vergleicht, die 576 ca. 100 Codices besaß.[10]
Sämtliche überlieferte Bücher enthielten eine christliche Subskription.[11] Dies war ein kurzer Vortext, der beschrieb, wann das Buch kopiert wurde und wer es auf seine Richtigkeit überprüft hatte. Solche Subskriptionen waren auch in heidnischer Zeit zumindest bei wertvollen Büchern üblich. Sie bestätigten die Fehlerfreiheit der Abschrift. In einem Brief schreibt Bischof Synesios von Kyrene um 400, dass ihm der Besitz „unüberarbeiteter Kopien“ von heidenfeindlichen Christen zum Vorwurf gemacht wurde.[12] Dies mag darauf hindeuten, dass die christliche Subskription nicht nur ausschließlich Schreibfehler, sondern auch inhaltliche Veränderungen betroffen haben könnte, welche aus der christlichen Ideologie im Kampf gegen das antike Heidentum erklärt werden können.[13] Rein formelle Dinge, wie Schriftart oder gar ein Bilderverbot, können für diese Zeit ausgeschlossen werden.
Der Bücherverlust
In der Antike gab es eine große Zahl an Bibliotheken. Öffentliche Stadtbibliotheken und private Bibliotheken mit 20.000 bis 50.000 Rollen sind bekannt, sowohl in Rom (29 öffentliche um 350) als auch in den Provinzen. Bei Caesars Besuch in Alexandria verbrannte nicht die große Bibliothek, sondern ein Lagerhaus am Hafen mit 40.000 Rollen, wahrscheinlich eine Jahresproduktion,[14] die für den Export bestimmt war.[15] Die Bibliothek von Alexandria umfasste in hellenistischer Zeit mehr als 490.000 Rollen,[16] diejenige in Pergamon 200.000 Rollen. Spätestens in der Kaiserzeit dürften einige Städte dieses Niveau erreicht haben, weil eine Bibliothek ein Statussymbol war.
Über die Bestandszahlen der großen Bibliotheken Roms sind keine Angaben überliefert. Archäologisch kann über die Größe von Wandnischen für Bücherschränke bei der Palatina unter der Ulpia Trajana auf mindestens 100.000 Rollen geschlossen werden. Wahrscheinlich befanden sich darin aber nur die kostbarsten Rollen. Auch die Bibliothek von Pergamon hatte fast alle ihre Bestände in Depoträumen. Von der Größe der Gebäude hätten die Hauptbibliotheken Roms, wie auch in Alexandria und Athen, jeweils Millionen Rollen Platz geboten.[17] Bei einer solchen geografischen Verteilung der antiken Literatur konnten einzelne Ereignisse wie der Verlust einer Bibliothek für die Überlieferung kein wesentliches Problem darstellen.
Umschreibungs-/Verrottungsthese
Eine verbreitete Ansicht der Forschung ist die Umschreibungs-/Verrottungsthese, derzufolge um 400 eine Umschreibung von Papyrusrollen auf Pergamentcodices stattgefunden habe. In der christlich dominierten Zeit oder sogar schon früher habe die Gesellschaft dann das Interesse an den heidnischen Rollen verloren. Sie seien daher nicht weiter kopiert worden und im Laufe des Mittelalters in Bibliotheken verrottet, während die haltbareren Pergamentcodices überdauerten. Demnach seien die antiken Bücher vergangen, aber nicht aktiv vernichtet worden.[18]
Standardwerke zur Überlieferungsgeschichte, welche diese Ansicht vertreten, betreiben keine Quantifizierung. So ist der neueren Literatur nicht zu entnehmen, wie groß der Verlust überhaupt war. Die Gesamtdarstellung der Überlieferungsgeschichte von Reynolds und Wilson („Scribes and Scholars“) etwa gibt keine Angaben zur Größe der Bibliotheken Cassiodors und Isidors. Es werden heute verlorene Schriften erwähnt, die um 600 noch zitiert worden seien, ohne zu erörtern, ob dabei aus den Originalwerken oder aus bereits vorliegenden Exzerpten zitiert worden ist, wie dies für Isidor nachgewiesen worden ist.[19] Alternative Erklärungsmodelle zur Umschreibungs-/Verrottungsthese sind bislang vernachlässigt worden.[20]
Neuere papyrologische und paläographische Ergebnisse
Aufgrund von Erkenntnissen der Archäologie, Papyrologie, Paläographie, Kodikologie und mit Hilfe technischer Fortschritte wie Ultraviolett- und Infrarotfotografie können heute die Überlieferungslinien der erhaltenen Literatur skizziert werden. Papyrologen bezweifeln die Vermutung einer geringeren Haltbarkeit von Papyrus. Roberts und Skeat, die das Thema in „The Birth of the Codex“ 1983 untersuchten, kamen zu dem Ergebnis, dass der Papyrus unter normalen Bedingungen in seiner Haltbarkeit dem Pergament nicht nachsteht.[21] Um 200 konnte man in einer Bibliothek in Rom eine 300 Jahre alte Papyrusrolle lesen. Das Material hätte also über 400 Jahre aushalten müssen. Aber nach 800 haben die vielen antiken Rollen sicher nicht mehr existiert, wie aus den Katalogen und der Kopiertätigkeit dieser Zeit erschlossen werden kann. Sowohl im lateinischen Westen als auch im griechischen Osten konnte man ab 800 nur noch auf Codices zurückgreifen, die nach 400 geschrieben waren.[22]
Außerdem enthalten die Codices Latini Antiquiores (C.L.A.) mindestens 7 Papyrus-Codices, die in Bibliotheken aus der Zeit zwischen 433 und 600 bis heute zumindest in Teilen überlebten. Einer, C.L.A. #1507, um 550, liegt in Wien und hat noch 103 Seiten. Wenn diese 1500 Jahre überdauern konnten, hätten die vielen anderen mindestens 400 Jahre halten müssen. Der Verlust kann also nicht durch die mangelnde Haltbarkeit von Papyrus, Rollen oder Codices erklärt werden.
Was die Umschreibung auf Codices anbetrifft, so sieht es danach aus, als seien nach 400 plötzlich viel weniger Bücher und diese nur noch in Form von Codices aus Pergament produziert worden. Die in Oxyrhynchos gefundenen Buchrollen (ca. 34 % der gesamten Papyri, 66 % waren Urkunden)[23] zeigen eine rege Buchproduktion im 2. und 3. Jahrhundert (655 und 489 Stück) und einen massiven Einbruch im 4. und 5. Jahrhundert (119 und 92 Stück) sowie nur noch eine geringe Produktion danach (41, 5 und 2 Stück nach dem 7. Jahrhundert, als auch die Stadt verschwand). Es muss allerdings offen bleiben, inwieweit dies auf einen eventuell nichtrepräsentativen Bevölkerungsrückgang zurückzuführen ist.
Ein ähnliches Bild zeigt der C.L.A. für das lateinische Europa. Danach wurden von 400 bis 700 im lateinischen Europa außerhalb Italiens etwa 150 Codices produziert. Davon entfallen 100 nur auf Frankreich. Das bestätigt auch die weitere Paläografie nach dem Zeitraum des C.L.A. Die Bestände der großen Klosterbibliotheken um 900 der Klöster Lorsch, Bobbio, Reichenau, die jeweils um 700 Codices enthielten, stammen fast alle aus der Zeit nach 750 und zeigen damit die so genannte Karolingische Renaissance. Für viele antike Bücher mit reichhaltiger Überlieferungstradition stammen die ältesten heute erhaltenen Kopien aus dieser Zeit. Wahrscheinlich kopierte man damals Bücher aus dem 5. Jahrhundert, die heute nicht mehr erhalten sind. Der C.L.A. kennt für die Zeit bis 800 nur 56 überlieferte klassische Bücher, davon nur 31 aus dem 5. Jahrhundert. (Zur geographischen Verteilung im Einzelnen siehe den Hauptartikel: Codices Latini Antiquiores)
Es gab also nicht nur eine Auswahl und Selektion in der Phase der Umschreibung, sondern auf Grund dieser Ergebnisse überhaupt eine extrem reduzierte Buchproduktion. Erreichte sie vor 300 die geschätzte Größenordnung von mindestens 10.000 pro Jahr, so lag sie nach 400 im lateinischen Westen bei durchschnittlich 10 pro Jahr.[24]
Die Umschreibung auf Pergament kann also damit erklärt werden, dass aufgrund dieser geringen Produktion für den billigen Papyrus kein Bedarf mehr bestand und man das bisher edlere, aber nun leichter verfügbare Pergament vorzog. Papyrus wurde nur noch in Ausnahmefällen für Bücher oder Urkunden verwendet und war im lateinischen Bereich ab etwa 600 kaum noch verfügbar.
Auswahlkriterien bei der Überlieferung
Das naturwissenschaftlich-technische Wissen in der Spätantike war sicher so umfangreich und kompliziert, dass eine mündliche Überlieferung nicht mehr möglich war. Insofern dieses Wissen mit heidnischen Namen und Anschauungen verbunden war, konnte es in Konkurrenz zum Christentum stehen. In der heidnisch-römischen Kultur waren auch pornografische Darstellungen aller Art im Alltag verbreitet,[25] die vom Christentum verachtet wurden. Um 200 verdammte der Kirchenvater Tertullian nicht nur die heidnischen Philosophen, sondern auch die Schauspieler und wünschte sie zur Hölle.[26] Isidor warnt später ausdrücklich vor den heidnischen Dichtern[27] und stellt Schauspieler auf die gleiche Stufe mit Prostituierten, Verbrechern und Räubern.[28] Mit der Christianisierung wurden ursprünglich heidnische Veranstaltungen, wie etwa die Gladiatorenspiele, aber auch Sport- und Kunstfeste verboten oder ihnen die Geldmittel entzogen.[29]
Unter den nachweisbaren Verlusten im lateinischen Bereich sind vor allem republikanische Geschichtswerke, Dichtkunst aller Art, sowie besonders Tragödien. Bereits in der römischen Kaiserzeit wurden Bücher dissidenter Geschichtsschreiber, wie etwa Cremutius Cordus, vernichtet. Das zehnte Buch der Institutio oratoria des Quintilian bespricht gegen Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. zahlreiche heute verlorene literarische Werke.
Für die thematische Gewichtung der Literatur gibt es einige Hinweise. Zu Beginn der Kaiserzeit hatten die heute verlorenen 493 Rollen der Enzyklopädie des Varro folgende Verteilung: 34 % Unterhaltung (Poesie und Satire), 39 % Wissenschaft (Philosophie und angewandte Wissenschaft, Technik), 27 % Geschichte (8 % Literatur und Theater, 16 % Berühmte Personen und Völker, 3 % Religion).[30]
Die um 1900 in der ägyptischen Provinzstadt Oxyrhynchos gefundenen Papyri stammten aus einer antiken Müllhalde von 100 bis 600. Sie scheinen ein großes Spektrum der Bevölkerung zu repräsentieren.[31] Man fand darunter auch Rollen mit Literatur. Der daraus ablesbare Geschmack des Volkes hat noch immer Ähnlichkeit mit der Gewichtung von Varro: 56 % Unterhaltung (33 % Epik, 12 % Tragödien, 5 % Bukolik), 44 % Sachbuch (21 % Geschichte, 18 % Philosophie, 5 % Reden).[32]
Im Gegensatz zur Antike zeigt die Buchproduktion nach 400 eine extreme Zunahme religiöser, christlich theologischer Titel bis auf 80–90 % der Bestände im Mittelalter.[33] Der säkulare Anteil von 10–20 % umfasste vor allem Worterklärungen und Grammatika. Unterhaltung, Zeitgeschichte und jede Art von Wissenschaft hatte in den christlichen Bibliotheken des Mittelalters einen Anteil von unter 5 %. Bei dem geringen Bestand der meisten Bibliotheken konnte man solche Bücher nur in den wenigen großen Klosterbibliotheken (etwa 10–20 nach dem Jahr 800) unter Beständen von einigen 100 Codices erwarten.[34]
„Umschreibungsphase“
Innerhalb der Überlieferungsgeschichte ist der Zeitraum von 350 bis 800 der entscheidende. Im Hochmittelalter meinte man, Papst Gregor der Große (540-604) habe die große Palatina-Bibliothek in Rom verbrennen lassen.[35] Nach heutigem Forschungsstand ist auszuschließen, dass Papst Gregor die Bibliothek vernichten ließ, da der Verlust bereits vor seinem Pontifikat stattgefunden haben muss. Die Palatina-Bibliothek, von Augustus gegründet und wahrscheinlich die größte Roms, verschwand aus der Geschichte ohne jeden Hinweis auf ihr Schicksal. Dies ergab der Forschungsstand seit den 1950ern, wonach gesichert erschien, dass der Verlust vor 500 eingetreten war.[36] Mit dem Abschluss des C.L.A. in den 1970ern wurde diese Erkenntnis noch weiter gefestigt.
Der anti-katholische Theodor Mommsen (1817-1903), Nobelpreisträger und der bedeutendste Althistoriker seiner Zeit,[37] war Anhänger des antiken Kaisertums (besonders von Caesar) und soll die Überlieferung der Kaiserzeit für verfälscht gehalten haben.[38] Während Mommsen um 1900 noch die Besetzung geschichtlicher Lehrstühle durch Theologen als Skandal anprangerte, wurde dies in späterer Zeit nicht unüblich. Zusammen mit den Konkordatslehrstühlen ergab sich vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine gewisse Rechristianisierung der deutschen Geschichtsforschung. Eine ähnliche Entwicklung zeigte sich auch in den angelsächsischen Ländern.[39] Durch den damit einhergehenden Konsens einer friedlichen Koexistenz der Weltanschauungen ergab sich für die Überlieferungsgeschichte eine etwas prekäre Lage. Eine Darstellung der entscheidenden spätantiken Phase hätte Ursachen beschreiben müssen, welche die Christianisierung Europas in einem etwas akzentuierten Licht erscheinen lassen.[40]
Die wissenschaftliche Diskussion über die Gründe für den Untergang des Weströmischen Reiches wird ebenfalls seit über 200 Jahren geführt, ohne dass ein Konsens in Sicht ist. Während nach der Mehrheit der Forschung für den Untergang des Reichs die Barbareneinfälle eine wenigstens nicht unwichtige Rolle spielten, hat der Untergang der antiken Literatur und damit der antiken Kultur möglicherweise auch interne Ursachen gehabt. Der Verlust an Literatur gehörte wohl zu den nachhaltigsten Folgen des Unterganges.
Der Untergang Roms wurde von manchen Zeitgenossen als apokalyptisch empfunden. Im Alten Testament musste der jüdische Staat erst in höchste Not geraten, ehe Gott seine himmlischen Heerscharen schickte, um das Reich Gottes auf Erden zu errichten.[41] Auch laut dem Neuen Testament muss sich erst eine große Katastrophe ereignen, bevor das Paradies auf Erden kommt und die Geschichte der Menschheit sich erfüllt. So lautet die Prophezeiung in der Apokalypse des Johannes. Der Glaube an das nahe bevorstehende katastrophale Ende der Welt zeigt sich in der Eschatologie und im Millenarismus.
Auch wenn die Märtyrergeschichten übertrieben erscheinen, ist bekannt, dass der römische Staat seit Kaiser Decius (247–251) das frühe Christentum phasenweise systematisch verfolgen ließ.[42] Die Christen wendeten diese Maßnahmen später gegen das antike Heidentum. Für die meisten dieser Maßnahmen seitens der Christen lässt sich ein früheres Beispiel aus der Christenverfolgung finden.[43]
Das spätantike „Heidentum“ war eine polytheistische Vielfalt antiker Religionsgemeinschaften. Noch im 3. Jahrhundert waren griechisch-römische Kulte verbreitet,[44] wurden jedoch schon früher durch so genannte „orientalische“ Religionen zunehmend verdrängt, darunter durch den Kult des Mithras, der Kybele und der Isis, aber auch etwa durch den synkretistischen Manichäismus. Hinzu kam lokaler Volksglaube. Unter diesen Religionen bestand keine Konkurrenz, da jedem die Teilnahme an beliebig vielen Kulten offen stand. Besonders in Auseinandersetzung mit dem Christentum wurde das intellektuelle Heidentum durch hellenistische Ideen geprägt.[45]
Obwohl Heiden und Christen im Reich vielerorts konfliktlos zusammen lebten, ist gerade in neuester Zeit die Gewalt der Religionskämpfe wieder betont worden.[46] Religiöse Konflikte waren oft sozial motiviert und wurden von christlichen institutionellen oder spirituellen Autoritäten geschürt. Das frühe Christentum wirkte besonders auf die literarisch weniger gut ausgebildeten Unterschichten anziehend.[47] Die offizielle Religionspolitik hing vom jeweils herrschenden Kaiser ab, wobei etwa Theodosius I. und andere Kaiser hauptsächlich nur in innerkirchliche Auseinandersetzungen staatlich eingriffen, jedoch durch einzelne Gesetze die christlich-heidnischen Religionskämpfe legitimierten. Der Untergang des Heidentums war ein langer Prozess.[48]
Der Bücherverlust: vor 500
Die antiken Bücher waren ab 800 sicher nicht mehr vorhanden. Vermutlich waren sie bereits ab 500 weitgehend verloren.
Cassiodor lebte von ca. 490 bis 583 in Italien. Er war zunächst Senator und Sekretär des Ostgotenkönigs Theoderich. Während des Gotenkrieges zog er sich nach seinem Aufenthalt in Konstantinopel[49] um 540 auf seine privaten Ländereien nach Süditalien zurück und gründete das Kloster Vivarium. Er sprach Latein, Griechisch und Gotisch, sammelte und übersetzte Bücher von Griechisch nach Latein. Sein erklärtes Ziel war die Rettung der klassischen Bildung, und er machte als erster das Kopieren von Büchern zur Pflicht für Mönche.
Aufgrund seiner wohlhabenden Position und seiner weiten Kontakte, auch in den griechischen Bereich, war er in einer außergewöhnlich guten Position, die wichtigsten zu seiner Zeit im Mittelmeerraum noch verfügbaren Bücher zu erhalten.[50] In seinen eigenen Texten beschreibt er seine Bibliothek, einzelne Bücher und gibt Zitate aus ihm wahrscheinlich vorliegenden Werken. Aufgrund dieser Angaben haben zunächst A. Franz und später R.A.B. Mynors „einen vorläufigen Überblick über den Bestand der Bibliothek von Vivarium“ erstellt.[51] Das Ergebnis war, dass Cassiodor nicht wesentlich mehr antike Texte kannte als wir heute. Er hatte die einzige größere Bibliothek des 6. Jahrhunderts, über deren Inhalt etwas bekannt ist. Auf Grundlage der Zitierungen verfügte sie etwa über 100 Codices.
Ähnlich war die Situation bei Bischof Isidor von Sevilla, der von ca. 560 bis 636 in Spanien lebte. Er hatte die einzige Bibliothek des 7. Jahrhunderts, über deren Inhalt etwas bekannt ist. Paul Lehmann unternahm eine entsprechende Untersuchung von Isidors Schriften. Er kam zu dem Ergebnis, dass Isidor wahrscheinlich auf mindestens drei Büchern Cassiodors aufbaute. Lehmann: „Die meisten Schriften, die Isidor mit Titel und Verfasser angibt, hat er wahrscheinlich nie gelesen.“[52] Isidor hat 154 Titel zitiert.[53] Seine Bibliothek war demnach wahrscheinlich sogar deutlich kleiner als die von Cassiodor.
Die Fortexistenz großer Bibliotheken ist nach 475 nicht mehr belegt. Kleine Klosterbibliotheken hatten vielleicht nur einen Umfang von 20 Büchern.[54] Wie das sehr faktenreiche Standardwerk „Geschichte der Bibliotheken“ 1955 schrieb, musste der Verlust vor 500 eingetreten sein: „Bereits zu Beginn des 6.Jahrhunderts war der große Verlust an antiken Texten eingetreten, und der Vorrat der Schriftsteller, die Cassiodor und Isidor zur Hand waren, überschreitet nicht erheblich den Kreis des auch uns Bekannten.“[55]
Der Höhepunkt der Religionskämpfe: um 400
In der Zeitspanne von 300 bis 800 gab es immer wieder Ereignisse, bei denen einzelne Bibliotheken zerstört worden sein könnten, insbesondere Barbareneinfälle und Naturkatastrophen. Die letzte bekannte Bibliothek der Antike ist die Palastbibliothek von Konstantinopel, die 475 mit 120.000 Codices durch ein Feuer zerstört wurde. Die nächste bekannte Bibliothek ist erst wieder 100 Jahre später die von Cassiodor mit etwa 100 Codices. Allerdings sind gezielte Zerstörungen von Bibliotheken durch Barbaren nicht belegt.
Die Zeit um 391 war ein Höhepunkt der christlich-heidnischen Religionskämpfe. Zu den verbreiteten Konkurrenzreligionen gehörte etwa der Mithraskult.[56] Ernest Renan urteilte: „Wenn das Christentum im Laufe seiner Verbreitung an einer tödlichen Krankheit verendet wäre, so wäre die Welt heute eine Gemeinschaft von Mithrasgläubigen.“ [57] Der konvertierte Heide Firmicus Maternus hatte um 350 in seiner apologetischen Schrift „Über den Irrtum der gottlosen Kulte“ den Söhnen Konstantins die Ausrottung des Heidentums sowie die Zerstörung seiner Tempel empfohlen. Im Jahre 391 erließ Kaiser Theodosius I. ein Gesetz, wonach alle heidnischen Tempel zu schließen seien. Im Begriff der damaligen Zeit waren heidnische Tempel aber die meisten nicht-kirchlichen Kulturgebäude, etwa eine den Göttern geweihte Bibliothek oder auch das Museum, ein Tempel der Muse. In diesem Kontext wurde Theodosius' Edikt von manchen Forschern als Versuch interpretiert, auch alle heidnischen Bibliotheken zu vernichten.[58]
Unter Honorius gab es 399 einen Erlass zum Schutz öffentlicher Kunstwerke, die mit wohlwollender Unterstützung von „Autoritäten“ durch Christen zerstört wurden.[59] Ein ähnlicher Erlass sollte die ländlichen Heiligtümern vor den Verwüstungen des religiösen Fanatismus schützen.[60] Im Jahre 408 wird durch ein reichsweites Gesetz die Zerstörung aller bis dahin verbliebenen heidnischen Kunstwerke angeordnet (Ikonoklasmus): „Wenn irgendwelche Bildnisse noch in Tempeln oder Schreinen stehen, und wenn sie heute oder jemals zuvor Verehrung von Heiden irgendwo erhielten, so sollen sie herunter gerissen werden.“[61]
Über das Serapeum, das die Stadtbibliothek von Alexandria darstellte,[62] ist überliefert, dass es 391 von Christen zerstört wurde. Von dem Museum von Alexandria, das die berühmte große Bibliothek enthielt und als Gebäude bis etwa 380 belegt ist,[63] gibt es nach 400 keine Spur mehr. Im 5. Jahrhundert wird das Gelände als Ödnis beschrieben. Johannes Philoponos erwähnt um 520 die „große Bibliothek“, die einstmals der Stolz Alexandrias war.[64] Bei Ausgrabungen 2003 stieß man auf Fundamente.
Ein Asclepiades war um 490 einer der wenigen heidnischen Gelehrten in Alexandria. Er und sein Kreis hielten sich für die letzten Priester des Osiris und verwendeten Hieroglyphen bei rituellen Handlungen. Haas[65] geht aber davon aus, dass dieser Kreis Hieroglyphen nicht mehr lesen konnte. Denn Asclepiades’ Sohn, Horapollo, verfasste das einzige überlieferte spätantike Werk über die Bedeutung der Hieroglyphen. Darin fehlt aber jeder Hinweis auf deren lautsprachliche Funktion. Es werden nur phantasievolle allegorisch-mystische Funktionen beschrieben. Bis ins 4. Jahrhundert wurden Hieroglyphen verwendet, und es waren damals sicher entsprechende Bücher dazu vorhanden. Selbst ein ausgewiesener Fachmann scheint demnach um 500 in seiner Privatbibliothek im Gelehrtenzentrum Alexandria kein solches Buch mehr besessen zu haben.
Die Res gestae des Ammianus Marcellinus (ca. 330 bis ca. 395), die wichtigste Quelle für diesen Zeitraum, erwähnen die Verfolgung und Hinrichtung offenbar gebildeter Leute, denen der Besitz von Büchern mit verbotenem Inhalt vorgeworfen wurde. Ihre Codices und Rollen wurden in großer Zahl öffentlich verbrannt. Bei den Büchern soll es sich angeblich um „Zaubertexte“ gehandelt haben. Ammianus meinte aber, es seien vor allem Werke der „artes liberales“, der klassischen antiken Wissenschaften gewesen. Infolgedessen hätten, nach Ammianus, in den „östlichen Provinzen“ „aus Furcht vor ähnlichen Schicksalen die Besitzer ihre ganzen Bibliotheken verbrannt“.[66]
Ammianus kritisiert außerdem die oberflächliche Unterhaltungslust der römischen Oberschicht und fügt dabei ein: „Die Bibliotheken waren geschlossen für immer, wie Grüfte.“[67] Dies wurde im 19. und dem größten Teil des 20. Jahrhunderts von den meisten Gelehrten so interpretiert, als wären die großen öffentlichen Bibliotheken Roms geschlossen gewesen. In neuerer Zeit vermuten manche, die Aussage könne sich nur auf die Hausbibliotheken und die Vergnügungen des römischen Adels bezogen haben.[68]
Etwas später, um 415, besuchte der christliche Gelehrte Orosius Alexandria. Er beschreibt, er habe dort selbst in einigen Tempeln leere Bücherregale gesehen. Diese seien „von unseren Zeitgenossen in unserer Gegenwart ausgeplündert worden.“ [69] Auch in Rom scheinen ab 400 die großen Bibliotheken geschlossen oder leer gewesen zu sein. Selbst unter der Annahme, die Gebäude der Trajansbibliothek hätten 455 noch gestanden,[70] gibt es keinen Hinweis, wonach sie oder andere dort noch geöffnet waren oder noch Bücher enthielten.
Es gibt auch einen Beleg für christliche Literaturverfolgungen aus der Zeit um 400 von Johannes Chrysostomos (349–407), der als Bischof von Konstantinopel und einer der bedeutendsten christlichen Gelehrten seiner Zeit in der Bekämpfung des Heidentums aktiv war. In einer apologetischen Schrift gegen die Heiden schreibt er, dass seit dem gewonnenen Kampf des Christentums die Philosophen und Redner der Heiden nur noch lächerlich gewesen seien wie dumme Kinder und niemand mehr hätten überzeugen können: „Ihre Schriften wurden so gering geschätzt, dass ihre Bücher schon vor langer Zeit verschwanden, die meisten sind bei ihrem ersten Erscheinen zugrunde gegangen. Wenn man überhaupt noch etwas von ihnen erhalten findet, so findet man es aufbewahrt bei Christen.“[71] Johannes Chrysostomos neigt jedoch in Bezug auf die christlich-heidnischen Religionskämpfe zu Übertreibungen und die Schrift stellt eher einen Kampfaufruf als eine historische Beschreibung dar.[72]
Vernichtung von „Zauberbüchern“
Die antike Literatur war auch in kleinen und kleinsten privaten Bibliotheken verbreitet. Der Verlust der großen Bibliotheken konnte daher wahrscheinlich nicht einmal die Hälfte des Bestandes betreffen. Der vollständige Verlust der Millionen vor ca. 350 erstellten Büchern muss ein längerer Prozess gewesen sein. Häretische Schriften, wie diejenigen des Arius, wurden aufgrund von Anzeigen aus der Bevölkerung vernichtet.[73] Ein effektives System staatlicher Verfolgung wäre im spätantiken Reich nicht möglich gewesen, aber Denunziationen haben sicher zur freiwilligen Beseitigung verfolgter Literatur führen können.[74] Wenn heidnische Bücher geächtet waren, so werden konvertierte Heiden diese nicht haben behalten wollen.
Es ist bekannt, dass so genannte „Zauberbücher“ verfolgt wurden. Diese Literaturgattung war zu Beginn des ersten Jahrtausends eher selten (unter 1 zu 100 in Oxyrynchos). Sie wurde seit der offiziellen Anerkennung des Christentums im 4. Jahrhundert deutlich häufiger zum Ziel von Verfolgungen.
Eine umfangreiche Arbeit mit eher christlich-apologetischer Sicht[75] von Speyer widmete sich 1981 dem Thema der antiken Büchervernichtung. Zum Aspekt „Die Vernichtung der heidnischen Literatur“ fand Speyer Hinweise auf die Vernichtung christenfeindlicher Schriften, von heidnischen Ritualbüchern, von Erotik und Pornographie sowie von Zauberbüchern. Demnach sind Schriften der klassischen Literatur und Wissenschaften nie gezielt vernichtet worden. Verfolgung von Zauberschriften, wahrscheinlich Fluch- und Schadsprüche/Rituale, gab es schon zu heidnischer Zeit. Gebildete, wie Plinius der Ältere, hielten Zauberei schlicht für Betrug.[76]
Im Volksglauben war Magie aber immer mehr oder weniger vorhanden. In christlicher Zeit, ab ca. 350, gibt es weitaus mehr Belege für die Verfolgung von Zauberbüchern. Da Ammian über die Verbrennung von Büchern der klassischen Wissenschaften im Rahmen von Zauberbücher-Verfolgungen berichtet, ist es möglich, dass heidnische Literatur in diesem Zusammenhang vernichtet wurde.
Ob ein Buch Magie oder Wissenschaft enthielt, konnte man nur durch die Lektüre des Buches erfahren. Selbst dann bedurfte es noch einiger Bildung, den Unterschied in jedem Fall zu erkennen, und nicht jeder Christ, der in Büchervernichtungen involviert war, dürfte über eine hinreichende Bildung verfügt haben. Ein heidnisches Buch konnte als Zauberbuch erkannt werden, wenn es einem berühmten Heiden oder einer Gottheit gewidmet ist oder nur einen inzwischen als Magier angesehenen Wissenschaftler zitierte. Der Vorwurf der Magie war sehr weit gefasst und wurde auch gegen das Heidentum insgesamt verwendet.[77]
Die Verbrennung von Zauberbüchern durch Christen geht nach Speyer auf eine Passage in der Apostelgeschichte zurück. [78] Dabei wird erzählt, wie Paulus Dämonen austrieb, um Kranke zu heilen. Er war dabei erfolgreicher als die „Söhne eines jüdischen Hohenpriesters Skeva“, die als „umherziehende jüdische Beschwörer“ bezeichnet werden.[79] Nach dem Triumph von Paulus in der Stadt: „Viele aber von denen, die gläubig geworden waren, kamen und bekannten und verkündeten ihre Taten. Viele aber von denen, welche vorwitzige Künste getrieben hatten, trugen die Bücher zusammen und verbrannten sie vor allen; und sie berechneten den Wert derselben und fanden ihn zu fünfzigtausend Stück Silber.“ (Apg 19,18-19). In dieser Passage kann man nur aus dem Kontext vermuten, dass Bücher mit Zaubersprüchen gemeint sind.[80] Die große Menge der hier vernichteten Bücher erlaubt den Schluss, dass es sich nicht nur um Zauberbücher im heutigen Sinne gehandelt hat. Abgesehen von dieser Bibelstelle gibt es erst wieder ab dem 4. Jahrhundert Nachweise für die Verbrennung von „Zauberbüchern“ im Rahmen christlicher Bekehrung.
Von ca. 350 bis ins Mittelalter hinein gibt es einige Schilderungen, dass der Besitz von „Zauberbüchern“ lebensgefährlich war, sie gezielt gesucht und vernichtet wurden. Es gibt zumindest einen Beleg für die Tötung eines ihrer Besitzer in der Zeit um 350–400:
„In dieser Zeit wurde mit größter Strenge gegen die Besitzer von Zauberbüchern vorgegangen. Von Johannes Chrysostomos erfahren wir, dass Soldaten seine Heimatstadt Antiochien am Orontes genau nach magischen Schriften durchsuchten. Als er selbst zu dieser Zeit mit seinem Freund am Orontes entlangging, sahen sie einen Gegenstand auf dem Fluss schwimmen. Sie zogen ihn heraus und erkannten, dass sie ein verbotenes Zauberbuch in Händen hielten. Im selben Augenblick zeigten sich in ihrer Nähe Soldaten. Doch es gelang ihnen noch, das Buch unbemerkt im Gewand zu verstecken und es wenig später wieder in den Fluss zu werfen. So entgingen sie der Lebensgefahr. Wie Chrysostomos weiter berichtet, hatte ein Besitzer eines Zauberbuches dieses aus Angst vor den Verfolgern in den Fluss geworfen. Er wurde dabei beobachtet, der Zauberei überführt und mit dem Tode bestraft.“
Außer Ammianus gibt es offenbar noch weitere Quellen, wonach zu dieser Zeit zum Auffinden heidnischer Bücher auch Hausdurchsuchungen durchgeführt wurden.[81] Etwa 100 Jahre später (487 bis 492) gibt es einen weiteren Bericht von Hausdurchsuchungen. Studenten in Beirut fanden bei einem „Johannes mit dem Beinamen ‚Walker‘ aus dem ägyptischen Theben“ Zauberbücher. Nachdem er sie verbrannt hatte, wurde er gezwungen, die Namen von anderen Besitzern anzugeben. Daraufhin begannen die Studenten „unterstützt vom Bischof und der weltlichen Obrigkeit“, eine größere Suchaktion. Sie fanden bei anderen Studenten und einigen namhaften Personen derartige Bücher und verbrannten sie vor der Kirche.[82]
In einem kaiserlichen Gesetz wurden seit 409 „Mathematiker“ verpflichtet, „ihre Bücher vor den Augen der Bischöfe zu verbrennen, andernfalls seien sie aus Rom und allen Gemeinden zu vertreiben.“[83] Üblicherweise wurden Mathematiker in der Spätantike mit Astrologen gleichgesetzt, allerdings konnten in der Antike unter Mathematik auch wesentliche Teile der klassischen Wissenschaften verstanden werden. Nur im einfachen Sprachgebrauch wurden darunter Astrologen (Sterndeuter) verstanden.[84]
Im Jahre 529 ließ Kaiser Iustinian die Akademie von Athen schließen. Im Jahre 546 verkündete er ein Lehrverbot für Heiden und ordnete die Verfolgung heidnischer „Grammatiker, Rhetoren, Ärzte und Juristen“ sowie im Jahre 562 die öffentliche Verbrennung „heidnischer Bücher“ an.[85]
Religiös motivierte Gewalt
Die meisten Christen der Spätantike waren Heiden gegenüber friedfertig, und die meisten Konversionen geschahen freiwillig. Einige radikale Christen verübten aber religiös motivierte Gewalttaten. So schilderte um 380 der Heide Libanios in einem Brief an Kaiser Theodosius I. extreme Zerstörungswut an heidnischen Tempeln durch „Banden schwarz gekleideter Mönche“.[86] Antike Statuen mit abgeschlagener Nase, wie man sie heutzutage ausgestellt sieht, wurden nahezu sicher in der Spätantike von Christen demoliert, in der Mehrzahl um 400.[87] Extreme Gewalt ging dabei gerade anfänglich eher von Heiden aus: In Alexandria kam es 391 zu Straßenkämpfen, als Christen von Heiden gekreuzigt wurden; in diesem Zusammenhang wurde auch das Serapeum zerstört.[88] In Apameia in Syrien wurde der Ortsbischof Markellos von Heiden verbrannt.[89] Besonders im 5. Jahrhundert nahm aber die Zahl christlicher Gewalttaten zu.[90] Ein hagiographischer Text aus Lykien erwähnt die Verfolgung von Heiden, die als „Zauberer“ dargestellt sind.[91]
Heidnische Tempel der „orientalischen“ Religionen waren überall im Reich verbreitet, auch in ländlichen Gegenden. So ließ Konstantin der Große († 337) auch nach seiner Konversion den mit Mithras assozierten Sonnengott öffentlich verehren. Augustinus (354-430) war bis zu seiner Konversion Anhänger des Manichäismus, der den Endzeitgedanken vertrat. Auch andere Mitglieder der Reichselite waren häufig Angehörige dieser Religionsgemeinschaften, die nach und nach konvertierten.[92]
In seinem Buch verortet Sauer zerstörte heidnische Tempel sowie Zerstörungen von Kulturgütern (Ikonoklasmus)[93] vor allem im Westen. Dies könnte darauf zurückgeführt werden, dass hier (vor allem in Deutschland) die Ausgrabungen zahlreicher und sorgfältiger waren. Letzteres war entscheidend, um aus Beifunden wie Münzen den ungefähren Zeitraum der Zerstörung der Tempel zu ermitteln. Sauer sieht in dieser Art von Zerstörungen eine Parallele zu modernen Erscheinungsformen des Fundamentalismus.[94] Seiner Meinung nach waren sie exzessiv und umfassten das ganze Reich:
„There can be no doubt on the basis of the written and archaeological evidence that the Christianisation of the Roman Empire and early medieval Europe involved the destruction of works of art on a scale never before seen in human history“
„Auf der Grundlage des literarischen und archäologischen Befundes kann es keinen Zweifel geben, dass die Christianisierung des Römischen Reiches und des frühmittelalterlichen Europa an der Zerstörung von Kunstwerken in einem Ausmaß beteiligt war, wie man es in der Geschichte der Menschheit nie zuvor sah.“
Als 1905 erste Ausgrabungen zu den Religionskämpfen durchgeführt wurden, fand man in dem mit Felsen verschlossenen und zugeschütteten Mithrastempel von Sarrebourg das Skelett eines schmächtigen Mannes, dessen Hände hinter dem Rücken mit Eisenketten gefesselt waren und der offenbar lebendig begraben worden war. Der Tempel zeigte starke Spuren von Ikonoklasmus. Ein Reliefbild wurde in über 300 Teile zerschlagen.[95] Ein weiterer Skelettfund in einem Mithrastempel in der Schweiz deutet zusätzlich auf eine Pfählung hin.
Survey- und Datenbankforschungen zum Umfang von Tempelzerstörungen bestätigen das Bild einer nachhaltigen Zerstörung für heidnische Gebäude auch im Osten des Reiches, wenngleich nicht als Konsequenz einer systematischen Verfolgung, so doch in der Summe der allerorts auftretenden lokalen Religionskämpfe.[96] Aus zerstörten heidnischen Gebäuden wurde oft Baumaterial für christliche Neubauten gewonnen. Viele heidnischen Gebäude verfielen durch Vernachlässigung. Der christliche Apologet Sozomenos schrieb: „Die Tempel wurden teils der Türen, teils der Dächer beraubt, andere verfielen auch von selbst durch Vernachlässigung und gingen zugrunde.“[97]
Das Ende der antiken Stadt
Viele Städte im Westen des römischen Reiches und hier vor allem in Gallien (allerdings weniger im südlichen Teil) und Britannien verschwanden praktisch im fünften Jahrhundert. Trier, bis zum Beginn des 5. Jahrhunderts Sitz der Gallischen Präfektur, wurde beispielsweise mehrmals geplündert und gebrandschatzt. Den Verwüstungen dieser Zeit entkamen nur die wenigsten lokalen Werke, wie die Chronica Gallica. Die neuen germanischen Machthaber im Westen versuchten nur an einigen Orten (Spanien, Italien, teilweise Nordafrika und Südgallien) die antiken Strukturen fortzusetzen. Werke, die nicht Kriegsverluste waren, könnten aus Desinteresse daran etwa als Brennmaterial benutzt oder anderweitig entsorgt worden sein.
Die Notitia Dignitatum, ein Katalog der offiziellen Verwaltungsposten im Römischen Reich um 400, zeigt keinen Hinweis, dass noch irgendjemand für Bibliotheken zuständig war. Aus anderen Dokumenten und Grabinschriften wissen wir aber, dass die Verantwortung für eine oder mehrere Bibliotheken vor 300 als wichtiges und ehrenvolles Amt betrachtet wurde. Hätte es nach 400 noch die großen Bibliotheken gegeben, so wäre ihre Verwaltung von höchster Bedeutung gewesen. Denn der Verwalter hätte bestimmt, welche Bücher nach der Christianisierung noch verfügbar sein durften und welche nicht. Wenn heidnische Bücher geächtet waren, dürfte niemand mehr Interesse gehabt haben, eine Bibliothek zu pflegen.
Auch in Gebieten im Osten des Reiches wurde die antike Stadt umstrukturiert. Bibliotheken mussten gepflegt und unterhalten werden. Der Unterhalt öffentlicher Gebäude stützte sich in der Antike weitestgehend auf Freiwillige, meist wohlhabende Bürger. Schon im dritten Jahrhundert gibt es Klagen, dass immer mehr Bürger nicht mehr bereit waren, einzelne Institutionen zu unterstützen oder nicht mehr freiwillig bestimmte Ämter antraten. Die dadurch gewonnenen Ehren schienen offensichtlich die Bürden eines öffentlichen Amtes nicht aufzuwiegen. Eine Freistellung von diesen finanziellen Bürden bot besonders der Anschluss an den Klerus. Im Laufe des vierten und fünften Jahrhunderts verschwanden die alten Strukturen vielerorts fast vollständig. Die Städte organisierten sich nun eher um den Bischof als Hauptfigur.[98] Um 500 gab es jedoch in anderen Gegenden des Reiches noch eine weitgehende kulturelle Kontinuität auf der nicht öffentlich geregelten Ebene.
Bildung in den „Dunklen Jahrhunderten“
Der Verlust antiker Titel sowie des öffentlichen Zugangs zur Literatur hatte sicherlich unmittelbare Auswirkung auf den Bildungstand der Gesamtbevölkerung. Am Ende dieses Prozesses erlischt die Schriftlichkeit weitgehend und die historische Überlieferung ist sehr lückenhaft. Hunger beurteilte diesen Zeitraum: „Schlimmer [als die Germanisierung] für die römische Kultur ist der endgültige Sieg des Christentums.“[99]
Die antike Welt hatte wahrscheinlich einen relativ hohen Alphabetisierungsgrad. Plinius schrieb seine Enzyklopädie ausdrücklich für Bauern. Papyrusfunde aus Ägypten bestätigen, dass offenbar auch arme Bauern in den Provinzen lesen und schreiben konnten. Ein in Bayern gefundener Grabstein, den ein Sklave für einen Mitsklaven errichtete, deutet sogar auf Alphabetisierung ländlicher Sklaven in den Provinzen. Für städtische Sklaven war dies schon länger belegt.
Seit dem späten 4. Jahrhundert wurden Heiden zunehmend aus dem Bildungsbetrieb zurückgedrängt. Julian Apostata hatte 362 durch das Rhetorenedikt noch versucht, die Christen vom Lehrbetrieb faktisch auszuschließen. Dieser staatliche Eingriff schlug später auf die Heiden zurück. Die Bewahrung heidnischer Traditionen konzentrierte sich im Westen auf die entmachtete stadtrömische Senatsaristokratie (sog. „Symmachus-Kreis“).
Seit dem 3. Jahrhundert wurde im Bereich der heidnischen Philosophie der Neuplatonismus mit seinen verschiedenen Schulrichtungen populär und verdrängte spätestens im christlichen Reich die übrigen Philosophenschulen. Er verband die platonische Ideenlehre mit der monotheistischen Vorstellung der höchsten Idee, und stand dadurch sowohl in besonderer Konkurrenz als auch in Dialog und Austausch mit dem Christentum. Es handelt sich um eine von der Christianisierung unabhängige Bewegung, die den christlichen Monotheismus eher etablierte als durch diesen selbst an Attraktivität gewann. Er trug zu einem stärker mystisch orientierten Wissenschaftsdiskurs bei.[100] Philosophenschulen in Athen und Alexandrien existierten bis ins 6. Jahrhundert, verloren jedoch nach und nach an Einfluss oder passten sich der christlichen Umwelt an.[101]
Der christlichen apologetischen Literatur ist zu entnehmen, dass das Argument heidnischer kultureller und literarischer Überlegenheit in der christlich-heidnischen Auseinandersetzung eines der gewichtigsten war, die letzte Waffe im Kampf beider Religionen.[102] Diese Texte wurden häufig auch als Predigttexte verwendet oder dienten ihnen als Vorlage.[103] Spätantike christliche Literaten hatten zu Anfang des 5. Jahrhunderts Zugang zu heidnischer Literatur (etwa Porphyrius, dessen Werk „gegen die Christen“ auf kaiserlichen Befehl 448 verfolgt wurde). Augustinus (354-430) argumentierte zwar für den Erhalt des heidnischen Schrifttums; aber im Prinzip nur verschlossen in einer Bibliothek, denn er wollte es weder verbreitet noch gelehrt sehen. Er sprach sich gegen die Lehre der ars grammatica und alles, was dazu gehört, aus. Nur kirchliche Schriften seien zu benutzen.[104]
Im 4. Jahrhundert erlebte die literarische Produktion der Heiden eine späte Blütezeit. Aus dem 5. Jahrhundert ist immer noch heidnische Literatur aus beiden Teilen des Reiches überliefert (etwa Zosimos, Rutilius Namatianus, Martianus Capella und Nonnos). Zu Beginn des 6. Jahrhunderts übersetzte und kommentierte im ostgotischen Italien der getaufte Christ Boëthius, der „letzte Römer“, Werke des Aristoteles. Nach langer Kerkerhaft, während derer er ein Werk über die Philosophie schrieb, ohne das Christentum darin zu berücksichtigen, wurde er im Jahre 524 hingerichtet.
Papst Gregor der Große (540–604) nahm eine deutlich negative Haltung zur antiken Bildung ein. Er vermied strikt antike Zitate und verbot Bischöfen gesetzlich, Grammatik zu lehren.[105] Ebenso streng war Isidor von Sevilla, der in seinen Regeln für das Mönchstum warnte, nur sehr gefestigten Schülern dürfe erlaubt sein, heidnische Schriften zu lesen. „Man fühlt sich nach Cassiodor, sagt Manitius, in eine andere Welt versetzt: Mystik, Aberglaube und Wundersucht überwuchern jetzt die früher oft so logische und sachgemäße Darstellung‘“.[106] Als Folge dieser Kulturpolitik konnte auch der Klerus den Alphabetisierungsgrad nicht halten. Cassiodor schrieb ein Lehrbuch zur antiken Grammatik, dessen Zielgruppe seine Mönche waren. E.A. Lowe urteilte darüber: „Von den Regeln der Orthographie und Grammatik, die er niederlegte, kann man ermessen, wie tief die Gelehrsamkeit zu seiner Zeit bereits abgesunken war.“[107]
Die Briefe des Bonifatius, in denen er den Bildungsnotstand des Klerus zu seiner Zeit beklagt, zeigen, dass ein langsamer Verfall stattgefunden haben muss, der sich über viele Generationen erstreckte und nach Laudage und anderen[108] auf das 5. Jahrhundert zurückgeht. Zur Zeit Isidors wurde ein Gesetz erlassen, das Analphabeten vom Amt des Bischofs ausschloss – dem höchsten Amt, das die Kirche damals zu vergeben hatte. Laut den Briefen des Alkuin, der sich bemühte, den Bildungsstand im karolingischen Reich zu heben, hatte dieses Gesetz allerdings kaum Erfolg.
Nicht wenige Klosterinsassen des Mittelalters waren zumindest auf dem Kontinent Analphabeten. Selbst manche Schreiber von Codices malten nur das textliche Bild der Vorlage ab.[109] Dies hatte aber auch den Vorteil, dass die Kopien dieser Zeit sehr originalgetreu sind – man wagte nicht, die Vorlage zu „verbessern“. Es ist vor allem der Kopiertätigkeit der Mönche zu verdanken, dass der noch vorhandene Teil der antiken Literatur erhalten blieb, der nunmehr auf dem edleren Pergament überliefert wurde.
Aus dem 16. und 17. Jahrhundert zurückrechnend kommt man für den Beginn des Spätmittelalters (um 1250) auf einen Alphabetisierungsgrad in Kontinentaleuropa von etwa 1 %.[110] Grob geschätzt bedeutet dies: Die 90 % Landbevölkerung waren Analphabeten, von den 10 % Stadtbevölkerung waren es dann wiederum nur 10 %, die lesen und schreiben konnten (in Skandinavien war dies die Saga-Zeit mit sehr hohem Alphabetisierungsgrad). Das Mittelalter zeigte von 700 bis 1500 aber Hinweise für eine ständige Zunahme der Schriftlichkeit.
Cassiodor kannte das Konzept der Erdkugel und bevorzugte lediglich die Flacherde, als er über die Enzyklopädie des Varro schrieb:[111]
„In seinem Buch über die Geometrie verglich der kenntnisreiche Schriftsteller Varro das Aussehen der Welt mit einer langgestreckten Kugel, welche die Gestalt des Ei annimmt, das in seiner Ausdehnung rund ist, aber langgestreckt in der Höhe. Aber es wird uns genügen, nur so viel davon zu verstehen, wie in der Heiligen Schrift beschrieben wird, denn es ist töricht, sich des menschlichen Verstandes in Angelegenheiten zu bedienen, von denen wir gerade so viel Kenntnis und göttliche Belehrung erfahren, wie für uns nützlich ist.“
Isidor, der ebenfalls das ptolemäische Weltbild vertrat, konnte den geometrischen Unterschied zwischen der Kugelform und der Vorstellung der Erde als einer runden Scheibe nicht begrifflich erfassen. Einen antiken Text, der die Klimakreise beschrieb, interpretierte er danach als Kreise, die wie Spiegeleier in der Pfanne auf der Oberfläche dieser Scheibe verteilt seien.[112] Isidor galt besonders wegen seiner im Mittelalter sehr verbreiteten Enzyklopädie als der bedeutendste christliche Gelehrte seiner Zeit. Er „war dem Mittelalter Autorität für die Beurteilung der heidnischen Autoren.“[113]
Obwohl es auch im lateinischen Westen des 7. und 8. Jahrhunderts einzelne Belege literarischer Produktion gibt, setzt diese im Frankenreich erst seit der Karolingischen Renaissance wieder vermehrt ein: In den frühmittelalterlichen artes liberales nahm die Grammatik eine bevorzugte Stellung ein, und es wurden vor allem die Schriften Priscians und des Aelius Donatus gelesen. In der Karolingerzeit entstanden einige große wissenschaftliche Zusammenfassungen (u.a. von Hrabanus Maurus), die aber generell stark theologisch-philosophisch geprägt waren. Erst im späten 10. und frühen 11. Jahrhundert wurden im naturwissenschaftlichen Bereich größere Fortschritte erzielt, auch beeinflusst vom arabischen Wissen.[114]
Infolge der islamischen Expansion ist in den eroberten ehemaligen Randgebieten des Reiches, etwa Palästina und Syrien, anders als im lateinischen Westen, eine relative kulturelle Kontinuität zu beobachten. Das Interesse der Araber, die eine sehr hohe Buchproduktion hatten, an noch vorhandener heidnischer Literatur war groß. Einige Texte etwa von Aristoteles und seinen Schülern sind nur über diesen Weg in die Neuzeit überliefert worden.[115] In jüngerer Zeit wurde auch im arabischen Raum die Büchervernichtung während der Spätantike mit den Grundlagen des Christentums in Verbindung gebracht.[116]
Im byzantinischen Raum entsteht vermutlich im 10. Jahrhunder die Suda, ein Lexikon mit Referenzen auf heute verlorene Werke der Antike. Die Autoren der Suda griffen selbst aber nur noch auf Sekundärreferenzen, bereits früher kompilierte Lexika, zurück. Wenn die Originaltexte noch im 10. Jahrhundert vorgelegen hätten, wären sie auch heute noch in Abschriften erhalten.
Siehe auch
Literatur
- Michael von Albrecht: Geschichte der römischen Literatur. 2 Bde., München 1997
- William E. A. Axon: On the Extent of Ancient Libraries. In: Transactions of the Royal Society of Literature of the United Kingdom. Second Series, Vol. X., London 1874, S. 383–405
- Robert Barnes: Cloistered Bookworms in the Chicken-Coop of the Muses. The Ancient Library of Alexandria. In: Roy MacLeod (Hrsg.): The Library of Alexandria. London 2000
- Karl Christ, Anton Kern: Das Mittelalter. In: Georg Leyh (Hrsg.): Handbuch der Bibliothekswissenschaft. Bd. 3,1. Geschichte der Bibliotheken. Wiesbaden 1955
- Mostafa El-Abbadi: Life and Fate of the Ancient Library of Alexandria. 2. Aufl. Paris 1992
- Hans Gerstinger: Bestand und Ueberlieferung. Graz 1948
- Angelika Haese: Mittelalterliche Bücherverzeichnisse aus Kloster Lorsch. Wiesbaden 2002
- Dieter Hagedorn: Papyrologie. In: H.-G. Nesselrath: Einleitung in die griechische Philologie. Stuttgart 1997
- Michael H. Harris: A History of Libraries in the Western World. London 1995
- George W. Houston: A Revisionary Note on Ammianus Marcellinus 14.6.18: When did the Public Libraries of Ancient Rome close?. In: Library Quarterly 58 (1959), Nr. 2, S. 258–264
- Wolfram Hoepfner: Antike Bibliotheken. Mainz 2002
- Herbert Hunger: Geschichte der Textüberlieferung der antiken und mittelalterlichen Literatur. Bd. 1.: Antikes und mittelalterliches Buch- und Schriftwesen. Zürich 1961
- Elmer D. Johnson: A History of Libraries in the Western World. London 1965
- William A. Johnson: The Literary Papyrus Roll. Yale 1992
- Robert A. Kaster: Geschichte der Philologie in Rom. In: F. Graf (Hrsg.): Einleitung in die lateinische Philologie. Stuttgart 1997
- Manfred Landfester: Geschichte der antiken Texte. Werklexikon. Der Neue Pauly. Supplemente 2, 2007
- Max Manitius: Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters. Bd. 1, München 1911
- Fritz Milkau, Georg Leyh (Hrsg.): Handbuch der Bibliothekswissenschaft. 2. Aufl. Wiesbaden 1952–1961
- Edward A. Parsons: The Alexandrian Library. Glory of the Hellenic World. Its Rise, Antiquities, and Destructions. London 1952
- Egert Pöhlmann: Einfuehrung in die Überlieferungsgeschichte und in die Textkritik der antiken Literatur. Darmstadt 1994
- Encyclopedia of Library History. New York 1994
- Leighton D. Reynolds (Hrsg.): Texts and Transmission. Oxford 1983
- Leighton D. Reynolds und Nigel G. Wilson: Scribes and Scholars. A Guide to the Transmission of Greek and Latin Literature. 3. Auf. Oxford 1991
- Colin H. Roberts, Theodore C. Skeat: The Birth of the Codex. London 1983
- Eberhard Sauer: The Archaeology of Religious Hatred in the Roman and Early Medieval World. Stroud & Charleston 2003
- Wolfgang Speyer: Büchervernichtung und Zensur des Geistes bei Heiden, Juden und Christen. Stuttgart 1981
- John O. Ward: Alexandria and its Medieaval Legacy. The Book, the Monk and the Rose. In Roy MacLeod (Hrsg.): The Library of Alexandria. London 2000
- Edward J. Watts: City and School in Late Antique Athens and Alexandria. Berkeley 2006
Anmerkungen
- ↑ Gerstinger (1948).
- ↑ Although much Greek literature has been preserved, the amount actually brought down to modern times is probably less than 10 % of all that was written „Obwohl viel an griechischer Literatur überliefert worden ist, beträgt der Anteil dessen, was tatsächlich bis in die Neuzeit erhalten geblieben ist, weniger als 10 % von dem, was geschrieben wurde.“ (Johnson 1965). Das gleiche Buch bekam von einem neuen Autor 30 Jahre später eine bedeutende Veränderung dieser Textstelle: Why do we know so little about Greek libraries when such a relatively large amount of classic Greek literature has been preserved? It is estimated that perhaps ten percent of the major Greek classical writings have survived. „Warum wissen wir so wenig über die griechischen Bibliotheken, wenn ein solch relativ großer Bestand der klassischen griechischen Literatur überliefert wurde? Man schätzt, dass knapp 10 % der größeren klassisch-griechischen Schriften überlebt hat.“ (Harris, 1995, S. 51).
- ↑ So die überlieferten Bestandszahlen beim Tod des Bibliotheksvorstehers Kallimachos (ca. 240–235 v. Chr. nach Parsons) bis zum Besuch Caesars in Parsons (1952).
- ↑ Der Bestand der Bibliothek dürfte überwiegend aus einzelnen Kopien bestanden haben. Durch die Reisen des ersten Buchbeschaffers, Demetrios von Phaleron, kamen bis ca. 280 v. Chr. 200.000 Rollen zusammen (Flavius Josephus, Jüdische Altertümer XII,2,1). Bis zum Tod des Kallimachos ca. 235 v. Chr. waren es dann 490.000 (Tzetzes bei Parsons). Diese wurden ebenfalls von verschiedenen Völkern beschafft. Hätte man den Bestand nur durch Kopien vervielfachen wollen, wäre diese Beschaffung durch Reisen kaum nötig gewesen. Man hätte in Alexandria einen Grundstock beliebig oft kopieren können, da genug Papyrus vor Ort war. Weitere Quellen hierzu bei Parsons (1952).
- ↑ Parsons (1952) schätzt über eine Million. Der Kleine Pauly schätzt unter dem Stichwort Alexandria ohne Begründung 900.000. Möglich ist ein Rückgang während der so genannten „Krise des 3. Jahrhunderts“.
- ↑ Der heute erhaltene Bestand lateinischer Texte stellt im Vergleich zu griechischen Texten vom Umfang her etwa ein Drittel dar. Unklar ist, ob dies durch die im Frühmittelalter weitaus schlechteren Überlieferungsbedingungen des lateinischen Westens zu begründen ist oder ob die Titelproduktion tatsächlich niedriger war. Dies dürfte zumindest für die römische Republik im Vergleich zu den griechischen und hellenistischen Poleis der Fall gewesen sein.
- ↑ Für die frühe Kaiserzeit kann vermutet werden, dass es für Autoren eine Ehre war, in den großen Bibliotheken vertreten zu sein. Der in Ungnade gefallene Ovid beklagte in der Verbannung, dass seine Schriften vom Hüter der (Palatina-) Bibliothek abgewiesen worden waren. (Ovid, Tristia 3,1,59ff.).
- ↑ Unter den literarischen Papyri einer Müllhalde in Oxyrhynchos waren ca. 20 % Texte von Homer. Hochgerechnet auf den griechischen Reichsteil um 200 deutet dies auf Millionen Kopien im Umlauf. Die grossen Bibliotheken nahmen nicht jeden Titel auf (Ovid, Tristia 3,1,59ff.). Ein Titel, der es in die Bibliothek von Alexandria schaffte, dürfte reichsweit in etlichen Exemplaren vorgelegen haben. Viele ihrer Bücher bezogen die Bibliotheken von Verlagen, mit denen Subskriptionsverträge bestanden. In Rom gab es zwei Stadtviertel, die als Standort für Verlage und Buchhändler bekannt waren. Umfangreicher Buchhandel ist auch in einigen Provinzstädten bezeugt. Von Horaz, Carmina 2,20,13ff. und Martial 7,88; 11,3 wird eine Verbreitung ihrer Werke bis in die Grenzgebiete des Reiches behauptet, für Varro wird dies durch Plinius den Älteren bestätigt (Plinius, Naturalis historia 35,11). Um 100 n. Chr. ist in Rom die Startauflage für eine private Gedenkschrift von 1.000 Exemplaren belegt (Plinius, Epistulae 4,7,2), was auf eine erhebliche Produktionskapazität hindeutet. Siehe Julian Krüger: Oxyrhynchos in der Kaiserzeit. Frankfurt a.M. 1990, Horst Blanck: Das Buch in der Antike. München 1992.
- ↑ Codex Theodosianus 14,9,2; Zonaras 14,2.
- ↑ Zur Palastbibliothek von Konstantinopel siehe Pöhlmann (1994). Die Schätzung von 100 bei Cassiodor beruht auf der Titelliste von Franz und Mynors (siehe unten) sowie etwa 4 Titeln pro Codex, was eher typisch um 800 war. Die Codices im 5. Jahrhundert waren aber meist deutlich größer als um 800. Daher könnte die Verlustrate bei Titeln in diesem Beispiel sogar die 10.000 erreichen.
- ↑ Da die meisten Codices nur als Fragmente erhalten sind fehlt meist die Seite mit diesem Eintrag. Die seit dem späten 4. Jahrhundert erhaltenen Einträge zeigen aber auf die Zeit nach 400. Da fast alle heute (in Fragmenten) existierenden Handschriften aus der Zeit nach 400 stammen, kann man schließen, dass die überlieferten Codices diesen Eintrag hatten. Zum Katalog der Handschriftenproduktion vor 800 siehe den Artikel Codices Latini Antiquiores; für den griechischen Osten Alphonse Dain: Les manuscrits. Paris 1949. Zu den Überlieferungslinien der erhaltenen Literatur vgl. auch M. von Albrecht (1997) und neuerdings Landfester (2007).
- ↑ „Schließlich verteidigt dies auch meine Bibliothek, welcher die gleichen Männer [heidenfeindliche Christen] zum Vorwurf machen, dass sie unbearbeitete Abschriften enthält. Diese verachtenswerten Gesellen haben nicht einmal von Dingen wie diesen ihre Hände gelassen.“ Brief 154 des Synesius von Cyrene an Hypatia, zitiert nach Geocities (englisch).
- ↑ Besonders bei der Überlieferung von Zahlenangaben im militärischen Kontext oder allgemein im Zusammenhang mit Gewalt geht die Textkritik bzw. historische Quellenkritik bisweilen von solchen bewussten Verfälschungen aus, da teilweise sogar unterschiedliche Textvarianten überliefert sind. Aufgrund der "Abmalung" dürften diese auf die Archetypi zurückzuführen sein. Es gibt jedoch nur wenige philologisch nachweisbare umfassende Interpolationen des heidnischen Grundtextes durch Christen (z.B. bestimmte Teile der Germanen-Exkurse im 5. Buch von Caesars Bellum Gallicum - die keine heidenpolemische Tendenz erkennen lassen).
- ↑ Eine Rolle mit 83.300 Zeichen benötigt bei 1 Zeichen pro Sekunde etwa 23 Stunden Schreibzeit. Zusammen mit der Herstellung der Papyrusrolle und einigen Zeichnungen ist das gut innerhalb von 4 Arbeitstagen machbar. Mit 400 Personen (Alexandria hatte nach Diodor (17, 52) über 300.000 Einwohner, mit den Unfreien könnten es über 1 Million gewesen sein [Der Neue Pauly Bd. I, Sp. 464]) wäre ein Auftrag von 40.000 Rollen dann innerhalb von 400 Tagen zu erledigen.
- ↑ Bucheditionen aus Alexandria wurden als besonders hochwertig betrachtet und stellten offenbar ein Handelsprodukt dar. Unter Kaiser Domitian (81–96) konnte der Verlust einer öffentlichen Bibliothek in Rom mit einer Lieferung aus Alexandria ausgeglichen werden. (Pöhlmann, 1994).
- ↑ Tzetzes, Prolegomena de comoedia Aristophanis 2,10.
- ↑ Zu Belegen siehe auch die Beschreibung der Bibliothekenstatistik.
- ↑ Etwa Pöhlmann (1994).
- ↑ Die Autoren erwähnen mehrere heute verlorene antike Schriften, die um 600 noch zitiert wurden und schließen daraus: „The bulk of Latin literature was still extant“ („Der Großteil lateinischer Literatur war noch vorhanden“, S. 81). Aus der Existenz einiger älterer Bücher ist auch nicht auf die Fortexistenz des Gros des antiken Bestands zu schließen. Dass die Bibliotheken von Cassiodor und Isidor aber zu etwa 90 % uns heute bekannte antike Werke umfasste zeigt, dass der entscheidende Auswahlprozess auf 1 : 1000 bereits vorher geschehen sein dürfte.
- ↑ Reynolds und Wilson (1991) vertreten ausschließlich die Umschreibungs-/ Verrottungsthese, ohne mögliche Alternativansichten zu diskutieren. Sie bezweifeln eine Verbreitung des Codex bereits im 1. Jahrhundert und halten die von Martial erwähnten Codex-Editionen der Klassiker für einen erfolglosen Versuch. Obwohl der archäologische Fund von Teilen eines Pergamentcodex aus Martials Zeit (De Bellis Macedonicis, P. Lit. Lond. 121, von unbekanntem Autor in Latein um AD 100) gerade auf eine frühe Verbreitung hindeutet – auch wenn der deutlich teurere Codex sicher weniger zahlreich war als die Rolle. Die Behauptung, der Codex „may have cost rather less to produce“ („dürfte in der Herstellung eher günstiger gewesen sein als die Papyrusrolle“, S. 35) ist nicht belegt. Papyrusseiten können mit dem aus Papyrus selbst gewonnenen Klebstoff zu beliebig langen Rollen verklebt werden. Wie die Funde von Oxyrhynchus zeigen, war dies sogar Teil der antiken Büroarbeit. Die Arbeit, einen Codex mit Holzdeckeln zu erstellen, ist erheblich umfangreicher. Die Erzeugung einer Pergamentseite aus Schafhaut erfordert viele langwierige Arbeitsschritte und ein vielfaches an technischem Aufwand und an Arbeitszeit gegenüber einer Papyrusseite. Mit Bezug auf Galen (s.u.) wird behauptet eine Papyrusrolle könne bis zu 300 Jahre alt werden (S. 34). Aber Galen erwähnte das Studium einer wahrscheinlich 300 Jahre alten Rolle nur um die Sorgfalt seiner Textedition zu belegen. Er hat das Alter des Papyrus nicht als etwas besonderes erwähnt. Daher kann aus seinem Zitat auch auf ein erreichbares Mindestalter für Rollen geschlossen werden. Die Annahme, die durchschnittliche Lebensdauer der Rollen sei geringer, ist nicht belegt.
- ↑ The durability of both under normal condition is not open to doubt. Many instances of long life of writings on papyrus could be quoted, but this is no longer necessary, since the myth that papyrus is not a durable material has at last been authoritatively and, one would hope, finally refuted by Lewis („Über die Widerstandsfähigkeit beider Materialien unter normalen Bedingungen besteht kein Zweifel. Einzelfälle von Papyri, bei denen sich die Erhaltung der Schrift als langlebig erwies, könnten hier in großer Zahl angeführt werden, doch ist dies gar nicht mehr notwendig, da der Mythos, dass Papyrus kein widerstandsfähiges Material sei, autoritativ und – zumindest sollte man dies hoffen – endgültig durch Lewis widerlegt worden ist“; op. cit. S. 60-61). (Naphtali Lewis: Papyrus of Classical Antiquity. Oxford 1974.) Aus: Roberts und Skeat (1983), S. 6f.
- ↑ Mit Ausnahme von ca. 10 Codices (deren Datierung um bis zu 80 Jahre schwankt) sind alle heute (in Fragmenten) existierenden Codices aus der Zeit nach 400. Die "Abmalung" von Text und Bildern hat diese Datierung ermöglicht. Die Aussage, um 400 seien die Archetypi unserer Überlieferung (Ost und West) entstanden, geht auf Alphonse Dain: Les manuscrits. Paris 1949, zurück. Zweifel daran bei Karl Büchner, in: Herbert Hunger: Geschichte der Textüberlieferung der antiken und mittelalterlichen Literatur. 1. Antikes und mittelalterliches Buch- und Schriftwesen. Zürich 1961). Als Karl Büchner um 1960 an Hungers Kompendium der griechischen und lateinischen Überlieferung mitarbeitete, sah er im Lateinischen viel mehr offene Überlieferungslinien als im Griechischen (Hunger, 1961, S. 374). Die besonders für den griechischen Osten getroffene Aussage von Dain konnte auf der Basis des C.L.A. auch für den Westen bestätigt werden.
- ↑ Julian Krüger: Oxyrhynchos in der Kaiserzeit. Frankfurt a.M. 1990.
- ↑ Dieser Wert gilt für den lateinischen Bereich auf Basis des C.L.A. Der C.L.A. zeigt eine Durchschnittsrate an überlieferten Handschriften von 1 bis 2 pro Jahr für 400 bis 700. Eine Produktionsrate von durchschnittlich 10 Büchern pro Jahr für den lateinischen Westen ergäbe sich aus einem geschätzten Verlustfaktor von 5 bis 10.
- ↑ Pornografische Bilder oder Statuen waren weitaus mehr verbreitet, als es die meisten heutigen Sammlungen zeigen. Viel Material wurde in Sondersammlungen weggeschlossen oder im 19. Jahrhundert sogar an der Fundstelle wieder verborgen. Auch pornografische Schriften machten wahrscheinlich einen deutlich größeren Anteil in der Antike aus als in der Überlieferung.
- ↑ Sauer (2003), S. 14. Tertullian: De spectaculis, 30.
- ↑ Christ und Kern (1955), S. 306.
- ↑ Hans-Joachim Diesner: Isidor von Sevilla und das westgotische Spanien. Berlin 1977, S. 38.
- ↑ Ähnliche Einstellungen zu Schauspielern finden sich schon bei Autoren der heidnischen Antike. Zu christlichen Einstellungen über römische Spektakel siehe Magnus Wistrand: Entertainment and Violence in Ancient Rome. The Attitudes of fhe Ancient Writers in the First Century AD. Göteborg 1992, S. 78f.
- ↑ Nach Titelliste unter „Varro“ in Der Kleine Pauly, Bd. 5, Sp. 1131ff.
- ↑ Julian Krüger, Oxyrhynchos in der Kaiserzeit, 1990.
- ↑ Johnson (1992).
- ↑ Reynolds (1983); Haese (2002).
- ↑ Empfehlenswert die Übersicht von Christ und Kern (1955), ebenso Ward (2000).
- ↑ So Johannes von Salisbury (1120-1180) in Policraticus (De nugis curialium et vestigiis philosophorum, 1. ii. c. 26).
- ↑ Cassiodors Bibliotheksbestand wurde schon 1937 rekonstruiert (s. u.), der von Isidors Bibliothek von einem französischen Autor in den 1950ern.
- ↑ Zu seinem Einfluss vgl. Thomas Wiedemann: Mommsen's Roman History: Genesis and Influence.
- ↑ Daran, dass er diese Behauptung aufgestellt hat, konnten sich Fachkollegen in letzter Zeit noch erinnern. Unklar ist, ob er es je publizierte. Unklar ist ebenfalls, ob er eine parteiische Abfassung der Texte, oder eine direkte Verfälschung von Texten oder nur eine verfälschende Auswahl meinte. Ein überzeugender Nachweis systematischer Textverfälschung in der Überlieferungsgeschichte ist ihm jedenfalls nicht gelungen.
- ↑ Während in Deutschland der anti-katholische Kulturkampf eine wesentliche Rolle spielte, waren es in den USA und Großbritannien eher marxistisch oder linksintellektuell geprägte Strömungen. Wie deren materialistisch geprägte Sicht des Mittelalters in den letzten Jahrzehnten mit Hilfe der katholischen Kirche revidiert wurde, beschrieb anschaulich der bedeutende US-Mediävist Norman Cantor in seinem Buch Inventing the Middle Ages (1991).
- ↑ Das Schicksal der Hypatia wurde seit Voltaire im 18. Jahrhundert als Kampfargument säkularer Strömungen gegen die katholische Kirche vorgebracht. (Maria Dzielska: Hypatia of Alexandria. London 1995, S. 2ff.).
- ↑ Deutlicher als im Alten Testament sind diese Endzeiterwartungen in den Schriften von Qumran zu finden. Wahrscheinlich repräsentieren diese Schriften eher das Denken in Judäa im 1. Jahrhundert als das Alte Testament. Nach der in den 1990er bekannt gewordenen Interpretation von Eisenman könnten diese Endzeitgedanken eine Motivation beim jüdischen Aufstand gegen Rom gewesen sein. Man wollte vielleicht sogar den Untergang des Staates provozieren, damit die Prophezeiung sich erfüllen konnte.
- ↑ W.H.C. Frend: Martyrdom and Persecution in the Early Church. Oxford 1965; Glen W. Bowersock: Martyrdom and Rome. Cambridge 1998.
- ↑ Besonders Speyer (1981) verweist auf diese Parallelen.
- ↑ G. Alföldy: Die Krise des Imperium Romanum und die Religion Roms. In: W. Eck (Hrsg.): Religion und Gesellschaft in der römischen Kaiserzeit. Köln 1989, S. 53-102.
- ↑ Siehe M. Beard, J. North, S. Price (Hrsg.): Religions of Rome. 2 Bde., Cambridge 1998. F. Trombley: Hellenic Religion and Christianization. 2 Bde., Leiden 1993/4.
- ↑ Michael Gaddis: There Is No Crime for Those Who Have Christ. Religious Violence in the Christian Roman Empire (Transformation of the Classical Heritage). Berkeley, CA 2006. Bzgl. der Zeitumstände im 4. Jahrhundert vgl. etwa Arnaldo Momigliano (Hrsg.): The Conflict Between Paganism and Christianity in the Fourth Century. Oxford 1963.
- ↑ Zur sozialen Schichtung des frühen Christentums am ausführlichsten P. Lampe: Die stadtrömischen Christen in den ersten beiden Jahrhunderten. Tübingen, 2. Aufl. 1989.
- ↑ Der Umfang der Konversionen in der Aristokratie ist zuletzt von M. Salzman aufgrund des literarischen Befundes zusammengestellt worden: Michele R. Salzman: The Making Of A Christian Aristocracy. Social And Religious Change In The Western Roman Empire. Cambridge, MA 2002.
- ↑ Kaster (1997), S. 15.
- ↑ Christ und Kern über Cassiodors Bibliothek: „In unermüdlichem Sammeln und Suchen, unterstützt durch das Abschreiben seiner Mönche, hat er sie vereinigt. Aus ganz Italien, aus Afrika und den verschiedensten Ländern waren die Codices gekommen; die reichen Mittel Cassiodors, der Ruf seines Namens hatte den Erwerb ermöglicht.“ Christ und Kern (1955), S. 287.
- ↑ R. A. B. Mynors: Cassiodori Senatoris Institutiones. Oxford 1937: „a provisional indication of the contents of the library at Vivarium“.
- ↑ Paul Lehmann: Erforschung des Mittelalters, Ausgewählte Abhandlungen und Aufsätze, Bd. II, Stuttgart 1959.
- ↑ Encyclopedia of Library History (1994).
- ↑ „Die bedeutenderen Bibliotheken der Antike verschwanden um 600 n. Chr., und frühe Klosterbibliotheken könnten um die 20 Bücher umfasst haben.“ Ward (2000) glaubt, auch ohne Verweis auf Cassiodor und Isidor den Verlust vor 500 belegen zu können.
- ↑ Christ und Kern (1955), S. 243.
- ↑ Vgl etwa neuerdings R. Beck: The Religion of the Mithras Cult in the Roman Empire: Mysteries of the Unconquered Sun. Oxford 2006.
- ↑ On peut dire que, si le christianisme eût été arrêté dans sa croissance par quelque maladie mortelle, le monde eût été mithriaste.
- ↑ Johnson (1965), S. 77; Wendel und Göber sehen diese Motivation auch auf lokaler Ebene: Handbuch der Bibliothekswissenschaft. Bd. 1, S. 79.
- ↑ Der Wortlaut des entsprechenden Gesetzes vom 29. Januar 399 lautet: Sicut sacrificia prohibemus, ita volumus publicorum operum ornamenta servari. Ac ne sibi aliqua auctoritate blandiantur, qui ea conantur evertere, si quod rescriptum, si qua lex forte praetenditur. „Genauso wie wir Opfer verbieten, so wollen wir doch auch, dass Kunstwerke in öffentlichen Gebäuden gerettet werden und dass diejenigen, die versuchen, Kunstwerke zu zerstören, nicht von einer Autorität dazu noch eingeladen werden, indem ein Erlass oder ein Gesetz bei einer bestimmten Gelegenheit zum Vorwand dient.“ (Codex Theodosianus 16,10,15).
- ↑ Codex Theodosianus 16,10,1 vom 10. Juli 399.
- ↑ Codex Theodosianus 16,10,19; Watts (2006), S. 199.
- ↑ So die Interpretation von Wendel und Göber (s.o.), zusätzlich gestützt durch die Aussage des Aphthonius von Antiochia, der sie Ende des 4. Jahrhunderts besuchte. Er beschrieb die Räume voll mit Büchern, die für jeden zugänglich seien und „die ganze Stadt anzogen um die Weisheiten zu verinnerlichen.“ (Aphthonius, Progymnasmata 12).
- ↑ Die große Bibliothek existierte damals wahrscheinlich noch, von Caesar wurde sie jedenfalls nach heutigem Stand der Forschung nicht zerstört, vgl. Sylwia Kaminska, in: Hoepfner (2002). Dem caesarkritischen Geschichtsschreiber Cassius Dio zufolge vernichtete das Feuer nur Warenhäuser am Hafen, die Getreide und Bücher enthielten. Dies ist auch das Ergebnis der Analyse von Barnes (2000) und der umfangreichen Quellenkritik von Parsons (1952). Das Museion, das Gebäude der Bibliothek, ist bis um 380 nachgewiesen, so Mostafa El-Abbadi (1992): „Synesius von Cyrene, der gegen Ende des 4. Jahrhunderts unter Hypatia studierte, sah das Museion und beschrieb die Bilder der Philosophen darin. Wir haben keinen späteren Beleg über seinen Fortbestand im 5. Jahrhundert. Da Theon, der renommierte Mathematiker und Vater der Hypatia, die selbst ein anerkannte Wissenschaftlerin war, das letzte bezeugte akademische Mitglied war (um 380).“ [33 Synesius, Calvitii Encomium 6.], [34 Suidas, s.v. Theon].
- ↑ Milkau und Leyh (1940): Geschichte der Bibliotheken: Bd. 1, Kapitel 2, S. 80.
- ↑ Christopher Haas: Alexandria in Late Antiquity. London 1997, S. 129 und 171f. Haas bezieht sich zu dem Kreis auf Damaskios: Leben des Isidor, fr. 174 (ed. Zintzen, S. 147).
- ↑ „Sodann wurden zahllose Bücher und viele Haufen von Schriftrollen zusammengetragen und vor den Augen der Richter verbrannt. Man hatte sie in Häusern wegen ihres angeblich verbotenen Inhalts ausfindig gemacht, und nun sollten sie dazu dienen, den üblen Eindruck der Hinrichtungen zu verwischen. Dabei handelte es sich größtenteils doch nur um Werke über die verschiedenen freien Wissenschaften und über Rechtsfragen.“ (Ammianus Marcellinus 29,1,41). Nach den Hinrichtungen, die mit dem Besitz von „Zaubertexten“ begründet wurden: „So kam es denn in den östlichen Provinzen, dass aus Furcht vor ähnlichen Schicksalen die Besitzer ihre ganzen Bibliotheken verbrannten; denn ein solcher Schrecken hatte alle erfasst.“ (Ammianus Marcellinus 29,2,4).
- ↑ Bibliothecis sepulcrorum ritu in perpetuum clausis: Ammianus Marcellinus 14,6,18.
- ↑ Am deutlichsten bei Houston (1959), der auch ältere Literatur angibt: Nach Houston gebe es keine weiteren Hinweise auf eine Schließung, und zumindest die Trajansbibliothek sei bis 455 nachweislich geöffnet gewesen. Das Edikt Kaiser Theodosius’ I. von 391 zum Schließen heidnischer Tempel ist von ihm aber nicht erwähnt, welches in der übrigen Literatur als wesentlich dafür angesehen wurde, Ammians Text auf die Schließung der Bibliotheken in Rom zu beziehen. Houston führt stattdessen an, ein Draconitus solle gegen Ende des 4. Jahrhunderts einen Text in der „scola“ des Trajansforums in Rom gelesen und editiert haben. Wenn dies vor 390 war, ist der Beleg aber nicht relevant. Selbst danach sollten Schulen am Trajansforum, das ein Geschäftszentrum Roms war, noch lange zu erwarten sein. Über die Existenz der Bibliothek sagt es nichts. Ein weiteres Argument Houstons ist, dass Sidonius Apollinaris schrieb, ihm sei 455 eine Statue verliehen worden. Sie sei auf dem Trajansforum „zwischen den Autoren der beiden Bibliotheken“ aufgestellt worden. Die Trajansbibliothek war in zwei Gebäude (latein/griechisch) verteilt, und die Statuen der Autoren standen davor. Da die Statuen noch standen, schließt Houston, auch die Bibliotheksgebäude mussten noch da gewesen sein – und sie müssten auch noch geöffnet gewesen sein. Woraus er dies schloss, schrieb Houston nicht.
- ↑ Paulus Orosius: Die antike Weltgeschichte in christlicher Sicht. Übers.: Adolf Lippold. Zürich 1986. Buch VI Kap. 15, 32. Alternative Übersetzung: as we are told, these were emptied by our own men in our own day when these temples were plundered – this statement is true enough „wie man uns sagte, wurden diese durch unsere eigenen Leute zu unserer Zeit ausgeplündert – diese Aussage ist mehr als wahr.“ (Paulus Orosius: The seven books of history against the pagans. übersetzt von Irving Woodworth Raymond, Columbia University Press 1936, (Book Six) S. 298).
- ↑ wegen Sidonius Apollinaris, s.o. Houston.
- ↑ Johannes Crysostomos, Liber in S. Babylam et Contra Gentes 11. Nach M. Shatkin: Saint John Chrysostom Apologist. Washington, D.C. 1984 (Fathers of the Church 73).
- ↑ Mit den „Philosophen“ könnte in erster Linie eine Randgruppe umherziehender Philosophen gemeint, welche eine Konkurrenz zu christlichen Predigern darstellten. Aufschlussreich ist, dass hier ein christlicher Literat und Akteur in den Religionskämpfen das christliche Bildungsmonopol bereits um 400 zumindest als Wunschdenken formuliert.
- ↑ „Der Kaiser [Konstantin] bestrafte Arius mit Verbannung, auch schrieb er an die Bischöfe und Gemeinden im ganzen Reich, wobei er in Gesetzesform vorschrieb, ihn und seine Gesinnungsfreunde für gottlos zu halten und ihre etwa aufgefundenen Schriften dem Feuer zu übergeben, damit weder von ihm noch von der durch ihn eingeführten Lehre eine Erinnerung übrig bleibe. Falls jemand überführt würde, der eine solche Schrift verstecke und nicht nach sofortiger Anzeige verbrenne, solle darauf die Todesstrafe stehen.“ Sozomenos, Historia Ecclastica 1,21,4.
- ↑ Vgl. Jens-Uwe Krause: Kriminalgeschichte der Antike. München 2004.
- ↑ Chrysostomos' obiges Zitat ist nur als Referenz vermerkt, woraus nicht hervorgeht, dass nach dessen Aussage die Bücher der Heiden gleich nach ihrem Erscheinen zerstört wurden oder zugrunde gingen. Speyer neigt dazu, christliche Aktionen als Reaktion auf vorangegangene Aktionen der Heiden darzustellen.
- ↑ Plinius der Ältere schrieb in seinem 30. Buch der „Naturgeschichte“ auch eine kurze Geschichte der Magie. Darin polemisierte er von Anfang an gegen den „leeren und unsinigen Glauben an die Magie“. Er nennt sie darin fraudulentissima artium, die „betrügerischste aller Künste“. (Fritz Graf: Gottesnähe und Schadenzauber: die Magie in der griechisch-römischen Antike. München 1996, S. 48)
- ↑ So wirft Eusebius den heidnischen Gegenkaisern des Konstantin I. magische Praktiken vor, was vermutlich propagandistisch motiviert war. Der babylonische Geschichtsschreiber Berossos wurde von Christen als Magier bezeichnet. Siehe C.C.W. Taylor: The Atomists Leucippus and Democritus. Fragments. A Text and Translation with a Commentary. Toronto 1999.
- ↑ Speyer (1981), S. 130.
- ↑ Apg 19,13-14; Elberfelder Übersetzung, wie auch folgend.
- ↑ Bereits der jüdisch-hellenistische Verfasser des Pseudo-Phocylides aus dem 6. Jahrhundert hielt sie für Magier-Bücher.
- ↑ Speyer (1981), S. 34 vermutet „Ritualbücher“.
- ↑ Lebensbeschreibung des Monophysiten Severos von Antiochien, verfasst von Zacharias Rhetor (gest. vor 553). Speyer (1981), S. 132.
- ↑ Codex Theodosianus 9,16, 12 (= Codex Iustinianus 1,4,14): mathematicos, nisi parati sint codicibus erroris proprii… Speyer (1981), S.170: „… Astrologen haben ihre Schriften vor den Augen der Bischöfe zu verbrennen, andernfalls seien sie aus Rom und allen Gemeinden zu vertreiben“.
- ↑ Mathematik ist „die Gesamtheit des von der Philosophie geforderten Lernstoffs, also Arithmetik, Geometrie, Astronomie, Musik(-theorie), ja noch in der Kaiserzeit fielen Grammatik (elem. Sprachlehre und Philologie) wie Rhetorik mit darunter… Im Latein nach Gell. 1,9,6 die arithm. und geometr. Operationen bedürfenden Wissenschaften, im vulg. Sprachgebrauch einfach die Nativitäts-Astrologie…“ Der Kleine Pauly, Bd. 3, S. 1078.
- ↑ Speyer (1981), S. 136.
- ↑ „Sie demolieren die Tempel mit Holzbalken, Steinen und Werkzeugen aus Eisen oder auch ohne diese Gegenstände mit Händen und Füßen. Dann werden sie zur leichten Beute; obwohl sie die Dächer zerstören, die Mauern zum Einsturz bringen, die Statuen niederwerfen und die Altäre niederreißen, haben die Priester zu schweigen oder sie müssen sterben.“ Libanius (Rede 30,8) nach Sauer (2003), S. 159. Es scheint sich der Mob betätigt zu haben, während sich die Geistlichkeit offenbar von diesem Vandalismus distanzierte.
- ↑ Gesetz zur Zerstörung heidnischer Kunstwerke 408: Codex Theodosianus 16,10,19.
- ↑ Christopher Haas: Alexandria in Late Antiquity: Topography and Social Conflict. Baltimore 1997, S. 159ff.; Hartmut Leppin: Theodosius der Große. Darmstadt 2003, S. 169ff.
- ↑ Leppin, Theodosius, S. 173.
- ↑ M. Gaddis: There Is No Crime for Those Who Have Christ. Religious Violence in the Christian Roman Empire. Berkeley, CA 2006.
- ↑ Vita Nicolai Sionitae (hrsg., übersetzt und kommentiert von Harmut Blum, Bonn 1997).
- ↑ Quantitative Auswertung bei Michele R. Salzman: The Making Of A Christian Aristocracy. Social And Religious Change In The Western Roman Empire. Cambridge, MA 2002.
- ↑ Ein christliches Bilderverbot gab es erst im um 700 in Byzanz.
- ↑ Sauer (2003), Chapter 7: Destruction at Dendera: a colossal task.
- ↑ Die jüngste gefundene Münze stammte aus dem Jahr 394. Die Hände des Mannes waren mit eisernen Handschellen hinter seinem Rücken gefesselt. Er hatte keine Grabbeigaben und kaum Kleidung. Es gab keinen bekannten Ritus, der bei einem Toten oder Verletzten eine solche Fesselung vorsah. Demnach wurde der Mann wahrscheinlich lebendig in der Gruft eingeschlossen und ist nach einigen Tagen darin verstorben. Beim nicht unbeträchtlichen Wert solcher Eisenteile in der Spätantike lässt dies auf Täter schließen, die keine materiellen Interessen hatten. Archäologische Diskussion des Falles bei Sauer über das Buch verteilt.
- ↑ Siehe Johannes Hahn: Gewalt und religiöser Konflikt. Die Auseinandersetzungen zwischen Christen, Heiden und Juden im Osten des Römischen Reiches (von Konstantin bis Theodosius II.). Berlin 2004 (Klio Beihefte, N.F., Bd. 8).
- ↑ Sozomenos, Historia Ecclastica 2,5,2-5. Übersetzt von Günther Christian Hansen. Tournhout 2004. Vgl. etwa auch Rufinus von Aquileia, Kirchengeschichte des Eusebius von Caesarea 2,19: idolorum cultus, qui Constantini institutione et deinceps neglegi et destrui coeptus fuerat, eodem imperante conlapsus est. „Der Götzendienst, der durch die Politik des Konstantin und später zunehmend aufgegeben und zerstört wurde, ist unter seiner Herrschaft zusammengebrochen“; Prudentius, Peristephanon 2,1-12. Der tatsaechliche Untergang des Heidentums (weniger die Zerstörung heidnischer Kulturgüter) wird in der Forschung deutlich später angesetzt, als es etwa bei Rufinus erscheint.
- ↑ J.H.W.G. Liebeschuetz: The Decline and Fall of the Roman City, Oxford 2001, S. 104–136.
- ↑ H. Hunger et al: Geschichte der Textüberlieferung der antiken und mittelalterlichen Literatur. Bd. 1, Antikes und mittelalterliches Buch- und Schriftwesen, Zuerich 1961, S. 362.
- ↑ Michael Frede und Polymnia Athanassiadi (Hrsg.): Pagan Monotheism in Late Antiquity. Oxford 1999.
- ↑ Watts (2006).
- ↑ Besonders die Schrift des Julian, Contra Galilaeos sowie deren Repliken, vor allem durch Kyrillos von Alexandria.
- ↑ Siehe etwa M. Shatkin: Saint John Chrysostom Apologist. Washington, D.C. 1984 (Fathers of the Church 73).
- ↑ Kaster (1997), S. 14f.
- ↑ Corpus iuris canonici 1,86,5: Sacram scripturam, non grammaticam licet exponere episcopis. „Den Bischöfen ist es erlaubt, die Heilige Schrift, nicht die Grammatik zu lehren.“
- ↑ Max Manitius: Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters. Bd. I. München 1911, S. 94. Zitiert nach Hagendahl (1983), S. 114.
- ↑ E.A. Lowe: Handwriting. In: The Legacy of the Middle Ages. Oxford 1926, S. 203.
- ↑ Johannes Laudage, Lars Hageneier, Yvonne Leiverkus: Die Zeit der Karolinger. Darmstadt 2006, S. 106ff.
- ↑ Nach Hunger (1961) merkt man es daran, dass ganze Zeilen fehlten und vom Korrektor nachgetragen wurden.
- ↑ So die Schätzung von Carlo M. Cipolla: Literacy and Development in the West. London 1969. Sie wird unterstützt durch die Stichprobe von Montaillou in Südfrankreich. In diesem Dorf wurden 1308 alle 250 Einwohner über dem Alter von 12 Jahren von der Heiligen Inquisition verhaftet. Aus den Akten der Inquisition geht hervor, dass nur 4 Personen (1,6 %) lesen konnten. (Montaillou: The Promised Land of Error von Emmanuel LeRoy Ladurie (1978). Nachdruck in Harvey J. Graff: The Literacy Myth. Literacy and Social Structure in the Nineteenth-Century City. New York 1979, S. 46f.) Auf einen Wert von 1,0–1,4 % in England um 1300 kommt man, wenn man die ersten statistisch nachweisbaren Werte von 1530 (David Cressy: Levels of Illiteracy in England, 1530–1730. In: Historical Journal 20, 1977, S. 1–23, hier S. 13: Chart: Illiteracy of Social Groups, Diocese of Norwich, 1530–1730) mit der Anzahl der Schulen 1340–1548 (Jo A. H. Moran: The Growth of English Schooling 1340–1548. New Brunswick, NJ 1985) zurückrechnet und mit der Bevölkerungsverteilung korrigiert.
- ↑ Nach James W. and Barbara Halporn. Varro meinte wahrscheinlich kein Ei sondern ein gestauchtes Rotationsellipsoid. Aufgrund der Idee einer größtenteils flüssigen Erde und der Wirkung der Fliehkraft konnte er dies annehmen.
- ↑ The explanation of the passage and of the figure which illustrates it seems to be that Isidore accepted the terminology of the spherical earth from Hyginus without taking the time to understand it – if indeed he had the ability to do so – and applied it without compunction to the flat earth. He evidently thought that zona and circulus were interchangeable terms, and his ‚circles‘ did not run around the circumference of a spherical earth, but lay flat on a flat earth, where they filled with sufficient completeness the orbis terrae or circle of the land. The adjustment of the two conflicting theories was extremely crude, since it involved placing the arctic and antarctic circles side by side, and the two temperate circles one in the east and one in the west. By such a blunder as this may be measured the stagnation of the secular thought of the time. „Die Erklärung dieses Abschnitts und der Darstellung, welche sie illustriert, scheint darin bestanden zu haben, dass Isidor den Begriff der sphärischen Erde von Hyginus übernahm, ohne sich die Zeit zu nehmen, ihn zu verstehen – wenn er dazu überhaupt fähig gewesen wäre – und er übertrug ihn bedenkenlos auf das Prinzip der Flacherde. Offenkundig dachte er, die Zone und der Zirkel seien das gleiche, und seine ‚Kreise‘ verliefen nicht um den Umfang einer sphärischen Erde herum, sondern lagen flach auf einer flachen Erde, wo sie weitgehend vollständig den Erdkreis oder den Landkreis ausfüllten. Die Anpassung dieser beiden sich widersprechenden Theorien war außergewöhnlch plump, da er u.a. die arktischen und antarktischen Kreise, ebenso die Klimakreise des Ostens und Westens nebeneinander stellte.“ Ernest Brehaut: An Encyclopedist of The Dark Ages – Isidore of Seville. Columbia University, New York 1912, S. 30. Volltext. Rudolf Simek: Altnordische Kosmographie, S. 102ff. interpretiert diese Passage als Beschreibung des „orbis terrarum“, des bewohnten Erdkreises, wie er auf den so genannten T-Karten dargestellt wurde.
- ↑ Karl Christ und Anton Kern: Das Mittelalter. In: Georg Leyh (Hg.): Handbuch der Bibliothekswissenschaft. Band 3,1 – Geschichte der Bibliotheken. Bd. 1, Wiesbaden 1955, S. 305.
- ↑ Vgl. Hans-Werner Goetz: Europa im frühen Mittelalter (Handbuch der Geschichte Europas 2). Stuttgart 2003, S. 250ff.
- ↑ Der Kalif von Córdoba, al-Hakam II., ließ für seine Bibliothek 400.000 Bücher (wohl überwiegend muslimischen Inhalts) aus den nun islamischen Gebieten Nordafrikas und des Orients ordern. (Arnold Hottinger: Die Mauren. Arabische Kultur in Spanien. Zürich 1995, S. 75f., 96).
- ↑ Mostafa El-Abbadi (1992), S. 165.