Untermensch

nach der nationalsozialistischen Ideologie minderwertige Menschen
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Untermensch war ein Begriff aus dem Sprachgebrauch der Nationalsozialisten und der Eugeniker. In der Ideologie des Nationalsozialismus galten die „Arier“, also besonders die germanischen Völker, den übrigen als überlegen. Insbesondere die Juden galten für die Nationalsozialisten als schlimmste Feinde, schon in Hitlers Buch Mein Kampf wurden sie als „Volksverderber“, „Reichsfeinde“ usw. gebrandmarkt. Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten mussten sie mit dem Schlimmsten rechnen. Die Nürnberger Rassegesetze von 1935 legten fest, wer als Jude oder „Mischling“ galt und wer „Arier“ war. Aber auch die slawischen Völker, die asiatischen Ethnien in der Sowjetunion, die Homosexuellen und die Roma, Sinti und Jenischen wurden als minderwertig angesehen. Die Alten, Arbeitsunfähigen, Kranken und Behinderten wurden als „unnütze Esser“ und „Ballastexistenzen“ angesehen und während des Krieges zu Hunderttausenden ermordet (siehe auch: Euthanasie, Aktion T4).

Die Nationalsozialisten konnten sich auf eine weit verbreitete Stimmung von Antisemitismus, auf Gefühle von Überlegenheit gegenüber den slawischen Völkern und auf die Verbreitung des „Lebensraum“-Gedankens in der Bevölkerung stützen.

Geschichte

Der Philologe Victor Klemperer macht in seinen berühmten Tagebüchern aus der Zeit des Nationalsozialismus (Eintrag vom 26. Dezember 1940) folgende Beobachtung:

Ich finde im Stechlin, Kapitel 33 (Seite 342): „Jetzt hat man statt des wirklichen Menschen den so genannten Übermenschen etabliert; eigentlich aber gibt es bloß noch Untermenschen…“ Man wird die meisten neuen Worte vereinzelt schon lange vor ihrer Neuheit finden. (Ich nehme an, daß auch Fontane den „Untermenschen“ nicht erfunden hat, das Gegenstück zu Übermensch lag in der Luft.) Aber das tut ihrer Neuheit keinen Abbruch. Sie sind neu in dem Augenblick, wo sie als Ausdruck einer neuen Gesinnung oder neuen Sache auftauchen und in Mode kommen. Insofern ist Untermensch doch ein spezifisches und neues Wort in der Sprache des Dritten Reiches.

In dem ihrer Verwendung des Begriffs am nächsten kommenden Sinne hatten die Nationalsozialisten den Terminus „Untermensch“ vom Titel der deutschen Übersetzung des 1922 erschienen Buches The Revolt against Civilization: The Menace of the Under Man (dt.: Der Kulturumsturz – Die Drohung des Untermenschen 1925) des amerikanischen Anthropologen, Rassisten und Eugenikers Lothrop Stoddard übernommen. Da selbst die meisten englischsprachigen Historiker nicht wissen, dass das Konzept ursprünglich von einem Amerikaner stammt, wird der Begriff zumeist falsch ins Englische rückübersetzt mit „sub-human“ (wonach sich jeweils eine englische und eine kanadische Punkband Subhumans nannten). Ein führender Nationalsozialist, der Stoddard als Schöpfer der Formel vom slawischen „Untermenschen“ identifiziert, ist Alfred Rosenberg, der in seinem Buch Der Mythus des 20. Jahrhunderts (1930) schreibt, dass der typische russische Bolschewist ein Vertreter jener Art von Mensch sei, „den Lothrop Stoddard als ‚Untermenschen‘ bezeichnete.“ (S. 214). Obwohl er dies selbst nicht explizit so ableitet, mag auch Stoddard bei seiner Wortschöpfung beeinflusst gewesen sein von Friedrich Nietzsches Konzept des Übermenschen. Jedenfalls demonstriert Stoddard in einer Passage seines Buches (S. 261) dass er mit dem Begriff vertraut ist.

Heinrich Himmlers Rede vor der SS 1935

1935 hielt Heinrich Himmler vor der SS die antisemitische Hetzrede: Der Untermensch, in der er Juden mit „Bolschewismus“ gleichsetzte und sie als gemeine, mörderische, selbst den Tieren unterlegene furchtbare Kreaturen charakterisierte, die darauf aus seien, sämtliche Kultur zu zerstören und die Menschheit zu vernichten (Zitate Himmlers: „voll von Zerstörungswut“, „ein grausames Chaos wilder Leidenschaften“, „er brauchte die Dunkelheit, nicht aber das Licht, die Sonne“, „der Untermensch lebte..., er wütete gegen das Werk der anderen, öffentlich als Lästerer und Verleumder, heimlich als Dieb, als Mörder...“, „der Untermensch gesellte sich zu seinesgleichen..., ...die Bestie rief die Bestie“, „...und diese Unterwelt der Untermenschen fand ihren Führer: den ewigen Juden“), (Siehe dazu auch: Der Untermensch)

