Martin Heidegger (* 26. September 1889 in Meßkirch; † 26. Mai 1976 in Freiburg im Breisgau) war ein deutscher Philosoph. Er zählt zu den einflussreichsten Philosophen des zwanzigsten Jahrhunderts.
Zu den Bemühungen Heideggers gehört die Destruktion der Metaphysik: ausgehend von der Phänomenologie und Ontologie wird stattdessen das Sein zum zentralen Thema des Denkens erhoben. Dabei beschäftigt sich Heidegger unter anderem mit der Frage nach dem Wesen des Menschen, einer Überwindung der Subjekt-Objekt-Spaltung, der Frage nach dem Sinn von Sein, Hermeneutik, Technikkritik, der Sprache, sowie der Geschichtlichkeit des Menschen.
Sein bekanntestes Werk ist das 1927 erschienenen Sein und Zeit. Eine breite Heidegger-Rezeption findet sich vor allem in Kontinentaleuropa und Ostasien. Zu den von ihm beeinflussten Philosophen gehören unter anderen Jean-Paul Sartre, Emmanuel Levinas, Jacques Derrida, Maurice Merleau-Ponty, Michel Foucault, Hans-Georg Gadamer, Hannah Arendt, sowie Tanabe Hajime und Nishitani Keiji in Japan und Hubert Dreyfus in den USA.
Leben und Werk
Kindheit und Jugend
Martin Heidegger kommt am 26. September 1889 als erstes Kind der Eheleute Friedrich und Johanna Heidegger in Messkirch/Baden zur Welt. 1892 wird seine Schwester Maria geboren, 1894 sein Bruder Friedrich (Fritz). Der Vater ist Fassbindermeister und versieht an der örtlichen katholischen Kirche das Messneramt, die Familie lebt in einfachen, aber wohlgeordneten Verhältnissen. Die tiefgläubigen Eltern bemühen sich trotz knapper Geldmittel um eine möglichst gute Ausbildung aller ihrer Kinder und lassen darüber hinaus die Söhne schon früh Ministranten werden. Höhere Bildung jenseits der Gemeindeschule scheint unerreichbar, bis der Ortspfarrer 1903 auf die Begabung Martins aufmerksam wird und ihm ein Stipendium für das Konradihaus in Konstanz ermöglicht, einer Schule zur Heranbildung zukünftiger Geistlicher.
Ab 1906 lebt Heidegger am bischöflichen Seminar in Freiburg und absolviert das Gymnasium. Nach seinem Abitur tritt er im September 1909 als Novize in den Jesuitenorden ein, verlässt das Kloster aber wegen Herzbeschwerden schon nach einem Monat wieder. Stattdessen wird er Priesterseminarist und beginnt das Studium der Theologie und Philosophie an der Universität Freiburg. Heidegger veröffentlicht erste Artikel und Kommentare, die geistliche Laufbahn scheint ihm sicher zu sein, bis er 1911 das Theologiestudium aufgibt und die Philosophie mit Mathematik, Geschichte und Naturwissenschaften ergänzt. Da in dieser Zeit vor allem der Neukantianismus und eine allgemeine Ablehnung der Ontologie vorherrschten, ist Heideggers früher Bildungsweg durch seine Bindung an den Katholizismus durchaus atypisch.
Zwei Texte prägen Heidegger in dieser Zeit: Franz Brentanos Schrift „Von der mannigfachen Bedeutung des Seienden nach Aristoteles“ und „Vom Sein. Abriß der Ontologie“ des Freiburger Dogmatikers Carl Braig, bei welchem er auch Vorlesungen hörte und woraus ein fruchtbares Spannungsverhältnis zur scholastischen Tradition entstand. Heidegger urteilt später, dass er ohne seine theologische Herkunft nicht auf seinen Weg des Denkens gebracht worden wäre.[1]
Frühe Schaffenszeit
1913 promoviert Heidegger mit einer Arbeit über Die Lehre vom Urteil im Psychologismus zum Doktor der Philosophie. Schon 1915 folgte seine Habilitation bei Heinrich Rickert über Die Bedeutungs- und Kategorienlehre des Duns Scotus. Johannes Duns Scotus war ein spätmittelalterlicher Philosoph, der das „Seiende als Seiendes“ als das höchste abstrakt Erkennbare bezeichnete, das in allen Dingen liege. Heidegger bezog sich in seiner Habilitation tatsächlich aber auf die Schrift Grammatica Speculativa - später erst Thomas von Erfurt zugeschrieben – ein Traktat darüber, wie kategoriale, also seinsmäßige Differenzierungen sich sprachlich zum Ausdruck bringen lassen. Hier zeigt sich somit schon ein frühes Interesse Heideggers an dem Verhältnis von Sein und Sprache. Als Husserl 1916 an die Universität Freiburg kommt und die Nachfolge Rickerts antritt, wird Heidegger zu seinem engsten Vertrauten. Husserl gewährt ihm Einblicke in seine Forschung und Heidegger hebt rückblickend den Gewinn hervor, den dieses enge Verhältnis für ihn hatte.
1917 heiratete er Elfriede Petri. Im Freiburger KV war Heidegger bis zu seiner Einberufung zum Wehrdienst sehr aktiv und beteiligte sich regelmäßig an den wöchentlichen Treffen. 1915 hielt er dort einen Vortrag über den „Wahrheitsbegriff in der modernen Philosophie“. Ab 1920 wird Heidegger jedoch nicht mehr im KV Jahrbuch geführt. Um eine außerordentliche Professur in Marburg erhalten zu können, erstellte Heidegger 1922 für Paul Natorp die Skizze eines Aristoteles-Buches, den so genannten Natorp-Bericht.
Während einer außerordentlichen Professur in Marburg von 1923 bis 1927 hörte auch die junge Hannah Arendt Vorlesungen bei ihm. Sie erinnert sich an die Faszination, die damals von seiner Lehrtätigkeit ausging: „Heideggers Ruhm ist älter als die Veröffentlichung von Sein und Zeit (…) Kollegnachschriften [gingen] von Hand zu Hand (…) [und] der Name reiste durch ganz Deutschland wie das Gerücht vom heimlichen König. (…) Das Gerücht, das [die Studierenden] nach Freiburg zu dem Privatdozenten und etwas später nach Marburg lockte, besagte, dass es einen gibt, der die Sache, die Husserl proklamiert hatte, wirklich erreicht.“[2]
1928 wurde Heidegger in Freiburg Nachfolger auf Husserls Lehrstuhl, welchen er mit der Vorlesung „Was ist Metaphysik?“ antrat (publiziert 1929). 1927 erschien sein Aufsehen erregendes Werk Sein und Zeit. Die nun durch die Gesamtausgabe zugänglichen frühen Vorlesungen lassen die Entstehungsgeschichte von Sein und Zeit sehr genau nachvollziehen und es zeigt sich, dass schon erstaunlich früh wesentliche Grundgedanken in hervortreten. Daneben sorgten seine Vorlesungen sowie ein öffentliches Streitgespräch mit Ernst Cassirer für die Bekanntheit Heideggers (veröffentlicht im Anhang seines Buches Kant oder das Problem der Metaphysik).
Ab 1925/26 verband ihn eine heimliche leidenschaftliche Liebesbeziehung mit seiner neunzehnjährigen Studentin Hannah Arendt. Heideggers Briefe an Arendt und ihre Notizen betreffend diese Beziehung wurden in ihrem Nachlass gefunden. Aus seiner frühen Korrespondenz geht hervor, welche Vorstellung er von einer universitär gebildeten Frau hatte: „Männliches Fragen lerne Ehrfurcht an schlichter Hingabe; einseitige Beschäftigung lerne Weltweite an der ursprünglichen Ganzheit fraulichen Seins.“ [3] Am 24. April desselben Jahres schreibt er: „Zerrissenheit und Verzweiflung vermag nie so etwas zu zeitigen wie Deine dienende Liebe in meiner Arbeit.“
Nationalsozialismus
1933 sieht Heidegger in dem politischem Umschwung neue Möglichkeiten der Veränderung, die er in seiner Rektoratsrede mit dem Wort von der „Größe und Herrlichkeit dieses Aufbruchs“ bezeichnet. Er möchte sich einschalten und es schien ihm geboten die Entwicklung mitzugestalten. Hierzu erklärt er im Spiegel-Interview:
„Ich sah damals keine Alternative. Bei der allgemeinen Verwirrung der Meinungen und der politischen Tendenzen von 32 Parteien galt es, zu einer nationalen und vor allem sozialen Einstellung zu finden, etwas im Sinne des Versuchs von Friedrich Naumann.“[4]
Er beteiligt sich an Propaganda und Gleichschaltungspolitik der „Bewegung.“ Rainer Thurnher resümiert: „Die dokumentierten Appelle und Reden – darunter auch die vieldiskutierte Rektoratsrede – zeigen Heidegger auf einem Niveau, das tief unter dem seiner denkerischen Bemühungen – der vorangegangenen wie der nachfolgenden – liegt.“[5] Den Grund für Heideggers begeistertes Engagement sieht er ein einer „Fehleinschätzung“ des politischen Geschehens.
Darüber jedoch, wie Heideggers Verbindung zum Nationalsozialismus zu beurteilen ist, wird bis heute heftig diskutiert. Das Folgende kann daher nur einen Ausschnitt aus den Argumenten der verschiedenen Positionen geben, eine abschließende Beurteilung ist zurzeit nicht möglich.
In einem Brief an Hannah Arendt, datiert 1932/33 [6], wehrt sich Heidegger gegen Gerüchte über seine Einstellung zu Juden:
„Die Gerüchte, die dich beunruhigen, sind Verleumdungen […] und üble Nachrede […]“
Er zählt Juden auf, die bei ihm promovieren und sich habilitieren. Er fährt ironisch fort:
„Im Übrigen bin ich heute in Universitätsfragen genauso Antisemit wie vor 10 Jahren und in Marburg, wo ich für den Antisemitismus sogar die Unterstützung von Jacobstal und Friedländer fand. Das hat mit persönlichen Beziehungen zu Juden, (z.B. Husserl, Misch, Cassirer und anderen) nichts zu tun. Und erst recht kann es nicht das Verhältnis zu Dir berühren.“
Am 21. April 1933 wurde Martin Heidegger vom Universitätssenat zum Rektor der Universität Freiburg gewählt. Er wurde vorgeschlagen von seinem Vorgänger, Professor von Möllendorf, der Sozialdemokrat war und einen Tag zuvor zurückgetreten war (ws. auf Druck vom Naziregime). Heidegger trat am 3. Mai 1933 der NSDAP bei. Seine Rektoratsrede war nationalsozialistisch konnotiert und hat bis heute viel Aufsehen erregt: Er fordert darin eine grundlegende Erneuerung der Universität, die mit der Philosophie als Zentrum ihre Ganzheit, ähnlich wie in der Antike, wiedergewinnen soll. Das Verhältnis von Professoren und Studenten soll dem von Führern und Gefolgschaft entsprechen. Er betont die Notwendigkeit der Bindung an die so genannte Volksgemeinschaft und die wichtige Rolle der Universität bei der Ausbildung von kulturellen Führern des Volkes. In einem Brief an Heidegger vom 23. September 1933 schreibt Jaspers, der sich für den Erhalt der authentischen Fassung der Rektoratsrede bedankt:
„… Mein Vertrauen zu Ihrem Philosophieren, das ich seit dem Frühjahr und unseren damaligen Gesprächen in neuer Stärke habe, wird nicht gestört durch Eigenschaften dieser Rede, die zeitgemäß sind, durch etwas darin, was mich ein wenig forciert anmutet und durch Sätze, die mir auch wohl einen hohlen Klang zu haben scheinen. Alles in allem bin ich nur froh, dass jemand so sprechen kann, dass er an die echten Grenzen und Ursprünge rührt.“
In einem Vortrag vor der Tübinger Studentenschaft am 30. November 1933 bekennt sich Heidegger zur Primitivität: Primitiv sein heißt aus innerem Drang und Trieb dort stehen, wo die Dinge anfangen, primitiv sein, getrieben sein von inneren Kräften. Gerade deshalb, weil der neue Student primitiv ist, hat er die Berufung zur Durchführung des neuen Wissensanspruchs.
Bereits im Februar 1934 trat Heidegger als Rektor wieder zurück, da seine Vorstellungen weder an der Universität noch bei der Partei genügend Unterstützung fanden, und widmete sich nur noch der Lehre und Forschung. Eine Vorlesung, welche unter dem Titel „Der Staat und die Wissenschaft“ geplant war, wird unvermittelt durch eine solche über Logik ersetzt. Auch lassen sich ab nun zahlreiche Passagen seiner Vorlesungen als implizite Kritik am Nationalsozialismus erkennen.[7]
Sein Verhältnis zum nationalsozialistischen Regime bleibt jedoch zweideutig: So untersagte er zwar als Rektor Bücherverbrennungen an der Universität und untersagte auch die Aufhängung des Judenplakates, andererseits unternahm er nichts, um die zunehmenden antisemitischen Ressentiments an der Universität einzudämmen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass es für Professoren keinen Zwang zur Parteimitgliedschaft gab, während andere Beamte zum Eintritt in die NSDAP verpflichtet waren. Heidegger äußerte sich nie ausführlich oder eindeutig über seine Parteimitgliedschaft während des Dritten Reichs. In einem Brief an Karl Jaspers Anfang 1950 drückte er seine Scham darüber aus, dass er die Beziehungen während der Zeit des Nationalsozialismus abgebrochen habe.[8]
In einem viel beachteten Interview mit dem Spiegel im September 1966, das auf Heideggers Wunsch erst nach seinem Tod im Mai 1976 veröffentlicht wurde, sagt er im Zusammenhang mit der Deutung der Technik:
„Ich sehe gerade die Aufgabe des Denkens darin, in seinen Grenzen mitzuhelfen, dass der Mensch überhaupt erst ein zureichendes Verhältnis zum Wesen der Technik erlangt. Der Nationalsozialismus ist zwar in die Richtung gegangen; diese Leute aber waren viel zu unbedarft im Denken, um ein wirklich explizites Verhältnis zu dem zu gewinnen, was heute geschieht und seit drei Jahrhunderten unterwegs ist.“
Zur systematischen Vernichtung der europäischen Juden hat Heidegger nach dem Krieg nur einen einzigen Satz gefunden. Ackerbau sei jetzt motorisierte Ernährungsindustrie, „im Wesen dasselbe“ wie die Fabrikation von Leichen in Gaskammern und Vernichtungslagern, dasselbe wie die Blockade und Aushungerung von Ländern, dasselbe wie die Fabrikation von Wasserstoffbomben. (1. Dezember 1949)
Eine antisemitische Haltung attestiert ihm Rüdiger Safranski [9], und betont seine zeitweilige offensichtliche pro-nationalsozialistische Haltung. Heidegger habe andererseits auch jüdische Kollegen in Schutz genommen und antisemitische Protestaktionen von Studenten verhindert. Trotz allem sei er zu jüdischen Kollegen auf Distanz gegangen. Safranski versteht Heideggers Antisemitismus eher im Lichte der Geworfenheit und des Entwurfs, d.h. Heidegger sei wichtig gewesen, wie ein Mensch sich konkret entwirft, nicht welcher Abstammung er sei. Somit wäre Heidegger kein Antisemit, dessen Ansichten im rassistischen Denken wurzeln. Was Heideggers damalige Begeisterung für den Nationalsozialismus betrifft, so kommt Safranski zu dem Urteil, Heidegger habe seine frühe Philosophie auf den Nationalsozialismus projiziert.
Widersprüchliche Aussagen gibt es bezüglich Heideggers Verhalten gegenüber Husserl in den 1930er Jahren; Heidegger selbst sprach hier von rein philosophisch-sachlichen Streitigkeiten, die nichts mit 1933 zu tun haben:
„Die Differenzen in sachlicher Hinsicht verschärften sich. Husserl hat anfangs der dreißiger Jahre eine öffentliche Abrechnung mit Max Scheler und mir gehalten deren Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ.“[10]
Wegen seines Nichterscheinens bei Husserls Krankenbett und dessen Beisetzung gestand er gegenüber Husserls Ehefrau Malvine Husserl „menschliches Versagen“ ein und bat um Entschuldigung. Als Heideggers Hauptwerk: Sein und Zeit 1941 in der 5. Auflage neu aufgelegt wurde, fehlte die Widmung für Edmund Husserl auf Vorschlag und Wunsch des Verlegers Hermann Niemeyer, hingegen blieb die Fussnote auf Seite 38 bestehen, wo Heidegger seinem Lehrer Husserl seinen Dank ausspricht. Ein möglicher Grund für die Entfernung auf der ersten Seite ist, dass es wohl mit der Widmung an den Juden Edmund Husserl im nationalsozialistischen Deutschland nicht erneut aufgelegt hätte werden können. In der 4. Auflage 1935 sowie in der 6. Auflage 1949 waren die Widmungen vollständig. Dass Heidegger Husserl den Zutritt zu Bibliothek verwehrt habe, ist ein Gerücht. Heidegger selbst weist es scharf als Verleumdung zurück.[11]
Erwähnenswert ist noch, dass Martin Heidegger dem Zeitgenossen Max Scheler, dessen Mutter Jüdin war, sein 1929 erschienenes Buch Kant und das Problem der Metaphysik gewidmet hat.
Heideggers Mitgliedschaft in der NSDAP und seine Weigerung, zum Holocaust Stellung zu nehmen belastete seine Freundschaften u.a. mit Karl Jaspers,Karl Löwith, Hans Jonas, Paul Celan und Hannah Arendt. Arendt nahm 1950 wieder brieflichen und persönlichen Kontakt auf, der erneut mit Unterbrechungen erst mit ihrem Tod endete. Im Text Martin Heidegger ist achtzig Jahre alt bezieht Hannah Arendt zugunsten von Heidegger Stellung.[12]
Noch 1953 ließ Heidegger über den Nationalsozialismus die Phrase von der „inneren Wahrheit und Größe dieser Bewegung“ erscheinen.[13] In einem Brief vom 18.3.1968 an Herrn S. Zernach in Jerusalem schreibt Heidegger hierzu:
„… Aus der 1935 gehaltenen und 1953 wörtlich genau veröffentlichen Vorlesung 'Einführung in die Metaphysik' wird immer wieder der eine Satz S. 152 herausgegriffen und das Ganze der Vorlesung übergangen, aus dem hervorgeht, dass meine Stellung zum Nationalsozialismus in jener Zeit bereits eindeutig gegnerisch war. Die verständigen Hörer dieser Vorlesung haben daher auch begriffen, wie der Satz zu verstehen sei. Nur die Spitzel der Partei, die – wie ich wusste – in meiner Vorlesung saßen, verstanden den Satz anders, sollten es auch. Man musste diesen Leuten hie und da einen Brocken zuwerfen, um sich die Freiheit der Lehre und Rede zu bewahren. … Schließlich möchte ich auf meine Nietzsche-Vorlesung verweisen von 1936 bis 1940, die jeder Hörer eindeutig als grundsätzliche kritische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus verstanden hat.“
Heidegger selbst berichtet, er sei nach seinem Rücktritt vom Rektorat von der Partei überwacht worden und einige seiner Schriften seien nicht mehr im Handel erhältlich gewesen („Was ist Metaphysik?“) oder nur noch unter der Ladentheke ohne Titelblatt verkauft worden.[14] 1944 wurde er zur Schanzarbeit eingezogen, da er bei der Dreiteilung der Dozentenschaft in Ganz-Entbehrliche, Halb-Entbehrliche und Unentbehrliche in die Gruppe der Ganz-Entbehrlichen fiel.
Die Rezeption von Heideggers Werken war nach dem Krieg schwer belastet durch seine Verstrickung mit dem nationalsozialistischen Regime während der Rektorzeit und durch sein späteres Schweigen in der Öffentlichkeit.
1987 flammte mit der Veröffentlichung des Buches Heidegger et le nazisme von Victor Farías eine neue, bis heute nicht abgeschlossene Diskussion auf. Farías veröffentlichte u.a. Mitschriften von Vorlesungen, die eindeutig nationalsozialistisches Gedankengut enthalten. Dabei ist zu bedenken, dass es sich nicht um autorisierte Veröffentlichungen handelt. 1988 erschien das Buch Heidegger – anatomie d'un scandale von François Fédier, der den Untersuchungen von Victor Farías am deutlichsten widersprach. 2005/2006 entflammte dieselbe Diskussion in Frankreich nochmals auf, diesmal zwischen Emmanuel Faye und François Fédier, die auch in einer TV-Diskussion Februar 2007 beim Sender PublicSénat auftraten.[15]
Während die Frage, ob Heidegger – wenigstens zeitweise – ein Nationalsozialist war, weitgehend bejaht wird, ist die andere Frage, ob sein Denken vom Faschismus beeinflusst ist, umstritten. Prominente Positionen vertreten u.a. Jürgen Habermas, der im Werk vor 1933 eher Potentiale des Widerstands sieht, oder Derrida, der die Schriften nach 1945 aufgrund ihrer radikalen Lösung von der traditionellen Metaphysik für antifaschistisch hält, ansonsten aber Heidegger auch harsch kritisiert, nicht ohne die Notwendigkeit zu betonen, ihn zu lesen. Hannah Arendt hielt Heidegger neben Jaspers für den größten zeitgenössischen Philosophen, attestierte ihm jedoch 1949 in einem Brief an Jaspers Charakterlosigkeit, in dem Sinne, „daß er buchstäblich keinen hat, bestimmt auch keinen besonders schlechten.“ [16], bezieht aber zum 80. Geburtstag von Heidegger klar Stellung für ihn. Medard Boss bezeichnet ihn in seinem Vorwort des Buches Zollikoner Seminare der Gesamtausgabe als den Menschen, der am gründlichsten verleumdet wurde.
Heidegger selbst schrieb: „Wer groß denkt, irrt groß“.
Späte Jahre
Im Rahmen der Entnazifizierung wurde Heidegger von der französischen Besatzungskommandantur, basierend auf einem brieflichen Gutachten von Karl Jaspers, welches Forschungsmöglichkeiten forderte, ein Lehrverbot ausgesprochen. 1951 erfolgte die Emeritierung in Freiburg. In den folgenden Jahren lehrte Heidegger weiter, daneben hielt er vor allem Vorlesungen und Vorträge. Diese hatten großen Zulauf und lösten, wie auch seine Schriften, ein breites Echo aus. Da er sich jedoch oft missverstanden sah, zog er es vor Vorträge eher im kleinen Rahmen zu halten.
1947 wurde Heidegger vom Zürcher Psychotherapeuten Medard Boss kontaktiert, woraus eine lebenslange Freundschaft erwuchs. Er hielt die Zollikoner Seminare im Hause von Medard Boss von 1959 bis 1969, wobei er Schweizer Psychiater in der Daseinsanalytik unterrichtete. In Frankreich verband ihn eine enge Freundschaft mit Jean Beaufret. 1955 lernte René Char den deutschen Philosophen Martin Heidegger in Paris kennen. René Char lud Heidegger mehrfach zu Reisen in die Provence ein. So kam es zu den Seminaren in Le Thor 1966, 1968, 1969 und in Zähringen 1973, einem Austausch der Dichter und Denker (Band 15 der Gesamtausgabe).
Die Wirkung Heideggers war jedoch nicht nur auf die benachbarten Länder intensiv, sondern weltweit, zu erwähnen sind auch die zahlreichen Übersetzungen von „Sein und Zeit“ in japanisch. Auch bei den östlichen Philosophen hinterließ Heidegger eine dauerhafte Wirkung[17]. Hannah Arendt unterstützte die Herausgabe seines Werkes in den USA. Zum 500-Jahres-Jubiläum der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg 1957 hielt er den Festvortrag „Der Satz der Identität“. Neben dem erwähnten „Spiegel“-Interview gab er auch vereinzelt Fernsehinterviews. Bedeutsam für ihn waren Reisen nach Griechenland 1962 und 1967, die Reisen nach Italien 1952 und 1963 mit Medard Boss sowie seine wiederholten Ferien in der Lenzerheide bei letzterem. Am 26. Mai 1976 starb Heidegger in Freiburg, seinem Wunsch entsprechend wurde er am 28. Mai 1976 in seinem Geburtsort Meßkirch beigesetzt.
Heidegger war davon überzeugt, dass die verstehende Aneignung eines denkerischen Werkes sich an dessen Inhalten zu vollziehen hat – die Person des Denkers tritt somit in den Hintergrund. Daher sind biographische Daten äußerst spärlich und vieles ist nur durch Briefe oder Berichte von Zeitgenossen zu erschließen. Heidegger selbst eröffnete eine Vorlesung über Aristoteles mit den Worten: „Aristoteles wurde geboren, arbeitete und starb. Wenden wir uns also seinem Denken zu.“ Es wäre wohl im Sinne Heideggers, dies auch über ihn zu sagen.
Überblick: Heideggers Denkweg
„Denn es ist nicht Heideggers Philosophie – von der man mit Recht fragen kann, ob es sie überhaupt gibt – sondern Heideggers Denken, das so entscheidend die geistige Physiognomie des Jahrhunderts mitbestimmt hat. Dies Denken hat eine nur ihm eigene, bohrende Qualität (…)“[18] So zumindest bringt Hannah Arendt in einer Rede zu Heideggers achtzigstem Geburtstag, dessen besondere Stellung unter den Philosophen des zwanzigsten Jahrhunderts zum Ausdruck. Heidegger selbst hat ebenso daraufhin gewiesen, dass sein Denken nicht als Kanon von Meinungen aufzufassen ist. In hinterlassenen Aufzeichnungen für ein nicht mehr fertig gewordenes Vorwort seiner Gesamtausgabe schreibt Heidegger: „Die Gesamtausgabe soll auf verschiedene Weise zeigen: ein Unterwegs im Wegfeld des sich wandelnden Fragens der mehrdeutigen Seinsfrage. Die Gesamtausgabe soll dadurch anleiten, die Frage aufzunehmen, mitzufragen und vor allem dann fragender zu fragen.“[19] Gleichwohl bleibt trotz dieser im Fragen angelegten Offenheit der Zugang zu Heideggers Werk überaus schwierig. Dies liegt nicht zuletzt an Heideggers eigentümlicher, wortschöpferischer Sprache. So muss der Leser sich zunächst das Heideggersche Vokabular aneignen, ja zum Bewohner dieses Diskurses werden, wenn er sich anschließend gleichsam von Innen mit dem Heideggerschen Denken beschäftigen möchte. Dolf Sternberger kritisiert genau dies: Auf Heidegger kann man nur mit Heidegger antworten.[20]
Was Heideggers Werk betrifft so ist erwähnenswert, dass die Anzahl der großen, geschlossenen Abhandlungen, bis auf „Sein und Zeit“ eher gering ist (hierunter: „Einführung in die Metaphysik“ (1953), „Was heißt Denken?“ (1954), „Der Satz vom Grund“ (1957), „Nietzsche“ (1961), „Die Frage nach dem Ding – Zu Kants Lehre von den transzendentalen Grundsätzen“ (1962) und „Schellings Abhandlung 'Über das Wesen der menschlichen Freiheit'“ (1971). Daneben sind es vor allem kleine Abhandlungen und Vorträge, teilweise zusammengefasst in „Erläuterungen zu Hölderlins Dichtung“ (1944), „Holzwege“ (1950), „Aus der Erfahrung des Denkens“ (1954), „Vorträge und Aufsätze“ (1954), „Unterwegs zur Sprache“ (1959) und „Wegmarken“ (1967) – eine Form die Heidegger wohl geeigneter erschien sein Denken zu vermitteln, zumal sie sich systemähnliche Konzeptionen in den Weg stellt. Die Gesamtausgabe seiner Werke wurde von Heidegger in den letzten Jahren seines Lebens persönlich vorgenommen.
Heidegger wurde als Schüler Husserls von dessen phänomenologischer Methode geprägt, die er jedoch in eigener Anverwandlung nutzt. Weiterhin wurde Heidegger beeinflusst von den Vorsokratikern, Platon, Aristoteles, Kant, Kierkegaard, Nietzsche und Dilthey. Außerdem beschäftigte sich Heidegger mit dem ostasiatischen Denken, wobei vor allem Laotse und Zhuangzi zu nennen sind.
Philosophie vor Sein und Zeit
Heideggers Werk ist seit den Vorarbeiten zu Sein und Zeit explizit bestimmt von einem Thema, das er Seinsfrage oder Frage nach dem Sinn von Sein nennt. Damit meint er die Bedeutungsklärung des Wortes „Sein“: was meinen wir, wenn wir sagen, etwas „ist“? Wie lässt sich erklären, wodurch etwas ist (und nicht vielmehr nicht ist)? Heidegger zufolge hat dieses Problem eine Dimension, die in der bisherigen Philosophiegeschichte nie zureichend in den Blick gekommen sei. Dies betreffe die gesamte Geschichte der Ontologie (der Lehre vom Sein), auch Aristoteles, der in seiner „Metaphysik“ zwar eine Systematisierung und Kategorisierung verschiedener Weisen gibt, wie wir von „Sein“ sprechen. Aristoteles unterschied beispielsweise Substanz und Akzidenz: erstere ist unabhängig (ein „Träger“ von Eigenschaften), letztere hat nur abhängiges Sein (Eigenschaften, die einen „Träger“ benötigen). Die aristotelischen Analysen beziehen sich nach Heidegger nur auf regionale Differenzen von Seiendem, nicht aber darauf, was es überhaupt heißt, zu sein. Eine Klärung der letzteren Frage könnte erst die Vielheit der Bedeutungen von „Sein“ verständlich machen.
Bereits in Heideggers „Phänomenologischen Interpretationen zu Aristoteles Ontologie und Logik“ (so genannter Natorp-Bericht) findet sich ein mit der „Seinsfrage“ zusammenhängender Gedanke, dessen Intention Heidegger die „Destruktion“ philosophischer Ideen nennt. Methodisch geht es dabei darum, zu „ursprünglichen Motivquellen der Explikation“ vorzudringen, indem sich die Philosophie mit der Methode der Phänomenologie der Welt nähert und nicht etwa entworfene Theorien auf die Welt projiziert.
Sein und Zeit
Für eine Einordnung von Sein und Zeit ist es wichtig zu wissen, dass dieses unter Zeitdruck entstand und außerdem unvollständig blieb: Heidegger hatte seit seiner Habitilation nichts publiziert, sollte aber in Marburg das Ordinariat des abgehenden Nicolai Hartmanns erhalten. Das Ministerium in Berlin verweigerte jedoch die Zustimmung, solange nichts Schriftliches vorlag. Siehe auch den Hauptartikel: Sein und Zeit.
- Sein und Dasein
Zentrales Thema von Sein und Zeit (erschienen 1927) ist die Seinsfrage, d.h. die Frage nach dem Sinn von Sein. Heideggers Denken führt die phänomenologische Methode seines Lehrers Edmund Husserl umdeutend weiter. Das in Sein und Zeit in Teilen ausgearbeitete Unternehmen nennt Heidegger Existentialontologie. Der Zugang zur Seinsfrage wird in einer Strukturanalyse bewussten Selbst- und Weltverhältnisses versucht, wobei die Abhandlung ontologisch angelegt ist. Um sich auf die in Sein und Zeit gegebene Untersuchung einlassen zu können, ist ein Verständnis der ontologischen Differenz äußerst wichtig. Diese besagt, dass es einen Unterschied zwischen Seiendem (dem entspricht z.B. Materie) und dessen Sein gibt, also wie und was es für uns ist. Jedes Seiende (z.B. Eisen auf einem Holzstock) hat sein entsprechendes Sein (der Hammer). Wenn auch das Sein auf Seiendem basiert, so kann es nicht daraus erklärt werden, denn der Hammer ist mehr als die Summe der einzelnen Elemente. Selbst wenn es eine explikative Theorie mittels Stufenaufbaus gäbe, so müsste man doch immer den Begriff des Hammers schon vorausgesetzt haben um zu wissen woraufhin diese Theorie abzielte. Heidegger unterscheidet nun verschiedene Weisen des Seins:
- Dinge sind für mich zu Zwecken verwendbar, sie sind zuhandenes Zeug (z.B. ein Hammer)
- in Abstraktion von diesem zweckhaften Charakter sind sie bloß vorhanden (das Holz und Eisen des Hammers)
- Menschen jedoch sind „da“, ihre (oder genauer: je meine) Seinsweise nennt Heidegger Dasein.
Der neue Begriff des Daseins als Bezeichnung für den Menschen dient dazu sich von traditionellen Deutungen des Wesens des Menschen (z.B. als animal rationale) abzugrenzen. Das menschliche Dasein ist eine ausgezeichnete Form des Seins: der Mensch ist nicht etwa sein organischer Körper (bloß vorhanden), sondern er ist nur indem er existiert, d.h. sich im Entwurf auf die Zukunft und mit Bezug zu Gegenwart und Vergangenheit zu sich und der Welt verhält. Es ist klar, dass eine solche Bestimmung des Menschen sich grundsätzlich von der eines vorhandenen Gegenstandes unterscheidet: die Seinsart des Menschen als Dasein ist ontologisch etwas anderes als die von etwa Zeug und Materie. Eine Analyse des Daseins soll dann auch den Schlüssel zum Zugang zur Seinsfrage liefern, also zu der Frage nach dem Sinn von Sein. Diese meint nicht so etwas wie den „Sinn des Lebens“, sondern sucht nach Sinn als Verweisung: das die Welt uns sinnvoll erscheint, gründet darauf, dass die Dinge in ihr erkennbare Zusammenhänge, also Sinn, haben – anderenfalls man vor einem unverständlichen Chaos stünde.
Zusätzlich vollzieht Heidegger eine Umstellung von einer allgemeinen Kategorie „Mensch“ auf die erste Person (die Jemeinigkeit) und bricht so mit Traditionen philosophischer Anthropologie. Dadurch unterscheidet er sich auch von den ungefähr zeitgleichen sozialphänomenologischen Entwürfen George Herbert Meads, Helmuth Plessners oder Alfred Schütz′.
Philosophiegeschichtlich führt Heidegger die individualistische Hegel-Kritik Kierkegaards, sowie Nietzsches radikalen Angriff auf die klassische Metaphysik weiter. Zentrale Gedanken von „Sein und Zeit“ sind allerdings eine Aufnahme und Umdeutung aristotelischer Begriffe. Im zentralen Begriff des Seinsverständnisses etwa, lässt sich eine auf die Seinsfrage hin neu ausgerichtete, ontologisierte Abwandlung der dianoetischen Tugend der phronesis aus Aristoteles' Nikomachischer Ethik entdecken.
Heidegger geht in seiner Analyse des Daseins vom alltäglichen Leben aus, wodurch er paradigmatische Vorgaben über das Wesen des Menschen vermeiden möchte. Dabei zeigt sich, so Heidegger, dass in der alltäglichen Art zu sein, das Dasein meist gar nicht es selber ist, sondern gleichsam durch seine kulturellen, sozialen und materiellen Umstände gelebt wird. Hierfür prägt Heidegger die Bezeichnung Man. In seiner Alltäglichkeit ist das Dasein an das Man verfallen, lebt also nicht aus sich selbst heraus, sondern im Rahmen vorgegebener Möglichkeiten, Interpretationen, Denkmuster: „Wir genießen und vergnügen uns, wie man genießt; wir lesen, sehen und urteilen über Literatur und Kunst, wie man urteilt; wir ziehen uns aber auch vom «großen Haufen» zurück, wie man sich zurückzieht;“ Das Man wacht über jede sich hiervon entfernende Ausnahmen: „Alles Ursprüngliche ist über Nacht als längst bekannt geglättet. Alles Erkämpfte wird handlich. Jedes Geheimnis verliert seine Kraft. Die Sorge der Durchschnittlichkeit enthüllt wieder eine wesenhafte Tendenz des Daseins, die wir die Einebnung nennen wollen.“[21]
Um diesem Zustand der Verfallenheit und der Uneigentlichkeit zu entkommen, setzt ihm Heidegger das eigentliche ganze Selbst-sein-können entgegen. Dabei spielt der Tod eine wichtige Rolle, denn das Dasein kann nur dann ganz sein, wenn es sich seiner Sterblichkeit bewusst wird und sein Leben als etwas begreift, das es im Hinblick auf seine Endlichkeit zu gestalten gilt. Diese Beschreibung der Möglichkeit sich selbst zu ergreifen ist es, welche dem frühen Heidegger den Vorwurf des „Heroismus des Selbst vor dem Tode“ einbrachte. Nach der Kehre sieht Heidegger die Möglichkeit des Menschen durch aktives Handeln zu sich selbst und zur Wahrheit zu gelangen kritischer.
- Zeitlichkeit
Die Absicht Heideggers in Sein und Zeit ist es, zur Seinsfrage zu gelangen, indem er die Zeit als transzendentalen Horizont der Frage nach dem Sein anvisiert. Als erstes zeigt sich, dass ein Verstehen der Dinge in der Welt überhaupt nur auf Grund der dem Dasein eigenen Zeitlichkeit möglich ist: nur weil der Mensch etwa auf die Zukunft gerichtet sind, verstehen er was es mit dem Hammer für eine Bewandtnis hat, nämlich das Hämmern zum Hausbau, zum Wohnen usf. Dabei zeigt sich die Verschränkung von Zeitlichkeit, Verstehen und Besorgen so dicht, dass keines dieser Elemente ohne das andere bestehen kann, ja nicht einmal vorgestellt werden kann. Der letzte der drei Aspekte stellt für Heidegger eine Grundstruktur des Menschseins dar und so bestimmt Heidegger das Dasein als Sorge, denn seine Art zu sein besteht wesentlich darin sich um sein Wohlergehen und das der Anderen zu sorgen – gleichwohl die Sorge bezüglich der Anderen auch „defizitär“ also unterlassend sein kann, oder auch bevormundend.
Heidegger betont, dass beim Begriff der Sorge von Konnotationen wie etwa Besorgnis abzusehen ist, er dient ihm vielmehr dazu den wesentlichen Weltbezug des Menschen zu beschreiben. Sorge und Zeitlichkeit sind die beiden Momente durch welche erst ein sinnvoller Weltbezug für uns möglich ist. Sinnvoll meint, dass es in der Welt Zusammenhänge und Bezüge gibt und somit die Dinge nicht einzeln und bezugslos vorhanden sind. Der Hammer macht nur Sinn in seinem Verweisen auf das zu nagelnde Holz und diese auf das zu bauende Haus. Dabei ist es unmöglich hinter diesen Verweisungzusammenhang (die Zeugganzheit) zurückzugehen: es gibt nicht so etwas wie ein einzelnes Werkzeug. Dies ist auch der Grund, warum Sein und Zeit wesentlich ontologisch angelegt ist: käme in einer Ontologie, wie etwas bei Descartes nur Materie und Geist vor, es ließe sich auf dieser Grundlage kein Hammer konstruieren, da es erstens auf der ebene der Materie keine Mittel-Zweck-Relationen gibt und zweitens es nicht ausreicht zu sagen, der Geist werfe gleichsam wie einen Umhang diese Relation über die Materie auf dass diese als Hammer erscheine: man wäre hierbei wieder von einem einzelnen Zeug ausgegangen, ein einzelnes Zeug ergibt aber noch keinen Sinn, da ihm die Verweisung fehlt.
Während sich diese Analyse der Zeitlichkeit noch in Sein und Zeit findet, gelangt jedoch das Fragment gebliebene Werk nicht bis zu dem Punkt auch die Zeit in Bezug zum Sein zu setzen.
Die Kehre
Innerhalb des Denkweges Martin Heideggers, vollzog sich nach Sein und Zeit ein Umdenken, welches er selbst als Kehre bezeichnet. Heidegger kehrt dabei von seinem fundamentalontologischen Denken ab und wendet sich einem seinsgeschichtlichem Denken zu. Heidegger führt hierzu eine Unterscheidung zwischen Leit- und Grundfrage ein. Dabei bezeichnet Leitfrage das Fragen nach dem Seienden als Seienden und dem Sein des Seienden, wie es Metaphysik und Ontologie seit Platon und Aristoteles tun, während Heidegger mit seiner Formulierung der Grundfrage auf das Sein als solches abzielt. Es geht nach der Kehre nicht mehr um denn Sinn von Sein, oder dessen transzendentalen Auslegungshorizont, sondern darum, wie das Sein sich von sich selbst her sowohl entbirgt als auch verbirgt.
Damit einher geht eine Schwerpunktverlagerung weg von der Fundamentalontologie hin zu einer geschichtlichen Auffassung von Wahrheit. Während also in Sein und Zeit das Sein noch von vom Dasein aus mittels eines transzendentalen und konstitutionstheoretischem Denkschema gefasst wurde, wird nun das Sein von seiner geschichtlich-epochalen Lichtung her gedeutet.[22] Nun war Sein und Zeit noch von der „existenzialen Wahrheit“ die Rede, womit Wahrheit als ein dem Dasein eigenes Existenzial aufgefasst wurde. Dies ändert sich nach der Kehre dahingehend, dass nun Wahrheit vom „Zuwurf des Seins“ und dessen epochal-geschichtlichem Ereignen abhängt. „Indem es das Wort Sinn von Sein zugunsten von Wahrheit des Seins aufgibt, betont das aus 'Sein und Zeit' hervorgegangene Denken künftig mehr die Offenheit des Seins selbst als die Offenheit des Daseins (…) Das bedeutet die 'Kehre', in der das Denken sich immer entschiedener dem Sein als Sein zuwendet.“[23]
Konsequenter Weise denkt Heidegger nicht nur das Entbergen vom Sein her, sondern auch das Verbergen, womit eine Verstellung und Verschließung des Seins kein Fehler des Menschen mehr ist, sondern dem Seinsgeschick selbst zugehört. Dieser entspricht nun lediglich dem schon Entborgenen und nimmt von ihm her das Maß für sein Handeln und Besorgen, was ihn jedoch meist davon abhält einen ursprünglicheren Zugang zum zu seinem eigenen Wesen als dem Entbergen zugehörig zu erfahren. Man erkennt hier außerdem, dass das Verfallen des Menschen nicht mehr wie noch in Sein und Zeit als Flucht vor der Unheimlichkeit der Existenz erklärt wird, sondern vom Sein selbst her.
Dem Offenbarwerden des Seins von ihm selbst her geht Heidegger dann in der Seinsgeschichte nach. Sie handelt von Epochen, denen jeweils mehr oder weniger Seinsvergessenheit zukommt.
Über ein genaues Datum dieses Umdenkens besteht allerdings keine Klarheit. Heidegger selbst war diesbezüglich nicht eindeutig und so erstrecken sich die Vermutungen auf den Zeitraum von 1930 bis 1938.[24] Umstritten ist außerdem die Frage, inwieweit Heideggers eigene Abkehr von Sein und Zeit in diesem Werk, gleichsam organisch, schon angelegt war, oder ob die Kehre auf einen inneren Widerspruch in Heideggers Denken hinweist.
Der Einschätzung Thomäs nach ist ein übertriebenes, verzerrtes Bild beim frühen Heidegger von einem heroischen Aktivismus des Daseins zu sprechen und dem entgegen beim späten Heidegger vom zur Passivität verurteilten Menschen. Dies deshalb, da dieser Vergleich sich an zwei aus dem Gesamtwerk gewaltsam herausgetrennten Aspekten aufhängt, die so in ihrer Vereinzelung bei Heidegger nicht vorkommen.
Philosophie nach der Kehre
Auch der späte Heidegger gibt die phänomenologische Methode Husserls (Maxime: „Zu den Sachen selbst!“) nicht auf, er thematisiert sie jedoch nicht mehr explizit und hat die an Kant angelehnte transzendentale Blickbahn Husserls als ungeeignet verabschiedet, in rechter Weise in das Stellen der Seinsfrage hineinzugelangen. Nach der Kehre führt Heideggers Denken weg von jeder „wissenschaftlichen“ Methodik hin zu einer Besinnung auf das „Sein als solches“ und die „Seinsgeschichte“. Für das Sein führt er den Begriff Ereignis ein. Dieses ist, grob gesagt, dasjenige Geschehen, in dem alles zu dem wird, was es ist. Durch das Ereignis erhält alles seine Eigenheit: es wird „er-eignet“. Das Ereignis ist ebenso für den Bezug des Menschen zur Wahrheit bestimmend. Konnte der Mensch in Sein und Zeit noch durch rechte Einsicht sich die Wahrheit aneignen, so kann er sich nur noch für sie offen halten, wenn sie sich im Ereignis ereignet. Besonders geht es Heidegger dabei darum, wie das Menschsein seine geschichtliche Bestimmtheit erlangt. Die markanteste These der „Kehre“ liegt darin, dass sich der Mensch nicht aus sich selbst verstehen lässt, sondern vom Sein bzw. Ereignis her gedacht werden muss. Im Zentrum steht damit nicht mehr der Mensch, sondern das Sein als ein eigenständiges Geschehen. Dieses „Ereignisdenken“ findet seinen ersten Niederschlag in dem so genannten zweiten Hauptwerk: „Beiträge zur Philosophie – Vom Ereignis“, das zwar in den Jahren 1936 - 1938 entstand, aber erst 1989, zu Heideggers 100. Geburtstag, erschien.
Der späte Heidegger greift auf die ursprünglicheren Quellen der Vorsokratiker zurück, um in einem „Wirbel ursprünglicher Fragen“ noch hinter die logischen und metaphysischen Unterscheidungen, besonders die von Subjekt und Objekt oder von Geist und Körper zurückzugehen. Während in den früheren Schriften dem einzelnen Menschen („Dasein“) eine gleichgewichtige Rolle neben dem Sein zugesprochen wurde, verlagert Heidegger nun das „Menschenwesen“ in ein Geschehen, das aus den vier Momenten „Erde und Himmel, die Göttlichen und die Sterblichen“ als „Geviert“ besteht. Dieses Motiv entfaltet Heidegger auch in der Auseinandersetzung („Erörterung“) besonders vorsokratischer Aphorismen sowie einiger Dichtungen von Stefan George, Georg Trakl und vor allem Friedrich Hölderlin. Aus diesen Erörterungen entsteht Heideggers späte Sprachphilosophie, in der die Sprache „das Haus des Seins“ ist.
Die Wende zur Sprachphilosophie ist eine konsequente Fortsetzung des Motivs einer Destruktion der Philosophiegeschichte, um zu einem ursprünglichen und unverstellten Verständnis des „Seins“ zu gelangen. Die bildliche und an dichterischer Sprache orientierte Ausdrucksweise Heideggers in seinem späten Denken ist ein Versuch, diese Ursprünglichkeitserfahrung sprachlich zu fassen, ohne in die begrifflichen Vorentscheidungen der philosophischen und wissenschaftlichen Tradition zurückzufallen.
Heidegger verwahrt sich gegen die Bezeichnung „Existenzphilosophie“ für sein Denken, gerade von ihm gehen aber die wichtigsten Impulse für diese Richtung der Philosophie aus. Zur Abgrenzung von dieser Philosophierichtung spricht er vom „Seins-Denken“: Das Wesen des Menschen ist „Ek-sistenz“, das heißt „Aus-stand“ ins „Sein“, und nur von der ursprünglichen Erfahrung des „Seins“ her zu verstehen.
Kritik der Metaphysik und Technik
Überblick
Während Metaphysik eigentlich als eine das klassische und antike Denken bestimmende Figur gilt, welche in der Neuzeit in die Krise gerät, verbindet Heidegger mit ihr eine Technikkritik, deren Wesen wiederum historisch angelegt ist. Technik als Phänomen der Moderne und Metaphysik als Überlieferung werden in diesem Ansatz also zusammen gedacht. Kern der Heideggerschen Kritik ist dabei die Aussage, dass das technische Weltverständnis andere Weisen des Verstehens überlagert, und etwa Dinge nur noch als materielle Objekte aufgefasst werden, womit der Mensch jedoch für ihr Sein, z.B. das spezifischen Sein eines Kunstwerkes, unempfänglich wird.
Metaphysik betrifft die bleibenden, theoretischen Prinzipien, während die Technik den praktischen Bezug zur veränderlichen Umwelt des Menschen bestimmt. Hier zeigt sich eine wechselseitige Beziehung: das Denken bestimmt, was praktisch umgesetzt wird und der Praxisbezug bestimmt wiederum die Interpretation der Welt. Beide Richtungen bestimmen sich somit gegenseitig. Jedoch ist es mehr als eine bloße Beeinflussung: jede der beiden Seiten ist konstitutiv für die andere, d.h. ohne Denkbestimmung keine Praxis und ohne Praxis keine Interpretation der Welt.
Während nun die gängige Interpretation in Neuzeit und Moderne, sowie im technischen Zeitalter etwas vollkommen neues sieht, das nur als Bruch mit ehemals Gewesenen zu verstehen ist, verlagert Heidegger den Ursprung der Technik zurück in die Antike. Dies betrifft vor allem den Zeitraum zwischen den Vorsokratikern und der entstehenden Metaphysik bei Platon und Aristoteles. Hier zeigen sich Parallelen zu Nietzsches Denken. Dieser hatte mit Sokrates ein neues Zeitalter aufkommen sehen, das des „sokratisch-theoretischen“ Menschen, dessen Weltbezug nicht mehr unmittelbar, sondern durch eine überwiegend distanziert-theoretische Sicht geprägt ist.
Für Heidegger ist von dort ab der geschichtliche Prozess vor allem negativ zu werten. Er ist geprägt von Seinsvergessenheit, der Herrschaft des Subjekts und des Verlustes der Wahrheit.
Wissenschaft als Art die Welt zu entdecken
Heideggers Betrachtung der Wissenschaft stellt einen ihrer Aspekte besonders hervor: sie ist eine spezifische Art Seiendes zu entdecken. Eigenschaften des wissenschaftlichen Vorgehens sind Rechnen, Vergegenständlichen, Vorstellen und Sicherstellen. Diese prägen ihre Weise des Sehens und Befragens von Naturvorgängen. Berechnet werden Gegen-Stände. Heidegger betont beide Teile des Wortes: was Gegenstand ist, wird gegenüber einem Subjekt zum Objekt. Und nur „was dergestalt Gegenstand wird, ist, gilt als seiend.“[25]
Nur das also, was der Mensch in dieser Form vor sich bringen kann, wird als seiend betrachtet. Der zweite Teil des Begriffs Gegenstand betont das Fest- und Sicherstellen als Methode der Wissenschaft. Hierin zeigt sich ein der Metaphysik nicht unähnliches Bedürfnis einen Urgrund der Erkenntnis zu finden, welcher dann sichergestellt wird. Dadurch wird der Mensch seinerseits „Maß und Mitte des Seienden“[26]. Diese zentrale Stellung des Menschen verstärkt jedoch wiederum die neuzeitliche, mit Descartes einsetzende Subjektivität. So wird nur was vorgestellt, vor den Menschen gestellt werden kann als Weise der Welterschließung anerkannt, während ein ursprünglicher Weltbezug, wie ihn Heidegger bei den Vorsokratikern entdeckt, ins Hintertreffen gerät. Die Vorsokratiker hatten, so Heidegger, in ihrem Weltbezug das Von-sich-her-Sein der Dinge und ihr Sich-selbst-Offenbaren noch integriert.
Technik als Gestell
Gängige Interpretationen der Technik sehen diese allein als Art des praktischen Weltbezuges. Heidegger bringt an dieser Sicht zwei Korrekturen an. Zum einen ist für ihn der in der Technik praktizierte Weltbezug wiederum durch das in der Wissenschaft vorherrschende gegenständliche Denken geprägt. Zum anderen ist die Technik selbst wiederum eine Art Welt und Seiendes zu entdecken. Es ergibt sich somit ein wechselseitiger Bezug der beiden, welchem auch eine geschichtliche Dimension zukommt. Nicht etwa, so Heidegger, geht die Wissenschaft der Technik voraus, sondern „Das für die historische Feststellung Spätere, die moderne Technik, ist hinsichtlich des in ihm waltenden Wesens das geschichtlich Frühere.“[27] Dies meint, dass schon vor der Wissenschaft dasjenige Verhalten zur Welt angelegt ist, welches sich nun erst in Form der Technik äußert: das vorstellende Denken, der gegenständliche Weltbezug.
Technik kann also nicht nur als Mittel für das menschliche Tun verstanden werden, sondern auch als Hervorbringen: sie bringt Dinge zur Erscheinung, die sich nicht von selbst zeigen. Damit hat sie wesentlich Teil am Prozess der Weltentdeckung, sie wird zu einem Mittel Wahrheit zu finden. Soweit jedoch betrifft dies nur eine Seite der Art, wie Technik die Welt entdeckt. Denn, so Heidegger, auf der anderen Seite liefert das technische Weltentdecken die Interpretation über das was mit dem Entdeckten zu tun ist gleich mit: das Entdeckte wird gleichzeitig Objekt der Manipulation. Heidegger sagt, die Technik stellt die Dinge auf ihre Verwendbarkeit. Daher die rede von Technik als Ge-stell. Technik ist ein Herausfordern, das z.B. „an die Natur das Ansinnen stellt Energie zu liefern, die als solche herausgefördert und gespeichert werden kann.“[28]
Damit wird Natur zum „Bestand“, den es zu erschließen und verarbeiten gilt. Einher hiermit geht eine Verkehrung der Zweck-Mittel-Relation, indem das Mittel zum Zweck erhoben wird und der Sinn des Verwirklichens in die Steigerung des Möglichen gehoben wird. In diesem Punkt trifft sich Heideggers Kritik mit anderen technikkritischen Ansätzen. Es wird „die Nutzung eine Vernutzung“, die Technik hat nur noch ihre eigene „Ziellosigkeit zum Ziel.“[29]
Zugleich mit dieser Zweck-Mittel-Verkehrung vollzieht sich eine Verselbstständigung des technischen Prozesses. Zwar findet technisches Handeln „nicht jenseits menschlichen Tuns“ statt, aber es vollzieht sich „nicht nur im Menschen und nicht maßgebend durch ihn.“[30] Der Mensch kommt im wahrsten Sinne des Wortes selber unter die Räder, er wird zum „Besteller des Bestandes“ degradiert. Im äußersten Fall führt dies dazu, dass der Mensch selber zum Bestand wird, als welcher er dann nur noch soweit interessiert, wie er der Sicherung zielloser Möglichkeiten dienbar gemacht werden kann. (Man denke in diesem Zusammenhang z.B. an den Begriff des Humankapitals bzw. engl. „human resources“, an welchen eben diese Perspektivierung, den Menschen nur noch als abzubauende Ressource zu betrachten, kritisiert wird.)
Einerseits wird somit der Mensch zum bloßen Moment des alles umspannenden technischen Prozesses, andererseits geht damit einher ein Bild des Menschen als „Herrn der Erde.“ Jeder Winkel des Planeten ist in die technische Beherrschbarkeit integriert und der Mensch meint überall nur noch sich selbst zu treffen. Allein es geht mit diesem Prozess ein Wahrheitsverlust einher, da der Mensch nicht mehr in seinem ursprünglichen Verhältnis zum Sein steht, als der von der Entbergung Angesprochene. Der Wahrheitsverlust bedeutet also auch einen Selbstverlust. Ob es dem Menschen gelingt wieder zu seinem Wesen zu finden, ist keine Frage des subjektiven Entschlusses, sondern vom „Geschick der Entbergung“ selber abhängig[31]. Die Möglichkeit der Änderung des Seinsverständnisses, weg vom technischen hin zum Seinsdenken, liegt dabei in der Gefahr selber. Heidegger zitiert ein Wort Hölderlins:
- „Wo aber Gefahr ist, wächst
- Das Rettende auch“[32]
Dabei bezieht sich Heidegger auf die Dichtung Hölderlins, welche einerseits den Entzug des Göttlichen zur Sprache bringt und die damit einhergehende sinnlose Verindustrialisierung, andererseits die Aufgabe des Dichters darin sieht, die Ankunft eines zukünftigen Gottes (in Gestalt Dionysos-Jesus als ordnend Erlösender) vorzubereiten. Der Ort hierfür muss jedoch aus dem selben erwachsen, das seinerseits die Verwüstung hervorbringt: „Meine Überzeugung ist, dass nur von dem selben Orte aus, an dem die moderne technische Welt entstanden ist, auch eine Umkehrung sich vorbereiten kann, dass sie nicht durch eine Übernahme von Zen-Buddhismus oder anderen östlichen Welterfahrungen geschehen kann. Es bedarf zum Umdenken der Hilfe der europäischen Überlieferung und deren Neuaneignung.“[33]
In einem ZDF Gespräch von 1969 verdeutlicht Heidegger, dass es keine Technikfeindschaft ist, die ihn zu seinen Überlegungen treibt: „Zunächst ist zu sagen, dass ich nicht gegen die Technik bin. Ich habe nie gegen die Technik gesprochen, auch nicht über das so genannte 'dämonische' der Technik, sondern ich versuche das Wesen der Technik zu verstehen.“ Heidegger äußert weiterhin seine Besorgnis über die Entwicklung in der Biotechnologie: „(…) so denke ich an das, was sich heute als Biophysik entwickelt: Dass wir in absehbarer Zeit im Stande sind den Menschen so zu machen, d.h. rein seinem organischen Wesen nach so zu konstruieren, wie man ihn braucht.“[34]
Metaphysik
Wirklich verständlich wird das Wesen der Technik nach Heidegger erst, wenn seine Beziehung zur Metaphysik betrachtet wird. So erweist sich der im technischen Prozess eingeschlagene Irrweg als ein notwendiges Stadium der Seinsgeschichte, durch welchen das abendländische Denken hindurchgehen muss. Was den geschichtlichen Fortgang dabei wesentlich bestimmt, ist das Verhältnis des Menschen zum Sein. Gerade hier zeigt sich jedoch der Mangel des abendländischen Denkens, da es noch nie wirklich das Sein zu denken vermochte, vielmehr ist die Tradition durch eine Geschichte der Verdeckung und Verstellung geprägt. Dies zeigt sich an der Fixierung der Metaphysik auf Seiendes, wodurch die Grundfrage ungefragt bleibt: „Warum ist überhaupt Seiendes und nicht vielmehr Nichts?“[35]
Dabei habe aber die vorsokratische Philosophie, dies noch zu denken vermocht, wie Heidegger am Begriff der ἀλἠθεια als Unverborgenheit ausmacht. Metaphysik setzt dann laut Heidegger ein „mit dem Zurückdrängen dieses (prozessualen) Aspekts zugunsten der (vergegenständlichenden) Hinwendung zu demjenigen, was in dieser Entbergung hervortritt, zu seiner bestimmten Gestalt (εἷδος), seinem Aussehen. Was das Seiende ist, erhält den Vorrang über das Sein und das Daß-Sein;“[36] Eine Abwendung vom Prozess des Entbergens und hin zum Seienden erfährt das Denken dann bei Platon, durch dessen Bevorzugung feststehender Ideen und bei Aristoteles, welcher die Essenz anstatt der Existenz in den Mittelpunkt stellt.
Weitere Epochen der Seinsgeschichte zeigen sich bei Descartes und Kant an deren Ausbildung des modernen Subjektivismus. Eine Vollendung der Metaphysik sieht Heidegger bei Hegel und vor allem Nietzsche. Hierbei ist vor allem interessant, dass Heidegger den angeblichen Zertrümmerer der Metaphysik als deren Vollender hinstellt: denn in Nietzsches Denkfigur des „Willen zur Macht“ erfährt das moderne Subjekt mit seinem Machtstreben die höchste Steigerung. Selbsterhaltung potenziert sich zur Selbststeigerung, der Wille zu Macht zum „Willen zu Mehr-Macht.“[37] Dieser Selbstbezüglichkeit wohnt eine Destruktivität inne, eine ziellose und „bedingungslose Vernutzung des Seienden“, welche in der „Verwüstung der Erde“ resultiert.[38]
Seinsgeschichte
Deutung der Geschichte als Seinsgeschichte
Seinsgeschichte bezeichnet das geschichtliche Verhältnis des Menschen zum Sein. Dabei ist Geschichte nicht mehr der kausal aufeinander bezogene Geschehenszusammenhang, sondern ihr bestimmendes Moment wird die „Wahrheit des Seins.“ Der Bezug des Menschen zum Sein wird nun als geschichtlicher Prozess des Entbergens und Verdeckens interpretiert, wobei sich der Zugriff auf die Wahrheit dem Menschen entzieht: dieser kann sich nur für das Sein, für die Wahrheit offen halten. Seinsgeschichte meint also nicht die Geschichte des Seins – denn dies hat keine Geschichte – sondern die Geschichte des Ent- und Verbergungsprozesses durch welchen sich epochal eine Welt als Bedeutungsganzheit ereignet und vonwoher sich dann bestimmt was wesentlich und was unwesentlich ist.[39]
Hierbei kommt der Philosophie eine entscheidende Rolle zu, denn sie ist der Ort, an welchem der „Zuwurf des Seins“ zur Sprache kommt und der von ihr denkerisch erfasst wird. Dies darf allerdings nicht dahingehend missverstanden werden, als würde die Philosophie mit ihren theoretisch-metaphysischen Entwürfen die Geschichte hervorbringen: „Daß sich seit Platon das Wirkliche im Lichte von Ideen zeigt, hat Platon nicht gemacht. Der Denker hat nur dem entsprochen, was sich ihm zusprach.“[40] Durch diesen Rekurs auf die Philosophie ist die Seinsgeschichte in ihrem Verlauf wesentlich ein abendländisch-europäisches Ereignis, welches sich jedoch in jüngster Zeit durch die technologische Zivilisation auch global ausbreitet uns somit andere Völker betrifft. In diesem Zusammenhang hat Heidegger sich wiederholt besorgt darüber gezeigt, dass die Technik, durch ihre Faszination die sie auf andere Völker ausübt, diese dazu verleitet ihr Eigenes zu vernachlässigen oder gar über Bord zu werfen. Hieran zeigt sich, dass Heideggers Beschränkung der Seinsgeschichte auf das Abendland nicht als Abwertung anderer Kulturen zu verstehen ist, zumal Heidegger europäische Geschichte überwiegend als Krise interpretiert.[41]
Die Unterteilung der Seinsgeschichte erfolgt in Epochen, wobei Heidegger auf die Ethymologie des Wortes Epoché als von griechisch „an sich halten“ verweist: das Sein hält in seinem Zuspruch an den Menschen an sich, es ist also Ver- und Entbergen der Wahrheit zugleich.
Seinsgeschichte ist nun überwiegend Verfallsgeschichte, die von einem frühen Zuspruch des Seins bei den Griechen von zunehmender Seinsverlassenheit geprägt ist und ihre höchste Steigerung in der planetarischen Technik und dem Nihilismus findet. Heideggers Terminus des Seinsgeschicks, hat, durch die Deutung als unabwendbares Schicksal, diesem oft den Vorwurf des Fatalismus eingebracht. Dem lässt sich entgegenhalten, dass das Seinsgeschickt kein ontisches (in der Welt vorkommendes) Schicksal ist, das über die Menschen herrscht, sondern eben ein Seins- und Weltgeschick, wonach das durchschnittliche Verhalten der Menschen in bestimmten Bahnen verlaufen wird. Hierin drückt sich somit lediglich die Tatsache aus, „dass nämlich der Mensch nicht als autonomes Subjekt Geschichte macht, sondern dass er (…) immer auch schon selbst von der Geschichte „gemacht“ ist in dem Sinne, dass er in ein Überlieferungsgeschehen eingebunden ist, über das er nicht einfach disponieren kann, sondern dass ihn in gewisser Weise disponiert.“[42] Schon gar nicht darf man darunter also verstehen, dass alles was dem Menschen im Einzelnen widerfährt, diesem Geschick zu verdanken ist.
Epochen der Seinsgeschichte
…
Seinsgeschichte und Technik
Heideggers Technikkritik (s.o.) weist viele Parallelen zu anderen Deutungen auf, welche Entfremdung, subjektive Herrschaft, Machtsteigerung und technische Rationalität thematisieren. Allerdings unterscheidet sie sich durch ihre seinsgeschichtliche Interpretation grundlegend von diesen, da sie nicht die Eigenmacht politischer, sozialer und ökonomischer Kräfte als Kernproblem ausmacht, sondern die Ursache im Entbergen des Seins selber sucht. So ist z.B. metaphysisches Denken nicht als Verfehlung des Menschen anzusehen, da es „im Wesen des Seins selbst [liegt], dass es ungedacht bleibt, weil es sich entzieht“[43] Dabei ist es weder so, dass die Erkenntnis im einzelnen Denker aufgeht, noch im Geist einer Epoche oder Kultur, sondern Heidegger gründet das Denken in den Inhalten des Denkens selber, im „Eigentum des Seins, dessen Zuwurf das Denken in seine Entwürfe auffängt.“[44] Damit bleibt für den Menschen nur sich offen zu halten für das was ihm entgegenkommt – nicht etwa geht es mehr darum andere Denkformen zu entwerfen. Andererseits vollzieht sich Seinsgeschichte nur im menschlichen Tun, also in Wissenschaft, Technik, Kunst und Politik: das Sein ist also wiederum auf den Menschen angewiesen, damit sein Wahrheit zur Sprache kommt. Damit ist die Technikkritik Heideggers wesentlich geschichtliche und nicht auf den praktischen Umgang mit Technik im Einzelnen beschränkt. Dem Menschen bleibt innerhalb des geschichtlichen Prozesses zudem eine Möglichkeit ein neues Verhältnis zur Technik zu erlangen.
Ästhetik
Der Ursprung des Kunstwerkes
Zentrale Kategorie in Heideggers Ästhetik ist nicht mehr das Ideal des Klassizismus, die Schönheit, sondern das der Wahrheit: „Im Werk der Kunst hat sich die Wahrheit des Seienden ins Werk gesetzt.“[45], so Heideggers Auffassung, wie er sie in seinem Vortrag „Der Ursprung des Kunstwerkes“ (GA 5, Holzwege, gehalten 1935) entfaltet. Schönheit erweist sich jedoch als eine der wesentlichen Weisen wie sich Wahrheit „ins Werk setzt.“
Der Vortrag ist, wie der Titel schon anzeigt, eine „Ursprungs-Theorie“, wobei Ursprung nach Heidegger das meint, woher eine Sache ihr Wesen hat. Wesen bezeichnet das was und wie etwas ist. Bei der Suche nach dem Ursprung zeigt sich jedoch, dass der Künstler nur ist, indem er Kunstwerke hervorbringt, das Kunstwerk aber nur, weil es durch den Künstler gefertigt wurde: „Der Künstler ist der Ursprung des Werkes. Das Werk ist der Ursprung des Künstlers. Keines ist ohne das andere. Beide haben ihren Ursprung in der Kunst.“[46] Somit wird die Frage nach dem Ursprung des Kunstwerkes, zur Frage nach dem Ursprung der Kunst.
Das Dinghafte des Kunstwerkes
Für Heidegger ist ein Kunstwerk nicht etwas Abstraktes, weshalb er äußerst ausführlich die Dinghaftigkeit des Kunstwerkes erläutert. „Die Werke werden verschickt, wie die Kohle aus dem Ruhrgebiet (…) Hölderlins Hymnen waren während des Feldzuges im Tornister mitverpackt, wie das Putzzeug.“[47] Aber das Kunstwerk scheint über dieses Dinghafte hinaus noch etwas mehr zu sein. Zunächst muss aber verstanden werden, was ein Ding ist. Heidegger schlägt drei Interpretationen vor, die er jedoch als unzureichend kritisiert:
- Ein Dingverständnis, welches im Ding ein aus Substanz und Akzidenzien zusammengesetztes sieht. Hier wird die Struktur der Sprache (Substanz-Kopula-Akzidenz) auf das Ding übertragen, es wird gleichsam „überfallen.“
- Ein bloß sensuales Dingverständnis, (das Ding „Rückt uns auf den Leib“) welches das Ding als Summe der Sinnesdaten begreift. Heidegger kritisiert hieran, dass niemals Sinnesdaten wahrgenommen werden, sondern „[wir] hören den Sturm im Schornstein pfeifen (…) Wir hören im Haus die Türe schlagen und hören niemals akustische Empfindungen.“[48]
- Ein Dingverständnis, welches Stoff und Form unterscheidet, also dem „Begriffsschema schlechthin für alle Kunsttheorie und Ästhetik“ folgt.[49] Für Heidegger ist der einzig akzeptable Ort dieses Begriffspaares das Zeug, also Gegenstände des Gebrauchs. Hier wird Stoff in eine Form zwecks Dienlichkeit gebracht, meist ist zudem die Verwendung des Stoffs von der zu erreichenden Form abhängig.
Den ersten beiden Punkten ist gemeinsam, dass es ihnen am richtigen Abstand zum Ding fehlt: erstere Auffassung ist zu theoretisch, die zweite klebt zu sehr an den Sinnesdaten. Bei der dritten Analyse des Zeugs zeigt sich, dass dieses neben Ding und Kunstwerk etwas Drittes ist, da ihm ein Gebrauchswert zukommt. Jedoch wäre es falsch das Ding als ein Zeug abzüglich des Gebrauchswertes zu begreifen.
Es zeigt sich jedoch ein Zusammenhang von Kunstwerk und Zeug darin, dass beide von Menschenhand angefertigt wurden, welchem nachzugehen ist. Anhand eines Bildes von Van Gogh, welches zwei Bauernschuhe zeigt, gibt Heidegger eine detailreiche Analyse des Zeugs:
„Aus der dunklen Öffnung des ausgetretenen Inwendigen des Schuhzeuges starrt die Mühsal der Arbeitsschritte. In der derbgediegenen Schwere des Schuhzeuges ist aufgestaut die Zähigkeit des langsamen Ganges durch die weithin gestreckten und immer gleichen Furchen des Ackers, über dem ein rauer Wind steht. Auf dem Leder liegt das Feuchte und Satte des Bodens. Unter den Sohlen schiebt sich hin die Einsamkeit des Feldweges durch den sinkenden Abend. In dem Schuhzeug schwingt der verschwiegene Zuruf der Erde, ihr stilles Verschenken des reifen Korns und ihr unerklärliches Sichversagen in der öden Brache des winterlichen Feldes. Durch dieses Zeug zieht das klaglose Bangen um die Sicherheit des Brotes, die wortlose Freude des Wiederüberstehens der Not, das Beben in der Ankunft der Geburt und das Zittern in der Umdrohung des Todes. Zur Erde gehört dieses Zeug und in der Welt der Bäuerin ist es behütet.“[50]
Es zeigt sich hieran: die Dienlichkeit ist das Sein des Zeugs, sie ruht in der Verlässlichkeit, so ist „Dienlichkeit die Wesensfolge der Verläßlichkeit.“ Sie hält erst die Welt zusammen, d.h. nur im Zeug sind Welt und Erde da. Damit ist das Wesen des Zeugs gefunden – aber nicht durch eine Beschreibung des Zeugs, sondern des Bildes von Van Gogh: „Dieses hat gesprochen. In der Nähe des Werkes sind wir jäh anderswo gewesen, als wir gewöhnlich zu sein pflegen.“ Es ist die „Eröffnung dessen, was das Zeug, die Bauernschuhe, in Wahrheit ist. Dieses Seiende tritt in die Unverborgenheit des Seins heraus. Im Werk ist (…) ein Geschehen der Wahrheit am Werk.“[51] Damit ist jedoch keine Nachahmungstheorie gemeint, denn „mit welchem Wesen welchen Dinges soll denn ein griechischer Tempel übereinstimmen?“[52]
Das Werk und die Wahrheit
Das Beispiel des Tempels ist bewusst gewählt um eine reine Mimesistheorie zu vermeiden. Statt nachzuahmen, ist die Wahrheit im Tempel als etwas Sammelndes im Werke. Der Tempel eröffnet einen Ort für Tod und Geburt, Sieg und Schmach, Ausharren und Verfall, also die Sphäre der menschlichen Welt.
Durch sein Herausragen in die natürliche Umwelt, die Φὐσις, schafft er zugleich eine Offenheit in der erst Pflanzen, Tiere und andere Naturerscheinungen ihren Ort haben. Er lichtet dieses Worauf und Worin der Mensch sein Wohnen gründet: die Erde. Der Tempel gibt erst das Ganze frei innerhalb dessen das Einzelne begegnen kann. Heidegger denkt also das Ganze nicht als Summe seiner Teile, vielmehr gerade umgekehrt: „Wir kommen dem, was ist eher nahe, wenn wir alles umgekehrt denken (…)“[53] Die Welt ist also nicht eine Anhäufung von Dingen, sie ist kein einzelner Gegenstand, sie ist nur als geschichtliches Geschehen („Welt weltet“) und damit Teil der menschlichen Angelegenheiten. Ihr Gegensatz ist die Erde.
Im Offenhalten der Welt ist das Werk für Heidegger zugleich herstellend: Während im Zeug der Stoff in der Dienlichkeit aufgeht und verschwindet, lässt das Werk den Stoff erst erscheinen: „der Fels kommt zum Tragen und Ruhen und wird so erst Fels (…) der Ton zum Klingen, das Wort zum Sagen.“[54] Dies dadurch, dass das Werk sich zurücknimmt in die Erde, so lässt es „die Erde eine Erde sein.“ Nur in der Kunst kommt so die Erde als das was sie ist zum Erscheinen. Die naturwissenschaftliche Erkenntnis vermag dies nicht zu greifen: „So ist z.B. die Farbe nur im Aufleuchten erfahrbar: Wenn wir sie verständig messend in Schwingungszahlen zerlegen, ist sie fort. Sie zeigt sich nur, wenn sie unentborgen und unerklärt bleibt.“[55] Die Erde hat somit etwas sich verschließendes, das durch das Werk in die Offenheit gebracht wird. Dabei gibt es ein Wechselspiel zwischen Welt und Erde, das Heidegger als Streit bezeichnet: Welt öffnet, Erde verbirgt. Beides sind entgegengesetzte Kräfte, die jedoch aufeinander angewiesen sind, denn die Welt gründet auf der Erde, die Erde wird erst durch die Welt eröffnet.
Im Werk zeigt sich dieser Streit, als ein Geschehen von Wahrheit. Heidegger sieht dabei die Wahrheit als Unverborgenheit im Sinne der griechischen ἀλήθεια. Dieses Entbergen betont das Prozesshafte der Wahrheit: „Unverborgenheit (Wahrheit) das ist nie nur ein vorhandener Zustand, sondern ein Geschehnis.“ Heidegger lehnt ein Wahrheitsverständnis ab, das Wahrheit als Übereinstimmung von Erkenntnis und Sache begreift dies könnte für ihn bloß „Richtigkeit“ anzeigen. Zumal die Übereinstimmungstheorie außerdem voraussetzen, dass überhaupt etwas entborgen sein muss, damit es mit der Erkenntnis übereinstimmen kann. Nur im Geschehen des Entbergens kann Seiendes sein. Im Entbergen ragt das Seiende in eine Lichtung hinaus (Vgl. SZ: der Mensch als Lichtung des Seins). Allerdings versagt sich das Seiende auch und so liegt es nicht in der Macht des Menschen sich es anzueignen: „Zum Wesen der Wahrheit als der Unverborgenheit gehört dieses Verweigern in der Weise des zwiefachen Verbergens.“[56] Im Werk ereignet sich dieser „Urstreit“ der Wahrheit.
Es wäre allerdings falsch das Ver- und Entbergen mit Erde und Welt gleichzusetzen. Denn erst durch die Wahrheit als Einheit von Ver- und Entbergen sind auch Erde und Welt gegeben. Für Heidegger ist Schönheit nur eine der möglichen Erscheinungsformen der Kunst: „Das so geartete Licht faßt seinen Schein ins Werk. Das ins Werk gefaßte Scheinen ist das Schöne. Schönheit ist eine Weise, in der Wahrheit als Unverborgenheit west.“[57]
Die Wahrheit und die Kunst
Das Schaffen des Künstlers ist ein Hervorbringen, aber nicht zu verwechseln mit der Anfertigung von Zeug. Als τέχνη (téchne) bedient es sich zum Hervorbringen in die Unverborgenheit der φὐσις. Das Wesen des Schaffens wird also vom Wesen des Werkes her bestimmt. Wie bereits erwähnt ist aber die Wahrheit nicht etwas, dessen sich der Mensch bedienen könnte: „Wahrheit geschieht nur so, daß sie in dem durch sie selbst sich öffnenden Streit und Spielraum sich einrichtet.“[58] Eine Weise dieses Sich-einrichtens ist das Sich-ins-Werk-setzen der Wahrheit und so liegt auch in der Wahrheit ein „Zug zum Werk.“ Das Geschaffensein des Werkes ist der in die Gestalt gebrachte Streit. Mit welchem Begriff Heidegger die zu jener Zeit im Schwange befindliche Gestaltpsychologie streift: Das Festgestelltsein der Wahrheit ist die Gestalt.
Es tritt nun dieses Geschaffensein des Werkes an dem selben hervor, jedoch meint dies nicht, dass erkennbar ist, dass ein Künstler es angefertigt hat, sondern es zeigt sich ein „Stoß“ ins Sein. Eben dieses „dass“ es ist, kommt dem Kunstwerk als etwas besonderes zu: „Je einsamer das Werk, festgestellter die Gestalt, in sich steht, je reiner es alle Bezüge zu den Menschen zu lösen scheint, um so einfacher tritt der Stoß, daß solches Werk ist ins Offene (…)“[59] Aber es braucht auch das Werk den Rezipienten, als Bewahrer um die durch es eröffnete Offenheit zu erbringen. Diese – man würde wohl sagen ästhetische – Empfindung, fast Heidegger als „das extatische Sicheinlassen des existierenden Menschen in die Unverborgenheit des Seins.“[60] Nur hierdurch wird das Werk nicht durch den Rekurs aufs Subjekt und dessen Empfindungen zum „Erlebniserreger“ herabgesetzt. Nach Heideggers Vorstellung soll das Werk außerdem die Menschen zum Miteinandersein führen.
Nach dieser Analyse greift Heidegger nochmals das Dinghafte des Werkes auf, wobei nun einsichtig wird, dass die Dinghaftigkeit sich nur vom Werk her denken lies, wie dieses ja auch schon die Zeughaftigkeit eröffnet hatte. Um die auf die ebenfalls eingangs gestellte Frage nach der Kunst als Ursprung zu beantworten, gibt es nun genügend Material: Es zeigte sich, dass das Werk einerseits geschaffen werden, andererseits bewahrt werden muss, womit Heidegger die Kunst als ein Werden und Geschehen von Wahrheit bestimmt. Dem anschließend fasst Heidegger das Wesen der Kunst als Dichtung – Dichtung hier gedacht nicht nur als Poesie sondern als erheben des Seienden ins Sein, als Bringen in die Lichtung.
Für Heidegger ist der Künstler nicht „geniales Subjekt“, sondern er schöpft im Dichten (also künstlerischen Schaffen) aus der Geschichtlichkeit des Menschen. Die Geschichte verschenkt ihr Zuviel an Wahrheit, sie stiftet Neues und das Neue ist Aufgang von Geschichte. Dies zeigt einen weiteren Aspekt der Kunst als Ursprung, denn sie gründet Geschichte. Nach Heidegger gilt es diesen Ursprung zu achten, denn „Schwer verlässt, was nahe dem Ursprung wohnet den Ort“ (Hölderlin). In Heideggers Ästhetik tritt somit der Künstler gegenüber dem Kunstwerk zurück. Der Prozess der Kunstproduktion gleicht einem „im Schaffen sich selbst vernichtenden Durchgang für den Hervorgang des Werkes.“[61]
Weiterhin äußert sich Heidegger kritisch gegenüber dem Kunstbetrieb mit Kunstkennern, Kunstrichtern, Kunstgenuss, Kunsthandel, Kunstgeschichtsforschung und darüber, dass die Werke in Sammlungen versetzt aus ihrem Wesensbereich herausgerissen werden. Er sieht die Welt der vorhandenen Werke als zerfallene, die Werke sind ortlos und nur noch als Gewesene. Für ihn bedeutet Kunst als bloßes Erleben deren Tod. Im Anschluss an Hegel, der schon das Ende der Kunst festgestellt hatte, sieht er deren Zukunft überaus kritisch, wenn es nicht gelingt einen Zugang zu ihr abseits der nur auf das Erleben beschränkten Rezeption zu finden.
Dichten und Denken
Rückbesinnung auf Sprache, Kunst und Dichtung
Seit etwa den Jahren 1929/30 wendet sich Heidegger verstärkt Sprache und Dichtung, wie der Kunst überhaupt als geschichtsgründener Macht zu. Hierbei sieht er vor allem im Werk Friedrich Hölderlins einen entscheidenden Bezug zur Seinsgeschichte, was er auch später noch im Interview mit dem Spiegel betont. Auch seine Konstellation des Spätwerks, das „Geviert“ von Erde, Himmel, Sterblichen und Göttlichen, darf als stark durch Hölderlin inspiriert angesehen werden. An Hölderlins Dichtung misst er die dem modernen Menschen diagnostizierte Heimatlosigkeit und das Undichterische seines gegenwärtigen Weltaufenthalts.
Hölderlin als „Geschick“
…
Hölderlins Dichtung als Stiftung des Seyns
…
Besinnung und Heimkehr
Nähe zum Sein
…
Geviert
…
Wirkung und Rezeption
Rezeption in der abendländischen Philosophie
Wichtige Impulse von Heidegger empfingen der Existentialismus in Frankreich und in Deutschland die moderne Hermeneutik, die vor allem mit Hans-Georg Gadamer einen zentralen Exponenten fand. Heidegger beeinflusste zahlreiche Philosophen wie Maurice Merleau-Ponty, Jean-Paul Sartre, Emmanuel Levinas, Jacques Derrida, Hannah Arendt, Hermann Schmitz, Gianni Vattimo oder Ernst Tugendhat. Zur „katholischen Heideggerschule“ (Erich Przywara) wurden Gustav Siewerth, Johann Baptist Lotz, Karl Rahner und Max Müller gerechnet.
Sein philosophisches Wirken wurde jedoch auch von verschiedensten Seiten verworfen, so zum Beispiel vom Wiener Kreis. Diese Kritik ist vor allem sprachanalytisch und logisch motiviert. Von großer Schärfe sind die Attacken seitens der Frankfurter Schule, besonders Theodor W. Adornos (Jargon der Eigentlichkeit, 1964), die das intellektuelle Leben in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts polarisierten. Hier sind es vor allem Fragen, die den Zusammenhang von Philosophie und politischem Engagement betreffen. Heidegger selbst hat diese Angriffe ignoriert.
Schwieriger zu beurteilen ist die auffällige Abwesenheit einer Ethik in Heideggers Werk. Manche sehen darin die Ursache seines nazistischen Engagements. Andere aber finden gerade hier einen Hebel, um das europäische (christliche, logozentristische) Herrschaftsdenken zu überwinden, das in der Subjekt-Objekt-Scheidung Gewalttätigkeit ontologisiert hat, gemäß dem biblischen „Macht euch die Erde untertan“.
Heideggers Vorliebe für den Tod fand breite Ablehnung. Schon sein Lehrer Husserl hat widersprochen, und Hannah Arendt entwickelte gegen dessen Konzept der Sterblichkeit das Gegenmodell der „Geburtlichkeit“.
Am Denkstil des späten Heideggers wird oft kritisiert, dass er viel mit Etymologien arbeitete und diese bisweilen in gewagter Weise ausdeutete. Allerdings betonte Heidegger, dass diese nicht als Beweise fungieren sollen, sondern dazu dienen, der philosophischen Sprache neue Dimensionen zu erschließen (Vorträge und Aufsätze 166f.). Auch die Deutungen, die Heidegger manchen Gedichten Hölderlins, Trakls, Rilkes und Stefan Georges gab, sind bei Literaturwissenschaftlern auf Kritik gestoßen. An ihnen wird ausgesetzt, dass diese Dichtungen stark von Heideggers eigener Weltsicht her gelesen und in den Kategorien seines Denkens „umgedeutet“ werden. Allerdings beabsichtigte Heidegger ausdrücklich nicht mit seinen Deutungen Beiträge zur Literaturwissenschaft zu leisten.
- Hans-Georg Gadamer
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- Hannah Arendt
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- Jean-Paul Sartre
Jean-Paul Sartre zeigt sich gegenüber Heidegger zu großem Dank und Anerkennung verpflichtet. Sartre geht jedoch in eigener Weise über Heidegger hinaus. Ab 1938 liest er einige Übersetzungen, dann 1939 das bereits im Jahre 1934 erworbene Sein und Zeit, dabei erklärt er dass ihm die Lektüre aufgrund des eigenwilligen Vokabulars nicht leicht gefallen sei. Inhaltlich war Heidegger für ihn ein „Schock“, wegen des radikalen Bruchs mit der traditionellen Weise zu Philosophieren. 1943 erscheint von ihm Das Sein und das Nichts, wobei sich nicht nur dessen Titel an Sein und Zeit anlehnt, sondern auch viele Inhalte auf Sartres Heidegger-Lektüre zurückgehen.
„Orthodoxe“ Heideggerianer kritisieren jedoch eine Reihe von Sinnverkehrungen bei der Übernahme Heideggerscher Ideen. So wird der Begriff des Seins nicht mehr wie bei Heidegger im Gegensatz zum Seienden (ontologische Differenz) verstanden, sondern es rückt hier das Nichts an die Stelle der Zeit einerseits und übernimmt andererseits den Gegensatz zum Sein. Hiervon ausgehend nimmt die Suche nach dem Sein bei Sartre einen ironischen und absurden Verlauf, denn das Sein (an-sich) wird der Nichtung (für-sich) gegenübergestellt, der Mensch steht im „Für-Sich“ dem „An-Sich“ unüberwindbar gegenüber. Ein Dualismus der sich in Sartres Begriff der Existenz (als physisches Sein) und der Essenz (als frei zu bestimmend) fortsetzt und darin mündet, dass beim Philosophieren nun doch wieder beim „ich denke“, bei Cogito begonnen werden muss.
Sartre übernimmt weiterhin Heideggers Begriff von der Faktizität, welcher beschreibt dass der Mensch immer schon – ohne seine bewusste Entscheidung – sich in einer Welt wieder findet und deren Prägung ausgesetzt sieht. (Heidegger: „Dasein existiert faktisch.“[62]) Wodurch sich wiederum ein Dualismus von Situierung und Freiheit ergibt. In Anlehnung an Heideggers Analyse des Man vollzieht Sartre einige schwungvolle phänomenologische Analysen der Unaufrichtigkeit (mauvaise foi), welche nicht zu letzt zur Popularität des Existenzialismus beigetragen haben.
Große Unterschiede zeigen sich bei Sartres Analyse des „Anderen“, also dem Verhältnis zum Mitmenschen. Sartre wirft Heidegger vor, durch eine ontologische Beschränkung auf das In-der-Welt-sein die Mannigfaltigkeit und Verschiedenheit der unterschiedlichen „Bewußtseine“ zu nivellieren. Sartre setzt Heideggers – für seine Begriffe – rein formalen Bestimmung des Mitseins ein konkreteres Modell entgegen, das seiner Meinung nach auch die möglichen Kämpfe und Konflikte plausibel macht. Es ist jedoch umstritten, ob dieser Mangel sich so bei Heidegger findet. Sartre verkennt außerdem die zentrale Bedeutung des von Heidegger eingeführten Zeugzusammenhangs, des Verstehens (welches er unzulässig mit Verstand gleichsetzt) und der Rede.[63]
In späteren Jahren werden Sartres Bezüge zu Heidegger spärlicher und ab Anfang der Fünfziger verzichtet Sartre gänzlich auf eine gründliche Heidegger-Lektüre. Heidegger andererseits habe nach Aussagen Jean Beaufrets nie mehr als hundert Seiten von Das Sein und das Nichts gelesen. [64] Heidegger sah trotz Anerkennung Sartres, in dessen Werk nur eine neumodische Version des metaphysischen Subjektivismus. Ein Besuch Sartres bei Heidegger im Jahr 1952 fällt für letzteren ernüchternd aus, wohl auch weil beide – der Großstadt-Intellektuelle und der Universitätsprofessor – aus anderen Verhältnissen kommen.[65]
Auf Sartres Essay Der Existenzialismus ist ein Humanismus reagiert Heidegger in einem Brief an Jean Beaufret, dem so genannten Humanismusbrief, indem er deutlich macht, dass seine und Sartres Denkweisen unvereinbar nebeneinander stünden.
- Emmanuel Levinas
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- Maurice Merleau-Ponty
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- Michel Foucault
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Heidegger und die analytische Philosophie
In der Tradition der analytischen Philosophie hat sich vor allem Hubert Dreyfus um eine Rezeption des Heideggerschen Werkes bemüht. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem ersten Teil von Sein und Zeit und hier wiederum auf den pragmatisch zu deutenden Ansätzen, sowie den gegen den Cartesianismus fruchtbar zu machenden Aspekten. Dreyfus stellt diese Searles Auffassung von Intentionalität entgegen.
Insgesamt steht die analytische Philosophie dem Werk Heideggers eher ablehnend gegenüber. Ausgehend von sprachanalytischen Betrachtungen bemängelt sie in Heideggers Wortgebraucht als problematisch, da ein solcher diverse Scheinprobleme entstehen lässt. Vor allem Carnaps Kritik hat zu dieser Auffassung schon recht früh maßgebend beigetragen.[66] Dabei bemängelt Carnap nicht dass dem Wortgebrauch Heideggers keine Sinnesdaten zugrunde liegen oder Wortneuschöpfungen dem allgemeinen Sprachgebrauch widersprechen. Vielmehr entspricht er nicht den Regeln der modernen Logik, denn diese hatte, so Carnap, gezeigt dass z.B. der Begriff des Nichts weder ein Substantiv, noch ein Verb ist – Heidegger hingegen verwendet ihn in beiden Bedeutungen. Allerdings war Carnap klar, dass diese Kritik Heidegger nicht treffen konnte, denn Heidegger hatte die Logik als Grundlage aller Philosophie stark in ihre Schranken verwiesen. Carnaps Kritik ist daher breiter angelegt, wenn er fordert die Philosophie müsse, gleich den Naturwissenschaften, eher einem Gebäude gleichen, an welchem alle nach allgemein anerkannten Regeln mitbauen können. Friedmann bezeichnet diese philosophisch-politische Orientierung etwa als neue Sachlichkeit, eine Bewegung welche sich dem Internationalismus, einer sachorientierten, wissenschaftlichen und antiindividualistischen Neugestaltung verpflichtet hatte. In Friedmanns Einschätzung ist diese soziale und politische Motivation Carnaps wesentlich für dessen Angriffe auf Heidegger – Carnap selbst spricht vom „Kampf gegen die Metaphysik.“[67] In seiner philosophiegeschichtlichen Studie zeigt Friedmann den großen Gegensatz von „kontinentaler“ und analytischer Tradition anhand von eben Heidegger und Carnap. Bezüglich der Beziehung beider Traditionen resümiert er:
- „Wir können entweder, mit Carnap, an der formalen Logik als dem Ideal universeller Gültigkeit festhalten und uns demzufolge auf eine Philosophie der mathematischen exakten Wissenschaften beschränken; oder wir können uns, mit Heidegger, von der Logik und dem ‚exakten Denken‘ abnabeln, mit dem Resultat, dass wir letztlich das Ideal wahrhaft universeller Gültigkeit aufgeben. Wenn ich nicht irre, dann ist es eben dieses Dilemma, das am Grund der für das 20. Jahrhundert typischen Spaltung von ‚analytischer‘ und ‚kontinentaler‘ Tradition liegt.“[68]
Hinzu kam die geographische Spaltung durch die Migration Carnaps (und Cassirers) nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Friedmann sieht aber im Werk Cassirers die beste Möglichkeit beide Traditionen zum Dialog zu führen, denn Cassirer selbst hatte sich stets um die Integration der unterschiedlichsten Denkweisen in seine Philosophie der symbolischen Formen bemüht.
Heidegger und das ostasiatische Denken
Heidegger ist der erste große europäische Denker, der nicht nur eine breite Rezeption im ostasiatischen Raum fand, sondern dessen Denkweg auch ständig durch Gespräche mit ostasiatischen Philosophen begleitet wurde.[69] Bereits in den zwanziger Jahren nahmen viele später bedeutende japanische Philosophen an seinen Seminaren teil, so zum Beispiel Tanabe Hajime, Miki Kiysoshi, Kuki Shuzo, Watsuji Tetsuro, Nishitani Keiji, Hisamatsu Shin'ichi und Tsujimaru Koichi als die bedeutendsten. Dies führte für beide Seiten zu einem breiten Dialog. Auch versuchte Heidegger 1946 zusammen mit dem Chinesen Paul Shih-yi Hisao das Daodejing zu übersetzen.
In Was heißt Denken? (S. 136) spricht Heidegger dann erstmals vom „unausweichlichem Gespräch mit der ostasiatischen Welt“. An anderer Stelle setzt er dann für den Prozess der Begegnung 300 Jahre an.[70] Heidegger sucht den Dialog, ist jedoch der Auffassung, dass es nicht einfach um eine Übernahme z.B. zen-buddhistischer oder anderer östlicher Welterfahrung gehen kann.
Derzeit gibt es sieben japanische Übersetzungen von Sein und Zeit, sowie eine japanische Gesamtausgabe, welche parallel zur deutschen erarbeitet wird. Ebenso hat sich in Japan eine breite Heidegger-Forschung entwickelt. Für die umfassende Rezeption ist, wie Tanabe betont, vor allem Heideggers starker Bezug zum Tod verantwortlich, ein Thema welches z.B. im Daoismus und Zen-Buddhismus von grundlegender Bedeutung ist. Nishitani Keiji und Tsujimaru Koichi fanden vor allem an Heideggers (seins-)geschichtlicher Deutung des Nihilismus und der Technik Interesse, da ihrer Meinung nach geschichtliche Aspekte dem zen-buddhistischem Denken fehlen.[71]
In Südkorea sind vor allem Park Chong-Hong und Ha Ki-Rak zu nennen, welche sich mit dem Heideggerschen Werk befassten. Der Koreaner Cho Kah Kyung, seit längerem in den USA lehrend, versucht dort eine Brücke zwischen abendländischem Denken und ostasiatischer Tradition zu schlagen. In China ist der Name Chang Chung-yuan zu nennen, der 1969 in Honolulu das Symposion „Heidegger and the Eastern Thought“ organisierte. Indiens bedeutendster Heidegger-Schüler ist Jarava Lal Metha, welcher auch direkten Kontakt zu Heidegger hatte und der sich durch seine Bücher darum bemüht Heideggers Denken in Indien bekannt zu machen.[72]
Trivia
Heidegger in der Satire
Heidegger wurde vor allem wegen seines eigentümlichen Umgangs mit der Sprache vielfach zum Gegenstand von Satiren. So zum Beispiel in Gabriel Marcels Theaterstück La Dimension Florestan, in dem es in ironischer Anspielung Heideggers vermeintlich tautologischen Sprachgebrauch heißt: „Die Birne birnt, haben Sie gesagt, der Apfel apfelt, haben Sie mir mit noch unabweislicherer Autorität ergänzt.“[73] Günter Grass lässt in seinem Roman Hundejahre einen durch Heidegger inspirierten Feldwebel mit den Worten auftreten: „Und eben das Wörtchen Existenz passte überall hin: 'Existier mir mal ne Zigarette (…). Wenn du nicht gleich die Fresse hältst, existiere ich Dir eine.' (…) Wochenendurlaub hieß Existierpause.“ Elfriede Jelinek findet in ihrem Theaterstück Totenauberg die hübsche Wendung vom „Herrchen des Seins“ in Anspielung auf Heideggers Humanismusbrief. Thomas Pigor schrieb sogar ein Heidegger Lied (als MP3) in dem zu karibischen Rhythmen der Hörer den Schwarzwald rauf und runter geheideggert wird.
Fritz über Heidegger
Von Heideggers Bruder Fritz, der hingebungsvoll einen Großteil von Heideggers Schriften transkribiert hat, sind die folgenden liebevoll-ironischen Überlegungen zur Fasnacht überliefert: „Das Fassende des Faßbaren ist die Nacht. Sie faßt, indem sie übernachtet. So gefaßt, nachtet das Faß in der Nacht. Was faßt? – Was nachtet? Dasein nachtet fast. (…) Die Nacht ist das Faß des Seins. Der Mensch ist der Wächter des Fasses. Dies ist seine Ver-Fassung. (…) Die Nacht übergießt das Faß mit seinem Bleiben. Aus dem Geschenk dieses Gusses west die Fasnacht. Es ist unfaßbar.“[74]
In unmissverständlicher Kritik an der alles verwertenwollenden modernen Wirtschaft bemerkt er: „Den Martin hot me für nix Gscheits brauche kenne, no isch er halt Philosoph worre.“
Dokumente und Quellen
Primärliteratur
Siehe auch: Heidegger Gesamtausgabe.
- Die Martin Heidegger Gesamtausgabe erscheint im Verlag Vittorio Klostermann. Sie ist auf 102 Bände angelegt. Ein Verzeichnis aller Bände findet sich in: Gesamtausgabe, Band 70, ISBN 3-465-03415-5, oder ist online beim Verlag bestellbar.
- Martin Heidegger: Phänomenologische Interpretationen zu Aristoteles. Reclam, Stuttgart 2002, ISBN 3-15-018250-6
- Martin Heidegger: Sein und Zeit. EA Niemeyer, Halle/Saale 1927
- Martin Heidegger: Sein und Zeit. 17. Auflage. Niemeyer, Tübingen 1993, ISBN 3-484-70122-6
- Martin Heidegger: Die Grundbegriffe der Metaphysik. Welt - Endlichkeit - Einsamkeit. Klostermann, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-465-03310-8
- Martin Heidegger: Wegmarken. Klostermann, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-465-03370-1
- Martin Heidegger: Vorträge und Aufsätze, 10. Auflage. Klett-Cotta, Stuttgart 2004, ISBN 3-608-91090-5
- Hannah Arendt / Martin Heidegger: Briefe 1925 bis 1975 und andere Zeugnisse. 3. erweiterte Auflage. Klostermann, Frankfurt a.M. 2002, ISBN 3-465-03206-3
- Martin Heidegger / Karl Jaspers: Briefwechsel 1920 - 1963. Hrsg. W. Biemel u. H. Saner. Frankfurt a.M. 1990, ISBN 3-465-02218-1
- Spiegel Interview mit Martin Heidegger: Nur noch ein Gott kann uns retten. Der Spiegel 31. Mai 1976, jetzt in: Gesamtausgabe, Band 16, S. 652-683, ISBN 3-465-03041-9
- Ein Verzeichnis sämtlicher Schriften Heideggers (7609 Nummern) in: Heidegger-Jahrbuch 1. Freiburg/München 2005, S. 429-578, ISBN 3-495-45701-1
Sekundärliteratur
Vorlage:Philosophiebibliographie1
- Karl Löwith: Heidegger - Denker in dürftiger Zeit, Stuttgart 1984 (Sämtliche Schriften Bd.8) ISBN 3476005151
- Rainer Thurnher: Martin Heidegger; in: Heinrich Schmidinger, Wolfgang Röd, Rainer Thurnher: Geschichte der Philosophie Band XIII, C.H. Beck Verlag, 2002 (sehr guter Überblick über das gesamte Werk auf ca. 70 Seiten)
- Mark Lilla: The Reckless Mind: Intellectuals in Politics. New York, NY 2001: New York Times Review Books, ISBN 0940322765
- Rüdiger Safranski: Ein Meister aus Deutschland. Carl Hanser Verlag, 1994 (diese Biographie wirft zugleich einige einführende Schlaglichter auf sein Denken; behandelt auch die Nationalsozialismus-Debatte)
- Manfred Geier: Martin Heidegger. Rowohlt, Reinbek 2005, ISBN 3-499-50665-3
- Günter Figal: Martin Heidegger zur Einführung. Junius, Hamburg 1999, 3. Auflage, ISBN 3-88506-308-5.
- Dieter Thomä (Hrsg.): Heidegger-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Metzler, Stuttgart 2003.
- Heinrich Wiegand Petzet: Auf einen Stern zugehen. Begegnungen und Gespräche mit Martin Heidegger 1929-1976. Frankfurt am Main: Societäts-Verlag, 1983, ISBN 3-7973-0414-5 (die vom Hause Heidegger sanktionierte, apologetische Biographie)
- Ernst Nolte: Martin Heidegger: Politik und Geschichte im Leben und Denken, Berlin / Frankfurt am Main 1992, ISBN 3549072414
- Alexander Schwan: Politische Philosophie im Denken Heideggers, 1989, ISBN 3531120360
- Jacques Derrida: Vom Geist. Heidegger und die Frage. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 1998, ISBN 3518579371
Tondokumente
- Bauen, Wohnen, Denken, Darmstädter Gespräche des Deutschen Werkbundes 1951, in Eduard Führ, Bauen und Wohnen, Waxmann, Münster 2000 (mit Audio CD des Vortrages), ISBN 978-3893258192
- Von der Sache des Denkens Vorträge, Reden und ein Interview (5 CDs), Der Hörverlag.
- Der Satz der Identität 1 CD Klett-Cotta Verlag.
- Martin Heidegger liest Hölderlin 1 CD Klett-Cotta Verlag.
- Hölderlins Erde und Himmel 2 CDs Klett-Cotta Verlag.
Filme
- Deutsche Lebensläufe: Martin Heidegger. Dokumentation, 60 Min., Buch und Regie: Thomas Palzer, Produktion: SWR, SFB, ORB, Kick Film, Erstsendung: 21. November 2002, Inhaltsangabe von 3sat
- Der Ister. Dokumentation, 189 Min., Australien, 2004, Buch und Regie: David Barison and Daniel Ross
- ein Film über Heideggers 1942 gehaltene Vorlesung zu Friedrich Hölderlin; zu sehen sind unter anderem Jean-Luc Nancy, Philippe Lacoue-Labarthe, Bernard Stiegler und Hans-Jürgen Syberberg; offizielle Film-Website; Vorlage:IMDb Titel - Philosophie heute. Der Zauberer von Meßkirch: Martin Heidegger. Video. WDR in Zusammenarbeit mit Junius, ISBN 3-934102-64-6
Weblinks
Werk, Person und Forschung
- Vorlage:PND
- Martin-Heidegger-Gesellschaft - Offizielle Homepage der Martin-Heidegger-Gesellschaft e.V. Meßkirch
- Heidegger-Portal der Universitätsbibliothek Freiburg im Breisgau - Umfangreichste Literaturnachweise mit ständiger Verzeichnung des unselbständigen Schrifttums (Zeitschriftenaufsätze und Buchbeiträge) und Zugang zum internationalen monographischen Schrifttum über den Online-Katalog
- www.heidegger.org Martin Heidegger Website von Burghard Heidegger. Biographisches, Aktuelles, Informationen zu: Meßkircher-Martin-Heidegger-Stiftung, Martin-Heidegger-Gesellschaft e.V., Martin-Heidegger-Forschungsgruppe.
- www.martin-heidegger.org Martin Heidegger -- Resources Web Page von Daniel Fidel Ferrer. Biographisches und Bibliographisches, Ressourcen, Forschungsinitiativen (auf Englisch).
- Phainomena - Publikationen, Termine und andere Neuigkeiten zu Martin Heideggers Philosophie und Wirkung
- Ereignis - Webseite mit englischer Sekundärliteratur zu Heidegger
- Philosophie-Seiten: Martin Heidegger
- biographische Daten von Martin Heidegger des Deutschen Historischen Museums in Berlin
- Rafael Capurro: Heidegger
- Hermann Heidegger im Gespräch über seinen Vater
- Heidegger in Delos oder: Seinsgeschichtliche Wegmarken
- François Fédier: Avant-Propos: Heidegger, à plus forte raison, Fayard, Paris, 2007
- François Fédier: Mécanique de la diffamation
Audio- und Videomaterial
- Videos
- Heidegger spricht (Dateien im MP3-Format)
- Heidegger's Early Years - 4:49
- Videoarchiv Bibliothèques Medicis
- The Ister
Kritische Auseinandersetzung
- Der konsequenteste Philosoph des 20. Jahrhunderts - Faschist Resultate Verlag 1988, Reihe Kritik der bürgerlichen Wissenschaft
- philolex - Überwiegend kritische Auseinandersetzung mit Heidegger
- Frank Madro, Das Herrchen des Seins. Heidegger und der Jargon der Unredlichkeit (PDF, 44 Kb) über den Zusammenhang zwischen Nazi-Betätigung und seinen Denk- und Sprachstrukturen (PDF)
- Der Fall Martin Heidegger - Philosoph und Nazi
- Über das Buch von Faye von Meyer
- Heidegger - Anatomie d'un scandale - von Francois Fédier
- Wie die Nazi-Ideologie in die Philosophie einzog von Emmanuel Faye
- Nationalsozialismus und Philosophie Besprechung des Buchs von Emmanuel Faye durch Alfred Schmidt
- Heidegger, à plus forte raison, Fayard,Paris, 2007: couverture
- Diskussion im Fernsehkanal PublicSenat mit Fédier und Faye, Videoarchiv Bibliothèques Medicis
- Heidegger contre le nazisme (blog de la Sorbonne-Paris4)
Siehe auch
- Eduard Baumgarten Zitat des Briefes, mit dem H. 1933 den Kollegen bei der Universität Göttingen verunglimpfte
- Sein und Zeit
- Seinsvergessenheit
- Existenzialontologie
Einzelnachweise und Siglenverzeichnis
Für die auch außerhalb des Rahmens der Gesamtausgabe erschienenen Werke sind die folgenden Abkürzungen gebräuchlich, wie man sie meist im Siglenverzeichnis findet:
EM: Einführung in die Metaphysik (GA 40) Weiterhin sind gebräuchlich: |
- ↑ Vgl. R. Thurnher: Martin Heidegger; in: Heinrich Schmidinger, Wolfgang Röd, Rainer Thurnher: Geschichte der Philosophie Band XIII, C.H. Beck Verlag, 2002, S. 197
- ↑ Hannah Arendt: Martin Heidegger ist achtzig Jahre alt, in: Günther Neske und Emil Kettering (Hg.): Antwort – Martin Heidegger im Gespräch, Tübingen 1988, S. 232-234
- ↑ Heidegger an Arendt, 21.II.25
- ↑ Spiegel-Interview, GA 16, S. 655
- ↑ R. Thurnher: Martin Heidegger, S. 199
- ↑ Arendt/Heidegger Briefe, S. 68
- ↑ siehe hierzu: Silvio Vietta: Heideggers Kritik am Nationalsozialismus und der Technik, Tübingen 1989
- ↑ Heidegger/Jaspers. Briefwechsel, Brief 141
- ↑ R. Safranski: Ein Meister aus Deutschland, Carl Hanser Verlag, 1994
- ↑ Spiegel-Interview, GA 16, S. 660
- ↑ GA 16, S. 661
- ↑ Hannah Arendt: Martin Heidegger ist achtzig Jahre alt, in: Günther Neske und Emil Kettering (Hg.): Antwort – Martin Heidegger im Gespräch, Tübingen 1988
- ↑ Einführung in die Metaphysik eine 1935 gehaltenen Vorlesung, GA 40, S. 152
- ↑ Spiegel-Interview, GA 16, S. 665-666
- ↑ Bibliothèque Médicis
- ↑ Arendt/Jaspers. Briefwechsel. B. 29. September 1949
- ↑ siehe hierzu: Japan und Heidegger, Verlag Thorbecke, 1989
- ↑ Aufzeichnung der Rede im Hörverlag: Hannah Arendt: Über Wahrheit und Politik, dort: Erinnerungen an Martin Heidegger
- ↑ GA 1, S. 437
- ↑ Zu Sternbergers Heidegger Kritik: Schriften, Band VIII: Gang zwischen Meistern, 1987, Insel Verlag
- ↑ Sein und Zeit, S. 127
- ↑ Vgl. R. Thurnher: Martin Heidegger, S. 238
- ↑ GA 15, 345
- ↑ Vgl. Dieter Thomä (Hrsg.): Heidegger Handbuch, Metzler Verlag, Stuttgart 2003, Seite 135
- ↑ GA 5, S. 87
- ↑ GA 5, S. 87
- ↑ GA 5, S. 26
- ↑ GA 5, S. 18
- ↑ GA 5, S. 87f.
- ↑ GA 5, S. 27
- ↑ GA 5, S. 28
- ↑ Hölderlin, Patmos, im Projekt Gutenberg
- ↑ Spiegel-Interview, GA 16, S. 679
- ↑ ZDF Gespräch mit Richard Wisser, 25.9.1969
- ↑ GA 9, S. 122
- ↑ Emil Angehrn in: Heidegger Handbuch, S. 272
- ↑ GA 5, 240
- ↑ VA S. 92, S.95
- ↑ Vgl. R. Thurnher: Martin Heidegger, S. 248
- ↑ GA 7, S. 18
- ↑ Ebenda S. 249
- ↑ Ebenda S. 250
- ↑ GA 5, S. 265
- ↑ N II, S. 484
- ↑ GA 5 (Holzwege), S. 21
- ↑ GA 5, S. 1
- ↑ GA 5, S. 3
- ↑ GA 5, S. 10
- ↑ GA 5, S. 12
- ↑ GA 5, S. 19
- ↑ GA 5, S. 21
- ↑ GA 5, S. 22
- ↑ GA 5, S. 29
- ↑ GA 5, S. 32
- ↑ GA 5, S. 33
- ↑ GA 5, S. 41
- ↑ GA 5, S. 43
- ↑ GA 5, S. 49
- ↑ GA 5, S. 54
- ↑ GA 5, S. 55
- ↑ GA 5, S. 26
- ↑ SZ, S. 181
- ↑ Domenique Janicaud: Heidegger und Jean-Paul Sartre – Anerkennung und Abweisung, in: Heidegger Handbuch, S. 414
- ↑ Ebenda, S. 415
- ↑ Vgl. hierzu den Bericht Simone de Beauviors in ihrem Buch Der Lauf der Dinge, Rowohlt, 1970
- ↑ Vgl. Michael Friedmann: Carnap, Cassirer, Heidegger, Geteilte Wege, Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 2004, S. 25ff
- ↑ Vgl. M. Friedmann, S. 31
- ↑ M. Friedmann, S. 161
- ↑ Vgl. Rolf Elberfeld in: Heidegger Handbuch, Kap. II.27
- ↑ Vgl. Rolf Elberfeld in: Heidegger Handbuch, S. 469
- ↑ Vgl. Rolf Elberfeld in: Heidegger Handbuch, S. 471
- ↑ Vgl. Rolf Elberfeld in: Heidegger Handbuch, S. 472
- ↑ Zitiert nach Dieter Thomä: Heidegger Handbuch, S. 511
- ↑ Zitiert nach Dieter Thomä: Heidegger Handbuch, S. 513
Personendaten | |
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NAME | Heidegger, Martin |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Philosoph |
GEBURTSDATUM | 26. September 1889 |
GEBURTSORT | Meßkirch |
STERBEDATUM | 26. Mai 1976 |
STERBEORT | Freiburg im Breisgau |