Die Zeitschrift

Als im Sommer 1941 die Wehrmacht in die Sowjetunion einfiel, veröffentlichten SS-Führer eine Broschüre mit dem Titel „Der Untermensch“. Diese Zeitschrift sollte die deutsche Bevölkerung zum Hass gegen die sowjetischen Völker aufstacheln und die Kampfmoral der Truppen stärken. Nicht wie oft angenommen gegen die slawischen Völker, denn dieses Wort taucht in der Broschüre nicht auf. Die Broschüre fand sowohl in Westeuropa als auch bei den osteuropäischen Verbündeten Deutschlands wie Kroatien, der Slowakei und Bulgarien enormen Anklang, wobei die jeweilige Ausgabe in der Landessprache abgedruckt wurde.

Die Zeitschrift enthielt nicht so sehr Informationen über die Sowjetunion und den Kommunismus, sondern bestärkte vor allem primitive rassistische Vorurteile. Der überwiegende Teil dieses Heftes bestand aus Fotos, die in entstellter Form sowjetische und nicht, wie oft angenommen, nur russische Kriegsgefangene mit fratzenhaften Gesichtern zeigten.

Kino

Auch die „Wochenschau“ zeigte regelmäßig Propagandafilme über den Russlandfeldzug. Einfach gebaute russische Holzhäuser, ärmlich gekleidete Bauern und schlechte Straßen sollten die Deutschen davon überzeugen, wie „primitiv“ die Russen lebten. Zugleich sollte der deutsche Einmarsch gegenüber der breiten Öffentlichkeit begründet werden.

Verbot der Broschüre „Der Untermensch“

Schon Ende 1941 kam es zu ersten Differenzen zwischen dem Reichsführer-SS Heinrich Himmler und der Wehrmacht wegen der Herausgabe dieses Heftes. Einige Befehlshaber der Wehrmacht waren der Meinung, man könne die russische Bevölkerung durch eine liberale Politik gewinnen und sie sich zum Verbündeten im Kampf gegen den Bolschewismus machen. Himmler widersprach dem entschieden, weil die Völker der Sowjetunion seiner Meinung nach minderwertig waren. Dennoch wurde im Laufe des Jahres 1942 der Verkauf der Broschüre eingestellt. – Der Reichenau-Befehl vom 10. Oktober 1941 enthielt den Begriff „Untermensch“ als Hauptbegründung für die völkerrechtswidrige Ermordung von Russen.

Bedeutung

Hitler benötigte für seinen Aufstieg, für die „Machtergreifung“, für die Begründung des Zweiten Weltkrieges sowie für die Ausrottung der Juden ein Feindbild, den „Ewigen Juden“ und „Bolschewistischen Untermenschen“. Alles, was Hitler bekämpfte (Judentum, Pazifismus, Demokratie, den Kommunismus, Freimaurerei sowie die christliche Nächstenliebe), wurde in dieses Feindbild hineinbezogen (siehe auch: Holocaust, Kirchenkampf). Hitler hielt es für wichtig, sich nur auf einen Gegner festzulegen, so dass die Öffentlichkeit sehen konnte, „dieser ist der Feind allein“. Diese Festlegung vereinfachte die Propaganda bewusst; die Inhalte der Plakate waren nur vage ausgedrückt, um die Massen zu täuschen und zu verführen.

„Untermensch-Propaganda“ in anderen Staaten

Im Zuge der japanischen Expansion gegen China und Südostasien im Zweiten Weltkrieg fanden zwangsweise Menschenversuche an Kriegsgefangenen und Zivilisten statt. Die Einheit 731 wurde später für biologische und chemische Menschenversuche mit Krankheitserregern und Kampfstoffen bekannt, beispielsweise mit Pesterregern, Pockenerregern und Kampfgasen. Die Versuchspersonen in diesen Gefangenenlagern wurden von den Japanern als „maruta“ (japanisch für Holz, Material, Rohstoff) bezeichnet, worin eine Geringschätzung zum Ausdruck kommt, ähnlich derjenigen des „Untermenschen“.

Im islamischen Recht (Scharia) gibt es den Begriff harbi, der einen Nichtmuslim bezeichnet, der nicht als Schutzbefohlener minderen Rechts (dhimmi) in einem islamisch beherrschten Staat lebt. Harbis haben keinerlei Rechte und können straflos getötet werden.

Wiktionary: Untermensch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen